Ertrag- und umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce - Was müssen Start-ups beachten?

 
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Ertrag- und umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce - Was müssen Start-ups beachten?
Ertrag- und umsatzsteuerliche
                Besonderheiten des E-Commerce -
                 Was müssen Start-ups beachten?

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ertragsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce

3. Umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce

4. Checkliste wichtiger Beratungsthemen
Ertrag- und umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce - Was müssen Start-ups beachten?
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1.    Einleitung

Der E-Commerce bringt ständig neue Geschäftsmodelle hervor, bei denen die
vertragstypische Leistung über das Internet erbracht wird. Zu diesen neuartigen
Onlinegeschäften gehören z. B. Onlinewerbung (Banner- und Suchmaschinenwerbung),
Verkauf und Streaming von Multimediadateien, Verkauf von E-Books, Softwarevertrieb
per Download bzw. App Store, Auslagerung von IT-Funktionen auf spezialisierte
Dienstleister (s. dazu DWS-Merkblatt Nr. 1755 „Cloud Computing“), Webhosting,
Webmail, Online-Informationsangebote und Datenbanken. Die Angebote richten sich
sowohl an Verbraucher als auch an Unternehmenskunden (B2C- und B2B-Geschäft).
Insb. im Bereich der Onlinewerbung haben sich auch dreiseitige Geschäftsmodelle
etabliert. Hier erbringt der Anbieter kostenlose Leistungen an Verbraucher, um die
gesammelten Nutzerdaten dann im Rahmen entgeltlicher Werbeleistungen für
Unternehmenskunden zu verwerten (z. B. Social Media, Suchmaschinen). Der E-
Commerce erfasst aber auch Offlinegeschäfte, bei denen eine physische Ware oder
Dienstleistung über das Internet vertrieben wird (z. B. Onlineversandhandel,
Onlinebuchung einer Reise). Da zudem fast alle traditionellen Geschäftsmodelle
elektronisch vernetzte Geschäftsprozesse verwenden, die z. T. auf Dritte ausgelagert
werden (Outsourcing), hat die digitale Revolution mittlerweile sämtliche Branchen
durchdrungen. Das weltumspannende Internet ist zugleich ein wesentlicher Treiber der
Globalisierung. Es ist eine international verflochtene „digital economy“ entstanden, die
auf der Nutzung von Computern, Netzwerken, Software und Daten beruht. Diese
Kombination        von       neuen       Geschäftsmodellen,       grenzüberschreitendem
Leistungsaustausch, Outsourcing und Nutzung immaterieller Wirtschaftsgüter wirft
zahlreiche ertrag- und umsatzsteuerliche Fragen auf. Die steuerliche Beratung von E-
Commerce-Start-ups erfordert daher nicht nur die Einarbeitung in das schwierige
steuerrechtliche Umfeld, sondern auch eine gründliche Analyse der Besonderheiten des
jeweiligen Geschäftsmodells. Das vorliegende Merkblatt soll Steuerberatern und
Unternehmern eine erste Orientierung geben.

2.    Ertragsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce

2.1   Einkünftequalifikation, Bilanzierung und Verlustnutzung

Bei den eingangs genannten Geschäftsmodellen handelt es sich in aller Regel um
gewerbliche Einkünfte; auch der selbstständige App-Programmierer erzielt
grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zwar hat der BFH entschieden, dass sog.
Autodidakten ohne Hochschulabschluss Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielen,
wenn ihre Kenntnisse und die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit mit denen eines
Ingenieurs vergleichbar sind. Die Erstellung von einfachen Anwenderprogrammen für
Smartphones usw. („Apps“), die über eine Online-Plattform verkauft werden, fällt aber
nicht unter § 18 EStG („Trivialsoftware“).
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Ist ein selbstständiger App-Programmierer jedoch zugleich Diplom-Ingenieur, übt er
einen Katalogberuf i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus.

Software (einschließlich „Apps“) ist ein abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut des
Anlagevermögens. Dies führt bei selbstentwickelter Software zu einem steuerlichen
Aktivierungsverbot der Herstellungskosten gem. § 5 Abs. 2 EStG, wodurch sich eine
Abweichung zur Handelsbilanz ergeben kann (Aktivierungswahlrecht gem. § 248 Abs. 2
Satz 1 HGB). Derivativ angeschaffte Software muss dagegen mit den
Anschaffungskosten bewertet werden (§ 255 Abs. 1 HGB). Zur Anschaffung und
Nutzungsdauer von ERP-Software s. BMF-Schreiben v. 18.11.2005 (BStBl. I 2005, 1025).
§ 7g EStG (Investionsabzugsbetrag) ist nicht anwendbar, aber die Finanzverwaltung
ordnet „Trivialsoftware“ (AK ≤ 800,00 €) als einzeln nutzbares GWG ein. Bei der
Auftragsentwicklung von Software richtet sich die Abgrenzung zwischen Herstellung
und Anschaffung danach, ob ein Dienst- oder Werkvertrag vorliegt (Risikotragung
durch Auftraggeber oder Auftragnehmer; Einzelheiten: IDW RS HFA 11).

Eine betrieblich genutzte Internet-Domain ist grundsätzlich als nicht abnutzbares
immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens einzuordnen. Bei Identität oder
Kombination mit einer Marke kommt dagegen Abnutzbarkeit in Betracht. Der Domain-
Name behält seine selbstständige Nutzbarkeit auch dann, wenn er die Grundlage einer
komplexen Website bildet. Hinweis: Überlässt ein Gesellschafter eine auf ihn
registrierte Domain zur Nutzung an die Personengesellschaft oder GmbH, kann
Sonderbetriebsvermögen bzw. eine Betriebsaufspaltung vorliegen. Dies ist nicht nur bei
der laufenden Einkünfteermittlung, sondern auch bei einer steuerneutralen
Einbringung gem. §§ 20, 24 UmwStG zu beachten (Erfordernis der Übertragung
sämtlicher wesentlicher Betriebsgrundlagen des Start-ups).

Im Fall des gewerblichen Domainhandels bzw. eines gewerblich tätigen
„Domaingrabbers“ gehören die Domains zum Umlaufvermögen. Ist die
Verkaufstätigkeit mangels Nachhaltigkeit nicht gewerblich, kommt nur ein privates
Veräußerungsgeschäft gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in Betracht (Domain-Name als
„anderes    Wirtschaftsgut“).  Ein   nach     Ablauf     der    Jahresfrist erzielter
Veräußerungsgewinn ist steuerfrei.

Die Bilanzierung von Websites bzw. Online-Shops ist nicht abschließend geklärt (s. dazu
Bisges, StB 2012, 309, 310). Eine Domain ist grundsätzlich selbstständig nutzbar,
Software ebenso. Ob die übrigen Elemente (z. B. Design, Datenbestände) immaterielle
Wirtschaftsgüter sind, kann bei selbst geschaffenen Websites letztlich offen bleiben, da
ein Aktivierungsverbot besteht (§§ 5 Abs. 2 EStG, 248 Abs. 2 Satz 2 HGB).
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Bei derivativem Erwerb dürfte die Nutzungsdauer oftmals weniger als ein Jahr
betragen, denn eine E-Commerce-Website muss i. d. R. laufend überarbeitet werden,
um mit dem technischen Fortschritt mitzuhalten (vgl. IASB, SIC 32: „The best estimate
of a website’s useful life should be short“). In der Praxis werden die reinen Website-
Aufwendungen daher oft als Aufwand gebucht. Sollte die betriebsgewöhnl.
Nutzungsdauer der Website im Einzelfall mehr als ein Jahr betragen, kann i. d. R. eine
Nutzungsdauer von drei Jahren angesetzt werden

Durch Erhebung und Kategorisierung von Daten entsteht ein immaterielles
Wirtschaftsgut, auch wenn die Daten auf einem physischen Datenträger verkörpert
sind.    Das     Urteil   betraf    die  Zusammenstellung       von   „Geopunkten“
(Gebäudekoordinaten), dürfte aber auch für die systematische Erhebung von
Verbraucher-daten im E-Commerce und das „Data Mining“ gelten (Auswertung großer
Datenbestände zwecks Ermittlung von Verhaltensmustern und Beziehungen). Die
Aufwendungen für die Erhebung der Daten sind Betriebsausgaben; der Datenbestand
unterliegt als selbst geschaffenes immaterielles WG dem Aktivierungsverbot gem. § 5
Abs. 2 EStG. Positive Einkünfte entstehen erst mit der entgeltlichen Verwertung der
Daten.

Für die Zahlung mit elektronischem Geld und Bitcoin gelten folgende Grundsätze: Bei
E-Geld handelt es sich um gesetzlich geregelte Forderungen gegen den jeweiligen
Emittenten (§ 1 Abs. 2 ZAG; Beispiel: Guthaben auf dem PayPal-Onlinekonto). Die
Gutschrift bewirkt den Zufluss beim Zahlungsempfänger, wenn dieser seinen Gewinn
durch Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Buchführungspflichtige
Unternehmen -realisieren den Gewinn bereits mit Erbringung ihrer Leistung, auf den
Zufluss des E-Gelds kommt es nicht an (Realisationsprinzip gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).
Bitcoin (BC) ist dagegen mangels Emittent kein E-Geld, sondern eine unregulierte
Alternativwährung, die nur über private Onlinebörsen in Dollar oder € umgetauscht
werden kann. Aufsichtsrechtlich handelt es sich um „Rechnungseinheiten“ i. S. v. § 1
Abs. 11 Satz 1 KWG, die den Devisen (Fremdwährungen) ähneln, aber kein gesetzliches
Zahlungsmittel sind. Die Finanzverwaltung ordnet BC ertragsteuerlich als
Wirtschaftsgut ein (Finanzbehörde Hamburg, Vfg. v. 11.12.2017, DStR 2018, 527). Somit
stellt die Hingabe von Wirtschaftsgütern gegen Bitcoin ein Tauschgeschäft dar (vgl. § 6
Abs. 6 EStG: AK in Höhe des gemeinen Werts des hingegebenen WG). Private
Veräußerungsgeschäfte mit BC fallen unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG („andere
WG“); Veräußerungsgewinne nach Ablauf der Jahresfrist sind steuerfrei.
Umsatzsteuerlich gilt BC als vertraglich vereinbartes Zahlungsmittel. Beim Umtausch in
eine gesetzliche Währung ist nur das Entgelt für die Umtauschleistung steuerbar
(„Spread“), jedoch ist dieser Umsatz gem. § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG steuerfrei.
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Internet-Start-ups haben oft hohe Anlaufverluste, weil den hohen Entwicklungs- und
Markteintrittskosten nur geringe Erlöse gegenüberstehen. Dies ist bei der
Rechtsformwahl zu beachten. Die geeignete Rechtsform für kleinere Unternehmen ist i.
d. R. die GmbH & Co. KG, die eine Verlustnutzung auf Gesellschafterebene mit der
zivilrechtlichen Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen kombiniert
(Mitunternehmerkonzept). GmbH und AG sind dagegen Körperschaftsteuersubjekte
und können ihre Anlaufverluste nur in künftige VZ vortragen, wobei der spätere
Verlustabzug durch die „Mindestbesteuerung“ gem. § 10d Abs. 2 EStG beschränkt wird.
Der Ansatz aktiver latenter Steuern ist gem. § 274 Abs. 1 Satz 4 HGB nur unter engen
Vo-raussetzungen zulässig. Dies gilt auch für die Unternehmergesellschaft (UG), die
eine Sonderform der GmbH ist und ebenfalls der Körperschaftsteuer unterliegt. Die UG
kommt als Alternative zur GmbH in Betracht, wenn das Start-up das erforderliche
Stammkapital von 25.000,00 € nicht aufbringen kann.

2.2   Grenzüberschreitender Leistungsaustausch

Der E-Commerce hat den grenzüberschreitenden Leistungsaustausch erheblich
erleichtert. Viele Start-ups haben von Anfang an mit grenzüberschreitenden Leistungen
zu tun, wobei sich sowohl bei der Leistungserbringung als auch beim Leistungsbezug
schwierige steuerliche Fragen ergeben können. Hinweis: Vertreibt ein App-
Programmierer seine Produkte weltweit im eigenen Namen über eine der großen
Online-Plattformen, ist das immer mit dem Risiko einer Doppelbesteuerung verbunden.

2.2.1 Leistungserbringung an ausländische Kunden

Bei Onlinegeschäften mit ausländischen Kunden können Ertragsteuern im Zielland
anfallen (z. B. Quellensteuerabzug), aber etwaige DBA-Vergünstigungen sind
vorrangig. Gerade bei Onlinegeschäften sind ausländische Märkte leicht zu erreichen,
weil Vertragsabschluss, Leistungserbringung und Zahlung über das Internet erfolgen.
Das Start-up muss sich aber vorher über die steuerliche Behandlung der Geschäfte im
jeweiligen Quellenstaat informieren. Insb. Schwellen- und Entwicklungsländer sehen
für bestimmte Leistungen nichtansässiger E-Commerce-Anbieter eine beschränkte
Steuerpflicht     vor     (z.     B.     Onlinesoftwarevertrieb).   Besteht      ein
Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat des
Kunden, liegt das Besteuerungsrecht aber grundsätzlich bei Deutschland. Denn
Unternehmensgewinne und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit dürfen nur dann im
anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn sie durch eine dort belegene
Betriebsstätte erzielt werden (Betriebsstättenprinzip gem. Art. 7 Abs. 1 OECD-MA
2014). Zu den Unternehmensgewinnen gehören nicht nur Vergütungen für
Onlinedienstleistungen, sondern auch Einkünfte aus dem Onlinevertrieb von Software,
E-Books und Multimediadateien (Nr. 14 und 17.3 OECD-MK zu Art. 12 OECD-MA).
Lizenzgebühren i. S. d. Art. 12 OECD-MA treten im E-Commerce nur selten auf (z. B.
Nutzungsüberlassung von urheberrechtlich geschützten Texten im Rahmen von
automatischen Newsfeeds).
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Zudem weisen viele neuere DBA das Besteuerungsrecht für -Lizenzgebühren
ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Vergütungsgläubigers zu (entsprechend
Art. 12 Abs. 1 OECD-MA 2014). Für Offlinegeschäfte mit physischen Waren gilt
ebenfalls das abkommensrechtliche Betriebsstättenprinzip, weshalb Direktgeschäfte im
Quellenstaat grundsätzlich nicht besteuert werden dürfen. Ggf. ist aber zu prüfen, ob
die Einschaltung eines örtlichen Dienstleisters oder eines Warenlagers eine (Vertreter)
Betriebsstätte i. S. d. Art. 5 OECD-MA entstehen lässt.

Die Nutzung eines im anderen Vertragsstaat befindlichen Internetservers kann eine
ausländische Betriebsstätte i. S. v. § 12 AO und Art. 5 OECD-MA 2014 begründen. Dies
ist aber nur dann der Fall, wenn das inländische Unternehmen Verfügungsmacht über
einen eigenen bzw. exklusiv angemieteten („dedizierten“) Server hat und damit
unternehmerische Kernfunktionen ausübt (z. B. Vertragsabschluss und „Auslieferung“
digitaler Produkte per Download, s. dazu Nr. 42.9 OECD-MK zu Art. 5 OECD-MA 2014).
Demgegenüber führt die Inanspruchnahme der Webhosting- bzw. Cloud-Computing-
Leistungen eines kommerziellen Anbieters nicht zum Vorliegen einer Betriebsstätte
bzw. einer Vertreterbetriebsstätte im anderen Vertragsstaat (Nr. 42.3 OECD-MK zu
Art. 5 OECD-MA 2014). Auch die Nutzung virtueller Server und Plattformen im Rahmen
von Cloud-Computing-Verträgen begründet mangels Verfügungsmacht über eine feste
Geschäftseinrichtung keine ausländische Betriebsstätte des Kunden (ausführlich zum
grenzüberschreitenden Cloud-Computing Pinkernell, in: Mössner, Steuerrecht
international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, 349, und DWS Merkblatt Nr. 1755
„Cloud Computing“).

Der Vertrieb digitaler Produkte, wie z. B. Standardsoftware über den App Store eines
ausländischen Anbieters (Apple App Store, Google Play) begründet keine ausländische
Vertreterbetriebsstätte i. S. v. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA 2014, denn die selbstständigen
Anbieter sind nicht als abhängige Vertreter des inländischen Unternehmens
einzuordnen.

Hinweis: Steuern, die der andere Vertragsstaat unter Verstoß gegen das DBA erhoben
hat, sind nicht in Deutschland anrechenbar (H 34c Abs. 5 EStR). Der inländische
Steuerpflichtige muss die abkommenswidrige Steuerbelastung im Ausland selbst durch
Erstattungsanträge bzw. Rechtsbehelfe beseitigen. In jedem Fall sollte man sich vor
Leistungserbringung     über    die   mögliche     Steuer-belastung       und     etwaige
Steuererklärungspflichten im Zielland informieren. Auch wenn ein DBA vorhanden ist,
sind evtl. nicht alle Steuern abgedeckt. Dies gilt insb. für die Einkommen- und
Körperschaftsteuern einzelner US-Bundesstaaten, die ggf. auch nur gem. § 34c Abs. 3
EStG abziehbar sind, weil keine ausländischen Einkünfte i. S. d. § 34d EStG vorliegen.
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2.2.2 Leistungsbezug von ausländischen E-Commerce--Anbietern

Beim Leistungsbezug von ausländischen E-Commerce-Anbietern ist vorsichtshalber
immer zu prüfen, ob (ausnahmsweise) eine Verpflichtung zum Steuerabzug gem. § 50a
EStG besteht. E-Commerce-Start-ups beziehen oft Eingangsleistungen von
ausländischen Anbietern, womit eine Verpflichtung zum Steuerabzug verbunden sein
kann. Zwar führen gewerbliche Leistungen im Inboundfall grundsätzlich nicht zu
inländischen Einkünften i. S. v. § 49 Abs. 1 EStG des ausländischen Vertragspartners.
Dies gilt insb. für die Gebühren der in Luxemburg ansässigen Vertriebsplattformen von
eBay und Amazon Marketplace, die nicht dem Steuerabzug gem. § 50a EStG
unterliegen. Demgegenüber kann die Nutzungsüberlassung urheberrechtlich
geschützter Inhalte an ein inländisches Unternehmen bzw. die Einräumung von
Nutzungsrechen durch Vertriebs- oder Resellerverträge eine Steuerabzugsverpflichtung
gem. §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f, 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG auslösen (z. B. Nutzung von
Fotografien oder Newsfeeds, Lizenz zum Weiterverkauf digitaler Produkte). Die
Finanzverwaltung hat die beschränkte Steuerpflicht und den Steuer-abzug bei
Vergütungen für die Inbound-Nutzungsüberlassung von Software ausführlich geregelt.
Grundsätzlich unterliegen nur Vergütungen für die Einräumung eines umfassenden
Nutzungsrechts zur wirtschaftlichen Weiterverwertung einer Software dem
Steuerabzug gem. §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f, 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, wohingegen Kauf
und Miete durch Endanwender ausgenommen sind. Hinweis: Da der inländische
Leistungsempfänger für den Steuerabzug haftet (§ 50a Abs. 5 Satz 4 EStG), sollte man
in Zweifelsfällen die Vorlage einer Freistellungsbescheinigung verlangen oder den
Steuerabzug vornehmen. Der ausländische Vertragspartner hat dann ggf. Anspruch auf
Erstattung der einbehaltenen Steuer.

Der Abruf ausländischer Datenbanken bzw. die Nutzung vorsortierter Datenbestände
eines ausländischen Anbieters lösen grundsätzlich keine Steuerabzugsverpflichtung
aus. Denn unter §§ 49 Abs. 1 Nr. 9, 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG fällt nur die Überlassung von
Erfahrungswissen (Know-how), nicht aber die Überlassung bloßer Fakten und Daten.
Problematisch ist dagegen die Einräumung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an
einer Datenbank, die eine Verpflichtung zum Steuerabzug auslösen kann.

Betriebsprüfer greifen in letzter Zeit auch Vergütungen für Onlinewerbung auf, die
inländische Unternehmen an die auslän-dischen Betreiber von Internet-Suchmaschinen
und Social-Media-Websites zahlen (z. B. Zahlungen an Gesellschaften des Google- bzw.
Facebook-Konzerns, die in Irland ansässig sind). Nach einer in der Literatur vertretenen
Auffassung soll es sich um eine Überlassung von Werberechten bzw. Know-how
handeln, die unter §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f bzw. Nr. 9, 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG fällt
(Hruschka, DStR 2019, 88). Diese Auffassung überzeugt nicht, weil Onlinewerbung
zivilrechtlich als Werkvertrag gem. § 631 BGB (Bannerwerbung) oder — bei
erfolgsabhängiger Vergütung — als Maklervertrag (Dienstleistung) einzuordnen ist.
Jedoch gilt auch hier, dass der inländische Schuldner in Zweifelsfällen vorsorglich eine
Freistellungsbescheinigung verlangen oder aber den Steuerabzug vornehmen sollte.
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2.3   Internationale Steuergestaltung

Die hohe Mobilität technischer Funktionen und Presseberichte über Internetkonzerne,
die nirgendwo Steuern zahlen, bilden einen starken Anreiz zur grenzüberschreitenden
Steuergestaltung. Die bloße Verlagerung von Onlinegeschäften auf einen
ausländischen Server in einem Niedrigsteuerland eignet sich aber nicht zur
Verringerung der inländischen Steuerlast. In den meisten Fällen greift schon keine DBA-
Betriebsstättenfreistellung, weil kein DBA besteht oder eine Aktivitätsklausel die
Freistellung ausschließt. Einer ausländischen Serverbetriebsstätte können im Rahmen
der Gewinnabgrenzung auch keine Gewinne zugerechnet werden, weil es an den
erforderlichen Personalfunktionen fehlt (§ 1 Abs. 5 Satz 3 AStG). Die Zwischenschaltung
einer ausländischen Kapitalgesellschaft, deren Geschäfte faktisch vom Inland aus
geführt werden, ist schon wegen der inländischen Körperschaftsteuerpflicht zwecklos
(§§ 10 AO, 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Eher zur Steuergestaltung geeignet ist die Gründung
einer Tochtergesellschaft innerhalb der EU, die über eigenes Personal verfügt und
idealerweise die Voraussetzungen eines der nexus-konformen Vorzugsregimes erfüllt,
die von etlichen EU-Mitgliedstaaten angeboten werden. Die Dividenden sind dann zu
95 % steuerfrei (§ 8b Abs. 1 KStG) bzw. unterliegen dem TEV gem. § 3 Nr. 40 Buchst. d
EStG. Die Hinzurechnungsbesteuerung ist bei Nachweis einer tatsächlichen
wirtschaftlichen Tätigkeit der EU-Tochtergesellschaft ausgeschlossen (§ 8 Abs. 2 AStG;
BFH, Urt. v. 13.06.2018, DStR 2018, 2251). Allerdings führt die Übertragung bestehender
Unternehmensfunktionen bzw. von Wirtschaftsgütern zur Besteuerung der stillen
Reserven (Funktionsverlagerung gem. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG bzw. verdeckte Einlage).
Hinweis: Neue Produkte bzw. neue Geschäftsmodelle sollten von Beginn an der
begünstigten EU-Tochtergesellschaft zugeordnet werden, was allerdings eigene
Entwicklungskapazitäten voraussetzt. Alternativ kommt auch die gemeinsame
Entwicklung durch Mutter- und Tochtergesellschaft in Betracht, wodurch immerhin die
Steuerlast auf die Auslandsgewinne verringert werden kann. Der konkrete
Gestaltungsansatz muss allerdings die neuen Vorgaben des BEPS-Projekts der G20/OECD
beachten, die sich insb. auf die Verrechnungspreisgestaltung mit immateriellem WG
und die Nutzung von staatlichen Vorzugsregimen auswirken.

Die    in    der   Praxis   anzutreffenden    Gestaltungen    mit    ausländischen
„Abrechnungsgesellschaften“ bzw. internationale „Remittance-Modelle“ sind
unzulässig und dienen der Steuerverkürzung. Exemplarisch zu nennen ist hier der Fall
des selbstständig tätigen IT-Ingenieurs, der einen Teil seiner Honorare über ein
ausländisches Konto vereinnahmt hatte.

Zulässig ist aber der Wegzug in ein Niedrigsteuerland unter Aufgabe des inländischen
Wohnsitzes. Ungebundene, selbstständig tätige Programmierer und IT-Spezialisten
können sich durch Wegzug dem Zugriff des deutschen Fiskus entziehen. Zwar ist der
Wegzug mit einer steuerpflichtigen Betriebsaufgabe verbunden (§ 16 EStG).
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Die danach tatsächlich durch eine Betriebsstätte im Ausland erzielten gewerblichen
oder freiberuflichen Einkünfte unterliegen nicht der erweiterten beschränkten
Steuerpflicht gem. § 2 AStG. Inländische Einkünfte liegen nur ausnahmsweise vor, wenn
das Ergebnis selbstständiger Arbeit im Inland verwertet wird (z. B. durch Überlassung
eines Arbeitsergebnisses, § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG).

2.4   Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von -Lizenzaufwendungen

E-Commerce-Unternehmen beziehen oft Leistungen, die der gewerbesteuerlichen
Hinzurechnung unterliegen. Ist das -E-Commerce-Start-up Lizenznehmer eines anderen
Unternehmens (z. B. Franchise-Geschäftsmodelle mit Markennutzung) oder hat es
sonstige Aufwendungen für die zeitlich begrenzte Nutzung von Rechten (z. B.
Softwaremiete), greift die Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG
(Anwendungserlass zu § 8 GewStG v. 02.07.2012, Rn. 33). Aufwendungen für
empfangene Cloud-Computing-Leistungen (z. B. SaaS) fallen nicht unter die
Hinzurechnung, wenn es sich um eine Dienstleistung handelt (Schöneborn, NWB 2014,
3496, 3500). Gleiches gilt für Aufwendungen für Plattform-Dienstleistungen, sofern die
gleichzeitige Softwareüberlassung nur eine Nebenleistung darstellt. Gemischte
Verträge sind aufzuteilen. Dem Gewerbeertrag werden 6,25 % der Aufwendungen
hinzugerechnet, soweit der für alle Aufwendungen i. S. d. § 8 Nr. 1 GewStG geltende
Freibetrag von 100.000,00 € überschritten ist.

2.5   Mitarbeiterbeteiligung und Aktienoptionen

Mitarbeiterbeteiligungen und Aktienoptionen sind im E-Commerce weit verbreitet,
weil sie die Liquidität schonen und zugleich eine starke Anreizwirkung haben. Die
Zuwendung einer Beteiligung ist als Sachlohn im Zeitpunkt des Zuflusses (lohn-
)steuerpflichtig (§ 38 Abs. 2 EStG); ggf. gilt ein geringer Freibetrag (§ 3 Nr. 39 EStG).
Spätere Einkünfte aus der Beteiligung (Dividenden, Veräußerungsgewinne) sind i. d. R.
nicht mehr durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und unterliegen der günstigeren
Abgeltungsteuer bzw. dem TEV (qualifizierte Beteiligungen). Bei Gewährung von
„restricted shares“ der US-Muttergesellschaft, die nach amerikanischem Recht
vinkuliert sind, kann im Einzelfall noch kein Zufluss vorliegen. Die Einräumung von
Aktienoptionen führt dagegen mangels Zufluss nicht zu Arbeitslohn, selbst wenn die
Optionen sofort ausübbar und übertragbar sind. Der BFH hat allerdings offengelassen,
ob ein Lohnzufluss vorliegen könnte, wenn ein Dritter als Stillhalter verpflichtet ist. Für
typische Arbeitnehmeraktienoptionen gilt daher die sog. Endbesteuerung, d. h. erst die
Ausübung der Aktienoption, die mit der Übertragung von Aktien oder einem
Barausgleich verbunden ist, löst den Zufluss von Arbeitslohn aus. Der Ausübungspreis,
den der Arbeitnehmer für den Erwerb der Aktien aufwenden muss, führt zu
Anschaffungskosten. Spätere Einkünfte aus den Aktien sind nicht mehr durch das
Arbeitsverhältnis veranlasst.
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Hinweis: Die auf den Sachlohn einzubehaltende Lohnsteuer kann den Barlohn
aufzehren oder sogar eine Nachzahlungspflicht des Arbeitnehmers auslösen. Fällt dann
auch noch der Wert der Aktien, ist der Arbeitnehmer mit der Tilgung der
Steuerforderung wirtschaftlich überfordert.

Die Einrichtung eines Mitarbeiterbeteiligungs- bzw. Aktienoptionsprogramms kann
schwierige lohnsteuerliche Fragen aufwerfen, die das E-Commerce-Start-up vorab
durch eine gebührenfreie Lohnsteueranrufungsauskunft klären lassen sollte (§ 42e
EStG).     Die     Wohnsitzfinanzämter    der    Mitarbeiter sind  allerdings   im
Veranlagungsverfahren nicht an die Auskunft gebunden. Hinweis: Besondere
Gestaltungsmöglichkeiten bieten Aktienoptionsprogramme, die nur die Übertragung
der Aktienoptionen auf eine vom Arbeitnehmer beherrschte GmbH zulassen. Hier
kommt es bereits bei Veräußerung an die „eigene“ GmbH zum Lohnzufluss
(„anderweitige Verwertung der Option“), sodass spätere Wertsteigerungen im
Vermögen der GmbH -realisiert werden und nicht der Lohnsteuer unterliegen. Dadurch
lässt sich u. U. eine Anfangsbesteuerung erreichen.

3.    Umsatzsteuerliche Besonderheiten des E-Commerce

3.1   Vorbemerkung

Die Umsatzsteuer ist meist die „erste Front“, an der ein Start-up steuerlichen
Beratungsbedarf hat. Denn entgeltliche Leistungen sind grundsätzlich steuerpflichtig,
auch wenn das -E-Commerce-Unternehmen in der Anfangsphase „Geld verbrennt“.
Zudem muss die Umsatzsteuer i. d. R. monatlich angemeldet und abgeführt werden
(§ 18 Abs. 2 Satz 4 UStG), sodass die Steuerbarkeit einer Leistung sofortiger Klärung
bedarf. Besondere Beachtung verdienen auch die formalen Anforderungen der
Umsatzsteuer, deren Verletzung zu erheblichen Steuernachforderungen führen kann.
Hinweis: Viele E-Commerce-Geschäftsmodelle generieren eine extrem hohe Anzahl
automatisierter Geschäftsvorfälle. Ein zunächst unentdeckter Fehler bei der
umsatzsteuerlichen Behandlung der Transaktionen verursacht immer großen
Berichtigungsbedarf.

3.2   Unternehmerische Tätigkeit

Wer nur gelegentlich private Gebrauchsgegenstände über das Internet verkauft, ist
mangels Nachhaltigkeit nicht unternehmerisch tätig(§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG). Dagegen
könnte bereits die nachhaltige Erbringung „kostenloser“ Leistungen an Verbraucher
der Umsatzsteuer unterliegen, wenn das Unternehmen als Gegenleistung wertvolle
Nutzerdaten erhält („Bezahlen mit persönlichen Daten“, Melan/Wecke, DStR 2015,
2267ff.; a. A. Looks/Bergau, MwStR 2016, 864 ff.). Steuerbar ist in jedem Fall die spätere
Verwertung der Nutzerdaten z. B. durch Erbringung von entgeltlichen
Werbeleistungen an andere Unternehmer.
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Hinweis: Start-ups vereinbaren oft „unentgeltliche“ Tauschgeschäfte mit anderen
Unternehmen, die unbemerkt eine Steuerpflicht auslösen. Ein typisches Beispiel ist die
wechselseitige Verlinkung von Internetangeboten, um den Traffic zu steigern. Da die
Verlinkung nach Auffassung der Finanzverwaltung eine aktive Werbeleistung darstellt
(Abschn. 1.1 Abs. 23 S. 2 UStAE), liegt für beide Parteien ein tauschähnlicher Umsatz vor
(§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG). Die eigene Leistung (Linksetzung) ist steuerbar, und der
Vorsteuerabzug aus der Gegenleistung (reziproke Verlinkung) erfordert eine Rechnung
des Vertragspartners (die in der Praxis erst nachträglich beschafft werden kann und
nicht in den BP-Zeitraum zurückwirkt). Bei der verdeckten Weiterleitung von Nutzern
auf entgeltliche Internetangebote Dritter ist außerdem die „Ladenrechtsprechung“ des
BFH zu beachten. Danach gilt derjenige Unternehmer als umsatzsteuerlich Leistender,
der dem Kunden gegenüber als Betreiber der Internetseite auftritt (Urt. v. 15.05.2012,
BStBl. II 2013, 49). Beim Crowdfunding liegt eine umsatzsteuerpflichtige Lieferung vor,
wenn die Geldgeber im Erfolgsfall das neue Produkt erhalten (Hammerl/Dobner, NWB
2015, 3542ff.). Die Monetarisierung von Webvideos z. B. mittels eines eigenen
YouTube-Channels unterliegt ebenfalls der Umsatzsteuer (Brunckhorst/Sterzinger, DStR
2018, 1743). Hinweis: Bei Start-ups, die nur geringe Umsätze und niedrige
Eingangsrechnungen          haben,       kommt        die       Inanspruchnahme       der
Kleinunternehmerregelung in Betracht (§ 19 UStG). Dies gilt insb. für nebenberuflich
tätige App-Programmierer.

3.3   Bestimmung des Leistungsorts bei Online- und Offlinegeschäften

Der (deutschen) Umsatzsteuer unterliegen nur Lieferungen und Leistungen, die im
Inland ausgeführt werden (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Bei E-Commerce-Geschäften mit
Auslandsberührung ist daher immer zu prüfen, ob der Leistungsort überhaupt im
Inland liegt. Dabei ist zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen zu
unterscheiden.

3.3.1 Lieferungen, insb. Versandhandel mit physischen Waren

Unter „Lieferung“ versteht man die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem
Gegenstand (§ 3 Abs. 1 UStG). Darunter fällt insb. der Versandhandel mit physischen
Waren im B2C- und B2B-Geschäft, auch wenn der Kaufvertrag über das Internet
abgeschlossen wird (Offlinegeschäft). Nach § 3 Abs. 6 bis 8 UStG ist grundsätzlich der
Ort maßgeblich, an dem die Versendung beginnt (= Übergabe des Pakets an das
Logistikunternehmen = Inland). Davon abweichend liegt der Leistungsort im
Bestimmungsland, wenn der Abnehmer ein in der EU ansässiger Verbraucher ist (B2C-
Geschäft) und der inländische Unternehmer die Versandhandelslieferschwelle des
jeweiligen EU-Mitgliedsstaats überschritten hat oder auf die Anwendung der
Lieferschwelle verzichtet (§ 3c UStG; Abschn. 3c.1 UStAE). Der Umsatz ist dann im
Bestimmungsland zu versteuern, wo der inländische Unternehmer eine
Umsatzsteuererklärung abgeben muss (zu den Einzelheiten s. Hammerl/Fietz NWB
2014, 1564).
12

Versandlieferungen an Drittlands-Verbraucher sind im Inland steuerbar, werden aber
unter bestimmten Voraussetzungen als Ausfuhrlieferung von der Steuer befreit (§§ 4
Abs. 1 Nr. 1, 6 UStG).

Ist der Abnehmer ein ausländischer Unternehmer (B2B-Geschäft), liegt der Leistungsort
der Versandlieferung im Inland (§ 3 Abs. 6 UStG), weshalb die Lieferung steuerbar ist.
Diese Exportgeschäfte sind aber unter bestimmten Voraussetzungen als
innergemeinschaftliche Lieferung bzw. Ausfuhrlieferung steuerfrei (§§ 4 Nr. 1, 6, 6a
UStG). Der Vorsteuerabzug bleibt trotz der Steuerbefreiung erhalten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1
Buchst. a   UStG).   Hinweis:    Die    Aufnahme      eines   grenzüberschreitenden
Onlineversandhandelsgeschäfts erfordert umfangreiche Vorbereitungsmaßnahmen. U.
a. muss sichergestellt werden, dass die Webshop-Software die erforderlichen
Kundendaten zu Unternehmereigenschaft und Ansässigkeit des Abnehmers erfasst. Die
Steuerbefreiung gem. §§ 6, 6a UStG erfordert außerdem besondere Nachweise (§§ 8,
10, 17a und 17c UStDV).

3.3.2 Sonstige Leistungen

Online- und Offlinegeschäfte, die keine Lieferung zum Gegenstand haben, werden
ausnahmslos als sonstige Leistung eingeordnet (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG). Dies gilt auch
für den Download digitaler Waren wie z. B. E-Books und Standardsoftware, obwohl der
Verkauf der physischen Pendants (Buch, Datenträger) unter den Tatbestand der
Lieferung fällt. Für das B2B-Geschäft mit sonstigen Leistungen gilt grundsätzlich das
Empfängerortprinzip (§ 3a Abs. 2 UStG). Danach ist die Leistungserbringung an einen
ausländischen Unternehmer nicht im Inland steuerbar, sofern nicht eine der
Sonderregelungen für bestimmte, offline erbrachte Dienstleistungen greift (z. B.
Online-Verkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen i. S. v. § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG).
Ist der ausländische Leistungsempfänger in einem anderen EU-Mitgliedsstaat
niedergelassen, kommt dort das Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung (Art. 44,
196 MwStSyst-RL). In diesem Fall schuldet der Leistungsempfänger die (ausländische)
Steuer, und die Rechnungsstellung muss ohne Ausweis der Mehrwertsteuer unter
ausdrücklichem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft erfolgen (§ 14a
Abs. 1 UStG). Der Nachweis der Unternehmereigenschaft des ausländischen
Leistungsempfängers wird durch Überprüfung der durch den anderen EU-
Mitgliedsstaat vergebenen USt-IdNr. erbracht (Abschn. 3a.2 Abs. 9 UStAE). Ist der
Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet niedergelassen, greift ebenfalls das
Empfängerortprinzip gem. § 3a Abs. 2 UStG, sofern die Unternehmereigenschaft
nachgewiesen und keine Sonderregelung für Offline-Dienstleistungen anwendbar ist.
Es ist dann aber in jedem Fall zu prüfen, ob das inländische Start-up umsatzsteuerliche
Pflichten im Ausland hat. Hinweis: Nach Auffassung der Finanzverwaltung fallen
sonstige Leistungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dem privaten Gebrauch dienen,
nicht unter § 3a Abs. 2 UStG, wenn sie an einen Unternehmer erbracht werden (Abschn.
3a.2 Abs. 11a UStAE). Dies ist beim Onlinevertrieb von Unterhaltungsprodukten (Musik,
Filme, E-Books, Computerspiele) zu beachten.
13

Ist der Leistungsempfänger des Downloads im Drittlandsgebiet niedergelassen,
verlagert sich der Leistungsort auch im B2C-Geschäft in das Drittlandsgebiet (§ 3a Abs. 5
UStG). Der leistende Unternehmer kann daher den Umsatz als nicht steuerbar
behandeln; der Nachweis der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers ist
entbehrlich.

Die Besonderheiten der Leistungserbringung an Betriebsstätten im B2B-Bereich werden
in Abschn. 3a.2 Abs. 4 bis 6 UStAE ausführlich erläutert (u. a. Zuordnung von
Internetwerbung). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine umsatzsteuerliche
Betriebsstätte („feste Niederlassung“) gem. Art. 11 MwStVO nicht nur eine feste
Geschäftseinrichtung, sondern auch Personal erfordert (Abschn. 3a.2 Abs. 4 UStAE).
Daher ist die ertragsteuerliche „Serverbetriebsstätte“, die ohne Personal auskommt,
keine Empfangsbetriebsstätte i. S. d. § 3a Abs. 2 Satz 2 UStG (a. A. möglicherweise FG
Münster, Urt. v. 05.09.2013, EFG 2013, 1890 [vollautomatische Windräder als
„Zweigniederlassung“]).

Der Leistungsort im B2C-Geschäft richtet sich nach der Art der sonstigen Leistung und
dem Wohnsitz des Verbrauchers (vgl. dazu DWS-Merkblatt Nr. 1701). Nach der
Grundregel werden sonstige Leistungen an Verbraucher am Ort des leistenden
Unternehmers erbracht (Unternehmensortprinzip gem. § 3a Abs. 1 UStG). Handelt es
sich aber um eine elektronisch erbrachte Dienstleistung (eeD) gegenüber einem
Verbraucher mit Wohnsitz im Inland, im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im
Drittlandsgebiet, liegt der Leistungsort grundsätzlich am Wohnsitz des Verbrauchers
(Bestimmungslandprinzip gem. § 3a Abs. 5 Satz 1 UStG). Die Besteuerung von eeD im
Land des Verbrauchs entspricht dem Wesen der USt als Steuer auf den privaten Konsum
und dient der Wettbewerbsneutralität, weil in- und ausländische Anbieter
gleichermaßen der USt des Bestimmungslands unterliegen. Aus Sicht der inländischen
Anbieter ergeben sich aber auch Nachteile. Denn erstens entsteht ein zusätzlicher
Verwaltungsaufwand (Berechnung der jeweiligen USt-Schuld für bis zu 27 EU-
Mitgliedstaaten), zweitens muss der in den meisten Fällen höhere Steuersatz des
Bestimmungslands angewendet werden, was eine Überprüfung der Preispolitik
erfordert. Übersteigt der Gesamtumsatz mit eeD in anderen EU-Mitgliedstaaten nicht
den Schwellenwert von 10.000 € pro Jahr, kommt für Umsätze ab dem 01.01.2019 im
Rahmen einer Bagatellausnahme das Ursprungslandprinzip gem. § 3a Abs. 1 UStG zur
Anwendung (§ 3a Abs. 5 Satz 3 UStG). Liegt der Leistungsort in einem Drittland, muss
sich der inländische Anbieter wie bisher schon über das dortige Umsatzsteuerrecht
informieren. Eine eeD an Verbraucher liegt vor, wenn eine sonstige Leistung im
Wesentlichen automatisiert über ein Netzwerk (z. B. Internet) erbracht wird (Art. 7 und
Anhang I MwStVO). Dazu gehören insb. Onlinevertrieb von digitalen Produkten
(Software, Musik- und -Filmdateien, E-Books), Webhosting, Cloud Computing,
Bereitstellung einer Versteigerungsplattform, Bereitstellung von Datenbanken und
Suchmaschinen, Streaming von Multimediadateien, Online-Spiele (vgl. Abschn. 3a.12
UStAE).
14

Keine eeD sind dagegen der Versandhandel mit physischen Waren einschl. der
Lieferung von Software auf Datenträgern, sowie solche sonstigen Leistungen, die zwar
über das Internet erbracht werden, aber die Mitwirkung eines Menschen erfordern (z.
B. Video-Fernunterricht, Beratungsleistungen per E-Mail). Im Einzelfall können sich
Abgrenzungsschwierigkeiten       ergeben,    wenn      die    eeD    zugleich    eine
Vermittlungsleistung an Verbraucher darstellt (§ 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG) oder aber eine
geringe menschliche Mitwirkung vorliegt. Der BFH hat bezüglich einer
Onlinepartnervermittlung entschieden, dass vorbereitende manuelle Eingriffe des
Anbieters wie z. B. die Überprüfung von Mitgliederprofilen nicht entscheidend sind.
Ausschlaggebend für die Einordnung als eeD ist die tatsächliche Ausführung der
Leistung über das Internet; mögliche alternative Leistungswege sind unbeachtlich (Urt.
v. 01.06.2016, BStBl. II 2016, 905). Telekommunikations- sowie Rundfunk- und
Fernsehdienstleistungen, die sich zunehmend des Internets als Übertragungsmedium
bedienen (z. B. VoIP, IP-TV), bilden weiterhin eine eigene Leistungskategorie und
werden hier nicht näher besprochen.

Der Verkauf einer Domain ist ebenfalls eine sonstige Leistung (FG Rheinland-Pfalz, Urt.
v. 24.01.2011, EFG 2012, 880). Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG
(B2B-Verkauf) bzw. § 3a Abs. 1 oder Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 UStG (B2C-Verkauf an
Verbraucher in der EU oder im Drittlandsgebiet).

3.4   Einschaltung Dritter in die Erbringung elektronischer Dienstleistungen an
      Verbraucher

Elektronisch erbrachte Dienstleistungen werden oft über Online-Vertriebsplattformen
Dritter vermarktet (z. B. App Store, Google Play, iTunes). Hier gilt für die Bestimmung
des Leistungsorts im B2C-Geschäft Folgendes: Vertreibt der Dritte die Leistung eines
inländischen Inhaltsanbieters in dessen Namen (offene Stellvertretung), erbringt der
Inhaltsanbieter die eeD direkt an den Verbraucher. Der Leistungsort liegt am Wohnsitz
des Verbrauchers. Der Leistungsort der Vertretungsleistung des Dritten an den
inländischen Inhaltsanbieter liegt im Inland (B2B-Leistung, § 3a Abs. 2 UStG). Ist der
Dritte im Ausland ansässig (z. B. Luxemburg), geht die Steuerschuld auf den
inländischen Inhaltsanbieter über (§ 13b Abs. 1 u. Abs. 5 Satz 1 UStG). Tritt der Dritte
nur als Vermittler auf, der den Vertragsabschluss zwischen dem Inhaltsanbieter und
dem Verbraucher vorbereitet, gilt bzgl. der Leistungsorte dasselbe wie bei der offenen
Stellvertretung. Handelt der Dritte dagegen im eigenen Namen, aber für Rechnung des
Inhaltsanbieters, liegt eine Leistungskommission vor (§ 3 Abs. 11 UStG). Es entsteht eine
fiktive Leistungskette, d. h. der inländische Inhaltsanbieter erbringt eine eeD an den
Dritten (Leistungsort gem. § 3a Abs. 2 UStG), der wiederum eine eeD an den
Verbraucher erbringt (Leistungsort gem. § 3a Abs. 5 UStG).
15

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Inhaltsanbieter bei einer über mehrere Stufen
vermittelten eeD oftmals gar nicht wissen, ob die eeD in ihrem Namen verkauft wird
und welche umsatzsteuerlichen Merkmale der Kunde hat (Unternehmer oder
Verbraucher, Ansässigkeitsstaat). Noch unübersichtlicher wird die Lage, wenn neben
Aggregatoren und Portalbetreibern auch noch Zahlungsdienstleister in die Abwicklung
der Transaktion eingeschaltet werden und dabei ebenfalls gegenüber dem Endkunden
auftreten (z. B. Bezahlung einer eeD per Telefonrechnung oder PayPal). § 3 Abs. 11a
Satz 1 UStG enthält daher eine Vermutung, dass jeder Unternehmer, der in die
Erbringung einer eeD über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein
Portal eingeschaltet wird, die Leistung im eigenen Namen für fremde Rechnung
erbringt. Aufgrund dieser Fiktion einer Leistungskommission i. S. d. § 3 Abs. 11 UStG
auf allen Vermittlungsstufen ist sichergestellt, dass derjenige Unternehmer, der als
letzter gegenüber dem Verbraucher auftritt, die eeD erbringt, weil üblicherweise nur
dieser Portalbetreiber den Kunden für umsatzsteuerliche Zwecke identifizieren kann (z.
B. aufgrund der Registrierung als Nutzer des App Store). Auf den vorgeschalteten
Stufen handelt es sich um sonstige Leistungen zwischen Unternehmern, die unter § 3a
Abs. 2 UStG fallen. Ausgenommen von der gesetzlichen Vermutung sind allerdings die
reinen Zahlungsdienstleister (§ 3a Abs. 11a Satz 5 UStG), die daher nie eine eeD an den
Endkunden, sondern immer nur eine sonstige Leistung an den Anbieter der eeD
erbringen. Die übrigen Beteiligten der Leistungskette (Vermittler, Aggregatoren,
Portalbetreiber) können die gesetzliche Vermutung einer Leistungskommission unter
bestimmen Voraussetzungen widerlegen. Grundsätzlich ist es auch einem
Portalbetreiber weiterhin möglich, in offener Stellvertretung für den Inhaltsbieter zu
handeln.

Hinweis: Sowohl Inhaltsanbieter als auch Portalbetreiber müssen sich vorab genau
darüber abstimmen, wie der Außenauftritt gestaltet wird und ob die gesetzliche
Vermutung einer Leistungskommission widerlegt werden soll bzw. kann. Die großen
Portalbetreiber diktieren den selbstständigen App-Programmierern allerdings die
Bedingungen, wobei sie die Apps i. d. R. im eigenen Namen für fremde Rechnung
verkaufen und auch die Abrechnung vornehmen (= Leistungskommission).

3.5   Ermäßigter Steuersatz und Steuerbefreiungen

Für    den    E-Commerce     bestehen     keine    speziellen  Ermäßigungs-   oder
Befreiungstatbestände, sodass Lieferungen und eeD grundsätzlich dem Regelsteuersatz
unterliegen (§ 12 Abs. 1 UStG; Art. 98 Abs. 2 MwStSyst-RL). Gleiches gilt für den
Onlinevertrieb von Standardsoftware und das Streaming von Multimediadateien, weil
der maßgebliche Leistungsinhalt üblicherweise nicht in der Einräumung von Rechten
nach dem UrhG besteht (FG Baden-Württemberg, Urt. 20.07.2009, EFG 2009, 1879
[Internet-Musikplattform]). Umstritten war die Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes auf urheberrechtliche Lizenzen im Zusammenhang mit dem Online-Zugriff
auf Bibliotheksinhalte.
16

Nach Ansicht des BFH liegt nicht nur im Verhältnis zwischen Bibliothek und Nutzer eine
eeD vor, sondern auch im Verhältnis zwischen Rechteinhaber und Bibliothek. Dies hat
zur Folge, dass beide Leistungen dem Regelsteuersatz unterliegen (Urt. v. 03.12.2015,
BStBl. II 2016, 858). Zu den sog. Kombiprodukten vgl. BMF-Schreiben 02.06.2014, UR
2014, 585. Die damit verbundene Ungleichbehandlung von Büchern und E-Books dürfte
in Deutschland aber nicht mehr lange Bestand haben, weil die EU-Mitgliedstaaten
aufgrund einer Änderung der MwStSyst-RL vom 04.12.2018 nunmehr berechtigt sind,
einen ermäßigten Steuersatz für elektronische Publikationen einzuführen. Große
praktische Bedeutung haben die bereits erwähnten Steuerbefreiungen für den
grenzüberschreitenden Onlineversandhandel (§§ 4 Nr. 1, 6, 6a UStG) und die
Steuerbefreiung für die Vermittlung von Finanzumsätzen (§ 4 Nr. 8 UStG).

3.6   Rechnungsstellung und Vorsteuerabzug

Bei Onlinegeschäften erfolgt die Abrechnung -üblicherweise im Wege der
elektronischen Rechnung, von der aber auch im Onlineversandhandel Gebrauch
gemacht wird (sofern der Warensendung keine Papierrechnung beigefügt wird). Unter
„elektronischer Rechnung“ versteht man eine Rechnung, die in einem elektronischen
Format ausgestellt und empfangen wird (§ 14 Abs. 1 Satz 8 UStG). Darunter fallen nicht
nur das EDI-Verfahren und elektronisch signierte Dokumente (§ 14 Abs. 3 UStG),
sondern auch einfache Übermittlungsformen, wie z. B. E-Mail und PDF-Dateien. Vgl. zu
den Einzelheiten Abschn. 14.4 Abs. 2 UStAE und DWS-Merkblatt Nr. 1645
„Elektronische Rechnungsstellung“. Die elektronische Abrechnung stellt im Vergleich
zur Papierrechnung eine ganz erhebliche Erleichterung dar, weil die jeweilige
Transaktion komplett „papierlos“ abge-wickelt werden kann. Hinweis: Die
elektronische Übermittlung der Rechnung bedarf der Zustimmung des Empfängers
(§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG). In der Praxis wird die Zustimmung anlässlich des Online-
Vertragsabschlusses eingeholt (Bestätigung der AGB, die eine entsprechende Klausel
beinhalten).

Ist der Leistungsempfänger ein Unternehmer, berechtigt ihn die elektronische
Rechnung zum Vorsteuerabzug. Er muss allerdings geeignete Vorkehrungen treffen,
um die Echtheit, Unversehrtheit und Lesbarkeit der elektronischen Eingangsrechnung
zu gewährleisten (§ 14 Abs. 1 Satz 4 bis 6 UStG) („verlässlicher Prüfpfad zwischen
Rechnung und Leistung“; Abschn. 14.4 UStAE). Der Vorsteuerabzug erfordert nicht,
dass der leistende Unternehmer seine Tätigkeit tatsächlich an der in der Rechnung
angegebenen Adresse ausübt; er muss dort lediglich erreichbar sein.

Hinweis: Beim Verkauf von Waren über eine Onlinehandelsplattform mindert die an
den Plattformbetreiber entrichtete Vermittlungsprovision nicht den steuerpflichtigen
Umsatz des Händlers, sondern muss separat als Betriebsausgabe mit Vorsteuerabzug
gebucht werden. Kleinunternehmer dagegen haben keinen Anspruch auf
Vorsteuerabzug. Ungeachtet dessen schulden sie inländische Umsatzsteuer, wenn sie
eeD von einem ausländischen Anbieter beziehen (§ 19 Abs. 1 Satz 3 UStG).
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3.7   Kleine einzige Anlaufstelle („MOSS“)

Erbringt ein inländischer Unternehmer eeD an Verbraucher im übrigen
Gemeinschaftsgebiet, liegt der Leistungsort grundsätzlich am Wohnsitz des jeweiligen
Verbrauchers (§ 3a Abs. 5 Satz 1 UStG). Dies löst — mit Ausnahme der Bagatellregelung
in § 3a Abs. 5 Satz 3 UStG — eine umsatzsteuerliche Registrierungspflicht im
Bestimmungsland aus, was im Fall der Erbringung von eeD an Verbraucher in
verschiedenen      EU-Mitgliedstaaten      sehr    aufwendig    sein     kann.     Aus
Vereinfachungsgründen darf der inländische Unternehmer stattdessen eine
Steuererklärung für jeden betroffenen EU-Mitgliedsstaat beim Bundeszentralamt für
Steuern abgeben (§ 18h Abs. 1 UStG), das zu diesem Zweck ein besonderes Onlineportal
errichtet hat („Kleine einzige AnlaufsteIle“ bzw. „Mini-One-Stop-Shop — MOSS“),
sofern er nicht bereits über eine feste Niederlassung in dem EU-Mitgliedsstaat verfügt.
Vorsteuerbeträge können in der Steuererklärung nicht geltend gemacht werden,
insoweit bleibt es beim Vorsteuervergütungsverfahren im jeweiligen EU-Mitgliedstaat.

Hinweis: In der Praxis bereitet es oft Probleme, den Herkunftsstaat des
Leistungsempfängers zu bestimmen. Dies gilt insb. dann, wenn der Verbraucher einen
WLAN-Hotspot nutzt, eeD während einer Reise empfängt oder aber bei der
Kundenregistrierung widersprüchliche Angaben gemacht hat. Die MwStVO enthält
dazu verschiedene Vermutungen und Regelungen, die als unmittelbar geltendes Recht
zu beachten sind (Art. 24a, 24b, 24d und 24f MwStVO; Einzelheiten in Abschn. 3a.9a
Abs. 3—6 UStAE). Jeder inländische Anbieter sollte sich an diese Regeln halten, da es
anderenfalls zu einer Doppelbesteuerung kommen kann.

3.8   Betriebsprüfung und Steuerfahndung

Der E-Commerce steht unter besonderer Beobachtung seitens der Finanzverwaltung.
Die Finanzbehörden sind befugt, den E-Commerce laufend zu beobachten (§ 5 Abs. 1
Nr. 17 FVG) und setzen dafür eine spezielle Software ein, die systematisch Online-
Angebote durchsucht (Xpider-System des Bundeszentralamts für Steuern). Zudem
verfügt die Betriebsprüfung über spezielles Know-how für die Prüfung von
Onlinehändlern (Müller/Müller, StBp 2010, 157 ff. und 191 ff). Betreibt das Start-up eine
Onlinehandelsplattform für andere gewerbliche Anbieter, kann es auch durch ein
Sammelauskunftsersuchen dazu verpflichtet werden, die Umsatzdaten dieser Anbieter
an die Finanzverwaltung herauszugeben. Die frühere Befürchtung, das Internet schaffe
einen „rechtsfreien Raum“, hat sich zumindest im Hinblick auf die inländischen
Anbieter nicht bewahrheitet.
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3.9   Reformvorhaben der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat mehrere Maßnahmen vorgestellt, die eine Verbesserung der
mehrwertsteuerlichen Rahmenbedingungen des E-Commerce in der EU bewirken sollen
(s. dazu -Erdbrügger, DStR 2018, 593). Die Umsetzung des Reformvor-habens soll in den
Jahren 2019—2021 erfolgen.

4.    Checkliste wichtiger Beratungsthemen

Neben den allgemeinen steuerlichen Fragen, die sich im Gründungsfall ergeben, sind
im E-Commerce insb. folgende Beratungsthemen von Bedeutung:
Dr. Reimar Pinkernell LL.M., RA/StB/Fachberater für Internationales Steuerrecht, Bonn
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