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Technische Hochschule Ingolstadt

                         Fakultät: Business School

                      Studiengang: Betriebswirtschaft

                             Bachelorarbeit

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank in Zeiten der Corona Pandemie –
                        ein Vergleich mit der Finanzkrise.

Vor- und Zuname: Enisa Sujak

ausgegeben am: 01.03.2021
abgebeben am: 01.08.2021

Erstprüfer: Prof. Dr. rer. pol. Monika Ruschinski
Zweitprüfer: Prof. Dr. rer. pol. Jörg Clostermann
Technische Hochschule Ingolstadt - opus4 ...
Abstract
Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist es herauszuarbeiten, wie die Europäische
Zentralbank in Krisensituationen reagiert hat und welche Maßnahmen sie durch-
führte, um negativen Auswirkungen entgegenzuwirken. Im Vergleich zur Finanz-
krise werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den geldpolitischen Maß-
nahmen der Europäische Zentralbank aufgeführt. Die beiden Krisensituationen
werden anhand drei Konjunkturindikatoren gegenübergestellt und interpretiert.
Um dies herauszuarbeiten, werden unter anderem Statistiken aus dem Statisti-
schen Bundesamt herangezogen und Daten von der Europäischen Zentralbank
analysiert und interpretiert. Die Erkenntnisse aus der Analyse der Geldpolitik,
während der Coronakrise, ermöglichen ein besseres Verständnis für die Tätig-
keiten und Herausforderungen seitens der Zentralbank. Durch den Vergleich mit
der Finanzkrise können Lehren und Verbesserungspotenziale erkannt werden.

                                                                             II
1     Inhaltsverzeichnis

Abstract .............................................................................................................. II

Abbildungsverzeichnis .................................................................................... V

Tabellenverzeichnis ........................................................................................ VI

Abkürzungsverzeichnis ................................................................................. VII

1 Einleitung ........................................................................................................ 1

    1.1       Gegenstand der Arbeit .......................................................................... 1
    1.2       Zielsetzung der Arbeit ........................................................................... 2
    1.3       Thematische Abgrenzung ..................................................................... 3
    1.4       Methodik und Überblick über die Arbeit ................................................ 3

2      Geldpolitische Instrumente der Europäischen Zentralbank .................. 5

    2.1       Traditionelle Instrumente ...................................................................... 5
       2.1.1 Offenmarktgeschäfte ......................................................................... 5
       2.1.2 Ständige Fazilitäten ........................................................................... 7
       2.1.3 Mindestreservepolitik ......................................................................... 8

    2.2       Unkonventionelle Instrumente .............................................................. 9
       2.2.1 Forward Guidance ............................................................................. 9
       2.2.2 Quantitative Lockerung ................................................................... 10
       2.2.3 Gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte ........................... 10
       2.2.4 Erweiterung der zulässigen Sicherheiten ........................................ 11

3      Die Europäische Zentralbank während der Corona Pandemie ............ 12

    3.1       Auswirkungen der Corona Pandemie auf die Eurozone ..................... 12

    3.2       Geldpolitische Maßnahmen der Europäischen Zentralbank während
    der Pandemie ................................................................................................ 15
       3.2.1 Programm zum Ankauf von Vermögenswerten............................... 15
       3.2.2 Pandemie-Notfallankaufprogramm.................................................. 19
       3.2.3 Kreditfazilitäten ................................................................................ 23

                                                                                                                       III
3.2.4 Swap- und Repo-Fazilitäten ............................................................ 25

4     Ein Vergleich mit der globalen Finanzkrise ........................................... 26

    4.1     Auslöser und Auswirkungen der Finanzkrise ...................................... 26

    4.2     Reaktionen der EZB auf die Krisen im Vergleich ................................ 28

    4.3     Geldmengenentwicklung in der Eurozone .......................................... 33

    4.4     Konjunkturindikatoren während den Wirtschaftskrisen ....................... 34
      4.4.1 Bruttoinlandsprodukt ....................................................................... 34
      4.4.2 Erwerbstätige .................................................................................. 36
      4.4.3 Verbraucherpreisindex .................................................................... 37

5     Fazit ........................................................................................................... 40

Literaturverzeichnis ........................................................................................ 41

                                                                                                                      IV
Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Öffentlicher Schuldenstand der Mitgliedstaaten. .......................... 14
Abbildung 2: Teilprogramme des APP. ............................................................. 16
Abbildung 3: Bestand des erweiterten Anleihekaufprogramms......................... 18
Abbildung 4: Pandemie-Notfallankaufprogramm Finanzrahmen....................... 19
Abbildung 5: Zu geldpolitischen Zwecken gehaltene Wertpapiere.................... 21
Abbildung 6: Finanzierung der Banken im Euroraum durch die EZB. ............... 29
Abbildung 7: Entwicklung der Geldmenge M3. ................................................. 33
Abbildung 8: Bruttoinlandsprodukt – Coronavirus-Krise und Finanzkrise. ........ 35
Abbildung 9: Erwerbstätige – Coronavirus-Krise und Finanzkrise. ................... 36
Abbildung 10: Verbraucherpreisindex – Coronavirus-Krise und Finanzkrise. ... 37

                                                                                                  V
Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Geldpolitik der Krisen. . 30

                                                                            VI
Abkürzungsverzeichnis

EZB            Europäische Zentralbank
EU             Europäische Union
ESZB           Europäisches System der Zentralbanken
NZB            Nationale Zentralbanken
bzw.           beziehungsweise
ACC            Additional Credit Claims
COVID-19       Corona Virus Disease 2019
BIP            Bruttoinlandsprodukt
Repo           Repurchase Agreement
APP            Asset Purchase Programme
CBPP1          First Covered Bond Purchase Programme
CBPP2          Second Covered Bond Purchase Programme
CBPP3          Third Covered Bond Purchase Programme
ABSPP          Asset-Backed Securities Purchase Programme
PSPP           Public Sector Purchase Programme
CSPP           Corporate Sector Purchase Programme
PEPP           Pandemic Emergency Purchase Programme
SMP            Securities Markets Programme
Mrd.           Milliarde
Mio.           Million
Bio.           Billion
M1             Money 1
M2             Money 2
M3             Money 3
VPI            Verbraucherpreisindex
HVPI           Harmonisierter Verbraucherpreisindex

                                                            VII
1 Einleitung
1.1   Gegenstand der Arbeit
„Außergewöhnliche Zeiten erfordern außerordentliche Maßnahmen. Wir erken-
        nen uns uneingeschränkt zum Euro.“ [Christine Lagarde, 2021a]

Mit diesen Worten kündigte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Chris-
tine Lagarde, die Maßnahmen zur Eindämmung der Auswirkungen der Corona-
virus Pandemie an [vgl. EZB 2021a]. Die Pandemie hatte im März 2020 ihren
Anfang und prägt seither die Welt auf gesundheitlicher, wirtschaftlicher und ge-
sellschaftlicher Ebene. Durch Kontaktbeschränkungen, Schließungen des Ein-
zelhandels, der Gastronomie und Hotellerie, außerdem Beschränkungen des
Reiseverkehrs, stellt diese Pandemie eine außergewöhnliche Zeit für die Welt-
wirtschaft dar. Die Pandemie führte aufgrund dessen zu einem Rückgang der
Verbraucherausgaben, Investitionen und Produktionen, welches mit verminder-
ten Arbeitsvolumen einhergeht [vgl. Fritsche und Harms 2020, S. 266-267]. Die-
ser Wirtschaftsschock, welcher durch den Virus ausgelöst wurde, könnte die
Konjunktur beeinflussen und in eine wirtschaftliche Rezession führen.

Nicht nur die politischen Beschlüsse beeinflussen das Leben der Menschen in
Deutschland, auch die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank wirken sich
auf die Wirtschaft und die Einwohner der Eurozone aus [vgl. EZB 2015]. Da Zin-
sentwicklungen für Investitionen der Privatpersonen und Unternehmen von Be-
deutung sein könnten, sind die Entscheidungen der Europäischen Zentralbank in
der Öffentlichkeit präsent. Die Institution der Europäischen Union verfolgt anhand
ihrer Geldpolitik das Ziel, die Preise zu stabilisieren und damit eine Inflation oder
Deflation zu verhindern.

Die Europäische Zentralbank ergreift in Krisensituationen Maßnahmen, um die
Wirtschaftssektoren zu unterstützen und Kreditfluss zu gewähren, damit sich die
Wirtschaft beruhigen kann [vgl. EZB 2021a]. Anders als bei der Finanzkrise, han-
delt es sich bei der Coronakrise um eine weltumfassende Krise, welches jedes

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Land konfrontierte. Die Finanzkrise nahm ihren Ursprung in den Vereinigten
Staaten, als Folge von riskanten Immobilienkreditvergaben, sodass es zur Insol-
venz der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers führte. Die Konse-
quenzen der Bankenkrise waren Arbeitslosigkeit, Produktions- und Investitions-
rückgänge [vgl. Gropp und Wix 2019, S. 27]. Die Folgen der Finanzkrise und der
Coronavirus Pandemie könnten einige Parallelen aufzeigen. Die Europäische
Zentralbank hat in beiden Krisen Maßnahmen ergriffen, um diesen entgegenzu-
wirken. Gegenstand vorliegender Bachelorarbeit ist es, die Geldpolitik der EZB
in Zeiten der Corona Pandemie herauszuarbeiten. Des Weiteren, wird ein Ver-
gleich zur Finanzkrise gezogen.

1.2   Zielsetzung der Arbeit
Die Pandemie und die Finanzkrise sind Krisen, welche unterschiedliche Auslöser
hatten und dennoch ähnliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft aufwiesen. In
vorliegender Arbeit wird das Ziel verfolgt aufzuzeigen, wie die Europäische Zent-
ralbank während der Pandemie reagiert hat, welche Maßnahmen ergriffen wur-
den und ob sie Herausforderungen ausgesetzt war. Ein weiteres Ziel dieser Ar-
beit ist es festzustellen, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sich in der
Geldpolitik der EZB während beiden Krisen erkennen lassen. Folglich ergibt sich
nach der Umsetzung eine gute Möglichkeit, den Nutzen der Maßnahmen zu iden-
tifizieren und die Erfolge zu evaluieren. In vorliegender Arbeit werden folgende
Fragen beantwortet:

Welche Maßnahmen wurden von der Europäischen Zentralbank getroffen, um
der Coronakrise entgegenzuwirken? Welche Gemeinsamkeiten und Unter-
schiede zu der globalen Finanzkrise sind erkennbar?

                                                                               2
1.3   Thematische Abgrenzung
Die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken der EU-Mitglied-
staaten bilden zusammen das Europäische System der Zentralbanken. Der EZB-
Rat, das Direktorium und der Erweitere Rat bilden die Beschlussorgane der EZB.
Das ESZB wird von den Entscheidungsgremien der Europäischen Zentralbank
geleitet [vgl. Rakic 2021]. Damit das oberste Hauptziel der EZB, die Gewährleis-
tung der Preisstabilität, stets verfolgt werden kann, stellt diese eine politisch un-
abhängige Institution dar. Außerdem unterscheidet sich das Eurosystem, wel-
ches sich aus der EZB und den NZB der EU-Mitgliedstaaten, mit Euro als Wäh-
rungsmittel, zusammensetzt.

Die EZB stellt ein komplexes Themengebiet dar, welches in vorliegender Arbeit
zur besseren Übersicht eingegrenzt wird. Diese Arbeit setzt einen Fokus auf die
Geldpolitik der EZB während der Coronakrise in der Eurozone. Aufgrund der
breitgefächerten Aufgabengebiete, Strategien und Ziele der Europäischen Zent-
ralbank, setzt diese Arbeit ihren Schwerpunkt auf die geldpolitischen Instru-
mente. Dabei wird eine zeitliche Eingrenzung der Analyse vorgenommen, indem
die Zeit von März 2020 bis Januar 2021 betrachtet wird. Für den Vergleich der
Krisen werden neben den Unterschieden und Gemeinsamkeiten in der Geldpoli-
tik der EZB auch drei Konjunkturindikatoren dargestellt.

1.4   Methodik und Überblick über die Arbeit
Diese Arbeit beginnt mit einer Einführung in die theoretischen Grundlagen zur
Europäischen Zentralbank. In dem ersten Teil wird für ein Grundverständnis ge-
sorgt, indem die geldpolitischen Instrumente erklärt werden. Es wird ein Ver-
ständnis für konventionelle und unkonventionelle Instrumente der EZB geschaf-
fen. In diesem Zuge werden das Ziel und der Nutzen hinter diesen Instrumenten
beleuchtet.

In dem zweiten Teil werden die geldpolitischen Maßnahmen der Europäische
Zentralbank während der Corona Pandemie aufgezeigt. Nachdem der Auslöser
der Pandemie dargelegt wurde, werden die Auswirkungen der Pandemie auf die
Eurozone erläutert. In diesem Teil wird der Einfluss auf die Finanzmärkte,

                                                                                   3
Unternehmen und Privatpersonen anhand verschiedener Variablen aufgeführt.
Im Anschluss werden diese Variablen in Statistiken dargestellt, um die Auswir-
kungen zu beleuchten.

In den dritten Teil wird zunächst mit einer historischen Entwicklung der Finanz-
krise eingeleitet. Anschließend werden die geldpolitischen Maßnahmen der EZB
analog der Coronakrise analysiert. Des Weiteren werden die Auswirkungen der
Finanzkrise auf die Eurozone aufgezeigt. Folglich werden in diesem Kapitel die
Reaktionen auf beide Krisen miteinander verglichen. Die Wirksamkeit der einge-
leiteten Maßnahmen zur Lockerung der Situation sind Inhalt des Kapitels. Nach-
folgend werden anhand unterschiedlicher Konjunkturindikatoren Parallelen zu
den Folgen beider Krisen aufgezeigt.

Im letzten Kapitel dieser Bachelorarbeit werden die wichtigsten Ergebnisse zu-
sammengefasst und durch ein Fazit abgerundet.

                                                                              4
2 Geldpolitische Instrumente der Europäischen Zentralbank
2.1   Traditionelle Instrumente
Für ein theoretisches Grundverständnis werden im Folgenden drei traditionelle,
geldpolitische Instrumente der Europäischen Zentralbank erläutert. Die Offen-
marktgeschäfte, die ständigen Fazilitäten und die Mindestreservepolitik.

2.1.1 Offenmarktgeschäfte
Das oberste Ziel der EZB ist die Gewährleistung der Geld- und Preisstabilität. Die
EZB verfolgt daher eine expansive Geldpolitik, um ihre Ziele zu erreichen. Die
Offenmarktgeschäfte sind ein zentrales Instrument in der Geldpolitik des Euro-
systems zur Erreichung geldpolitischer Ziele. Dadurch können Zinssätze und Li-
quidität am Geldmarkt reguliert werden [vgl. Wildmann 2015, S. 149]. Außerdem
kann damit ein Signal zum geldpolitischen Kurs gegeben werden. Offenmarktge-
schäfte stehen für den Handel mit Wertpapieren am Geldmarkt. Im Zuge des
Pensionsgeschäfts kauft die Zentralbank den Geschäftsbanken Vermögens-
werte wie beispielsweise Wertpapiere als refinanzierungsfähige Sicherheit auf
[vgl. Wildmann 2015, S. 150]. Dieses Geschäft bringt eine Erhöhung der Geld-
menge in der Volkswirtschaft mit sich. Das Zentralbankgeld kann somit von den
Geschäftsbanken in Form von Krediten an Unternehmen und Privatpersonen
weitergegeben werden. Die Zentralbank kann allerdings auch Wertpapiere ver-
kaufen. Dadurch verringert sich die Geldmenge in der Wirtschaft, die Liquidität
und das Kreditvolumen der Geschäftsbanken sinken. Diese Offenmarktgeschäfte
werden seitens der Europäischen Zentralbank initiiert [vgl. Wildmann 2015, S.
151]. Im Folgenden werden die vier Kategorien der Offenmarktgeschäfte des Eu-
rosystems näher erläutert.

2.1.1.1 Hauptrefinanzierungsgeschäfte
Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sind die wichtigsten Offenmarktgeschäfte
der EZB. Diese stellen befristete Transaktionen zwischen der EZB und den Ge-
schäftsbanken mit einer Laufzeit von einer Woche dar [vgl. Rakic 2021]. Die Ge-
schäftsbanken müssen dabei für den Kredit Sicherheiten bei der Zentralbank hin-
terlegen. Indem die Zentralbank die Geschäftsbanken mit Geld versorgt, kann

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diese das Volumen des Geldes regulieren. Standardtender, welche von den na-
tionalen Zentralbanken durchgeführt werden, können in Mengen- oder Zinsten-
der erfolgen. Bei Mengentender reguliert die Zentralbank die Geldmenge über
die bereitgestellte Geldmenge. Bei diesem Verteilungsverfahren erfolgt die Zins-
festlegung durch die EZB. Die Geschäftsbanken können demnach Gebote abge-
ben. Eine andere Verteilungsmöglichkeit ist das Zinstenderverfahren. Hierbei
wird durch die EZB ein Mindestbietungssatz festgelegt, wodurch die Geschäfts-
banken Zinsgebote abgeben können. Die Verteilung erfolgt je nach Gebotshöhe
[vgl. Wildmann 2015, S. 154]. Da die EZB die Zinsen am Geld- und Kapitalmarkt
beeinflussen kann, ist der Zinssatz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte der wich-
tigste Leitzins. Der Hauptrefinanzierungssatz, bei dem sich Banken Geld von der
EZB leihen können, liegt derzeit bei 0,00% (Stand Juli 2021) [vgl. Deutsche Bun-
desbank 2021].

2.1.1.2 Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte
Eine weitere Kategorie der Offenmarktgeschäfte sind die längerfristigen Refinan-
zierungsgeschäfte. Der Unterschied zu den Hauptrefinanzierungsgeschäften
liegt dabei in der Dauer der Laufzeit. Diese betragen bei den längerfristigen Re-
finanzierungsgeschäften drei Monate [vgl. Belke und Bordon 2017, S. 523]. Dies
soll eine Liquiditätszufuhr von Zentralbankgeld an die Geschäftsbanken über ei-
nen längeren Zeitraum ermöglichen. Diese befristeten Transaktionen erfolgen
ebenso dezentral über die nationalen Zentralbanken [vgl. Sharik 2020, S. 120-
121].

2.1.1.3 Feinsteuerungsoperationen
Um marktmäßige Schwankungen in der Liquiditätsversorgung auszugleichen,
werden in der Offenmarktpolitik Feinsteuerungsoperationen durchgeführt. Durch
ihre Unvorhersehbarkeit finden diese unregelmäßig mit unbestimmter Laufzeit
statt. Somit kann die EZB kurzfristig Zentralbankgeld zu- oder abführen. Des Wei-
teren können durch Feinsteuerungsoperationen die Zinssätze reguliert werden,
um die Folgen der Schwankungen einzudämmen [vgl. Anderegg 2014, S.358].

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2.1.1.4 Strukturelle Operationen
Eine weitere Kategorie der Offenmarktgeschäfte stellen die strukturellen Opera-
tionen dar. Die Liquiditätsbereitstellung erfolgt hierbei entweder durch befristete
Transaktionen oder über Käufe. Eine Liquiditätsabschöpfung erfolgt anhand
Emissionen von Schuldverschreibungen bzw. endgültiger Verkäufe. Zudem kön-
nen diese Offenmarktgeschäfte regelmäßig oder unregelmäßig sein. Die struktu-
rellen Operationen nützen der Anpassung von Liquiditätspositionen des Finanz-
sektors gegenüber dem Eurosystem [vgl. Anderegg 2014, S.358-360].

2.1.2 Ständige Fazilitäten
Durch ständige Fazilitäten bietet sich die Möglichkeit kurzfristig bei der Zentral-
bank Geld einzulegen oder Kredite zu erhalten. Der Unterschied zu den Offen-
marktgeschäften liegt darin, dass die Initiative von den Geschäftsbanken ausgeht
[vgl. Belke und Bordon 2017, S. 524]. Hintergrund dabei ist es die kurzfristige
Abschöpfung bzw. Zuführung von Zentralbankgeld im Markt zu ermöglichen. Au-
ßerdem fungieren die ständigen Fazilitäten als Signalfunktion bezüglich des geld-
politischen Kurses der Geldpolitik [vgl. Belke und Bordon 2017, S. 524]. Im Fol-
genden werden zwei ständige Fazilitäten unterschieden.

2.1.2.1 Spitzenrefinanzierungsfazilität
Durch die Spitzenrefinanzierungsfazilität können sich die Geschäftsbanken
Übernachtliquidität beschaffen, wenn diese kurzfristig Geld benötigen. Dies stellt
eine kurzfristige Kreditaufnahme bei der EZB dar. Der Spitzenrefinanzierungs-
satz, den die Banken bei einer Kreditaufnahme zahlen müssen, liegt derzeit bei
0,25% (Stand Juli 2021) [vgl. Deutsche Bundesbank 2021]. Der Zinssatz stellt
eine Obergrenze am Geldmarkt dar, wodurch Geschäftsbanken keinen höheren
Zinssatz als diesen verlangen könnten [vgl. Wildmann 2015, S. 157-158].

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2.1.2.2 Einlagefazilität
Im Zuge der Einlagefazilität haben die Geschäftsbanken die Möglichkeit bis zum
nächsten Geschäftstag Geld bei der Zentralbank zu einem festgelegten Zins an-
zulegen. Dies führen die Banken etwa aufgrund Liquiditätsüberschüsse durch
[vgl. Wildmann 2015, S. 157]. Der Zinssatz für die Einlagefazilität beträgt gegen-
wärtig -0,50% (Stand Juli 2021) und bildet somit die Zinsuntergrenze am Markt
[vgl. Deutsche Bundesbank 2021]. Durch den negativen Zinssatz werden die
Banken dementsprechend sanktioniert, wenn sie Geld bei der Zentralbank anle-
gen.

2.1.3 Mindestreservepolitik
Ein Instrument welches nicht zu den Refinanzierungsinstrumenten der Ge-
schäftsbanken gehört ist die Mindestreservepolitik. Die Geschäftsbanken sind
hierbei verpflichtet, Einlagen als Mindestreserven bei der Zentralbank zu hinter-
legen. Durch einen von der Zentralbank festgelegten Mindestreservesatz wird die
Höhe der Mindestreserven anhand der Reservebasis ermittelt. Demnach sind
täglich fällige Einlagen, Einlagen mit einer Laufzeit bzw. Kündigungsfrist von bis
zu zwei Jahren und Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit von bis zu zwei
Jahren und Geldmarktpapiere reservepflichtig. Diese bilden somit in Summe die
Mindestreservebasis [vgl. Wildmann 2015, S. 160]. Durch die Mindestreservepo-
litik kann die EZB die Geldmenge steuern und somit Einfluss auf den Geldmarkt
und die Zinsen nehmen. Eine Erhöhung des Mindestreservesatzes durch die
EZB stellt einen Liquiditätsentzug für die Geschäftsbanken dar, welches somit
geringeres Kreditvolumen bedeuten würde. Analog würde die Liquidität der Ge-
schäftsbanken steigen, wodurch sie mehr Kredite an ihre Kunden vergeben
könnten, sollte die EZB den Mindestreservesatz senken [vgl. Sharik 2020, S.
131]. Das Ziel dahinter ist es, die Geldmarktsätze zu stabilisieren und eine struk-
turelle Liquiditätsknappheit herzuleiten [vgl. Hellenkamp 2018, S. 21].

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2.2   Unkonventionelle Instrumente
Die Europäische Zentralbank verfolgt das Ziel, die Inflationsrate mittelfristig unter
aber nahe 2% zu halten und somit die Preisstabilität zu gewährleisten [vgl. EZB
2015]. Zur Erreichung des Inflationsziels stehen der EZB die Leitzinsen zur Ver-
fügung. Sollte die Teuerungsrate zu niedrig sein und die EZB die Leitzinsen da-
raufhin bereits gesenkt haben, oder diese schon sehr niedrig sind, können an-
dere geldpolitische Instrumente zum Greifen kommen [vgl. EZB 2017]. Im Zuge
von Krisensituationen wurden Sondermaßnahmen betrieben, um die Finanz-
märkte zu stabilisieren und den Auswirkungen der Krisen entgegenzuwirken [vgl.
Fendel und Neugebauer 2020, S. 22]. Für ein Grundverständnis werden im Fol-
genden vier unkonventionelle Maßnahmen erläutert [vgl. Oesterreichische Nati-
onalbank 2020].

2.2.1 Forward Guidance
In Zeiten von Wirtschaftskrisen hat die EZB seit der globalen Finanzkrise Son-
dermaßnahmen ergriffen. Forward Guidance zählt daher zu einem unkonventio-
nellen geldpolitischen Instrument [vgl. Fendel und Neugebauer 2020, S. 23]. Die-
ses wird als Kommunikationsstrategie gesehen, welches künftige Zinsentschei-
dungen kommuniziert. Die EZB hatte dies nicht immer so gehandhabt, denn bis
Juli 2013 wurden selten Andeutungen für den zukünftigen Zinsverlauf gegeben.
Der EZB-Rat behält sich allerdings vor, bei kurzfristigen Veränderungen seine
Aussagen dementsprechend anpassen zu können. Die Absichten des EZB-Rats
werden beleuchtet, um dadurch Unsicherheiten bezüglich des geldpolitischen
Kurses zu vermeiden [vgl. Deutsche Bundesbank 2019a, S. 186]. Durch die Kom-
munikation ihrer geldpolitischen Entscheidungen können außerdem Erwartungen
bezüglich der Zinsen gesteuert werden. Die Zentralbank kann dadurch Einfluss
auf die Geldmarktzinsen nehmen [vgl. Fendel und Neugebauer 2020, S. 23].

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2.2.2 Quantitative Lockerung
Ein weiteres unkonventionelles Instrument der EZB ist die quantitative Locke-
rung, welches Ankaufprogramme von Vermögenswerten beschreibt [vgl. Fendel
und Neugebauer 2020, S. 23]. Die EZB kauft hierbei Anleihen von Banken auf,
um für mehr Liquidität im Bankensystem zu sorgen. Mit dem Ankauf von Anleihen
wird Zentralbankgeld geschaffen. Durch die sinkenden Zinsen und der größeren
Liquidität können die Banken mehr Kredite an Unternehmen und Privatpersonen
vergeben, welches folglich positive Auswirkungen auf die Wirtschaft hat. Dies
wird durchgeführt, um das Inflationsziel zu erreichen und einer möglichen Defla-
tion entgegenzuwirken [vgl. Fritsche und Steininger 2019, S. 3]. Außerdem wirkt
sich der Ankauf von Staatsanleihen positiv auf die Preisentwicklung aus. Durch
die sinkenden Bank- und Geldmarktzinsen entsteht eine vermehrte Nachfrage
am Gütermarkt, wodurch mehr konsumiert und investiert wird. Dies könnte indi-
rekt den Arbeitsmarkt beeinflussen und zu einer besseren Arbeitsmarktsituation
führen [vgl. Deutsche Bundesbank 2019a, S. 189-190].

2.2.3 Gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte
Die EZB bietet den Banken, im Rahmen gezielter längerfristiger Refinanzierungs-
geschäfte, langfristige Kredite zu günstigen Konditionen an [vgl. Fendel und Frit-
sche 2020, S. 24]. Der Unterschied zu den Hauptrefinanzierungsgeschäften liegt
dabei in drei Aspekten. Die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte
haben das Ziel die Kreditvergabe von Banken an Unternehmen und Privatperso-
nen aufrechtzuerhalten oder zu steigern. Indem die Unternehmen und Haushalte
Kredite erhalten, wird die Wirtschaft angekurbelt. Außerdem stellt die EZB den
Banken die günstigen Mittel nur zur Verfügung, wenn diese wiederum für die Kre-
ditvergabe genutzt werden. Zudem werden anders als bei den Hauptrefinanzie-
rungsgeschäften Kredite angeboten, welche erst nach vier Jahren zurückgezahlt
werden müssen. Für die Banken bedeutet dies eine sichere Liquiditätszufuhr [vgl.
EZB 2021b].

                                                                               10
2.2.4 Erweiterung der zulässigen Sicherheiten
Eine weitere Sondermaßnahme der EZB stellt die Erweiterung des Sicherheits-
rahmens dar. Die EZB verleiht den Geschäftsbanken Geld, wofür sie im Gegen-
zug angemessene Sicherheiten verlangt. Zu den Vermögenswerten, welche für
liquiditätszuführende Geschäfte bei der EZB zu hinterlegen sind, gehören bei-
spielsweise Staatsanleihen als marktfähige Sicherheiten. Zudem werden auch
nicht marktfähige Sicherheiten wie zusätzliche Kreditforderungen (Additional
Credit Claims – ACC) akzeptiert [vgl. EZB 2021c]. Um den Geschäftsbanken eine
Aufnahme von Zentralbankgeld zu ermöglichen, wurden die Vermögenswerte als
Sicherheiten für Refinanzierungsgeschäfte erweitert. Die EZB geht das Risiko ein
und reduziert Qualität und Quantität der Sicherheiten, um den Banken dadurch
den Zugang zu erleichtern [vgl. Fendel und Neugebauer 2020, S. 24].

                                                                             11
3 Die Europäische Zentralbank während der Corona Pandemie
Im Zuge der Pandemie führte die Europäische Zentralbank Maßnahmen durch,
um den negativen Auswirkungen der Corona-Wirtschaftskrise entgegenzuwir-
ken. Für ein Grundverständnis werden zunächst die Auswirkungen des Virus auf
die deutsche Wirtschaft und in der Eurozone beschrieben. Darauf basierend wer-
den die Reaktionen und Herausforderungen seitens der EZB in einem Zeitraum
von dem 1. März 2020 bis zum 1. März 2021 dargestellt.

3.1   Auswirkungen der Corona Pandemie auf die Eurozone
Das Coronavirus, mit Ursprung in der chinesischen Metropole Wuhan, trat im
Dezember 2019 auf und verbreitete sich rasant ab Januar 2020, wodurch in kür-
zester Zeit jedes Land der Welt mit der Krankheit Corona Virus Disease 2019
(COVID-19) konfrontiert wurde. Die Übertragung der Krankheit erfolgt anhand
Tröpfchen- bzw. Aerosolinfektionen, welches leichte bis starke Krankheitsver-
läufe verursachen könnte [vgl. DGUV 2020]. Durch die hohe Ansteckungsgefahr
wurden Maßnahmen durch die Bundesregierung ergriffen, die zu Ausgangssper-
ren und ein generelles Herunterfahren des öffentlichen Lebens führten, um das
Virus einzudämmen. Dafür wurden vorübergehende Schließungen beispiels-
weise der Bildungsstätten, Hotellerie, Gastronomie und des Einzelhandels vor-
genommen. Durch diese Krisensituation veränderte sich der gewohnte Alltag und
somit auch die Weltwirtschaft. Im Folgenden werden einige Auswirkungen der
Corona Pandemie auf die deutsche Wirtschaft aufgeführt.

Tourismus und Luftverkehr: Durch die Pandemie sind besonders die Reisein-
dustrie und der Luftverkehr stark betroffen. Geschäftsreisen ins Ausland, Wo-
chenendausflüge und andere Freizeitaktivitäten wurden stark eingeschränkt, um
Menschenansammlungen und eine damit verbundene Ausweitung des Virus zu
verhindern. In deutschen Flughäfen ließ sich dadurch ein Rückgang von 74,5%
der Fluggäste im Vergleich zum Jahr 2019 verzeichnen. In diesem Zusammen-
hang brachen die Umsätze des Gastgewerbes um nahezu die Hälfte zum Vorjahr
ein [vgl. Statistisches Bundesamt 2021a].

                                                                           12
Konsumausgaben: Das Konsumverhalten der privaten Haushalte weist einen
Anstieg bei dem Kauf von Nahrungsmitteln und Getränken auf. Dies könnte da-
ran liegen, dass viele Menschen durch die pandemiebedingte Heimarbeit öfter
Zuhause essen. Somit wurden in diesem Bereich bei einigen Lebensmitteln die
Produktionen angekurbelt, um die Versorgung zu gewährleisten. Ein Abschwä-
chen des Konsums lässt sich hingegen in der Gastronomie erkennen, dies
könnte mit den Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen einhergehen [vgl.
Statistisches Bundesamt 2021a].

Onlinehandel: Für einige Branchen hatte die Coronakrise positive Folgen. Dazu
zählt der Onlinehandel, welcher durch einen Anstieg an Internetbestellungen ein
starkes Wachstum erlangte. Aufgrund der Schließungen des Einzelhandels wies
der Onlinehandel im Januar 2021 ein Anstieg von 31,8% zum Vorjahr auf. Im
Vergleich dazu erlitten die Kaufhäuser einen Umsatzeinbruch von 42,9% zum
Vorjahr. Im Internet Lebensmittel, Drogerieartikel oder Bekleidung zu kaufen ist
ein zunehmender Trend geworden und wird durch die Maßnahmen zur Pande-
miebekämpfung bestärkt [vgl. Statistisches Bundesamt 2021a].

Kurzarbeit: Die Coronakrise stellt eine wirtschaftlich schwierige Zeit dar, dadurch
mussten viele Unternehmen Kurzarbeit anmelden. Dies entsteht aufgrund eines
verminderten Arbeitspensum durch wegfallende Arbeitsaufträge. Die Folge des
Arbeitsausfalls sind verkürzte Arbeitszeiten und weniger Entgelt für alle oder ei-
nige Mitarbeiter. Die Regelungen zur Kurzarbeit stellen für die Unternehmen eine
finanzielle Unterstützung dar, wodurch ein Anstieg an Arbeitslosen verringert
werden kann. Einige Monate nach der Ausbreitung des Corona Virus in Deutsch-
land, befanden sich im April 2020 etwa 6 Millionen Menschen in Kurzarbeit [vgl.
Wanger 2020, S. 58]. Ein Jahr später, im März 2021 befanden sich noch ungefähr
2,69 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit [vgl. Rudnicka 2021]. Zudem führte der
Verdienstrückgang zu einer Verminderung von 1,1% der Reallöhne zum Vorjahr
2019 [vgl. Statistisches Bundesamt 2021a].

                                                                                13
Die Krisensituation durch die Pandemie und deren Folgen spüren neben
Deutschland auch weitere Länder der Eurozone. Aufgrund der Maßnahmen zur
Eindämmung der Pandemie entstand ein erhöhter Bedarf an Finanzierung [vgl.
Eurostat 2021a, S. 1]. In diesem Zusammenhang zeigt die folgende Abbildung
den öffentlichen Schuldenstand der Mitgliedstaaten im Verhältnis zum Bruttoin-
landsprodukt (BIP) am Ende des vierten Quartals im Jahr 2020. Der Schulden-
stand stieg im Euroraum von 83,9% auf 98,0% im vierten Quartal 2020 zum Vor-
jahreszeitraum an. Die EU verzeichnete am Ende des vierten Quartals 2020 eine
Verschuldungsquote von 90,7%, welche im Vorjahrjahresquartal noch 77,5% be-
trug. Die Ursachen für den Anstieg der Quoten ist etwa ein vermindertes BIP [vgl.
Eurostat 2021a, S. 1]. Griechenland weist die höchste Verschuldungsquote in
Höhe von 205,6% auf, diese war durch die Schuldenkrise bereits hoch und wurde
durch die Pandemie zunehmend verstärkt. Im Vergleich dazu gehört Deutschland
mit 69,8% zu den niedrigeren Quoten. Zusammenfassend lässt sich feststellen,
dass für diesen Zeitraum alle Mitgliedstaaten einen Anstieg in den Schuldenstän-
den aufwiesen. Die Ursache hierfür liegt vor allem in der wirtschaftlichen Krisen-
situation, welche durch die Pandemie ausgelöst wurde und jedes Land begeg-
nete [vgl. Eurostat 2021a, S. 1].

Abbildung 1: Öffentlicher Schuldenstand der Mitgliedstaaten.

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Eurostat 2021a, S. 4.

                                                                               14
3.2   Geldpolitische Maßnahmen der Europäischen Zentralbank während der
      Pandemie
Im Laufe der Corona Pandemie wurden durch die EZB geldpolitische Maßnah-
men ergriffen, um den negativen Auswirkungen und Folgen entgegenzuwirken.
Diese werden nachfolgend näher erläutert.

3.2.1 Programm zum Ankauf von Vermögenswerten
Die EZB verfolgt stets das Ziel für Preisstabilität zu sorgen und somit die Inflation
mittelfristig unter, aber nahe 2% zu halten. In Krisensituationen hat die EZB aber
mit einigen Herausforderungen zu kämpfen. Um einer niedrigen Inflation entge-
genzuwirken kann diese dafür Sondermaßnahmen ergreifen. Die Maßnahmen
kommen zum Greifen, wenn weitere Senkungen des Leitzinses nicht den ge-
wünschten Effekt erzielen. Eines dieser Sondermaßnahmen ist das Programm
zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme – APP).
Dadurch steuert die EZB Finanzierungsbedingungen, um folglich den Konsum
und die Investitionen anzukurbeln, welches sich auf das Wirtschaftswachstum
auswirkt [vgl. EZB 2019]. Durch den Ankauf von Vermögenswerten des privaten
Sektors werden Preise durch die erhöhte Nachfrage angehoben, welches für
Banken ein Beweggrund für eine erhöhte Kreditvergabe ist. In diesem Zuge wer-
den die Finanzierungsbedingungen verbessert, da mit der erhöhten Kredit-
vergabe an die Realwirtschaft die Kreditzinsen sinken und somit Kredite für Un-
ternehmen und Privatpersonen günstiger werden [vgl. EZB 2019]. Durch das Pro-
gramm zum Ankauf von Vermögenswerten versucht die EZB den Herausforde-
rungen einer möglichen niedrigen Inflation gerecht zu werden und diesen entge-
genzuwirken, auch wenn mit Risiken. Um Ungewissheiten seitens der Märkte zu
vermindern, haben diese Ankäufe außerdem eine Signalwirkung, wie die Zins-
lage künftig aussehen wird. Demzufolge werden diese über einen längeren Zeit-
raum niedrig bleiben [vgl. EZB 2019].

                                                                                  15
Die nachfolgende Abbildung zeigt die vier aktiven Teilprogramme des Asset
Purchase Programme – APP.

Abbildung 2: Teilprogramme des APP.

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an den EZB-Jahresbericht 2020.

CBPP3:
Ein Teilprogramm des APP ist das dritte Programm zum Ankauf gedeckter
Schuldverschreibungen (Third Covered Bond Purchase Programme – CBPP3).
Diese Ankäufe haben das Ziel, den Prozess der Geldpolitik zu bestärken. Hierbei
wird die Kreditversorgung unterstützt welches sich wiederrum auf die Volkswirt-
schaft auswirken würde [vgl. Deutsche Bundesbank 2019b]. Im März 2021 wurde
für dieses Programm ein Bestand in Höhe von 289.424 Mio. Euro verzeichnet.
Dies hat einen Anteil von ungefähr zehn Prozent am APP-Bestand [vgl. EZB
2021d].

ABSPP:
Ein weiteres Teilprogramm des APP ist das Programm zum Ankauf von forde-
rungsbesicherten Wertpapieren (Asset-Backed Securities – ABSPP). Hierbei
handelt es sich um Käufe von privaten Herausgebern am Markt für bereits be-
findliche Wertpapiere am Primärmarkt [vgl. Deutsche Bundesbank 2019b].

                                                                            16
Dieses Programm hat mit 28.709 Mio. Euro im März 2021 einen Anteil von etwa
einem Prozent am gesamten APP-Bestand [vgl. EZB 2021d].

PSPP:
Ein zusätzliches Teilprogramm ist das Programm zum Ankauf von Wertpapieren
des öffentlichen Sektors (Public Sector Purchase Programme – PSPP). Dieses
hat im März 2021 einen Bestand von 2.379.053 Mio. Euro und somit einen acht-
zigprozentigen Anteil am APP-Portfolio [vgl. EZB 2021d]. Zu den Wertpapieren
gehören beispielsweise Anleihen regionaler und lokaler Körperschaften oder in-
ternationaler Organisationen. Diese Ankäufe finden am Sekundärmarkt statt und
könnten Mindest- oder Maximallaufzeiten haben [vgl. Deutsche Bundesbank
2019b]. Um das Risiko im Rahmen zu halten, eine stabile Preisfindung sicherzu-
stellen und den Markt intakt zu halten, wurden Obergrenzen für Ankäufe interna-
tionaler Organisationen und Entwicklungsbanken auf 50% erhöht [vgl. EZB
2021e]. Im April 2021 gilt die Deutsche Bundesbank als der größte Käufer von
Vermögenswerten mit einem Anleihenbestand von etwa 599 Mrd. Euro. Danach
kommt die französische Notenbank mit ungefähr 495 Mrd. Euro, gefolgt von der
Notenbank in Italien mit circa 425 Mrd. Euro [vgl. Statista 2021a].

CSPP:
Auch das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors
(Corporate Sector Purchase Programme – CSPP) zählt als Teilprogramm zum
APP. In diesem Programm ist es möglich, beispielsweise Anleihenkäufe von Un-
ternehmen bzw. Nichtfinanzunternehmen mit Sitz im Euroraum zu tätigen [vgl.
Deutsche Bundesbank 2019b]. Im März 2021 führt das CSPP einen Bestand in
Höhe von 266.060 Mio. Euro, welches somit neun Prozent am Gesamtaufkom-
men aufzeigt [vgl. EZB 2021d].

Der Bestand des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten beläuft sich so-
mit im März 2021 auf insgesamt 2.963.246 Mio. Euro [vgl. Statista 2020]. Im Rah-
men dieses Programms wurden in den Jahren von 2016 bis 2018 monatliche
Nettoankäufe von Vermögenswerten zwischen 15 Mrd. Euro und 80 Mrd. Euro

                                                                             17
getätigt. Im Jahr 2019 wurden erst wieder ab November Ankäufe abgewickelt,
welche eine monatliche Höhe von 20 Mrd. Euro hatten [vgl. Deutsche Bundes-
bank 2019b]. Diese monatlichen Nettoankäufe blieben auch während der Corona
Pandemie über das Jahr 2020 bestehen und wurden im Jahr 2021 fortgeführt
[vgl. EZB 2021f]. Als Reaktion auf die Coronakrise hat der EZB-Rat im März 2020
ferner beschlossen, das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten auszu-
dehnen. Hierbei wurden 120 Mrd. Euro bis Ende des Jahres 2020 angesetzt [vgl.
EZB 2021e]. Die EZB verfolgt mit diesem Programm stets das Ziel die Preissta-
bilität zu gewährleisten. Daher werden die monatlichen Nettoankäufe so lange
bestehen bleiben, bis der EZB-Rat die Leitzinsen anhebt [vgl. EZB 2021f].

Die folgende Abbildung zeigt den Bestand aufgekaufter Anleihen in Millionen
Euro im Rahmen des erweiterten Anleihekaufprogramms. Betrachtet wird hierbei
der Zeitraum von März 2015 bis März 2021. Die Programme CBPP3 und ABSPP
hatten ihren Anfang im Jahr 2014. Im Jahr 2016 wurde das Programm um das
CSPP ausgedehnt [vgl. Statista 2020].

Abbildung 3: Bestand des erweiterten Anleihekaufprogramms.

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Statista 2020 und EZB 2021d.

                                                                            18
3.2.2 Pandemie-Notfallankaufprogramm
Als Folge der Corona Pandemie wurde im März 2020 durch den EZB-Rat das
Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme
– PEPP) beschlossen. Dieses Programm soll dabei helfen, den negativen Aus-
wirkungen der Corona Pandemie entgegenzuwirken. Hierbei handelt es sich um
den Ankauf von Vermögenswerten des öffentlichen und privaten Sektors, wel-
ches zudem ein befristetes Notfallprogramm darstellt [vgl. Rakic 2021].

Abbildung 4: Pandemie-Notfallankaufprogramm Finanzrahmen.

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an den EZB Jahresbericht 2020.

Mit der Einführung des PEPP wurde zunächst ein Umfang von 750 Mrd. Euro bis
Ende Dezember 2020 vorgesehen. Die Ankäufe beinhalten jene Vermögens-
werte wie sie bei dem APP kategorisiert wurden. Trotz der Herausforderungen,
ausgelöst durch die Krise, wird der EZB-Rat das Notfallkaufprogramm so lange
führen, bis ein Ende der Pandemie in Sicht ist [vgl. EZB 2021e].

                                                                          19
Aufgrund der Lage wurde das Krisenprogramm im Juni 2020 um 600 Mrd. Euro
erweitert und somit nahezu verdoppelt. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine Verlän-
gerung der Nettoankäufe im Rahmen des PEPP bis Ende Juni 2021 beschlos-
sen. Ziel dahinter ist es, trotz der schwierigen Situation weiterhin für günstige
Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und Haushalte sorgen zu können.
Im Dezember 2020 wurde das Programm um weitere 500 Mrd. Euro erhöht,
wodurch sich das Volumen auf insgesamt 1.850 Mrd. Euro beläuft. Auch der Zeit-
raum der Nettoankäufe wurde bis Ende März 2022 verlängert [vgl. Schnabel
2021, S. 15].

Die geldpolitische Maßnahme, ein Notfallprogramm einzurichten, soll zur Zieler-
reichung der Preisstabilität dienen und durch günstige Finanzierungsbedingun-
gen für niedrige Marktzinsen sorgen. Durch dieses Vorgehen und der daraus re-
sultierenden Investitionen und Konsumausgaben wird in dieser außergewöhnli-
chen Zeit die gesamtwirtschaftliche Lage unterstützt. In Zeiten des Schocks sind
viele Privatpersonen, Unternehmen aber auch Staaten auf Hilfe angewiesen. Der
Wirtschaftsschock führte einige Menschen zur Arbeitslosigkeit wodurch Einkom-
mensquellen wegfielen. Die Unternehmen, die monatelang aufgrund politischer
Beschlüsse schließen mussten, konnten sich einiges nicht mehr leisten. Die Fol-
gen der Pandemie stellten somit die Bankenbranche vor einigen Herausforde-
rungen. Diese wären beispielsweise Unternehmensinsolvenzen oder auch un-
einbringliche Forderungen aufgrund Zahlungsschwierigkeiten einiger Kunden
[vgl. Handelsblatt 2021]. In dieser schwierigen Zeit versucht die EZB mit ihrer
Geldpolitik daher die Wirtschaft zu stabilisieren und mit Programmen wie das
PEPP oder das APP die erschwerenden Folgen des Schocks abzufedern. Indem
die EZB Vermögenswerte von Banken erwirbt, können die Banken anhand dieser
Liquidität Unternehmen und privaten Haushalten einen besseren Zugang zu Kre-
diten verschaffen. Wenn die EZB die Leitzinsen niedrig hält, so bedeutet dies im
Umkehrschluss eine leichtere Kreditaufnahme für die Bankkunden bezüglich der
niedrigen Kreditkosten [vgl. EZB 2021a]. Diese Kredite könnten den Menschen
helfen aus ihrer Krise, der Pandemie geschuldet, herauszukommen. Da auch
Unternehmen in Zeiten der Ausgangssperren und Einschränkungen des

                                                                              20
öffentlichen Lebens zu kämpfen haben, etwa mit anstehenden Mietzahlungen,
unterstützt die EZB sie durch solche Programme. Indem die EZB Anleihen von
Unternehmen aufkauft, stellt der Kauf eine Liquiditätszufuhr dar [vgl. EZB 2021a].

Die Durchführung des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten und die
Einführung des Pandemie-Notfallankaufprogramms sind eine eindeutige Reak-
tion der EZB auf die Coronavirus Pandemie. Beide Programme verfolgen aller-
dings unterschiedliche Ziele. Das APP hat vorrangig das Ziel, sich dem Inflati-
onsziel von unter, aber nahe 2% anzunähern, während das PEPP als Ergänzung
eingesetzt wurde, um den konkreten Folgen der Pandemie entgegenzuwirken.
Dabei gilt es die Ziele mit möglichst kleinem Risiko für das Eurosystem zu verfol-
gen, da diese Ankaufprogramme Finanzrisiken hervorrufen könnten. Um diesem
Risiko entgegenzuwirken, werden etwa Preisvorgaben gegeben, damit die An-
käufe zu Marktpreisen erfolgen [vgl. EZB 2021e].

Die folgende Abbildung zeigt die zu geldpolitischen Zwecken gehaltenen Wert-
papiere der Programme in Milliarden Euro und in einem Zeitrahmen von 2016 bis
2020 [vgl. EZB 2021g].

Abbildung 5: Zu geldpolitischen Zwecken gehaltene Wertpapiere.

Quelle: Erweiterter Jahresabschluss der EZB 2020

                                                                               21
Die Abbildung beinhaltet neben dem Pandemie-Notfallankaufprogramm auch die
drei Programme zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen (CBPP1,
CBPP2, CBPP3), das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen
Sektors (PSPP), das Programm zum Ankauf von forderungsbesicherten Wertpa-
pieren (ABSPP) und das Programm für die Wertpapiermärkte (SMP).

Im Jahr 2016 beliefen sich die Wertpapiere zu geldpolitischem Zweck auf etwa
160,8 Mrd. Euro, worin das PSPP den größten Anteil hatte. Zwei Jahre später
wurden ungefähr 251,7 Mrd. Euro verzeichnet. Das Jahr 2019 wies circa 250,4
Mrd. Euro an gehaltenen Wertpapieren auf, dieser Wert stieg auf 349,0 Mrd. Euro
im Jahr 2020. Somit fand von 2019 zu 2020 ein 39,4-prozentiger Anstieg statt.
Der Grund für den hohen Anstieg sind unter anderem die Ankäufe im Rahmen
des PEPP zur Krisenbekämpfung der Corona Pandemie. Bilanziell betrachtet
stiegen durch die Ankaufprogramme von Vermögenswerten und dem PEPP die
Gesamtaktiva der EZB um 112,2 Mrd. Euro auf 569,3 Mrd. Euro im Jahr 2020
[vgl. EZB 2021g].

                                                                            22
3.2.3 Kreditfazilitäten
Die EZB verfügt während der Pandemie über mehrere Kreditfazilitäten, darunter
zählen gezielte längerfristige Refinanzierungsgeschäfte. Es wurden insgesamt
drei Reihen durch die EZB eingeführt, die erste Reihe im Juni 2014, die zweite
im März 2016 und die dritte im März 2019. Die Geschäfte der dritten Reihe der
gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte gelten als eine der wichtigs-
ten und wurden im Zuge der Pandemie gelockert [vgl. Rakic 2021]. Sollten die
Banken trotz der Coronakrise den Schwellenwert der Kreditvergabe an Unter-
nehmen und Haushalte erreichen, so könnten sie sich zu einem Zinssatz von -
1% bei der EZB refinanzieren. Der Kreditzins wurde somit im März und April 2020
um insgesamt 50 Basispunkte unter dem Einlagesatz gesenkt. Den Banken wer-
den diese Konditionen bis zum Juni 2022 angeboten [vgl. Schnabel 2021, S. 15].
Somit entsteht ein Anreiz für die Banken weiterhin die Kreditvergabe an die Re-
alwirtschaft aufrechtzuerhalten. Des Weiteren wurden für das Jahr 2021 drei
neue Geschäfte mit einer Laufzeit von drei Jahren zugeteilt. Im Rahmen dieser
neuen Geschäfte wird es möglich sein, Mittel vor ihrer Fälligkeit zurückzuzahlen
oder zu verringern [vgl. EZB 2020a, S. 2]. Im Dezember 2020 wurde ab März
2021 eine Erhöhung der Kreditlinie beschlossen, diese steigt von 50% auf 55%
der anrechenbaren Kredite [vgl. Schnabel 2021, S. 15].

Zu den Kreditfazilitäten gehören außerdem längerfristige Pandemie-Notfallfinan-
zierungsgeschäfte, welche im April 2020 beschlossen wurden. Zunächst sollen
sieben Geschäfte mit Fälligkeiten bis September 2021 durchgeführt werden, im
Dezember 2020 folgte der Beschluss von vier weiteren Notfallfinanzierungsge-
schäften für das Jahr 2021. Die als Mengentender durchgeführten Geschäfte gel-
ten zu einem Zinssatz welcher 25 Basispunkte unter dem Hauptrefinanzierungs-
satz liegt [vgl. Schnabel 2021, S. 15]. Die EZB bietet somit den Teilnehmern die
Möglichkeit, sich im Zuge des Notfallrefinanzierungsgeschäfts über einen länge-
ren Zeitraum refinanzieren zu können. Diese Pandemie-Notfallfinanzierungsge-
schäfte haben das Ziel einer krisenbedingten Knappheit von Liquidität entgegen-
zuwirken, somit das Finanzsystem mit Liquidität zu versorgen, um dahingehend
den Geldmarkt sicherzustellen [vgl. EZB 2020b].

                                                                             23
Als Reaktion auf die Coronavirus Pandemie und ihre Folgen hat die EZB außer-
dem im April 2020 ein Maßnahmenpaket zur Lockerung der Sicherheitenanfor-
derungen bekannt gegeben. Die EZB beschloss den Rahmen der zusätzlichen
Kreditforderungen (ACC) vorübergehend zu erweitern. Hierbei können Kredite an
beispielsweise kleinere oder mittlere Unternehmen und Kredite an Selbststän-
dige und private Haushalte in den ACC-Rahmen als Sicherheiten aufgenommen
werden. Durch die Lockerung der Kreditforderungen als Sicherheit wird den Ban-
ken der Zugang zu Zentralbankliquidität erleichtert, wodurch sie Kredite an die
Realwirtschaft vergeben können. Besonders in Zeiten der Coronakrise leiden
viele Selbstständige oder auch kleinere Unternehmen an den Maßnahmen und
Folgen der Pandemie. Daher könnte genau diese Regelung hilfreich sein, um
sich und ihre Geschäfte weiterhin finanzieren zu können [vgl. EZB 2021c]. Eine
weitere Maßnahme der EZB beinhaltet die Senkung des Mindestbetrags für die
Kreditforderungen. Diese werden von 25.000 Euro auf null Euro gesenkt. Hinter-
grund dabei ist, dass als Sicherheiten auch Kreditforderungen an kleinere Unter-
nehmen gelten können. Außerdem wurde die Risikotoleranz erhöht, damit die
Kreditvergabe auch in Krisensituationen bestehen bleibt [vgl. EZB 2020c, S. 2].

                                                                             24
3.2.4 Swap- und Repo-Fazilitäten
Die EZB führt während dieser außergewöhnlichen Zeit befristete Swap- und
Repo-Geschäfte durch, um Zentralbanken außerhalb des Euroraums mit Euro-
Liquidität zu versorgen. Im Rahmen dieser Liquiditätsvereinbarungen werden
Swap- und Repo-Linien unterschieden. Devisenswapgeschäfte stehen für eine
Vereinbarung zwischen Zentralbanken, welche ihre Währungen tauschen. Die
Fremdwährung kann nachfolgend an die Geschäftsbanken weitergegeben wer-
den. Im März 2020 nahm die EZB die Swap-Vereinbarung mit der Zentralbank
von Dänemark wieder auf und einen Monat später wurden neue Vereinbarungen
mit den Zentralbanken Bulgarien und Kroatien geschlossen. Zudem sind durch
die Coronavirus-Krise europäische Banken schwer an US-Dollar gekommen, da-
her vereinbarte die EZB wieder Swap-Geschäfte mit der US-amerikanischen No-
tenbank Federal Reserve in US-Dollar. Somit konnte die EZB im März 2020 Ge-
schäfte mit einer Laufzeit von einer Woche bzw. 84 Tagen anbieten [vgl. Fendel
und Neugebauer 2020, S. 28]. Diese Swapgeschäfte haben den Zweck für eine
Stabilisierung des Finanzsystems zu sorgen und Spannungen zu verhindern [vgl.
EZB 2016].

Neben der Swap-Linien gibt es auch Repo-Linien als Euro-Liquidität. Repurchase
Agreement (Repo) steht für eine Rückkaufvereinbarung, wodurch die EZB Liqui-
dität zur Verfügung stellen kann. Der Unterschied liegt hierbei darin, dass die
Zentralbanken, welche die Liquiditätszufuhr erhalten, dafür auf Euro lautende Si-
cherheiten hinterlegen müssen. Die Repo-Fazilität wurde im Juni 2020 eingerich-
tet, wodurch sich Zentralbanken, die nicht zum Euro-Währungsgebiet gehören,
Euro-Liquidität verschaffen konnten, wie etwa die Zentralbanken Rumänien und
Ungarn [vgl. Schnabel 2021, S. 15]. Im Dezember 2020 beschloss die EZB die
Swap- und Repo-Vereinbarungen bis März 2022 zu verlängern und somit den
Bedarf an Euro-Liquidität zu decken, welches aufgrund der Krisensituation ins
Schwanken geraten sein könnte. Zudem helfen die Liquiditätslinien der EZB da-
bei ihre Preisstabilität zu erreichen und den Euro verstärkt in weltweite Transak-
tionen einzubringen [vgl. Panetta und Schnabel 2020].

                                                                               25
4 Ein Vergleich mit der globalen Finanzkrise
Nachfolgend werden die geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentral-
bank im Laufe der globalen Finanzkrise betrachtet. Hierbei werden Unterschiede
und Gemeinsamkeiten zu den Maßnahmen für die Coronakrise herausgearbei-
tet. Zunächst werden die Auslöser und Auswirkungen der Finanzkrise betrachtet,
woraufhin die Reaktionen der EZB analysiert werden. Überdies wird die Geld-
mengenentwicklung und unterschiedliche Konjunkturindikatoren während den
Wirtschaftskrisen betrachtet und bewertet. Es wird der zeitliche Rahmen vom
Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 bis zu dessen Höhepunkt im Jahr 2008
herangezogen.

4.1   Auslöser und Auswirkungen der Finanzkrise
Die globale Finanzkrise hatte ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten und
wurde im Jahr 2007 durch eine Immobilienkrise ausgelöst. Diese Krise entstand
durch eine US-Immobilienblase. Der Grund dafür waren leichtsinnige Kredit-
vergaben an amerikanische Einwohner, die jedoch keine entsprechende Zah-
lungs- und Kreditwürdigkeit aufweisen konnten, aber Eigenheime kaufen wollten.
Dennoch wurden von den Kreditschuldnern Vermögensgegenstände aufgekauft.
In Anbetracht dieses Vorgehens, mangelte es an Bankenaufsicht und -regulie-
rungen [vgl. Blanchard und Illing 2009, S. 28]. In den meisten Verträgen wurde
ein flexibler Zins vereinbart. Es galt zudem eine hohe Nachfrage nach Immobi-
lien. Dies hatte zur Folge, dass mit erhobenem Leitzins, viele Kreditnehmer
Schwierigkeiten mit der Rückzahlung ihrer Kredite hatten. Im Zuge dessen, wur-
den die Immobilien zunächst zu noch angemessenen Preisen verkauft, dadurch
konnten Kredite abbezahlt werden. Das Problem war dahingehend, dass immer
mehr Schuldner die Idee zum Verkauf hatten. Allerdings sank der Preis für den
Immobilienverkauf, wodurch Kredite nicht mehr abbezahlt werden konnten. Es
führte dadurch zu Räumungen und Zwangsversteigerungen. Dies bedeutete,
dass die Banken ihre Kreditforderungen nicht erhalten haben und es durch einen
Kollaps somit zur Bankenkrise kam. Die Investmentbanken haben die Hypothe-
ken mit verschiedenen Bonitätsstufen an Zweckgesellschaften übertragen,
wodurch Wertpapiere entstanden. Mit jedem verkauften Wertpapier, also

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ausgegebenen Immobilienkredit, haben die Banken im Endeffekt Gewinn ge-
macht und die Banker Boni erhalten. Um den Handel zu gewährleisten, haben
Ratingagenturen diese zudem als überdurchschnittlich bewertet. Mit den einher-
gegangenen Zwangsversteigerungen mussten viele Abschreibungen getätigt
werden [vgl. Kaufmann und Bude 2018]. Somit wurde der Höhepunkt der Finanz-
krise im September 2008 durch die Insolvenz der Investmentbank Lehman
Brothers erreicht. Diese war die viertgrößte Investmentbank in den Vereinigten
Staaten. Die Pleite führt zur Krise im Bankensystem und hatte somit erhebliche
Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Es wurde in vielen Ländern ein Konjunktur-
rückgang verzeichnet. Zur Folge hatte dies eine große Unsicherheit, sowohl auf
Seiten der Anleger als auch der Märkte. Es führte zu einer fehlenden Vertrauens-
basis, wodurch Banken untereinander keine Kredite mehr vergaben. Durch die
schwierige Kreditvergabe hatten etwa Unternehmen und Privatpersonen weniger
Geld zur Verfügung. Diese Unsicherheit wirkte sich dementsprechend auf die
Wirtschaft aus, wodurch es zur Wirtschaftskrise kam. Durch die mangelnde Kre-
ditvergabe entstanden weniger Investitionen. Aufgrund sinkender Konsumaus-
gaben wurde infolgedessen weniger produziert. Hierdurch führten Produktions-
einbrüche zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit, wodurch vielen Unternehmen die
Insolvenz drohte. Außerdem waren Länder, die von Exporten abhängig waren,
besonders von dieser Krise betroffen [vgl. Kaufmann und Bude 2018].

Die Immobilienblase gilt zwar als Auslöser, jedoch sind die Ursachen, die zur
globalen Finanz- und Bankenkrise führten, komplex und schwer in der Schuldzu-
weisung. Dennoch könnte die Krise in makroökonomische Variablen übertragen
werden. Aufzuführen sind die endogenen und exogenen Variablen. Die endo-
gene Variable sind abhängig von anderen Variablen und können erklärt werden.
Bezogen auf die Krise, könnten endogene Ursachen etwa von interner Bedeu-
tung sein, wie etwa fehlende Aufsichten und Überwachungen. Diese könnten auf
die Finanzkrise zutreffen. Die exogene Ursache wird nicht erklärt, sondern ak-
zeptiert. Diesen wären beispielsweise die geldpolitischen Instrumente oder ex-
terne Einflüsse. Zu diesen könnten etwa die wirtschaftliche Lage oder gesell-
schaftliche Gegebenheiten zählen [vgl. Burda und Wyplosz 2018, S. 18].

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