Ertrag- und umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce - Was müssen Start-ups beachten?
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Ertrag- und umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce - Was müssen Start-ups beachten? Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Ertragsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce 3. Umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce 4. Checkliste wichtiger Beratungsthemen
2 1. Einleitung Der E-Commerce bringt ständig neue Geschäftsmodelle hervor, bei denen die vertragstypische Leistung über das Internet erbracht wird. Zu diesen neuartigen Onlinegeschäften gehören z. B. Onlinewerbung (Banner- und Suchmaschinenwerbung), Verkauf und Streaming von Multimediadateien, Verkauf von E-Books, Softwarevertrieb per Download bzw. App Store, Auslagerung von IT-Funktionen auf spezialisierte Dienstleister (s. dazu DWS-Merkblatt Nr. 1755 „Cloud Computing“), Webhosting, Webmail, Online-Informationsangebote und Datenbanken. Die Angebote richten sich sowohl an Verbraucher als auch an Unternehmenskunden (B2C- und B2B-Geschäft). Insb. im Bereich der Onlinewerbung haben sich auch dreiseitige Geschäftsmodelle etabliert. Hier erbringt der Anbieter kostenlose Leistungen an Verbraucher, um die gesammelten Nutzerdaten dann im Rahmen entgeltlicher Werbeleistungen für Unternehmenskunden zu verwerten (z. B. Social Media, Suchmaschinen). Der E- Commerce erfasst aber auch Offlinegeschäfte, bei denen eine physische Ware oder Dienstleistung über das Internet vertrieben wird (z. B. Onlineversandhandel, Onlinebuchung einer Reise). Da zudem fast alle traditionellen Geschäftsmodelle elektronisch vernetzte Geschäftsprozesse verwenden, die z. T. auf Dritte ausgelagert werden (Outsourcing), hat die digitale Revolution mittlerweile sämtliche Branchen durchdrungen. Das weltumspannende Internet ist zugleich ein wesentlicher Treiber der Globalisierung. Es ist eine international verflochtene „digital economy“ entstanden, die auf der Nutzung von Computern, Netzwerken, Software und Daten beruht. Diese Kombination von neuen Geschäftsmodellen, grenzüberschreitendem Leistungsaustausch, Outsourcing und Nutzung immaterieller Wirtschaftsgüter wirft zahlreiche ertrag- und umsatzsteuerliche Fragen auf. Die steuerliche Beratung von E- Commerce-Start-ups erfordert daher nicht nur die Einarbeitung in das schwierige steuerrechtliche Umfeld, sondern auch eine gründliche Analyse der Besonderheiten des jeweiligen Geschäftsmodells. Das vorliegende Merkblatt soll Steuerberatern und Unternehmern eine erste Orientierung geben. 2. Ertragsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce 2.1 Einkünftequalifikation, Bilanzierung und Verlustnutzung Bei den eingangs genannten Geschäftsmodellen handelt es sich in aller Regel um gewerbliche Einkünfte; auch der selbstständige App-Programmierer erzielt grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zwar hat der BFH entschieden, dass sog. Autodidakten ohne Hochschulabschluss Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielen, wenn ihre Kenntnisse und die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit mit denen eines Ingenieurs vergleichbar sind. Die Erstellung von einfachen Anwenderprogrammen für Smartphones usw. („Apps“), die über eine Online-Plattform verkauft werden, fällt aber nicht unter § 18 EStG („Trivialsoftware“).
3 Ist ein selbstständiger App-Programmierer jedoch zugleich Diplom-Ingenieur, übt er einen Katalogberuf i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus. Software (einschließlich „Apps“) ist ein abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens. Dies führt bei selbstentwickelter Software zu einem steuerlichen Aktivierungsverbot der Herstellungskosten gem. § 5 Abs. 2 EStG, wodurch sich eine Abweichung zur Handelsbilanz ergeben kann (Aktivierungswahlrecht gem. § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB). Derivativ angeschaffte Software muss dagegen mit den Anschaffungskosten bewertet werden (§ 255 Abs. 1 HGB). Zur Anschaffung und Nutzungsdauer von ERP-Software s. BMF-Schreiben v. 18.11.2005 (BStBl. I 2005, 1025). § 7g EStG (Investionsabzugsbetrag) ist nicht anwendbar, aber die Finanzverwaltung ordnet „Trivialsoftware“ (AK ≤ 800,00 €) als einzeln nutzbares GWG ein. Bei der Auftragsentwicklung von Software richtet sich die Abgrenzung zwischen Herstellung und Anschaffung danach, ob ein Dienst- oder Werkvertrag vorliegt (Risikotragung durch Auftraggeber oder Auftragnehmer; Einzelheiten: IDW RS HFA 11). Eine betrieblich genutzte Internet-Domain ist grundsätzlich als nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens einzuordnen. Bei Identität oder Kombination mit einer Marke kommt dagegen Abnutzbarkeit in Betracht. Der Domain- Name behält seine selbstständige Nutzbarkeit auch dann, wenn er die Grundlage einer komplexen Website bildet. Hinweis: Überlässt ein Gesellschafter eine auf ihn registrierte Domain zur Nutzung an die Personengesellschaft oder GmbH, kann Sonderbetriebsvermögen bzw. eine Betriebsaufspaltung vorliegen. Dies ist nicht nur bei der laufenden Einkünfteermittlung, sondern auch bei einer steuerneutralen Einbringung gem. §§ 20, 24 UmwStG zu beachten (Erfordernis der Übertragung sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen des Start-ups). Im Fall des gewerblichen Domainhandels bzw. eines gewerblich tätigen „Domaingrabbers“ gehören die Domains zum Umlaufvermögen. Ist die Verkaufstätigkeit mangels Nachhaltigkeit nicht gewerblich, kommt nur ein privates Veräußerungsgeschäft gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Betracht (Domain-Name als „anderes Wirtschaftsgut“). Ein nach Ablauf der Jahresfrist erzielter Veräußerungsgewinn ist steuerfrei. Die Bilanzierung von Websites bzw. Online-Shops ist nicht abschließend geklärt (s. dazu Bisges, StB 2012, 309, 310). Eine Domain ist grundsätzlich selbstständig nutzbar, Software ebenso. Ob die übrigen Elemente (z. B. Design, Datenbestände) immaterielle Wirtschaftsgüter sind, kann bei selbst geschaffenen Websites letztlich offen bleiben, da ein Aktivierungsverbot besteht (§§ 5 Abs. 2 EStG, 248 Abs. 2 Satz 2 HGB).
4 Bei derivativem Erwerb dürfte die Nutzungsdauer oftmals weniger als ein Jahr betragen, denn eine E-Commerce-Website muss i. d. R. laufend überarbeitet werden, um mit dem technischen Fortschritt mitzuhalten (vgl. IASB, SIC 32: „The best estimate of a website’s useful life should be short“). In der Praxis werden die reinen Website- Aufwendungen daher oft als Aufwand gebucht. Sollte die betriebsgewöhnl. Nutzungsdauer der Website im Einzelfall mehr als ein Jahr betragen, kann i. d. R. eine Nutzungsdauer von drei Jahren angesetzt werden Durch Erhebung und Kategorisierung von Daten entsteht ein immaterielles Wirtschaftsgut, auch wenn die Daten auf einem physischen Datenträger verkörpert sind. Das Urteil betraf die Zusammenstellung von „Geopunkten“ (Gebäudekoordinaten), dürfte aber auch für die systematische Erhebung von Verbraucher-daten im E-Commerce und das „Data Mining“ gelten (Auswertung großer Datenbestände zwecks Ermittlung von Verhaltensmustern und Beziehungen). Die Aufwendungen für die Erhebung der Daten sind Betriebsausgaben; der Datenbestand unterliegt als selbst geschaffenes immaterielles WG dem Aktivierungsverbot gem. § 5 Abs. 2 EStG. Positive Einkünfte entstehen erst mit der entgeltlichen Verwertung der Daten. Für die Zahlung mit elektronischem Geld und Bitcoin gelten folgende Grundsätze: Bei E-Geld handelt es sich um gesetzlich geregelte Forderungen gegen den jeweiligen Emittenten (§ 1 Abs. 2 ZAG; Beispiel: Guthaben auf dem PayPal-Onlinekonto). Die Gutschrift bewirkt den Zufluss beim Zahlungsempfänger, wenn dieser seinen Gewinn durch Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Buchführungspflichtige Unternehmen -realisieren den Gewinn bereits mit Erbringung ihrer Leistung, auf den Zufluss des E-Gelds kommt es nicht an (Realisationsprinzip gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Bitcoin (BC) ist dagegen mangels Emittent kein E-Geld, sondern eine unregulierte Alternativwährung, die nur über private Onlinebörsen in Dollar oder € umgetauscht werden kann. Aufsichtsrechtlich handelt es sich um „Rechnungseinheiten“ i. S. v. § 1 Abs. 11 Satz 1 KWG, die den Devisen (Fremdwährungen) ähneln, aber kein gesetzliches Zahlungsmittel sind. Die Finanzverwaltung ordnet BC ertragsteuerlich als Wirtschaftsgut ein (Finanzbehörde Hamburg, Vfg. v. 11.12.2017, DStR 2018, 527). Somit stellt die Hingabe von Wirtschaftsgütern gegen Bitcoin ein Tauschgeschäft dar (vgl. § 6 Abs. 6 EStG: AK in Höhe des gemeinen Werts des hingegebenen WG). Private Veräußerungsgeschäfte mit BC fallen unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG („andere WG“); Veräußerungsgewinne nach Ablauf der Jahresfrist sind steuerfrei. Umsatzsteuerlich gilt BC als vertraglich vereinbartes Zahlungsmittel. Beim Umtausch in eine gesetzliche Währung ist nur das Entgelt für die Umtauschleistung steuerbar („Spread“), jedoch ist dieser Umsatz gem. § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG steuerfrei.
5 Internet-Start-ups haben oft hohe Anlaufverluste, weil den hohen Entwicklungs- und Markteintrittskosten nur geringe Erlöse gegenüberstehen. Dies ist bei der Rechtsformwahl zu beachten. Die geeignete Rechtsform für kleinere Unternehmen ist i. d. R. die GmbH & Co. KG, die eine Verlustnutzung auf Gesellschafterebene mit der zivilrechtlichen Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen kombiniert (Mitunternehmerkonzept). GmbH und AG sind dagegen Körperschaftsteuersubjekte und können ihre Anlaufverluste nur in künftige VZ vortragen, wobei der spätere Verlustabzug durch die „Mindestbesteuerung“ gem. § 10d Abs. 2 EStG beschränkt wird. Der Ansatz aktiver latenter Steuern ist gem. § 274 Abs. 1 Satz 4 HGB nur unter engen Vo-raussetzungen zulässig. Dies gilt auch für die Unternehmergesellschaft (UG), die eine Sonderform der GmbH ist und ebenfalls der Körperschaftsteuer unterliegt. Die UG kommt als Alternative zur GmbH in Betracht, wenn das Start-up das erforderliche Stammkapital von 25.000,00 € nicht aufbringen kann. 2.2 Grenzüberschreitender Leistungsaustausch Der E-Commerce hat den grenzüberschreitenden Leistungsaustausch erheblich erleichtert. Viele Start-ups haben von Anfang an mit grenzüberschreitenden Leistungen zu tun, wobei sich sowohl bei der Leistungserbringung als auch beim Leistungsbezug schwierige steuerliche Fragen ergeben können. Hinweis: Vertreibt ein App- Programmierer seine Produkte weltweit im eigenen Namen über eine der großen Online-Plattformen, ist das immer mit dem Risiko einer Doppelbesteuerung verbunden. 2.2.1 Leistungserbringung an ausländische Kunden Bei Onlinegeschäften mit ausländischen Kunden können Ertragsteuern im Zielland anfallen (z. B. Quellensteuerabzug), aber etwaige DBA-Vergünstigungen sind vorrangig. Gerade bei Onlinegeschäften sind ausländische Märkte leicht zu erreichen, weil Vertragsabschluss, Leistungserbringung und Zahlung über das Internet erfolgen. Das Start-up muss sich aber vorher über die steuerliche Behandlung der Geschäfte im jeweiligen Quellenstaat informieren. Insb. Schwellen- und Entwicklungsländer sehen für bestimmte Leistungen nichtansässiger E-Commerce-Anbieter eine beschränkte Steuerpflicht vor (z. B. Onlinesoftwarevertrieb). Besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat des Kunden, liegt das Besteuerungsrecht aber grundsätzlich bei Deutschland. Denn Unternehmensgewinne und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit dürfen nur dann im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn sie durch eine dort belegene Betriebsstätte erzielt werden (Betriebsstättenprinzip gem. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA 2014). Zu den Unternehmensgewinnen gehören nicht nur Vergütungen für Onlinedienstleistungen, sondern auch Einkünfte aus dem Onlinevertrieb von Software, E-Books und Multimediadateien (Nr. 14 und 17.3 OECD-MK zu Art. 12 OECD-MA). Lizenzgebühren i. S. d. Art. 12 OECD-MA treten im E-Commerce nur selten auf (z. B. Nutzungsüberlassung von urheberrechtlich geschützten Texten im Rahmen von automatischen Newsfeeds).
6 Zudem weisen viele neuere DBA das Besteuerungsrecht für -Lizenzgebühren ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Vergütungsgläubigers zu (entsprechend Art. 12 Abs. 1 OECD-MA 2014). Für Offlinegeschäfte mit physischen Waren gilt ebenfalls das abkommensrechtliche Betriebsstättenprinzip, weshalb Direktgeschäfte im Quellenstaat grundsätzlich nicht besteuert werden dürfen. Ggf. ist aber zu prüfen, ob die Einschaltung eines örtlichen Dienstleisters oder eines Warenlagers eine (Vertreter) Betriebsstätte i. S. d. Art. 5 OECD-MA entstehen lässt. Die Nutzung eines im anderen Vertragsstaat befindlichen Internetservers kann eine ausländische Betriebsstätte i. S. v. § 12 AO und Art. 5 OECD-MA 2014 begründen. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn das inländische Unternehmen Verfügungsmacht über einen eigenen bzw. exklusiv angemieteten („dedizierten“) Server hat und damit unternehmerische Kernfunktionen ausübt (z. B. Vertragsabschluss und „Auslieferung“ digitaler Produkte per Download, s. dazu Nr. 42.9 OECD-MK zu Art. 5 OECD-MA 2014). Demgegenüber führt die Inanspruchnahme der Webhosting- bzw. Cloud-Computing- Leistungen eines kommerziellen Anbieters nicht zum Vorliegen einer Betriebsstätte bzw. einer Vertreterbetriebsstätte im anderen Vertragsstaat (Nr. 42.3 OECD-MK zu Art. 5 OECD-MA 2014). Auch die Nutzung virtueller Server und Plattformen im Rahmen von Cloud-Computing-Verträgen begründet mangels Verfügungsmacht über eine feste Geschäftseinrichtung keine ausländische Betriebsstätte des Kunden (ausführlich zum grenzüberschreitenden Cloud-Computing Pinkernell, in: Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, 349, und DWS Merkblatt Nr. 1755 „Cloud Computing“). Der Vertrieb digitaler Produkte, wie z. B. Standardsoftware über den App Store eines ausländischen Anbieters (Apple App Store, Google Play) begründet keine ausländische Vertreterbetriebsstätte i. S. v. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA 2014, denn die selbstständigen Anbieter sind nicht als abhängige Vertreter des inländischen Unternehmens einzuordnen. Hinweis: Steuern, die der andere Vertragsstaat unter Verstoß gegen das DBA erhoben hat, sind nicht in Deutschland anrechenbar (H 34c Abs. 5 EStR). Der inländische Steuerpflichtige muss die abkommenswidrige Steuerbelastung im Ausland selbst durch Erstattungsanträge bzw. Rechtsbehelfe beseitigen. In jedem Fall sollte man sich vor Leistungserbringung über die mögliche Steuer-belastung und etwaige Steuererklärungspflichten im Zielland informieren. Auch wenn ein DBA vorhanden ist, sind evtl. nicht alle Steuern abgedeckt. Dies gilt insb. für die Einkommen- und Körperschaftsteuern einzelner US-Bundesstaaten, die ggf. auch nur gem. § 34c Abs. 3 EStG abziehbar sind, weil keine ausländischen Einkünfte i. S. d. § 34d EStG vorliegen.
7 2.2.2 Leistungsbezug von ausländischen E-Commerce--Anbietern Beim Leistungsbezug von ausländischen E-Commerce-Anbietern ist vorsichtshalber immer zu prüfen, ob (ausnahmsweise) eine Verpflichtung zum Steuerabzug gem. § 50a EStG besteht. E-Commerce-Start-ups beziehen oft Eingangsleistungen von ausländischen Anbietern, womit eine Verpflichtung zum Steuerabzug verbunden sein kann. Zwar führen gewerbliche Leistungen im Inboundfall grundsätzlich nicht zu inländischen Einkünften i. S. v. § 49 Abs. 1 EStG des ausländischen Vertragspartners. Dies gilt insb. für die Gebühren der in Luxemburg ansässigen Vertriebsplattformen von eBay und Amazon Marketplace, die nicht dem Steuerabzug gem. § 50a EStG unterliegen. Demgegenüber kann die Nutzungsüberlassung urheberrechtlich geschützter Inhalte an ein inländisches Unternehmen bzw. die Einräumung von Nutzungsrechen durch Vertriebs- oder Resellerverträge eine Steuerabzugsverpflichtung gem. §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f, 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG auslösen (z. B. Nutzung von Fotografien oder Newsfeeds, Lizenz zum Weiterverkauf digitaler Produkte). Die Finanzverwaltung hat die beschränkte Steuerpflicht und den Steuer-abzug bei Vergütungen für die Inbound-Nutzungsüberlassung von Software ausführlich geregelt. Grundsätzlich unterliegen nur Vergütungen für die Einräumung eines umfassenden Nutzungsrechts zur wirtschaftlichen Weiterverwertung einer Software dem Steuerabzug gem. §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f, 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, wohingegen Kauf und Miete durch Endanwender ausgenommen sind. Hinweis: Da der inländische Leistungsempfänger für den Steuerabzug haftet (§ 50a Abs. 5 Satz 4 EStG), sollte man in Zweifelsfällen die Vorlage einer Freistellungsbescheinigung verlangen oder den Steuerabzug vornehmen. Der ausländische Vertragspartner hat dann ggf. Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen Steuer. Der Abruf ausländischer Datenbanken bzw. die Nutzung vorsortierter Datenbestände eines ausländischen Anbieters lösen grundsätzlich keine Steuerabzugsverpflichtung aus. Denn unter §§ 49 Abs. 1 Nr. 9, 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG fällt nur die Überlassung von Erfahrungswissen (Know-how), nicht aber die Überlassung bloßer Fakten und Daten. Problematisch ist dagegen die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an einer Datenbank, die eine Verpflichtung zum Steuerabzug auslösen kann. Betriebsprüfer greifen in letzter Zeit auch Vergütungen für Onlinewerbung auf, die inländische Unternehmen an die auslän-dischen Betreiber von Internet-Suchmaschinen und Social-Media-Websites zahlen (z. B. Zahlungen an Gesellschaften des Google- bzw. Facebook-Konzerns, die in Irland ansässig sind). Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung soll es sich um eine Überlassung von Werberechten bzw. Know-how handeln, die unter §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f bzw. Nr. 9, 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG fällt (Hruschka, DStR 2019, 88). Diese Auffassung überzeugt nicht, weil Onlinewerbung zivilrechtlich als Werkvertrag gem. § 631 BGB (Bannerwerbung) oder — bei erfolgsabhängiger Vergütung — als Maklervertrag (Dienstleistung) einzuordnen ist. Jedoch gilt auch hier, dass der inländische Schuldner in Zweifelsfällen vorsorglich eine Freistellungsbescheinigung verlangen oder aber den Steuerabzug vornehmen sollte.
8 2.3 Internationale Steuergestaltung Die hohe Mobilität technischer Funktionen und Presseberichte über Internetkonzerne, die nirgendwo Steuern zahlen, bilden einen starken Anreiz zur grenzüberschreitenden Steuergestaltung. Die bloße Verlagerung von Onlinegeschäften auf einen ausländischen Server in einem Niedrigsteuerland eignet sich aber nicht zur Verringerung der inländischen Steuerlast. In den meisten Fällen greift schon keine DBA- Betriebsstättenfreistellung, weil kein DBA besteht oder eine Aktivitätsklausel die Freistellung ausschließt. Einer ausländischen Serverbetriebsstätte können im Rahmen der Gewinnabgrenzung auch keine Gewinne zugerechnet werden, weil es an den erforderlichen Personalfunktionen fehlt (§ 1 Abs. 5 Satz 3 AStG). Die Zwischenschaltung einer ausländischen Kapitalgesellschaft, deren Geschäfte faktisch vom Inland aus geführt werden, ist schon wegen der inländischen Körperschaftsteuerpflicht zwecklos (§§ 10 AO, 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Eher zur Steuergestaltung geeignet ist die Gründung einer Tochtergesellschaft innerhalb der EU, die über eigenes Personal verfügt und idealerweise die Voraussetzungen eines der nexus-konformen Vorzugsregimes erfüllt, die von etlichen EU-Mitgliedstaaten angeboten werden. Die Dividenden sind dann zu 95 % steuerfrei (§ 8b Abs. 1 KStG) bzw. unterliegen dem TEV gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG. Die Hinzurechnungsbesteuerung ist bei Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der EU-Tochtergesellschaft ausgeschlossen (§ 8 Abs. 2 AStG; BFH, Urt. v. 13.06.2018, DStR 2018, 2251). Allerdings führt die Übertragung bestehender Unternehmensfunktionen bzw. von Wirtschaftsgütern zur Besteuerung der stillen Reserven (Funktionsverlagerung gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG bzw. verdeckte Einlage). Hinweis: Neue Produkte bzw. neue Geschäftsmodelle sollten von Beginn an der begünstigten EU-Tochtergesellschaft zugeordnet werden, was allerdings eigene Entwicklungskapazitäten voraussetzt. Alternativ kommt auch die gemeinsame Entwicklung durch Mutter- und Tochtergesellschaft in Betracht, wodurch immerhin die Steuerlast auf die Auslandsgewinne verringert werden kann. Der konkrete Gestaltungsansatz muss allerdings die neuen Vorgaben des BEPS-Projekts der G20/OECD beachten, die sich insb. auf die Verrechnungspreisgestaltung mit immateriellem WG und die Nutzung von staatlichen Vorzugsregimen auswirken. Die in der Praxis anzutreffenden Gestaltungen mit ausländischen „Abrechnungsgesellschaften“ bzw. internationale „Remittance-Modelle“ sind unzulässig und dienen der Steuerverkürzung. Exemplarisch zu nennen ist hier der Fall des selbstständig tätigen IT-Ingenieurs, der einen Teil seiner Honorare über ein ausländisches Konto vereinnahmt hatte. Zulässig ist aber der Wegzug in ein Niedrigsteuerland unter Aufgabe des inländischen Wohnsitzes. Ungebundene, selbstständig tätige Programmierer und IT-Spezialisten können sich durch Wegzug dem Zugriff des deutschen Fiskus entziehen. Zwar ist der Wegzug mit einer steuerpflichtigen Betriebsaufgabe verbunden (§ 16 EStG).
9 Die danach tatsächlich durch eine Betriebsstätte im Ausland erzielten gewerblichen oder freiberuflichen Einkünfte unterliegen nicht der erweiterten beschränkten Steuerpflicht gem. § 2 AStG. Inländische Einkünfte liegen nur ausnahmsweise vor, wenn das Ergebnis selbstständiger Arbeit im Inland verwertet wird (z. B. durch Überlassung eines Arbeitsergebnisses, § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG). 2.4 Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von -Lizenzaufwendungen E-Commerce-Unternehmen beziehen oft Leistungen, die der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen. Ist das -E-Commerce-Start-up Lizenznehmer eines anderen Unternehmens (z. B. Franchise-Geschäftsmodelle mit Markennutzung) oder hat es sonstige Aufwendungen für die zeitlich begrenzte Nutzung von Rechten (z. B. Softwaremiete), greift die Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG (Anwendungserlass zu § 8 GewStG v. 02.07.2012, Rn. 33). Aufwendungen für empfangene Cloud-Computing-Leistungen (z. B. SaaS) fallen nicht unter die Hinzurechnung, wenn es sich um eine Dienstleistung handelt (Schöneborn, NWB 2014, 3496, 3500). Gleiches gilt für Aufwendungen für Plattform-Dienstleistungen, sofern die gleichzeitige Softwareüberlassung nur eine Nebenleistung darstellt. Gemischte Verträge sind aufzuteilen. Dem Gewerbeertrag werden 6,25 % der Aufwendungen hinzugerechnet, soweit der für alle Aufwendungen i. S. d. § 8 Nr. 1 GewStG geltende Freibetrag von 100.000,00 € überschritten ist. 2.5 Mitarbeiterbeteiligung und Aktienoptionen Mitarbeiterbeteiligungen und Aktienoptionen sind im E-Commerce weit verbreitet, weil sie die Liquidität schonen und zugleich eine starke Anreizwirkung haben. Die Zuwendung einer Beteiligung ist als Sachlohn im Zeitpunkt des Zuflusses (lohn- )steuerpflichtig (§ 38 Abs. 2 EStG); ggf. gilt ein geringer Freibetrag (§ 3 Nr. 39 EStG). Spätere Einkünfte aus der Beteiligung (Dividenden, Veräußerungsgewinne) sind i. d. R. nicht mehr durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und unterliegen der günstigeren Abgeltungsteuer bzw. dem TEV (qualifizierte Beteiligungen). Bei Gewährung von „restricted shares“ der US-Muttergesellschaft, die nach amerikanischem Recht vinkuliert sind, kann im Einzelfall noch kein Zufluss vorliegen. Die Einräumung von Aktienoptionen führt dagegen mangels Zufluss nicht zu Arbeitslohn, selbst wenn die Optionen sofort ausübbar und übertragbar sind. Der BFH hat allerdings offengelassen, ob ein Lohnzufluss vorliegen könnte, wenn ein Dritter als Stillhalter verpflichtet ist. Für typische Arbeitnehmeraktienoptionen gilt daher die sog. Endbesteuerung, d. h. erst die Ausübung der Aktienoption, die mit der Übertragung von Aktien oder einem Barausgleich verbunden ist, löst den Zufluss von Arbeitslohn aus. Der Ausübungspreis, den der Arbeitnehmer für den Erwerb der Aktien aufwenden muss, führt zu Anschaffungskosten. Spätere Einkünfte aus den Aktien sind nicht mehr durch das Arbeitsverhältnis veranlasst.
10 Hinweis: Die auf den Sachlohn einzubehaltende Lohnsteuer kann den Barlohn aufzehren oder sogar eine Nachzahlungspflicht des Arbeitnehmers auslösen. Fällt dann auch noch der Wert der Aktien, ist der Arbeitnehmer mit der Tilgung der Steuerforderung wirtschaftlich überfordert. Die Einrichtung eines Mitarbeiterbeteiligungs- bzw. Aktienoptionsprogramms kann schwierige lohnsteuerliche Fragen aufwerfen, die das E-Commerce-Start-up vorab durch eine gebührenfreie Lohnsteueranrufungsauskunft klären lassen sollte (§ 42e EStG). Die Wohnsitzfinanzämter der Mitarbeiter sind allerdings im Veranlagungsverfahren nicht an die Auskunft gebunden. Hinweis: Besondere Gestaltungsmöglichkeiten bieten Aktienoptionsprogramme, die nur die Übertragung der Aktienoptionen auf eine vom Arbeitnehmer beherrschte GmbH zulassen. Hier kommt es bereits bei Veräußerung an die „eigene“ GmbH zum Lohnzufluss („anderweitige Verwertung der Option“), sodass spätere Wertsteigerungen im Vermögen der GmbH -realisiert werden und nicht der Lohnsteuer unterliegen. Dadurch lässt sich u. U. eine Anfangsbesteuerung erreichen. 3. Umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce 3.1 Vorbemerkung Die Umsatzsteuer ist meist die „erste Front“, an der ein Start-up steuerlichen Beratungsbedarf hat. Denn entgeltliche Leistungen sind grundsätzlich steuerpflichtig, auch wenn das -E-Commerce-Unternehmen in der Anfangsphase „Geld verbrennt“. Zudem muss die Umsatzsteuer i. d. R. monatlich angemeldet und abgeführt werden (§ 18 Abs. 2 Satz 4 UStG), sodass die Steuerbarkeit einer Leistung sofortiger Klärung bedarf. Besondere Beachtung verdienen auch die formalen Anforderungen der Umsatzsteuer, deren Verletzung zu erheblichen Steuernachforderungen führen kann. Hinweis: Viele E-Commerce-Geschäftsmodelle generieren eine extrem hohe Anzahl automatisierter Geschäftsvorfälle. Ein zunächst unentdeckter Fehler bei der umsatzsteuerlichen Behandlung der Transaktionen verursacht immer großen Berichtigungsbedarf. 3.2 Unternehmerische Tätigkeit Wer nur gelegentlich private Gebrauchsgegenstände über das Internet verkauft, ist mangels Nachhaltigkeit nicht unternehmerisch tätig(§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG). Dagegen könnte bereits die nachhaltige Erbringung „kostenloser“ Leistungen an Verbraucher der Umsatzsteuer unterliegen, wenn das Unternehmen als Gegenleistung wertvolle Nutzerdaten erhält („Bezahlen mit persönlichen Daten“, Melan/Wecke, DStR 2015, 2267ff.; a. A. Looks/Bergau, MwStR 2016, 864 ff.). Steuerbar ist in jedem Fall die spätere Verwertung der Nutzerdaten z. B. durch Erbringung von entgeltlichen Werbeleistungen an andere Unternehmer.
11 Hinweis: Start-ups vereinbaren oft „unentgeltliche“ Tauschgeschäfte mit anderen Unternehmen, die unbemerkt eine Steuerpflicht auslösen. Ein typisches Beispiel ist die wechselseitige Verlinkung von Internetangeboten, um den Traffic zu steigern. Da die Verlinkung nach Auffassung der Finanzverwaltung eine aktive Werbeleistung darstellt (Abschn. 1.1 Abs. 23 S. 2 UStAE), liegt für beide Parteien ein tauschähnlicher Umsatz vor (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG). Die eigene Leistung (Linksetzung) ist steuerbar, und der Vorsteuerabzug aus der Gegenleistung (reziproke Verlinkung) erfordert eine Rechnung des Vertragspartners (die in der Praxis erst nachträglich beschafft werden kann und nicht in den BP-Zeitraum zurückwirkt). Bei der verdeckten Weiterleitung von Nutzern auf entgeltliche Internetangebote Dritter ist außerdem die „Ladenrechtsprechung“ des BFH zu beachten. Danach gilt derjenige Unternehmer als umsatzsteuerlich Leistender, der dem Kunden gegenüber als Betreiber der Internetseite auftritt (Urt. v. 15.05.2012, BStBl. II 2013, 49). Beim Crowdfunding liegt eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung vor, wenn die Geldgeber im Erfolgsfall das neue Produkt erhalten (Hammerl/Dobner, NWB 2015, 3542ff.). Die Monetarisierung von Webvideos z. B. mittels eines eigenen YouTube-Channels unterliegt ebenfalls der Umsatzsteuer (Brunckhorst/Sterzinger, DStR 2018, 1743). Hinweis: Bei Start-ups, die nur geringe Umsätze und niedrige Eingangsrechnungen haben, kommt die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung in Betracht (§ 19 UStG). Dies gilt insb. für nebenberuflich tätige App-Programmierer. 3.3 Bestimmung des Leistungsorts bei Online- und Offlinegeschäften Der (deutschen) Umsatzsteuer unterliegen nur Lieferungen und Leistungen, die im Inland ausgeführt werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Bei E-Commerce-Geschäften mit Auslandsberührung ist daher immer zu prüfen, ob der Leistungsort überhaupt im Inland liegt. Dabei ist zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen zu unterscheiden. 3.3.1 Lieferungen, insb. Versandhandel mit physischen Waren Unter „Lieferung“ versteht man die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand (§ 3 Abs. 1 UStG). Darunter fällt insb. der Versandhandel mit physischen Waren im B2C- und B2B-Geschäft, auch wenn der Kaufvertrag über das Internet abgeschlossen wird (Offlinegeschäft). Nach § 3 Abs. 6 bis 8 UStG ist grundsätzlich der Ort maßgeblich, an dem die Versendung beginnt (= Übergabe des Pakets an das Logistikunternehmen = Inland). Davon abweichend liegt der Leistungsort im Bestimmungsland, wenn der Abnehmer ein in der EU ansässiger Verbraucher ist (B2C- Geschäft) und der inländische Unternehmer die Versandhandelslieferschwelle des jeweiligen EU-Mitgliedsstaats überschritten hat oder auf die Anwendung der Lieferschwelle verzichtet (§ 3c UStG; Abschn. 3c.1 UStAE). Der Umsatz ist dann im Bestimmungsland zu versteuern, wo der inländische Unternehmer eine Umsatzsteuererklärung abgeben muss (zu den Einzelheiten s. Hammerl/Fietz NWB 2014, 1564).
12 Versandlieferungen an Drittlands-Verbraucher sind im Inland steuerbar, werden aber unter bestimmten Voraussetzungen als Ausfuhrlieferung von der Steuer befreit (§§ 4 Abs. 1 Nr. 1, 6 UStG). Ist der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer (B2B-Geschäft), liegt der Leistungsort der Versandlieferung im Inland (§ 3 Abs. 6 UStG), weshalb die Lieferung steuerbar ist. Diese Exportgeschäfte sind aber unter bestimmten Voraussetzungen als innergemeinschaftliche Lieferung bzw. Ausfuhrlieferung steuerfrei (§§ 4 Nr. 1, 6, 6a UStG). Der Vorsteuerabzug bleibt trotz der Steuerbefreiung erhalten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG). Hinweis: Die Aufnahme eines grenzüberschreitenden Onlineversandhandelsgeschäfts erfordert umfangreiche Vorbereitungsmaßnahmen. U. a. muss sichergestellt werden, dass die Webshop-Software die erforderlichen Kundendaten zu Unternehmereigenschaft und Ansässigkeit des Abnehmers erfasst. Die Steuerbefreiung gem. §§ 6, 6a UStG erfordert außerdem besondere Nachweise (§§ 8, 10, 17a und 17c UStDV). 3.3.2 Sonstige Leistungen Online- und Offlinegeschäfte, die keine Lieferung zum Gegenstand haben, werden ausnahmslos als sonstige Leistung eingeordnet (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG). Dies gilt auch für den Download digitaler Waren wie z. B. E-Books und Standardsoftware, obwohl der Verkauf der physischen Pendants (Buch, Datenträger) unter den Tatbestand der Lieferung fällt. Für das B2B-Geschäft mit sonstigen Leistungen gilt grundsätzlich das Empfängerortprinzip (§ 3a Abs. 2 UStG). Danach ist die Leistungserbringung an einen ausländischen Unternehmer nicht im Inland steuerbar, sofern nicht eine der Sonderregelungen für bestimmte, offline erbrachte Dienstleistungen greift (z. B. Online-Verkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen i. S. v. § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG). Ist der ausländische Leistungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedsstaat niedergelassen, kommt dort das Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung (Art. 44, 196 MwStSyst-RL). In diesem Fall schuldet der Leistungsempfänger die (ausländische) Steuer, und die Rechnungsstellung muss ohne Ausweis der Mehrwertsteuer unter ausdrücklichem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft erfolgen (§ 14a Abs. 1 UStG). Der Nachweis der Unternehmereigenschaft des ausländischen Leistungsempfängers wird durch Überprüfung der durch den anderen EU- Mitgliedsstaat vergebenen USt-IdNr. erbracht (Abschn. 3a.2 Abs. 9 UStAE). Ist der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet niedergelassen, greift ebenfalls das Empfängerortprinzip gem. § 3a Abs. 2 UStG, sofern die Unternehmereigenschaft nachgewiesen und keine Sonderregelung für Offline-Dienstleistungen anwendbar ist. Es ist dann aber in jedem Fall zu prüfen, ob das inländische Start-up umsatzsteuerliche Pflichten im Ausland hat. Hinweis: Nach Auffassung der Finanzverwaltung fallen sonstige Leistungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dem privaten Gebrauch dienen, nicht unter § 3a Abs. 2 UStG, wenn sie an einen Unternehmer erbracht werden (Abschn. 3a.2 Abs. 11a UStAE). Dies ist beim Onlinevertrieb von Unterhaltungsprodukten (Musik, Filme, E-Books, Computerspiele) zu beachten.
13 Ist der Leistungsempfänger des Downloads im Drittlandsgebiet niedergelassen, verlagert sich der Leistungsort auch im B2C-Geschäft in das Drittlandsgebiet (§ 3a Abs. 5 UStG). Der leistende Unternehmer kann daher den Umsatz als nicht steuerbar behandeln; der Nachweis der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers ist entbehrlich. Die Besonderheiten der Leistungserbringung an Betriebsstätten im B2B-Bereich werden in Abschn. 3a.2 Abs. 4 bis 6 UStAE ausführlich erläutert (u. a. Zuordnung von Internetwerbung). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte („feste Niederlassung“) gem. Art. 11 MwStVO nicht nur eine feste Geschäftseinrichtung, sondern auch Personal erfordert (Abschn. 3a.2 Abs. 4 UStAE). Daher ist die ertragsteuerliche „Serverbetriebsstätte“, die ohne Personal auskommt, keine Empfangsbetriebsstätte i. S. d. § 3a Abs. 2 Satz 2 UStG (a. A. möglicherweise FG Münster, Urt. v. 05.09.2013, EFG 2013, 1890 [vollautomatische Windräder als „Zweigniederlassung“]). Der Leistungsort im B2C-Geschäft richtet sich nach der Art der sonstigen Leistung und dem Wohnsitz des Verbrauchers (vgl. dazu DWS-Merkblatt Nr. 1701). Nach der Grundregel werden sonstige Leistungen an Verbraucher am Ort des leistenden Unternehmers erbracht (Unternehmensortprinzip gem. § 3a Abs. 1 UStG). Handelt es sich aber um eine elektronisch erbrachte Dienstleistung (eeD) gegenüber einem Verbraucher mit Wohnsitz im Inland, im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im Drittlandsgebiet, liegt der Leistungsort grundsätzlich am Wohnsitz des Verbrauchers (Bestimmungslandprinzip gem. § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG). Die Besteuerung von eeD im Land des Verbrauchs entspricht dem Wesen der USt als Steuer auf den privaten Konsum und dient der Wettbewerbsneutralität, weil in- und ausländische Anbieter gleichermaßen der USt des Bestimmungslands unterliegen. Aus Sicht der inländischen Anbieter ergeben sich aber auch Nachteile. Denn erstens entsteht ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand (Berechnung der jeweiligen USt-Schuld für bis zu 27 EU- Mitgliedstaaten), zweitens muss der in den meisten Fällen höhere Steuersatz des Bestimmungslands angewendet werden, was eine Überprüfung der Preispolitik erfordert. Übersteigt der Gesamtumsatz mit eeD in anderen EU-Mitgliedstaaten nicht den Schwellenwert von 10.000 € pro Jahr, kommt für Umsätze ab dem 01.01.2019 im Rahmen einer Bagatellausnahme das Ursprungslandprinzip gem. § 3a Abs. 1 UStG zur Anwendung (§ 3a Abs. 5 Satz 3 UStG). Liegt der Leistungsort in einem Drittland, muss sich der inländische Anbieter wie bisher schon über das dortige Umsatzsteuerrecht informieren. Eine eeD an Verbraucher liegt vor, wenn eine sonstige Leistung im Wesentlichen automatisiert über ein Netzwerk (z. B. Internet) erbracht wird (Art. 7 und Anhang I MwStVO). Dazu gehören insb. Onlinevertrieb von digitalen Produkten (Software, Musik- und -Filmdateien, E-Books), Webhosting, Cloud Computing, Bereitstellung einer Versteigerungsplattform, Bereitstellung von Datenbanken und Suchmaschinen, Streaming von Multimediadateien, Online-Spiele (vgl. Abschn. 3a.12 UStAE).
14 Keine eeD sind dagegen der Versandhandel mit physischen Waren einschl. der Lieferung von Software auf Datenträgern, sowie solche sonstigen Leistungen, die zwar über das Internet erbracht werden, aber die Mitwirkung eines Menschen erfordern (z. B. Video-Fernunterricht, Beratungsleistungen per E-Mail). Im Einzelfall können sich Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben, wenn die eeD zugleich eine Vermittlungsleistung an Verbraucher darstellt (§ 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG) oder aber eine geringe menschliche Mitwirkung vorliegt. Der BFH hat bezüglich einer Onlinepartnervermittlung entschieden, dass vorbereitende manuelle Eingriffe des Anbieters wie z. B. die Überprüfung von Mitgliederprofilen nicht entscheidend sind. Ausschlaggebend für die Einordnung als eeD ist die tatsächliche Ausführung der Leistung über das Internet; mögliche alternative Leistungswege sind unbeachtlich (Urt. v. 01.06.2016, BStBl. II 2016, 905). Telekommunikations- sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, die sich zunehmend des Internets als Übertragungsmedium bedienen (z. B. VoIP, IP-TV), bilden weiterhin eine eigene Leistungskategorie und werden hier nicht näher besprochen. Der Verkauf einer Domain ist ebenfalls eine sonstige Leistung (FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 24.01.2011, EFG 2012, 880). Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG (B2B-Verkauf) bzw. § 3a Abs. 1 oder Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 UStG (B2C-Verkauf an Verbraucher in der EU oder im Drittlandsgebiet). 3.4 Einschaltung Dritter in die Erbringung elektronischer Dienstleistungen an Verbraucher Elektronisch erbrachte Dienstleistungen werden oft über Online-Vertriebsplattformen Dritter vermarktet (z. B. App Store, Google Play, iTunes). Hier gilt für die Bestimmung des Leistungsorts im B2C-Geschäft Folgendes: Vertreibt der Dritte die Leistung eines inländischen Inhaltsanbieters in dessen Namen (offene Stellvertretung), erbringt der Inhaltsanbieter die eeD direkt an den Verbraucher. Der Leistungsort liegt am Wohnsitz des Verbrauchers. Der Leistungsort der Vertretungsleistung des Dritten an den inländischen Inhaltsanbieter liegt im Inland (B2B-Leistung, § 3a Abs. 2 UStG). Ist der Dritte im Ausland ansässig (z. B. Luxemburg), geht die Steuerschuld auf den inländischen Inhaltsanbieter über (§ 13b Abs. 1 u. Abs. 5 Satz 1 UStG). Tritt der Dritte nur als Vermittler auf, der den Vertragsabschluss zwischen dem Inhaltsanbieter und dem Verbraucher vorbereitet, gilt bzgl. der Leistungsorte dasselbe wie bei der offenen Stellvertretung. Handelt der Dritte dagegen im eigenen Namen, aber für Rechnung des Inhaltsanbieters, liegt eine Leistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG). Es entsteht eine fiktive Leistungskette, d. h. der inländische Inhaltsanbieter erbringt eine eeD an den Dritten (Leistungsort gem. § 3a Abs. 2 UStG), der wiederum eine eeD an den Verbraucher erbringt (Leistungsort gem. § 3a Abs. 5 UStG).
15 In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Inhaltsanbieter bei einer über mehrere Stufen vermittelten eeD oftmals gar nicht wissen, ob die eeD in ihrem Namen verkauft wird und welche umsatzsteuerlichen Merkmale der Kunde hat (Unternehmer oder Verbraucher, Ansässigkeitsstaat). Noch unübersichtlicher wird die Lage, wenn neben Aggregatoren und Portalbetreibern auch noch Zahlungsdienstleister in die Abwicklung der Transaktion eingeschaltet werden und dabei ebenfalls gegenüber dem Endkunden auftreten (z. B. Bezahlung einer eeD per Telefonrechnung oder PayPal). § 3 Abs. 11a Satz 1 UStG enthält daher eine Vermutung, dass jeder Unternehmer, der in die Erbringung einer eeD über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal eingeschaltet wird, die Leistung im eigenen Namen für fremde Rechnung erbringt. Aufgrund dieser Fiktion einer Leistungskommission i. S. d. § 3 Abs. 11 UStG auf allen Vermittlungsstufen ist sichergestellt, dass derjenige Unternehmer, der als letzter gegenüber dem Verbraucher auftritt, die eeD erbringt, weil üblicherweise nur dieser Portalbetreiber den Kunden für umsatzsteuerliche Zwecke identifizieren kann (z. B. aufgrund der Registrierung als Nutzer des App Store). Auf den vorgeschalteten Stufen handelt es sich um sonstige Leistungen zwischen Unternehmern, die unter § 3a Abs. 2 UStG fallen. Ausgenommen von der gesetzlichen Vermutung sind allerdings die reinen Zahlungsdienstleister (§ 3a Abs. 11a Satz 5 UStG), die daher nie eine eeD an den Endkunden, sondern immer nur eine sonstige Leistung an den Anbieter der eeD erbringen. Die übrigen Beteiligten der Leistungskette (Vermittler, Aggregatoren, Portalbetreiber) können die gesetzliche Vermutung einer Leistungskommission unter bestimmen Voraussetzungen widerlegen. Grundsätzlich ist es auch einem Portalbetreiber weiterhin möglich, in offener Stellvertretung für den Inhaltsbieter zu handeln. Hinweis: Sowohl Inhaltsanbieter als auch Portalbetreiber müssen sich vorab genau darüber abstimmen, wie der Außenauftritt gestaltet wird und ob die gesetzliche Vermutung einer Leistungskommission widerlegt werden soll bzw. kann. Die großen Portalbetreiber diktieren den selbstständigen App-Programmierern allerdings die Bedingungen, wobei sie die Apps i. d. R. im eigenen Namen für fremde Rechnung verkaufen und auch die Abrechnung vornehmen (= Leistungskommission). 3.5 Ermäßigter Steuersatz und Steuerbefreiungen Für den E-Commerce bestehen keine speziellen Ermäßigungs- oder Befreiungstatbestände, sodass Lieferungen und eeD grundsätzlich dem Regelsteuersatz unterliegen (§ 12 Abs. 1 UStG; Art. 98 Abs. 2 MwStSyst-RL). Gleiches gilt für den Onlinevertrieb von Standardsoftware und das Streaming von Multimediadateien, weil der maßgebliche Leistungsinhalt üblicherweise nicht in der Einräumung von Rechten nach dem UrhG besteht (FG Baden-Württemberg, Urt. 20.07.2009, EFG 2009, 1879 [Internet-Musikplattform]). Umstritten war die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf urheberrechtliche Lizenzen im Zusammenhang mit dem Online-Zugriff auf Bibliotheksinhalte.
16 Nach Ansicht des BFH liegt nicht nur im Verhältnis zwischen Bibliothek und Nutzer eine eeD vor, sondern auch im Verhältnis zwischen Rechteinhaber und Bibliothek. Dies hat zur Folge, dass beide Leistungen dem Regelsteuersatz unterliegen (Urt. v. 03.12.2015, BStBl. II 2016, 858). Zu den sog. Kombiprodukten vgl. BMF-Schreiben 02.06.2014, UR 2014, 585. Die damit verbundene Ungleichbehandlung von Büchern und E-Books dürfte in Deutschland aber nicht mehr lange Bestand haben, weil die EU-Mitgliedstaaten aufgrund einer Änderung der MwStSyst-RL vom 04.12.2018 nunmehr berechtigt sind, einen ermäßigten Steuersatz für elektronische Publikationen einzuführen. Große praktische Bedeutung haben die bereits erwähnten Steuerbefreiungen für den grenzüberschreitenden Onlineversandhandel (§§ 4 Nr. 1, 6, 6a UStG) und die Steuerbefreiung für die Vermittlung von Finanzumsätzen (§ 4 Nr. 8 UStG). 3.6 Rechnungsstellung und Vorsteuerabzug Bei Onlinegeschäften erfolgt die Abrechnung -üblicherweise im Wege der elektronischen Rechnung, von der aber auch im Onlineversandhandel Gebrauch gemacht wird (sofern der Warensendung keine Papierrechnung beigefügt wird). Unter „elektronischer Rechnung“ versteht man eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird (§ 14 Abs. 1 Satz 8 UStG). Darunter fallen nicht nur das EDI-Verfahren und elektronisch signierte Dokumente (§ 14 Abs. 3 UStG), sondern auch einfache Übermittlungsformen, wie z. B. E-Mail und PDF-Dateien. Vgl. zu den Einzelheiten Abschn. 14.4 Abs. 2 UStAE und DWS-Merkblatt Nr. 1645 „Elektronische Rechnungsstellung“. Die elektronische Abrechnung stellt im Vergleich zur Papierrechnung eine ganz erhebliche Erleichterung dar, weil die jeweilige Transaktion komplett „papierlos“ abge-wickelt werden kann. Hinweis: Die elektronische Übermittlung der Rechnung bedarf der Zustimmung des Empfängers (§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG). In der Praxis wird die Zustimmung anlässlich des Online- Vertragsabschlusses eingeholt (Bestätigung der AGB, die eine entsprechende Klausel beinhalten). Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, berechtigt ihn die elektronische Rechnung zum Vorsteuerabzug. Er muss allerdings geeignete Vorkehrungen treffen, um die Echtheit, Unversehrtheit und Lesbarkeit der elektronischen Eingangsrechnung zu gewährleisten (§ 14 Abs. 1 Satz 4 bis 6 UStG) („verlässlicher Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung“; Abschn. 14.4 UStAE). Der Vorsteuerabzug erfordert nicht, dass der leistende Unternehmer seine Tätigkeit tatsächlich an der in der Rechnung angegebenen Adresse ausübt; er muss dort lediglich erreichbar sein. Hinweis: Beim Verkauf von Waren über eine Onlinehandelsplattform mindert die an den Plattformbetreiber entrichtete Vermittlungsprovision nicht den steuerpflichtigen Umsatz des Händlers, sondern muss separat als Betriebsausgabe mit Vorsteuerabzug gebucht werden. Kleinunternehmer dagegen haben keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug. Ungeachtet dessen schulden sie inländische Umsatzsteuer, wenn sie eeD von einem ausländischen Anbieter beziehen (§ 19 Abs. 1 Satz 3 UStG).
17 3.7 Kleine einzige Anlaufstelle („MOSS“) Erbringt ein inländischer Unternehmer eeD an Verbraucher im übrigen Gemeinschaftsgebiet, liegt der Leistungsort grundsätzlich am Wohnsitz des jeweiligen Verbrauchers (§ 3a Abs. 5 Satz 1 UStG). Dies löst — mit Ausnahme der Bagatellregelung in § 3a Abs. 5 Satz 3 UStG — eine umsatzsteuerliche Registrierungspflicht im Bestimmungsland aus, was im Fall der Erbringung von eeD an Verbraucher in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten sehr aufwendig sein kann. Aus Vereinfachungsgründen darf der inländische Unternehmer stattdessen eine Steuererklärung für jeden betroffenen EU-Mitgliedsstaat beim Bundeszentralamt für Steuern abgeben (§ 18h Abs. 1 UStG), das zu diesem Zweck ein besonderes Onlineportal errichtet hat („Kleine einzige AnlaufsteIle“ bzw. „Mini-One-Stop-Shop — MOSS“), sofern er nicht bereits über eine feste Niederlassung in dem EU-Mitgliedsstaat verfügt. Vorsteuerbeträge können in der Steuererklärung nicht geltend gemacht werden, insoweit bleibt es beim Vorsteuervergütungsverfahren im jeweiligen EU-Mitgliedstaat. Hinweis: In der Praxis bereitet es oft Probleme, den Herkunftsstaat des Leistungsempfängers zu bestimmen. Dies gilt insb. dann, wenn der Verbraucher einen WLAN-Hotspot nutzt, eeD während einer Reise empfängt oder aber bei der Kundenregistrierung widersprüchliche Angaben gemacht hat. Die MwStVO enthält dazu verschiedene Vermutungen und Regelungen, die als unmittelbar geltendes Recht zu beachten sind (Art. 24a, 24b, 24d und 24f MwStVO; Einzelheiten in Abschn. 3a.9a Abs. 3—6 UStAE). Jeder inländische Anbieter sollte sich an diese Regeln halten, da es anderenfalls zu einer Doppelbesteuerung kommen kann. 3.8 Betriebsprüfung und Steuerfahndung Der E-Commerce steht unter besonderer Beobachtung seitens der Finanzverwaltung. Die Finanzbehörden sind befugt, den E-Commerce laufend zu beobachten (§ 5 Abs. 1 Nr. 17 FVG) und setzen dafür eine spezielle Software ein, die systematisch Online- Angebote durchsucht (Xpider-System des Bundeszentralamts für Steuern). Zudem verfügt die Betriebsprüfung über spezielles Know-how für die Prüfung von Onlinehändlern (Müller/Müller, StBp 2010, 157 ff. und 191 ff). Betreibt das Start-up eine Onlinehandelsplattform für andere gewerbliche Anbieter, kann es auch durch ein Sammelauskunftsersuchen dazu verpflichtet werden, die Umsatzdaten dieser Anbieter an die Finanzverwaltung herauszugeben. Die frühere Befürchtung, das Internet schaffe einen „rechtsfreien Raum“, hat sich zumindest im Hinblick auf die inländischen Anbieter nicht bewahrheitet.
18 3.9 Reformvorhaben der EU-Kommission Die EU-Kommission hat mehrere Maßnahmen vorgestellt, die eine Verbesserung der mehrwertsteuerlichen Rahmenbedingungen des E-Commerce in der EU bewirken sollen (s. dazu -Erdbrügger, DStR 2018, 593). Die Umsetzung des Reformvor-habens soll in den Jahren 2019—2021 erfolgen. 4. Checkliste wichtiger Beratungsthemen Neben den allgemeinen steuerlichen Fragen, die sich im Gründungsfall ergeben, sind im E-Commerce insb. folgende Beratungsthemen von Bedeutung: Dr. Reimar Pinkernell LL.M., RA/StB/Fachberater für Internationales Steuerrecht, Bonn
19 So erreichen Sie uns Scheffelstraße 6 79650 Schopfheim Deutschland Ansprechpartner: Herr Michael Fecht Telefon: +49 7622 68 78 0 E-Mail: info@fecht-partner.de ©DWS-Verlag · Verlag des wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater GmbHUrheberrecht Diese Broschüre einschließlich aller ihrer Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Autoren unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen und die Verarbeitung in elektronischen Systemen. Wir freuen uns jedoch, wenn Sie diese Broschüre an Interessierte weiterempfehlen und unsere Anschrift weitergeben Haftungsausschluss Wir haben diese Informationsschrift mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Wir übernehmen jedoch keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte. Die Nutzung erfolgt daher auf eigene Gefahr. Sprechen Sie uns an, wenn Sie Ergänzungen, Hinweise oder Änderungsvorschläge haben. Die Komplexität der hier dargestellten Materie kann nur zu einer äußerst komprimierten Zusammenfassung führen. Eine Beratung im Einzelfall kann dadurch nicht ersetzt werden. Stand: 02/2019
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