Zero Waste Now Maturitätsarbeit zur Thematik Abfall und Zero Waste von Lynn Kohli Lukas Strub - Gymnasium Unterstrass - 8. Januar 2018 - Impuls ...

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Zero Waste Now Maturitätsarbeit zur Thematik Abfall und Zero Waste von Lynn Kohli Lukas Strub - Gymnasium Unterstrass - 8. Januar 2018 - Impuls ...
Zero Waste Now
    Maturitätsarbeit zur Thematik Abfall und Zero Waste von Lynn Kohli

             Lukas Strub – Gymnasium Unterstrass – 8. Januar 2018

                                                                         1

Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018
Zero Waste Now Maturitätsarbeit zur Thematik Abfall und Zero Waste von Lynn Kohli Lukas Strub - Gymnasium Unterstrass - 8. Januar 2018 - Impuls ...
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Inhaltsverzeichnis
Einführung                                        2
Fragestellung                                     2
Motivation                                        3

Abfallproduktion Schweiz                          4
Definition Abfall                                 4
Kategorien Abfall                                 4
Historisch (Raum Zürich)                          5
Internationaler Vergleich                         5
Problematik                                       6
Interview mit Christoph Leitzinger                6
Wasserverschmutzung weltweit                      7
Lösungsidee „Ocean Cleanup“                       8
Wasserverschmutzung Schweiz                       9

Food Waste Schweiz                               10
Begriffserklärung                                10
Kategorie Food Loss                              10
Internationaler Vergleich                        10
Folgen                                           11
Lösungsmöglichkeiten                             12

Zero Waste                                       13
Begriffserklärung                                13
Bea Johnson                                      13
Zero Waste in Zürich                             18
Interview mit Tara Welschinger                   20
Kurzfilm Zero Waste Now                          22
Schlussfolgerung und Persönliche Stellungnahme   23

Danksagung                                       24

Quellenverzeichnis                               25

Anhang                                           28
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Einführung

   Meine Maturitätsarbeit gibt eine Übersicht über die aktuelle Zero-Waste-Bewegung.
   Anhand eines Porträts von Bea Johnson, der Begründerin der Bewegung „Zero Waste“, wird
   die Motivation und Entstehungsgeschichte der Bewegung deutlich.
   Ein filmisches Interview mit einer Zürcher Zero-Waste-Anhängerin zeigt, dass dieser Lebens-
   stil auch in Zürich möglich ist. Der Film soll möglichst viele Menschen dazu anregen, den ei-
   genen Lebensstil zu überdenken und nachhaltiger zu leben.
   Zusätzlich beschreibe ich als Kontext einige Aspekte der Umweltproblematik. Basierend auf
   meinen Recherchen über die Geschichte des Abfalls in Zürich, erläutere ich die Errungenschaf-
   ten und Probleme des Entsorgungs- und Recyclingsystem Zürichs. Zudem gibt meine Arbeit
   Einblick in das weltweite Problem der Verschmutzung der Ozeane.
   In einem weiteren Kapitel beschreibe ich das Problem der Verschwendung von Lebensmitteln
   (Food Waste) in der Schweiz.
   Abschliessend beinhaltet die Arbeit meine persönliche Stellungnahme.
   Zu jedem der drei Themen (Abfall, Food Waste und Zero Waste) findet sich am Ende des je-
   weiligen Kapitels ein möglicher Lösungsansatz.

   Fragestellung

    Im Rahmen dieser Arbeit werde ich mich mit den folgenden Fragen befassen:
-   Ist Abfall in der Schweiz ein ökologisches Problem?
-   Wie problematisch ist Food Waste in der Schweiz?
-   Ist es möglich, in Zürich ein Leben gemäss dem Konzept Zero Waste zu führen?

   Motivation

   Seit circa drei Jahren bemühe ich mich um einen möglichst nachhaltigen Lebensstil. Aus schu-
   lischen Gründen esse ich oft auswärts, dabei ist mir aufgefallen, wie schwierig es ist, unver-
   packte Nahrungsmittel zu kaufen. Filme wie Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen oder
   What The Health haben mich zusätzlich sensibilisiert und mir Lösungswege aufgezeigt, wie ich
   zu einer besseren Welt beitragen kann.
   Auf der Suche nach Möglichkeiten für ein nachhaltigeres und verschwendungsfreieres Leben
   stiess ich auf die Zero-Waste-Bewegung. Die Vorstellung einer Zukunft ohne Müll und Ver-
   schwendung faszinierte mich, und ich beschloss, mich vertieft damit auseinander zu setzen. Die
   Maturitätsarbeit bot mir dazu eine gute Gelegenheit.
   Ich will mit dieser Arbeit eine Veränderung der aktuellen Müllproblematik und einen nachhal-
   tigeren Umgang mit unseren Ressourcen bewirken. Meine Maturitätsarbeit porträtiert die Zero-
   Waste-Bewegung und soll die Leute in meinem Umfeld zum Nach- und Umdenken animieren.

    Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                           1
Zero Waste Now Maturitätsarbeit zur Thematik Abfall und Zero Waste von Lynn Kohli Lukas Strub - Gymnasium Unterstrass - 8. Januar 2018 - Impuls ...
Zusätzlich zur schriftlichen Arbeit scheint mir ein visuelles Medium geeignet, um meine Mit-
menschen zu erreichen. Da Filmarbeit meine Leidenschaft ist, habe ich beschlossen, die Mög-
lichkeiten des Zero-Waste-Lebensstils mittels eines filmischen Porträts aufzuzeigen. Porträtiert
wird Tara Welschinger, die seit circa zwei Jahren ein abfallfreies Leben führt. Drehort ist das
Ladencafé „Foifi“, das sie im vergangenen März in Zürich eröffnet hat und in dem alle Produkte
unverpackt erhältlich sind.

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Abfallproduktion Schweiz

Definition Abfall

Die Umweltdatenbank stellt folgende Definition für Abfall auf: „Abfall ist in den Augen des
Gesetzgebers all das, was nicht mehr gebraucht und deshalb weggeworfen wird.“1
Die Natur funktioniert in Kreisläufen und kennt per se keinen Abfall.2

Kategorien Abfall

Das Bundesamt für Umwelt teilt Abfall in vier verschiedene Kategorien ein: Siedlungs-, Son-
der-, Bauabfall und Klärschlamm.
Die Internetseite abfall.ch bietet Informationen über das Thema Abfall und Recycling in der
Schweiz. Es beinhaltet das vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) initiierte Projekt „Entsor-
gungswegweiser“. Auf der Internetseite findet man Merkblätter zu Entsorgung und Recycling.
Zudem bietet die Seite den Zugriff auf eine „Recycling-Map“. Diese zeigt an, wo man verschie-
dene Sammelgüter entsorgen kann. Der Entsorgungswegweiser gliedert Abfall in acht Klassen.3

Im Folgenden werde ich mich auf die Thematik Siedlungsabfälle begrenzen. „Zum Siedlungs-
abfall zählen Abfälle aus Haushalten, Bürogebäuden, Kleinbetrieben, Hof und Garten, öffent-
lichen Anlagen und Strassen.“4

Mit einer Produktion von 5,6 Millionen Tonnen pro Jahr stehen die Siedlungsabfälle auf Platz
zwei der gesamten in der Schweiz produzierten Abfallmenge und machen 24 Prozent der Ge-
samtmenge aus. Bei Siedlungsabfällen unterscheidet man zwischen recycelbaren und nicht ver-
werteten oder nicht verwertbaren Produkten.5

1
     https://www.umweltdatenbank.de/cms/lexikon/27-lexikon-a/1015-abfall.html; besucht am 03.12.17
2
     Bundesamt für Umwelt (BAFU), Wälti, Corinne, Almeida, João: Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert. Bern 2016. (Seite 11)
3
     Klasse 1: Chemische Abfälle; Klasse 2: Medizinische Abfälle; Klasse 3: Metallische Abfälle; Klasse 4: Mineralische Abfälle; Klasse 5:
     Anlagen, Maschinen, Fahrzeuge, Zubehör; Klasse 6: Tierische und pflanzliche Abfälle; Klasse 7: Behandlungsrückstände und Schlämme;
     Klasse 8: Siedlungsabfälle und einzelne Fraktionen. Stand September 2010
     https://www.abfall.ch/pages/info/pdf/CH06_Abfallarten.pdf, besucht am 03.12.7
4
     Bundesamt für Umwelt (BAFU), Wälti, Corinne, Almeida, João: Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert. Bern 2016. (Seite 14)
5
     Ebd. (Seite 14)

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Historisch (Raum Zürich)

Entsorgung und Recycling Zürich, kurz ERZ, reinigt Strassen, Gehsteige, Parkanlagen und Ge-
wässer in Zürich. Täglich werden heute vom ERZ 30’000 „Züri-Säcke“ eingesammelt und ma-
terialgerecht entsorgt.6
Gemäss dem Tiefbau- und Entsorgungsdepartement der Stadt Zürich wurde 1867 das Abfuhr-
wesen gegründet. 1893 konnten sowohl die Stadt Zürich als auch ihre Vororte eine gut organi-
sierte Kehrichtabfuhr vorweisen.7
Im Jahre 1974 wird Recycling erstmals ein öffentliches Thema. Der erste Wertstoff-Sammel-
container wird errichtet.8
1993 erfährt die Situation für Konsumenten in Zürich eine grosse Änderung. In diesem Jahr
wird eine Gebühr auf Abfallsäcke gesetzt. Somit können die Kosten nun „verursachergerecht“9
verrechnet werden. Damit ist gemeint, dass die Höhe der zu bezahlenden Gebühren von der
Menge des produzierten oder verbrauchten Abfalls abhängig ist. Ein Haushalt, in dem viel re-
cycelt und wiederverwendet wird, produziert weniger Müll und muss weniger „Züri-Säcke“
kaufen und hat demzufolge eine geringere Abfallgebühr zu leisten.
Die Einführung der „Züri-Säcke“ führte einerseits dazu, dass die Menge der Siedlungsabfälle
sank, während die der Recyclingmaterialien anstieg.10 Dies ist auch dem Ausbau von Recyc-
lingmöglichkeiten zu verdanken.

Internationaler Vergleich

Gemäss dem Bundesamt für Umwelt fallen in der Schweiz jährlich 24 Millionen Tonnen Abfall
an. Dies entspricht einer Produktion von 45 Tonnen pro Minute.11 Dieselbe Quelle macht fol-
gende erschreckende Aussage: „Würde die gesamte Welt im selben Ausmass wie die Schweiz
konsumieren, wären fast drei Erden erforderlich.“12

Nur die USA und Dänemark produzieren noch mehr Abfall als die Schweiz.13

6
     http://www.nachhaltigkeitsmonitoring.ch/stofffluesse; besucht am 09.10.17
7
     https://www.stadt-zuerich.ch/ted/de/index/entsorgung_recycling/ueber_uns/geschichte.html; besucht am 17.10.17
8
     Ebd. besucht am 17.10.17
9
     http://www.nachhaltigkeitsmonitoring.ch/stofffluesse; besucht am 09.10.17
10
     Ebd. besucht am 09.10.17
11
     Bundesamt für Umwelt (BAFU), Wälti, Corinne, Almeida, João: Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert. Bern 2016. (Seite 9)
12
     Ebd. (Seite 9)
13
     https://www.nzz.ch/schweiz/700-kilogramm-abfall-pro-kopf-1.18636739; besucht am 03.12.17

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Abbildung  1:  Vergleich  der  Gemeinde-­  und  Haushaltsabfälle  pro  Kopf  der  OECD-­Länder  2013,  in  Kilo-­
       14
gramm   

Problematik?

In „Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert.“ wird von „Abfall als Spiegel unseres Kon-
sumverhaltens“15 gesprochen. Durch den steigenden Wohlstand steigert sich auch unser Kon-
sumverhalten, was direkt mit der Produktion von mehr Abfall in Verbindung gebracht werden
kann. Im Jahr 1990 wurden pro Person 603 Kilogramm Abfall erfasst. Die Zahl stieg bis zum
Jahr 2014 auf 729 Kilogramm.16

Interview mit Christoph Leitzinger

Der folgende Text stützt sich auf ein am 20. Dezember 2017 telefonisch geführtes Interview
mit Christoph Leitzinger. Herr Leitzinger ist Fachleiter für Umwelt und Energiemanagement
bei Entsorgung und Recycling Zürich und Dozent für Abfalltechnik an der ETH.

In der Schweiz gibt es spezielle Verordnungen zur Verwertung von Abfall. Gemäss Christoph
Leitzinger herrsche in der Schweiz ein stetiger Verbesserungsprozess, angepasst an den neues-
ten Stand der Technik. Hier habe man die technischen Möglichkeiten und das Know-how, um
den Abfall gut zu verwerten. Ausserdem sei sowohl das Geld als auch die Bereitschaft der Be-
völkerung vorhanden, in eine gute Abfallverwertung zu investieren.
Christoph Leitzinger sagt, Abfall sei in der Schweiz und generell in Mitteleuropa weder ökolo-
gisch noch gesundheitlich gesehen ein Problem.

Aus Schweizer Sicht sei nicht der Abfall ein ökologisches Problem, sondern die Herstellung
der Produkte und der damit verbundene Rohstoffabbau.

14
     https://www.nzz.ch/schweiz/700-kilogramm-abfall-pro-kopf-1.18636739; besucht am 03.12.17
15
     Bundesamt für Umwelt (BAFU), Wälti, Corinne, Almeida, João: Ent-sorgen? Abfall in der Schweiz illustriert. Bern 2016. Seite 19.
16
     Ebd. Seite 7

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Leitzinger sagt, dass wir alle mit einer Änderung unseres Konsumverhaltens zur Verringerung
von weltweiten Umweltproblemen beitragen können. Er rät zu einer generellen Reduktion von
Konsum und zur Investition in qualitativ bessere und somit länger haltende Produkte. Das Kon-
sumverhalten habe viel mit der Einstellung einer Gesellschaft zu tun. Diese Einstellung werde
sich in Zukunft Richtung Reduktion wandeln, ist Christoph Leitzinger überzeugt.
Dies sehe man auch in der pro Person produzierten Abfallmenge, welche sich in der Stadt Zü-
rich während der letzten Jahre verringert habe. Trotz dieser sinkenden Tendenz habe die Ge-
samtmenge zugenommen, was aber auf das Bevölkerungswachstum zurückzuführen sei.

Obwohl Abfall in der Schweiz kein unmittelbares Problem sei, gehöre er zu den weltweit gröss-
ten ökologischen Herausforderungen. Leitzinger sagt, über die Hälfte aller Länder hätten keine
Gesetzgebung zum Thema Abfall. Um dieses Problem zu lösen, herrsche ein grosser internati-
onaler Austausch zur Aufklärungsarbeit.
Auch Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) kümmere sich um Informationsvermittlung.
Diese finde beispielsweise durch die jährliche Zusendung des Abfallkalenders und des Entsor-
gungskompasses an die Zürcher Haushalte statt. Ausserdem biete das ERZ Abfallunterricht an
Schulen und Informationsexkursionen im Klärwerk Werdhölzli oder im Kehrichtheizkraftwerk
Hagenholz.

Die Umsetzung läge aber bei jedem selbst. Leider gelte heute in den meisten Kreisen ein neues
SmartPhone immer noch als viel sexyer als eine sinnvolle Abfallbewirtschaftung, so Leitzinger.

Wasserverschmutzung weltweit

Die weltweiten Auswirkungen der steigenden Abfallproduktion sind erschreckend.
Speziell die Ökosysteme in und an Gewässern sind gefährdet und zeigen heute schon gravie-
rende Auswirkungen auf Pflanzen, Tieren und Menschen. Auch die Weltmeere sind davon be-
troffen: Gemäss Ocean Care17 gelangen jährlich neun Millionen Tonnen Kunststoffabfällen in
die Ozeane. Meerestiere nehmen die schädlichen, im Kunststoff vorhandenen Partikel auf und
können daran sterben. „Die Toxine schaden den Tieren und gelangen über die marine Nah-
rungskette auch bis zu uns Menschen.“18
Nach Schätzungen von Ocean Care würde bei gleichbleibender Abfallproduktion bis zum Jahr
2050 der im Meer treibende Müll eine höhere Gesamtmasse aufweisen als alle im Meer leben-
den Fische.19

17
     Ocean Care ist seit 2011 UN-Sonderberaterin für den Meeresschutz. Das Ziel von Ocean Care ist die „Verbesserung der
     Lebensbedingungen in den Weltmeeren“. https://www.oceancare.org/de/ueberuns/; besucht am 03.01.18
18
     https://www.oceancare.org/de/unsere-arbeit/meeresschutz/plastikverschmutzung/reduce-remove-rescue/; besucht am
     12.10.17
19
     Ebd. besucht am 12.10.17

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Erst seit 1996 ist es verboten, industrielle und radioaktive Abfälle im Meer zu entsorgen. Dieses
Verbot wurde durch die „Londoner Konvention“ erstellt.20
„Garbage Patches“ werden die Gebiete des Meeres genannt, in welche die grösste Menge des
ins Meer gelangten Abfalls strömen. Man spricht von weltweit fünf strudelartigen Garbage Pat-
ches.21 Die Abfallstücke liegen meist in Form von Mikroplastik vor. Gemäss National Geogra-
phic sinken etwa 70 Prozent des im Meer gelandeten Abfalls auf den Meeresgrund.22 Der bio-
logisch nicht abbaubare Müll wird auch „Marine debris“ genannt.23

                                                            24
Abbildung  2:  Zirkulation  der  Garbage  Patches   

Lösungsidee Ocean Cleanup

Inzwischen gibt es verschieden Lösungsansätze, die Meeresverschmutzung zu bekämpfen. Zum
Beispiel hat der Niederländer Boyan Slat (22) im Alter von 17 Jahren das Projekt „Ocean
Cleanup“ initiiert. Das Projekt setzt sich die Reinigung der Ozeane als Ziel. An Türmen, die
auf dem Meeresboden gebaut sind, hängen 50 Meter lange Arme, welche den Abfall aus dem
Wasser einfangen. Der so gesammelte Abfall soll anschliessend von Schiffen an Land gebracht
werden. Der Start des Projekts war ursprünglich auf 2020 geplant. Allenfalls lässt es sich aber
bereits 2018 realisieren.25

20
     https://www.wwf.ch/de/unsere-ziele/verschmutzung-der-meere; besucht am 03.12.17
21
     http://www.projectbluesea.de/media/files/downloads/XXLFlyer.pdf; besucht am 03.12.17
22
     https://www.nationalgeographic.org/encyclopedia/great-pacific-garbage-patch/; besucht am 03.12.17
23
     http://scienceblogs.de/meertext/2015/07/24/muell-im-meer-und-das-ocean-clean-up-projekt-fakten-und-diskussion/, besucht am
     03.12.17
24
     https://www.theoceancleanup.com/; besucht am 03.12.17
25
     Schöbe, Sebastian: „Ocean Cleanup“ schon 2018? ARD Brüssel. 12.05.2017
     https://www.tagesschau.de/ausland/muell-weltmeere-slat-101.html, besucht am 03.12.17
     https://www.careelite.de/plastik-muell-fakten/; besucht am 03.12.17
     https://static1.squarespace.com/static/5950d27bb8a79b4b8f68fc16/t/595a27feebbd1a2d6de3908b/1499080703907/170630_Portrait_
     Boyan_Slat.pdf; besucht am 03.12.17
     https://www.theoceancleanup.com/; besucht am 03.12.17

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26
Abbildung  3:  The  Ocean  Cleanup  Prototyp  in  der  Nordsee,  September  2017

Wasserverschmutzung Schweiz

Die Verschmutzung betrifft aber nicht nur die Meere. Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) veröf-
fentlichte im April 2017 einen Artikel über die Belastung von Schweizer Bächen und Flüssen.
Forscher untersuchten im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) im Jahr 2015 fünf
Fliessgewässer. Die gefundenen Schadstoffe wiesen in allen untersuchten Gewässern eine über
dem Grenzwert (0,1 Mikrogramm pro Liter) liegende Konzentration auf. Die Schadstoffe be-
stehen vor allem aus Pestiziden, welche in der Landwirtschaft angewendet werden.27

     TED-Talk: TEDxVictoriaSalon. https://www.youtube.com/watch?v=ROW9F-c0kIQ; besucht am 03.12.17
26
     https://www.theoceancleanup.com/media-gallery/#&gid=2&pid=13; besucht am 03.12.17
27
     Föry, Désirée: Zu viel Gift in den Bächen. Neue Zürcher Zeitung. 4.4.2017; https://www.nzz.ch/schweiz/fliessgewaesser-zu-viel-gift-in-
     den-baechen-ld.155259; besucht am 03.12.17

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Food Waste Schweiz

Begriffserklärung

Das Bundesamt für Umwelt übersetzt den Begriff „Food Waste“ mit „Lebensmittelabfälle“.28
Der Verein foodwaste.ch stellt folgende Definition auf: „Food Waste sind Lebensmittel, die für
den menschlichen Konsum produziert wurden und auf dem Weg vom Feld bis zum Teller ver-
loren gehen oder weggeworfen werden.“29 Nicht essbare Teile von Lebensmitteln zählen nicht
zu Food Waste.

Kategorien Food Waste

„Food Loss“ ist ein Teil von Food Waste. Dazu zählen diejenigen Verluste von Nahrungsmit-
teln, welche bei der Produktion, dem Transport/der Lagerung oder der Weiterverarbeitung der
Produkte entsteht.30 54 Prozent von Food Waste fallen in die Kategorie Food Loss und entste-
hen bei eben genannten Stationen (Landwirtschaft: 27%, Lagerung/Transport: 9%, Verarbei-
tung: 18%).
Weitere neun Prozent Nahrungsmittelverlust fallen im Handel an. Der grösste Teil von Food
Waste fällt jedoch beim Konsument an, wo durchschnittlich 37 Prozent der Nahrungsmittel
verloren gehen oder verschwendet werden.31 foodwaste.ch spricht sogar von 45 Prozent in pri-
vaten Haushalten.32

Internationaler Vergleich

Gemäss dem Bundesamt für Landwirtschaft werden in reichen Ländern sieben Prozent des Ein-
kommens für Lebensmittel ausgegeben. Ein Drittel dieser Lebensmittel landet im Müll. In Ent-
wicklungsländern werden 70 Prozent des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben. Nur drei
Prozent davon landen im Abfall.33
Ein Drittel der in der Schweiz produzierten Lebensmittel endet somit als Food Waste.34 Dies

28
     https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/abfallwegweiser-a-z/biogene-abfaelle/abfallarten/
     lebensmittelabfaelle.html; besucht am 11.10.17
29
     http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 11.10.17
30
     Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
     BLV, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten:
     Lebensmittel wegwerfen ist dumm. Bern 2012.
     https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-46360.html; besucht am 03.01.18
31
     Ebd.
32
     http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 11.10.17
33
     Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
     BLV, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten:
     Lebensmittel wegwerfen ist dumm. Bern 2012.
     https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-46360.html; besucht am 03.01.18
34
     http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 11.10.17

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entspricht gemäss der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) der
weltweiten Grössenordnung für Food Waste.35
Schweizweit entspricht dies pro Jahr 2,3 Millionen Tonnen Lebensmitteln, welche im Müll lan-
den. Dies macht 94 bis 300 Kilogramm pro Person und Jahr aus.36 In Indien sind es vergleichs-
weise bloss elf Kilogramm pro Person und Jahr.37

                                                                                                                38
Abbildung  4:  Ein  Drittel  der  in  der  Schweiz  produzierten  Nahrungsmittel  geht  verloren.

Folgen

Finanziell scheinen wir es uns also leisten zu können, Nahrungsmittel zu verschwenden. Aber
können wir es uns auch ökologisch leisten? Ganz klar nicht, meint foodwaste.ch.
Der Verein teilt die Folgen dieser Verschwendung in sechs Kategorien ein: Unnötige Landnut-
zung, erhöhte Preise, Hunger, Geldverschwendung, Wasserverschwendung und Klimawan-
del.39
Gemäss den Angaben des Vereins wird für die Produktion der in der Schweiz verschwendeten
Lebensmittel „eine Fläche von der Grösse des Kantons Zürich“40 benötigt. Wenn mehr Lebens-
mittel gekauft werden als wirklich benötigt, führt dies fälschlicherweise zu einer steigenden
Nachfrage, worauf die Preise steigen.

     https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/abfallwegweiser-a-z/biogene-abfaelle/abfallarten/lebensmittel
     abfaelle.html; besucht am 11.10.17
35
     http://www.fao.org/home/en/; besucht am 11.10.17
     http://www.fao.org/food-loss-and-food-waste/en/; besucht am 30.12.17
36
     https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/abfall/abfallwegweiser-a-z/biogene-abfaelle/abfallarten/lebensmittelabfaelle.html;
     besucht am 11.10.17
     Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
     BLV, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten:
     Lebensmittel wegwerfen. Das ist dumm. Bern 2012.
     https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-46360.html; besucht am 03.01.18
37
     Ebd.
38
     Ebd.
39
     http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 28.12.17
40
     Ebd. besucht am 12.10.17

 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                                  10
Durchschnittlich geben Schweizer Haushalte pro Jahr ein- bis zweitausend Franken für Nah-
rungsmittel aus, die anschliessend weggeworfen werden.41

Lösungsmöglichkeiten

Verschiedenste Institutionen befassen sich weltweit mit Möglichkeiten zur Verringerung von
Food Waste. Beispielhaft erwähne ich drei Projekte zur Bekämpfung von Food Waste.

Der 2012 gegründete, unabhängige und gemeinnützige Verein foodwaste.ch hat sich die „In-
formation und Aufklärung“42 über das Thema Lebensmittelverschwendung zur Aufgabe ge-
setzt.

Die „Äss Bar“ bietet unter dem Slogan „Frisch von Gestern“ Backwaren vom Vortag an. Diese
Backwaren holen die Mitarbeiter der Äss Bar bei ihren Partnerbäckereien43 ab, wo sie ansonsten
weggeworfen werden würden. An einem der acht Standorte44 der Äss Bar werden die Produkte
dann zum halben Preis verkauft. Bei den Produkten handelt es sich um Übriggebliebenes in
qualitativ gutem Zustand. Somit kann ein Teil der täglichen Lebensmittelverschwendung ver-
hindert werden.45

Eine andere Einrichtung zur Verminderung von Food Waste ist die Initiative „Foodsharing“.
Foodsharing ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz aktiv und hat insgesamt über
200’000 Nutzerinnen und Nutzer.46 Lebensmittel werden vor der Verschwendung gerettet und
gratis weiterverteilt. Das Ziel von Foodsharing ist es, „auf persönlicher Ebene Aufklärung, Um-
denken und verantwortliches Handeln anzustossen.“47

41
     https://www.wwf.ch/de/unsere-ziele/foodwaste http://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/; besucht am 03.01.18
     Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bundesamt für Umwelt BAFU, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen
     BLV, Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA, Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten:
     Lebensmittel wegwerfen. Das ist dumm. Bern 2012.
42
     http://foodwaste.ch/der-verein/; besucht am 14.12.17
43
     Hier eine Auswahl aus Zürcher Partnerbäckereien, von welchen die Äss Bar ihre Produkte bekommt: Bäckerei Wüst, John Baker,
     Bäckerei Jung, St. Jakobs Beck, Moser’s Backparadies, Bäckerei Bachmann.
     http://www.aess-bar.ch/index.html#standorte; besucht am 26.12.17
44
     Basel, Bern, ETH Hönggerberg, ETH Zentrum, Fribourg, St. Gallen, Winterthur, Zürich
     http://www.aess-bar.ch/index.html#standorte, besucht am 26.12.17
45
     http://www.aess-bar.ch/; besucht am 26.12.17 um 14:41 Uhr; Gespräch mit einem Verkäufer der Äss Bar am 22.02.17
46
     https://foodsharing.de/ueber-uns; besucht am 26.12.17 um 15:52 Uhr
47
     Ebd.

 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                            11
Zero Waste

Begriffserklärung

Die Bewegung „Zero Waste“ wurde von der in Kalifornien lebenden Französin Bea Johnson
begründet. Der Begriff „Zero Waste“ wurde jedoch nicht von ihr erfunden.
„Waste“ kann sowohl mit „Verschwendung“ als auch mit „Müll“ übersetzt werden. Die Zero-
Waste-Bewegung bemüht sich also um „null Müll und null Verschwendung“, was einen mög-
lichst nachhaltigen Lebensstil bewirken soll.

Bea Johnson

Der folgende Text stützt sich, wenn nicht anders vermerkt, auf das von Bea Johnson geschrie-
bene Buch Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfa-
che dein Leben. (Kiel 2013.)

Bea Johnson wuchs in der Provence in Frankreich auf. Im Alter von 18 Jahren reiste sie nach
Kalifornien und verliebte sich dort in ihren späteren Ehemann Scott.
Ihre beiden Söhne wuchsen in einem grossen, modernen Haus in einem Vorort von San Fran-
cisco auf. Scott Johnson machte erfolgreich Karriere, die Familie konnte sich einen reichen
Lebensstil leisten. Auslandsurlaube, Partys, begehbare Kleiderschränke, Einkaufstouren, zwei
grosse Autos, Mitgliedschaft im privaten Schwimmbad und Botox wurden Alltag.
Wöchentlich füllte die Familie eine 240 Liter Mülltonne.

In ihrem Innern wurde Johnson jedoch vom Gedanken, dass ihr Leben „in einer festen Form
erstarrt“48 sei, erschüttert. Sie und ihr Mann beschlossen, das 280-Quadratmeter-Haus zu ver-
kaufen und in ein lebhafteres Quartier zu ziehen. Temporär zogen sie in eine Wohnung und
nahmen nur das Nötigste mit. Den Rest lagerten sie ein. Dabei machte die Familie Johnson eine
Entdeckung:

„In dieser Übergangszeit merkten wir, dass wir ohne so viele Sachen mehr Zeit für die Dinge
hatten, die uns Freude machten.“49

„Ich [Bea Johnson] stellte fest, dass das meiste von dem, was wir jetzt eingelagert hatten, keinen
wirklichen Nutzen gehabt hatte, ausser den, grosse Räume zu füllen. Wir hatten zu viel Wert
auf Dinge gelegt und uns wurde klar, dass ein Wandel hin zu mehr Einfachheit unser Leben
erfüllter und sinnvoller machen würde.“50

48
     Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 9.
49
     Ebd. Seite 10.
50
     Ebd. Seite 10.

 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                                      12
Sie beschlossen eine radikale Änderung ihres Lebensstils. Die Familie begann ihr neues Zu-
hause weiter zu entrümpeln und sich von alten Anschaffungen zu trennen. Gemäss Bea Johnson
gab die Familie innerhalb weniger Jahre 80 Prozent ihres Besitzes weg.
Scott hängte seinen alten Job an den Nagel und gründete eine Unternehmensberatung für Nach-
haltigkeit. Bea begann den Haushalt so nachhaltig und verschwendungsfrei wie möglich umzu-
gestalten. Einweg- wurden durch Mehrweggegenstände ausgetauscht. Johnson begann ihre Ein-
käufe von losen Waren in Einmachgläsern und Kissenbezügen zu transportieren. Dies führte
anfangs zu fragenden Blicken und Kommentaren, worauf Johnson mit der Antwort „Ich habe
keine Mülltonne“51 reagierte.
Die Einkaufstour führte nun auf Wochenmärkte und in Bioläden. In Einkaufszentren wurde nur
noch die Offenverkaufstheke angesteuert.

Johnsons Ziele wurden immer extremer. Was sie nicht unverpackt kaufen konnte, wurde selbst
hergestellt. Joghurt wurde angesetzt, Senf gemischt, Kosmetik selbst hergestellt, Papier ge-
schöpft und zeitweise sogar Moos als Ersatz für Toilettenpapier benutzt. Geputzt wurde mit
einer selbst gemachten Essig-Natron-Mischung, anstatt Tampons wurde eine Menstruations-
tasse verwendet, und ein Kompost war eine neue Errungenschaft des Haushalts.
Schwierig wurde es bei unerwünschter Post und Geschenken, die Besucher mitbrachten. Bald
jedoch wurde das Zurücksenden ungeöffneter Werbebriefe mit der Aufschrift „Annahme ver-
weigert - Zurück an Absender“52 und das Schenken von Erlebnissen anstelle von Dingen zur
Routine.

Bea Johnson hat bis auf 15 Stück all ihre Kleidung weggegeben. Diese 15 Kleidungsstück –
acht Oberteile, fünf Unterteile und zwei Kleider – lassen sich zu 50 verschiedenen Outfits kom-
binieren. Eines dieser Kleider kann sie auf 22 verschiedene Weisen tragen.

Da die Familie immer mehr in Bioläden und auf Märkten einkaufte, wo die Produkte wegen der
guten Herstellungsbedingungen häufig etwas teurer sind, begann sich Scott um die Finanzen zu
sorgen. Bei einer Analyse der Haushaltskosten wurden daher die Ausgaben des „alten (2005)
und des neuen (2010) Lebensstils“53 verglichen. Die Angst erwies sich aber als unbegründet:
Die Familie sparte gemäss der Analyse fast 40 Prozent der jährlichen Haushaltskosten.54

Um ihre Erfahrungen und Erlebnisse mit anderen zu teilen, erstellte Bea Johnson einen Blog
(zerowastehome.com). Unter verschiedenen Kategorien wie „Lifestyle“, „Home“ oder
„Fashion“ kann man an ihrem Leben teilhaben und sowohl Inspiration als auch Tipps und

51
     Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 14.
52
     Ebd. Seite 211.
53
     Ebd. Seite 16.
54
     Ebd.

 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                                       13
Tricks erhalten.55
Auf dem Blog besteht die Möglichkeit, mittels einer App sogenannte Bulk-Stores in der eigenen
Umgebung zu finden. „Bulk-Stores“ sind Läden, in denen die Waren unverpackt erhältlich sind.
Leider zeigt die App momentan noch keine solche Läden in der Schweiz an.
Zusätzlich gründete Bea Johnson eine Beratungsfirma, um anderen Menschen beim Minimali-
sieren und Vereinfachen ihres Lebens zu helfen und ihre eigenen Ideen zu verbreiten.56
 Daneben verfasste sie ein Buch mit dem Titel Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll.
Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben.

Obwohl Johnson auf einen möglichst geringen ökologischen Fussabdruck bedacht ist, reist sie
oft zu Informationsveranstaltungen und anderen Events.

Um dem Zero-Waste-Lebensstil möglichst effizient folgen zu können, hat Johnson ein Fünf-
Schritte-Prinzip erstellt. Das Prinzip ist auch als „fünf Rs“ bekannt. „Refuse, Reduce, Reuse,
Recycle, Rot“, heisst die Regel. Auf Deutsch: „Ablehnen, Reduzieren, Wiederverwenden, Re-
cyceln, Verrotten.“ Dabei ist es wichtig, die fünf Schritte in genau dieser Reihenfolge zu befol-
gen.
Hier folgt nun eine Zusammenfassung der Schritte gemäss Johnsons Buch Zero Waste Home.
Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben.

1.   „Schritt: Ablehnen {was wir nicht brauchen}“57

„Als wir als Familie den Zero-Waste-Weg begannen, war schnell klar, dass Zero Waste [...] mit
unserem Verhalten ausserhalb des Hauses beginnt.“58

Nach Johnson geht es bei Zero Waste nicht um mehr Recycling.

„Es geht darum, sich gegen unnötigen Müll zu wehren und ihn gar nicht erst ins Haus zu lassen.
Alles, was wir annehmen oder mitnehmen, schafft eine Nachfrage nach mehr. Das heisst: An-
nehmen (im Gegensatz zum Ablehnen) billigt stillschweigend verschwenderisches Verhalten
und verstärkt es.“59

2.   Schritt: „Reduzieren {was wir brauchen und nicht ablehnen können}“60

„Reduzieren führt […] zu einem vereinfachten Lebensstil, der auf Qualität statt auf Quantität

55
     zerowastehome.com; besucht am 26.12.17 um 13:33 Uhr
56
     Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 15.
57
     Ebd. Seite 24.
58
     Ebd.
59
     Ebd.
60
     Ebd. Seite 28.

 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                                       14
und auf Erlebnisse statt auf Sachen setzt. Es ermuntert dazu, die Notwendigkeit und den Nutzen
      älterer, jetziger und künftiger Anschaffungen zu hinterfragen.“61

      Johnson fordert dazu auf, ältere Anschaffungen auf ihren Nutzen und ihre Notwendigkeit zu
      prüfen und sich nur auf das Nötigste zu beschränken. Zudem soll der Konsum eingedämmt
      werden. Sie schlägt vor, aussortierte Gegenstände an Institutionen wie die Heilsarmee zu spen-
      den oder sie auf Flohmärkten oder Onlineverkaufsseiten wie Ebay an neue Besitzer zu verge-
      ben.

      3.   Schritt: „Wiederverwenden {was wir verbrauchen und nicht ablehnen oder reduzieren kön-
      nen}“62

      „Wiederverwenden […] gebraucht das Produkt mehrfach in seiner ursprünglich hergestellten
      Form, maximiert dabei seinen Nutzen und verlängert seine Lebensdauer.“63

      „Wiederverwenden ist der Kipppunkt von Zero Waste: Es blickt sowohl auf den Konsum als
      auch auf Umweltschutzbemühungen und bietet einen letzten Ausweg vor dem Wegwerfen. Es
      kann wirksam [...] verschwenderischen Konsum verhindern, [...] Ressourcenverbrauch vermin-
      dern und [...] die Nutzungsdauer von Anschaffungen verlängern.“64

      Müllintensiver Konsum soll vermieden werden. Dies beginnt schon mit dem Planen des Ein-
      kaufs. Einweg- sollen durch Mehrwegprodukte ersetzt und zeitweise ungenutzte Gegenstände
      wie Rasenmäher, Autos oder Ferienwohnungen geteilt werden. Kaputte Dinge soll man repa-
      rieren anstatt sie neu zu kaufen.

      4.   Schritt: „Recyceln {was wir nicht ablehnen, reduzieren oder wiederverwenden können}“65

      „Recycling hängt zurzeit von zu vielen Variablen ab, als dass es eine verlässliche Lösung für
      unsere Müllprobleme sein könnte.“66

      Gemäss Johnson müssen für ein effizientes Recycling folgende Faktoren beachtet werden:

-     Hersteller müssen mit Recycling-Firmen Kontakt aufnehmen.
-     Produkte müssen sowohl eine hohe Lebensdauer haben als auch gut recycelt werden können.
-     Verbraucher müssen sich mit Recycling auskennen und recycelbare Produkte kaufen.

      61
           Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 28.
      62
           Ebd. Seite 32.
      63
           Ebd.
      64
           Ebd. Seite 33.
      65
           Ebd. Seite 35.
      66
           Ebd.

       Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                                       15
-     Recyclingstellen, Unternehmen und Konsumenten müssen zusammenarbeiten.

      Da diese Punkte nicht immer erfüllbar sind, soll nur recycelt werden, wo es wirklich nötig ist.
      Ansonsten sind die vorherigen Schritte zu beachten.

      5.   Schritt: „Verrotten {den Rest kompostieren}“67

      „Verrotten beschreibt den Vorgang des Kompostierens: des Recyclings von organischem Ma-
      terial. Verrotten ist das Recycling der Natur: Organische Abfälle zersetzen sich mit der Zeit und
      geben ihre Nährstoffe an den Boden zurück.“68

      Johnson findet den Vorgang des Kompostierens befriedigender als den des Recycelns. Sie sagt
      in ihrem Buch, dass das Resultat des Kompostierens im Gegensatz zu dem des Recycelns gut
      ersichtlich und erkennbar sei. Kompost werde zu nährreichem Boden, während der Weg des
      Plastikrecyclings für uns unerkennbar bleibe.

      Trotz dem strikten Befolgen dieser fünf Punkte gelang es der Familie Johnson nicht, sämtlichen
      Abfall zu vermeiden. Auf ihrem Blog teilte Johnson eine Auflistung des Abfalls, den die vier-
      köpfige Familie während eines Jahres produzierte.
      Hier ein Überblick über eine Auswahl von weder ablehn-, reduzier-, wiederverwend-, recycle-
      oder verrottbaren Dingen, die sich in der Zeit vom Oktober 2015 bis zum Oktober 2016 ansam-
      melten:69
-     Produktaufkleber
-     drei Kaugummis
-     eine Keksverpackung aus Plastik
-     getrocknete Farbe
-     ein Stück Wandgemälde
-     Silikonkautschuk
-     Toilettenpapier
-     ein Stück abgebrochene Antenne
-     ein Stück von einem Kartonumschlag
-     ein leerer Stift
-     eine Schachtel Medikamente
-     Kleber von Kontaktlinsen

      67
           Johnson, Bea: Zero Waste Home. Glücklich leben ohne Müll. Reduziere deinen Müll und vereinfache dein Leben. Kiel 2013. Seite 39.
      68
           Ebd.
      69
           https://zerowastehome.com/2017/02/whats-in-our-2016-jar-of-annual-waste/; besucht am 11.10.17

       Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                                       16
 

Abbildung  5:  Abfall  der  vierköpfigen  Familie  Johnson  während  eines  Jahres  (Oktober  2015  bis  zum  
                70
Oktober  2016)   

Zero Waste in Zürich

Im Jahr 2015 wurde der Verein Zero Waste Switzerland gegründet. Der Verein hat sich die
„Sensibilisierung und Begleitung der Bevölkerung zur nachhaltigen Abfallreduktion“71 zum
Ziel gemacht. Er zählt heute mehr als 250 Mitglieder. Der Verein bietet unter anderem Work-
shops zum Umstieg auf einen Zero-Waste-Lebensstil an.

In Zürich gibt es verschiedene Möglichkeiten, Lebensmittel unverpackt einzukaufen.
Die Stadt bietet nicht nur elf Wochenmärkte mit guten Möglichkeiten, frische, unverpackte
Esswaren zu kaufen, sondern auch einige sogenannte Unverpackt-Läden.72
Beispiele sind der „Bachsermärt“, „Chez Mamie“ und das Zero Waste Ladencafé „Foifi“.

Auch bei grösseren Ketten wie Migros und Coop wird das eine oder andere Produkt verpa-
ckungsfrei angeboten. Nur leider ist trotz des offen angebotenen Sortiments der abfallfreie Kauf
von Früchten und Gemüse nicht möglich. Das liegt daran, dass für diese Produkte eine Klebe-
tikette mit Artikelname, Gewicht und Preis ausgedruckt werden muss. Ausserdem wird an der
Kasse bei jedem Einkauf eine Quittung gedruckt. Frau Andrea Gross, Kundenberaterin des
Migros-Genossenschaftsbunds, hat mir mitgeteilt, dass in nächster Zeit leider keine Umstellung
in diesen beiden Bereichen geplant sei.73

Bei einem Gang durch den Coop ist mir aufgefallen, dass besonders Luxuslinien wie zum Bei-
spiel „Fine Food“ häufig überdurchschnittlich aufwändig verpackt sind. Auf meine Anfrage

70
   Abbildung … : Abfall der vierköpfigen Familie Johnson während eines Jahres (Oktober 2015 bis zum Oktober 2016)
   https://zerowastehome.com/2017/02/whats-in-our-2016-jar-of-annual-waste/; besucht am 30.12.17
71
   https://zerowasteswitzerland.ch/de/aufgabe/; besucht am 11.10.17
72
   Schweizweit gibt es gemäss einem Artikel des Tagesanzeigers vom 22.12.17 bereits 15 Unverpackt-Läden.
   Willmeroth, Sandra: Das Revival der Tante-Emma-Läden. Artikel im Tagesanzeiger vom 22.12.2017. Seite 10.
73
   Siehe Mailwechsel mit Migros im Anhang

 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                   17
bezüglich der Notwendigkeit dieser zum Teil mehrfachen Verpackungen versprach mir Yan-
nick, meine Kontaktperson von Coop, mögliche Verbesserungen in diesem Bereich zu prüfen.
Ein möglicher Verzicht der Klebeetiketten bei Früchten und Gemüse wurde mir auch hier wie-
der verneint: „Die Produkte müssen aufgrund der gesetzlichen Auskunftspflicht und der Rück-
verfolgbarkeit mit einer Etikette versehen werden. Umsetzbare Alternativen gibt es bis jetzt
noch keine, wir prüfen das aber regelmässig.“74

Mir wurde jedoch mitgeteilt, dass man beim Besitz einer Supercard von Coop einen digitalen
Kassenzettel beziehen könne.

Sowohl Migros als auch Coop haben Kampagnen für die Umwelt und eine nachhaltigere Zu-
kunft gestartet.

„Generation M“ (Migros) wurde im Jahr 2012 gegründet. Das Streben nach Nachhaltigkeit wird
in fünf „Kernwerte“75 gegliedert: Konsum, Umwelt, Mitarbeitende, Gesellschaft und Gesund-
heit. Mit der Kampagne „Generation M“ macht die Migros unterschiedlichste Versprechen zu
folgenden Themen: Abfall & Recycling, Ernährung & Bewegung, Transport & Mobilität, Tier-
wohl, Arbeitsbedingungen bei Lieferanten, Gesellschaft, Mitarbeitende, Biodiversität & Was-
ser, Klima & Energie und Rohstoffe & Sortimente.
Eines der Versprechen ist beispielsweise die ökologische Optimierung von 6’000 Tonnen Ver-
packungsmaterial bis Ende 2020.76

„Taten statt Worte“ nennt sich der Einsatz für Nachhaltigkeit bei Coop. „Seit 1973 ist der Um-
weltschutz in unseren Statuten verankert, und 2006 formulierten wir unsere Leitsätze zur Nach-
haltigkeit“, so Coop.77 Coop strebt das Ziel an, „CO2-neutral bis 2023“78 an und hat von oekom
research79 bereits zweimal den Titel „nachhaltigste Detailhändlerin der Schweiz“ erhalten.

Migros und Coop verlangen beide fünf Rappen für ihre Plastiksäckchen. Seitdem die neue Re-
gelung bei Coop im Oktober 2016 in Kraft getreten ist, hat sich der Verbrauch der Plastiksäcke
um 80 Prozent verringert.80

Gemäss einer Umfrage des Tagesanzeigers würden 41 Prozent aller Befragten einen wieder-
verwertbaren Stoffsack kaufen81, falls keine Plastiksäcke abgegeben würden.

74
     Siehe Nachrichtenwechsel mit Coop im Anhang
75
     https://generation-m.migros.ch/de/nachhaltige-migros/generation-m/organisation-nachhaltigkeit.html; besucht am 17.10.17
76
     https://generation-m.migros.ch/de/versprechen~abfall-recycling=customCategories~.html; besucht am 17.10.17
77
     http://www.coop.ch/content/act/de/grundsaetze-und-themen.html; besucht am 17.10.17
78
     Ebd.
79
     Oekom research ist eine Agentur, die unter anderem Unternehmen nach ökologischen Kriterien bewertet. Die Agentur ist unabhängig.
     http://www.oekom-research.com/; besucht am 26.12.17
80
     http://www.coop.ch/content/act/de/taten-statt-worte/tat-nr--334.html; besucht am 17.10.17
81
     https://www.tagesanzeiger.ch/wirtschaft/standard/Wie-der-Plastiksack-dem-Verbot-trotzt/story/25583123; besucht am 17.10.17
     Eiselin, Stefan: Wie der Plastiksack dem Verbot trotzt. Artikel im Tagesanzeiger vom 21.03.2016

 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                                                                       18
Auch für die Vermeidung von Abfall beim Take-away gibt es Lösungen.
An unterschiedlichen Orten gibt es die Möglichkeit, über den Verein reCIRCLE gegen ein De-
pot von zehn Franken ein wiederverwendbares Take-away-Geschirr zu erhalten. Die in der
Schweiz produzierten reBOXen können nach Gebrauch bei Take-aways zurück gebracht wer-
den, diese reinigen das Geschirr und bringen es „wieder in den Kreislauf“.82
Ein ähnliches Projekt ist das „Tiffin Projekt Schweiz“. Mit dem Slogan „Just Taste – No Waste“
wirbt das Projekt für einen müllfreiem Take-away. Dreißig Gramm Müll fallen gemäss des
Kampagnevideos von „Tiffin Projekt Schweiz“ durchschnittlich pro Take-away und Person
an.83 Um dies zu stoppen, hat Betül Cam das Projekt ins Leben gerufen. Auch bei diesem Pro-
jekt soll in verschiedenen Restaurants die Möglichkeit bestehen, das Essen anstatt in einem
Einweggefäss in einer Mehrweg-Edelstahlbox (der Tiffin-Box, benannt nach ihrem indischen
Vorbild) zu erhalten.84
Gemäss einer Privatnachricht, die mir Betül Cam Anfang Oktober 2017 geschickt hat, scheint
das Crowdfunding für den Projektstart nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, weshalb
dieser nun leider bis auf Weiteres aufgeschoben werden musste.

Interview mit Tara Welschinger

Der folgende Text basiert auf einem am 2. August 2017 von Florian Rudolph und Lynn Kohli
geführten Interview mit Tara Welschinger. Florian Rudolp lebt selbst nach dem Zero-Waste-
Prinzip.

Für das Interview treffen wir die 41-jährige Tara Welschinger in dem von ihr geführten Zero-
Waste-Laden „Foifi“,

den sie im Frühjahr 2017 eröffnete. Mit dem Thema Zero Waste beschäftigt sie sich jedoch
schon länger.

Seit etwa zwei Jahren bestreitet Tara Welschinger ihren Alltag, ohne Abfall zu produzieren.
Die Umstellung zu diesem Lebensstil sei ein Prozess, sagt sie, der in alle Lebensbereiche hin-
einspiele.
 Ausgelöst hat diesen Prozess bei ihr die Erkenntnis, dass unsere Gesellschaft ohne gutes Ent-
sorgungssystem schlichtweg im Abfall ertrinken würde.
 Weil die Abfallentsorgung in Zürich gut funktioniert, fällt uns nicht auf, wie viel Abfall wir

82
     https://www.recircle.ch/rebox#content; besucht am 17.10.17
83
     https://www.100-days.net/de/projekt/das-tiffin-projekt-ch/intro; besucht am 17.10.17
84
     Ebd.

 Zero Waste Now - Lynn Kohli 2018                                                            19
tatsächlich generieren. Egal, ob nach einem normalen Wochentag oder nach einer langen Som-
mernacht, wenn wir am nächsten Morgen aufstehen, ist die Stadt sauber und aller Abfall aus
unserem Blick verschwunden.

Auf ihren Auslandsreisen ist Welschinger aufgefallen, wie anders Städte ohne solch gut funk-
tionierende Infrastruktur aussehen.
Besonders in asiatischen, am Meer gelegenen Regionen hat sie häufig gesehen, wie Menschen
ihren Abfall am Strand deponierten, wo dieser dann von den Wellen ins Meer mitgerissen
wurde.
Während eines Aufenthalts in New York streikten die Arbeiter und Arbeiterinnen der Abfallent-
sorgung. Sie war beeindruckt, wie innert bloss zwei Tagen der Abfall überbordete und die ganze
Stadt voller Ratten war.

Aufgrund dieser Erfahrungen beschloss Welschinger, ihr Konsumverhalten grundlegend zu
verändern. Das war für Welschinger eine enorme Herausforderung, was ihren Lebensstil betraf.
Die Frage stellte sich, ob ein verschwendungsfreieres Leben in ihrem Alltag überhaupt möglich
sei und wie weit sie dabei kommen könne.

Sie begann, unnötigen materiellen Konsum zu vermeiden. Doch das war erst der Anfang. Alles
um sie herum erschien ihr nun zu gross und zu viel. Also begannen sie und ihr Lebenspartner
mit der Reduktion in weiteren Lebensbereichen. Das grosse Entrümpeln begann.

Dieser Akt des Weggebens und Loslassens erstreckte sich über mehrere Monate, und der Pro-
zess ist auch jetzt noch nicht abgeschlossen.
Welschinger sagt, obwohl das Loslassen oft sehr schmerzhaft sei, herrsche am Schluss ein be-
freiendes Gefühl vor.

Früher lebten Tara und ihr Lebenspartner in einem grossen Haus mit sieben Zimmern und Gar-
ten, nun sind sie in eine kleine Wohnung im Zürcher Kreis eins umgezogen. Welschinger besitzt
keine eigenen Bücher, CDs oder DVDs mehr. Sie trennte sich von ihrem 30 Quadratmeter gros-
sen Kleiderzimmer, ihren Taschen und Schuhen.
Sie kauft nur noch so viel Essen, wie sie wirklich braucht, und verschwendet nichts mehr. Daher
ist es ihr möglich, das Geld in bessere Lebensmittel zu investieren, ohne dabei mehr ausgeben
zu müssen. Welschinger kommt nun wieder mit einem finanziellen Betrag in der Grösse ihres
Studentenbudgets aus. Das Paar füllt nur noch drei bis vier 17-Liter-Abfallsäcke pro Jahr.

Seit sie nach dem Konzept Zero Waste lebe, sei Planung in ihrem Leben viel wichtiger gewor-
den, sagt Welschinger. Sie gehe nicht mehr ohne ihre Mehrwertutensilien aus dem Haus.
Auf ihrem neuen Weg erkannte Welschinger, dass sie nun plötzlich viel intensivere Auseinan-

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dersetzungen hatte: Auseinandersetzungen mit sich selber und mit ihren Mitmenschen, insbe-
sondere mit Verkäuferinnen und Verkäufern. Auch ihr Umfeld reagiert positiv auf ihren neuen
Lebensstil.

Welschinger denkt nicht, dass der Abfall in der Schweiz per se ein Problem sei. Abfall könne
in Energie umgewandelt werden. Das heisst aber nicht, sich über den Konsum von Abfall keine
Gedanken zu machen. Wie und wo werden Verpackungen produziert? Wie werden sie hierher
transportiert? Was für Rohstoffe werden benötigt?
 Welschingers Ziel ist es, dass wir kritischere Konsumenten und Konsumentinnen werden. Sie
wünscht sich, dass wir stärker hinterfragen, was wir kaufen und wofür wir unser Geld ausgeben.

Zero Waste begann zunehmend in alle Bereiche von Welschingers Lebens einzudringen. Die
Thematik hat sie so eingenommen, dass sie beschloss, ihren früheren Beruf aufzugeben und in
Zürich einen „Unverpackt-Laden“ zu eröffnen. So entstand das „Foifi“, welches nebst einem
Laden auch ein kleines Café beheimatet. Der Laden führt ausschliesslich Produkte, welche den
Mehrweg unterstützen. Dabei werden Regionalität und Saisonalität berücksichtigt. Verpa-
ckungsmaterial bringen die Kunden selbst mit.
Im „Foifi“ werden zudem Workshops zum Thema Nachhaltigkeit angeboten.

Obwohl ihr Lebensstil noch sehr neu ist, hat sie in Zürich bereits mehrere Menschen erreicht,
und Zero Waste wurde von den Medien aufgenommen. Für die Zukunft wünscht sich Tara
Welschinger, noch mehr Menschen für diese Bewegung begeistern zu können.
Sie rät, dort mit Veränderungen anzufangen, wo man diese möglichst gut in den Alltag integ-
rieren kann. Man soll den Weg geniessen. Er beginnt mit dem Vermeiden von Abfall, führt zur
Reduktion im Haushalt und lässt einen Konsumgewohnheiten neu überdenken.

Abbildung  6:  Tara  Welschinger  im  von  ihr  gegründeten  Zero  Waste  Ladencafé  “Foifi”

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Kurzfilm Zero Waste Now

Um möglichst viele Leute über die Möglichkeit, ein Zero-Waste-Leben in Zürich zu führen, zu
informieren, habe ich einen Kurzfilm zu diesem Thema gedreht. Der Film porträtiert Tara Wel-
schinger. Dieses Porträt soll die Bewegung vorstellen und die Integration der Prinzipien in den
eigenen Alltag illustrieren.

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Schlussfolgerung und persönliche Stellungnahme

Ich denke, dass die Idee der Reduktion des Konsumverhaltens ein wichtiges Gegengewicht zur
heutigen Konsumgesellschaft darstellt. Ich finde, Zero Waste ist eine tolle Bewegung, deren
Elemente jeder auf die eine oder andere Weise in seinen Alltag integrieren kann.

Meiner Meinung nach ist jede auch noch so kleine Veränderung in Richtung Nachhaltigkeit
sinnvoll und soll realisiert werden – auch wenn es sich manchmal anfühlt, als ob das eigene
Handeln bloss ein Tropfen auf einen heissen Stein sei, denn man weiss nie, wen man mit dem
eigenen Verhalten ansteckt und welchen Stein man damit ins Rollen bringt.
Mir ist aufgefallen, wie viele Menschen in meinem Umfeld bereits von der Idee eines nachhal-
tigen Lebensstils angesteckt wurden.

Über Social Media und andere Medien hat man einen immensen Zugang zu Beispielen für al-
ternative Lebensformen und die Möglichkeit zu einem regen Austausch mit Gleichgesinnten
weltweit. Dies ist meiner Meinung nach sehr inspirierend und ermutigend. Durch die Recherche
zu dieser Arbeit habe ich viele Menschen kennengelernt, die auch auf der Suche nach Möglich-
keiten zu einem ökologisch nachhaltigeren Lebensstil sind. Der Austausch mit Gleichgesinnten
bringt mich auf neue Ideen und lässt mich meinen Lebensstil überdenken.

Ich habe bemerkt, dass sich durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Zero Waste mein
eigenes Konsumverhalten verändert hat. Das sind oft Kleinigkeiten. Während ich beispiels-
weise seit vielen Jahren Unmengen von Kleidern auf Flohmärkten oder in Second-Hand-Läden
kaufe, frage ich mich nun zweimal, ob ich ein dort entdecktes Stück wirklich brauche.
Seit einiger Zeit habe ich immer meinen eigenen Stoffbeutel für den Kauf von Früchten, Ge-
müse und Brötchen dabei. Ein Take-away-Geschirr und ein Set Besteck habe ich ebenfalls im-
mer bei mir.

Wenn ich umgeben bin von gleichgesinnten Menschen, vergesse ich manchmal, dass die Rea-
lität eigentlich noch ganz anders aussieht. Tara Welschinger hat hierfür den Ausdruck „Bubble“
verwendet.85 Damit meint sie, dass auch sie manchmal wie in einer Blase in der eigenen Welt-
anschauung gefangen ist. Erst wenn man wieder aus dieser Blase heraustritt, bemerkt man, wie
viele andere und unterschiedliche Ansichten es zum Thema Nachhaltigkeit gibt.
Ich habe im letzten Jahr dieses Hinein- und Hinaustreten aus einer solchen Blase häufig selbst
erlebt. Zum Beispiel ist es mir am Drehtag in Tara Welschingers Ladencafé so ergangen. Um-
geben von tollen Pionieren und Vorbildern, hatte ich das Gefühl, das Abfallproblem sei eigent-
lich einfach zu regeln. Zurück im Alltag bemerkte ich, wie anders die Realität noch ist.

85 Filmisches Interview mit Tara Welschinger vom 02.08.17

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Danksagung

Als erstes gilt mein herzlicher Dank Lukas Strub, der mir immer mit Rat und Unterstützung
tatkräftig beiseite stand.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Tara Welschinger für ihr Mitwirken in meinem Film. Danke
an das tolle Filmteam Florian Rudolph, Barnaby Hall und Louise Kohli.
Danke an Christoph Leitzinger für das Interview und die Zeit, die er sich für meine Fragen
nahm.
Des Weiteren danke ich Global Changemakers, Future Camp Workshops, Anna Vokinger, Bina
Taverna, Julia Kopf und Kai Pulfer für die spannenden Gespräche und die Tipps und Tricks
und Ideen zu Zero/Food Waste.
Danke an Frau Gross von Migros, Yannick von Coop und dem Verkäufer der Äss Bar für ihre
detaillierten Antworten auf meine Fragen.
Danke auch an Peter Toennis von Foodsharing Schweiz für seine Unterstützung bei meinem
Unterfangen, die Essensreste unserer Schulkantine an ein Hilfswerk weiterzugeben.
Und „last but not least“ herzlichen Dank an meine Eltern, die mich in all meinen Vorhaben
unterstützen.

Abbildung  7:  Das  Filmteam  im  Zero-­Waste-­Ladencafé  „Foifi“  am  02.  08.  17.
Von  links:  Barnaby  Hall,  Tara  Welschinger,  Florian  Rudolph,  Lynn  Kohli,  Louise  Kohli.  

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