Symptomerfassung bei Demenz - 25.11.2015 Qualitätszirkel Pflege - QZ_Nov.2015_ Symptom-Erfass. bei ...
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Symptome bei Demenz Die häufigsten Symptome in der Palliativversorgung sind • Schmerzen • Atemnot • neurologische Symptome • Wunden Symptomerfassung bei an Demenz Erkrankten am Beispiel des Schmerzsymptoms
Schmerzursachen Physischer Schmerz durch Verletzung körperlicher Zerfall unterschiedlich nach Lokalisation, Qualität, Stärke
Schmerzursachen Seelischer Schmerz sozialer Verlust gesellschaftlich-normativer Verlust Ängste und Sorgen Verlust der Orientierung Kränkung Einsamkeit Hoffnungslosigkeit Wut, Verzweiflung, Depression
Schmerzursachen „Spiritueller“ Schmerz individuell aus der persönlichen Biografie heraus Schmerz als existenzielle Erfahrung Glaubenskrise Sinnkrise, Sinnfindung
Unzureichende Schmerztherapie Über 90% der über 75-Jährigen geben Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der Gelenke an 60-80% von Pflegeheimbewohnern leiden unter chronischen Schmerzen Jeder vierte Pflegeheimbewohner ist nicht oder nicht ausreichend mit Schmerzmitteln versorgt Demenzkranke bekommen deutlich weniger Schmerzmittel verordnet Nach einer Schenkelhalsfraktur erhalten alte Menschen ohne Demenz dreimal soviel Morphin wie alte Menschen mit Demenz Betroffene, aber auch Pflegekräfte neigen bei alten Menschen zu einem „Underreporting of Pain“ (aus „Palliative Pflege von Menschen mit Demenz“, Kostrzewa)
Schmerzen bei Demenz Symptomerfassung Je nach Schwere der Demenzerkrankung besteht nur noch eine emotionale Möglichkeiten der Schmerzäußerung, z.B. durch Verhaltensänderung Verständnisprobleme durch das Unvermögen einer sachlichen, unmittelbaren Kommunikation
Schmerzen bei Demenz 1. Körperliche Untersuchung Vorliegen von Wunden, Dekubitus? Kontrakturen? Hämatome als Hinweis auf Sturz? Ist der Bauch weich, erfolgt regelmäßiger Stuhlgang? Besteht eine Tachykardie, eine Tachypnoe oder eine flache Atmung? Ausgeprägte Blässe? Vermehrte Schweißproduktion? Gesteigerte Muskelanspannung?
Schmerzen bei Demenz 2. Beobachtungen durch das Team vermehrte Unruhe? Weinen? unerklärliche Aggressionen? verzerrte Mimik? Schonhaltungen? Abwehr bei der Pflege? Appetitmangel, Nahrungsverweigerung? Schlafstörungen?
Schmerzen bei Demenz 3. Berücksichtigung der Biografie „Brüche“ in der Biografie? Erlebnisse in der Kindheit? Schweres Schicksal, Schicksalschläge? Widersprüchliches Verhalten bereits in der Vergangenheit aufgetreten? Wahrnehmung der emotionalen Atmosphäre im persönlichen Umfeld
Begründung SAPV BESD-Skala Beurteilung von Schmerzen bei Demenz
Schmerzen bei Demenz Therapeutischer Ansatz auf Basis einer guten Symptomerfassung bei unklaren Schmerzen z.B. „Wirksamkeitstest“ mit gering dosiertem Morphin bei bestehender Unruhe vor einer „Ruhigstellung“ zunächst Ausschluß einer Schmerzsymptomatik
Schmerzen bei Demenz Häufige Fehler bei der medikamentösen Schmerztherapie • zu spät • zu wenig • zu kurz • zu selten • nur „bei Bedarf“
Schmerzen bei Demenz Medikamentöse Therapie korrekte Auswahl? richtige Dosierung? zuverlässige Einnahme möglich? oral/Pflaster/Spritze bzw. Medikamentenpumpe regelmäßige Überprüfung, Anpassung erforderlich? Basismedikation sowie entsprechend angepasste Bedarfsmedikation Nebenwirkungen beachten!
Hinweise zur medikamentösen Therapie bei Demenzerkrankung
Krankheitsbild Demenz ist eine unheilbare, chronisch fortschreitende, letztlich zum Tode führende Erkrankung
Krankheitsbild An fortgeschrittener Demenz erkrankte Patienten haben ähnliche Beschwerden und Bedürfnisse wie Menschen, die an Krebs sterben. McCarthy M., Addington-Hall J., Altmann D., Intern. J. Geriatric Psychiatry 1997,12 (3) s. 404-409
Grundlage Schmerztherapie So einfach, wie möglich, vorzugsweise p.o. festes Zeitschema individuelle Dosierung Prophylaxe von Nebenwirkungen
WHO-Stufenschema ist ein Baukasten, kein strenger Ablauf Medikamentöse Therapie ist eine Komposition aus verschiedenen Substanzen Begleittherapie zur Vermeidung von Nebenwirkungen nicht vernachlässigen unterstützende Maßnahmen nicht vergessen (z.B. Kälte/Wärmetherapie, lokal usw.)
WHO-Stufenschema 1986 entwickelt als Orientierungshilfe, ursprünglich für Tumorschmerzen Stufe 3 starke Opioide Stufe 2 Stufe 1 schwache Opioide + opioidfreie + opioidfreie Analgetika opioidfreie Analgetika Analgetika (Nicht-Opioide) (Nicht-Opioide) (Nicht-Opioide) + + + Koanalgetika Koanalgetika Koanalgetika
Opioide • Substanzen, die an den Opioid-Rezeptor binden, • d.h. es können natürlich vorkommende • oder synthetisch hergestellte Substanzen sein
Opioid-Rezeptoren • körpereigene Bindungsstellen (verschiedene Untergruppen) • dienen der eigenen Schmerzabwehr, hemmen die Übertragung von Schmerzreizen • koordinieren vegetative Funktionen und psychische Motivierung unter schmerzhaft-stressvollen Bedingungen
Nicht-Opioide vereinfacht alle anderen andere Analgetika
Koanalgetika Arzneimittel, die in speziellen Situationen Schmerzen reduzieren, ohne im eigentlichen Sinn Analgetika zu sein sondern ursprünglich für andere Krankheitsbilder zugelassen wurden (algos = griechisch Schmerz)
Koanalgetika Antidepressiva (z.B. Amitriptylin, Imipramin, Doxepin) Antiepileptika (z.B. Carbamazepin, Gabapentin, Pregabalin ) Steroide (z.B. Dexamethason) Bisphosphonate (z.B. Zoledronsäure) Lokalanästhetika (z.B. Lidocain) Spasmolytika (z.B. Flupirtin) Muskelrelaxantien (z.B. Baclofen)
Starke Opioide • Morphin • Oxycodon • Hydromorphon • Fentanyl • Buprenorphin
Morphin • Wirkstärke: Vergleichssubstanz zu anderen Opioiden z. B. Tramadol/Tilidin ca. 1/10 der Morphinwirkung (oral) Hydromorphin ca. 7,5 x so stark Oxycodon ca. 2 x so stark Buprenorphin ca. 30 x so stark Fentanyl ca. 100 x so stark • orale Bioverfügbarkeit ca. 30% (d.h. z.B. 30 mg oral = 10 mg s.c./i.v.) wichtig bei Wechsel der Applikationsform !
Besonderheit Opioidpflaster Schmerzpflaster (z.B. Fentanyl, Buprenorphin) • einfache Anwendung (z.B. bei Heimbewohnern, Demenzkranken) • weniger Obstipation, Erbrechen Nachteil: • wird als ungefährlich empfunden (vgl. ABC-Pflaster, „Trostpflaster“) • verzögerter Wirkungseintritt (12- 24 h) + nach Entfernung noch 12 – 24 h Wirkung • Schwitzen, Fieber, Heizkissen
Vergleich Tabletten/Pflaster • z.B. Fentanyl 25 µg/h • = 600 µg Fentanyl/Tag • = 60 mg Morphin oral • Wirkstärke von Pflastern wird oft unterschätzt, Einsatz nur sinnvoll bei stabilen Schmerzen, • Anfangsdosis muss richtig gewählt werden!
Richtige Anwendung Zeitintervall Bedarfsmedikation Dosis
Bedarfsmedikation • zusätzlich zur Basismedikation • bei Schmerzspitzen (Durchbruchschmerzen) z.B. Verbandwechsel, Lagerung • 1/6 der Tagesgesamtdosis, max. 4-6 x tgl. • aus gleicher Wirkstoffklasse, Stoff muss nicht identisch sein • rechtzeitige Gabe unter Berücksichtigung des Wirkeintritts
Dosisanpassung Fortschreiten der Erkrankung höherer Bedarf an Schmerzmitteln der Schmerz bestimmt die Dosis
Dosisanpassung • Dosissteigerung ist keine Folge der Toleranzentwicklung, sondern Folge des Krankheitsverlaufs • bei starken Opioiden gibt es keine vorgegebene Maximaldosis • Wechsel des Opioides ermöglicht weitere Dosis-Steigerung • beschränkender Faktor ist oft die Darreichungsform • durch Wechsel der Applikation wieder Dosis-Steigerung möglich
Dosisanpassung Beispiel: 1 200 mg Morphin oral = 400 mg s.c./i.v. = 66 mg peridural = 6,6 mg intrathekal Quelle: Schmerz Symptom und Behandlung, 7. Bremer Kongress für Palliativmedizin 2011
Fallbeispiel Frau B., 83 Jahre alt, seit Jahren im Pflegeheim Diagnosen: ausgeprägte Demenz Darm-Tu generalisierte Polyarthrose Symptome: starke Unruhe Aggressionen gegenüber Mitbewohnern und Pflegepersonal Schreiattacken, insbes. bei der Durchführung von Pflegemaßnahmen Pflegekräfte bitten um Palliativbetreuung (Empfehlung durch Psychiatrie nach stat. Behandlung), insbes. Fragestellung nach Schmerzen
Entscheidungsgrundlagen • Liegt eine Erkrankung sowie eine ausgeprägte Symptomlast im Sinne der SAPV vor? • Sind die vorliegenden ausgeprägten Symptome auf die palliative Erkrankung zurückzuführen? • Mögliche Alternativen der Regelversorgung?
Ergebnis Es liegt keine Begründung für SAPV vor • Die körperliche Untersuchung ergibt keinerlei Abwehrreaktionen als Ausdruck einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik • Die Aggressionen sowie die Abwehrhaltung ergeben sich als Reaktion des Umfeldes auf den ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen, endlich nach Hause gehen zu können • Die vorliegenden Symptome sind nicht auf Schmerzen durch die TU-Erkrankung zurückzuführen • Die stationäre Betreuung in der Psychiatrie hat zwar eine aggressive Abwehrhaltung bei schwerer Demenz festgestellt, es konnte jedoch keine Therapie durchgeführt werden Es wurde ein Notfallvorgehen festgelegt für den Fall, dass erneut eine Fremd-/Eigengefährdung auftritt Es wurde eine zusätzliche Betreuung der Patientin im Rahmen der amb. Hospizbegleitung angeregt
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