Dossier - Migrations- und Entwicklungspolitik gegenüber afrikanischen Herkunfts-,Transit- und Aufnahmeländern

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Dossier

Migrations- und Entwicklungspolitik
gegenüber afrikanischen
Herkunfts-,Transit- und Aufnahmeländern
DEUTSCHER PARITÄTISCHER WOHLFAHRTSVERBAND GESAMTVERBAND e. V. | www.paritaet.org
Inhaltsverzeichnis
Chronologie ..........................................................................................................................................................................................        2
Einleitung ................................................................................................................................................................................................   3
Europäische Union .......................................................................................................................................................                                     4
     Gesamtansatz Migration und Mobilität .................................................................................................................................                                   4
     Mobilitätspartnerschaften und Gemeinsame Agenden für Migration und Mobilität ..........................................                                                                                  4
     Rabat-Prozess und Khartum-Prozess ......................................................................................................................................                                 5
     Europäische Agenda für Migration .........................................................................................................................................                               6
     Valletta Aktionsplan ......................................................................................................................................................................              7
     EU-Nothilfe-Treuhandfonds (EUTF) .........................................................................................................................................                               8
     Migrationspartnerschaftsrahmen ...........................................................................................................................................                               9
     EU-Außeninvestitionsplan .......................................................................................................................................................... 11
     Afrika-EU-Allianz für nachhaltige Investitionen und Arbeitsplätze ............................................................................. 11
     Sahel-Allianz .................................................................................................................................................................................... 12
Bundesrepublik Deutschland .................................................................................................................................... 14
     Strategie für Migration und Entwicklung ............................................................................................................................. 14
     Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge (re)integrieren“ ............................................................ 15
     Marshallplan mit Afrika ............................................................................................................................................................... 16
     Pro!Afrika .......................................................................................................................................................................................... 17
     Strategiepapier Entwicklungspolitik 2030 ........................................................................................................................... 18
     Entwicklungsinvestitionsfonds ................................................................................................................................................ 19
     Afrikapolitische Leitlinien der Bundesregierung ............................................................................................................... 20
     Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) ......................................................................................... 21
     Ertüchtigungsinitiative ................................................................................................................................................................ 21
Vereinte Nationen ........................................................................................................................................................ 22
     New Yorker Erklärung für Geflüchtete und Migrant*innen ............................................................................................ 22
     Globaler Pakt für Flüchtlinge ..................................................................................................................................................... 23
     Globaler Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration ............................................................................. 24
G-20 ................................................................................................................................................................................. 24
     Compact with Africa ..................................................................................................................................................................... 24
Impressum .............................................................................................................................................................................................. 25

                                                                                                          1
Chronologie
2000		        Abkommen von Contonou
2000		        Afrika-EU-Gipfel in Kario: Afrika-EU Partnerschaft
2005		        EU-Gesamtansatz Migration und Mobilität
Mai 2005      Einrichtung der EU-Grenzschutzagentur Frontex
Juli 2006     Initiierung Rabat-Prozess
Nov. 2011     Erweiterung des EU Gesamtansatzes Migration und Mobilität
2014		        Afrikapolitische Leitlinien der Bundesregierung
2014		        BMZ Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge (re)integrieren“
Okt. 2014     Initiierung Karthoum-Prozess
Mai 2015      Europäische Agenda für Migration
Nov. 2015     EU-Afrika-Gipfel in Valletta: Valletta Aktionsplan
Nov. 2015     EU-Nothilfe-Treuhandfonds (EUTF)
März 2016     EU-Türkei Abkommen
Juni 2016     EU-Migrationspartnerschaftsrahmen
Sept. 2016    UN-Gipfeltreffen zum Thema Flucht und Migration: New Yorker Erklärung
Nov. 2016     Strategie für Migration und Entwicklung
Jan 2017      Veröffentlichung Marshallplan mit Afrika
März 2017     Malta Erklärung
April 2017    Initiative Pro!Afrika
Juli 2017     Sahel-Allianz
Juli 2017     Compact with Africa
Sept. 2017    EU-Außeninvestitionsplan
Nov. 2017     EU-Afrika-Gipfel, Abidjan/ Cote d’Ivoire
Sept. 2018    Afrika-EU Allianz für nachhaltige Investitionen und Arbeitsplätze
Okt. 2018     Strategiepapier Entwicklungspolitik 2030
Dez. 2018	„Globaler Pakt für Flüchtlinge“ und „Globaler Pakt für eine gesicherte, geordnete und reguläre
           Migration“ werden verabschiedet
Dez. 2018     Hochrangiges Forum Afrika Europa in Wien
März 2019     Afrikapolitische Leitlinien der Bundesregierung fortgeschrieben
Juni 2019     Entwicklungsinvestitionsfonds

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Einleitung
Afrika steht seit einigen Jahren prominent auf der             Der Paritätische Gesamtverband beschäftigt sich, u. a.
Agenda der deutschen Bundesregierung: Neben dem                im Rahmen von Fachgesprächen, mit der Entwicklung
„Marshall-Plan mit Afrika“, dem „Compact with Africa“          der deutsch-europäischen Migrationsagenda und den
oder der „Pro!Afrika“ Initiative, stellte das Bundesmi-        Auswirkungen auf einzelne Herkunfts-, Transit- und
nisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und               Aufnahmeländer. Das vorliegende Dossier versucht
Entwicklung (BMZ) jüngst das neueste Prestigeprojekt           in diesem Kontext einen – nicht bewertenden – Über-
den „Entwicklungsinvestitionsfonds“ vor.                       blick über die zentralen entwicklungs- und migrations-
                                                               politischen Initiativen und Programme, die auf deut-
Die neue Aufmerksamkeit kann nicht unabhängig von              scher und internationaler – vor allem auf europäischer
einer deutsch- europäischen Migrationsagenda be-               – Ebene getroffen worden sind, zu geben. Es dient vor
wertet werden, die Wanderungsbewegungen aus afri-              allem der Hintergrundinformation. Die Entwicklungen
kanischen Staaten über die Mittelmeerrouten weiter             seit 2015 stehen dabei im Vordergrund.
einschränken möchte. Auf europäischer Ebene zeigt
sich nicht erst seit dem EU-Afrika-Gipfel in Valletta im       Das Dossier erhebt keinen Anspruch auf Vollständig-
November 2015 und dem im Juni 2016 präsentierten               keit. Es handelt sich um ein lebendes Dokument, das
Konzepten der Migrationspartnerschaften, dass Mi-              kontinuierlich fortgeschrieben werden soll. Die vorlie-
grationspolitik in den Fokus der internationalen Zu-           gende Version stellt eine Überarbeitung des Dossiers
sammenarbeit mit afrikanischen Staaten gerückt ist.            in der Fassung vom August 2017 dar.

Bei der Vielzahl der auferlegten Initiativen und Pro-          Berlin, Dezember 2019
gramme fällt es dabei jedoch oftmals schwer einen
Überblick zu behalten: Welche Maßnahmen werden                 Marta Bociek
von welchen Akteuren zu welchem Zeitpunkt initiiert?           Referentin für Humanitäre Auslandshilfe
                                                               und Internationale Kooperation
                                                               im Paritätischen Gesamtverband

                                                           3
Europäische Union
Gesamtansatz Migration und Mobilität                                          Mobilitätspartnerschaften und
Der „Gesamtansatz Migration und Mobilität“ (Global
                                                                              Gemeinsame Agenden für
Approach to Migration and Mobility, GAMM) stellt den                          Migration und Mobilität
Rahmen der europäische Migrations- und Asylpolitik
gegenüber Drittstaaten dar und legt fest, auf welche                          Mobilitätspartnerschaften (Mobility Partnerships, MP)
Art und Weise Dialoge und Kooperationen mit Dritt-                            und die gemeinsamen Agenden für Migration und Mo-
staaten eingegangen werden und welche Prioritäten                             bilität (Common Agendas for Migration and Mobility,
die Europäische Union (EU) dabei setzt. Regional ist                          CAMM) stellten unter dem GAMM neue Dialogformate
der Ansatz breit aufgestellt. Ein besonderer Fokus wird                       der EU-Migrationspolitik mit Drittstaaten dar. Bis heute
aber auf die Migrationsrouten und auf die Politik ge-                         wurden Mobilitätspartnerschaften mit Kap Verde (2008),
genüber strategisch wichtigen Herkunfts- und Transit-                         Moldau (2008), Georgien (2009), Armenien (2011), Aser-
ländern gelegt.                                                               baidschan (2013), Marokko (2013), Tunesien und Jorda-
                                                                              nien (beide 2014) sowie Belarus (2015) unterzeichnet.
Zur Implementierung stehen dem GAMM verschie-                                 CAMMs bestehen aktuell mit Äthiopien, Indien und
dene politische Instrumente wie bilaterale oder re-                           Nigeria. Im Vergleich zu den Mobilitätspartnerschaften
gionale Dialogformate und Aktionspläne, juristische                           wird bei den CAMMs nicht vorausgesetzt, dass Visaer-
Instrumente wie Visaregelungen oder Rücknahme-                                leichterungs- und Rückübernahmeabkommen zwi-
abkommen sowie operative Instrumente auf Pro-                                 schen der EU und den Partnerländern ausgehandelt
gramm- und Projektebene zur Verfügung. Der GAMM                               werden müssen. Die Absichtserklärungen werden je-
ist eingebettet in die auswärtige EU-Politik; welche die                      weils zwischen dem Herkunftsland, der EU und mehre-
EU-Entwicklungszusammenarbeit einschließt.1                                   ren interessierten EU-Mitgliedsstaaten geschlossen.

Im November 2011 erweiterte die Europäische Kom-                              Die Mobilitätspartnerschaften sollen einen umfassenden
mission den Gesamtansatz und konzentrierte ihre Mi-                           Rahmen bilden, um den „Personenverkehr“ zwischen der
grationspolitik strategisch auf vier Ziele:                                   EU und den Partnerländern zu steuern. Die Inhalte der
                                                                              individuellen Vereinbarungen unterscheiden sich da-
•    Erleichterung legaler Migration und Mobilität                            bei; verfolgt wird aber jeweils das Ziel legale Migration
                                                                              zu fördern und „irreguläre“ Migration einzuschränken.
•    Reduzierung bzw. Verhinderung von irregulärer                            Als legale Migration versteht die EU vor allem Arbeitsmi-
     Migration und Menschenhandel                                             gration und die Migration zu Studien- und Ausbildungs-
                                                                              zwecken. Instrumente sind u. a. Visaerleichterungen, die
•    Förderung des internationalen Schutzes und der                           Unterstützung zirkulärer Migration oder gemeinsame
     externen Dimension der Asylpolitik                                       Berufsbildungsprogramme oder Hochschulpartner-
                                                                              schaften. Daneben können Übereinkünfte zur Rücküber-
•    Bessere Nutzung von Migration und Mobilität für                          nahme und zur verbesserten Grenzkontrolle stehen, z. B.
     Entwicklung.2                                                            durch Einführung biometrischer Pässe oder eine engere
                                                                              Zusammenarbeit mit europäischen Behörden und der
                                                                              Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache
                                                                              (European Border and Coast Guard Agency, Frontex).

                                                                              Mit den Mobilitätspartnerschaften soll auch eine im
1 Für weiter Informationen zum GAMM siehe: https://ec.europa.eu/              GAMM-Ziel 4 festgehaltene entwicklungsfördernde
home-affairs/what-we-do/policies/international-affairs/global-approach-
to-migration_en (zuletzt aufgerufen:13.11.19).
                                                                              Migrationspolitik operationalisiert werden. Vereinba-
2 Angenendt, Steffen: Migration, Mobilität und Entwicklung                    rungen können daher entwicklungspolitische Projekte
– EU-Mobilitätspartnerschaften als Instrument der                             mit einschließen, wie z. B. die Erleichterung von mo-
Entwicklungszusammenarbeit, in: SWP Studie November 2012, unter:
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2012_          netären Rücküberweisungen durch Migrant*innen in
S25_adt.pdf (zuletzt aufgerufen:13.11.19).                                    ihre Herkunftsländer.

                                                                          4
Rabat-Prozess und Khartum-Prozess
Die EU hat im Rahmen ihrer Migrations- und Entwick-                       Operationalisiert wird der Rabat-Prozess u. a. durch
lungspolitik regionale Dialogformate initiiert. Hierzu                    nationale oder bilaterale Projekte der verschiedenen
gehören zum einen der Khartum-Prozess mit Ländern                         Dialogpartner. Hierzu werden u. a. die Mobilitätspart-
der östlichen Migrationsroute und zum anderen der Ra-                     nerschaften gezählt.7
batt-Prozess mit Ländern Zentral-, West- und Nordafri-
kas. Im Rahmen beider Prozesse soll die Implementie-                      Der im Oktober 2014 eingeleitete Khartum-Prozess
rung des Valletta Aktionsplans3 überwacht werden.                         ist auf die Bekämpfung von Menschenhandel und
                                                                          -schmuggel konzentriert. Dialogpartner sind die Eu-
Der Rabat-Prozess wurde auf der ersten Europa-Afri-                       ropäische Kommission, der Europäische Auswärtige
ka-Ministerkonferenz über Migration und Entwick-                          Dienst, die Kommission der Afrikanischen Union, die
lung im Juli 2006 eingeleitet. Eingebunden sind 57                        EU-Mitgliedsstaaten sowie Norwegen und die Schweiz
afrikanische und europäische Länder sowie die Eu-                         und 11 afrikanische Staaten entlang der Migrations-
ropäische Kommission und die Wirtschaftsgemein-                           routen am Horn von Afrika (Ägypten, Äthiopien, Dji-
schaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS).4 Die                       bouti, Eritrea, Kenia, Libyen, Südsudan, Sudan, So-
Schwerpunkte der Zusammenarbeit wurden fortlau-                           malia, Tunesien und Uganda). Deutschland gehört
fend auf fünf Ministerkonferenzen beschlossen.5 Das                       dem Lenkungsausschuss an.8 Der Dialogprozess, in
nicht-bindende Marrakesch Programm für die Jahre                          dessen Rahmen regelmäßige thematische Workshops
2018-2020 bildet das aktuelle Aktionsprogramm zur                         sowie Treffen des Lenkungsausschusses stattfinden,
Unterstützung der nationalen Bemühungen der teil-                         soll durch konkrete Maßnahmen und Programme be-
nehmenden Staaten des Rabat-Prozesses im Bereich                          gleitet werden. Zu den regionalen Initiativen werden
des Migrationsmanagements. Es wurde in Anlehnung                          u. a. das Programm Better Migration Management
an die Prioritäten des Valletta Aktionsplans6 erarbeitet                  (BMM) und das Regional Development Protection
und ermöglicht die Umsetzung von Initiativen in den                       Programme (RDPP) für das Horn von Afrika gezählt.9
folgenden fünf Säulen:                                                    Finanziert wird der Khartum Prozess u. a. durch den
                                                                          EU-Nothilfe-Treuhandfond.10
•    Migration und Entwicklung/ Ursachen irregulärer
     Migration und Vertreibung

•    Reguläre Migration und Mobilität

•    Schutz und Asyl

•    Bekämpfung irregulärer Migration, der Schleusung
     von Migrant*innen und von Menschenhandel                             7 Siehe ICMPD: Rabat Process, unter: https://www.icmpd.org/our-work/
                                                                          migration-dialogues/rabat-process/. Siehe auch die offizielle Homepage
•    Rückführung, Rückübernahme und Re-integration                        zum Rabat-Prozess, unter: https://www.rabat-process.org/en/ (beide
                                                                          zuletzt aufgerufen:13.11.19).
                                                                          8 Neben Deutschland sitzen im Lenkungsausschuss vier weitere
3 Zum Valetta Aktionsplan siehe S. 7                                      EU- Mitgliedsstaaten (Italien, Frankreich, UK und die Niederlande), fünf
4 Dabei haben Algerien und Libyen lediglich einen Beobachterstatus.       Afrikanische Länder (Ägypten, Äthiopien, Eritrea, Südsudan und Sudan),
Neben der Europäischen Kommission und ECOWAS sitzen im                    die Europäische Kommission, der Europäische Auswärtige Dienst und die
Lenkungsausschuss Belgien, Frankreich, Italien, Portugal, Spanien,        Kommission der Afrikanischen Union.
Äquatorialguinea, Burkina Faso, Mali, Marokko und Senegal.                9 Ferner die beiden regionalen Initiativen „Addressing mixed migration
5 Marokko 2006: Rabat Aktionsplan, Frankreich 2008: Pariser               flows in East Africa (AMMi)“ und „Regional Operational Centre in support
Kooperationsprogramm, Senegal 2011: Dakar Strategie, Italien 2014:        of the Khartoum Process and the AU-Horn of Africa Initiative (ROCK)“.
Annahme der Rom Erklärung. Bei der fünften Euro-Afrikanischen             10 Europäische Kommission – Factsheet: Zusammenarbeit der
Konferenz zu Migration und Entwicklung am 2. Mai 2018 wurde das           Europäischen Union mit Afrika im Bereich der Migration (2012), unter:
aktuelle, mehrjährige Kooperationsprogramm des Rabat-Prozesses im         http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-6026_de.htm, siehe
sog. Marrakesch Programm festgelegt.                                      auch die offizielle Homepage zum Khartum-Prozess http://www.
6 Siehe S. 7                                                              khartoumprocess.net/ (beide zuletzt aufgerufen: 26.11.2019).

                                                                      5
Europäische Agenda für Migration
Vor dem Hintergrund einer erhöhten Anzahl „irregu-            •    ein multifunktionales Zentrum im Niger mit der
lärer Grenzübertritte“ und einer wachsenden Aufmerk-               Internationalen Organisation für Migration (IOM)
samkeit auf die Fluchtroute über das Mittelmeer hat die            und dem Hochkommissariat der Vereinten Natio-
Europäische Kommission im Mai 2015 eine Europäische                nen für Flüchtlinge (Office of the United Nations
Agenda für Migration (European Agenda on Migration)                High Commissioner for Refugees, UNHCR) aufge-
beschlossen. Die Agenda formuliert neben Sofortmaß-                baut.11
nahmen, vier Ziele zum „weiteren Vorgehen“:
                                                              Die Europäische Kommission veröffentlichte im Sep-
•   Anreize für irreguläre Migration reduzieren               tember 2017 eine erste Bilanz zu den bisher im Rahmen
    (Ursachen in Drittländern angehen, Schleuser und          der Europäischen Agenda getroffenen Maßnahmen.
    Menschenhändler bekämpfen, Rückführung)                   In dem Bericht werden auch die nächsten Schritte zur
                                                              Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda be-
•   Grenzmanagement – Menschenleben retten und                nannt12. Dabei werden vier Bereiche identifiziert, die
    Außengrenzen sichern                                      besonderer Anstrengungen der EU-Mitgliedsstaaten
    (Stärkung der Rolle und Kapazitäten von Frontex,          bedürfen:
    EU-weite Standards für Grenzmanagement, Stär-
    kung Grenzmanagement-Kapazitäten in Dritt-                •    Festlegung des Rechtsrahmens für das Gemein-
    staaten)                                                       same Europäische Asylsystem (GEAS)

•   Gemeinsame Asylpolitik                                    •    Erweiterung legaler Migrationsmöglichkeiten
    (Umsetzung Gemeinsames Europäisches Asyl-                      (Neuansiedlung von min. 50.000 Personen, die int.
    system, Dublin-System)                                         Schutz benötigen, Pilotprojekte mit Drittstaaten
                                                                   auf dem Gebiet der legalen Migration)
•   Neue Politik für legale Migration
    (Steuerung legaler Migration und Visumspolitik,           •    Erhöhung der Wirksamkeit von Rückführungen,
    wirksame Integration, Maximierung der Entwick-                 um Ressourcen für die Menschen einsetzen zu
    lungsvorteile in den Herkunftsländern)                         können, die sie benötigen

Die inhaltlichen Schwerpunkte der formulierten Ziele          •    Zusammenarbeit mit Ländern und Organisati-
unterscheiden sich im Wesentlichen nicht vom Ge-                   onen zur besseren Migrationssteuerung (Mittel
samtansatz GAMM.                                                   des EU-Treuhandfonds für Afrika sollen weiter auf-
                                                                   gestockt werden)
Unter den Sofortmaßnahmen werden u. a.:

•   die Ressourcen für Frontex- und Europol- Operati-
    onen erhöht

•   die Hilfe für Mitgliedsstaaten an den europäischen        11 Europäische Kommission – Mitteilung der Kommission an das
    Außengrenzen erhöht                                       Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und
                                                              Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Die Europäische
                                                              Migrationsagenda, COM (2015) 240 final, unter: https://ec.europa.eu/
•   Gelder für RDPP mit Nordafrika und dem Horn von           home-affairs/what-we-do/policies/european-agenda-migration_en
                                                              (zuletzt aufgerufen:14.11.19).
    Afrika bereit gestellt                                    12 Europäische Kommission – Mitteilung der Kommission an das
                                                              Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und
•   das Grenzmanagement in laufenden Missionen in             Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Umsetzung der
                                                              Europäischen Migrationsagenda COM(2017) 558 final, unter: https://
    Niger und Mali verstärkt und                              eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A52017DC0558
                                                              (zuletzt aufgerufen: 14.11.19).

                                                          6
Valletta Aktionsplan
Im Dezember 2017 wurde dann zusätzlich ein Fahr-                             Am 11. bis 12. November 2015 sind europäische und
plan zur Umsetzung der Maßnahmen durch die                                   afrikanische Staats- und Regierungschefs auf einem
EU-Kommission bis Juni 2018 vorgelegt.13 Neben wei-                          Gipfeltreffen zu Migrationsfragen in Valletta zusam-
teren Zwischenberichten zur Umsetzung der Migrati-                           mengekommen. Dort haben sie den Valletta Aktions-
onsagenda erschien im Oktober 2019 eine Zwischen-                            plan (Joint Valetta Action Plan) verabschiedet. Dieser
bilanz zur Europäischen Migrationsagenda nach vier                           sieht fünf Schwerpunkte der Zusammenarbeit vor und
Jahren.14 Dabei wird u. a. als Fortschritt der letzten vier                  umreist Maßnahmenbereiche in einem Aktionsplan in
Jahre die enge Zusammenarbeit der EU mit den Part-                           unterschiedlicher Schärfe:
nerländern im Bereich der Bekämpfung der „Ursachen
von irregulärer Migration“, dem Schutz von Geflüch-                          •   Bekämpfung der Ursachen für irreguläre Migra-
teten und Migrant*innen und der Unterstützung von                                tion und Vertreibung
Aufnahmegemeinschaften hervorgehoben. Als näch-                                  (u. a. Mainstreaming von Migration in der Entwick-
ste dringend notwendige Handlungsschritte identifi-                              lungszusammenarbeit, Schaffung von Arbeits-
ziert der Bericht:                                                               plätzen und Ausbildungsförderung, Stärkung der
                                                                                 Resilienz z. B. durch Sicherung von Ernährungs-
•    Verbesserungsbedarf bei den Bedingungen im                                  sicherheit und Anpassung an den Klimawandel,
     östlichen Mittelmeer                                                        Förderung vom Transfer von Remittances und des
                                                                                 Diasporaengagements, Verhindern neuer Kon-
•    Mehr Solidarität bei Such- und Rettungsaktionen                             flikte, Unterstützen von Rechtsstaatlichkeit und
                                                                                 guter Regierungsführung z. B. über polizeiliche
•    Beschleunigte Evakuierungen aus Libyen                                      und juristische Kooperationen, Unterstützung von
                                                                                 privaten Investitionen in landwirtschaftliche Un-
                                                                                 ternehmungen)

                                                                             •   Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich
                                                                                 der legalen Migration und Mobilität
                                                                                 (u. a. Verdopplung der Zahl von Studien- und For-
                                                                                 schungsstipendien, Aufsetzen von Pilotprojekten
                                                                                 zur verbesserten Anerkennung von Qualifikati-
                                                                                 onen im Sinne von zirkulärer Migration, Work-
                                                                                 shops zu Visafazilitäten, Förderung von bilateralen
                                                                                 Abkommen wie den Mobilitätspartnerschaften,
                                                                                 Ausweitung der Personenstandsregistrierungen
                                                                                 und Ausweisdokumenten)

13 Europäische Kommission – Communication from the Commission                •   Schutz für Migrant*innen und Asylbewer-
to the European Parliament, the European Council and the Council.
Commission contribution to the EU Leaders‘ thematic debate                       ber*innen
on a way forward on the external and the internal dimension of                   (u. a. Weiterführen von Search- and Rescue -An-
migration policy, (zuletzt aufgerufen:15.11.19). Dieser sieht u.a. die           strengungen im Mittelmeer, Stärkung der Schutz-
Intensivierung der Arbeiten zur Reform des GEAS, die Vollendung
des Grenzmanagementsystems für die Außengrenzen sowie die                        kapazitäten von Aufnahmeländern, Erleichterung
Neuansiedlung von min. 50.000 schutzbedürftigen Personen vor.                    von Zugang zu Rechtsberatung, Opferschutz,
14 Europäische Kommission – Mitteilung der Kommission
an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den
                                                                                 psychologische und die Gesundheit betreffender
Rat: Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Europäischen                     Unterstützung, Verbesserung von Asylprozessen
Migrationsagenda, COM (2019) 481 final, unter: https://ec.europa.eu/             in Herkunfts-, Transit- und Aufnahmestaaten, Un-
home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-
agenda-migration/20191016_com-2019-481-report_en.pdf (zuletzt                    terstützen von Resettlement-Anstrengungen, Stär-
aufgerufen:14.11.2019).                                                          kung der Humanitären Hilfe)

                                                                         7
EU-Nothilfe-Treuhandfonds (EUTF)
•   Verhinderung und Bekämpfung der „irregulären                          Der EU-Nothilfe-Treuhandfonds (EUTF) ist auf dem
    Migration“, der Schleusung von Migrant*innen                          Valletta-Gipfel im November 2015 als Finanzierungs-
    und des Menschenhandels                                               instrument „zur Unterstützung der Stabilität und zur
    (u. a. Aufsetzen von nationalen und regionalen                        Bekämpfung der Ursachen von irregulärer Migration
    Gesetzgebungen gegen das Schleusen und den                            und Vertreibungen in Afrika“16 aufgesetzt worden.
    Handel von Menschen sowie Arbeitsausbeutung
    von Migrant*innen, Stärkung der Institutionen                         Der Fonds umfasst derzeit mehr als 4,6 Milliarden
    in Herkunfts- und Transitländer zum Kampf ge-                         Euro17 und setzt sich aus Finanzmitteln der EU und aus
    gen Schleuser und Menschenhandel entlang der                          Zusagen von Mitgliedsstaaten und weiteren Gebern
    West-Sahel-Route z. B. durch Capacity Building                        von 535 Mio. Euro18 zusammen. Als Mitgliedsstaat hat
    oder das Bereitstellen von Equipment, Einrichten                      die Bundesrepublik Deutschland ihre Mittel auf 182,5
    von Polizeieinheiten, Investition in Grenzmanage-                     Mio. Euro erhöht.19 Der durch die Europäische Kom-
    ment Systeme, Pilotprojekt eines „Joint Investiga-                    mission verwaltete Betrag von gerundet 4 Milliarden
    tion Teams“ in Niger, verbesserter Informations-                      Euro stammt aus verschiedenen Finanzierungsinstru-
    austausch und verbesserte Zusammenarbeit u. a.                        menten des EU-Budgets wie dem Instrument für die
    mit Frontex, Inter- und Europol, Unterstützung von                    Entwicklungszusammenarbeit (Development Coo-
    gestrandeten Migrant*innen, Aufklärung und In-                        peration Instrument, DCI), dem Europäischen Nach-
    formationskampagnen unter der Bevölkerung)                            barschaftsinstrument (European Neighbourhood In-
                                                                          strument, ENI), der Generaldirektion Migration und
•   Verbesserung der Zusammenarbeit bei der                               Inneres (DG HOME) und der Generaldirektion europä-
    Rückführung und Rückübernahme                                         ischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe (DG
    (u. a. Kapazitätsaufbau in Herkunftsländern zur                       ECHO).20 Es fließen ebenfalls Mittel aus dem Europä-
    Identifizierung von „irregulären Migrant*innen“,                      ischen Entwicklungsfonds21 in den EUTF ein.
    Aufsetzen von Projekten zur Reintegration von
    Rückkehrer*innen, Best-Practice Workshops zur
    Rückübernahme, Unterstützung von Kinder-
    schutzsystemen)

Die Ausführung des Aktionsplans sollen mit Hilfe der
bestehenden Mechanismen des Rabat-Prozesses, des
Khartum-Prozesses und der Gemeinsamen EU-Afri-
ka Strategie überwacht werden. Zur finanziellen Un-
terstützung des Aktionsplans wurde der EU-Nothil-                         16 Ebd.
                                                                          17 European Commission: State of Play and Financial resources (as of
fe-Treuhandfond aufgesetzt.15                                             11.11.2019), unter: https://ec.europa.eu/trustfundforafrica/content/trust-
                                                                          fund-financials_en (zuletzt aufgerufen: 14.11.19).
                                                                          18 Ebd.
                                                                          19 European Commission: EU MS and other donors contribution
                                                                          (pledges (as of 25.11.2019), unter: https://ec.europa.eu/trustfundforafrica/
                                                                          content/trust-fund-financials_en (zuletzt aufgerufen: 26.11.19).
                                                                          20 European Commission: EU contribution pledged (as of 25.11.2019),
                                                                          unter: https://ec.europa.eu/trustfundforafrica/content/trust-fund-
                                                                          financials_en (zuletzt aufgerufen: 26.11.19).
                                                                          21 Der Europäische Entwicklungsfond (European Development
                                                                          Fond, EDF) steht außerhalb des generellen EU-Haushaltsplanes und
                                                                          wird über freiwillige Beiträge durch die EU-Mitgliedsstaaten getragen.
                                                                          Eine Einführung zu den Finanzinstrumenten in der Europäischen
                                                                          Entwicklungszusammenarbeit gibt: CONCORD Guide to EuropeAid
15 Europäischer Rat: Gipfeltreffen zu Migrationsfragen in Valletta,       funding instruments 2014–2020, Nov. 2014, unter: https://concordeurope.
11.-12.11.2015, unter http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/         org/2014/11/03/guide-to-europeaid-funding-instruments-2014-2020/
international-summit/2015/11/11-12/ (zuletzt aufgerufen:15.11.19).        (zuletzt aufgerufen:26.11.19).

                                                                      8
Migrationspartnerschaftsrahmen
Die Gelder des EUTF sollen gezielt in Ländern einge-                      Mit dem Migrationspartnerschaftsrahmen (Migration
setzt werden, die entlang der Hauptmigrationsrou-                         Partnership Framework) hat die EU im Juni 2016 ihren
ten nach Europa liegen:                                                   „neuen Ansatz zum verbesserten Migrationsmanage-
                                                                          ment“ vorgestellt. Er steht in der „Tradition“ der Euro-
•    Sahelregion / Tschad-See: Burkina Faso, Elfenbein-                   päischen Agenda für Migration und knüpft mit seinen
     küste, Gambia, Ghana, Guinea, Kamerun, Mali,                         Zielen an den Aktionsplan von Valletta an:
     Mauretanien, Niger, Nigeria, Tschad, Senegal
                                                                          •   Leben retten
•    Horn von Afrika: Äthiopien, Djibuti, Eritrea, Kenia,
     Somalia, Südsudan, Sudan, Tansania, Uganda                           •   Schmugglerkriminalität bekämpfen

•    Nord-Afrika: Algerien, Ägypten, Libyen, Marokko,                     •   „Irreguläre Migration“ verhindern und
     Tunesien
                                                                          •   die Zusammenarbeit in Hinblick auf Rückkehr und
Von den 531 vertraglich beschlossenen Maßnahmen                               Rückübernahme vertiefen.
wurden, Stand November 2019, 210 genehmigt. Die-
se wurden mit einem Gesamtvolumen von rund 4,02                           Dabei unterscheidet der Ansatz zwischen kurzfristig
Mrd. Euro durch den Trust Fund finanziert.22 Die Sa-                      und langfristig anzugehenden Aufgaben der Part-
helregion/Tschad-See erhielt rund 1,95 Mrd. Euro, das                     nerschaft. Erstere umfassen das Retten von Leben
Horn von Afrika rund 1,41 Mrd. Euro und Nordafrika                        von Migrant*innen im Mittelmeer und der Wüste, den
rund 659,2 Mio. Euro aus dem Europäische Nothil-                          Kampf gegen Schmugglernetzwerke, das Erhöhen
fe-Treuhandfonds.23                                                       von Rückkehrer*innenzahlen sowie die Befähigung
                                                                          von Migrant*innen und geflüchteten Menschen, sich
Über den EU-Nothilfe-Treuhandfonds werden u. a.                           in größerer Nähe zu ihrer Heimat niederzulassen. Zu-
das Better Migration Management Programm, Phase                           dem ist formuliert, legale Zugangswege für geflüchte-
II mit 35 Mio. € finanziert. Deutschland steuert hierzu                   te Menschen zu schaffen. Hierbei steht vor allem das
5 Mio. € bei.                                                             Instrument des Resettlements im Fokus. Langfristig
                                                                          wird Entwicklungszusammenarbeit als ein Instrument
                                                                          verstanden, um auf die Ursachen von „irregulärer Mi-
                                                                          gration“ und Vertreibung zu reagieren.

                                                                          Als Schwerpunktländer der Migrationspartnerschaf-
                                                                          ten wurden neben Äthiopien am Horn von Afrika, die
                                                                          vier westafrikanischen Länder Senegal, Mali, Niger
                                                                          und Nigeria ausgewählt. Mit ihnen wurden der jewei-
                                                                          ligen Situation im Land angepasste Vereinbarungen
                                                                          (compacts) getroffen. Die Vereinbarungen verbinden
                                                                          unterschiedliche Verhandlungsbereiche wie Entwick-
                                                                          lungshilfe, Handel, Mobilität, Energie, Sicherheit und
                                                                          Digitalisierung.

22 European Commission: State of implementation (as of 11.11.2019),
unter: https://ec.europa.eu/trustfundforafrica/content/trust-fund-
financials_en (zuletzt aufgerufen:14.11.19).
23 Ebd.

                                                                      9
Nach einem Jahr zog die EU-Kommission Bilanz und                              Seit Bestehen der Migrationspartnerschaften, wurden
schraubte die Erwartungen an das Instrument der                               fünf Fortschrittsberichte veröffentlicht. In dem letzten
Migrationspartnerschaften zurück. Zukünftig soll der                          Bericht vom September 2017 wurde insbesondere
Schwerpunkt sich auf ad-hoc Migrationsdialoge mit                             auf die Fortschritte und Probleme in den bisherigen
anderen Herkunftsländern konzentrieren, bei denen                             Partnerländern Äthiopien, Niger, Nigeria, Senegal und
dann gezielt Rückkehrvereinbarungen abgeschlos-                               Mali eingegangen. Die Zahlen der Menschen, die über
sen werden sollen.24 Dennoch sind die bestehenden                             das Mittelmeer in Europa ankommen, sind gesunken.
Migrationspartnerschaften wichtig für die EU und für                          Allerdings eröffneten sich Alternativrouten, die beo-
Deutschland. Sie sollen vertieft werden, um die Ziele                         bachtet werden müssten. Des Weiteren gestaltet sich
von legaler Migration und der Eindämmung von „irre-                           die Rücknahme von geflüchteten Menschen mit eini-
gulärer Migration“ zu erreichen. Des Weiteren wurden                          gen priorisierten Ländern als schwierig. Daher sollen
von der Europäischen Kommission europäische Ver-                              die Gespräche zwischen der EU und den Partnerlän-
bindungsbeamte für Migration in 12 Partnerländer25                            dern intensiviert werden und auch alternative Formen
entsandt, die die Kommunikation unterstützen und                              der Absprachen im Bereich der Rückübernahme in
den Dialogprozess vertiefen sollen. Derzeit bestehen                          Erwägung gezogen werden. Der Bericht nimmt auch
23 Rückübernahmeabkommen und -vereinbarungen26                                Bezug auf mögliche Verhandlungen und Fortschritte
und eine Vereinbarung mit Belarus wird aktuell auf                            mit anderen wichtigen Herkunfts- und Transitländern
den Weg gebracht.27                                                           außerhalb der bestehenden Migrationspartnerschaf-
                                                                              ten.29
Finanziert werden die Migrationspartnerschaften in
Bezug auf die derzeitigen Schwerpunktländer vor-
nehmlich aus dem im November 2015 aufgesetzten
EU-Nothilfe-Treuhandfonds für Afrika. Die deutsche
Bundesregierung unterstützt die EU-Migrationspart-
nerschaften und sieht in ihnen ein wichtiges Element
der europäischen Gesamtstrategie. Besondere Verant-
wortung möchte die Bundesregierung für die Partner-
schaften mit Mali und Niger übernehmen. Dabei wer-
tet sie die Zusammenarbeit bei der Rückübernahme
und der Rückführung als ein „Prüfstein für die Partner-
schaft der EU und diesen Ländern.“28
24 SWP Studie von David Klipp: Vom Notfall zum Regelfall – der
EU-Treuhandfonds für Afrika, von Oktober 2018, unter: https://www.
swp-berlin.org/publikation/der-eu-treuhandfonds-fuer-afrika/ (zuletzt
aufgerufen:15.11.2019,).
25 Äthiopien, Jordanien, Libanon, Mali, Marokko, Niger, Nigeria,
Pakistan, Senegal, Serbien, Sudan, Tunesien.
26 Afghanistan, Äthiopien, Bangladesch, Cote d`Ivoire, Gambia, Guinea,
Hongkong, Macau, Sri Lanka, Albanien, Russland, Ukraine, Mazedonien,
Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Serbien, Moldau, Pakistan,
Armenien, Georgien, Aserbaidschan, Türkei, Kap Verde.
27 Europäische Kommission : Mitteilung der Kommission
an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den
Rat: Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Europäischen
                                                                              (zuletzt aufgerufen:15.11.19).
Migrationsagenda, COM (2019) 481 final, unter: https://ec.europa.eu/
                                                                              29 European Commission: Report from the Commission to the
home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-
                                                                              European Parliament, the European Council and the Council. Fifth
agenda-migration/20191016_com-2019-481-report_en.pdf (zuletzt
                                                                              Progress Report on the Partnership Framework with third countries under
aufgerufen: 14.11.2019).
                                                                              the European Agenda on Migration. COM (2017) 471 final, unter: https://
28 Die Bundesregierung: Strategie für Migration und Entwicklung,
                                                                              eeas.europa.eu/headquarters/headQuarters-homepage/31673/fifth-
November 2016, unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/
                                                                              progress-report-partnership-framework-third-countries-under-european-
service/publikationen/strategie-fuer-migration-und-entwicklung-735206
                                                                              agenda-migration_en (zuletzt aufgerufen: 15.11.2019)

                                                                         10
EU-Außeninvestitionsplan                                                     Afrika-EU-Allianz für nachhaltige In-
Im September 2017 verabschiedete die Europäische
                                                                             vestitionen und Arbeitsplätze
Kommission eine neue Investitionsoffensive für Drittlän-                     Im Jahr 2000 gründete sich die Afrika-EU Partnerschaft
der, den sog. EU-Außeninvestitionsplan (EU External In-                      auf dem Afrika-EU-Gipfel in Kairo. Die Partnerschaft
vestment Plan). Das neue Instrument soll dazu beitragen,                     soll den politischen Dialog zwischen der EU und Afrika
die Investitionen in Afrika und der EU-Nachbarschaft an-                     und mögliche Kooperationen fördern.33 Dazu treffen
zukurbeln, indem Hemmnisse für private Investitionen                         sich in regelmäßigen Abständen, meistens alle drei
beseitigt werden. Der EU-Außeninvestitionsplan sieht                         Jahre, die Staats- und Regierungschefs zu Gipfeltref-
vor, dass mit einem Beitrag von 4,5 Mrd. Euro aus dem                        fen.34 Das letzte Treffen fand im November 2017 in
EU-Haushalt und dem Europäischen Entwicklungsfonds                           Abidjan statt, bei der die Abidjan-Erklärung verab-
als Anschub für Investitionen, bis 2020 insgesamt 44 Mrd.                    schiedet wurde, die die gemeinsamen Prioritäten der
Euro an Investitionen mobilisiert werden können.30 Im                        Zusammenarbeit ab 2018 festlegt:35
Jahr 2018 hat die EU bereits 3,7 Mrd. Euro investiert und
damit rund 37,1 Mrd. Euro an Investitionen freisetzen                        •    Investitionen in Menschen – Bildung, Wissen-
können.31 Laut Europäischer Kommission soll der EU-Au-                            schaft, Technologie und Kompetenzentwicklung
ßeninvestitionsplan „einen maßgeblichen Beitrag zur
Eindämmung von Migrationsströmen“ leisten, da dieser                         •    Stärkung von Resilienz, Frieden, Sicherheit und
die bestehenden Partnerschaften stärkt und langfristige                           Governance
Ursachen für große Migrationsbewegungen angeht.32
                                                                             •    Investitionen für einen nachhaltigen Strukturwan-
Die Investitionsoffensive umfasst dabei drei einander                             del fördern
ergänzende Säulen:
                                                                             •    Migration und Mobilität.
•    Mobilisierung von Investitionen durch neue Ga-
     rantien im Rahmen des neuen Europäischen Fonds
                                                                             Im Bereich „Migration und Mobilität“ wird ein Ausbau
     für nachhaltige Entwicklung
                                                                             des Dialogs und der Kooperation zwischen den afrika-
•    Ausbau technischer Hilfen zur Verbesserung der                          nischen Staaten und der EU anvisiert, um die „Wurzeln
     allgemeinen politischen Rahmenbedingungen zu-                           von irregulärer Migration und Flucht“ zu beseiti-
     gunsten von Behörden und Verwaltungen in den                            gen. Dabei werden andere Dialogformate wie der Ra-
     Partnerländern und                                                      bat-Prozess und Khartum-Prozess berücksichtigt.

•    Verbesserung der allgemeinen politischen Rah-                           Auf dem AU-EU-Gipfel in Abidjan wurde der Grundstein
     menbedingungen für Unternehmen durch die                                für die „Afrika-EU Allianz für nachhaltige Investitionen
     Förderung guter Regierungsführung, die Bekämp-                          und Arbeitsplätze“ gelegt, welche von der EU-Kommis-
     fung von Korruption sowie die Beseitigung von                           sion im September 2018 ins Leben gerufen wurde. Die
     Investitionshemmnissen und Marktverzerrungen                            Ziele der Allianz sind die Vertiefung der wirtschaftlichen
                                                                             Beziehungen und der Handelsbeziehungen, um nach-
Der EU-Außeninvestitionsplan bildet eine Säule der                           haltige Arbeitsplätze schaffen zu können.
Afrika-EU-Allianz für nachhaltige Investitionen und Ar-                      33 Die Grundlage der Zusammenarbeit bildet die Afrika-EU-Strategie,
beitsplätze.                                                                 die 2007 auf einem gemeinsamen Gipfel in Lissabon verabschiedet wurde.
                                                                             Siehe: https://www.africa-eu-partnership.org/en/partnership-and-joint-
30 European Commission: EU External Investment Fund, unter: https://         africa-eu-strategy (zuletzt aufgerufen: 15.11.2019). Die Afrika-EU-Strategie
ec.europa.eu/europeaid/policies/financing-development/eip_en (zuletzt        verfolgt dabei drei Ziele: 1) Den politischen Dialog zwischen Afrika und
aufgerufen: 15.11.2019)                                                      der EU zu stärken, 2) Kooperation zwischen Afrika und der EU zu erweitern
31 Europäische Kommission: External Investment Plan. 2018                    sowie 3) Eine am Menschen orientierte Partnerschaft zu fördern.
Operational Report. European Union: 2019, S. 4                               34 Die fünf Gipfeltreffen fanden bisher in Kairo (2000), Lissabon (2007),
32 Europäische Kommission – Pressemitteilung: Lage der Union 2016:           Tripolis (2010), Brüssel (2014) und Abidjan (2017statt.
Ausbau der europäischen Investitionen für Beschäftigung und Wachstum,        35 The Africa-EU Partnership: The Partnership and Joint Africa-EU
unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-3002_de.htm (zuletzt        strategy, unter: https://www.africa-eu-partnership.org/en/partnership-
aufgerufen:15.11.19).                                                        and-joint-africa-eu-strategy (zuletzt aufgerufen:15.11.19,).

                                                                        11
Sahel-Allianz
Dafür stehen die folgenden vier Punkte im Fokus36:                           Im Juli 2017 wurde die Sahelallianz, bestehend aus
                                                                             den G5-Sahelstaaten (Burkina Faso, Mali, Mauretanien,
•    Förderung strategischer Investitionen und Stär-                         Niger und Tschad), der EU, der Weltbankgruppe, der
     kung der Rolle des Privatsektors zur Schaffung von                      Afrikanischen Entwicklungsbank, dem Entwicklungs-
     Arbeitsplätzen                                                          programm der Vereinten Nationen (UNPD), Deutsch-
                                                                             land und Frankreich gegründet. Seit Anfang 2018 sind
•    Investitionen in die Menschen durch Investitionen                       auch die folgenden EU-Länder Mitglieder der Sahel-Al-
     in Bildung und Qualifikationen                                          lianz: Dänemark, Großbritannien, Italien, Luxemburg,
                                                                             Niederlande und Spanien. Die G5-Sahelstaaten haben
•    Stärkung des Geschäftsumfelds und des Investiti-                        sich im Februar 2014 zur „G5 du Sahel“ zusammenge-
     onsklimas                                                               schlossen, um sich in Fragen zur Sicherheit und Ent-
                                                                             wicklung enger abzustimmen. Die Sahel-Allianz soll
•    Ausschöpfung des vollen Potenzials von Wirt-                            die G5-Sahelstaaten bei der Umsetzung ihrer Ziele un-
     schaftsintegration und Handel                                           terstützen.

Im Dezember 2018 fand das Hochrangige Forum Afri-                            Die Arbeit der Allianz umfasst sechs Kerngebiete38:
ka Europa in Wien statt. Dabei sagte die EU finanzielle
Mittel zu, um die Ziele der Allianz erreichen zu können.                     •    Bildung und Jugendbeschäftigung
Die EU wird37:
                                                                             •    Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Ernäh-
•    75 Mio. Euro zur Verfügung stellen, die durch die                            rungssicherheit
     Hebelwirkung Investitionen i.H.v. 750 Mio. Euro für
     Unternehmer der Subsahara und den südlichen                             •    Energie und Wasser
     Nachbarstaaten freisetzen sollen
                                                                             •    Gute Regierungsführung
•    45 Mio. Euro Unterstützung freigeben, damit afri-
     kanischen Bauern der Zugang zu Finanzierungen                           •    Dezentralisierung und Grundversorgung
     ermöglicht wird
                                                                             •    Innere Sicherheit.
•    In die Solarenergie Marokkos investieren.
                                                                             Sicherheit, Migration und Mobilität werden in der
Bei dem Forum kamen hochrangige Vertreter aus Eu-                            Bundesregierung als Querschnittsthemen aller Be-
ropa und Afrika, sowie Geschäftsführer von globalen                          reiche behandelt. Die Sahel-Allianz erarbeitet keine
Unternehmen, Start-Ups, etc. zusammen.                                       eigenen Strategien, sondern baut auf die nationalen
                                                                             und internationalen Maßnahmen auf und versucht
                                                                             diese zu koordinieren, die Effizienz der Entwicklungs-
                                                                             projekte zu erhöhen und die Zusammenarbeit der
                                                                             verschiedenen Geber und Partner zu verbessern.39
                                                                             Die Allianz trifft sich dafür einmal im Jahr zu einem
                                                                             38 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
                                                                             Entwicklung: Die Sahel-Allianz, unter: https://www.bmz.de/de/laender_
                                                                             regionen/sahel-allianz/index.jsp (zuletzt aufgerufen:15.11.19,)
36 Europäische Kommission: Allianz Afrika-Europa, unter: https://            39 Deutscher Bundestag: Drucksache 19/1372: Antwort auf Kleine
ec.europa.eu/commission/africaeuropealliance_de (zuletzt                     Anfrage, unter: https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&sour-
aufgerufen:15.11.19).                                                        ce=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjop862ofDgAhWKK-
37 Europäische Kommission: Afrika-Europa-Allianz Erste Projekte              FAKHTdOCpcQFjAAegQICRAC&url=http%3A%2F%2Fdipbt.bundestag.
sind am Start, vom 18.12.18, unter: https://ec.europa.eu/germany/            de%2Fdoc%2Fbtd%2F19%2F013%2F1901372.pdf&usg=AOvVaw24fn4Rg-
news/20181218-afrika-europa-allianz_de (zuletzt aufgerufen:15.11.19).        MSxP_0e-ITNKaBt (zuletzt aufgerufen:15.11.19)

                                                                        12
Politikdialog, abwechselnd in einem der G5-Länder
und einem beitragenden Land, bei dem ein Austausch
zwischen den Parteien ermöglicht werden soll. Zurzeit
übernimmt ein kleines Team der französischen Ent-
wicklungsagentur die Koordinierungs- und Sekretari-
atsfunktion. Diese Aufgaben sollen jedoch in Zukunft
auf andere Gründungsmitglieder übergehen.40

Im August 2017 wurde eine gemeinsame Eingreiftrup-
pe (Force Conjointe) gebildet. Sie umfasst bis zu 5.000
Soldat*innen aus den G5-Staaten. Das Ziel dieser
Gruppe ist die verbesserte grenzübergreifende Terror-
bekämpfung in der Region. Die Eingreiftruppe erhält
dabei Unterstützung durch die Sahel-Allianz sowohl
finanziell als auch im Rahmen von Ausbildungsmissi-
onen durch die EU. Seit ihrer Gründung unterstützte
Deutschland die Eingreiftruppe mit 20 Mio. € direkter
Unterstützung sowie 28 Mio. € für begleitende Maß-
nahmen wie Ausbildung und Sicherheitsreform.41

Deutschland stellt für den Zeitraum von 2017-2020
rund 1,7 Mrd. Euro für die G5-Sahelstaaten zur Verfü-
gung. Bei der Geberkonferenz der G5-Sahelstaaten im
Dezember 2018 baten die G5-Sahelstaaten um finan-
zielle Unterstützung für das Investitionsprogramm PIP
(Programme d´investissments prioritaires). Die Part-
ner kündigten finanzielle Mittel i.H.v. 2 Mrd. Euro an,
von denen rund 1,3 Mrd. Euro von der Sahel-Allianz
stammt. Von diesem Beitrag sollen rund 266 Mio. Euro
in das Sofortentwicklungsprogramm PDU (Programme
de Développement d´Urgence) fließen, welches fünf
Projekte zur Trinkwasserversorgung bzw. Wasserres-
sourcenmanagement umfasst.42 Insgesamt sollen bis
2022 rund 730 Projekte, mit einem Budget von 11 Mrd.
Euro, in der Sahelregion umgesetzt werden.43

40 Ebd., S. 13
41 Ebd, S. 3
42 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung: Sahelländer erhalten mehr Unterstützung, unter: https://
www.bmz.de/de/zentrales_downloadarchiv/Presse/181211_Sahellaender-
erhalten-mehr-Unterstuetzung/index.html (zuletzt aufgerufen:15.11.19)
43 Alliance Sahel: The Sahel Alliance, unter: https://www.alliance-sahel.
org/en/sahel-alliance/ (zuletzt aufgerufen:15.11.19).

                                                                            13
Bundesrepublik Deutschland
Strategie für Migration und
Entwicklung
Die Bundesregierung legt ihren migrationspoli-               In der Reduzierung von Ursachen von Flucht und
tischen Ansatz gegenüber Herkunfts-, Transit- und            „irregulärer Migration“ (Leitlinie 1) unterschiedet die
Aufnahmeländern in ihrer im November 2016 veröf-             Bundesregierung zwischen akuten Ursachen, unter
fentlichten „Strategie für Migration und Entwicklung“        anderem bedingt durch bewaffnete Konflikte, und
dar. Die Strategie wurde redaktionell vom Auswärti-          strukturellen Ursachen, wie allgemeinen Lebensbe-
gen Amt (AA), Bundesministerium des Innern (BMI)             dingungen, welche durch eine vertiefte Entwicklungs-
und dem BMZ begleitet. Handlungsleitend für die              zusammenarbeit verbessert werden sollen.
Strategie ist die formulierte Überzeugung, dass „eine
gesteuerte Migration positive Effekte für Zuwande-           Die zweite Leitlinie bezieht sich vornehmlich auf
rungs- und Herkunftsländer sowie für Migrantinnen            Humanitäre Hilfe für Binnenvertriebene, Flüchtlinge
und Migranten“ hat.                                          und die Aufnahmegemeinden. Dieses umfasst auch
                                                             Maßnahmen in der Entwicklungszusammenarbeit mit
Als Schlüssel für eine bessere Gestaltung und Steue-         Aufnahmeländern. Besondere Schwerpunkte setzt die
rung von Migration und Fluchtprävention sieht die            Bundesregierung auf Bildungs- und Beschäftigungs-
Bundesregierung die verstärkte Zusammenarbeit mit            programme. Der regionale Fokus in der Zusammenar-
den wichtigsten Herkunfts-, Transit- und Aufnahme-           beit mit Aufnahmeländern liegt auf den Nachbarlän-
ländern. Den regionalen Schwerpunkt setzt sie in den         dern von Syrien, einschließlich der Türkei.
Ländern auf dem Krisenbogen zwischen dem west-
lichen Sahel und Afghanistan/ Pakistan sowie entlang         Bei der Nutzung von Potentialen „legaler Migration“
der Hauptmigrationsrouten. Finanziell bezifferte sie         (Leitlinie 3) konzentriert sich die Bundesregierung auf
die Ausgaben für Maßnahmen zur Steuerung und Ge-             die Steuerung von Erwerbszuwanderung als Beitrag
staltung von Migration in diesen Ländern im Jahr 2016        zur Fachkräftesicherung. Sie verweist weiter in ihrer
auf 7 Mrd. Euro.                                             Strategie darauf, dass Angebote zur Nutzung legaler
                                                             Zuwanderungswege ein wichtiges Instrument in Ver-
Eingebettet in die europäische Gesamtstrategie wer-          handlungen mit Herkunftsstaaten zur Rückübernah-
den vier Ziele/ Leitlinien definiert:                        me „irregulärer Migrant*innen“ seien. In der dauer-
                                                             haften Reduzierung „irregulärer Migration“ sieht die
•   Reduzierung der Ursachen von Flucht und „irregu-         Bundesregierung auch eine Chance zur Durchsetzung
    lärer Migration“                                         einer breiteren Beteiligung von europäischen Staaten
                                                             an Humanitären Aufnahmeprogrammen.
•   Verbesserung des Schutzes und der Unterstüt-
    zung für geflüchtete Menschen in den Hauptauf-           Die Beendigung des Aufenthaltes von Personen ohne
    nahmeländern                                             Bleiberecht bewertet die Bundesregierung als „zen-
                                                             tralen Bestandteil einer umfassenden und glaubwür-
•   Nutzung der Potentiale von legaler Migration und         digen Migrations- und Flüchtlingspolitik“. Neben dem
    aktive Gestaltung und Steuerung von Migrations-          innenpolitischen Abbau von Hindernissen sieht die
    prozessen                                                Bundesregierung ihre Aufgabe u. a. darin, die freiwil-
                                                             lige Ausreise und den Abschluss von Rückübernah-
•   Rückkehr von Menschen ohne Bleibeperspektive             meabkommen zu fördern. Die Kooperationen mit
    und Unterstützung der Reintegration in den Her-          Herkunfts- und Transitländern werden sowohl im Rah-
    kunftsländern                                            men der EU als auch bilateral verfolgt.

                                                        14
Sonderinitiative „Fluchtursachen be-
kämpfen, Flüchtlinge (re)integrieren“
Neben den Haushaltslinien bilaterale staatliche Ent-                         Gefördert wurden u.a. folgende Projekte:
wicklungszusammenarbeit, europäische Entwick-
lungszusammenarbeit oder zivilgesellschaftliches                             •   Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusam-
Engagement werden dem BMZ auch Mittel für Sonde-                                 menarbeit (GIZ): Unterstützung und Reintegration
rinitiativen bereitgestellt. Seit dem Jahr 2014 hat das                          von Binnenflüchtlingen in Südsudan (12,8 Mio. €)
BMZ vier Sonderinitiativen geschaffen:
                                                                             •   Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW): Trinkwas-
•    Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika und                            serversorgung syrischer Flüchtlinge und aufneh-
     Nahost                                                                      mender Gemeinden (10 Mio.)

•    EINEWELT ohne Hunger                                                    •   Deutscher      Akademischer     Austauschdienst
                                                                                 (DAAD): 1000 Stipendien für afrikanische Studie-
•    Fluchtursachen bekämpfen – Flüchtlinge (re)inte-                            rende (16 Mio. €)
     grieren
                                                                             •   Deutscher Caritasverband: Rückkehrhilfe für Ver-
•    Ausbildung und Beschäftigung.                                               triebene und gesellschaftliche Aussöhnung in den
                                                                                 nördlichen Regionen Malis (2 Mio. €)
Insgesamt stehen dem BMZ im Haushaltsjahr 2019
rund 10,2 Mrd. Euro zur Verfügung, wovon rund 10                             •   CARE: Sozio-ökonomischer Wiederaufbau und
Prozent für die Sonderinitiativen genutzt werden.44                              Reintegration der geflüchteten Bevölkerung und
                                                                                 Vorbeugung neuer Konflikte in der Nordöstlichen
Die Sonderinitiative „Fluchtursachen bekämpfen –                                 Grenzregion Mali mit Niger (5 Mio. €)
Flüchtlinge (re)integrieren“ ist heute die am besten
finanziell ausgestattete Initiative. Deren Mittel wurden                     •   Help: Rehabilitation von Schulen und medizi-
im Haushalt 201945 auf 505 Mio. Euro festgelegt. Die                             nischen Ausstattung Irak (500.000 €)
zur Verfügung gestellten Mittel sind somit im Ver-
gleich zum Haushalt 201746 (395 Mio. Euro) und dem                           •   Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNF-
Haushalt 2014 (70 Mio. Euro) gestiegen.47                                        PA): Minderung von Vulnerabilität weiblicher sy-
                                                                                 rischer Flüchtlinge und libanesischer Frauen in
Die Sonderinitiative hat drei Aktionsfelder: (1) Minde-                          Aufnahmeregionen (500.000 €).48
rung von Fluchtursachen, (2) Stabilisierung der Auf-
nahmegemeinden, (3) Integration und Reintegration.                           •   BMZ: Wirtschaftliche Teilhabe von Flüchtlingen
Die Maßnahmen in den Aktionsfeldern werden u. a.                                 und Bewohnern*innen angrenzender Gemeinden
von staatlichen, zivilgesellschaftlichen und internatio-                         in Ruanda (7,5 Mio. €)49
nalen Organisationen umgesetzt.
44 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung: Haushalt 2019, unter: https://www.bmz.de/de/ministerium/
zahlen_fakten/haushalt/index.html (zuletzt aufgerufen am 15.11.19).
45 Siehe Haushaltsplan 2019, Einzelplan 23 unter: https://www.
bundeshaushalt.de/#/2019/soll/ausgaben/gruppe/231089632.html
(zuletzt aufgerufen am 15.11.19).                                            48 Ebd.
46 Im Haushalt 2017 sind die Mittel für die Haushaltsjahre 2018-2022         49 Deutscher Bundestag Drucksache19/3212, Annex zu Frage
festgeschrieben.                                                             2, unter: https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=
47 Siehe Haushaltspläne 2014 und 2017, jeweils Einzelplan 23                 s&source=web&cd=4&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjwqZ-
unter: https://www.bundeshaushalt.de/#/2014/soll/ausgaben/                   A6ujgAhWQEVAKHaa_B7IQFjADegQIBxAC&url=http%3A%2F%2Fdipbt.
gruppe/231089632.html und unter: https://www.bundeshaushalt.                 bundestag.de%2Fdoc%2Fbtd%2F19%2F032%2F1903212.
de/#/2017/soll/ausgaben/einzelplan/231089632.html (beide zuletzt             pdf&usg=AOvVaw0AtaaBvubh9dj5XTukwnW7 (zuletzt
aufgerufen:15.11.19).                                                        aufgerufen:18.11.19).

                                                                        15
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