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Interventionelle Schmerztherapie: Schmerzlinderung bei komplexen Schmerzen in der Onkologie – Welche Rolle kann die Pflege einnehmen? Dr. sc.med. Monika Kirsch Advanced Practice Nurse Schmerztherapie Monika.Kirsch@usb.ch Stuttgart, 30. September 2017
Der Rote Faden Hintergrund: Warum und wann interventionelle Schmerztherapie? Übersicht: Welche Möglichkeiten gibt es? Beispiele Welche Rolle kann die Pflege einnehmen? Pflegetagung DGHO 30.09.2017 3
Bildquelle: www.welt.de/gesundheit/article13428437/Forscher-kommen-Schmerz-mit-Mimik-auf-die-Spur.html Pflegetagung DGHO 30.09.2017 5
Stufe 4 Adaptiertes WHO – Stufenschema i.v./s.c PCA Periphere Nerven- Blockaden, Rückenmarksnahe Stufe 3 Verfahren, Neurolyse Infiltrationen Starke Opioide Morphin Stufe 2 Oral Trans- Schwache dermale Opioide Systeme Stufe 1 Tramadol + NSAID Nicht- opioid- Analgetika NSAID Adjuvantien und nichtmedikamentöse Massnahmen Vargas-Schaffer, G. (2010). Is the WHO analgesic ladder still valid? Twenty-four years of experience. Can Fam Physician, 56(6), 514-517, e202-515. 6
Warum werden interventionelle Verfahren selten angewandt? Nicht bekannt bei Behandlern = keine Identifizierung von Patienten, die profitieren könnten. Disziplin Anästhesie muss involviert sein im Palliative Care Prozess Expertise in Durchführung und Betreuung fehlt Vernetzung zwischen Institutionen fehlt = Nachbetreuung ungeklärt Ablehnung von Patient/in: «zu aufwendig, Technik, unbekannt, Ängste» “Zu früh” oder “zu spät” Phänomen Vulnerable Population: Immunosuppression, Koagulopathien, Anatomische Barrieren Stearns et al. (2005). Intrathecal drug delivery for the management of cancer pain: a multidisciplinary 7 consensus of best clinical practices. J Support Oncol, 3(6), 399-408.
Welche interventionellen Schmerzverfahren sind möglich? i.v./s.c.Patient Controlled Analgesia (PCA) Blockaden des sympathischen Nervensystems Neurolysen Infiltrationen Periphere Regionalblöcke Rückenmarksnahe Katheter-Verfahren Intrathekal Epidural Spinal Cord Stimulator Bruera, E., & Portenoy, R. (2009). Cancer pain: Assessment and Management: Cambridge University Press Pflegetagung DGHO 30.09.2017 9
Beispiele: Welche interventionellen Schmerzverfahren sind möglich? i.v./s.c.Patient Controlled Analgesia (PCA) Blockaden des sympathischen Nervensystems Neurolysen Infiltrationen Periphere Regionalblöcke Rückenmarksnahe Katheter-Verfahren Intrathekal Epidural Spinal Cord Stimulator Pflegetagung DGHO 30.09.2017 10
Peripherer Block Blockade eines einzelnen Nervs oder Nervenplexus mit Lokalanästhetikum Im Versorgungsgebiet des Nervs spürt der Patient somit keine oder nur bedingte Schmerzen Indikation: pathologische Frakturen oder Skelettmetastasen Mögliche Nebenwirkungen: Motorische Schwäche, Parästhesien CAVE: Lokalanästhetika-Intoxikationen Elektronische Pumpe oder Elastomerpumpe Zeitdauer 3 bis 7 Tage, in Ausnahmefällen länger Pflegetagung DGHO 30.09.2017 11
Fallbeispiel 2 Herr Meier* 42-jähriger Patient mit Sarkom, massive Tumorherde in beiden Oberschenkeln starke, immobilisierende Schmerzen Nimmt hohe Dosen Opioide ein, Beikonsum von Cannabis Start einer kontinuierlichen peripheren Nervenblockade Schmerzen sind für 2 Monate bis kurz vor seinem Tod relativ gut kontrolliert * Alle Patientennamen in dieser Präsentation sind anonymisiert Pflegetagung DGHO 30.09.2017 12
Intrathekale Schmerztherapie Intrathekal = "unterhalb der Dura mater" d.h. der Katheter liegt im Liquorraum Punktionsstelle im Lumbalbereich & weiterer Vorschub nach cranial bis zur gewünschten Position Um das Infektrisiko zu minimieren und ein Rausreissen des Katheters zu verhindern ist er 5-10 cm durch subkutanes Gewebe nach lateral zur intrathekalen Einstichstelle „getunnelt“ (= tunnelierter Katheter) Hanssen PflegetagungTextor, DGHO L. (2016). Intrathecal Pumps for Managing Cancer 30.09.2017 13 Pain. American Journal of Nursing, 116(5), 36-44.
Indikationsstellung Intrathekaltherapie in Palliativer Situation erwägen bei bei insuffizienter Schmerztherapie und hohem Opioidgebrauch Und/oder hoher Symptomlast durch NW aufgrund von Opioiden Unter Berücksichtigung der individuellen Patientensituation/Wünsche/Möglichkeiten/Adhärenz zur vorgeschlagenen Therapie Pflegetagung DGHO 30.09.2017 14
Externes vs. Internes Pumpensystem Pflegetagung DGHO 30.09.2017 15
Äquivalenzberechnung zu Morphin p.o. Umrechnung orale zur intrathekalen Morphin-Dosis 300 mg Morphin oral = 100 mg intravenös = 10 mg epidural = 1 mg intrathekal : Das entspricht einem Verhältnis von 300:1 für intrathekal – oral oder ca. 80 -100:1 für intrathekal - intravenös Pflegetagung DGHO 30.09.2017 16
Mögliche Komplikationen Kathetherbedingt: Kopfschmerzen (CAVE: neurologische Infektionen) Katheter-Infektionen Liquor-Verlust Rausrutschen/Defekt des Katheters Kathetergranulom Nebenwirkung der Medikamente Taubheit, Kribbeln oder Schwäche der Beine Juckreiz Schwierigkeiten beim Wasserlassen Übelkeit, meist passager Niedriger Blutdruck, Schwindel Verwirrtheit, Müdigkeit Obstipation Kurita, G. P., Kaasa, S., Sjogren, P., & European Palliative Care Research, C. (2011). Spinal opioids in adult patients withDGHO Pflegetagung cancer pain: a systematic review: a30.09.2017 European Palliative 17 Care Research Collaborative (EPCRC) opioid guidelines project. Palliat Med, 25(5), 560-577. doi: 10.1177/0269216310386279
Fallvignette 3: Frau Blum 73 jährige Patientin mit einem tiefsitzenden lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom ED 01/2017, B Symptomatik seit 01/2016 Verheiratet Dormicumkonsum seit 30 Jahren Entschied sich bei Diagnosestellung für palliative Radiotherapie Trotz Radiotherapie und Fentanyl Pflaster 200 mcg/h unbefriedigende Einstellung der abdominalen Schmerzen, brennender Schmerz Stuhl- und Blutabgang rektal Hospizeintritt Mitte Februar 2017 „Total Pain“ und evtl. opioidinduzierte Allodynie prägt Betreuung Wechsel von Fentanyl TTS auf Äquivalenzdosis Morphin i.v. Entwicklung hyperaktives Delir Pflegetagung DGHO 30.09.2017 18
Und nun? Welche Therapie kann man Frau Blum anbieten? Pflegetagung DGHO 30.09.2017 19
Fallvignette 3: Wie ging es weiter? 17.02. Einlage tunnelierter intrathekaler Schmerzkatheter Zieldosis Morphin 3.6mg/d, Bupivacain 28.8mg/d, 0-4 Bupivacain-Boli à 3mg pro Tag Delir legte sich vollständig, Pat. wach, Zeit für wichtige Gespräche Stabile Phase von fast 14 Tagen Anxiolyse mit Tranxilium 25mg/d. Nach einer eher stabilen Phase von fast 14 Tagen zerfiel der AZ erneut Zunehmende Müdigkeit, Episoden mit Fieber (klinisch kein Infektfokus), später Tachypnoe und Tachykardie Palliative tiefe Sedation mit Dormicum Pat. verstarb am Mittag des 04.03.2017 ruhig im Beisein ihres Ehemannes Pflegetagung DGHO 30.09.2017 20
Aufgaben für spezialisierte Pflegefachpersonen in der interventionellen Schmerztherapie Beratung, Information und Anleitung des Patienten und seiner Angehörigen im Umgang mit der Schmerztherapie und hinsichtlich Risiken Patientenbeobachtung, Beurteilung und Überwachung der Therapiewirksamkeit und möglicher Nebenwirkungen Bedienen der Pumpen, Verbandtechnik, Technisches Know-how Dokumentation von Massnahmen, Wirksamkeit und Nebenwirkungen Erkennen von Komplikationen, Management bei Zwischenfällen Psychosoziale Begleitung von Patienten und Angehörigen in dieser herausfordernden Phase der Erkrankung Kirsch, M. & Pflegetagung Ruppen, W., (2016). Interventionelle DGHO Schmerztherapie: 30.09.2017 21 Schmerzlinderung bei hoch- komplexen Schmerzen in der Onkologie, Onkologiepflege, 2016/4, 10-15
Welche Rolle kann die Pflege einnehmen?
Ersichtliche Zeichen/ Erklärungen/ Ursachen/ Auswirkungen von Schmerz Nicht ersichtliche Erklärungen/ Ursachen/ Auswirkungen von Schmerz Pflegetagung DGHO 30.09.2017 23
Bio-psycho-soziales Modell der Schmerzen Pflegetagung DGHO 30.09.2017 24
Integratives Behandlungsmodell des Schmerzes z.B. Meditation Glaube Interventionelle und medikamentöse Therapie Psychotherapie, Coaching Psyche z.B. Shiatsu, Energie z.B. Soziale Arbeit Information Biochemie Anatomie Schreiber, R. (2016). Gesichter des Schmerzes: Möglichkeiten und Grenzen der Pflegetagung DGHO 30.09.2017 25 Schmerzmedizin (ISBN: 978-3-03787-208-6 ed.). Zürich: Careum
Erstellen eins Schmerzbehandlungsplans • Kausale Therapie der Schmerzursache • Medikamentöse Therapie • Nicht-Medikamentöse Massnahmen z.B. • Pflegeinterventionen • Physiotherapie, Manuelle Therapie • Psychologische Unterstützung (z.B. Kognitive Verhaltenstherapie, Hypnotherapie) • Psychosoziale Massnahmen Pflegetagung DGHO 30.09.2017 26
Gemeinsam im Behandlungsteam wirken Re-Evaluation Assessment Zusammenarbeit PatientIn/Behandlungsteam Massnahmen durchführen Zielplanung mit Patient Pflegetagung DGHO 30.09.2017 27
Der Rote Faden Hintergrund: Warum und wann interventionelle Schmerztherapie? Übersicht: Welche Möglichkeiten gibt es? Beispiele Welche Rolle kann die Pflege einnehmen? Pflegetagung DGHO 30.09.2017 28
Schlussfolgerung Bis zu 10% aller Palliativpatienten mit starken Schmerzen könnten von interventioneller Schmerztherapie profitieren Indikation ausgehend von Schmerzdiagnose, Bedürfnis & Möglichkeiten Patient/in, soziales Umfeld und Betreuungsnetz Pflege ist Mehrwert für interventionelle Therapie: Beratung/Begleitung/Behandlung. Vernetzung! Interventionelle Schmerztherapie ist nur im multi-disziplinären Behandlungsteam möglich. Pflegetagung DGHO 30.09.2017 29
Danke für die Aufmerksamkeit! Monika.Kirsch@usb.ch Pflegetagung DGHO 30.09.2017 30
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