Internationale Steuerplanung - Hochschule Düsseldorf Sommersemester 2018 Fallübungen und Lösungen - Hochschule Düsseldorf
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Internationale Steuerplanung Hochschule Düsseldorf Sommersemester 2018 Fallübungen und Lösungen Nikolaus M. Thöns Rechtsanwalt Steuerberater Fachanwalt für Steuerrecht Internationale Steuerplanung 1
Bearbeitungshinweise Sämtliche Antworten sind unter Angabe der jeweils einschlägigen gesetzlichen Regelungen sowie Regelungen der DBA zu formulieren. Nutzen Sie bei der Beantwortung den jeweils aktuellen Gesetzesstand. Soweit nicht im Sachverhalt anders angegeben, gehen Sie davon aus, dass im Ausland entrichtete Steuern vom Einkommen und Ertrag die Voraussetzungen des § 34c EStG erfüllen. Soweit nicht anderweitig in der Aufgabenstellung angegeben, ist auf Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer nicht einzugehen. Sämtliche Anträge, welche Sie ggfs. für erforderlich halten, können gestellt werden. Berechnungsergebnisse sind auf den nächsten vollen Euro abzurunden. Internationale Steuerplanung 2
Fall 1 Sacherhalt: Die Eheleute F mit Wohnsitz in Münster erzielen in 2017 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.v. § 19 EStG i.H.v. € 275.000. Seit 2012 sind sie Besitzer einer neu errichteten Ferienwohnung, welche in einem Nicht-DBA-Staat belegen ist. Diese haben sie für € 260.000 erworben. Davon entfallen auf Grund und Boden 30%. In 2017 erzielen sie Einnahmen aus der Vermietung von insgesamt € 52.000. Im Zusammenhang mit der Ferienwohnung entstehen ihnen im Jahr 2017 folgende Aufwendungen: • Handwerker € 4.750 • Lokale Grundbesitzsteuern € 1.800 • Lokale Einkommensteuer € 14.900 Fragestellungen: Prüfen Sie, ob die Eheleute F ausländische Einkünfte erzielen. Ermitteln Sie die in Deutschland festzusetzende Einkommensteuer für 2017. Internationale Steuerplanung 3
Fall 1 – Lösung (1/2) Die Eheleute sind aufgrund ihres Wohnsitzes in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig i.S.v. § 1 Abs. 1 EStG. Die Eheleute F erzielen ausländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung durch den im Ausland belegenen Grundbesitz i.S.v. § 34d Nr. 7 EStG. Die ausländischen Einkünfte ermitteln sich entsprechend deutschen Gewinnermittlungsvorschriften, hier somit gem. § 4 Abs. 3 EStG, wie folgt: € € Einnahmen 52.000 Handwerkerrechnungen -4.750 Lokale Grundbesitzsteuern -1.800 AfA gem. § 7 Abs. 4 EStG Anschaffungskosten 260.000 dv. 30% Grund & Boden -78.000 AfA-Bemessungsgrundlage 182.000 AfA lt. § 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG: 2% p.a. -3.640 Ausl. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 41.810 4
Fall 1 – Lösung (2/2) Die in Deutschland festzusetzende Einkommensteuer ermittelt sich wie folgt: € Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.v. § 19 EStG 275.000 Ausländische Einkünfte i.S.v. § 34d Nr. 7 EStG 41.810 Summe der Einkünfte/zu versteuerndes Einkommen 316.810 Darauf entfallende Einkommensteuer (§§ 26b i.V.m. 32a EStG) 116.400 Anrechnung der ausl. Steuer gem. § 34c Abs. 1 EStG: Berechnung Anrechnungshöchstbetrag (AHB): Durchschnittlicher Steuersatz: 116.400 x 100/316.810 = 36,74% AHB: 41.810 x 36,74% = 15.361 Somit tatsächlich anrechenbar die gezahlte Steuer -14.900 Festzusetzende deutsche Einkommensteuer 101.500 5
Fall 2 (1/2) Sachverhalt: Die M-GmbH mit Sitz in Düsseldorf unterhält in Kambodscha ein Büro zum Zwecke des Vertriebs von Maschinenteilen. Der dortige Büroleiter trifft sich regelmäßig mit Geschäftskunden und Interessenten zu Gesprächen, in deren Rahmen von ihm erstellte Angebote schriftlich zur Unterschrift durch den Kunden oder Interessenten vorgelegt werden. Sofern der Kunde das Angebot unterzeichnet, kommt nach kambodschanischem Recht ein gültiger Vertrag zu Stande. Ausweislich der für die kambodschanischen Aktivitäten erstellten Gewinn- und Verlustrechnung für das Kalenderjahr 2017 ergibt sich ein Gewinn von € 75.000. Bei der Erstellung sind folgende Sachverhalte berücksichtigt worden: • Im Betriebsvermögen des kambodschanischen Büros befinden sich Büromöbel, welche am 1. Februar 2017 zu einem Preis von € 15.000 angeschafft wurden. Ausweislich des Anlagenverzeichnisses werden diese über eine Laufzeit von 6 Jahren pro rata linear abgeschrieben. • Am 1. Juli 2000 (Übergang Nutzen und Lasten) wurde eine Immobilie in Phnom Penh mit Anschaffungskosten von insgesamt € 390.000 erworben. Der Anteil für Grund und Boden beträgt € 100.000. In dem Gebäude waren die Büroräume der U-GmbH untergebracht. Der Buchwert nach kambodschanischem Recht zum 30.11.2017 betrug € 166.459. Im November 2017 wurde das Gebäude zu einem Preis von € 430.000 veräußert (Übergang Nutzen und Lasten: 30.11.2017). Internationale Steuerplanung 6
Fall 2 (2/2) • Gleichzeitig wurde im Juli 2017 ein neues Gebäude in Phnom Penh zu einem Kaufpreis von € 430.000 erworben. Übergang von Nutzen und Lasten ist der 1. Dezember 2017. Auf Grund und Boden entfallen 30% des Kaufpreises. Für 2017 wurde eine Abschreibung von € 1.254 aufwandswirksam gebucht. • In Kambodscha wurden Steuern vom Einkommen und Ertrag von € 18.750 gezahlt und als Aufwand verbucht. In 2017 erzielte die M-GmbH in Deutschland einen endgültigen Jahresüberschuss von € 435.000. Dabei wurden Ertragsteuern von insgesamt € 186.500 erfolgswirksam verbucht. Fragestellungen: 1. Stellen Sie fest, ob die M-GmbH ausländische Einkünfte erzielt und – sofern solche gegeben sind – ermitteln Sie diese. 2. Ermitteln Sie die ggfs. anzurechnenden ausländischen Steuern. Internationale Steuerplanung 7
Fall 2 – Lösung (1/5) Die M-GmbH ist aufgrund ihres Sitzes in Düsseldorf unbeschränkt steuerpflichtig i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG und erzielt lt. § 8 Abs. 2 KStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit Kambodscha besteht kein Doppelbesteuerungsabkommen. Somit sind ausschließlich die deutschen steuerrechtlichen Vorschriften zu beachten. Eine Betriebsstätte ist nach § 12 S. 1 AO gegeben, da eine feste Geschäftseinrichtung in Form des Büros in Phnom Penh/Kambodscha besteht, die der Tätigkeit der M-GmbH dient. Auf die Vertretungsbefugnis des Büroleiters kommt es hier nicht weiter an. Somit erzielt die M-GmbH ausländische Einkünfte nach §§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG i. V. m. 34d Nr. 2 a EStG. Die ausländischen Einkünfte sind entsprechend deutschen Gewinnermittlungsvorschriften, hier § 5 Abs. 1 EStG, zu ermitteln: Büromöbel Entsprechend den amtlichen AfA-Tabellen sind Büromöbel über einen Zeitraum von 13 Jahren abzuschreiben. Es ergibt sich folgende Gewinnkorrektur: EUR lt. kambodschanischer Gewinnermittlung € 15.000 / 6 x 11/12 = 2.291 lt. deutscher Gewinnermittlung € 15.000 / 13 x 11/12 = 1.057 Gewinnerhöhung 1.234 8
Fall 2 – Lösung (2/5) Veräußerungsgewinn Gebäude EUR EUR lt. kambodschanischer Gewinnermittlung Veräußerungspreis 430.000 Restbuchwert 30.11.2017 -166.459 Veräußerungsgewinn 263.541 lt. deutscher Gewinnermittlung Ermittlung Restbuchwert per 1.11.2016: Anschaffungskosten 390.000 abzgl. Anteil GruBo -100.000 AfA-Bemessungsgrundlage 290.000 Ermittlung AfA seit 2001: AfA lt. §§ 7 Abs. 4 i.V.m. 52 Abs. 15 S. 2 EStG: 4% (!) 2000: 290.000 x 4% x 6/12 = -5.800 2001 - 2016 = 16 x 4% p.a. = 64% -185.600 2017: 290.000 x 4% x 11/12 = -10.633 Restbuchwert Gebäude 87.967 zzgl. Buchwert GruBo 100.000 Restbuchwert per 30.11.2017 187.967 Veräußerungspreis 430.000 Veräußerungsgewinn 242.033 Gewinnminderung -21.508 9
Fall 2 – Lösung (3/5) Der Restbuchwert des neuen Gebäudes ermittelt sich wie folgt: EUR EUR lt. kambodschanischer Gewinnermittlung AfA 1.254 lt. deutscher Gewinnermittlung Ermittlung AfA 2017 Anschaffungskosten 430.000 abzgl. Anteil GruBo - 30% -129.000 AfA-Bemessungsgrundlage 301.000 Ermittlung AfA 2017 AfA lt. § 7 Abs. 4 EStG: 3% 301.000 x 3% x 1/12 = 752 Gewinnerhöhung 502 10
Fall 2 – Lösung (4/5) Somit ermitteln sich die ausländischen Einkünfte der GmbH wie folgt: EUR lt. kambodschanischer Gewinnermittlung 75.000 Überleitung auf dt. Gewinnermittlung: Büromöbel 1.234 Veräußerung Gebäude -21.508 Abschreibung neues Gebäude 502 Summe Änderungen -19.772 ausländische Einkünfte nach Steuern 55.228 Steuern E+E Kambodscha 18.750 ausländische Einkünfte vor Steuern 73.978 11
Fall 2 – Lösung (5/5) Die festzusetzende Körperschaftsteuer berechnet sich wie folgt: EUR endgültiger Jahresüberschuss 435.000 Änderungen Ergebnis Betriebsstätte Kambodscha -19.772 Nichtabzugsfähige Betriebsausgaben i.S.v. § 10 KStG Steuern E+E 186.500 Zu versteuerndes Einkommen 601.728 darauf entfallende Körperschaftsteuer (§ 23 KStG) 90.259 Anrechnung der ausl. Steuer gem. § 26 KStG auf die ausländischen Einkünfte entfallende Steuer: Berechnung Anrechnungshöchstbetrag: 88.519 x 73.978/601.728 = 10.883 tatsächlich anrechenbar (obwohl € 18.750 gezahlt): -10.883 Festzusetzende Körperschaftsteuer 79.376 Effektive Doppelbesteuerung 7.867 Anm.: für die Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages ist das Vorsteuerergebnis der kambodschanischen Betriebsstätte maßgebend! 12
Fall 3 (1/2) Sachverhalt: B, 57 Jahre alt und ledig mit Wohnsitz in Düsseldorf betreibt einen Textilhandel in Düsseldorf in Form eines Einzelunternehmens. Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum 1.1. bis 31.12.2017 erzielt er einen nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ordnungsgemäß ermittelten Gewinn von € 234.000. Zusätzlich zu o.a. Gewinnermittlung sind folgende Sachverhalte zu berücksichtigen: • B betreibt in Peru eine Betriebsstätte, in der er einen florierenden Poncho-Handel betreibt. Aus dieser Betriebsstätte erzielt er einen Nachsteuer-Gewinn von € 28.000. Dieser wurde um eine der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Ertragsteuer von € 12.000 gemindert. • In Nigeria betriebt B ebenfalls den Handel mit Textilien in seiner eigenen Immobilie. Hieraus hat er einen Verlust nach Steuern von € 8.000 erzielt. Bei der Ermittlung dieses Verlustes wurden eine Grundsteuer von umgerechnet € 800 gewinnmindernd berücksichtigt. In 2017 hat B seine in Nigeria belegene Immobilien, welche er zutreffenderweise dem Betriebsvermögen zugeordnet hat, am 31. Dezember 2017 veräußert. Die Immobilie hat er in 2001 erworben. Der daraus resultierende Verlust beträgt – auch nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zutreffend ermittelt - € 23.000 und wurde bei der nigerianischen Gewinnermittlung mit diesem Betrag berücksichtigt. Ab dem 1. Januar 2018 führt er die Geschäfte in gemieteten Geschäftsräumen fort. Weitere Einkünfte hat B in 2017 nicht erzielt. Sonderausgaben sind i.H.v. € 8.500 angefallen. Internationale Steuerplanung 13
Fall 3 (2/2) Fragestellung: Ermitteln Sie das zu versteuernde Einkommen 2017 nebst der darauf in Deutschland festzusetzenden Steuer. Prüfen Sie dabei, ob eine Anrechnung der in Nigeria erhobenen Steuer möglich ist. Internationale Steuerplanung 14
Fall 3 – Lösung (1/2) B ist aufgrund seines Wohnsitzes in Düsseldorf nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig. Er erzielt aus seinem Textilhandel in Düsseldorf Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Weder mit Peru noch Nigeria bestehen Doppelbesteuerungsabkommen, so dass ausschließlich die deutschen steuerlichen Vorschriften zu beachten sind. In beiden Ländern besteht eine Betriebsstätte i.S.v. § 12 AO (In Peru lt. Sachverhalt, in Nigeria existiert mit der Immobilie eine feste Geschäftseinrichtung, welche der Tätigkeit des Unternehmens dient, nämlich dem Textilhandel). Aus seinen Betriebsstätten in Peru und Nigeria bezieht B somit ausländische Einkünfte i.S.v. § 34d Nr. 2a EStG. Betriebsstätte Peru Die ausländischen Einkünfte aus Peru sind um die in Peru erhobene Einkommensteuer gemindert worden. Somit betragen die bei der deutschen Einkommensteuerberechnung zu berücksichtigenden Einkünfte € 40.000 (€ 28.000 + € 12.000 = € 40.000). Da lt. Sachverhaltsangabe die peruanische Einkommensteuer der deutschen Einkommensteuer entspricht, ist diese grundsätzlich anrechenbar nach § 34c Abs. 1 EStG. Betriebsstätte Nigeria Die ausländischen Einkünfte betragen - € 8.000. Bei der nigerianische Grundsteuer handelt es sich um eine Objektsteuer, die voll als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist. Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 EStG greift nicht. Da die Immobilie dem Betriebsvermögen zugeordnet wurde, ist der Verlust dem Betriebsstättenergebnis zuzuordnen. Es ergibt sich keine Änderung. Da mit Nigeria kein DBA besteht ist grundsätzlich § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG anwendbar. Es handelt sich um aktive Einkünfte (Handel) i.S.v. § 2a Abs. 2 S. 1 EStG. Somit sind die Verluste bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens abzugsfähig. 15
Fall 3 – Lösung (2/2) Somit ermittelt sich die deutsche Einkommensteuer wie folgt: EUR EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb 234.000 Ausländische Einkünfte Betriebsstätte Peru 40.000 Betriebsstätte Nigeria -8.000 32.000 Summe der Einkünfte 266.000 Sonderausgaben -8.500 Einkommen/zu versteuerndes Einkommen 257.500 darauf entfallende Einkommensteuer 99.710 Berechnung Anrechnungshöchstbetrag (AHB): Durchschnittlicher Steuersatz: 99.710 x 100/257.500 = 38,7% AHB: 40.000 x 38,7% = 15.489 tatsächlich anrechenbar: -12.000 Festzusetzende Einkommensteuer (§ 32a EStG) 87.710 16
Fall 4 Sachverhalt: A betreibt ein Handelsunternehmen mit Landwirtschaftsmaschinen in Paderborn. Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung 2017 erzielt er Einkünfte aus Gewerbebetrieb von € 180.000. Weiterhin sind folgende Sachverhalte zu beachten: In 2014 hat sich A entschlossen eine Niederlassung in Chile zu eröffnen. Hieraus hat er folgende Gewinne und Verluste erzielt (alle Werte in Euro): 2014: -48.000 2015: -16.000 2016: 26.000 2017: 74.000 In 2017 hat er sich entschlossen eine weitere Niederlassung in Myanmar zu eröffnen. Hieraus ist in 2017 ein Verlust von € 35.000 entstanden. Steuerlich abzugsfähige Sonderausgaben sind mit € 7.000 zu berücksichtigen. Fragestellung: Ermitteln Sie die in Deutschland festzusetzende Einkommensteuer 2017. Internationale Steuerplanung 17
Fall 4 – Lösung (1/2) A ist aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig i.S.v. § 1 Abs. 1 EStG. A erzielt aus seinem inländischen Handelsunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 EStG. Bei seinen ausländischen Aktivitäten begründet er jeweils Betriebsstätten i.S.v. § 12 S. 2 Nr. 2 AO, da es sich in allen Fällen lt. Sachverhalt um Zweigniederlassungen handelt, die seinem Unternehmen dienen. A erzielt somit aus diesen Ländern Einkünfte i.S.v. § 34d Nr. 2a EStG. Chile Betreffend den Einkünften aus Chile ist § 2a EStG anwendbar, da es sich um einen Drittstaat handelt mit dem kein DBA besteht. Da es sich um aktive Einkünfte i.S.v. § 2a Abs. 2 S. 1 EStG handelt (Lieferung von Waren, welche nicht Waffen sind), greift das Verlustverrechnungsverbot des § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht! Die Verluste und Gewinne sind in den jeweiligen Jahren (!) zu berücksichtigen. Daher sind die Verluste aus den Jahren 2014 und 2015 bereits in diesen Jahren i.R.d. Veranlagung berücksichtigt! Somit sind in 2017 ausländische Einkünfte von € 74.000 zu berücksichtigen. Myanmar Betreffend den negativen Einkünften aus Myanmar ist ebenfalls § 2a EStG anwendbar, da es sich um einen Drittstaat handelt mit dem kein DBA besteht. Da es sich ebenfalls um aktive (s.o.) Einkünfte i.S.v. § 2a Abs. 2 S. 1 EStG handelt, greift das Verlustverrechnungs- verbot des § 2a Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht! Somit sind in 2016 ausländische Einkünfte von € -35.000 zu berücksichtigen. 18
Fall 4 – Lösung (2/2) Die in Deutschland festzusetzende Einkommensteuer ermittelt sich wie folgt: € Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 EStG 180.000 Ausländische Einkünfte - Chile 74.000 Ausländische Einkünfte - Burma -35.000 Summe/Gesamtbetrag der Einkünfte 219.000 Sonderausgaben -7.000 Einkommen/Zu versteuerndes Einkommen 212.000 Festzusetzende deutsche Einkommensteuer 79.235 19
Fall 5 Sachverhalt: B, deutscher Staatsangehöriger und Single, wurde am 01.04.2016 für drei Jahre von Düsseldorf ins Ausland zu einer 100%igen Tochtergesellschaft seines deutschen Arbeitgebers entsandt. Mit dem aufnehmenden Staat hat Deutschland ein DBA. Er wird im Ausland zum Geschäftsführer der dortigen Tochtergesellschaft bestellt. Sein Gehalt wird jeweils hälftig von der deutschen Mutter- und der ausländischen Tochtergesellschaft getragen. In Düsseldorf hat er eine Eigentumswohnung, in der er bei seinen Aufenthalten in Deutschland wohnt. Im Ausland hat er ebenfalls eine Wohnung angemietet, in der er wohnt, wenn er im Ausland ist. B pendelt zwischen Deutschland und dem Ausland und verbringt in beiden Staaten jeweils die Hälfte des Jahres. Die Mutter von B ist deutsche Staatsangehörige, der Vater hat die ausländische Staatsangehörigkeit. Es befinden sich sowohl in Deutschland als auch im Ausland Familienangehörige und Freunde, zu denen B ein herzliches Verhältnis pflegt. Fragestellung: Wo ist B i. S. d. OECD-MA ansässig? Internationale Steuerplanung 20
Fall 5 - Lösung Bei der Prüfung der Ansässigkeit ist die Prüffolge von Art. 4 OECD-MA einzuhalten. Da B in beiden Staaten einen Wohnsitz hat, ist festzustellen, wo er seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen hat. Da B aus beiden Staaten entlohnt wird und auch in beiden Staaten soziale Kontakte pflegt, hat er in keinem der beiden Staaten einen Mittelpunkt (Art. 4 Abs. 2a OECD-MA). Da B in beiden Staaten gleichermaßen anwesend ist, hat er auch in beiden Staaten einen gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 4 Abs. 2 c OECD-MA). Schlussendlich kommt es auf die Staatsangehörigkeit an. B hat lt. Sachverhalt nur die deutsche Staatsangehörigkeit. Somit ist er in Deutschland ansässig. 21
Fall 6 Sachverhalt: A lebt in Dresden und betreibt dort ein Maschinenbauunternehmen als Einzelunternehmen, welches in 2017 einen Gewinn von € 90.000 erwirtschaftet hat. Der Gewinn wurde entsprechend § 4 Abs. 1 EStG ordnungsgemäß ermittelt. A kann in 2017 – nach Berücksichtigung sämtlicher Vorschriften zur Höchstbetragsberechnung - Sonderausgaben von € 8.500 steuerlich geltend machen. Das Maschinenbauunternehmen unterhält eine in 2012 gegründete Betriebsstätte in Lima/Peru. In 2017 erzielte die Betriebsstätte einen nach peruanischen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelten Gewinn nach Steuern von € 120.000. Bei der Gewinnermittlung wurden Ertragsteuern, welche den deutschen Einkommensteuern entsprechen, von € 18.000 gewinnmindernd berücksichtigt. A hat von der peruanischen Aufbaubank am 01.01.2014 ein zinsloses Darlehen i. H. v. € 100.000 zum Zwecke des Aufbaus der Betriebsstätte erhalten, welches in einem Betrag am 31.12.2020 zurückzuzahlen ist. Dementsprechend ist das Darlehen zum 31.12.2017 mit einem Betrag von € 100.000 in der Handelsbilanz verbucht. Zudem hat das Maschinenbauunternehmen in 2017 mit dem Aufbau des Geschäfts in Italien begonnen. Zu diesem Zweck hat A den P eingestellt, der seine Interessen vertritt und die Aufgabe hat, in Italien Kunden zu akquirieren. P ist nicht berechtigt, im Namen des Unternehmens Verträge rechtsverbindlich zu unterschreiben. Dies macht A selbst. P verhandelt jedoch alle Kundenverträge, bis diese unterschriftsreif sind. In 2017 erzielt A aus diesen Aktivitäten einen Gewinn nach Steuern von € 80.000. Italienische Steuern vom Einkommen und Ertrag, welche den deutschen Einkommensteuern entsprechen, wurden i. H. v. € 24.000 gewinnwirksam verbucht. Fragestellung: Ermitteln Sie die in Deutschland festzusetzende Einkommensteuer des A. Würde sich die Beurteilung ändern, wenn man annimmt, dass die BEPS-Regeln umgesetzt wären? Internationale Steuerplanung 22
Fall 6 – Lösung (1/3) A ist infolge seines Wohnsitzes in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig i.S.v. § 1 Abs. 1 EStG und erzielt aus dem Maschinenbauunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. v § 15 EStG. Peru Mit Peru besteht kein DBA, so dass nur die Vorschriften der deutschen Steuergesetze Anwendung finden. Die Betriebsstätte in Lima führt zu ausländischen Einkünften i. S. v. § 34d Nr. 2a EStG. Der Betriebsstättengewinn ist nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften zu ermitteln, hier § 4 Abs. 1 EStG. Der Betriebsstättengewinn ermittelt sich wie folgt: EUR EUR Gewinn lt. Ermittlung Peru 120.000 Peruanische Steuern 18.000 Ertrag aus Abzinsung Darlehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG) RLZ 3 Jahre, Abzinsungsfaktor: 0,8516 Barwert 85.160 Nominalwert 100.000 Ertrag 14.840 152.840 23
Fall 6 – Lösung (2/3) Italien Mit Italien besteht ein DBA. Somit sind neben den nationalen Vorschriften auch die Bestimmungen des DBA zu beachten. A ist in D ansässig, da er dort seinen Wohnsitz innehat (Art. 4 Abs. 1 OECD-MA). Da P keine Vertretungsvollmacht innehat, begründet dies in 2017 keine Betriebsstätte nach Art. 5 Abs. 5 DBA. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn die BEPS/MLI-Regeln bereits gelten würden. Dann wäre eine Betriebsstätte gegeben. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA, Art. 5 Abs. 5 OECD-MA, weist Italien das Besteuerungsrecht für Betriebsstätteneinkünfte zu. Gem. Art. 23A Abs. 1 OECD-MA werden die Gewinne von der deutschen Steuer ausgenommen. Deutschland behält sich die Einbeziehung beim Steuersatz vor (Art. 23A Abs. 3 OECD-MA). Die ausl. Einkünfte betragen € 104.000,00 (€ 80.000 + € 24.000). Somit unterliegen die Einkünfte dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG. Gem. § 32b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG findet dieser jedoch keine Anwendung. 24
Fall 6 – Lösung (3/3) EUR Die festzusetzende ESt berechnet sich wie folgt: Einkünfte aus Gewerbebetrieb 90.000 ausl. Einkünfte Irak 152.840 Summe der Einkünfte GdE 242.840 Sonderausgaben -8.500 Einkommen/zu versteuerndes Einkommen 234.340 Steuer § 32a EStG 89.801 anr. Steuern (§ 34c Abs. 1 EStG): Berechnung Anrechnungshöchstbetrag: Durchschnittlicher Steuersatz: 89.801 x 100/234.340 = 38,3 % AHB: 152.840 x 38,3 % = 58.538 Somit tatsächlich anrechenbar: - 18.000 Festzusetzende Steuer 71.801 25
Fall 7 Sachverhalt: Die X-AG stellt Büro-Roboter her in Düsseldorf, wo sie Sitz und Ort der Geschäftsleitung hat, und hält vier Beteiligungen: a. Die T-GmbH in Hamburg zu 100 % b. Die S-AG in Zürich, Schweiz, zu 20 % c. Die R-B.V. in Amsterdam, Niederlande, zu 25 %; und d. Die Q-S.A. in Straßbourg, Frankreich, zu 100 %. Die Tochtergesellschaften vertreiben die Produkte der X-AG. Hierfür gewährt die X-AG ihnen eine Bruttomarge von 30 %. Der Vertrieb in Dänemark erfolgt über den Einzelkaufmann Smörrebröd, bei gleichen Funktionen und Risiken wie die Töchter, der eine Bruttomarge von 20 % erhält. Außerdem erledigt die X-AG für alle Tochtergesellschaften die Buchhaltung. Hierfür belastet sie den Töchtern die tatsächlich entstandenen Kosten zuzüglich eines Gewinnaufschlages von 3 %. Fragen: 1. Welche Verrechnungspreismethoden wendet die X-AG an für Vertrieb und Buchhaltung? 2. Halten die Verrechnungspreise für die Töchter a. bis d. dem Fremdvergleichsgrundsatz nach § 1 Abs. 1 AStG, Art. 9 Abs. 1 OECD-MA, stand oder muss eine Einkunftskorrektur erfolgen 2.1 für den Vertrieb 2.2 für die Buchhaltung Internationale Steuerplanung 26
Fall 7 – Lösung (1/2) Die X-AG ist in Deutschland steuerpflichtig, §§ 10, 11 AO. 1. Für den Vertrieb wendet die X-AG die Wiederverkaufspreismethode an, für die Buchhaltung die Kostenaufschlagmethode. 2.1 a) Fremdvergleichsgrundsatz (FVG) nicht anwendbar, keine Geschäftsbeziehung zum Ausland b) FVG nicht anwendbar, da keine nahestehende Person, denn es liegt keine wesentliche Beteiligung vor (< 25 %) c) Wesentliche Beteiligung von 25 % ist gegeben. Ein fremder Dritter (Smörrebröd) erhält 20 % Bruttomarge, die Töchter 30 %. Der interne Fremdvergleich legt eine Einkunftsverschiebung ins Ausland wegen der höheren Bruttomarge nahe. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hätte nur 20 % Bruttomarge an die Töchter gewährt. Die Einkünfte sind zu korrigieren. d) Wesentliche Beteiligung von 25 % ist gegeben. Ein fremder Dritter (Smörrebröd) erhält 20 % Bruttomarge, die Töchter 30 %. Der interne Fremdvergleich legt eine Einkunftsverschiebung ins Ausland wegen der höheren Bruttomarge nahe. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hätte nur 20 % Bruttomarge an die Töchter gewährt. Die Einkünfte sind zu korrigieren. Internationale Steuerplanung 27
Fall 7 – Lösung (2/2) 2.2 a) Fremdvergleichsgrundsatz (FVG) nicht anwendbar, keine Geschäftsbeziehung zum Ausland b) FVG nicht anwendbar, da keine nahestehende Person, denn es liegt keine wesentliche Beteiligung vor (< 25 %) c) Wesentliche Beteiligung von 25 % ist gegeben. Die OECD-Richtlinien zu geringfügig wertschöpfenden Dienstleistungen (low-value-adding services) sehen einen Gewinnaufschlag von 5 % für Buchhaltungsarbeiten vor. Der Aufschlag von 3 % legt eine Einkunftsverschiebung ins Ausland nahe. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hätte 5 % Gewinnaufschlag in Rechnung gestellt. Die Einkünfte sind zu korrigieren. d) Wesentliche Beteiligung von 25 % ist gegeben. Die OECD-Richtlinien zu geringfügig wertschöpfenden Dienstleistungen (low-value-adding services) sehen einen Gewinnaufschlag von 5 % für Buchhaltungsarbeiten vor. Der Aufschlag von 3 % legt eine Einkunftsverschiebung ins Ausland nahe. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer hätte 5 % Gewinnaufschlag in Rechnung gestellt. Die Einkünfte sind zu korrigieren. Internationale Steuerplanung 28
Fall 8 (1/6) Sachverhalt: Die X Co., Ltd. (Japan) ("X") entwickelt und vertreibt Spezialchemikalien für verschiedene Forschungs-, Entwicklungs- und Endbenutzeranwendungen sowohl in der chemischen Industrie als auch für Universitäten und Forschungszentren. Die X-Gruppe hat für den Vertrieb ihrer Produkte in Europa drei europäische Gesellschaften errichtet: X N.V. (Belgien) ("X-B"), X-UK Ltd. (Vereinigtes Königreich) ("X-UK") sowie die X-D, Deutschland. Die Neugründung der TCI-D erfolgte im Jahr 2006. Die X-D ist mit dem Vertrieb der X-Produkte in ihrem Vertriebsgebiet - Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH-Region) - betraut. Dabei ist die X-D seit Beginn der Tätigkeit für den Markteintritt und die Erschließung ihres Vertriebsgebietes verantwortlich, indem beispielsweise selbständig entschieden wird, welche (vor allem Marketing- und personellen) Maßnahmen durchgeführt werden, um die Verkaufsziele auf dem zugewiesenen Markt zu erreichen. Die X-D hat ihre Geschäftstätigkeit im Jahr 2006 aufgenommen, indem ein Vertriebsleiter für das gesamte Vertriebsgebiet und alle Produktbereiche verantwortlich war. Insgesamt gestaltete sich der Markteintritt der X-D im Hinblick auf die vollkommene Unbekanntheit der X-Gruppe auf dem europäischen Markt sowie aufgrund von starken Wettbewerbern mit hohen Marktanteilen in Europa als sehr schwierig. Die Gewinnung von Neukunden in dem von arrivierten Wettbewerbern beherrschten Markt ist für die X-D mit hohem Aufwand verbunden, da diese tendenziell auf ihnen bereits bekannte Produkte bzw. Lieferanten vertrauen, um Produktrisiken zu vermeiden. Darüber hinaus begann die X-D ihren Markteintritt in Zeiten der Weltwirtschaftskrise (2007-2009), die durch die Eurokrise (2010-2013) fortgesetzt wurde. Während der Krise verringerten Unternehmen der Chemieindustrie ihre Verbrauchsmenge an Rohstoffen und ihre Aktivitäten insgesamt für die kommerzielle Produktion aufgrund des Rückgangs und der Verlangsamung des Konsums von Endkunden. Dennoch gelang es der X-D ab 2009 von Jahr zu Jahr ihren Gesamtumsatz deutlich zu steigern. Internationale Steuerplanung 29
Fall 8 (2/6) Sachverhalt (cont‘d): Zur Erreichung einer höheren Marktbekanntheit sowie höherer Umsätze im Vertriebsgebiet der X-D, beschloss die Geschäftsführung der X-D in 2011, diverse Veränderungen hinsichtlich ihrer Geschäftsstrategie durchzuführen. Zum einen erfolgte der Wechsel hin zu einer direkten Vertriebsmethode, um direkten Kontakt mit den Endkunden aufzunehmen. Zuvor wurde mit Zwischenhändlern gearbeitet. Zum anderen wurden die Kunden in die Bereiche "Industrie" und "Wissenschaft" unterteilt, um gezielte Verkaufs- und Werbemaßnahmen durchzuführen. Hierzu wurden sowohl ein Marketing- als auch zwei Verkaufsmanager mit spezifischem Fachwissen eingestellt. Zusätzlich wurde ein neues Verkaufspreissystem eingeführt, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Verrechnungspreise der X-Co. Ltd. gegenüber der X-D wurden seit 2011 mehrfach abgesenkt. In den Jahren 2006 - 2008 wurde eine Vergütung der Vertriebs- und Marketingtätigkeiten der X-D als Agent basierend auf der Kostenaufschlagsmethode angewandt. Seit 2009 betreibt die X-D ihr Geschäft im Direktvertrieb (An- und Verkauf). Die Jahre 2006 - 2009 unterlagen bereits einer Betriebsprüfung ohne Feststellungen zu Verrechnungspreisen. Die Wirtschaftsjahre 2010 und 2011 waren aus seitens der Finanzverwaltung zu vertretenden Gründen nicht Gegenstand einer Betriebsprüfung und unterliegen der Verjährung. Die Finanzverwaltung führt eine Betriebsprüfung für die Jahre 2012 bis 2016 durch. Sie beabsichtigt, abweichend von den tatsächlich erzielten Ergebnissen in allen Jahren eine Bruttoumsatzrendite von 3,5% als Gewinn für die X-D festzusetzen. Übereinstimmend sind Finanzverwaltung und X-D der Auffassung, dass letztere ein Routineunternehmen im Sinne der Verrechnungspreisregeln ist. Internationale Steuerplanung 30
Fall 8 (3/6) Sachverhalt (cont‘d): B. Argumente der Beteiligten 1. Angemessener Verlustzeitraum Die Betriebsprüfung ist der Ansicht, dass ein konzernverbundenes Routineunternehmen nach einer kurzen Anlaufphase einen angemessenen, kleinen und stetigen Gewinn realisieren muss. Eine länger andauernde Verlustphase sei für ein solches Unternehmen grundsätzlich auszuschließen. BFH Urteile Gemäß Urteil vom 17.10.2001 (I R 103/00) bestehe eine widerlegbare Vermutung, dass ein vereinbarter Verrechnungspreis unangemessen ist, wenn die Vertriebsgesellschaft durch den Vertrieb der Produkte einer ihr nahe stehenden Produktionsgesellschaft drei Jahre lang nur ins Gewicht fallende Verluste erzielt. Der dreijährige Verlustzeitraum basiere auf dem Urteil vom 17.02.1993 (I R 3/92), welches – für die Neueinführung eines Produktes – eine Anlaufphase mit Verlusten von drei Jahren als angemessen bezeichnet, abgesehen von besonderen Umständen im Einzelfall. In diesem Zusammenhang verweist X-D auf zwei BFH-Urteile. Nach dem BFH-Urteil vom 15.05.2002 (I R 92/00) ist das Urteil vom 17.02.1993 im Fall der Neugründung eines Unternehmens nicht einschlägig, da es sich auf die Erweiterung der Produktpalette eines bereits etablierten Unternehmens um ein einzelnes Produkt bezieht. Der BFH führt im vorgenannten Urteil weiter aus, dass die verlustbehaftete Anlaufphase im Fall der Neugründung eines Unternehmens deutlich länger sein kann. Des Weiteren müsse auch das BFH Urteil vom 23.05.2007 (X R 33/04) berücksichtigt werden. Nach dieser Rechtsprechung kann die anfängliche Verlustphase länger als drei Jahre andauern; nur in Ausnahmefällen ist eine Anlaufphase von weniger als fünf Jahren zu erwarten, bevor Umstrukturierungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Verluste im Zeitraum von mindestens fünf Jahren sind zulässig, sofern der Steuerpflichtige ein nachvollziehbares Unternehmenskonzept verfolgt. Internationale Steuerplanung 31
Fall 8 (4/6) Sachverhalt (cont‘d): Nach Ansicht der Betriebsprüfung bestehe grundsätzlich kein Unterschied darin, dass im Falle der X-D ein neues Unternehmen mit einer Vielzahl an Produkten an den Markt gebracht wurde und nicht nur ein einziges neues Produkt durch ein am Markt etabliertes Unternehmen wie im für das BFH-Urteil vom 17.02.1993 zu beurteilenden Sachverhalt. Die X-D verweist darauf, dass bei Markteintritten anderer Konzerngesellschaften der X-Gruppe wie zum Beispiel in den USA oder in Japan, die Verlustzone nach 13 bzw. 9 Jahren verlassen werden konnte. Somit seien nicht planerische Fehler der Grund für die Verlustsituation, sondern im Geschäftsleben übliche externe Umstände, die durch die X-Gruppe nicht zu verantworten seien und ihre Grundlage nicht in unangemessenen Verrechnungspreisen hätten. Die Finanzverwaltung begründet die Anpassung der Verrechnungspreise im Betriebsprüfungszeitraum weiterhin mit dem BFH-Urteil vom 27.07.2016, wonach ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sich nicht damit zufriedengibt, dass seine Investition nur in ferner Zukunft einen Gewinn abwirft. Ein fremdes Unternehmen würde die Verluste der X-D nur dann akzeptieren, wenn es im Anschluss an die Verlustphase eine entsprechend hohe Marge erhalten würde, um in einem angemessenen Zeitraum zu einem Totalgewinn zu kommen. Das Urteil vom 27.07.2016 (I R 8/15) basiert auf einem Fall, bei dem eine Kapitalgesellschaft ein Wohngebäude (das zuvor von diesem Gesellschafter erworben wurde) zu privaten Wohnzwecken – also im privaten Interesse – und zu verbilligten Konditionen an einen Gesellschafter vermietet. Die dadurch erlittenen Verluste der Kapitalgesellschaft wurden als verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG qualifiziert, da nicht erkennbar war, dass die Kapitalgesellschaft die Vermietung aus eigenem Gewinnstreben vorgenommen hat. Internationale Steuerplanung 32
Fall 8 (5/6) Sachverhalt (cont‘d): Wie der BFH in dem Urteil ausführt, ist regelmäßig nicht davon auszugehen, dass verlustträchtige Investitionen als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sind, wenn durch die Kapitalgesellschaft ein Geschäft ausgeübt wird, welches die Gefahr erheblicher Verluste birgt. Die Inkaufnahme derartiger Risiken obliegt der unternehmerischen und kaufmännischen Freiheit. Ferner führt der BFH aus, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen ist, wenn die Gesellschaft nicht aus eigenem Gewinnstreben, sondern letztlich zur Befriedigung der privaten Interessen der Gesellschafter agiert, wozu die Kriterien zur Abgrenzung zwischen Einkunftserzielung und sogenannter Liebhaberei entwickelt wurden (BFH, 15.05.2002 - I R 92/00). 2. Kundenstamm als immaterielles Wirtschaftsgut Die X-D ist der Auffassung, dass der Wert des von ihr aufgebauten Kundenstammes bei der Ermittlung eines Totalgewinns über einen längeren Zeitraum zu berücksichtigen sei. Die Betriebsprüfung vertritt die Meinung, dass die X-D ihren bereits existierenden Kundenstamm nicht kontrollieren kann, da durch die Leistungsverflechtung im Konzern anderen verbundenen Unternehmen der Kundenstamm bekannt sei. Basierend auf dem hypothetischen Fremdvergleich würde ein fremder Dritter keine Zahlung für den Kundenstamm aufbringen, da er niemals die alleinige Kontrolle über diesen ausüben könnte. 3. Anwendung der Abschnittsbesteuerung Die Betriebsprüfung fordert für ein konzernverbundenes Routineunternehmen mit den Funktionen und Risiken der X-D nach einer Anlaufphase einen angemessenen, kleinen und stetigen Gewinn, der mittels einer umsatzbasierten EBIT- Marge von 3,5% für den Prüfungszeitraum 2012-2016 ermittelt wurde. Die X-D sieht eine EBIT-Marge von 0,5 bis 1% – nach Ablauf einer ermessensfehlerfrei berücksichtigten Anlaufphase – als angemessen an. Sie vermutet, dass der Betriebsprüfer versuche, die Wirtschaftsjahre 2010 und 2011, die nicht einer Betriebsprüfung unterlagen, durch überhöhte EBIT-Margen für die Folgejahre auszugleichen. Sie verweist auf den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, der besagt, dass für jeden Veranlagungszeitraum die Würdigung eines Sachverhalts durch die Finanzverwaltung erneut und unabhängig durchzuführen ist. Internationale Steuerplanung 33
Fall 8 (6/6) X-D Currency : EUR 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Revenue 70 Sales / Turnover 214.610,40 284.102,65 225.772,73 1.393.044,32 1.422.484,92 1.496.766,93 1.825.208,17 1.967.034,56 2.265.996,20 2.666.517,25 3.383.530,60 74 Other income 2.937,63 4.288,47 5.899,42 7.797,57 6.640,75 10.277,37 16.152,15 230.199,32 315.317,24 402.976,57 619.340,18 Total Revenues 217.548,03 288.391,12 231.672,15 1.400.841,89 1.429.125,67 1.507.044,30 1.841.360,32 2.197.233,88 2.581.313,44 3.069.493,82 4.002.870,78 Expenses 60 Cost of goods sold 3.587,97 745,70 0,00 1.100.088,07 1.107.404,75 1.203.856,08 1.420.168,61 1.542.761,85 1.629.489,74 1.833.555,36 2.517.578,95 61 SGA 95.626,80 119.231,15 109.611,04 325.325,85 347.859,18 375.685,78 289.519,03 476.209,76 524.984,39 535.489,42 629.627,19 62 Payroll 221.108,01 292.232,76 169.307,51 191.656,74 227.649,51 294.315,99 447.077,10 406.739,19 454.165,95 753.377,73 907.888,60 Total Expenses 320.322,78 412.209,61 278.918,55 1.617.070,66 1.682.913,44 1.873.857,85 2.156.764,74 2.425.710,80 2.608.640,08 3.122.422,51 4.055.094,74 Profit/Loss for the period -102.774,75 -123.818,49 -47.246,40 -216.228,77 -253.787,77 -366.813,55 -315.404,42 -228.476,92 -27.326,64 -52.928,69 -52.223,96 Consolidated profit / loss -102.774,75 -226.593,24 -297.327,53 -513.556,30 -767.344,07 -1.134.157,62 -1.449.562,04 -1.678.038,96 -1.705.365,60 -1.758.294,29 -1.810.518,25 Internationale Steuerplanung 34
Fall 9 Sachverhalt: Die A-GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in Neuss verfügt seit vielen Jahren über drei 100%-ige Tochtergesellschaften, die im Handel mit Maschinen aktiv tätig sind: a) Die B-S.a.r.l. in Frankreich mit einem Jahresumsatz von € 7 Millionen. b) Die C-K.K. in Japan mit einem Jahresumsatz von € 6 Millionen. c) Die D-S.p.A. in Italien mit einem Jahresumsatz von € 4 Millionen. Sie vollzieht im Wirtschaftsjahr 2017 folgende Transaktionen: 1) Sie erhält Dividenden von der D-S.p.A. in Höhe von € 100.000 und von der C-K.K. in Höhe von € 200.000. 2) Sie hat am 1. Januar 2017 der D-S.p.A. ein Darlehen für 5 Jahre in Höhe von € 1.000.000 zu einem Zinssatz von 6% gegeben. Die D-S.p.A. hat von der Bank Unicredito hierfür ein Darlehensangebot über 4% erhalten. 3) Die B-S.a.r.l. macht seit Jahren Verluste. Sie wird von der A-GmbH an den französischen Wettbewerber Zidane S.A. zum 30.06.2017 veräußert. Aufgrund der länger anhaltenden Verluste ist der wesentliche Wert in der B-S.a.r.l. das Betriebsgrundstück im Verkehrswert von € 1.000.000. Der Kaufpreis den die Zidane S.A. für die Anteile zahlt ist € 1.500.000. In den Büchern der A-GmbH stehen die Anteile mit € 2.000.000. 4) Die A-GmbH hat allen Tochtergesellschaften eine fremdübliche Lizenzgebühr von 3% auf den Umsatz belastet. Die A-GmbH hat einen handelsrechtlichen Jahresabschluss von € 1.000.000 erzielt. Die Steuervorauszahlungen betragen € 300.000, davon je € 150.000 für KSt/SolZ und GewSt; die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 5 EStG € 10.000. Bitte ermitteln Sie das zu versteuernde Einkommen der A-GmbH. Internationale Steuerplanung 35
Fall 9 – Lösung (1/3) Die A-GmbH ist aufgrund ihres Sitzes in Neuss unbeschränkt steuerpflichtig i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG und erzielt lt. § 8 Abs. 2 KStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit Frankreich, Italien und Japan bestehen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Die A-GmbH ist aufgrund ihrer Geschäftsführung in Neuss/Deutschland gem. Art. 4 Abs. 1 des OECD-MA in Deutschland ansässig. 1) Die Dividende der C-K.K. kann aufgrund von Art. 10 Abs. 2 OECD-MA in Japan besteuert werden. Eine Quellensteuer wird jedoch nach Art. 10 des DBA Japan nicht erhoben. Die Dividende bleibt nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Gem. § 8b Abs. 5 KStG gelten jedoch 5% der Dividende als nicht abziehbare Betriebsausgaben, mithin € 10.000. Die Dividende der D-S.p.A. kann aufgrund von Art. 10 Abs. 1 OECD-MA in Italien besteuert werden. Die Quellensteuer beträgt gem. Art. 10 Abs. 2 und 3 DBA Italien 10% (abweichend vom OECD-MA). Italien ist Mitglied der EU und gem. der EU-Mutter-Tochter-Richtlinie, Art. 5, wird diese Quellensteuer nicht erhoben. Die Dividende bleibt nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz € 5.000. 2) Die Zinsen aus dem Darlehen an die D-S.p.A. betragen € 60.000. Gem. Art. 11 OECD-MA beträgt die Quellensteuer 10%, mithin € 6.000. Italien ist Mitglied der EU und gem. der Zins- und Lizenzrichtlinie wird die Quellensteuer nicht erhoben. Weiterhin ist der Zins gem. § 1 Abs. 1 AStG nicht fremdüblich. Angemessen wären 4% oder € 40.000. In Höhe von 2% oder € 20.000 liegt dabei eine verdeckte Gewinnausschüttung zu Gunsten der A-GmbH gem. §§ 1 Abs. 1 AStG, 8 Abs. 3 S. 2 KStG vor. Es erfolgt keine Einkommensminderung, aber es liegen keine Zinsen, sondern eine vGA gem. §§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG; 8 Abs. 3 S. 2 KStG vor, mithin eine Dividende. Hierfür gelten die Regeln des § 8b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG. Die Dividende bleibt bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz, jedoch werden 5% = € 1.000 als nicht abziehbare Betriebsausgaben hinzugerechnet. Internationale Steuerplanung 36
Fall 9 – Lösung (2/3) 3) Verluste aus der Veräußerung von Anteilen sind gem. § 8b Abs. 3 S. 3 KStG bei der Ermittlung der Einkünfte nicht abzugsfähig. Das Besteuerungsrecht für die Anteilsveräußerung liegt ohnehin in Frankreich, Art. 13 Abs. 4 OECD- MA, da mehr als 50% des Wertes der Gesellschaft (€ 1.000.000 um € 1.500.000 = 2/3) unmittelbar auf unbeweglichem Vermögen beruhen. 4) Auf die Lizenzgebühren wird nach DBA-Japan/EU-Zins-und-Lizenzgebühren-Richtlinie keine Quellensteuer erhoben. Die Lizenzen sind gem. Sachverhalt fremdüblich im Sinne des § 1 Abs. 1 AStG. Insofern ergeben sich keine gesonderten steuerlichen Auswirkungen. Internationale Steuerplanung 37
Fall 9 – Lösung (3/3) Steuerberechnung EUR Handelsübliche Jahresüberschüsse 1.000.000 Hinzurechnung nicht abzugsfähige Betriebsausgaben §§ 4 Abs. 5 EStG, 8 Abs. 1 S. 1 KStG 10.000 Hinzurechnung nicht abzugsfähige Körperschaftssteuer §§ 12 Nr. 3 EStG, 8 Abs. 1 S. 1 KStG 150.000 Hinzurechnung nicht abzugsfähige Gewerbesteuer §§ 4 Abs. 5b EStG, 8 Abs. 1 S. 1 KStG 150.000 Dividende D-S.p.A. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG -100.000 Hinzurechnung § 8b Abs. 5 KStG 5.000 Dividende C-K.K. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG -200.000 Hinzurechnung § 8b Abs. 5 KStG 10.000 Dividende Zinsen D-S.p.A. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG -20.000 Hinzurechnung § 8b Abs. 5 KStG 1.000 Hinzurechnung Veräußerungsverlust § 8b Abs. 3 S. 3 KStG 500.000 zu versteuerundes Einkommen 1.506.000 Internationale Steuerplanung 38
Fall 10 Sachverhalt: Der Japaner Shin, verheiratet, 2 Kinder, wird seitens der Muttergesellschaft J K.K. für 2 Jahre ab dem 01.08.2017 an die X-GmbH in Düsseldorf entsandt. Er lebt dort in einem Apartment. Die Familie bleibt in Tokyo in der Eigentumswohnung. Wie sind die folgenden Fallvariationen für 2017 zu beurteilen in Hinblick auf seine deutsche Steuerpflicht? 1) Shin arbeitet 40 Wochen im Jahr im Büro in Düsseldorf. Die restliche Zeit ist er auf Geschäftsreisen in Europa oder im Heimaturlaub in Japan (4 Wochen). Die X-GmbH trägt seine Vergütung. 2) Shin arbeitet 20 Wochen im Jahr im Büro in Düsseldorf. Er verbringt 12 Wochen im Jahr in Japan für Projekte und Konferenzen sowie Heimaturlaub (4 Wochen). 20 Wochen im Jahr ist er überall in Europa auf Geschäftsreise, die Wochenendtage (Samstag und Sonntag) aber in Düsseldorf. Die X-GmbH trägt seine Vergütung. 3) Wie 2), aber die J K.K. trägt Shins Vergütung. 4) Wie sind 1) – 3) zu beurteilen, wenn Shin unverheiratet ist und seine Wohnung in Tokyo für die Zeit der Entsendung untervermietet? Internationale Steuerplanung 39
Fall 10 - Lösung Shin hat mit dem Apartment einen Wohnsitz in Deutschland, § 8 AO. Er ist daher gem. § 1 Abs. 1 S. 1 EStG in Deutschland, unbeschränkt steuerpflichtig. Er erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Deutschland und Japan haben ein DBA. Shin ist gem. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA in Deutschland und Japan ansässig, denn er hat mit der Familieneigentumswohnung in Tokyo auch einen Wohnsitz in Japan. Da die Entsendung nur zwei Jahre dauert und seine Familie in Japan bleibt, bestehen die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Japan, Art. 4 Abs. 2 OECD-MA. Shin ist daher in Japan ansässig. 1) Shin verbringt 40 x 7 = 280 Tage im Jahr in Deutschland. Die Vergütung wird von der X-GmbH getragen. Gem. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA hält sich Shin mehr als 183 Tage in einem 12-Monats-Zeitraum in Deutschland auf. Die X-GmbH trägt die Vergütung als Arbeitgeber des anderen Staates, Deutschland, und ist keine Betriebsstätte der J K.K. Deutschland hat das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gem. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA. 2) Shin verbringt 20 x 7 = 140 Tage + 20 x 2 = 40 Tage, insgesamt 180 Tage in Deutschland. Weil er sich weniger als 183 Tage in 12 Monaten in Deutschland aufhält, behält Japan das Besteuerungsrecht insoweit. Da aber die X-GmbH als Arbeitgeber in Deutschland die Vergütung trägt, hat Deutschland das Besteuerungsrecht gem. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA. 3) Shin hält sich weniger als 183 Tage in Deutschland auf und die Vergütung wird von der J K.K. getragen und nicht an eine deutsche Betriebsstätte weiterbelastet. Gem. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA hat Japan das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. 4) Shin ist in Deutschland ansässig, da er nur hier einen Wohnsitz hat, Art. 4 Abs. 1 OECD-MA. In den Fällen 1) und 2) ist Shin weniger als 183 Tage in Japan tätig und die X-GmbH trägt die Vergütung. Damit liegt das Besteuerungs- recht gem. Art. 15 Abs. 2 OECD-MA bei Deutschland. In Fall 3) trägt die J K.K. die Vergütung, so dass das Besteuerungsrecht für die in Japan ausgeübte Arbeit von 8 x 5 = 40 Tagen von 240 Tagen (48 x 5 Tage bei 4 Wochen Urlaub) bei Japan liegt, Art. 15 Abs. 2 OECD-MA. Im übrigen liegt das Besteuerungsrecht bei Deutschland. Internationale Steuerplanung 40
Fall 11 Sachverhalt: Die ledige österreichische Tennisspielerin Doris Decker (D), mit Wohnsitz in Wien, ist Mitglied in folgenden Gremien: • Mitglied im Aufsichtsrat der S-AG mit Sitz in Heilbronn, die Avatare von Sportlern für Computerspiele herstellt und vertreibt. Der Aufsichtsrat tagt 4 mal im Jahr in Heilbronn. D erhält jeweils ein Sitzungsgeld von € 7.500. Zusätzlich hierzu werden ihr Reisekosten in nachgewiesener Höhe erstattet. Im Jahr 2018 betragen diese € 655 je Sitzung. • Mitglied im Beirat der F-GmbH mit Sitz in Kiel, die Tennisartikel herstellt. Der Beirat berät die Geschäftsführung in Fragen der strategischen Ausrichtung der F-GmbH. Der Beirat kann Entscheidungen der Geschäftsführung nicht blockieren. Der Beirat tagt vier mal im Jahr in Kiel. D erhält 2018 jeweils ein Sitzungsgeld von € 5.500, mit dem auch in diesem Zusammenhang entstandene Reisekosten abgegolten sind. D spielt außerdem beim WTA-Turnier in Stuttgart im April 2018. Sie erhält ein Antrittsgeld von € 50.000, mit dem die Verpflichtung von Auftritten bei zwei Marketingveranstaltungen der P-AG, eines Automobilherstellers, im Rahmen des Turniers verbunden ist. Für das Erreichen des Einzel-Halbfinals des Turniers erhält sie € 45.000. Fragestellung: Welche Einkünfte erzielt D in Deutschland? Berechnen Sie die in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte sowie die darauf entfallende Steuerbelastung. Internationale Steuerplanung 41
Fall 11 – Lösung (1/3) Zwischen Deutschland und Österreich besteht ein DBA. D ist aufgrund ihres Wohnsitzes in Österreich gem. Art. 4 Abs. 1 OECD-MA in Österreich ansässig. D ist beschränkt steuerpflichtig mit ihren inländischen Einkünften aus selbständiger Arbeit (§§ 1 Abs. 4 i.V.m. 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Die Vergütungen für die Mitgliedschaft in den Räten der M-AG und der G-GmbH sowie aus dem Turnier führen zu Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S.v. §§ 49 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Art. 9 Abs. 4, 16, 17 OECD-MA weist Deutschland das Besteuerungsrecht zu. Unabhängig von den Regelungen des DBA sind lt. § 50d Abs. 1 EStG bei Vorliegen der einschlägigen Voraussetzungen die Vorschriften des § 50a EStG zu beachten. Aufsichtsratsvergütung M-AG Die Tätigkeit bei der M-AG ist kraft Gesetzeswirkung eine Überwachung der Geschäftsführung (§ 111 Abs. 1 AktG). Dementsprechend unterliegen diese Vergütungen dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG. Der anzuwendende Steuersatz beträgt gem. § 50a Abs. 2 EStG 30%. Da die Reisekosten in tatsächlicher Höhe von der M-AG erstattet worden, gehören diese nicht zu den Einnahmen (§50a Abs. 2 S.2 EStG). Da D österreichische Staatsangehörige mit einem Wohnsitz in der EU ist, würde bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage zudem § 50a Abs. 3 EStG Anwendung finden, wonach der Schuldner (hier die M-AG) ihre als Betriebsausgaben zu beurteilenden Reisekosten von den Einnahmen der D abziehen kann. Da D als natürliche Person Gläubigerin der Vergütung ist, beträgt der Steuersatz unverändert 30% (vgl. § 50a Abs. 3 S. 4 Nr. 1 EStG). Somit ermittelt sich die deutsche Steuer wie folgt: 42
Fall 11 – Lösung (2/3) EUR Einnahmen Aufsichtsratsvergütung M-AG: 4 x 7.500 30.000 Erstattung Reisekosten 0 Summe Einnahmen 30.000 Werbungskosten Reisekosten, abzugsfähig 0 Bemessungsgrundlage nach § 50a Abs. 3 EStG 30.000 Steuersatz 30% = festzusetzende Einkommensteuer 9.000 Gem. § 50a Abs. 5 EStG hat die M-AG die Steuer an das Finanzamt abzuführen. Mit dem Steuerabzug ist für die A die Einkommensteuer abgegolten (§ 50 Abs. 2 S. 1 EStG). 43
Fall 11 – Lösung (3/3) F-GmbH Die Vergütungen für die Beiratstätigkeit stellen ebenfalls Einkünfte aus selbständiger Arbeit dar (§§ 49 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Allerdings ist die D nicht zur Überwachung der Geschäftsführung befugt, da sie lt. Sachverhalt Entscheidungen der Geschäftsführung nicht blockieren kann. Somit finden die Vorschriften des § 50a EStG keine Anwendung. Die festzusetzende Einkommensteuer berechnet sich wie folgt: EUR Einkünfte aus selbständiger Arbeit Beiratsvergütung F-GmbH: 4 x 5.500 22.000 Summe der Einkünfte/zu versteuerndes Einkommen 22.000 + Grundfreibetrag nach § 50 Abs. 1 S. 2 EStG 9.000 Erhöhtes zu versteuerndes Einkommen 31.000 Festzusetzende Einkommensteuer (§ 32a EStG/Grundtabelle) 5.670 Turnier Die Teilnahme am Turnier ist eine sportliche Darbietung. Das Antrittsgeld für die Teilnahme am Turnier und den zwei Marketingveranstaltungen hängt mit dieser Darbietung / Dienstleistung zusammen, § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der Steuerabzug beträgt gemäß § 50a Abs. 2 S. 1 15%, mithin sind auf € 95.000 Einnahme € 14.250 Steuer abzuführen. 44
Fall 12 Sachverhalt B mit Wohnsitz in Sāo Paulo/Brasilien ist Abteilungsleiter der internen Revision der Amazonas LTDA (Kapitalgesellschaft brasilianischen Rechts), die Büromöbel herstellt und vertreibt. In dieser Eigenschaft fliegt er in 2016 einmal je Quartal für je einen Monat zu der 100%igen Tochtergesellschaft der Amazonas LTDA, der C-GmbH in Düsseldorf, die Vertrieb und Herstellung für Europa verantwortet. Dort nimmt er ebenfalls die Funktion des Leiters der internen Revision wahr. Während des Aufenthalts wohnt er im Hotel. B wird organisatorisch und wirtschaftlich voll in die C-GmbH integriert. Der C-GmbH wird der Anteil des Gehalts von B, der auf die Tätigkeit in Düsseldorf entfällt, von der Muttergesellschaft weiterbelastet. Großen Erfolg hat die C-GmbH mit Beschichtungen, welche sie nur für den europäischen Markt auf die Arbeitsplatten der Büromöbel aufbringt und die eine lange Haltbarkeit garantieren. Das dafür erforderliche Verfahren hat B dem chinesischen Chemiker Xu Ping gegen eine jährliche Zahlung von € 10.000, welche stets am 30.11. eines jeden Jahres überwiesen wird, bei einem feuchtfröhlichen Abend in einer Karaoke-Bar in Düsseldorf entlockt. Xu Ping hat seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in China. Fragestellung Erzielt B in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte? Sofern B steuerpflichtige Einkünfte erzielt, wie wird die darauf entfallende deutsche Ertragsteuer entrichtet? Stellen Sie die ertragsteuerlichen Folgen in Deutschland für Xu Ping sowie etwaige seitens der C-GmbH vorzunehmende Handlungen dar. Internationale Steuerplanung 45
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