"Tätigkeitsverbot wegen Schweinegrippe" - Fallbearbeitung im Allgemeinen und Besonderen Verwaltungsrecht

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ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN · BASICS KLAUSUR ÖFFENTLICHES RECHT · „TÄTIGKEITSVERBOT WEGEN...”

                          Professor Dr. Yvonne Dorf, Brühl*

                          „Tätigkeitsverbot wegen Schweinegrippe“
                          Fallbearbeitung im Allgemeinen und Besonderen Verwaltungsrecht

                                           THEMATIK    Rechtsschutz gegen Dienstausübungsverbot
                                 SCHWIERIGKEITSGRAD    mittel
                                    BEARBEITUNGSZEIT   4 Stunden
                                         HILFSMITTEL   Gesetzestexte

                                                       Hinweis: Im Mittelpunkt der vorliegenden Klausurbearbeitung steht die Prüfung eines Anfechtungs-
                                                       widerspruchs, den ein beamteter Hochschullehrer gegen das ihm von seiner Hochschule auferlegte
                                                       Tätigkeitsverbot aufgrund seiner Infektion mit dem Schweinegrippevirus erhebt. Neben Fragen der Ver-
                                                       waltungsaktsqualität der hochschulischen Maßnahmen und einer ausführlichen Erörterung der Fristen-
ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN

                                                       problematik greift die Fallbearbeitung in der Begründetheitsprüfung Fragen der Verfassungsmäßigkeit
                                                       des Infektionsschutzgesetzes sowie der Rechtmäßigkeit der einzelnen Maßnahmen auf. Die Klausur war
                                                       im Wintersemester 2009/2010 Laufbahnprüfungsklausur an der Fachhochschule des Bundes für öffent-
                                                       liche Verwaltung (FH Bund). Der Bezug des Sachverhalts zur FH Bund ist frei erfunden.

                                                       & SACHVERHALT
                                                       Weltweit sind inzwischen mehrere zehntausend Menschen an der Influenza H1N1, auch als
                                                       Schweinegrippe bezeichnet, erkrankt, die durch ein neuartiges Influenzavirus verursacht wird.
                                                       Über zehntausend Menschen sind schon an dem Virus gestorben. In Deutschland steigt die Zahl
                                                       der Schweinegrippe-Erkrankungen ebenfalls wöchentlich dramatisch an und auch bundesweit
                                                       sind schon mehrere Todesopfer zu beklagen. Die Schweinegrippe gilt als übertragbare Krankheit.
                                                          Aufgrund der rasanten Ausbreitung der Schweinegrippe hat die Weltgesundheitsorganisati-
                                                       on (WHO) gemäß ihrem Pandemieplan die höchste Pandemiephase, die Phase 6 ausgerufen.
                                                       Jede Phase (1 – 6) ist verschiedenen pandemischen Perioden zugeordnet. Phase 6 greift, wenn
                                                       eine zunehmende und anhaltende Übertragung eines Virus in der Allgemeinbevölkerung fest-
                                                       zustellen ist. Der Bund hat einen Nationalen Pandemieplan erarbeitet, der die Grundsatz-
                                                       planungen für das Vorgehen und Handeln im Falle eines massiven Grippeausbruchs in der
                                                       Bundesrepublik Deutschland enthält. In ihm sind für jede von der WHO festgelegte pande-
                                                       mische Periode Maßnahmen während einer der 6 Phasen vorgesehen. Im Nationalen Pande-
                                                       mieplan ist mit Blick auf die empfohlenen Anordnungen auf das ordnungsgemäß erlassene
                                                       Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infekti-
                                                       onsschutzgesetz – IfSG) vom 20.06.2000 Bezug genommen.
                                                          Mit dem Schweinegrippevirus haben sich zwischenzeitlich auch einige Bedienstete der Fach-
                                                       hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (FH Bund) infiziert. So wird auch beim
                                                       beamteten, hauptamtlich Lehrenden Z durch seinen Vertrauensarzt die Infektion mit dem
                                                       Schweinegrippevirus festgestellt. Hierüber informiert Z unverzüglich die FH Bund. Da ihm
                                                       das zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten im IfSG vorgesehene berufliche Tätigkeits-
                                                       verbot bekannt ist, bittet er gleichzeitig um „Freistellung“ von einem möglichen Tätigkeits-
                                                       verbot. Hierzu trägt er vor, dass er im laufenden Semester einen Kurs unterrichte, der, was
                                                       zutrifft, nur wenige Wochen vor der Laufbahnprüfung stehe. Mit diesem Kurs habe er im Fach
                                                       Verwaltungsrecht und Staatsrecht noch zahlreiche Übungsfälle zur Vorbereitung auf die
                                                       Laufbahnprüfungsklausur zu besprechen. Auch hätte der Kurs ein Anrecht darauf, dass Z die
                                                       bereits geschriebene Probeklausur mit dem Kurs bespreche und das klausurtaktische Vorgehen
                                                       in der Laufbahnprüfung intensiv einstudiere. Hierzu habe er bislang aufgrund seiner Lehr-
                                                       verpflichtungen in anderen Kursen an der FH Bund noch keine Gelegenheit gehabt. Ergän-
                                                       zend weist Z noch darauf hin, dass er von seinem Vertrauensarzt von nun an wöchentlich
                                                       untersucht werde und ohne Aufforderung durch seinen Arzt die FH Bund regelmäßig über
                                                       den Verlauf seiner Krankheit unterrichten werde.
                                                          Der an der FH Bund in Fragen der Schweinegrippe rechtmäßig eingesetzte beratende
                                                       Schweinegrippeausschuss erörtert noch am gleichen Tag (28.01.2010) intensiv und unter
                                                       Berücksichtigung der Argumente des Z dessen „Antrag“ und nimmt eine Risiko-Nutzen-
                                                       Abwägung vor. Seine Erwägungen leitet er unmittelbar an der Präsidenten der FH Bund
                                                       weiter, der sich – da auch ihm eine sofortige Entscheidung notwendig erscheint – hiermit
                                                       sogleich umfänglich befasst. Mit Schreiben vom 28.01.2010, das noch am gleichen Tag zur Post
                                                       aufgegeben wird, wird Z vom Präsidenten der FH Bund unter Bezugnahme auf das IfSG
                                                       untersagt, ab sofort bis zur vollständigen Genesung seine Tätigkeit als Hochschullehrer an der

                                                       *   Die Verfasserin ist Hochschullehrerin an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung.

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                         FH Bund auszuüben. Gleichzeitig wird dem Z auch auferlegt, seinen Krankheits-/Gesund-
                         heitszustand ab sofort wöchentlich vom zuständigen Amtsarzt untersuchen zu lassen. Das
                         Schreiben ist umfassend, vor allem unter Hinweis auf die Übertragbarkeit der Krankheit und
                         damit die erhebliche Infektionsgefahr einer Vielzahl von Menschen, begründet und mit einer
                         ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Dem Z wird im Schreiben auch die
                         Einrichtung eines Telearbeitsplatzes zu Hause angeboten. So könne er zumindest einem Teil
                         seiner Verpflichtungen als Hochschullehrer wie z.B. seiner Forschungstätigkeit nachkommen;
                         auch hätte er so die Möglichkeit, weiterhin per EMail mit den Studierenden in Kontakt zu
                         bleiben. Im Übrigen weist der Präsident im Schreiben darauf hin, dass sich der Fachkollege V,
                         der selbst schon des Öfteren Kurse auf die Laufbahnprüfung vorbereitet hat, bereit erklärt
                         habe, den Laufbahnprüfungs-Kurs bis zur Laufbahnprüfung in den bislang von Z unterrichte-
                         ten Fächern zu übernehmen.
                            Am 27.02.2010 verfasst Z ein von ihm eigenhändig unterschriebenes, an den Präsidenten der
                         FH Bund adressiertes Widerspruchsschreiben mit dem Ziel, vom Tätigkeitsverbot sowie der
                         ebenfalls angeordneten Untersuchungsverpflichtung befreit zu werden. Das Widerspruchs-

                                                                                                                                            ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN
                         schreiben faxt Z am Morgen des 28.02.2010 an die FH Bund. Laut dem Sendeprotokoll erfolgt
                         die Übermittlung ordnungsgemäß. Das Original wirft Z noch am selben Tag in einen Brief-
                         kasten. Im Widerspruchsschreiben weist Z darauf hin, dass das Tätigkeitsverbot eine völlig
                         überzogene Maßnahme darstelle, vor dessen Festsetzung er auch noch einmal hätte angehört
                         werden müssen. Gleiches gelte für die angeordnete Untersuchungspflicht beim Amtsarzt, der
                         im Übrigen auch nicht mehr oder weniger feststellen könne als sein Vertrauensarzt. Die
                         Mitarbeiter und Studierenden an der FH Bund könnten sich doch überall den Schweinegrip-
                         pevirus einfangen. In seiner Familie habe er bislang auch noch niemanden angesteckt und
                         diesen Personen käme er schließlich viel näher als anderen. Im Übrigen halte er als Staats-
                         rechtler das im IfSG geregelte berufliche Tätigkeitsverbot nicht mit den im Grundgesetz
                         garantierten Grundrechten für vereinbar.
                            Das Fax wird in der FH Bund erst am 01.03.2010 ausgedruckt, da es am 28.02.2010 an
                         Papier im Faxgerät fehlte. Das Original-Widerspruchsschreiben geht in der FH Bund am
                         30.03.2010 ein. Z erfährt aus dem Kollegenkreis von dieser „Panne“ und ist nun besorgt über
                         die Erfolgsaussichten seines Widerspruchs, den er jedenfalls für begründet hält. Im Übrigen
                         fragt sich Z schon jetzt, ob denn als spätere Klage die Anfechtungs- oder die Verpflichtungs-
                         klage die statthafte Klageart ist.
                            Begutachten Sie, ob der Widerspruch des Z Aussicht auf Erfolg hat.
                            Es ist auf sämtliche im Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen, ggf. in einem Hilfsgut-
                         achten, einzugehen.

                         Auszug aus dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom 20.07.2000 (in leicht abgeänderter Fassung)

                         1. Abschnitt Allgemeine Vorschriften
                         § 1 Zweck des Gesetzes
                            (1) Zweck des Gesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen früh-
                         zeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.
                            (2) (…)
                         § 2 Begriffsbestimmungen
                            Im Sinne dieses Gesetzes ist
                            1. Krankheitserreger
                            ein vermehrungsfähiges Agens (Virus, Bakterium, Pilz, Parasit) oder ein sonstiges biologisches transmissibles
                         Agens, das bei Menschen eine Infektion oder übertragbare Krankheiten verursachen kann,
                            2. Infektion
                            die Aufnahme eines Krankheitserregers und seine nachfolgende Entwicklung oder Vermehrung im mensch-
                         lichen Organismus,
                            3. übertragbare Krankheit
                            eine durch Krankheitserreger oder deren toxische Produkte, die unmittelbar oder mittelbar auf den Men-
                         schen übertragen werden, verursachte Krankheit,
                            4. Kranker
                            eine Person, die an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist,
                            5. Krankheitsverdächtiger
                            eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit
                         vermuten lassen,
                            6. Ausscheider
                            eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit
                         sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein,
                            7. Ansteckungsverdächtiger
                            eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheits-
                         verdächtig oder Ausscheider zu sein, (…)

                                                                                                                       2/2011     117
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                                                        § 28 Schutzmaßnahmen
                                                           (1) Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder
                                                        ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige
                                                        Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 genannten, soweit und
                                                        solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Unter den Voraus-
                                                        setzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer
                                                        größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten …
                                                           (2) (…)
                                                        § 31 Berufliches Tätigkeitsverbot
                                                           Die zuständige Behörde kann Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausschei-
                                                        dern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen. Satz 1 gilt auch für
                                                        sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer
                                                        Weiterverbreitung besteht.
                                                        § 70 Zuständige Behörde
                                                           (1) Im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern obliegt der Vollzug dieses Gesetzes den
ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN

                                                        jeweiligen Dienststellen.
                                                           (2) (…)

                                                         Grundordnung der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (GO-FH Bund)
                                                        – Bek. d. BMI vom 15.01.2008 (Auszug) –

                                                        § 1 Errichtung, Rechtsstellung und Zulassung
                                                            (1) Für die Ausbildung der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten des gehobenen nichttechnischen Diens-
                                                        tes ist die Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung als nichtrechtsfähige Körperschaft und
                                                        ressortübergreifende staatliche Einrichtung des Bundes zuständig (…).
                                                            (2) Mitglieder der Fachhochschule sind 1. die Präsidentin oder der Präsident, 2. die Fachbereichsleiterinnen
                                                        und Fachbereichsleiter (die Dekaninnen und die Dekane), 3. die hauptamtlich Lehrenden, 4. die nebenamtlich
                                                        Lehrenden, 5. die Studierenden, 6. die sonstigen Beschäftigten.
                                                            (…)
                                                            (5) Die Fachhochschule ist dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern zugeordnet. Ihr Sitz
                                                        ist Brühl (Regierungsbezirk Köln).
                                                        § 10 Aufgaben der Präsidentin oder des Präsidenten der Fachhochschule
                                                          (1) Die Präsidentin oder der Präsident der Fachhochschule
                                                          1. leitet die Fachhochschule (…), soweit nicht die Zuständigkeit anderer Organe gegeben ist;
                                                          (…)
                                                          5. ist Dienstvorgesetzte bzw. Dienstvorgesetzter oder Vorgesetzte bzw. Vorgesetzter der hauptamtlich
                                                        Lehrenden, der Fachbereichsleitung, der sonstigen Beschäftigten der Fachhochschule (…)
                                                          (2) (…)

                                                        & LÖSUNG
                                                        Der Widerspruch des Z hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.

                                                        A. ZULÄSSIGKEIT DES WIDERSPRUCHS

                                                        I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
                                 Verwaltungsrechtsweg   Die Frage, ob auch für das Widerspruchsverfahren der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sein
                                                        muss, ist umstritten.

                                                         Hinweis: Ein Teil der Literatur (vgl. etwa Kopp/Ramsauer VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 79 Rn. 11; Stelkens/
                                                         Bonk/Sachs/Stelkens/Kallerhoff VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 79 Rn. 29) lehnt dies unter Bezugnahme auf
                                                         § 79 VwVfG ab. § 79 VwVfG erklärt grundsätzlich die Vorschriften der VwGO für alle förmlichen Rechts-
                                                         behelfe für anwendbar, unabhängig davon, ob für die folgende Klage der Verwaltungsrechtsweg
                                                         eröffnet ist. Die Gegenansicht (vgl. etwa Knack/Busch VwVfG, 8. Aufl. 2004, § 79 Rn. 13; Brühl JuS
                                                         1994, 153 (154); differenzierend Pietzner/Ronnellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht,
                                                         12. Aufl. 2010, § 30 Rn. 5) stellt darauf ab, dass das Widerspruchsverfahren als Vorverfahren für
                                                         Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nur zulässig sein könne, wenn auch schon für den Widerspruch
                                                         der Weg zu den Verwaltungsgerichten dem Grunde nach eröffnet ist.

                                        aufdrängende    Der Streit könnte jedoch dahingestellt bleiben, wenn der Verwaltungsrechtsweg jedenfalls
                                     Sonderzuweisung    eröffnet ist. Auf das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit gem. § 40 I 1 VwGO
                                                        analog kommt es dann nicht mehr an, wenn eine sog. aufdrängende Sonderzuweisung zum
                                                        Verwaltungsrechtsweg besteht. Nach § 126 I Bundesbeamtengesetz (BBG), der auf den Wider-
                                                        spruch in Beamtenstreitsachen analog anzuwenden ist, ist für alle Klagen aus dem Beamten-
                                                        verhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben (vgl. Wagner/Leppek Beamtenrecht, 10. Aufl.
                                                        2009, Rn. 269 mit A1 und A30).

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ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN · BASICS KLAUSUR ÖFFENTLICHES RECHT · „TÄTIGKEITSVERBOT WEGEN...”

                                 Da es vorliegend um einen Widerspruch des beamteten Hochschullehrers Z hinsichtlich der
                              Rechtmäßigkeit eines gegen ihn vom Dienstherrn erlassenen beruflichen Tätigkeitsverbots
                              geht, greift § 126 I BBG analog. Die allgemeine Regelung des § 40 I VwGO ist darüber hinaus
                              nicht anwendbar. Damit ist der Verwaltungsrechtsweg nach der aufdrängenden Sonderzuwei-
                              sung des § 126 I BBG analog eröffnet.

                              II. Statthaftigkeit des Widerspruchs
           Vorverfahren in    Gem. § 68 I 1, II VwGO ist der Widerspruch nur statthaft, wenn es sich dabei um eine
      Beamtenstreitigkeiten   Sachurteilsvoraussetzung für eine mögliche spätere Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage
                              handelt (Wolff/Decker/Decker VwGO/VwVfG, 2. Aufl. 2007, Vor § 68 VwGO Rn. 7; Weides
                              Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren, 3. Aufl. 1993, § 16; Brühl JuS 1994, 153
                              [154]). Abweichend von § 68 VwGO bestimmt jedoch § 126 II BBG, dass in Beamtenstreitig-
                              keiten immer ein Vorverfahren statthaft ist – unabhängig davon, ob sich die spätere Klage
                              gegen einen Verwaltungsakt richtet oder nicht.

                                                                                                                                          ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN
                              Hinweis: Vgl. Wagner/Leppek a.a.O. Rn. 272 mit dem Hinweis darauf, dass der Sinn und Zweck der
                              Vorschrift des § 126 II BBG letztlich in dem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zwischen Dienstherrn
                              und Beamten sowie dem Lebenszeitprinzip bestehe. Der Dienstherr solle in jedem Fall die Möglichkeit
                              einer behördeninternen Überprüfung von Entscheidungen haben.

                              Der Widerspruch des Z ist damit statthaft.
                                 Die Statthaftigkeit ergäbe sich, da ein Ausschluss nach § 68 I 2 VwGO vorliegend nicht
                              besteht, im Übrigen auch unmittelbar aus § 68 VwGO, wenn es sich bei dem angeordneten
                              Tätigkeitsverbot sowie der Untersuchungspflicht um Verwaltungsakte handeln würde. Da Z sich
                              dem Sachverhalt zufolge bereits jetzt fragt, ob als spätere, auf den Widerspruch folgende Klageart
                              die Anfechtungs- oder die Verpflichtungsklage die statthafte Klageart ist, ist es angezeigt, diese
                              Rechtsfrage des Z und damit auch die Frage der Verwaltungsaktsqualität hier zu prüfen.

                              1. Das berufliche Tätigkeitsverbot
       Tätigkeitsverbot als   Fraglich ist, ob es sich bei dem auferlegten Tätigkeitsverbot um einen belastenden Verwal-
   Maßnahme einer Behörde     tungsakt im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG handelt. Gemäß § 35 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungs-
                              akt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur
                              Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittel-
                              bare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Das Tätigkeitsverbot stellt eine einzelfallorien-
                              tierte Regelungsmaßnahme auf Grundlage des dem öffentlichen Recht zuzurechnenden IfSG
  Behörde gem. § 1 IV VwVfG   dar. Das Verbot müsste auch von einer Behörde angeordnet worden sein. Behörde im funk-
                              tionellen Sinn gem. § 1 IV VwVfG ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
                              wahrnimmt (vgl. Maurer Allgemeines Verwaltungsrecht, 17. Aufl. 2009, § 21 Rn. 32). Das
                              Tätigkeitsverbot wurde auf der Grundlage der Beratungen des Schweinegrippeausschusses
                              vom Präsidenten der FH Bund festgesetzt. Die FH Bund selbst ist gem. § 1 I GO-FH Bund
                              eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und somit Teil der Staatsverwaltung. Sie ist gem. § 1
                              V GO-FH Bund dem Geschäftsbereich des BMI zugeordnet. Nach § 70 I IfSG ist sie als
                              zuständige Dienststelle für den Vollzug des IfSG zuständig. Diese Aufgabe hat der Präsident
                              als Leiter der FH Bund und Dienstvorgesetzter der hauptamtlich Lehrenden (vgl. § 10 GO-
                              FH Bund) vorgenommen. Er hat nach außen hin in eigener Zuständigkeit und im eigenen
                              Namen die konkrete Verwaltungsmaßnahme getroffen. Somit fungiert er als Behörde im funk-
                              tionellen Sinn (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz a.a.O. § 1 Rn. 236, 240 f.; Maurer a.a.O. § 21
                              Rn. 32 f.; Burgi in: Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 8 Rn. 29).

                              Hinweis: Der Schweinegrippeausschuss selbst ist hier nicht als Behörde aufgetreten; er übt lediglich eine
                              beratende und nicht nach außen gerichtete Tätigkeit aus; vgl. hierzu Kopp/Ramsauer a.a.O. § 1 Rn. 52.

          Außenwirkung im     Zweifelhaft könnte noch sein, ob es sich beim Tätigkeitsverbot um eine Regelung mit un-
         Beamtenverhältnis    mittelbarer Rechtswirkung nach außen handelt, da Z als Beamter als Teil des Verwaltungs-
                              apparates anzusehen ist. Eine Regelung ist eine rechtsverbindliche Anordnung, die auf die
                              Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist (vgl. Maurer a.a.O. § 9 Rn. 6). Eine unmittelbare
                              Rechtswirkung nach außen liegt im Gegensatz zu einer verwaltungsinternen Maßnahme vor,
                              wenn die konkrete Regelung über den verwaltungsinternen Bereich hinausgreifend Pflichten
                              oder Rechte für außerhalb der Verwaltung stehende Rechtspersonen begründet (Vgl. Maurer
                              a.a.O. § 9 Rn. 23). Bei Anordnungen und Weisungen im Beamtenverhältnis ist nicht mehr aus
                              der Rechtsstellung des Beamten zu folgern, dass sie stets Verwaltungsinterna bleiben. Solche
                              Maßnahmen sind vielmehr dann auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet,
                              wenn sie im Einzelfall eine Rechtsfolge für den Beamten als natürliche Person setzen sollen.
                              Maßgeblich ist also eine interpersonale Wirkung und somit die Frage nach der Berührung der

                                                                                                                      2/2011     119
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                                                           (Grund)Rechtssphäre des Beamten (vgl. BVerwGE 60, 144 [145 f.]; 81, 258 [259 f.]; 98, 334
                                                           [335]; Schwerdtfeger Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 13. Aufl. 2008, Rn. 209 ff.;
                                                           Wagner/Leppek a.a.O. Rn. 252 mit Beispielen in Rn. 255). Eine innerdienstliche Weisung liegt
                                                           vor, wenn sie den Beamten als Glied des Verwaltungsorgans trifft. Ein Verwaltungsakt liegt
                                                           vor, wenn er sich an ihn als selbstständige Person richtet (vgl. Maurer a.a.O. § 9 Rn. 25).

                                                           Hinweis: Als Kontrollfrage bietet sich die Frage an, ob die Maßnahme den Beamten als „austauschbaren“
                                                           Amtswalter trifft, d. h. ob sie in dieser Form bspw. auch an den Urlaubsvertreter, den Vertreter im Amt oder
                                                           den Nachfolger hätte ergehen können (z.B. Bearbeitung von Akten in einer bestimmten Reihenfolge) –
                                                           dann liegt eine Weisung vor. Vgl. hierzu auch Wagner/Leppek a.a.O. Rn. 251 mit Beispielen in Rn. 254.
                                                           Zur Abgrenzung von verwaltungsinternen Maßnahmen von solchen mit Außenwirkung wurde nach der
                                                           früher herrschenden Meinung zwischen Maßnahmen im Grundverhältnis und Maßnahmen im Betriebs-
                                                           verhältnis unterschieden (vgl. grundlegend hierzu Ule VVDStRL 15 [1957], 133 [151 ff.]). Diese Unter-
                                                           scheidung geht aber von dem überholten „besonderen Gewaltverhältnis“ aus.
ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN

                                                           Z wird durch das Tätigkeitsverbot nicht lediglich in seiner innerdienstlichen Stellung, sondern
                                                           als selbständige Rechtsperson (in persönlicher Hinsicht) betroffen. Es ist ihm aufgrund der
                                                           Anordnung nicht möglich, die FH Bund zu betreten und dort seiner Arbeit nachzugehen. Dies
                                                           berührt ihn in seinen persönlichen Verhältnissen. Folglich kommt dem Tätigkeitsverbot Au-
                                                           ßenwirkung zu.
                                                              Das berufliche Tätigkeitsverbot erfüllt somit als behördliche Maßnahme zur Regelung eines
                                                           Einzelfalls mit Außenwirkung alle Voraussetzungen des § 35 S. 1 VwVfG.
                            Abgrenzung Anfechtungs-/          Gegen das Tätigkeitsverbot könnte als Klageart die Anfechtungsklage gem. § 42 I Alt. 1
                            Verpflichtungswiderspruch       VwGO die statthafte Klageart sein. Dazu müsste es um die Aufhebung eines belastenden
                                                           Verwaltungsakts gehen. Fraglich könnte dies insoweit sein, als Z gleichzeitig mit der Informa-
                                                           tion über seine Schweinegrippeinfektion die FH Bund um „Freistellung“ von einem möglichen
                                                           Tätigkeitsverbot gebeten hat. Das Begehren des Z könnte daher darauf gerichtet sein, einen
                                                           Freistellungsbescheid zu erhalten. Allerdings ist zu beachten, dass Z zwischenzeitlich ein
                                                           berufliches Tätigkeitsverbot auferlegt wurde. Sein Ziel ist es nun, eine ihn belastende Maß-
                                                           nahme, die ihn im Vergleich zu seiner Situation vor Erlass des Schreibens vom 28.01.2010
                                                           schlechter stellt, zu beseitigen. Es geht Z nicht (mehr) um den Erlass einer ihn begünstigenden
                                                           Regelung, sondern um die Rückkehr zum status quo ante (vgl. Hufen Verwaltungsprozess-
                                                           recht, 7. Aufl. 2008, § 14 Rn. 13, § 15 Rn. 6 ff.). Z will wieder so gestellt sein, wie vor Erlass
                                                           des Tätigkeitsverbots. Die durch das Schreiben vom 28.01.2010 verschlechterte Rechtssituation
                                                           soll wiederhergestellt werden. Damit kommt als nachfolgende Klageart nicht eine Verpflich-
                                                           tungsklage gem. § 42 I Alt. 2 VwGO, sondern die Anfechtungsklage als statthafte Klageart in
                                                           Betracht.
                                                              Somit handelt es sich bei dem von Z gegen das Tätigkeitsverbot eingelegten Widerspruch
                                                           um einen Anfechtungswiderspruch nach § 68 I 1 VwGO.
                                            Haupt- und        Ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass gegen die mit dem Tätigkeitsverbot verbunde-
                                      Nebenbestimmung      ne Nebenbestimmung der Befristung gem. § 36 II Nr. 2 VwVfG („ab sofort bis zur voll-
                                                           ständigen Genesung“) ein isoliertes Vorgehen seitens des Z nicht angedacht und auch nicht
                                                           angezeigt ist. Nebenbestimmungen hängen vom Bestand der Hauptregelung ab. Wird der
                                                           Haupt-Verwaltungsakt beseitigt, erlischt somit auch die Nebenbestimmung (vgl. Kopp/Rams-
                                                           auer a.a.O. § 36 Rn. 6; Detterbeck Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2010, Rn. 656). Die
                                                           Befristung enthält keine eigene Sachregelung, sondern begrenzt lediglich die Hauptregelung in
                                                           zeitlicher Hinsicht. Von einer isolierten Anfechtung allein der Befristung hätte Z ohnehin
                                                           keinen Nutzen, ist doch mit der Befristung jedenfalls garantiert, dass er nach vollständiger
                                                           Genesung wieder seine Tätigkeit in der FH Bund ausüben darf.

                                                           2. Die wöchentliche Untersuchungspflicht beim Amtsarzt
                                 Untersuchungspflicht als   Die einseitig verbindliche Festsetzung der Untersuchungspflicht erfüllt ebenfalls inhaltlich alle
                                        selbständiger VA   Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG, insbesondere greift sie in die persönliche Rechtssphäre von Z
                                                           ein und hat damit Außenwirkung (vgl. zur Außenwirkung der Anordnung einer ärztlichen
                                                           Untersuchung gem. § 48 BBG OVG Lüneburg DVBl. 1990, 882 ff.). Bei dieser zusätzlichen
                                                           Sachregelung handelt es sich nicht etwa um eine Nebenbestimmung in Form einer Auflage
                                                           gem. § 36 II Nr. 4 VwVfG. Eine Auflage ist nach dem Gesetzeswortlaut („Begünstigten“) nur
                                                           bei einem begünstigenden VA zulässig (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens a.a.O. § 36 Rn. 82,
                                                           111; Detterbeck a.a.O. Rn. 651 ff.; Kopp/Ramsauer a.a.O. § 36 Rn. 29). Um keine Auflage,
                                                           sondern vielmehr in der Regel um einen selbstständigen Verwaltungsakt handelt es sich bei
                                                           Geboten oder Verboten, die im Zusammenhang mit einem belastenden Verwaltungsakt er-
                                                           gehen. In der Sache stellt die Untersuchungsverpflichtung daher eine selbständige zusätzliche
                                                           Anordnung dar, für die im Weiteren auch die Voraussetzungen der speziellen Ermächtigungs-
                                                           grundlage und nicht etwa die des § 36 VwVfG vorliegen müssen. Daher ist auch für die von Z

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ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN · BASICS KLAUSUR ÖFFENTLICHES RECHT · „TÄTIGKEITSVERBOT WEGEN...”

                                 begehrte Aufhebung der ihn belastenden Untersuchungsverpflichtung als nachfolgende Kla-
                                 geart die Anfechtungsklage nach § 42 I VwGO die statthafte Klageart und damit der Anfech-
                                 tungswiderspruch nach § 68 I 1 VwGO auch der statthafte Widerspruch.

                                 III. Widerspruchsbefugnis
           Rechtsverletzung      Eine gesetzliche Regelung für die Widerspruchsbefugnis existiert nicht. Dennoch rechtfertigt die
                                 Tatsache, dass § 70 I 1 VwGO vom „Beschwerten“ spricht und der Verwaltungsgerichtsordnung
                                 Popularklagen grds. fremd sind, eine Widerspruchsbefugnis zu fordern (vgl. Hufen a.a.O. § 6
                                 Rn. 20). Als Maßstab dient § 42 II VwGO analog. Danach müsste Z geltend machen, möglicher-
                                 weise in einem eigenen Recht durch die Verwaltungsakte verletzt zu sein; eine Verletzung dürfte
                                 nicht gänzlich ausgeschlossen sein. Vorliegend ist Z Adressat von belastenden Verwaltungsakten.
                                 Nach der Adressatentheorie ist der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts stets klagebe-
                                 fugt, weil er zumindest in seinem Grundrecht aus Art. 2 I GG verletzt sein könnte (vgl. Kopp/
                                 Schenke VwGO, 16. Aufl. 2009, § 42 Rn. 69 m.w.N.; Hufen a.a.O. § 14 Rn. 60).

                                                                                                                                             ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN
                                 IV. Widerspruchsfrist
            Berechnung der       Zu prüfen ist im Folgenden, ob Z den Widerspruch gegen das Tätigkeitsverbot und die Unter-
           Widerspruchsfrist     suchungspflicht fristgerecht eingelegt hat. Aufgrund der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfs-
                                 belehrung ist die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 I 1 VwGO zu Grunde zu legen. Für
                                 die Berechnung der Widerspruchsfrist kommt zum einen die verwaltungsprozessuale Lösung
                                 in Betracht, die über § 57 II VwGO i.V.m. § 222 ZPO die §§ 187 ff. BGB zur Anwendung
                                 bringt.

                                 Hinweis: Vgl. zu dieser Ansicht, die das Widerspruchsverfahren primär als verwaltungsgerichtliches
                                 Verfahren betrachtet, da es Sachurteilsvoraussetzung für die Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage ist
                                 Kopp/Schenke a.a.O. § 70 Rn. 8 m.w.N.

                                 Nach anderer Ansicht, die einen verwaltungsverfahrensrechtlichen Lösungsansatz verfolgt, ist
                                 über § 79 VwVfG die Vorschrift des § 31 VwVfG anzuwenden, der ebenfalls den Weg in die
                                 §§ 187 ff. BGB weist (vgl. hierzu Hufen a.a.O. § 6 Rn. 28; Schmitt Glaeser/Horn Verwaltungs-
                                 prozessrecht, 15. Aufl. 2000, Rn. 197).

                                 Hinweis: Von den Vertretern dieser Ansicht wird insbesondere geltend gemacht, dass § 70 II VwGO
                                 gerade nicht auf § 57 II VwGO verweist und der Bundesgesetzgeber aus kompetenzrechtlichen Gründen
                                 (s.a. Art. 84 GG) das Widerspruchsverfahren in der VwGO nur soweit habe regeln dürfen, als es sich um
                                 eine Prozessvoraussetzung handelt.

                                 Wichtigste Folge ist, dass § 31 III VwVfG für das Ende der Frist an einem Sonntag, gesetzli-
                                 chen Feiertag oder Sonnabend unmittelbar zur Anwendung kommt, es eines „Umwegs“ über
                                 § 193 BGB somit nicht Bedarf. Da im praktischen Ergebnis die Frage der Berechnung der
                                 Widerspruchsfrist keine Auswirkungen hat, kann der Streit über den „richtigen“ Lösungs-
                                 ansatz dahingestellt bleiben.
                                    Die Monatsfrist beginnt nach § 70 S. 1 VwGO mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts.
                                 Ist in der jeweiligen Sachmaterie keine bestimmte Bekanntgabeart vorgeschrieben, liegt die
                                 Bekanntgabeart im Ermessen der Behörde (Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens a.a.O. § 41 Rn. 18
                                 m.w.N.). Laut Sachverhalt ist das Schreiben an Z noch am 28.01.2010 per einfachem Brief
                                 zur Post aufgegeben worden. Für diesen Fall begründet die Bekanntgabevorschrift des § 41
                                 II VwVfG eine 3-Tages-Fiktion, wonach der schriftliche Verwaltungsakt drei Tage nach der
   3-Tages-Fiktion des § 41 II   Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gilt. Dabei bleibt der dritte Tag nach herrschender
                     VwVfG       Auffassung selbst dann maßgebend, wenn es sich bei diesem Tag um einen Sonntag,
                                 Samstag oder gesetzlichen Feiertag handelt. Die Vorschriften des § 193 BGB bzw. § 31 III
                                 VwVfG können insoweit nicht herangezogen werden, da sich diese Normen nur auf das
                                 Fristende und nicht auf den Fristbeginn beziehen und es sich im Übrigen bei § 41 II
                                 VwVfG um eine gesetzliche Fiktion handelt (vgl. hierzu OVG Lüneburg NVwZ 2007, 78;
                                 Kopp/Ramsauer a.a.O. § 41 Rn. 44; Pietzner/Ronnellenfitsch a.a.O. § 33 Rn. 9; Schenke
                                 Verwaltungsprozessrecht, 12. Aufl. 2009, Rn. 674 a; a.A. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens a.a.
                                 O. § 41 Rn. 133; Knack/Henneke/Ruffert Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2010, § 41
                                 Rn. 35).

                                 Hinweis: Der BFH sieht mit Blick auf die Dreitages-Vermutung des § 122 II Nr. 1 AO nach st. Rspr. im Fall
                                 eines Sonntags, Samstags oder Feiertags den darauffolgenden Werktag als den dritten Tag an und spricht
                                 sich für das Vorliegen einer Fristenregelung aus, vgl. zuletzt BFH Beschluss vom 23.01.2008, VII B 169/07
                                 m.w.N. auf seine Rspr.

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                                  Beginn und Ende der   Demzufolge gilt die Bekanntgabe im vorliegenden Fall mit dem 31.01.2010 als erfolgt, obwohl
                                          Monatsfrist   es sich hierbei um einen Sonntag handelt. Die Bekanntgabe wird dabei als ein in den Lauf eines
                                                        Tages fallendes Ereignis i.S.d. § 187 I BGB angesehen, sodass die Widerspruchsfrist nach § 187
                                                        I BGB am 01.02.2010 um 0.00 Uhr beginnt. Gem. § 188 II Alt. 1 BGB endet die Monatsfrist
                                                        mit Ablauf desjenigen Tages, welcher durch seine Benennung dem Tag der Bekanntgabe
                                                        entspricht. Fehlt wie hier im nächsten Monat der dem der Bekanntgabe entsprechende Tag,
                                                        endet die Frist nach § 188 III BGB mit dem Ablauf des letzten Tages des Monats, im vor-
                                                        liegenden Fall somit am 28.02.2010 um 24.00 Uhr.
                           Fristwahrender Widerspruch      Fraglich ist, ob der von Z per Fax am 28.02.2010 an die FH Bund eingereichte Wider-
                                              per Fax   spruch fristgerecht eingelegt wurde. Der Sendebericht weist zwar eine ordnungsgemäße
                                                        Übermittlung des Schreibens am 28.02.2010 aus, doch wurde das Schreiben vom Faxgerät der
                                                        FH Bund wegen Papiermangels am 28.02.2010 erst am 01.03.2010 ausgedruckt. Dieser
                                                        Umstand führt jedoch nicht dazu, dass der Widerspruch des Z nicht als fristwahrend gilt.
                                                        Vielmehr gilt die Frist von Z mit Übermittlung des ausweislich des Sendeprotokolls ord-
                                                        nungsgemäß übermittelten Widerspruchs als gewahrt, da der Widerspruch jedenfalls in elek-
ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN

                                                        tronischer Form rechtzeitig bei der Hochschule eingegangen ist und Z auf den Ausdruck des
                                                        Schriftsatzes beim Empfänger-Faxgerät keinen Einfluss hat (vgl. Decker a.a.O. § 60 VwGO
                                                        Rn. 9).

                                                        Hinweis: Zu beachten ist, dass die fristwahrende Übermittlung eines Schreibens mittels Telefax aus-
                                                        weislich des Sendeprotokolls keinen Fall der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO
                                                        darstellt. Diese Problematik würde sich erst dann stellen, wenn ein fristwahrender Schriftsatz wegen
                                                        Störung des Telefaxgeräts der Behörde (bspw. weil es nicht empfangsbereit war) nicht rechtzeitig
                                                        gesendet werden konnte und deshalb das Sendegerät eine Fehlermeldung produzierte. Vgl. zu den
                                                        Mängeln des Telefax-Empfangsgeräts auch Kopp/Schenke a.a.O. § 81 Rn. 9 m.w.N.

                                                        Mit Übermittlung des Widerspruchs am 28.02.2010 per Telefax hat Z somit die Widerspruchs-
                                                        frist (noch) gewahrt. Auf den Eingang des Original-Widerspruchsschreibens bei der Hoch-
                                                        schule kommt es somit nicht mehr an. Das am 03.03.2010 bei der Hochschule eingegangene
                                                        Widerspruchsschreiben wahrt die Monatsfrist nicht mehr.

                                                        V. Form der Widerspruchseinlegung
                                          Schriftform   Die ordnungsgemäße Widerspruchseinlegung erfordert gem. § 70 I VwGO die Schriftform.
                                                        Diese wird nach inzwischen allgemeiner Rechtsauffassung auch durch ein vom Widerspruchs-
                                                        führer eigenhändig unterschriebenes Fax gewahrt (vgl. BVerfG NJW 2001, 3473; Kopp/Schen-
                                                        ke a.a.O. § 70 Rn. 2 und § 81 Rn. 9 m.w.N.; Hufen a.a.O. § 6 Rn. 23).
                                                          Damit erfüllt das von Z mit eigenhändiger Unterschrift per Fax am 28.02.2010 übermittelte
                                                        Widerspruchsschreiben das Formerfordernis. Der Widerspruch wurde auch bei der zuständi-
                                                        gen Behörde, hier dem Präsidenten der FH Bund als Ausgangsbehörde, eingelegt und ent-
                                                        spricht somit dem Formerfordernis des § 70 I 1 VwGO.

                                                        Hinweis: Da im vorliegenden Fall gem. § 73 I Nr. 2 VwVfG die nächsthöhere Behörde eine oberste
                                                        Bundesbehörde (das BMI) ist, ist die FH Bund gleichzeitig auch Widerspruchsbehörde.

                                                        VI. Beteiligten- und Handlungsfähigkeit
                                                        Z ist als natürliche Person gem. § 79 i.V.m. § 11 Nr. 1 Alt. 1 VwVfG beteiligtenfähig. Als
                                                        geschäftsfähige Person ist Z nach § 79 i.V.m. § 12 I Nr. 1 VwVfG auch handlungsfähig Die
                                                        FH Bund ist als juristische Person des öffentlichen Rechts nach § 79 i.V.m. § 11 Nr. 1 VwVfG
                                                        beteiligtenfähig und handelt nach § 79 i.V.m. § 12 I Nr. 3 VwVfG durch ihren gesetzlichen
                                                        Vertreter.

                                                        VII. Zwischenergebnis
                                                        Somit ist der Widerspruch des Z zulässig.

                                                        B. BEGRÜNDETHEIT DES WIDERSPRUCHS
                                                        Analog § 113 I 1 VwGO ist der (Anfechtungs-)Widerspruch des Z begründet, wenn das
                                                        berufliche Tätigkeitsverbot und die Untersuchungspflicht rechtswidrig sind und Z in seinen
                                                        Rechten verletzen. Darüber hinaus ist der Widerspruch auch dann begründet, wenn die Ver-
                                                        waltungsakte ausschließlich oder zusätzlich unzweckmäßig sind, vgl. § 68 I 1 Var. 2 VwGO.

                                                        I. Ermächtigungsgrundlage
                             Verfassungsmäßigkeit des   Zunächst müsste eine Ermächtigungsgrundlage für das berufliche Tätigkeitsverbot und die
                                                 IfSG   Untersuchungspflicht bestehen. Der Präsident der FH Bund stützt seine Maßnahmen auf das
                                                        IfSG. Es fragt sich jedoch, ob das IfSG selbst verfassungsmäßig ist. Zweifel könnten wegen

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ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN · BASICS KLAUSUR ÖFFENTLICHES RECHT · „TÄTIGKEITSVERBOT WEGEN...”

                                  einer möglichen Unvereinbarkeit des im IfSG geregelten beruflichen Tätigkeitsverbots mit den
                                  Grundrechten bestehen.

                                  1. Verstoß gegen die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 I GG
                                  Art. 12 I GG schützt neben der Wahl des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte den Beruf.
                                  Der Begriff „Beruf“ ist weit auszulegen. Es handelt sich dabei um eine auf eine gewisse Dauer
                                  angelegte Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient oder dazu
                                  beiträgt (vgl. BVerfGE 7, 377 [397]; 110, 304 [321]; 111, 10 [28]; 115, 276 [300]; BVerwGE 96, 136
                                  [140]; 96, 293 [296]; 96, 302 [307]; 97, 12 [22]; vgl. auch Ipsen Staatsrecht II Grundrechte, 13. Aufl.
                                  2010, Rn. 635 m.w.N.). Daher kann das Verbot, bis zur vollständigen Genesung die Tätigkeit als
                                  Hochschullehrer auszuüben, durchaus den Schutzbereich des Art. 12 I GG betreffen. Ein Ein-
                                  griff ist jede nicht unerheblich belastende staatliche Maßnahme, die dem Einzelnen ein Verhalten,
                                  das in den Schutzbereich des Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht oder
                                  erschwert (vgl. zum [erweiterten] Eingriffsbegriff Pieroth/Schlink Grundrechte Staatsrecht II,
                                  26. Aufl. 2010, Rn. 253 ff.; Epping Grundrechte, 4. Aufl. 2009, Rn. 379 ff.; Sodan/Sodan Grund-

                                                                                                                                           ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN
                                  gesetz, Vorb. Art. 1 Rn. 47 ff). Das im IfSG geregelte berufliche Tätigkeitsverbot bezweckt
                                  gerade die Einstellung der bisher ausgeübten Tätigkeit und kann daher den Betroffenen im
                                  Einzelfall intensiv in seiner beruflichen Tätigkeit berühren, weshalb von einem Eingriff in die
 Eingriff in die Berufsfreiheit   Berufsfreiheit auszugehen ist. Fraglich ist, ob ein solcher Eingriff gerechtfertigt ist. Dann müsste
                                  er durch die Schranken des Art. 12 I GG gedeckt sein. Anders als der Wortlaut es hergibt, enthält
                                  Art. 12 I GG einen einheitlichen Schutzbereich der Berufsfreiheit, was zur Folge hat, dass auch
                                  der Gesetzesvorbehalt des Art. 12 I 2 GG ein einheitlicher und somit auch auf die Gewähr-
                                  leistungen des Satzes 1 auszudehnen ist (vgl. hierzu auch Pieroth/Schlink a.a.O. Rn. 877, 914).
                                  Beim Gesetzesvorbehalt des Art. 12 I 2 GG handelt es sich um einen sog. einfachen Gesetzes-
                                  vorbehalt in Form eines Regelungsvorbehalts (vgl. Pieroth/Schlink a.a.O. Rn. 914 mit Rn. 235
                                  sowie zur Typologie der Gesetzesvorbehalte Rn. 263 ff.; vgl. auch Epping a.a.O. Rn. 389, der
                                  darauf hinweist, dass das BVerfG mittlerweile den Regelungsvorbehalt wie einen qualifizierten
                                  Gesetzesvorbehalt behandelt). Danach kann die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund
                                  eines Gesetzes geregelt werden. Das in die Berufsfreiheit eingreifende IfSG ist ein formelles
                                  Bundesgesetz, das dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 I 2 GG der Form nach entspricht und laut
                                  Sachverhaltsangabe auch ordnungsgemäß erlassen wurde. Das in die Berufsfreiheit eingreifende
                                  IfSG müsste jedoch auch durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der
                                  Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt
                                  sein und auch im Übrigen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.
            3-Stufen-Theorie         Da ein Unterschied besteht, ob der Betroffene bereits daran gehindert wird, einem Beruf
                                  (weiterhin) nachzugehen oder ob er lediglich in der Ausübung seines Berufs eingeschränkt
                                  wird, hat das BVerfG, um den unterschiedlichen Intensitätsstufen der Eingriffe gerecht zu
                                  werden, in seinem „Apotheken-Urteil“ die sog. Drei-Stufen-Theorie entwickelt (vgl. BVerfGE
                                  7, 377 [402 ff.] – Apotheken-Urteil; vgl. hierzu auch Ipsen a.a.O. Rn. 652 ff.; Epping a.a.
                                  O. Rn. 395 ff.; Pieroth/Schlink a.a.O. Rn. 916 ff.). Unterschieden wird danach, ob ein Eingriff
                                  in die Berufsausübung (1. Stufe) oder in die Berufswahl vorliegt, wobei bei der Berufswahl
                                  wiederum zwischen subjektiven (2. Stufe) und objektiven (3. Stufe) Zulassungsvoraussetzun-
                                  gen unterschieden wird. Im vorliegenden Fall liegt ein Eingriff in die Berufsausübung, in die
                                  Art und Weise („Wie“) der beruflichen Tätigkeit und damit ein Eingriff auf der 1. Stufe vor.
                                  Nach der Drei-Stufen-Theorie werden die Anforderungen an die Rechtfertigung des Eingriffs
                                  mit steigender Stufe höher. Eingriffe auf der 1. Stufe sind dann gerechtfertigt, wenn der Schutz
                                  eines Gemeinschaftsgutes sie verlangen und das eingesetzte Mittel zu dieser Zweckerreichung
                                  geeignet, erforderlich und angemessen ist (was einer klassischen Verhältnismäßigkeitsprüfung
                                  entspricht) (vgl. Epping a.a.O. Rn. 403 ff.; Ipsen a.a.O. Rn. 672; vgl. auch Pieroth/Schlink
                                  a.a.O. Rn. 925). Das berufliche Tätigkeitsverbot verfolgt einen legitimen Zweck, nämlich den
                                  Schutz und die Sicherung der Volksgesundheit.

                                  Hinweis: Vgl. BVerfGE 7, 377 (414) – Apotheken-Urteil, in dem das Gericht die Sicherung der Volks-
                                  gesundheit als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut aufgeführt hat, das damit sogar zur Rechtfer-
                                  tigung auf der 3. Stufe dient.

                                  Zur Erreichung dieses Zwecks ist ein berufliches Tätigkeitsverbot zur Verhinderung der Ver-
                                  breitung übertragbarer Krankheiten auch geeignet und stellt auch das mildeste Mittel dar. Im
                                  Rahmen der Angemessenheit ist zu beachten, dass die Norm auf der Rechtsfolgenseite keine
                                  zwingende Rechtsfolge normiert, sondern die Entziehung im Falle der tatbestandlichen Vo-
                                  raussetzungen ins Ermessen der zuständigen Behörde stellt. Infolgedessen kann in jedem
                                  Einzelfall den materiellen Anforderungen des Art. 12 GG auf der Ebene der Ermessensaus-
                                  übung Rechnung getragen werden. Somit ist die Vorschrift verhältnismäßig. Ein Verstoß gegen
                                  die Berufsfreiheit scheidet aus.

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                                                          2. Verstoß gegen die Wissenschaftsfreiheit gemäß Art. 5 III GG
                                  Tätigkeitsverbot als    Das im IfSG normierte berufliche Tätigkeitsverbot könnte möglicherweise gegen die Wissen-
                                 Beeinträchtigung der     schaftsfreiheit aus Art. 5 III GG verstoßen. Der Umfang der Gewährleistung wird vom
                                 Wissenschaftsfreiheit    BVerfG dahingehend bestimmt, dass jeder, der in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig ist
                                                          – vorbehaltlich der Treuepflicht gemäß Art. 5 III 2 GG – ein Recht auf Abwehr jeder
                                                          staatlichen Einwirkung auf den Prozess der Gewinnung und Vermittlung wissenschaftlicher
                                                          Erkenntnisse hat (BVerfGE 35, 79 [112 f.]; vgl. auch Pieroth/Schlink a.a.O. Rn. 672 ff.).
                                                             Das berufliche Tätigkeitsverbot gem. § 31 IfSG kann, soweit es gegenüber Personen aus-
                                                          gesprochen wird, die im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig sind, wie vor
                                                          allem Hochschullehrer, die wissenschaftliche Betätigung beeinträchtigen. Eine Rechtfertigung
                                                          des Tätigkeitsverbots folgt gleichwohl aus kollidierendem Verfassungsrecht.

                                                          Hinweis: Ein Rückgriff auf die Schranken des Art. 5 II GG scheidet nach dem Wortlaut und der
                                                          Systematik der Vorschrift aus, vgl. BVerfGE 30, 173 (191 f.) – Mephisto. Eingriffe in die Grundrechte des
                                                          Art. 5 III GG können jedoch durch kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt werden.
ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN

                            kollidierendes Verfassungs-   So hat der Staat die Schutzpflicht für die menschliche Gesundheit gem. Art. 2 II 1 Alt. 2 GG
                                                  recht   (vgl. zum Schutzbereich der körperlichen Unversehrtheit Epping a.a.O. Rn. 102 ff.; Pieroth/
                                                          Schlink a.a.O. Rn. 420, 433; Ipsen a.a.O. Rn. 257 ff.). Ihn trifft die Verpflichtung, die körper-
                                                          liche Unversehrtheit seiner Bürger zu schützen und – weitergehend – für ihre Gesundheit zu
                                                          sorgen (vgl. Ipsen a.a.O. Rn. 258 mit Hinweis auf BVerfGE 56, 54 [78]; 77, 170 [214]; 85, 191
                                                          [212]; 115, 25 [44 f.]; vgl. auch Pieroth/Schlink a.a.O. Rn. 433 ff.).
                                                             Dem entspricht das berufliche Tätigkeitsverbot gem. § 31 IfSG, mit dem Kranken die Aus-
                                                          übung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagt werden kann mit dem
                                                          Ziel, andere vor einer Übertragung der Krankheit zu schützen. Dabei ist mit den Regelungen
                                                          des IfSG auch ein verhältnismäßiger Ausgleich der kollidierenden Verfassungsgüter erreicht.
                                                          Denn zum einen ist gem. § 28 IfSG vorgesehen, dass die notwendigen Schutzmaßnahmen nur
                                                          zu treffen sind, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer
                                                          Krankheiten erforderlich ist. Und zum anderen stellt § 31 IfSG das berufliche Tätigkeitsverbot
                                                          auch noch einmal ausdrücklich ins Ermessen der zuständigen Behörde, sodass in jedem Einzel-
                                                          fall die kollidierenden Verfassungsgüter auf der Ebene der Ermessensausübung zu einem
                                                          verhältnismäßigen Ausgleich gebracht werden können. Auch im Hinblick auf Art. 5 III GG
                                                          ist somit davon auszugehen, dass der Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

                                                          3. Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG
                                                          Das Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG wird vom spezielleren
                                                          Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 I GG hier verdrängt (vgl. hierzu Epping a.a.O.
                                                          Rn. 567 ff. m.w.N.).
                                                            Damit lässt sich festhalten, dass die Regelungen des IfSG inhaltlich mit den im Grundgesetz
                                                          garantierten Grundrechten vereinbar sind. Auch im Übrigen ist kein Verfassungsverstoß
                                                          erkennbar. Eine verfassungsmäßige Ermächtigungsgrundlage liegt damit vor.

                                                          II. Formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids

                                                          1. Zuständigkeit
                                                          Der Bescheid, mit dem Z verboten wird, bis zur vollständigen Genesung seine Tätigkeit als
                                                          Hochschullehrer an der FH Bund auszuüben, und mit dem ihm gleichzeitig die Pflicht auf-
                                                          erlegt wird, seinen Krankheits-/Gesundheitszustand ab sofort wöchentlich vom zuständigen
                                                          Amtsarzt untersuchen zu lassen, wurde vom Präsidenten der FH Bund als zuständiger
                                                          Behörde erlassen.

                                                          2. Verfahren
                                     Anhörungspflicht      Bedenken hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen wegen eines
                                                          möglichen Anhörungsmangels. Gem. § 28 I VwVfG muss die Behörde, bevor sie durch Ver-
                                                          waltungsakt in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit geben, sich zu den
                                                          entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Z hatte sich zwar im Rahmen der Information
                                                          der FH Bund zu einer „Freistellung“ von einem möglichen Tätigkeitsverbot geäußert. Die
                                                          Regelung des § 28 I VwVfG setzt jedoch voraus, dass sich der Beteiligte zum gesamten, aus
                                                          Sicht der Behörde entscheidungserheblichen Sachverhalt, einschließlich wesentlicher Rechts-
                                                          fragen, äußern können muss (vgl. Maurer a.a.O. § 19 Rn. 20; Pünder in: Ehlers, a.a.O. § 14
                                                          Rn. 29; Stelkens/Bonk/Sachs/Bonk/Kallerhoff a.a.O. § 28 Rn. 42).
                                                             Z hätte daher vor Erlass der Entscheidung des Präsidenten die Gelegenheit gegeben werden
                                                          müssen, sich umfassend zu allen Sach- und Rechtsfragen, einschließlich der Auffassung der
                                                          Behörde, zu äußern. Von der Anhörungspflicht bestehen jedoch Ausnahmen. § 28 II VwVfG

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                               führt hierzu fünf Regelbeispiele auf, bei deren Vorliegen auf die Anhörung verzichtet werden
                               kann. So kann gem. § 28 II Nr. 1 Var. 2 VwVfG von der Anhörung abgesehen werden, wenn
                               eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Im vorliegenden
                               Fall wird offenbar zum Wohl und zum Schutz der Gesundheit anderer eine sofortige Ent-
                               scheidung mit Blick auf Z für erforderlich gehalten. Eine weitere Tätigkeit des Z in der
                               Hochschule könnte zu einer Infizierung einer unbestimmten Anzahl von Menschen führen
                               und damit das öffentliche Interesse gefährden.
                                  Eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Anhörung im vorliegenden Einzelfall nach
                               den Umständen aber tatsächlich nicht geboten war, vor allem was die Anordnung der
                               wöchentlichen amtsärztlichen Untersuchungspflicht anbelangt, oder möglicherweise sogar ein
                               Anhörungsverbot nach § 28 III VwVfG wegen der Wahrung überragender Gemeinschafts-
                               interessen bestand, könnte jedoch dahinstehen, wenn selbst eine rechtswidrigerweise nicht
  Nachholung der Anhörung      erfolgte Anhörung des Z noch heilbar wäre. Da die fehlende Anhörung keinen Nichtigkeits-
                               grund i.S.d. § 44 I VwVfG darstellt, könnte die Anhörung gem. § 45 I Nr. 3 VwVfG noch im
                               Widerspruchsverfahren geheilt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwal-

                                                                                                                                     ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN
                               tungsgerichts ist die ordnungsgemäße Durchführung des Vorverfahrens gem. §§ 68 ff. VwGO
                               als Nachholung der behördlichen Anhörung anzusehen (vgl. BVerwGE 54, 276 [280]; 66, 111
                               [114]; BVerwG NJW 1987, 143; 1989, 1873 [1874 m.w.N.]; vgl. auch die weiteren Nachweise
                               bei Stelkens/Bonk/Sachs/Sachs a.a.O. § 45 Fn. 193).

                               Hinweis: Die Auffassung der Rechtsprechung wird von vielen mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass
                               dann § 45 I Nr. 3 VwVfG weitgehend leer liefe. Zu einer Heilung komme es nur, wenn der Betroffene
                               nicht nur Gelegenheit zur Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs erhält, sondern sich die Widerspruchs-
                               behörde auch mit seinem Vorbringen auseinandersetzt; vgl. hierzu Hufen a.a.O. § 8 Rn. 32; Stelkens/
                               Bonk/Sachs/Sachs a.a.O. § 45 Rn. 76, 79 f.

                               Durch die Widerspruchseinlegung gem. § 69 VwGO hat Z die Möglichkeit wahrgenommen,
                               sich zu den Verwaltungsakten und den ihm im Bescheid mitgeteilten behördlichen Erwägun-
                               gen zu äußern. Damit ist mit der Rechtsprechung jedenfalls eine Heilung erfolgt. Der Bescheid
                               ist insoweit formell rechtmäßig ergangen.
                                  Die nach § 39 I 1 VwVfG erforderliche Begründung des Bescheids liegt ausweislich des
                               Sachverhalts vor. Auch wurde der Bescheid dem Z ordnungsgemäß bekannt gegeben gem. § 41
                               II VwVfG.

                               3. Form
                               Formfehler sind nicht ersichtlich. Spezielle Formvorschriften existieren vorliegend nicht, wes-
                               halb die allgemeinen Formvorschriften des § 37 II – V VwVfG greifen. Die Behörde durfte
                               sich der Schriftform bedienen, wobei mangels gegenteiliger Sachverhaltsangaben davon aus-
                               zugehen ist, dass der Bescheid auch unter Beachtung der Voraussetzungen des § 37 III VwVfG
                               erlassen wurde.

                               III. Materielle Rechtmäßigkeit des Bescheids
                               Der Bescheid ist materiell rechtmäßig, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Er-
                               mächtigungsgrundlage für die angeordneten Maßnahmen (das berufliche Tätigkeitsverbot und
                               die Untersuchungspflicht) erfüllt sind und die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen
                               fehlerfrei Gebrauch gemacht hat.

                               1. Materielle Rechtmäßigkeit des beruflichen Tätigkeitsverbots

                               a) Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 IfSG
                               § 31 IfSG setzt u.a. voraus, dass eine Person an einer übertragbaren Krankheit erkrankt ist
                               (sog. Kranker gem. § 2 Nr. 4 IfSG). Die Schweinegrippe ist eine übertragbare Krankheit, mit
                               der sich Z, wie von seinem Vertrauensarzt bestätigt, infiziert hat. Somit sind die tatbestandli-
                               chen Voraussetzungen des § 31 IfSG erfüllt.

                               b) Ermessen
  Ermessensausübung i.R.d. §   § 31 IfSG schreibt das berufliche Tätigkeitsverbot nicht zwingend vor, sondern stellt es in das
                   31 IfSG     Ermessen („kann“) der zuständigen Behörde. Zu prüfen ist daher, ob der Präsident der FH
                               Bund ermessensfehlerfrei gehandelt hat. Mögliche Ermessensfehler stellen die Ermessensüber-
                               schreitung, der Ermessensnichtgebrauch und der Ermessensfehlgebrauch dar (vgl. Sachs a.a.O.
                               § 40 Rn. 62 ff.). Insbesondere ist ein Grundrechtsverstoß regelmäßig als Ermessensfehler zu
                               bewerten (vgl. Maurer a.a.O. § 7 Rn. 23; Peine Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl. 2008,
                               Rn. 222). Der Präsident hat sich unmittelbar und umfassend mit den Erwägungen des lediglich
                               beratende Funktion ausübenden Schweinegrippeausschusses befasst und in der Begründung

                                                                                                                  2/2011    125
ÜBUNGSBLÄTTER STUDENTEN · BASICS KLAUSUR ÖFFENTLICHES RECHT · „TÄTIGKEITSVERBOT WEGEN...”

                                                        seines Schreibens auf die Übertragbarkeit des Schweinegrippevirus und die damit bestehende
                                                        erhebliche Infektionsgefahr abgestellt. Somit hat er Ermessensüberlegungen angestellt und sich
                                                        dabei vom Zweck des IfSG, mit dem u.a. die Weiterverbreitung übertragbarer Krankheiten
                                                        verhindert werden soll, leiten lassen. Wie oben bereits festgestellt, liegt auch kein nicht gerecht-
                                                        fertigter Grundrechtseingriff durch das berufliche Tätigkeitsverbot vor.
                                        Wahrung des        Das berufliche Tätigkeitsverbot wäre allerdings unzulässig, wenn es sich als unverhältnis-
                           Verhältnismäßigkeitsgrund-   mäßig darstellen würde. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hat drei Regelungsgehalte: die
                                               satzes   Maßnahme muss zur Erreichung des Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein (vgl.
                                                        Maurer a.a.O. § 10 Rn. 17).
                                                           Das berufliche Tätigkeitsverbot für Z ist geeignet, das Ziel, die Weiterverbreitung der Krank-
                                                        heit zu verhindern, durchzusetzen. Fraglich ist, ob das Tätigkeitsverbot auch erforderlich
                                                        gewesen ist. Erforderlich ist eine Maßnahme nur, wenn das Ziel nicht auf andere, weniger
                                                        belastende Art ebenso gut erreicht werden kann. Ein milderes Mittel als das Tätigkeitsverbot an
                                                        der Hochschule bis zur vollständigen Genesung des Z (s. insoweit auch § 28 IfSG „solange“) ist
                                                        vorliegend angesichts der Gefährlichkeit des Virus und dem nicht auszuschließenden Umstand,
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                                                        dass bei einer Infizierung mit dem Schweinegrippevirus auch Menschen sterben können, nicht
                                                        ersichtlich. Fraglich ist noch, ob das Tätigkeitsverbot auch verhältnismäßig ist. Zu beachten ist
                                                        hier, dass die Behörde dem Z die berufliche Tätigkeit nicht vollständig untersagt, sondern nur
                                                        insoweit, als es um die Tätigkeit an der Hochschule geht (vgl. insoweit auch § 28 IfSG „soweit“).
                                                        Damit Z seinen nicht lehrbezogenen Verpflichtungen auch weiterhin nachgehen kann, wird
                                                        dem Z im Bescheid sogar die Möglichkeit eines Telearbeitsplatzes zu Hause angeboten. So hat Z
                                                        u.a. weiterhin die Möglichkeit, mit den Studierenden in Kontakt zu bleiben. Sein Interesse an
                                                        einer eigenen Unterrichtung des Laufbahnprüfungs-Kurses kann das Interesse an einer Ver-
                                                        hinderung der Verbreitung der Schweinegrippe nicht überwiegen. Insgesamt gesehen ergibt
                                                        sich, dass das Ausmaß der Belastung für Z nicht außer Verhältnis zu dem mit der Maßnahme
                                                        verfolgten Zweck steht. Vielmehr wiegt das öffentliche Interesse an einer Verhinderung der
                                                        Infizierung wesentlich schwerer als das Interesse von Z an einer weiteren Lehrtätigkeit. Damit
                                                        ist auch die Zumutbarkeit für Z gegeben. Das Tätigkeitsverbot an der Hochschule bis zur
                                                        vollständigen Genesung des Z ist mithin auch nicht unverhältnismäßig.
                                                           Die Behörde hat bei Gebrauch des ihr gem. § 31 i.V.m. § 28 IfSG eingeräumten Ermessens
                                                        somit ermessensfehlerfrei und damit rechtmäßig gehandelt.
                                                           Dass das zur Bekämpfung der Schweinegrippe angeordnete berufliche Tätigkeitsverbot
                                                        nicht zweckmäßig ist bzw. dass andere Maßnahmen zweckmäßiger wären, ist nicht zu erken-
                                                        nen. Das berufliche Tätigkeitsverbot ist daher auch unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten
                                                        nicht zu beanstanden.

                                                        2. Materielle Rechtmäßigkeit der wöchentlichen Untersuchungspflicht beim Amtsarzt
                           Ermächtigungsgrundlage für   Die Anordnung der wöchentlichen Untersuchungspflicht beim zuständigen Amtsarzt wird von
                              die Untersuchungspflicht   der Ermächtigungsgrundlage des § 28 IfSG möglicherweise nicht gedeckt. Die danach von der
                                                        zuständigen Behörde zu treffenden Schutzmaßnahmen haben solche zu sein, die zur Verhin-
                                                        derung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich sind. Allein mit der regelmäßi-
                                                        gen Untersuchungspflicht aber wird die Verbreitung der Krankheit noch nicht verhindert. Selbst
                                                        wenn man davon ausgehen wollte, dass mit einer wöchentlichen Untersuchung im Fall der
                                                        Genesung eine wiederholte Infizierung schnell entdeckt und bekämpft werden kann und man
                                                        zumindest insoweit eine Verhinderung der Verbreitung der Krankheit annehmen wollte, könnte
                                                        jedoch nicht von einer rechtmäßigen Anordnung ausgegangen werden. Denn es ist nicht ersicht-
                                                        lich, inwiefern die Verhinderung durch eine wöchentliche Untersuchung beim zuständigen
                                                        Amtsarzt besser gelingen sollte als durch eine Untersuchung des Vertrauensarztes; insoweit
                                                        trägt auch die Behörde nichts vor. Der Prüfungsmaßstab der Erforderlichkeit als Regelungs-
                                                        gehalt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedeutet, dass es kein weniger belastendes, gleich
                                                        geeignetes Mittel zur Zweckerreichung geben darf. Z hat die Hochschule bereits darüber
                                                        informiert, dass er von seinem Vertrauensarzt von nun an wöchentlich untersucht wird und
                                                        ohne Aufforderung durch seinen Arzt die Hochschule regelmäßig über den Verlauf seiner
                                                        Krankheit unterrichten wird. Die ergänzende Untersuchungspflicht durch den zuständigen
                                                        Amtsarzt stellt daher keine weniger belastende, notwendige Schutzmaßnahme dar, die zur Ver-
                                                        hinderung der Verbreitung der Schweinegrippe erforderlich wäre. Die angeordnete Unter-
                                                        suchungspflicht ist mithin jedenfalls unverhältnismäßig und damit materiell rechtswidrig.
                                                           Somit lässt sich festhalten, dass der Bescheid vom 28.01.2010 hinsichtlich der angeordneten
                                                        Untersuchungspflicht materiell rechtswidrig ist. Insoweit verletzt er den Z auch zumindest in
                                                        seinem Grundrecht aus Art. 2 I GG.

                                                        ENDERGEBNIS:
                                                        Der Widerspruch des Z ist damit zwar zulässig, aber nur teilweise – mit Blick auf die
                                                        angeordnete Untersuchungspflicht – begründet.

                           126      2/2011
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