Tatort Pflanzenfalle: DNA-Spuren geben Speiseplan fleischfressender Pflanzen preis

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Tatort Pflanzenfalle: DNA-Spuren geben Speiseplan fleischfressender Pflanzen preis
Tatort Pflanzenfalle: DNA-Spuren geben
Speiseplan fleischfressender Pflanzen
preis

Botanische und Zoologische Staatssammlung München

SNSB Forscher ermitteln den exakten Speiseplan fleischfressender Pflanzen aus
Australien durch die Analyse der Gene ihrer Beutetiere. Sogar winzige
Parasiten auf gefangenen Insekten konnten so aufgespürt werden. Die
Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die Wissenschaftler nun in der
Fachzeitschrift Scientific Reports.

Die Untersuchung des Beutespektrums von fleischfressenden Pflanzen in deren
natürlichen Lebensraum ist schwierig und aufwändig. Viele Beutetiere auf und
in den Fallen fleischfressender Pflanzen sind durch den Verdauungsprozess nur
noch schwer zu identifizieren. Gerade kleine, weichhäutige Insekten wie
Mücken und kleine Fliegen sind durch den Verdauungsprozess oft nur noch als
kleine unidentifizierbare Krümmel erkennbar. Um die vielfältigen gefangenen
Insektenarten sicher identifizieren zu können, benötigt man viele
Spezialisten und Experten. Doch eines lässt jedes Insekt auch nach seiner
Verdauung auf den Blättern der räuberischen Pflanzen zurück: DNA. Diese
spürten nun Wissenschaftler der Botanischen und der Zoologischen
Staatssammlung München (SNSB BSM & SNSB ZSM) sowie der Curtin-Universität in
Perth, Westaustralien auf. Mit der molekularbiologischen Methode des DNA-
Metabarcoding analysierten die Forscher die DNA-Spuren der gefangenen
Insektenarten von den Blättern des australischen Sonnentaus (Drosera). Sie
konnten so die Insektenarten des Beutespektrums von Drosera zuverlässig
identifizieren. Um die Ergebnisse der Genanalysen zu überprüfen, verglichen
die Wissenschaftler diese anschießend mit Makro-Fotografien der gefangenen
Insekten.

Koautor der Studie Thilo Krueger von der Curtin-Universität in Perth fertigte
dazu im Rahmen seiner Doktorarbeit tausende von Fotos an, um jedes einzelne
gefangene Beutetier auf jedem gesammelten Drosera-Blatt zu dokumentieren.
„Die Ergebnisse waren erstaunlich: wir konnten jedes noch so kleine gefangene
Beutetier eindeutig über seinen DNA-Barcode identifizieren“, erläutert Thilo
Krueger. Aber auch genetische Spuren von Insekten, die gar nicht als Beute
gefangen wurden, konnten durch den Fotovergleich erkannt und ausgeschlossen
werden: so zum Beispiel einige größere Bienen und Wespen, denen es oft
gelingt, sich aus den klebrigen Fallen der Sonnentau-Blätter zu befreien.
Auch dabei hinterlassen sie winzige DNA-Spuren auf den Blättern. Die Methode
des DNA-Metabarcodings ist so empfindlich und genau, dass auch winzigste
Insekten nachgewiesen werden konnten, die nicht als Beute auf den Blättern
sichtbar waren. Beispielsweise Parasiten von gefangenen Insekten, die
natürlich von der Pflanze als „Beifang“ auch mitverdaut werden.

„Unsere Untersuchungen zum Beutespektrum von fleischfressenden Pflanzen
mittels genetischer Fingerabdrücke der gefangenen Beutetiere ähnelte fast
Tatort Pflanzenfalle: DNA-Spuren geben Speiseplan fleischfressender Pflanzen preis
einer modernen kriminalistischen Tatortrekonstruktion anhand von DNA-Spuren.
Nur dass unsere “Crime Scene Investigation” darin bestand, herauszufinden was
die fleischfressenden Pflanzen auf dem Mittagstisch hatten“, so
Insektenexperte Dr. Axel Hausmann von der Zoologischen Staatssammlung München
(SBSB-ZSM).

Als Studienobjekt haben die Wissenschaftler fleischfressende Pflanzen der
Gattung Sonnentau aus der Kimberley-Region im tropischen Nordaustralien
(Drosera) gewählt. “Drosera-Arten sind perfekt für unsere Untersuchungen,
weil deren glitzernde klebrige Blätter offene Fallensysteme darstellen, das
heißt, die gefangenen Beutetiere sind leicht sichtbar und können auch gut
fotografisch dokumentiert werden. Und die Insektenbeute trocknet auf diesen
Blättern schnell ab, nachdem sie verdaut wurde, was wichtig für den guten
Erhalt des DNA-Material darin ist. Wasser ist der größte Feind beim Erhalt
von Erbmaterial in unseren Versuchen, deswegen funktioniert die Methode bei
den bekannten Kannenpflanzen nicht so gut“, so Studienleiter Dr. Andreas
Fleischmann von der Botanischen Staatssammlung München (SNSB-BSM) und der
Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Fleischfressende Pflanzen locken Insekten und andere Kleintiere an, fangen
und verdauen diese, um zusätzliche Nährstoffe aus dieser tierischen Beute zu
ziehen, die sie nicht aus den nährstoffarmen Böden bekommen in denen sie
wachsen. Damit haben fleischfressende Pflanzen als Nährstoffspezialisten
einen Weg gefunden in Lebensräumen zu wachsen, in denen andere Pflanzen kaum
existieren können. Viele der 860 fleischfressenden Pflanzenarten, die wir
heute kennen, sind durch Lebensraumzerstörung, Umweltverschmutzung und
Klimawandel bedroht. Um wirksame Pläne zu ihrem Schutz zu entwickeln, ist es
auch nötig ihre Biologie zu kennen und zu verstehen, so auch ihr natürliches
Beutespektrum. Sehr oft findet man mehrere verschiedene fleischfressende
Pflanzen im selben Lebensraum zusammen, die vielleicht unterschiedliche
Beutetiere fangen, um Konkurrenz zu vermeiden. Die Beantwortung solcher
Fragen kann auch helfen, die Evolution und Artbildung bei fleischfressenden
Pflanzen besser zu verstehen.

Die Studie wurde unter anderem vom Bayerischen Staatsministerium für
Wissenschaft und Kunst aus Mitteln des Bayerischen Paktes für Forschung und
Innovation (PFI) gefördert.

Publikation:
Krueger, T.A., Cross, A.T., Hübner, J., Morinière, J., Hausmann, A. &
Fleischmann, A. (2022). A novel approach for reliable qualitative and
quantitative prey spectra identification of carnivorous plants combining DNA
metabarcoding and macro photography. Scientific Reports 12: Article 4778.
https://doi.org/10.1038/s41598-022-08580-8

Kontakt:
PD Dr. Andreas Fleischmann
SNSB – Botanische Staatssammlung München
Menzinger Str. 67, 80638 München
E-Mail: fleischmann@snsb.de
Tel.: 089 17861 240
Dr. Axel Hausmann
SNSB – Zoologische Staatssammlung München
Münchhausenstr. 21, 81247 München
E-Mail: hausmann.a@snsb.de
Tel.: 089 8107 158

    Beute von Drosera finlaysoniana aus dem tropischen Nordaustralien. Diese
    Art fängt sowohl größere Beutetiere wie Schmetterlinge, als auch
    mikroskopisch kleine Fluginsekten wie Thripse, kleine Mücken und
    Zikaden. Fotos: Andreas Fleischmann, BSM-SNSB
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