Studienbericht Nutzung von digitalen Tools zur Unterstützung von COVID-19- Kontaktverfolgung - opus4.kobv.de
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Studienbericht Nutzung von digitalen Tools zur Unterstützung von COVID-19- Kontaktverfolgung Wie populär sind Corona-Warn-App und Luca-App 26. April 2021 in der dritten Pandemiewelle? #COVID-19 Prof. Simon Munzert, Hertie School #CoronaWarnApp Myrto Papoutsi, respondi AG #LucaApp Holger Nowak, respondi AG In der dritten Welle der Corona-Pandemie kann der Corona-Warn-App zur Unterstützung der COVID-19-Kontaktnachverfolgung eine wichtige Rolle zukommen, um Übertragungen der Krankheit einzudämmen. Darüber hinaus wird zunehmend über den Einsatz von Check-in-Apps diskutiert, die die Registrierung von Besuchen bestimmter Orte mittels QR-Codes ermöglichen. Für die Effektivität dieser Technologien ist jedoch die breitflächige Nutzung in der Bevölkerung entscheidend. In unserer Erhebung zeigen sich deutliche Unterschiede in der Nutzung der beiden bekanntesten Apps – Corona-Warn-App und Luca-App. Gleichzeitig wird sichtbar, in welchen Teilen der Bevölkerung die Nutzung noch ausgebaut werden könnte. Ein Großteil der Nicht-Nutzer zweifelt nach wie vor an der Effektivität der Apps, hat Datenschutzbedenken oder fühlt sich über die Lösungen nicht gut genug informiert. Die Ergebnisse basieren auf einer Befragung und Smartphone-basiertem Nutzertracking, die zwischen dem 24. März. und 6. April 2021 durchgeführt wurde. Studienbericht - 22. April 2021 1/6
1 Einsatz von Contact-Tracing zur Pandemiebekämpfung Weltweit suchen Staaten weiterhin Strategien, um die COVID-19-Pandemie wirksam einzudämmen. Virusmutationen, unentschlossenes oder ineffektives staatliches Handeln, Nichteinhaltung präventiver Maßnahmen und Widrigkeiten in der Impfstoffvergabe stehen dem jedoch entgegen. Als unterstützendes Werkzeug zur Bekämpfung wurde frühzeitig der Einsatz digitaler Technologien vorgeschlagen. Beispielsweise ist mithilfe der in Smartphones integrierten Bluetooth-Schnittstelle digitale Kontaktverfolgung (Digital Contact Tracing, DCT) möglich. Mobile Apps sollen dabei helfen Kontakte zwischen infizierten Personen zu protokollieren und diese zu benachrichtigen, um eine fortgesetzte Übertragung zu verhindern. Im Juni 2020 wurde dafür in Deutschland die Corona-Warn-App zum Download bereitgestellt, die von SAP und Deutscher Telekom entwickelt und vom Robert- Koch-Institut herausgegeben wird. Nachdem die Downloadzahlen anfänglich stark nach oben schnellten, stagnierte das Wachstum der Nutzerbasis seit der zweiten Jahreshälfte bis heute. Aktuell berichtet das Robert-Koch-Institut eine Gesamtdownloadzahl von 27 Mio (Stand: 16.04.2021). Die Anzahl der Nutzer dürfte aufgrund mehrfacher Downloads, Nutzung auf unterschiedlichen Geräten, Deinstallation oder Nicht-Nutzung niedriger liegen. Neben der „offiziellen“ App existiert mittlerweile ein breites Angebot weiterer Apps, wobei in den letzten Monaten insbesondere die von privaten Investoren finanzierte Luca-App medial Aufmerksamkeit erregte. Hier steht die Erfassung von Kontakten verschiedener Locations im Vordergrund, um die in verschiedenen Bundesländern vorgeschriebene Dokumentation von Location-Kontakten zu gewährleisten. Über diese und andere Apps sollen Nutzer die Möglichkeit erhalten, sich aktiv über das Einscannen von QR-Codes einzuchecken und sich dabei zu registrieren. Jüngste Erkenntnisse zur Luca-App weisen sowohl auf gravierende Datenschutzprobleme, teilweise im Zusammenhang mit der Zentralität der Datenspeicherung, als auch auf zweifelhafte Effektivität hin.1 Für die Corona-Warn- App wurde kürzlich ein Update veröffentlicht, durch das die App nun ebenfalls eine Check-in-Funktionalität bei gleichzeitig dezentraler Datenspeicherung zur Verfügung stellt.2 1 Linus Neumann. Luca-App: CCC fordert Bundesnotbremse. https://www.ccc.de/de/updates/2021/luca-app-ccc- fordert-bundesnotbremse (Stand: 13.04.2021) 2 Hanna Heine. Das Projektteam veröffentlicht Corona-Warn-App 2.0 mit Eventregistrierung. https://www.coronawarn.app/de/blog/2021-04-21-corona-warn-app-version-2-0/ (Stand: 21.04.2021) Studienbericht - 22. April 2021 2/6
2 Breitflächige Nutzung entscheidend für Wirksamkeit Ein für die Wirksamkeit der Apps entscheidender Faktor ist die breitflächige Nutzung durch die Bevölkerung. Dem stehen sowohl mangelnde Bekanntheit als auch mögliche Bedenken zur Effektivität und Datenschutzsicherheit entgegen sowie eine allgemeine Skepsis gegenüber der Bedrohung durch die Pandemie und staatlichem Handeln in diesem Kontext. Um die Wirksamkeit der App aus Nutzerperspektive zu beurteilen und durch gezielte Bewerbung und Anpassung zu steigern, sind Erkenntnisse über tatsächliches Nutzungsverhalten entscheidend. Nutzungsmuster sind jedoch grundsätzlich schwer zu ermitteln – dies gilt insbesondere für Apps wie die Corona- Warn-App, die nach Privacy-by-design-Grundsätzen entwickelt wurden und somit kaum Nutzungsinformationen liefern. Zusätzlich ist das App-Angebot im Laufe der letzten Monate größer und damit unübersichtlicher geworden, was eine ganzheitliche Nutzungsevaluation erschwert. 3 Bestandsaufnahme in der dritten Pandemiewelle im Frühjahr 2021 Wir berichten die Ergebnisse einer Studie, für die wir Befragungsdaten in Kombination mit Smartphone-Trackingdaten erhoben haben, um die Nutzung von Contact-Tracing-Apps im April 2021 zu untersuchen. Dazu wurden zwischen dem 24. März. und 6. April 2021 2.099 Mitglieder eines kommerziellen Access-Panels rekrutiert und zu Verhalten und Einstellungen im Kontext der Corona-Pandemie im Allgemeinen und zu Contact-Tracing-Apps im Besonderen befragt. Für etwa die Hälfte der Befragten (n = 1.076) wurde zusätzlich das Verhalten auf mobilen Geräten erfasst, womit die Nutzung (und Nicht-Nutzung) von Apps direkt beobachtet werden konnte. Die Studie aktualisiert die Bestandsaufnahme einer früheren Erhebung, die zwischen Juni und September 2020 durchgeführt wurde und auf das Nutzerverhalten von CWA-Nutzern fokussierte.3 4 Ergebnisse Kernergebnisse 1. Corona-Warn-App (CWA) und (in Maßen) Luca-App sind in der Bevölkerung bekannt, andere Angebote so gut wie nicht. 2. Die CWA wird nach wie vor um ein Vielfaches häufiger genutzt als die Luca-App. 3 Munzert, S., Selb, P., Gohdes, A. et al. (2021). Tracking and promoting the usage of a COVID-19 contact tracing app. Nature Human Behaviour 5:247—255. https://doi.org/10.1038/s41562-020-01044-x Studienbericht - 22. April 2021 3/6
3. Luca-App-Nutzer haben in den meisten Fällen auch die CWA installiert – eine Ausweitung der App-Nutzerbasis ist kaum zu beobachten. 4. App-Nutzung (sowohl CWA als auch Luca) ist ungünstig mit Risikoverhalten korreliert: Diejenigen, die sich an AHA-Regeln halten und Risikobegegnungen vermeiden, nutzen auch die Apps relativ häufiger. 5. Vertrauen in Regierung und Wissenschaft sowie Befürwortung härterer Anti-COVID-Maßnahmen sind starke Prädiktoren für App-Nutzung (sowohl CWA als auch Luca). 6. Jüngere, eher digital affine sind nicht zwangsläufig die Hauptnutzergruppe – hier besteht noch Potential für eine Erweiterung der Nutzerbasis. 7. In Bundesländern, in denen die Luca-App früh lizensiert und beworben wurde, finden sich deutlich höhere Adoptionsraten der App. 8. Die Luca-App wurde im Erhebungszeitraum als das im Vergleich zur CWA eher sinnvolle Tool zur Bekämpfung der Pandemie eingeschätzt. 9. Es finden sich keine messbaren Unterschiede zwischen CWA und Luca- App bezüglich Sorgen um den Datenschutz. Bekanntheit der Apps Zunächst erfassen wir die Bekanntheit unterschiedlicher Apps unter den Befragten (vgl. Abbildung 1). Wenig überraschend ist die Corona-Warn-App weithin bekannt (79% geben an, von der App bereits gehört zu haben); dahinter folgt die Luca-App mit einem Bekanntheitsgrad von 41%. Andere abgefragte Apps – HelloQ, pass4all, Restart20 – sind so gut wie unbekannt. Auch in den Metered-Daten können wir nahezu keine Nutzungsaktivitäten jenseits der CWA und der Luca-App beobachten. Abbildung 1: Nennungen in Prozent bei der Frage „Von welchen der folgenden Apps haben Sie bereits gehört?“ (N = 2.099, Erhebungszeitraum: 24.03. - 6.4.2021). 79 80 60 Anteil (Prozent) 41 40 20 3 1 1 0 CWA Luca HelloQ pass4all Restart20 Studienbericht - 22. April 2021 4/6
App-Nutzung im Vergleich Befragt man die Teilnehmer zur Installation von COVID-19-Apps auf ihrem Smartphone, zeigt sich, dass die CWA nach wie vor um ein Vielfaches häufiger genutzt wird als die Luca-App (vgl. Abbildung 2). Luca-App-Nutzer haben in den meisten Fällen auch die CWA installiert – eine Ausweitung der App-Nutzerbasis ist kaum zu beobachten. Lediglich vier Prozent nutzen ausschließlich die Luca-App. Über die Verknüpfung der gemessenen (metered) Daten- mit den Befragungsdaten können weitere Rückschlüsse darauf gezogen werden, welche Faktoren wie stark mit der Nutzung bestimmter Apps zusammenhängen. Außerdem umgehen wir mit den hoch aufgelösten Verhaltensdaten zur App-Nutzung mögliche Verzerrungen der berichteten Nutzung, die durch sozial erwünschtes Verhalten zustande kommen können. So finden sich für ein 34% (14%) der Nutzer, die angeben, die Corona-Warn-App (Luca-App) installiert zu haben, keine App-Nutzungsspuren in den getrackten Smartphone-Daten. Abbildung 3 stellt die metered (bzw. für die nicht getrackten Teilnehmer imputierte) App-Nutzung jeweils für die Corona-Warn-App und für die Luca-App über verschiedene Subgruppen hinweg dar (Mittelwerte). In Panel (a) werden verschiedene soziodemographische Merkmale verglichen. Für beide Apps zeigen sich höhere Nutzungsraten bei den Älteren, wohingegen hinsichtlich des Geschlechts, der Bildung und des Einkommens kaum Unterschiede bestehen. In Bundesländern, in denen die Luca-App frühzeitig lizensiert wurde (Mecklenburg- Vorpommern, Saarland, Schleswig-Holstein), sind deutlich höhere Adoptionsraten zu beobachten. Panel (b) schlüsselt Nutzung nach Risiko- und Verhaltensmerkmalen auf. Hier zeigt sich in der Tendenz ein ungünstiger Zusammenhang zwischen Nutzung und Risikostatus der Übertragung. Unter anderem verwenden ÖPNV-Nutzer und solche, die sich weniger an die AHA- Maßnahmen halten, die Apps seltener. Vorerkrankungen und COVID-19-Fälle im persönlichen Netzwerk hingegen hängen mit einer höheren Nutzungsrate zusammen. In Panel (c) werden schließlich Einstellungen mit der App-Nutzung verglichen. Hier zeigen sich starke Unterschiede in Nutzungsraten der CWA. Diese sind deutlich höher für Befragte, die sich besorgt über COVID-19 zeigen, eine Ausweitung der staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie fordern, Bereitschaft zur Impfung zeigen und sich häufig zu COVID-19 informieren. Hohes Vertrauen in Regierung, Wissenschaft und Gesundheitssystem hängen ebenfalls stark mit einer Nutzung zusammen. Besorgtheit um Data Privacy scheint hingegen kaum eine Rolle zu spielen. Nahezu identische Muster (auf niedrigerem Niveau) zeigen sich auch für Adoptionsraten der Luca-App. Ausgenommen davon ist das Vertrauen in „Datenschutz durch die Regierung“. Diese spielt nur bei CWA-Nutzern eine Rolle, jedoch nicht bei der Luca-App. Studienbericht - 22. April 2021 5/6
Abbildung 2: Nennungen in Prozent bei der Frage „Haben Sie oder hat jemand für Sie eine der folgenden Apps auf Ihrem Smartphone installiert?“ (N = 2.099, Erhebungszeitraum: 24.03.-6.4.2021). 59 60 Anteil (Prozent) 40 29 20 9 4 0 CWA: Nein CWA: Ja CWA: Nein CWA: Ja Luca−App: Nein Luca−App: Nein Luca−App: Ja Luca−App: Ja Abbildung 3: Nutzungsraten der Corona-Warn-App und der Luca-App (getrackt) nach Subgruppe (N = 1815, Messzeitraum: 1.1-6.4.2021). (a) Soziodemographische Merkmale Studienbericht - 22. April 2021 6/6
CWA−Adoptionsrate Luca−App−Adoptionsrate 14−19 Jahre 20−29 Jahre 30−39 Jahre Alter 40−49 Jahre 50−59 Jahre 60−69 Jahre 70−79 Jahre Männlich Geschlecht Weiblich Niedrig Bildung Hoch 3,000EUR Baden−Wuerttemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg−Vorpommern BL Niedersachsen Nordrhein−Westfalen Rheinland−Pfalz Saarland Sachsen Sachsen−Anhalt Schleswig−Holstein Thueringen Niedrig Bev.dichte Hoch 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 Abbildung 3, fortgesetzt: Nutzungsraten der Corona-Warn-App und der Luca-App (getrackt) nach Subgruppe (N = 1815, Messzeitraum: 1.1-6.4.2021). (b) Risikostatus und Verhalten CWA−Adoptionsrate Luca−App−Adoptionsrate Niedrig ÖPNV−Nutzung Hoch Niedrig Restaurantbesuch Hoch Niedrig Private Treffen Hoch Niedrig Risikoverhalten (Index) Hoch Ja AHA−Befolgung Nein Ja COVID−19 im Netzwerk Nein Ja Vorerkrankung Nein Nein Arbeitend Ja 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 (c) Einstellungen Studienbericht - 22. April 2021 7/6
CWA−Adoptionsrate Luca−App−Adoptionsrate COVID−Besorgtheit: Niedrig Selbst Hoch COVID−Besorgtheit: Niedrig Freunde/Familie Hoch COVID−Besorgtheit: Niedrig Land Hoch Übertrieben COVID− Genau richtig Maßnahmen Ausweiten Informiertheit Hoch zu COVID Niedrig Vertrauen: Niedrig Bundesregierung Hoch Vertrauen Niedrig Landesregierung Hoch Vertrauen: Niedrig Wissenschaft Hoch Vertrauen: Niedrig Gesundheitssystem Hoch Niedrig Impfbereitschaft Hoch Niedrig Digitalkompetenz Hoch Besorgtheit Niedrig um Data Privacy Hoch Vertrauen in Datenschutz Nein durch Regierung Ja Links−Rechts− Links Einstufung Rechts 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 App-Nutzung im Zeitverlauf Die hochaufgelösten Metered Daten erlauben auch eine Betrachtung der App- Nutzung im Zeitverlauf. Abbildung 4 zeigt für den Zeitraum zwischen 1. Februar und 6. April die kumulative Adoptionsrate, die misst, wie viele Befragte zu einem bestimmten Zeitpunkt die jeweilige App mindestens einmal auf ihrem Smartphone geöffnet hatten. Es zeigt sich nur eine marginale Steigerung der Rate für die CWA und ein moderates, lineares Wachstum für die Erstnutzung der Luca-App seit Anfang März. Abbildung 4: App-Nutzungsraten im Zeitverlauf, Corona-Warn-App vs. Luca-App. N = 1076, Trackingzeitraum: 1.1-6.4.2021, Betrachtungszeitraum 1.2.-6.4.2021). Studienbericht - 22. April 2021 8/6
0.6 Corona−Warn−App Welle 1 Luca−App 0.5 .44 0.4 App−Adoptionsrate 0.3 0.2 0.1 .10 0 Feb 05 Feb 12 Feb 19 Feb 26 Mar 05 Mar 12 Mar 19 Mar 26 Apr 02 Warum werden die Apps nicht genutzt? Im letzten Schritt der Analyse berichten wir App-spezifische Einstellungen und selbstberichtete Gründe dafür, die jeweiligen Apps nicht zu nutzen. Abbildung 5 zeigt Zustimmungsraten zu Statements bezüglich Datenschutz, Informiertheit und wahrgenommener Effektivität der Apps. Trotz der Diskussionen um Datenschutzprobleme rund um die Luca-App findet sich kein Unterschied in der Besorgnis zwischen CWA und Luca-App. Dabei gilt jedoch zu berücksichtigen, dass ein Großteil der (negativen) Berichterstattung über Datenschutzprobleme der App erst nach dem Erhebungszeitraum stattfand. Die Befragten halten sich für in der Tendenz etwas weniger über die Luca-App als über die CWA informiert, wobei die Unterschiede auch hier (überraschenderweise) gering ausfallen. Bezüglich der wahrgenommenen Effektivität zur Pandemiebekämpfung sehen die Befragten die Luca-App positiver. Abbildung 6 berichtet Gründe der Nichtnutzung der Corona-Warn-App und der Luca-App. Bezüglich der CWA scheint insbesondere Skepsis hinsichtlich des Nutzens zu bestehen (genannt von 57% der selbstberichteten Nichtnutzer), außerdem zweifeln Nichtnutzer trotz dezentralisierter Datenspeicherung und Privacy by design am Datenschutz der App (25%) und möchten nicht, „dass sie der Staat überwacht“ (25%). Auch die Voraussetzung, Bluetooth dauerhaft aktiv zu halten, scheint einige abzuschrecken (24%). Luca-App-Nichtnutzer fühlen sich in erster Linie noch nicht gut genug informiert (32%) und möchten erst die Erfahrung von anderen abwarten (16%). Ein (im Vergleich zur CWA deutlich geringerer) Teil zweifelt am Nutzen der App (21%) oder sorgt sich um den Datenschutz (15%). Abbildung 5: Einstellungen zur Corona-Warn-App und zur Luca-App („Inwiefern stimmen Sie den folgenden Aussagen zu den folgenden Tracing-Apps zu?“, N = 2.099, Erhebungszeitrum: 24.03.-6.4.2021). Studienbericht - 22. April 2021 9/6
3.9 4 3.6 Stimme überhaupt nicht zu (1) − 3.3 Stimme voll und ganz zu (5) 3.2 Mittelwert 5−Punkt−Skala 3 2.9 2.7 2.6 2.7 2 1 0 Ich sorge mich Ich fühle mich Ich glaube nicht, Ich finde es um den Datenschutz nicht gut genug dass die App sinnvoll, dass die der App. über die App für die Bekämpfung App als Zusatzinstrument informiert. der Pandemie etwas zur Nachverfolgung von nützt. Infektionen genutzt wird. CWA Luca−App Abbildung 6: Gründe der Nichtnutzung der Corona-Warn-App und der Luca-App („Können Sie uns sagen, weshalb sie die App nicht mehr installiert haben?“, N = 2099, Erhebungszeitrum: 24.03.-6.4.2021). 21 Ich glaube nicht, dass die App etwas nützt. 57 10 Ich möchte nicht, dass mich der Staat überwacht. 25 15 Ich sorge mich um den Datenschutz. 25 9 Das Bluetooth meines Smartphones müsste dauerhaft angeschaltet sein. 24 5 Die App verbraucht zu viel Akku. 16 7 Ich will nicht, dass die App verfolgt, wen ich treffe. 14 5 Ich finde, das Thema Corona wird übertrieben. 12 32 Ich fühle mich nicht gut genug informiert. 12 2 Die App produziert Fehlermeldung. 10 4 Mein Smartphone ist zu alt. 7 16 Ich will erst die Erfahrung von anderen abwarten. 4 0 20 40 60 Anteil der Nennungen (Prozent) CWA Luca−App 5 Zusammenfassung Digitale Technologien können in der Pandemie einen wichtigen Beitrag leisten, um die Kontaktnachverfolgung zu unterstützen und Virusübertragungen zu verhindern. Sie sind in erster Linie Werkzeuge für den Einzelnen, um sich zu informieren und eigenverantwortliches Handeln zu stärken. Die Nutzung dieser Tools im Privaten entzieht sich in einer liberalen Demokratie staatlicher Kontrolle. Umso wichtiger ist es jedoch zu verstehen, welche Faktoren die Nutzung beeinflussen und wie die Tools noch attraktiver gemacht werden können, um eine möglichst breite Nutzerbasis zu schaffen. Die hier berichteten Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Corona-Warn-App zehn Monate nach Einführung einen hohen Bekanntheitsgrad genießt und im Studienbericht - 22. April 2021 10/6
internationalen Vergleich und mit Berücksichtigung der Freiwilligkeit der Nutzung auf eine solide Nutzerbasis bauen kann. Obwohl sie gegenüber privaten Lösungen entscheidende Vorteile hinsichtlich des Datenschutzes, aber auch der Effektivität genießt, überwiegen unter Nichtnutzern die Skepsis bezüglich dieser Merkmale. Weitere Datenerhebungen im Rahmen unserer Studie werden zeigen, ob die Berichterstattung rund um die Luca-App diese Skepsis vertieft oder die Corona- Warn-App in einem anderen Licht erscheinen lässt. Nun gilt es, durch klare Kommunikation und weitere Bewerbung der Funktionalität bisherige Nichtnutzer zu überzeugen. Die mit dem neuesten Update auf Version 2.0 hinzugefügte Check-in-Funktionalität kann dabei ein wichtiger Baustein sein, da sie die potentielle Effektivität unmittelbarer vermittelt, indem App-Nutzer die App aktiv verwenden, um sich an Locations einzuchecken. Studienbericht - 22. April 2021 11/6
Informationen zu Befragung und Smartphone- Tracking Die Befragung umfasste 2.099 Teilnehmer eines durch die respondi AG rekrutierten Access-Panels. Die Teilnahme war freiwillig. Teilnehmer mussten zwischen 14 und 74 Jahre alt sein, in Deutschland wohnen und mindestens wöchentlich Zugriff auf ein Smartphone haben. Dies traf auf 98% der eingeladenen Teilnehmer zu. Teilnehmer wurden nach Geschlecht (2 Gruppen), Alter (7 Gruppen) und Bundesland ausgewählt, um Randverteilungen der 2020 Best-for-Planning-Studie (Strukturanalyse der Wohnbevölkerung in DE: Onliner exkl. Mobile Nicht-Nutzer zwischen 14-74 Jahre) zu approximieren. Mecklenburg-Vorpommern hat im März 2021 als erstes Bundesland eine Lizenz zur Nutzung des Luca Systems zur Kontaktnachverfolgung erworben. Um die Effekte dieser Maßnahme der Landesregierung besser einschätzen zu können, wurde die Stichprobengröße für dieses Bundesland bewusst höher angelegt. Statt der in der B4P Verteilung benötigten Fallgröße von etwa 2% für Mecklenburg-Vorpommern wurden insgesamt 8% Teilnehmer aus diesem Bundesland in der Stichprobe zugelassen. Mobile Trackingdaten respondis Metered-Panel verwendet die Wakoopa-Software, die Daten über Web- Besuche und mobile App-Nutzung auf allen Geräten sammelt, die vom Teilnehmer registriert wurden. Die gesammelten Daten werden über eine sichere Verbindung an eine Cloud-Umgebung geschickt. Teilnehmer erklären ihre Einwilligung und es wird ihnen angeboten, das Daten-Sharing jederzeit zu unterbrechen oder zu beenden. Die von uns genutzten Metered Daten beziehen sich auf den Zeitraum 01. Januar bis 06. April 2021. Von den 1.078 im Metered-Panel erfassten Nutzern identifizierten wir 605 Nutzer, die am Ende des Befragungszeitraums die Corona- Warn-App installiert und mindestens einmal genutzt hatten; außerdem 128 Luca- App-Nutzer. Insgesamt verzeichnete die Software 20.092 Interaktionen mit einer aktiven Median-Nutzungsdauer von 9 Sekunden pro App-Interaktion (d.h. Dauer der Öffnung der App) für die Corona-Warn-App und 826 Interaktion (durchschnittlich 15 Sekunden Interaktion) für die Luca-App. Einwilligung und Umgang mit den Daten Das Verknüpfen von passiven Verhaltensdaten mit Umfragedaten zur Untersuchung des Verhaltens bei Nutzung von Kontaktverfolgungs-Apps, die so konzipiert sind, dass keine Nutzungsdaten in Kombination mit Zusatzdaten über den Nutzer mit Dritten geteilt werden, erfordert besondere Vorsicht. Personen, die dem Passiv-Metered-Panel beitreten, werden über die Art der gesammelten Daten aufgeklärt. Die Daten werden anonymisiert und nicht an Dritte weitergegeben. Die Panelteilnehmer werden außerdem darüber informiert, dass die Software jederzeit gelöscht oder das Tracking unterbrochen werden kann. Allgemeine Hinweise zur Interpretation Das Studiendesign bietet hohe Genauigkeit und Granularität in der Messung der App-Nutzung. Gleichzeit schränkt die Natur des Samples die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse auf die Zielpopulation ein, da die Teilnehmer unter anderem Studienbericht - 22. April 2021 12/6
überdurchschnittlich digitalaffin sind. Absolute Anteile sollten deshalb nicht als repräsentativ für die Population– Smartphone-Nutzer in Deutschland, deren Handys technische Mindeststandards erfüllen (mindestens Android 6 und iOS 12) – interpretiert werden. Die berichteten bedingten Verteilungen (z.B. Unterschiede in CWA-Nutzung zwischen verschiedenen Altersgruppen) sind hingegen zwischen Population häufig leichter zu vergleichen. Studienbericht - 22. April 2021 13/6
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