Zero Waste Now Maturitätsarbeit zur Thematik Abfall und Zero Waste von Lynn Kohli Lukas Strub - Gymnasium Unterstrass - 8. Januar 2018 - Impuls ...
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Zero Waste Now Maturitätsarbeit zur Thematik Abfall und Zero Waste von Lynn Kohli Lukas Strub – Gymnasium Unterstrass – 8. Januar 2018 1 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018
Inhaltsverzeichnis Einführung 2 Fragestellung 2 Motivation 3 Abfallproduktion Schweiz 4 Definition Abfall 4 Kategorien Abfall 4 Historisch (Raum Zürich) 5 Internationaler Vergleich 5 Problematik 6 Interview mit Christoph Leitzinger 6 Wasserverschmutzung weltweit 7 Lösungsidee „Ocean Cleanup“ 8 Wasserverschmutzung Schweiz 9 Food Waste Schweiz 10 Begriffserklärung 10 Kategorie Food Loss 10 Internationaler Vergleich 10 Folgen 11 Lösungsmöglichkeiten 12 Zero Waste 13 Begriffserklärung 13 Bea Johnson 13 Zero Waste in Zürich 18 Interview mit Tara Welschinger 20 Kurzfilm Zero Waste Now 22 Schlussfolgerung und Persönliche Stellungnahme 23 Danksagung 24 Quellenverzeichnis 25 Anhang 28
Einführung Meine Maturitätsarbeit gibt eine Übersicht über die aktuelle Zero-Waste-Bewegung. Anhand eines Porträts von Bea Johnson, der Begründerin der Bewegung „Zero Waste“, wird die Motivation und Entstehungsgeschichte der Bewegung deutlich. Ein filmisches Interview mit einer Zürcher Zero-Waste-Anhängerin zeigt, dass dieser Lebens- stil auch in Zürich möglich ist. Der Film soll möglichst viele Menschen dazu anregen, den ei- genen Lebensstil zu überdenken und nachhaltiger zu leben. Zusätzlich beschreibe ich als Kontext einige Aspekte der Umweltproblematik. Basierend auf meinen Recherchen über die Geschichte des Abfalls in Zürich, erläutere ich die Errungenschaf- ten und Probleme des Entsorgungs- und Recyclingsystem Zürichs. Zudem gibt meine Arbeit Einblick in das weltweite Problem der Verschmutzung der Ozeane. In einem weiteren Kapitel beschreibe ich das Problem der Verschwendung von Lebensmitteln (Food Waste) in der Schweiz. Abschliessend beinhaltet die Arbeit meine persönliche Stellungnahme. Zu jedem der drei Themen (Abfall, Food Waste und Zero Waste) findet sich am Ende des je- weiligen Kapitels ein möglicher Lösungsansatz. Fragestellung Im Rahmen dieser Arbeit werde ich mich mit den folgenden Fragen befassen: - Ist Abfall in der Schweiz ein ökologisches Problem? - Wie problematisch ist Food Waste in der Schweiz? - Ist es möglich, in Zürich ein Leben gemäss dem Konzept Zero Waste zu führen? Motivation Seit circa drei Jahren bemühe ich mich um einen möglichst nachhaltigen Lebensstil. Aus schu- lischen Gründen esse ich oft auswärts, dabei ist mir aufgefallen, wie schwierig es ist, unver- packte Nahrungsmittel zu kaufen. Filme wie Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen oder What The Health haben mich zusätzlich sensibilisiert und mir Lösungswege aufgezeigt, wie ich zu einer besseren Welt beitragen kann. Auf der Suche nach Möglichkeiten für ein nachhaltigeres und verschwendungsfreieres Leben stiess ich auf die Zero-Waste-Bewegung. Die Vorstellung einer Zukunft ohne Müll und Ver- schwendung faszinierte mich, und ich beschloss, mich vertieft damit auseinander zu setzen. Die Maturitätsarbeit bot mir dazu eine gute Gelegenheit. Ich will mit dieser Arbeit eine Veränderung der aktuellen Müllproblematik und einen nachhal- tigeren Umgang mit unseren Ressourcen bewirken. Meine Maturitätsarbeit porträtiert die Zero- Waste-Bewegung und soll die Leute in meinem Umfeld zum Nach- und Umdenken animieren. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 1
Zusätzlich zur schriftlichen Arbeit scheint mir ein visuelles Medium geeignet, um meine Mit- menschen zu erreichen. Da Filmarbeit meine Leidenschaft ist, habe ich beschlossen, die Mög- lichkeiten des Zero-Waste-Lebensstils mittels eines filmischen Porträts aufzuzeigen. Porträtiert wird Tara Welschinger, die seit circa zwei Jahren ein abfallfreies Leben führt. Drehort ist das Ladencafé „Foifi“, das sie im vergangenen März in Zürich eröffnet hat und in dem alle Produkte unverpackt erhältlich sind. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 2
Abfallproduktion Schweiz Definition Abfall Die Umweltdatenbank stellt folgende Definition für Abfall auf: „Abfall ist in den Augen des Gesetzgebers all das, was nicht mehr gebraucht und deshalb weggeworfen wird.“1 Die Natur funktioniert in Kreisläufen und kennt per se keinen Abfall.2 Kategorien Abfall Das Bundesamt für Umwelt teilt Abfall in vier verschiedene Kategorien ein: Siedlungs-, Son- der-, Bauabfall und Klärschlamm. Die Internetseite abfall.ch bietet Informationen über das Thema Abfall und Recycling in der Schweiz. Es beinhaltet das vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) initiierte Projekt „Entsor- gungswegweiser“. Auf der Internetseite findet man Merkblätter zu Entsorgung und Recycling. Zudem bietet die Seite den Zugriff auf eine „Recycling-Map“. Diese zeigt an, wo man verschie- dene Sammelgüter entsorgen kann. Der Entsorgungswegweiser gliedert Abfall in acht Klassen.3 Im Folgenden werde ich mich auf die Thematik Siedlungsabfälle begrenzen. „Zum Siedlungs- abfall zählen Abfälle aus Haushalten, Bürogebäuden, Kleinbetrieben, Hof und Garten, öffent- lichen Anlagen und Strassen.“4 Mit einer Produktion von 5,6 Millionen Tonnen pro Jahr stehen die Siedlungsabfälle auf Platz zwei der gesamten in der Schweiz produzierten Abfallmenge und machen 24 Prozent der Ge- samtmenge aus. Bei Siedlungsabfällen unterscheidet man zwischen recycelbaren und nicht ver- werteten oder nicht verwertbaren Produkten.5 1 https://www.umweltdatenbank.de/cms/lexikon/27-lexikon-a/1015-abfall.html; besucht am 03.12.17 2 Bundesamt für Umwelt (BAFU), Wälti, Corinne, Almeida, João: Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert. Bern 2016. (Seite 11) 3 Klasse 1: Chemische Abfälle; Klasse 2: Medizinische Abfälle; Klasse 3: Metallische Abfälle; Klasse 4: Mineralische Abfälle; Klasse 5: Anlagen, Maschinen, Fahrzeuge, Zubehör; Klasse 6: Tierische und pflanzliche Abfälle; Klasse 7: Behandlungsrückstände und Schlämme; Klasse 8: Siedlungsabfälle und einzelne Fraktionen. Stand September 2010 https://www.abfall.ch/pages/info/pdf/CH06_Abfallarten.pdf, besucht am 03.12.7 4 Bundesamt für Umwelt (BAFU), Wälti, Corinne, Almeida, João: Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert. Bern 2016. (Seite 14) 5 Ebd. (Seite 14) Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 3
Historisch (Raum Zürich) Entsorgung und Recycling Zürich, kurz ERZ, reinigt Strassen, Gehsteige, Parkanlagen und Ge- wässer in Zürich. Täglich werden heute vom ERZ 30’000 „Züri-Säcke“ eingesammelt und ma- terialgerecht entsorgt.6 Gemäss dem Tiefbau- und Entsorgungsdepartement der Stadt Zürich wurde 1867 das Abfuhr- wesen gegründet. 1893 konnten sowohl die Stadt Zürich als auch ihre Vororte eine gut organi- sierte Kehrichtabfuhr vorweisen.7 Im Jahre 1974 wird Recycling erstmals ein öffentliches Thema. Der erste Wertstoff-Sammel- container wird errichtet.8 1993 erfährt die Situation für Konsumenten in Zürich eine grosse Änderung. In diesem Jahr wird eine Gebühr auf Abfallsäcke gesetzt. Somit können die Kosten nun „verursachergerecht“9 verrechnet werden. Damit ist gemeint, dass die Höhe der zu bezahlenden Gebühren von der Menge des produzierten oder verbrauchten Abfalls abhängig ist. Ein Haushalt, in dem viel re- cycelt und wiederverwendet wird, produziert weniger Müll und muss weniger „Züri-Säcke“ kaufen und hat demzufolge eine geringere Abfallgebühr zu leisten. Die Einführung der „Züri-Säcke“ führte einerseits dazu, dass die Menge der Siedlungsabfälle sank, während die der Recyclingmaterialien anstieg.10 Dies ist auch dem Ausbau von Recyc- lingmöglichkeiten zu verdanken. Internationaler Vergleich Gemäss dem Bundesamt für Umwelt fallen in der Schweiz jährlich 24 Millionen Tonnen Abfall an. Dies entspricht einer Produktion von 45 Tonnen pro Minute.11 Dieselbe Quelle macht fol- gende erschreckende Aussage: „Würde die gesamte Welt im selben Ausmass wie die Schweiz konsumieren, wären fast drei Erden erforderlich.“12 Nur die USA und Dänemark produzieren noch mehr Abfall als die Schweiz.13 6 http://www.nachhaltigkeitsmonitoring.ch/stofffluesse; besucht am 09.10.17 7 https://www.stadt-zuerich.ch/ted/de/index/entsorgung_recycling/ueber_uns/geschichte.html; besucht am 17.10.17 8 Ebd. besucht am 17.10.17 9 http://www.nachhaltigkeitsmonitoring.ch/stofffluesse; besucht am 09.10.17 10 Ebd. besucht am 09.10.17 11 Bundesamt für Umwelt (BAFU), Wälti, Corinne, Almeida, João: Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert. Bern 2016. (Seite 9) 12 Ebd. (Seite 9) 13 https://www.nzz.ch/schweiz/700-kilogramm-abfall-pro-kopf-1.18636739; besucht am 03.12.17 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 4
Abbildung 1: Vergleich der Gemeinde- und Haushaltsabfälle pro Kopf der OECD-Länder 2013, in Kilo- 14 gramm Problematik? In „Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert.“ wird von „Abfall als Spiegel unseres Kon- sumverhaltens“15 gesprochen. Durch den steigenden Wohlstand steigert sich auch unser Kon- sumverhalten, was direkt mit der Produktion von mehr Abfall in Verbindung gebracht werden kann. Im Jahr 1990 wurden pro Person 603 Kilogramm Abfall erfasst. Die Zahl stieg bis zum Jahr 2014 auf 729 Kilogramm.16 Interview mit Christoph Leitzinger Der folgende Text stützt sich auf ein am 20. Dezember 2017 telefonisch geführtes Interview mit Christoph Leitzinger. Herr Leitzinger ist Fachleiter für Umwelt und Energiemanagement bei Entsorgung und Recycling Zürich und Dozent für Abfalltechnik an der ETH. In der Schweiz gibt es spezielle Verordnungen zur Verwertung von Abfall. Gemäss Christoph Leitzinger herrsche in der Schweiz ein stetiger Verbesserungsprozess, angepasst an den neues- ten Stand der Technik. Hier habe man die technischen Möglichkeiten und das Know-how, um den Abfall gut zu verwerten. Ausserdem sei sowohl das Geld als auch die Bereitschaft der Be- völkerung vorhanden, in eine gute Abfallverwertung zu investieren. Christoph Leitzinger sagt, Abfall sei in der Schweiz und generell in Mitteleuropa weder ökolo- gisch noch gesundheitlich gesehen ein Problem. Aus Schweizer Sicht sei nicht der Abfall ein ökologisches Problem, sondern die Herstellung der Produkte und der damit verbundene Rohstoffabbau. 14 https://www.nzz.ch/schweiz/700-kilogramm-abfall-pro-kopf-1.18636739; besucht am 03.12.17 15 Bundesamt für Umwelt (BAFU), Wälti, Corinne, Almeida, João: Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert. Bern 2016. Seite 19. 16 Ebd. Seite 7 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 5
Leitzinger sagt, dass wir alle mit einer Änderung unseres Konsumverhaltens zur Verringerung von weltweiten Umweltproblemen beitragen können. Er rät zu einer generellen Reduktion von Konsum und zur Investition in qualitativ bessere und somit länger haltende Produkte. Das Kon- sumverhalten habe viel mit der Einstellung einer Gesellschaft zu tun. Diese Einstellung werde sich in Zukunft Richtung Reduktion wandeln, ist Christoph Leitzinger überzeugt. Dies sehe man auch in der pro Person produzierten Abfallmenge, welche sich in der Stadt Zü- rich während der letzten Jahre verringert habe. Trotz dieser sinkenden Tendenz habe die Ge- samtmenge zugenommen, was aber auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen sei. Obwohl Abfall in der Schweiz kein unmittelbares Problem sei, gehöre er zu den weltweit gröss- ten ökologischen Herausforderungen. Leitzinger sagt, über die Hälfte aller Länder hätten keine Gesetzgebung zum Thema Abfall. Um dieses Problem zu lösen, herrsche ein grosser internati- onaler Austausch zur Aufklärungsarbeit. Auch Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) kümmere sich um Informationsvermittlung. Diese finde beispielsweise durch die jährliche Zusendung des Abfallkalenders und des Entsor- gungskompasses an die Zürcher Haushalte statt. Ausserdem biete das ERZ Abfallunterricht an Schulen und Informationsexkursionen im Klärwerk Werdhölzli oder im Kehrichtheizkraftwerk Hagenholz. Die Umsetzung läge aber bei jedem selbst. Leider gelte heute in den meisten Kreisen ein neues SmartPhone immer noch als viel sexyer als eine sinnvolle Abfallbewirtschaftung, so Leitzinger. Wasserverschmutzung weltweit Die weltweiten Auswirkungen der steigenden Abfallproduktion sind erschreckend. Speziell die Ökosysteme in und an Gewässern sind gefährdet und zeigen heute schon gravie- rende Auswirkungen auf Pflanzen, Tieren und Menschen. Auch die Weltmeere sind davon be- troffen: Gemäss Ocean Care17 gelangen jährlich neun Millionen Tonnen Kunststoffabfällen in die Ozeane. Meerestiere nehmen die schädlichen, im Kunststoff vorhandenen Partikel auf und können daran sterben. „Die Toxine schaden den Tieren und gelangen über die marine Nah- rungskette auch bis zu uns Menschen.“18 Nach Schätzungen von Ocean Care würde bei gleichbleibender Abfallproduktion bis zum Jahr 2050 der im Meer treibende Müll eine höhere Gesamtmasse aufweisen als alle im Meer leben- den Fische.19 17 Ocean Care ist seit 2011 UN-Sonderberaterin für den Meeresschutz. Das Ziel von Ocean Care ist die „Verbesserung der Lebensbedingungen in den Weltmeeren“. https://www.oceancare.org/de/ueberuns/; besucht am 03.01.18 18 https://www.oceancare.org/de/unsere-arbeit/meeresschutz/plastikverschmutzung/reduce-remove-rescue/; besucht am 12.10.17 19 Ebd. besucht am 12.10.17 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 6
Erst seit 1996 ist es verboten, industrielle und radioaktive Abfälle im Meer zu entsorgen. Dieses Verbot wurde durch die „Londoner Konvention“ erstellt.20 „Garbage Patches“ werden die Gebiete des Meeres genannt, in welche die grösste Menge des ins Meer gelangten Abfalls strömen. Man spricht von weltweit fünf strudelartigen Garbage Pat- ches.21 Die Abfallstücke liegen meist in Form von Mikroplastik vor. Gemäss National Geogra- phic sinken etwa 70 Prozent des im Meer gelandeten Abfalls auf den Meeresgrund.22 Der bio- logisch nicht abbaubare Müll wird auch „Marine debris“ genannt.23 24 Abbildung 2: Zirkulation der Garbage Patches Lösungsidee Ocean Cleanup Inzwischen gibt es verschieden Lösungsansätze, die Meeresverschmutzung zu bekämpfen. Zum Beispiel hat der Niederländer Boyan Slat (22) im Alter von 17 Jahren das Projekt „Ocean Cleanup“ initiiert. Das Projekt setzt sich die Reinigung der Ozeane als Ziel. An Türmen, die auf dem Meeresboden gebaut sind, hängen 50 Meter lange Arme, welche den Abfall aus dem Wasser einfangen. Der so gesammelte Abfall soll anschliessend von Schiffen an Land gebracht werden. Der Start des Projekts war ursprünglich auf 2020 geplant. Allenfalls lässt es sich aber bereits 2018 realisieren.25 20 https://www.wwf.ch/de/unsere-ziele/verschmutzung-der-meere; besucht am 03.12.17 21 http://www.projectbluesea.de/media/files/downloads/XXLFlyer.pdf; besucht am 03.12.17 22 https://www.nationalgeographic.org/encyclopedia/great-pacific-garbage-patch/; besucht am 03.12.17 23 http://scienceblogs.de/meertext/2015/07/24/muell-im-meer-und-das-ocean-clean-up-projekt-fakten-und-diskussion/, besucht am 03.12.17 24 https://www.theoceancleanup.com/; besucht am 03.12.17 25 Schöbe, Sebastian: „Ocean Cleanup“ schon 2018? ARD Brüssel. 12.05.2017 https://www.tagesschau.de/ausland/muell-weltmeere-slat-101.html, besucht am 03.12.17 https://www.careelite.de/plastik-muell-fakten/; besucht am 03.12.17 https://static1.squarespace.com/static/5950d27bb8a79b4b8f68fc16/t/595a27feebbd1a2d6de3908b/1499080703907/170630_Portrait_ Boyan_Slat.pdf; besucht am 03.12.17 https://www.theoceancleanup.com/; besucht am 03.12.17 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 7
26 Abbildung 3: The Ocean Cleanup Prototyp in der Nordsee, September 2017 Wasserverschmutzung Schweiz Die Verschmutzung betrifft aber nicht nur die Meere. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) veröf- fentlichte im April 2017 einen Artikel über die Belastung von Schweizer Bächen und Flüssen. Forscher untersuchten im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) im Jahr 2015 fünf Fliessgewässer. Die gefundenen Schadstoffe wiesen in allen untersuchten Gewässern eine über dem Grenzwert (0,1 Mikrogramm pro Liter) liegende Konzentration auf. Die Schadstoffe be- stehen vor allem aus Pestiziden, welche in der Landwirtschaft angewendet werden.27 TED-Talk: TEDxVictoriaSalon. https://www.youtube.com/watch?v=ROW9F-c0kIQ; besucht am 03.12.17 26 https://www.theoceancleanup.com/media-gallery/#&gid=2&pid=13; besucht am 03.12.17 27 Föry, Désirée: Zu viel Gift in den Bächen. Neue Zürcher Zeitung. 4.4.2017; https://www.nzz.ch/schweiz/fliessgewaesser-zu-viel-gift-in- den-baechen-ld.155259; besucht am 03.12.17 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 8
Food Waste Schweiz Begriffserklärung Das Bundesamt für Umwelt übersetzt den Begriff „Food Waste“ mit „Lebensmittelabfälle“.28 Der Verein foodwaste.ch stellt folgende Definition auf: „Food Waste sind Lebensmittel, die für den menschlichen Konsum produziert wurden und auf dem Weg vom Feld bis zum Teller ver- loren gehen oder weggeworfen werden.“29 Nicht essbare Teile von Lebensmitteln zählen nicht zu Food Waste. Kategorien Food Waste „Food Loss“ ist ein Teil von Food Waste. Dazu zählen diejenigen Verluste von Nahrungsmit- teln, welche bei der Produktion, dem Transport/der Lagerung oder der Weiterverarbeitung der Produkte entsteht.30 54 Prozent von Food Waste fallen in die Kategorie Food Loss und entste- hen bei eben genannten Stationen (Landwirtschaft: 27%, Lagerung/Transport: 9%, Verarbei- tung: 18%). Weitere neun Prozent Nahrungsmittelverlust fallen im Handel an. Der grösste Teil von Food Waste fällt jedoch beim Konsument an, wo durchschnittlich 37 Prozent der Nahrungsmittel verloren gehen oder verschwendet werden.31 foodwaste.ch spricht sogar von 45 Prozent in pri- vaten Haushalten.32 Internationaler Vergleich Gemäss dem Bundesamt für Landwirtschaft werden in reichen Ländern sieben Prozent des Ein- kommens für Lebensmittel ausgegeben. Ein Drittel dieser Lebensmittel landet im Müll. In Ent- wicklungsländern werden 70 Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben. Nur drei Prozent davon landen im Abfall.33 Ein Drittel der in der Schweiz produzierten Lebensmittel endet somit als Food Waste.34 Dies 28 https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/abfallwegweiser-a-z/biogene-abfaelle/abfallarten/ lebensmittelabfaelle.html; besucht am 11.10.17 29 http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 11.10.17 30 Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten: Lebensmittel wegwerfen ist dumm. Bern 2012. https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-46360.html; besucht am 03.01.18 31 Ebd. 32 http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 11.10.17 33 Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten: Lebensmittel wegwerfen ist dumm. Bern 2012. https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-46360.html; besucht am 03.01.18 34 http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 11.10.17 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 9
entspricht gemäss der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) der weltweiten Grössenordnung für Food Waste.35 Schweizweit entspricht dies pro Jahr 2,3 Millionen Tonnen Lebensmitteln, welche im Müll lan- den. Dies macht 94 bis 300 Kilogramm pro Person und Jahr aus.36 In Indien sind es vergleichs- weise bloss elf Kilogramm pro Person und Jahr.37 38 Abbildung 4: Ein Drittel der in der Schweiz produzierten Nahrungsmittel geht verloren. Folgen Finanziell scheinen wir es uns also leisten zu können, Nahrungsmittel zu verschwenden. Aber können wir es uns auch ökologisch leisten? Ganz klar nicht, meint foodwaste.ch. Der Verein teilt die Folgen dieser Verschwendung in sechs Kategorien ein: Unnötige Landnut- zung, erhöhte Preise, Hunger, Geldverschwendung, Wasserverschwendung und Klimawan- del.39 Gemäss den Angaben des Vereins wird für die Produktion der in der Schweiz verschwendeten Lebensmittel „eine Fläche von der Grösse des Kantons Zürich“40 benötigt. Wenn mehr Lebens- mittel gekauft werden als wirklich benötigt, führt dies fälschlicherweise zu einer steigenden Nachfrage, worauf die Preise steigen. https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/abfallwegweiser-a-z/biogene-abfaelle/abfallarten/lebensmittel abfaelle.html; besucht am 11.10.17 35 http://www.fao.org/home/en/; besucht am 11.10.17 http://www.fao.org/food-loss-and-food-waste/en/; besucht am 30.12.17 36 https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/abfallwegweiser-a-z/biogene-abfaelle/abfallarten/lebensmittelabfaelle.html; besucht am 11.10.17 Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten: Lebensmittel wegwerfen. Das ist dumm. Bern 2012. https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-46360.html; besucht am 03.01.18 37 Ebd. 38 Ebd. 39 http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 28.12.17 40 Ebd. besucht am 12.10.17 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 10
Durchschnittlich geben Schweizer Haushalte pro Jahr ein- bis zweitausend Franken für Nah- rungsmittel aus, die anschliessend weggeworfen werden.41 Lösungsmöglichkeiten Verschiedenste Institutionen befassen sich weltweit mit Möglichkeiten zur Verringerung von Food Waste. Beispielhaft erwähne ich drei Projekte zur Bekämpfung von Food Waste. Der 2012 gegründete, unabhängige und gemeinnützige Verein foodwaste.ch hat sich die „In- formation und Aufklärung“42 über das Thema Lebensmittelverschwendung zur Aufgabe ge- setzt. Die „Äss Bar“ bietet unter dem Slogan „Frisch von Gestern“ Backwaren vom Vortag an. Diese Backwaren holen die Mitarbeiter der Äss Bar bei ihren Partnerbäckereien43 ab, wo sie ansonsten weggeworfen werden würden. An einem der acht Standorte44 der Äss Bar werden die Produkte dann zum halben Preis verkauft. Bei den Produkten handelt es sich um Übriggebliebenes in qualitativ gutem Zustand. Somit kann ein Teil der täglichen Lebensmittelverschwendung ver- hindert werden.45 Eine andere Einrichtung zur Verminderung von Food Waste ist die Initiative „Foodsharing“. Foodsharing ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv und hat insgesamt über 200’000 Nutzerinnen und Nutzer.46 Lebensmittel werden vor der Verschwendung gerettet und gratis weiterverteilt. Das Ziel von Foodsharing ist es, „auf persönlicher Ebene Aufklärung, Um- denken und verantwortliches Handeln anzustossen.“47 41 https://www.wwf.ch/de/unsere-ziele/foodwaste http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 03.01.18 Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten: Lebensmittel wegwerfen. Das ist dumm. Bern 2012. 42 http://foodwaste.ch/der-verein/; besucht am 14.12.17 43 Hier eine Auswahl aus Zürcher Partnerbäckereien, von welchen die Äss Bar ihre Produkte bekommt: Bäckerei Wüst, John Baker, Bäckerei Jung, St. Jakobs Beck, Moser’s Backparadies, Bäckerei Bachmann. http://www.aess-bar.ch/index.html#standorte; besucht am 26.12.17 44 Basel, Bern, ETH Hönggerberg, ETH Zentrum, Fribourg, St. Gallen, Winterthur, Zürich http://www.aess-bar.ch/index.html#standorte, besucht am 26.12.17 45 http://www.aess-bar.ch/; besucht am 26.12.17 um 14:41 Uhr; Gespräch mit einem Verkäufer der Äss Bar am 22.02.17 46 https://foodsharing.de/ueber-uns; besucht am 26.12.17 um 15:52 Uhr 47 Ebd. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 11
Zero Waste Begriffserklärung Die Bewegung „Zero Waste“ wurde von der in Kalifornien lebenden Französin Bea Johnson begründet. Der Begriff „Zero Waste“ wurde jedoch nicht von ihr erfunden. „Waste“ kann sowohl mit „Verschwendung“ als auch mit „Müll“ übersetzt werden. Die Zero- Waste-Bewegung bemüht sich also um „null Müll und null Verschwendung“, was einen mög- lichst nachhaltigen Lebensstil bewirken soll. Bea Johnson Der folgende Text stützt sich, wenn nicht anders vermerkt, auf das von Bea Johnson geschrie- bene Buch Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfa- che dein Leben. (Kiel 2013.) Bea Johnson wuchs in der Provence in Frankreich auf. Im Alter von 18 Jahren reiste sie nach Kalifornien und verliebte sich dort in ihren späteren Ehemann Scott. Ihre beiden Söhne wuchsen in einem grossen, modernen Haus in einem Vorort von San Fran- cisco auf. Scott Johnson machte erfolgreich Karriere, die Familie konnte sich einen reichen Lebensstil leisten. Auslandsurlaube, Partys, begehbare Kleiderschränke, Einkaufstouren, zwei grosse Autos, Mitgliedschaft im privaten Schwimmbad und Botox wurden Alltag. Wöchentlich füllte die Familie eine 240 Liter Mülltonne. In ihrem Innern wurde Johnson jedoch vom Gedanken, dass ihr Leben „in einer festen Form erstarrt“48 sei, erschüttert. Sie und ihr Mann beschlossen, das 280-Quadratmeter-Haus zu ver- kaufen und in ein lebhafteres Quartier zu ziehen. Temporär zogen sie in eine Wohnung und nahmen nur das Nötigste mit. Den Rest lagerten sie ein. Dabei machte die Familie Johnson eine Entdeckung: „In dieser Übergangszeit merkten wir, dass wir ohne so viele Sachen mehr Zeit für die Dinge hatten, die uns Freude machten.“49 „Ich [Bea Johnson] stellte fest, dass das meiste von dem, was wir jetzt eingelagert hatten, keinen wirklichen Nutzen gehabt hatte, ausser den, grosse Räume zu füllen. Wir hatten zu viel Wert auf Dinge gelegt und uns wurde klar, dass ein Wandel hin zu mehr Einfachheit unser Leben erfüllter und sinnvoller machen würde.“50 48 Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 9. 49 Ebd. Seite 10. 50 Ebd. Seite 10. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 12
Sie beschlossen eine radikale Änderung ihres Lebensstils. Die Familie begann ihr neues Zu- hause weiter zu entrümpeln und sich von alten Anschaffungen zu trennen. Gemäss Bea Johnson gab die Familie innerhalb weniger Jahre 80 Prozent ihres Besitzes weg. Scott hängte seinen alten Job an den Nagel und gründete eine Unternehmensberatung für Nach- haltigkeit. Bea begann den Haushalt so nachhaltig und verschwendungsfrei wie möglich umzu- gestalten. Einweg- wurden durch Mehrweggegenstände ausgetauscht. Johnson begann ihre Ein- käufe von losen Waren in Einmachgläsern und Kissenbezügen zu transportieren. Dies führte anfangs zu fragenden Blicken und Kommentaren, worauf Johnson mit der Antwort „Ich habe keine Mülltonne“51 reagierte. Die Einkaufstour führte nun auf Wochenmärkte und in Bioläden. In Einkaufszentren wurde nur noch die Offenverkaufstheke angesteuert. Johnsons Ziele wurden immer extremer. Was sie nicht unverpackt kaufen konnte, wurde selbst hergestellt. Joghurt wurde angesetzt, Senf gemischt, Kosmetik selbst hergestellt, Papier ge- schöpft und zeitweise sogar Moos als Ersatz für Toilettenpapier benutzt. Geputzt wurde mit einer selbst gemachten Essig-Natron-Mischung, anstatt Tampons wurde eine Menstruations- tasse verwendet, und ein Kompost war eine neue Errungenschaft des Haushalts. Schwierig wurde es bei unerwünschter Post und Geschenken, die Besucher mitbrachten. Bald jedoch wurde das Zurücksenden ungeöffneter Werbebriefe mit der Aufschrift „Annahme ver- weigert - Zurück an Absender“52 und das Schenken von Erlebnissen anstelle von Dingen zur Routine. Bea Johnson hat bis auf 15 Stück all ihre Kleidung weggegeben. Diese 15 Kleidungsstück – acht Oberteile, fünf Unterteile und zwei Kleider – lassen sich zu 50 verschiedenen Outfits kom- binieren. Eines dieser Kleider kann sie auf 22 verschiedene Weisen tragen. Da die Familie immer mehr in Bioläden und auf Märkten einkaufte, wo die Produkte wegen der guten Herstellungsbedingungen häufig etwas teurer sind, begann sich Scott um die Finanzen zu sorgen. Bei einer Analyse der Haushaltskosten wurden daher die Ausgaben des „alten (2005) und des neuen (2010) Lebensstils“53 verglichen. Die Angst erwies sich aber als unbegründet: Die Familie sparte gemäss der Analyse fast 40 Prozent der jährlichen Haushaltskosten.54 Um ihre Erfahrungen und Erlebnisse mit anderen zu teilen, erstellte Bea Johnson einen Blog (zerowastehome.com). Unter verschiedenen Kategorien wie „Lifestyle“, „Home“ oder „Fashion“ kann man an ihrem Leben teilhaben und sowohl Inspiration als auch Tipps und 51 Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 14. 52 Ebd. Seite 211. 53 Ebd. Seite 16. 54 Ebd. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 13
Tricks erhalten.55 Auf dem Blog besteht die Möglichkeit, mittels einer App sogenannte Bulk-Stores in der eigenen Umgebung zu finden. „Bulk-Stores“ sind Läden, in denen die Waren unverpackt erhältlich sind. Leider zeigt die App momentan noch keine solche Läden in der Schweiz an. Zusätzlich gründete Bea Johnson eine Beratungsfirma, um anderen Menschen beim Minimali- sieren und Vereinfachen ihres Lebens zu helfen und ihre eigenen Ideen zu verbreiten.56 Daneben verfasste sie ein Buch mit dem Titel Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Obwohl Johnson auf einen möglichst geringen ökologischen Fussabdruck bedacht ist, reist sie oft zu Informationsveranstaltungen und anderen Events. Um dem Zero-Waste-Lebensstil möglichst effizient folgen zu können, hat Johnson ein Fünf- Schritte-Prinzip erstellt. Das Prinzip ist auch als „fünf Rs“ bekannt. „Refuse, Reduce, Reuse, Recycle, Rot“, heisst die Regel. Auf Deutsch: „Ablehnen, Reduzieren, Wiederverwenden, Re- cyceln, Verrotten.“ Dabei ist es wichtig, die fünf Schritte in genau dieser Reihenfolge zu befol- gen. Hier folgt nun eine Zusammenfassung der Schritte gemäss Johnsons Buch Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. 1. „Schritt: Ablehnen {was wir nicht brauchen}“57 „Als wir als Familie den Zero-Waste-Weg begannen, war schnell klar, dass Zero Waste [...] mit unserem Verhalten ausserhalb des Hauses beginnt.“58 Nach Johnson geht es bei Zero Waste nicht um mehr Recycling. „Es geht darum, sich gegen unnötigen Müll zu wehren und ihn gar nicht erst ins Haus zu lassen. Alles, was wir annehmen oder mitnehmen, schafft eine Nachfrage nach mehr. Das heisst: An- nehmen (im Gegensatz zum Ablehnen) billigt stillschweigend verschwenderisches Verhalten und verstärkt es.“59 2. Schritt: „Reduzieren {was wir brauchen und nicht ablehnen können}“60 „Reduzieren führt […] zu einem vereinfachten Lebensstil, der auf Qualität statt auf Quantität 55 zerowastehome.com; besucht am 26.12.17 um 13:33 Uhr 56 Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 15. 57 Ebd. Seite 24. 58 Ebd. 59 Ebd. 60 Ebd. Seite 28. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 14
und auf Erlebnisse statt auf Sachen setzt. Es ermuntert dazu, die Notwendigkeit und den Nutzen älterer, jetziger und künftiger Anschaffungen zu hinterfragen.“61 Johnson fordert dazu auf, ältere Anschaffungen auf ihren Nutzen und ihre Notwendigkeit zu prüfen und sich nur auf das Nötigste zu beschränken. Zudem soll der Konsum eingedämmt werden. Sie schlägt vor, aussortierte Gegenstände an Institutionen wie die Heilsarmee zu spen- den oder sie auf Flohmärkten oder Onlineverkaufsseiten wie Ebay an neue Besitzer zu verge- ben. 3. Schritt: „Wiederverwenden {was wir verbrauchen und nicht ablehnen oder reduzieren kön- nen}“62 „Wiederverwenden […] gebraucht das Produkt mehrfach in seiner ursprünglich hergestellten Form, maximiert dabei seinen Nutzen und verlängert seine Lebensdauer.“63 „Wiederverwenden ist der Kipppunkt von Zero Waste: Es blickt sowohl auf den Konsum als auch auf Umweltschutzbemühungen und bietet einen letzten Ausweg vor dem Wegwerfen. Es kann wirksam [...] verschwenderischen Konsum verhindern, [...] Ressourcenverbrauch vermin- dern und [...] die Nutzungsdauer von Anschaffungen verlängern.“64 Müllintensiver Konsum soll vermieden werden. Dies beginnt schon mit dem Planen des Ein- kaufs. Einweg- sollen durch Mehrwegprodukte ersetzt und zeitweise ungenutzte Gegenstände wie Rasenmäher, Autos oder Ferienwohnungen geteilt werden. Kaputte Dinge soll man repa- rieren anstatt sie neu zu kaufen. 4. Schritt: „Recyceln {was wir nicht ablehnen, reduzieren oder wiederverwenden können}“65 „Recycling hängt zurzeit von zu vielen Variablen ab, als dass es eine verlässliche Lösung für unsere Müllprobleme sein könnte.“66 Gemäss Johnson müssen für ein effizientes Recycling folgende Faktoren beachtet werden: - Hersteller müssen mit Recycling-Firmen Kontakt aufnehmen. - Produkte müssen sowohl eine hohe Lebensdauer haben als auch gut recycelt werden können. - Verbraucher müssen sich mit Recycling auskennen und recycelbare Produkte kaufen. 61 Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 28. 62 Ebd. Seite 32. 63 Ebd. 64 Ebd. Seite 33. 65 Ebd. Seite 35. 66 Ebd. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 15
- Recyclingstellen, Unternehmen und Konsumenten müssen zusammenarbeiten. Da diese Punkte nicht immer erfüllbar sind, soll nur recycelt werden, wo es wirklich nötig ist. Ansonsten sind die vorherigen Schritte zu beachten. 5. Schritt: „Verrotten {den Rest kompostieren}“67 „Verrotten beschreibt den Vorgang des Kompostierens: des Recyclings von organischem Ma- terial. Verrotten ist das Recycling der Natur: Organische Abfälle zersetzen sich mit der Zeit und geben ihre Nährstoffe an den Boden zurück.“68 Johnson findet den Vorgang des Kompostierens befriedigender als den des Recycelns. Sie sagt in ihrem Buch, dass das Resultat des Kompostierens im Gegensatz zu dem des Recycelns gut ersichtlich und erkennbar sei. Kompost werde zu nährreichem Boden, während der Weg des Plastikrecyclings für uns unerkennbar bleibe. Trotz dem strikten Befolgen dieser fünf Punkte gelang es der Familie Johnson nicht, sämtlichen Abfall zu vermeiden. Auf ihrem Blog teilte Johnson eine Auflistung des Abfalls, den die vier- köpfige Familie während eines Jahres produzierte. Hier ein Überblick über eine Auswahl von weder ablehn-, reduzier-, wiederverwend-, recycle- oder verrottbaren Dingen, die sich in der Zeit vom Oktober 2015 bis zum Oktober 2016 ansam- melten:69 - Produktaufkleber - drei Kaugummis - eine Keksverpackung aus Plastik - getrocknete Farbe - ein Stück Wandgemälde - Silikonkautschuk - Toilettenpapier - ein Stück abgebrochene Antenne - ein Stück von einem Kartonumschlag - ein leerer Stift - eine Schachtel Medikamente - Kleber von Kontaktlinsen 67 Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 39. 68 Ebd. 69 https://zerowastehome.com/2017/02/whats-in-our-2016-jar-of-annual-waste/; besucht am 11.10.17 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 16
Abbildung 5: Abfall der vierköpfigen Familie Johnson während eines Jahres (Oktober 2015 bis zum 70 Oktober 2016) Zero Waste in Zürich Im Jahr 2015 wurde der Verein Zero Waste Switzerland gegründet. Der Verein hat sich die „Sensibilisierung und Begleitung der Bevölkerung zur nachhaltigen Abfallreduktion“71 zum Ziel gemacht. Er zählt heute mehr als 250 Mitglieder. Der Verein bietet unter anderem Work- shops zum Umstieg auf einen Zero-Waste-Lebensstil an. In Zürich gibt es verschiedene Möglichkeiten, Lebensmittel unverpackt einzukaufen. Die Stadt bietet nicht nur elf Wochenmärkte mit guten Möglichkeiten, frische, unverpackte Esswaren zu kaufen, sondern auch einige sogenannte Unverpackt-Läden.72 Beispiele sind der „Bachsermärt“, „Chez Mamie“ und das Zero Waste Ladencafé „Foifi“. Auch bei grösseren Ketten wie Migros und Coop wird das eine oder andere Produkt verpa- ckungsfrei angeboten. Nur leider ist trotz des offen angebotenen Sortiments der abfallfreie Kauf von Früchten und Gemüse nicht möglich. Das liegt daran, dass für diese Produkte eine Klebe- tikette mit Artikelname, Gewicht und Preis ausgedruckt werden muss. Ausserdem wird an der Kasse bei jedem Einkauf eine Quittung gedruckt. Frau Andrea Gross, Kundenberaterin des Migros-Genossenschaftsbunds, hat mir mitgeteilt, dass in nächster Zeit leider keine Umstellung in diesen beiden Bereichen geplant sei.73 Bei einem Gang durch den Coop ist mir aufgefallen, dass besonders Luxuslinien wie zum Bei- spiel „Fine Food“ häufig überdurchschnittlich aufwändig verpackt sind. Auf meine Anfrage 70 Abbildung … : Abfall der vierköpfigen Familie Johnson während eines Jahres (Oktober 2015 bis zum Oktober 2016) https://zerowastehome.com/2017/02/whats-in-our-2016-jar-of-annual-waste/; besucht am 30.12.17 71 https://zerowasteswitzerland.ch/de/aufgabe/; besucht am 11.10.17 72 Schweizweit gibt es gemäss einem Artikel des Tagesanzeigers vom 22.12.17 bereits 15 Unverpackt-Läden. Willmeroth, Sandra: Das Revival der Tante-Emma-Läden. Artikel im Tagesanzeiger vom 22.12.2017. Seite 10. 73 Siehe Mailwechsel mit Migros im Anhang Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 17
bezüglich der Notwendigkeit dieser zum Teil mehrfachen Verpackungen versprach mir Yan- nick, meine Kontaktperson von Coop, mögliche Verbesserungen in diesem Bereich zu prüfen. Ein möglicher Verzicht der Klebeetiketten bei Früchten und Gemüse wurde mir auch hier wie- der verneint: „Die Produkte müssen aufgrund der gesetzlichen Auskunftspflicht und der Rück- verfolgbarkeit mit einer Etikette versehen werden. Umsetzbare Alternativen gibt es bis jetzt noch keine, wir prüfen das aber regelmässig.“74 Mir wurde jedoch mitgeteilt, dass man beim Besitz einer Supercard von Coop einen digitalen Kassenzettel beziehen könne. Sowohl Migros als auch Coop haben Kampagnen für die Umwelt und eine nachhaltigere Zu- kunft gestartet. „Generation M“ (Migros) wurde im Jahr 2012 gegründet. Das Streben nach Nachhaltigkeit wird in fünf „Kernwerte“75 gegliedert: Konsum, Umwelt, Mitarbeitende, Gesellschaft und Gesund- heit. Mit der Kampagne „Generation M“ macht die Migros unterschiedlichste Versprechen zu folgenden Themen: Abfall & Recycling, Ernährung & Bewegung, Transport & Mobilität, Tier- wohl, Arbeitsbedingungen bei Lieferanten, Gesellschaft, Mitarbeitende, Biodiversität & Was- ser, Klima & Energie und Rohstoffe & Sortimente. Eines der Versprechen ist beispielsweise die ökologische Optimierung von 6’000 Tonnen Ver- packungsmaterial bis Ende 2020.76 „Taten statt Worte“ nennt sich der Einsatz für Nachhaltigkeit bei Coop. „Seit 1973 ist der Um- weltschutz in unseren Statuten verankert, und 2006 formulierten wir unsere Leitsätze zur Nach- haltigkeit“, so Coop.77 Coop strebt das Ziel an, „CO2-neutral bis 2023“78 an und hat von oekom research79 bereits zweimal den Titel „nachhaltigste Detailhändlerin der Schweiz“ erhalten. Migros und Coop verlangen beide fünf Rappen für ihre Plastiksäckchen. Seitdem die neue Re- gelung bei Coop im Oktober 2016 in Kraft getreten ist, hat sich der Verbrauch der Plastiksäcke um 80 Prozent verringert.80 Gemäss einer Umfrage des Tagesanzeigers würden 41 Prozent aller Befragten einen wieder- verwertbaren Stoffsack kaufen81, falls keine Plastiksäcke abgegeben würden. 74 Siehe Nachrichtenwechsel mit Coop im Anhang 75 https://generation-m.migros.ch/de/nachhaltige-migros/generation-m/organisation-nachhaltigkeit.html; besucht am 17.10.17 76 https://generation-m.migros.ch/de/versprechen~abfall-recycling=customCategories~.html; besucht am 17.10.17 77 http://www.coop.ch/content/act/de/grundsaetze-und-themen.html; besucht am 17.10.17 78 Ebd. 79 Oekom research ist eine Agentur, die unter anderem Unternehmen nach ökologischen Kriterien bewertet. Die Agentur ist unabhängig. http://www.oekom-research.com/; besucht am 26.12.17 80 http://www.coop.ch/content/act/de/taten-statt-worte/tat-nr--334.html; besucht am 17.10.17 81 https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/standard/Wie-der-Plastiksack-dem-Verbot-trotzt/story/25583123; besucht am 17.10.17 Eiselin, Stefan: Wie der Plastiksack dem Verbot trotzt. Artikel im Tagesanzeiger vom 21.03.2016 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 18
Auch für die Vermeidung von Abfall beim Take-away gibt es Lösungen. An unterschiedlichen Orten gibt es die Möglichkeit, über den Verein reCIRCLE gegen ein De- pot von zehn Franken ein wiederverwendbares Take-away-Geschirr zu erhalten. Die in der Schweiz produzierten reBOXen können nach Gebrauch bei Take-aways zurück gebracht wer- den, diese reinigen das Geschirr und bringen es „wieder in den Kreislauf“.82 Ein ähnliches Projekt ist das „Tiffin Projekt Schweiz“. Mit dem Slogan „Just Taste – No Waste“ wirbt das Projekt für einen müllfreiem Take-away. Dreißig Gramm Müll fallen gemäss des Kampagnevideos von „Tiffin Projekt Schweiz“ durchschnittlich pro Take-away und Person an.83 Um dies zu stoppen, hat Betül Cam das Projekt ins Leben gerufen. Auch bei diesem Pro- jekt soll in verschiedenen Restaurants die Möglichkeit bestehen, das Essen anstatt in einem Einweggefäss in einer Mehrweg-Edelstahlbox (der Tiffin-Box, benannt nach ihrem indischen Vorbild) zu erhalten.84 Gemäss einer Privatnachricht, die mir Betül Cam Anfang Oktober 2017 geschickt hat, scheint das Crowdfunding für den Projektstart nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, weshalb dieser nun leider bis auf Weiteres aufgeschoben werden musste. Interview mit Tara Welschinger Der folgende Text basiert auf einem am 2. August 2017 von Florian Rudolph und Lynn Kohli geführten Interview mit Tara Welschinger. Florian Rudolp lebt selbst nach dem Zero-Waste- Prinzip. Für das Interview treffen wir die 41-jährige Tara Welschinger in dem von ihr geführten Zero- Waste-Laden „Foifi“, den sie im Frühjahr 2017 eröffnete. Mit dem Thema Zero Waste beschäftigt sie sich jedoch schon länger. Seit etwa zwei Jahren bestreitet Tara Welschinger ihren Alltag, ohne Abfall zu produzieren. Die Umstellung zu diesem Lebensstil sei ein Prozess, sagt sie, der in alle Lebensbereiche hin- einspiele. Ausgelöst hat diesen Prozess bei ihr die Erkenntnis, dass unsere Gesellschaft ohne gutes Ent- sorgungssystem schlichtweg im Abfall ertrinken würde. Weil die Abfallentsorgung in Zürich gut funktioniert, fällt uns nicht auf, wie viel Abfall wir 82 https://www.recircle.ch/rebox#content; besucht am 17.10.17 83 https://www.100-days.net/de/projekt/das-tiffin-projekt-ch/intro; besucht am 17.10.17 84 Ebd. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 19
tatsächlich generieren. Egal, ob nach einem normalen Wochentag oder nach einer langen Som- mernacht, wenn wir am nächsten Morgen aufstehen, ist die Stadt sauber und aller Abfall aus unserem Blick verschwunden. Auf ihren Auslandsreisen ist Welschinger aufgefallen, wie anders Städte ohne solch gut funk- tionierende Infrastruktur aussehen. Besonders in asiatischen, am Meer gelegenen Regionen hat sie häufig gesehen, wie Menschen ihren Abfall am Strand deponierten, wo dieser dann von den Wellen ins Meer mitgerissen wurde. Während eines Aufenthalts in New York streikten die Arbeiter und Arbeiterinnen der Abfallent- sorgung. Sie war beeindruckt, wie innert bloss zwei Tagen der Abfall überbordete und die ganze Stadt voller Ratten war. Aufgrund dieser Erfahrungen beschloss Welschinger, ihr Konsumverhalten grundlegend zu verändern. Das war für Welschinger eine enorme Herausforderung, was ihren Lebensstil betraf. Die Frage stellte sich, ob ein verschwendungsfreieres Leben in ihrem Alltag überhaupt möglich sei und wie weit sie dabei kommen könne. Sie begann, unnötigen materiellen Konsum zu vermeiden. Doch das war erst der Anfang. Alles um sie herum erschien ihr nun zu gross und zu viel. Also begannen sie und ihr Lebenspartner mit der Reduktion in weiteren Lebensbereichen. Das grosse Entrümpeln begann. Dieser Akt des Weggebens und Loslassens erstreckte sich über mehrere Monate, und der Pro- zess ist auch jetzt noch nicht abgeschlossen. Welschinger sagt, obwohl das Loslassen oft sehr schmerzhaft sei, herrsche am Schluss ein be- freiendes Gefühl vor. Früher lebten Tara und ihr Lebenspartner in einem grossen Haus mit sieben Zimmern und Gar- ten, nun sind sie in eine kleine Wohnung im Zürcher Kreis eins umgezogen. Welschinger besitzt keine eigenen Bücher, CDs oder DVDs mehr. Sie trennte sich von ihrem 30 Quadratmeter gros- sen Kleiderzimmer, ihren Taschen und Schuhen. Sie kauft nur noch so viel Essen, wie sie wirklich braucht, und verschwendet nichts mehr. Daher ist es ihr möglich, das Geld in bessere Lebensmittel zu investieren, ohne dabei mehr ausgeben zu müssen. Welschinger kommt nun wieder mit einem finanziellen Betrag in der Grösse ihres Studentenbudgets aus. Das Paar füllt nur noch drei bis vier 17-Liter-Abfallsäcke pro Jahr. Seit sie nach dem Konzept Zero Waste lebe, sei Planung in ihrem Leben viel wichtiger gewor- den, sagt Welschinger. Sie gehe nicht mehr ohne ihre Mehrwertutensilien aus dem Haus. Auf ihrem neuen Weg erkannte Welschinger, dass sie nun plötzlich viel intensivere Auseinan- Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 20
dersetzungen hatte: Auseinandersetzungen mit sich selber und mit ihren Mitmenschen, insbe- sondere mit Verkäuferinnen und Verkäufern. Auch ihr Umfeld reagiert positiv auf ihren neuen Lebensstil. Welschinger denkt nicht, dass der Abfall in der Schweiz per se ein Problem sei. Abfall könne in Energie umgewandelt werden. Das heisst aber nicht, sich über den Konsum von Abfall keine Gedanken zu machen. Wie und wo werden Verpackungen produziert? Wie werden sie hierher transportiert? Was für Rohstoffe werden benötigt? Welschingers Ziel ist es, dass wir kritischere Konsumenten und Konsumentinnen werden. Sie wünscht sich, dass wir stärker hinterfragen, was wir kaufen und wofür wir unser Geld ausgeben. Zero Waste begann zunehmend in alle Bereiche von Welschingers Lebens einzudringen. Die Thematik hat sie so eingenommen, dass sie beschloss, ihren früheren Beruf aufzugeben und in Zürich einen „Unverpackt-Laden“ zu eröffnen. So entstand das „Foifi“, welches nebst einem Laden auch ein kleines Café beheimatet. Der Laden führt ausschliesslich Produkte, welche den Mehrweg unterstützen. Dabei werden Regionalität und Saisonalität berücksichtigt. Verpa- ckungsmaterial bringen die Kunden selbst mit. Im „Foifi“ werden zudem Workshops zum Thema Nachhaltigkeit angeboten. Obwohl ihr Lebensstil noch sehr neu ist, hat sie in Zürich bereits mehrere Menschen erreicht, und Zero Waste wurde von den Medien aufgenommen. Für die Zukunft wünscht sich Tara Welschinger, noch mehr Menschen für diese Bewegung begeistern zu können. Sie rät, dort mit Veränderungen anzufangen, wo man diese möglichst gut in den Alltag integ- rieren kann. Man soll den Weg geniessen. Er beginnt mit dem Vermeiden von Abfall, führt zur Reduktion im Haushalt und lässt einen Konsumgewohnheiten neu überdenken. Abbildung 6: Tara Welschinger im von ihr gegründeten Zero Waste Ladencafé “Foifi” Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 21
Kurzfilm Zero Waste Now Um möglichst viele Leute über die Möglichkeit, ein Zero-Waste-Leben in Zürich zu führen, zu informieren, habe ich einen Kurzfilm zu diesem Thema gedreht. Der Film porträtiert Tara Wel- schinger. Dieses Porträt soll die Bewegung vorstellen und die Integration der Prinzipien in den eigenen Alltag illustrieren. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 22
Schlussfolgerung und persönliche Stellungnahme Ich denke, dass die Idee der Reduktion des Konsumverhaltens ein wichtiges Gegengewicht zur heutigen Konsumgesellschaft darstellt. Ich finde, Zero Waste ist eine tolle Bewegung, deren Elemente jeder auf die eine oder andere Weise in seinen Alltag integrieren kann. Meiner Meinung nach ist jede auch noch so kleine Veränderung in Richtung Nachhaltigkeit sinnvoll und soll realisiert werden – auch wenn es sich manchmal anfühlt, als ob das eigene Handeln bloss ein Tropfen auf einen heissen Stein sei, denn man weiss nie, wen man mit dem eigenen Verhalten ansteckt und welchen Stein man damit ins Rollen bringt. Mir ist aufgefallen, wie viele Menschen in meinem Umfeld bereits von der Idee eines nachhal- tigen Lebensstils angesteckt wurden. Über Social Media und andere Medien hat man einen immensen Zugang zu Beispielen für al- ternative Lebensformen und die Möglichkeit zu einem regen Austausch mit Gleichgesinnten weltweit. Dies ist meiner Meinung nach sehr inspirierend und ermutigend. Durch die Recherche zu dieser Arbeit habe ich viele Menschen kennengelernt, die auch auf der Suche nach Möglich- keiten zu einem ökologisch nachhaltigeren Lebensstil sind. Der Austausch mit Gleichgesinnten bringt mich auf neue Ideen und lässt mich meinen Lebensstil überdenken. Ich habe bemerkt, dass sich durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Zero Waste mein eigenes Konsumverhalten verändert hat. Das sind oft Kleinigkeiten. Während ich beispiels- weise seit vielen Jahren Unmengen von Kleidern auf Flohmärkten oder in Second-Hand-Läden kaufe, frage ich mich nun zweimal, ob ich ein dort entdecktes Stück wirklich brauche. Seit einiger Zeit habe ich immer meinen eigenen Stoffbeutel für den Kauf von Früchten, Ge- müse und Brötchen dabei. Ein Take-away-Geschirr und ein Set Besteck habe ich ebenfalls im- mer bei mir. Wenn ich umgeben bin von gleichgesinnten Menschen, vergesse ich manchmal, dass die Rea- lität eigentlich noch ganz anders aussieht. Tara Welschinger hat hierfür den Ausdruck „Bubble“ verwendet.85 Damit meint sie, dass auch sie manchmal wie in einer Blase in der eigenen Welt- anschauung gefangen ist. Erst wenn man wieder aus dieser Blase heraustritt, bemerkt man, wie viele andere und unterschiedliche Ansichten es zum Thema Nachhaltigkeit gibt. Ich habe im letzten Jahr dieses Hinein- und Hinaustreten aus einer solchen Blase häufig selbst erlebt. Zum Beispiel ist es mir am Drehtag in Tara Welschingers Ladencafé so ergangen. Um- geben von tollen Pionieren und Vorbildern, hatte ich das Gefühl, das Abfallproblem sei eigent- lich einfach zu regeln. Zurück im Alltag bemerkte ich, wie anders die Realität noch ist. 85 Filmisches Interview mit Tara Welschinger vom 02.08.17 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 23
Danksagung Als erstes gilt mein herzlicher Dank Lukas Strub, der mir immer mit Rat und Unterstützung tatkräftig beiseite stand. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Tara Welschinger für ihr Mitwirken in meinem Film. Danke an das tolle Filmteam Florian Rudolph, Barnaby Hall und Louise Kohli. Danke an Christoph Leitzinger für das Interview und die Zeit, die er sich für meine Fragen nahm. Des Weiteren danke ich Global Changemakers, Future Camp Workshops, Anna Vokinger, Bina Taverna, Julia Kopf und Kai Pulfer für die spannenden Gespräche und die Tipps und Tricks und Ideen zu Zero/Food Waste. Danke an Frau Gross von Migros, Yannick von Coop und dem Verkäufer der Äss Bar für ihre detaillierten Antworten auf meine Fragen. Danke auch an Peter Toennis von Foodsharing Schweiz für seine Unterstützung bei meinem Unterfangen, die Essensreste unserer Schulkantine an ein Hilfswerk weiterzugeben. Und „last but not least“ herzlichen Dank an meine Eltern, die mich in all meinen Vorhaben unterstützen. Abbildung 7: Das Filmteam im Zero-Waste-Ladencafé „Foifi“ am 02. 08. 17. Von links: Barnaby Hall, Tara Welschinger, Florian Rudolph, Lynn Kohli, Louise Kohli. Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018 24
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