Umweltgerechtes Medikationsmanagement- mehr als nur Ökopharmakovigilanz - Dirk Keiner

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Umweltgerechtes Medikationsmanagement- mehr als nur Ökopharmakovigilanz - Dirk Keiner
Umweltgerechtes Medikationsmanagement

         – mehr als nur Ökopharmakovigilanz –

                         Dirk Keiner
Zentralapotheke Sophien- und Hufelandklinikum Weimar gGmbH

           Kontakt: d.keiner@klinikum-weimar.de
                Interessenskonflikte: keine

                         17.06.2021

           climate/environment
Umweltgerechtes Medikationsmanagement- mehr als nur Ökopharmakovigilanz - Dirk Keiner
28.08.2016

        https://www.fip.org/file/1535
Umweltgerechtes Medikationsmanagement- mehr als nur Ökopharmakovigilanz - Dirk Keiner
Eine lange AM-Liste mit vielen Altmedikamenten und Klassikern

Toma A, Crişan O: Green pharmacy - a narrative review. Clujul Med 2018;91(4):391-398.
Umweltgerechtes Medikationsmanagement- mehr als nur Ökopharmakovigilanz - Dirk Keiner
Die Wege des Arzneistoffes in die Umwelt …..

Kläranlagen: Nur rund ein Viertel der Arzneistoffe könne vollständig eliminiert werden, 25 Prozent nur
teilweise, weitere 25 Prozent werden gar nicht erst erfasst. 25 Prozent der Arzneimittel nähmen sogar an
Schädlichkeit durch mikrobielle Re-Synthese.

 Bungau S et al.: Aspects Regarding the Pharmaceutical Waste Management in Romania. Sustainability 2018;10:2788;
 doi:10.3390/su10082788
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Gesellschaftliche Zielkonflikte (Umwelt vs. Gesundheit) – Rolle der
Apotheke?

Festzustellen ist, dass das Thema der Arzneimittelrückstände in den
Tageszeitungen gelegentlich behandelt, aber zumeist aus einer
wasserwirtschaftlich-technischen Perspektive beleuchtet wird. Berichtet wird
beispielsweise über verbesserte Abwasserreinigungstechniken oder
lösungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten.

Es gibt aktuell keine Hinweise für eine akute oder chronische
Gesundheitsgefährdung von Menschen durch Arzneistoffe im Trinkwasser.

Erstellt: 18.06.2019
Aktualisiert: 20.01.2020
Umweltgerechtes Medikationsmanagement- mehr als nur Ökopharmakovigilanz - Dirk Keiner
TAB: Mögliche Einzelmaßnahmen zur Verringerung der Risiken durch
Arzneimittelrückstände im Wasser

G1: a) Berücksichtigung von Umweltrisiken bei der Zulassung von Humanarzneimitteln und
    b) Erweiterung des Pharmakovigilanzsystems um ein umfassendes
       Umweltinformationssystem

G2: Green Pharmacy – umweltfreundlichere Arzneimittel

G3: Vermeidung von Arzneimittelbedarf durch Gesundheitsförderung und Prävention

G4: Sensibilisierung von Ärztinnen, Ärzten, Patientinnen und Patienten für die
Umweltwirkungen von Arzneimittelrückständen

G5: Verschreibung angepasster Verbrauchsmengen

G6: Einführung eines Umweltklassifikationssystems für Arzneistoffe und Medikamente

G7: Einheitlich geregelte, klar kommunizierte und sichere Entsorgung von Altmedikamenten

G8: Sammlung von Röntgenkontrastmitteln in Urinsammelbehältern

http://www.tab-beim-bundestag.de/de/untersuchungen/u10800/ab183_Z.html
Christian G Daughton & Ilene S Ruhoy (2011) Green pharmacy and pharmEcovigilance: prescribing and the planet, Expert Review of
Clinical Pharmacology 2011;4(2):211-232.
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Chancen für Umweltaspekte bei Arzneistoffauswahl

Maßnahme G3: Vermeidung von Arzneimittelbedarf durch Gesundheitsförderung und
Prävention

Gute Praxis Gesundheitsinformation (GPGI, 2017): informierte Entscheidungen ermöglichen
im Krankheitsmanagement (Diagnostik, Therapie)

Umweltrisiken als entscheidungsrelevante Information [„Health Literacy“]

Stationsapotheker: Steuerung und Förderung „alternativer“ Maßnahmen

ABER: Bsp. Colitis ulcerosa und Darmkrebsprävention

Colitis ulcerosa LL (2018): Eine                           Mesalazin                             Biologika
Kombination aus Myrrhe,
Kamillenblütenextrakt und
Kaffeekohle kann komplementär in
der remissionserhaltenden
Behandlung eingesetzt werden.
[Myrrhinil intest®: 3x4 Tbl. v.d.E.]

Lopez A, Pouillon L, Beaugerie L, Danese S, Peyrin-Biroulet L. Colorectal cancer prevention in patients with ulcerative
colitis. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2018;32-33:103-109.
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Chancen für Umweltaspekte bei Arzneistoffauswahl

G4: Sensibilisierung von Ärztinnen, Ärzten, Patientinnen und
Patienten für die Umweltwirkungen von Arzneimittelrückständen

AWMF: bisher in keiner Leitlinie [derzeit Umwelt als Risikofaktor
für Erkrankungen]

Positionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen* der DGAI
und des BDA: Ökologische Nachhaltigkeit in der Anästhesiologie und
Intensivmedizin

Personalisierte Therapie --> Gendersensibles Management
[verringert Arzneistoffbelastung]

Produktauswahl [Bsp. TTS (Fentanyl)]

Schuster M, Richter H, Pecher S, Koch S, Coburn M: Positionspapier mit konkreten
Handlungsempfehlungen: Ökologische Nachhaltigkeit in der Anästhesiologie und
Intensivmedizin Anästh Intensivmed 2020;61:329–339.
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Einstellung von Klinikärzten Provinz Hubei (n=405 --> 262 Fragebögen)

Wang J, Li S, He B. Chinese physicians’ attitudes toward eco-directed sustainable prescribing from the perspective of
ecopharmacovigilance: a cross-sectional study. BMJ Open2020;10:e035502.
Patientenbefragung im SRH Zentralklinikum Suhl
(Zeitraum 02-04/2013)

                                 Studien-                   Studien-                    statistischer
                                 teilnehmer                 ablehnung                   Unterschied
Patienten (n)                    43                         43
Mittleres Alter (Jahre),         67,49 + 10,84              70,07 + 13,20               p = 0,32
SD
Anteil männlich                  24 (63,42 J.)              27 (63,89 J.)               p = 0,51
(mittleres Alter)
Anteil weiblich                  19 (72,63 J.)              16 (80,50 J.)
(mittleres Alter)
Anzahl Wirkstoffe                5 (Fentanyl,               4 (Fentanyl,
                                 Buprenorphin,              Buprenorphin,
                                 Scopolamin,                Scopolamin,
                                 Oxybutynin,                Rivastigmin)
                                 Rotigotin)
Anteil Mehrfach-                 6 (13,9)                   6 (13,9)                    p = 1,00
anwendungen (%)
Anteil Schmerzpflaster           90,7 [81,4]                86,0 [76,7]
(%) [davon Fentanyl]

GENDER: gesamte Stichprobe in der Fentanyldosierung (p = 0,013)
Männer MW=57,42 µg/d
Frauen MW=30,39 µg/d

Keiner D: AMTS – wenn das Patientengeschlecht zum Gesundheitsrisiko wird. Erfahrungen aus der Praxis.
Krankenhauspharmazie 2018;39(5):177-183.
Rückhaltung in Kläranlagen von Schmerzmitteln

  Arzneistoff               Reduzierung                  Reduzierung      Anteil Analgetika-VO
                         (Brandenburg,2002)            (Schweden, 2008)    Klinikum Weimar
                                                                                  (2020)
  Paracetamol                       > 90                          90             5,0 %

    Ibuprofen                      58-90                          85            10,7 %

    Naproxen                                                      69             0,3 %

    Diclofenac                    31 - 69                         11             1,0 %

    Metamizol                     20 -50                                        60,1 %

Hanisch B et al.: Humanarzneimittel im aquatischen Ökosystem
Bewertungsansatz zur Abschätzung des ökotoxikologischen Risikos von
Arzneimittelrückständen. Z Umweltchem Okotox 2004;16(4):223-238.
Chancen für Umweltaspekte bei Arzneistoffauswahl

G5: Verschreibung angepasster Verbrauchsmengen

Bsp. Setting Krankenhaus

Unit-Dose-Versorgung (Robotik) als Werkzeug für Nachhaltig und AMTS

Multi-Dose hat ca. 10 Prozent weniger Material als Unit-Dose

Was wollen wir „verpacken“? Wie hoch ist der automatisierte Anteil?

247 Kanister belegt (74,8 %) --> Anteil fertige Schüttware (14,6 %)
plus Handarbeit (Brausetbl., Schmelztabl., Beutel)

Anteil Unit-Dose am Gesamtsortiment [Teilnahme an Studie Uniklinik Köln]
Geriatrie           80,06 %
HNO                 40,74 %
Kardiologie         59,67 %

Unit-Dose plus Stationsapotheker (UK Dresden): AM-Einsparung bis zu 40 %*

*16.04.2021 Symposium Verminderung von Arzneimittelrückständen im Abwasser, able Dresden
Chancen für Umweltaspekte bei Arzneistoffauswahl

G7: Einheitlich geregelte, klar kommunizierte und sichere Entsorgung von
Altmedikamenten

Aufklärung zur richtigen Entsorgung (Kein Arzneimittel in Toilette/Spüle)

Angaben im Beipackzettel
Bsp. Patienteninformationen zur TTS-Anwendung

 Lampert A at al.: Informationslücken in Packungsbeilagen: fehlende Hinweise zum richtigen Umgang mit Transdermalen
 Therapeutischen Systemen. Dtsch Med Wochenschr 2019; 144: e36–e41.

                                                                                                                      14
Sichere Entsorgung gebrauchter Fentanyl- und Buprenorphin-Pflaster

AMK (PZ Nr. 34 vom 22. August 2013, Seite 89).

Die transdermalen Systeme enthalten relativ große Mengen der Opioide, damit die
Freisetzungsrate über die gesamte Anwendungsdauer konstant bleibt. Auch nach dem
Abnehmen weisen die Pflaster noch etwa 50 Prozent der ursprünglichen Opioidmenge
auf.

Es ist daher unerlässlich, dass die Apotheken bei der Abgabe von Opioid-Pflastern
über den sicheren Umgang und die sachgerechte Entsorgung informieren.

Patientenbefragung im SRH Zentralklinikum Suhl (Zeitraum 02-04/2013)
Wie entsorgen Sie ihre Arzneimittelpflaster? (n=43*)

   Zusammengeklebt                                JA   65,1 % (n=28)
   Im Hausmüll                                    JA   95,3 % (n=41)
   gewechselte Pflaster gesammelt                 JA   2,3 % (n=1)
    Rückgabe in Apotheke                          JA   4,7 % (n=2)

FAZIT: Medikationsmanagement bedeutet auch Risiko- und Umweltmanagement!

*Keiner D: Transdermale therapeutische Systeme. Management-Maßnahmen für mehr Sicherheit. AMT
2018;36(11):389-396.
Sie kontrollieren am Anfang des Sommers den Medikamentenplan eines
Ihrer geriatrischen Patienten.

Welche Arzneimittel sind in einer Hitzewelle unbedenklich?

A: Protonenpumpenhemmer

B: Diuretika

C: Anticholinergika

D: Transdermale Schmerzmittel, z.B. Fentanylpflaster

AUFLÖSUNG: A

Herrmann A; Haefeli WE, Lindemann U et al.: Epidemiologie und Prävention hitzebedingter Gesundheitsschäden
älterer Menschen. Z Gerontol Geriat 2019; 52:487–502.
Die Lösung unserer „Probleme“: Nachhaltigkeit durch Biotherapeutika („Bakterien-Pharmakologie“)

                                                            Tamburini S et al.:The microbiome in early
                                                            life: implications for health outcomes.
                                                            NATURE MEDICINE 2016;22(7):713-722.

                                                            Blumenstein I: Das Mikrobiom bei CED.
                                                            Fakten und Fiktion. RMAG 02.05.2018
Green-Pharmacy

With the growing emphasis on sustainability, existing processes and activities are
 increasingly scrutinized with respect to their so-called ‘ecological footprints’.
                            [Daughton & Ruhoy, 2011]

                Gesundheit braucht Klimaschutz (healtforfuture)
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