Therapie des Status epilepticus - Trinka E www.kup.at/ - Krause und Pachernegg

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Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
             www.kup.at/
 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Therapie des Status epilepticus
                                                                               Homepage:
Trinka E
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Journal für Neurologie                                           JNeurolNeurochirPsychiatr

Neurochirurgie und Psychiatrie                                         Online-Datenbank
                                                                         mit Autoren-
2009; 10 (3), 62-69
                                                                      und Stichwortsuche

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 Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz
 P.b.b. 02Z031117M,            Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21           Preis : EUR 10,–
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DGfE 2022

60. Jahrestagung der DGfE
   27.–30. APRIL 2022 l Leipzig                                           © Jakob Fischer l shutterstock

   www.epilepsie-tagung.de                AbstrAct DEADlinE 09. DEzEmbEr 2021

                             73. Jahrestagung
                             Deutsche gesellschaft für neurochirurgie

                             abstract Deadline: 04. Januar 2022
                  Joint Meeting mit der griechischen gesellschaft für neurochirurgie
                             www.dgnc-kongress.de
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Therapie des Status epilepticus

                                  Therapie des Status epilepticus
                                                                               E. Trinka

 Kurzfassung: Der Status epilepticus (SE) ist             sind nicht sedierend und kardiovaskulär gut ver-     immediate and vigorous emergency treatment.
 nach dem Schlaganfall der häufigste neurologi-           träglich, sodass hier Alternativen zu Phenytoin      Diagnostic workup should reveal the etiology of
 sche Notfall. Er stellt als generaliserter konvul-       vorhanden sind. Lacosamid ist eine neue Thera-       GCSE but must not delay treatment. Intravenous
 siver SE (GKSE) die schwerste Ausprägung eines           pieoption, deren Stellenwert erst bestimmt wer-      (IV) benzodiazepines are the treatment of choice
 epileptischen Anfalls dar, der mit einer signifi-        den muss. Versagt auch die zweite Therapie-          in the early phases of GCSE. Randomized con-
 kanten Morbidität und einer ca. 20%igen Letali-          stufe, so muss der Patient intubiert und in Allge-   trolled trials have shown that i.v. lorazepam (4–
 tät verbunden ist. Nur bei der Hälfte der Patien-        meinanästhesie intensivmedizinisch behandelt         8 mg) is superior to diazepam (10–20 mg). When
 ten mit SE besteht zuvor eine Epilepsie; die             werden. Dafür stehen Thiopental, Propofol oder       seizures or ictal electroencephalographic activ-
 meisten Fälle sind symptomatisch, wobei Schä-            hoch dosiertes Midazolam zu Verfügung. Durch         ity persists after i.v. benzodiazepines a rapid
 del-Hirn-Traumata, zerebrovaskuläre Erkrankun-           den eklatanten Mangel an randomisierten Stu-         infusion with antiepileptic drugs is necessary
 gen, ZNS-Infektionen und metabolische Ursa-              dien bleibt die Therapie des GKSE empirisch und      at this stage. Though randomized controlled
 chen führend sind. Bei Patienten mit vorbeste-           durch den Off-label-Einsatz gekennzeichnet.          studies are not available, i.v. phenytoin (1000–
 hender Epilepsie lässt sich eine frühe Phase des                                                              2000 mg at max 50 mg/min) is most often used.
 GKSE erkennen, in der die Anfälle crescendo-                                                                  A clinically useful alternative devoid of cardio-
 artig zunehmen, bis sie in kontinuierliche An-           Abstract: Therapy of the Status Epilepticus.         vascular and central depressant side effects are
 fallsaktivität münden (etablierte Phase). Das            The status epilepticus is – second to stroke –       i.v. valproate (1000–2000 mg at max 6 mg/kg
 Management eines GKSE verlangt rasches und               the most common neurological emergency situa-        body weight/min) or i.v. levetiracetam (2000–
 beherztes Vorgehen. Neben der sofort einzulei-           tion. The generalized convulsive status epilepti-    3000 mg at 300 mg/min). I.v. lacosamide has re-
 tenden Therapie muss gleichzeitig die artdia-            cus (GCSE), the most severe and extreme ex-          cently been marketed, but its clinical usefulness
 gnostische Zuordnung des SE und die Ursache              pression of an epileptic seizure, is associated      has to be determined. Failure to respond to i.v.
 erkannt und behandelt werden. Als Therapie der           with a significant morbidity and one out of five     antiepileptic drugs should lead to general an-
 ersten Wahl sind Benzodiazepine etabliert, wo-           patients will not survive. Only half of the pa-      aesthesia in the intensive care setting without
 bei intravenösem (i.v.) Lorazepam gegenüber              tients have pre-existing epilepsy and the major-     any delay. High-dose continuous midazolam,
 Diazepam der Vorzug zu geben ist. Versagt die            ity is acutely or remotely symptomatic, with         propofol or thiopental are the most frequently
 Therapie mit Benzodiazepinen, muss rasch und             brain trauma, cerebrovascular insults, brain in-     used anaesthetics at this so-called refractory
 konsequent nach einem Stufenschema vorge-                fections and metabolic diseases as the most          stage. Due to the obvious lack of randomised
 gangen werden. Phenytoin/Fosphenytoin, Val-              common causes. In patients with previous epi-        controlled trials the treatment of GCSE remains
 proinsäure, Levetiracetam und Lacosamid sind             lepsy a phase of increasing seizure activity (pre-   empiric and includes often drugs not licensed for
 als i.v. Formulierung erhältliche Antiepileptika.        monitory status) often heralds overt GCSE in         this indication posing serious medicolegal prob-
 Obwohl Vergleichsstudien hier fehlen, wird Phe-          which continuous epileptic activity prevails.        lems on the treating physician. J Neurol
 nytoin bevorzugt. Valproat und Levetiracetam             Management of established GCSE prompts               Neurochir Psychiatr 2009; 10 (3): 62–9.

„ Einleitung                                                                         schrift zu finden ist [6], erfolgten die ersten detaillierten klini-
                                                                                     schen Beschreibungen ab dem 19. Jahrhundert [7, 8]. Die
Der Status epilepticus (SE) ist die schwerste und extremste                          Bezeichnung „état de mal“ wurde von den Patienten der
Ausprägung eines epileptischen Anfalls. Jeder fünfte Patient                         Salpêtrière verwendet und fand durch Louis Calmeils Disser-
mit SE verstirbt und viele überleben nur mit schweren neuro-                         tation [9] Einzug in die medizinische Literatur. Brozier latini-
logischen Ausfällen. Im deutschen Sprachraum erleiden pro                            sierte den Begriff und führte 1867 die Bezeichnung Status
Jahr ca. 17.000 Menschen einen SE. Zählt man alle Formen                             epilepticus ein. Eine auch heute noch klinisch praktikable
akut symptomatischer Status epileptici hinzu, so sind ca.                            Einteilung des konvulsiven SE geht auf die klassischen Arbei-
40.000 Menschen pro Jahr betroffen. In der vorliegenden                              ten von Clark und Prout zurück, die 3 Phasen eines konvulsi-
Übersichtsarbeit werden die praxisrelevanten Aspekte in der                          ven SE unterschieden [7, 10–13]: (1) Bei Patienten mit Epi-
Therapie des generalisierten konvulsiven SE im Erwachse-                             lepsie lässt sich eine Frühphase (Synonym: drohender SE;
nenalter besprochen. Beiträge zur aktuellen Diskussion der                           engl.: premonitory, impending, heraldic, early status epilepti-
Klassifikation und Diagnose, zu den verschiedenen Formen                             cus) erkennen, in der die Frequenz und Stärke der Anfälle
des nicht konvulsiven SE, und SE bei Kindern finden sich in                          crescendoartig zunimmt. Bei Patienten ohne vorbestehende
hervorragenden rezenten Übersichtsarbeiten [1–5] (Tab. 1).                           Epilepsie kann dieses Stadium jedoch fehlen und der SE be-
                                                                                     ginnt abrupt. (2) In der Phase des etablierten SE bestehen kon-
Obwohl die erste Erwähnung eines SE bereits auf den neo-                             tinuierliche Konvulsionen oder die Patienten erlangen das
babylonischen Sakikku-Tafeln (718–612 v. Chr.) in Keil-                              Bewusstsein zwischen den Anfällen nicht mehr. Mit zuneh-
                                                                                     mender Dauer nimmt die motorische Symptomatik ab und es
                                                                                     beginnt die (3) Phase des fortgeschrittenen SE (Synonym:
                                                                                     refraktärer SE; engl.: subtle SE, stuporous SE, advanced SE).
Aus dem Klinischen Bereich Epileptologie, Univ.-Klinik für Neurologie, Medizinsche
                                                                                     Ungeachtet der nicht einheitlichen und allgemeingültigen
Universität Innsbruck
Korrespondenzadresse: Univ.-Doz. Dr. med. Mag. Eugen Trinka, Klinischer Bereich      Definition von SE und Zeitgrenzen folgen alle Therapiestrate-
Epileptologie, Univ.-Klinik für Neurologie, A-6020 Innsbruck, Anichstraße 35;        gien einer stufenweisen Einteilung des SE, die den von Clark
E-Mail: eugen.trinka@uki.at                                                          und Prout beschriebenen Phasen entspricht.

62     J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3)

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Therapie des Status epilepticus

 Tabelle 1: ILAE-Klassifikation des Status epilepticus (2006)       Tabelle 2: Definitionen
 1. Epilepsia partialis continua (EPC): In Zusammenhang mit         Früher (drohender) Status epilepticus
    a. Rasmussen-Syndrom                                            Zustand mit kontinuierlichen generalisierten konvulsiven Anfällen
    b. fokalen Läsionen (dysplastisch, vaskulär, tumorös)           für mindestens 5 Minuten Dauer,
    c. angeborenen Stoffwechselstörungen
                                                                    oder kontinuierliche elektroenzephalographische Anfallsaktivität
 2. Status epilepticus mit Anfällen aus der supplementär-motori-    bei einem bewusstseinsgetrübten Patienten,
    schen Area (SMA)
                                                                    oder 2 generalisiert tonisch-klonische Anfälle, zwischen denen
 3. Aura continua                                                   der Patient das Bewusstsein nicht wiedererlangt.
 4. Dyskognitiver fokaler SE (status psychomotoricus)
 5. Tonisch-klonischer Status epilepticus                           Etablierter Status epilepticus
 6. Absencenstatus                                                  Zustand mit kontinuierlichen generalisierten konvulsiven Anfällen
    a. typisch                                                      für mindestens 30 Minuten Dauer,
    b. atypisch                                                     oder kontinuierliche elektroenzephalographische Anfallsaktivität
    c. myoklonisch                                                  bei einem bewusstseinsgetrübten Patienten,
 7. Myoklonischer Status epilepticus                                oder 2 generalisiert tonisch-klonische Anfälle, zwischen denen
 8. Tonischer Status epilepticus                                    der Patient das Bewusstsein über mehr als 30 Min. nicht wieder-
                                                                    erlangt.
 9. Subtle status epilepticus
                                                                    Refraktärer Status epilepticus
                                                                    Fortbestehen von konvulsiven Anfällen mit oder ohne abnehmen-
                                                                    de motorische Aktivität,
„ Definitionen – Begriffsbestimmungen –                             oder Koma mit fortdauernder elektroenzephalographischer An-
  konzeptioneller Hintergrund                                       fallsaktivität, nach der initialen Verabreichung von Benzodiazepi-
                                                                    nen und Phenytoin oder Valproat (= Versagen der Therapien der
Früher oder drohender Status epilepticus                            1. und 2. Stufe).
Auf dem Marseille-Colloquium von 1962 definierte Henri
Gastaut SE als „andauernden epileptischen Zustand“ („epi-          nen Studie aus Richmond, Virginia, zeigen, dass Patienten mit
leptic seizures which are so frequently repeated, and so pro-      einem frühen SE in mehr als 40 % noch vor der 30-Minuten-
longed, as to create a fixed and enduring epileptic condition“)    Grenze auch ohne Therapie zum Sistieren kommen. Die
[14]. Wie lange es dauert, bis ein „fixierter und andauernder      Sterblichkeit in dieser Gruppe ist auch signifikant niedriger
Zustand“ erreicht wird, ließ diese Definition offen. In den        als in der etablierten Phase des SE (2,6 % vs. 19 %; p < 0,001)
nachfolgenden Jahren führte man operationale Zeitgrenzen           [23]. Aus derselben Arbeit geht aber auch hervor, dass
ein: Ausgehend von der 30-Minuten-Grenze der „Epilepsy             ca. 60 % der Patienten in einen etablierten SE übergehen, wo-
Foundation of America’s Working Group on Status Epilepti-          durch eine konsequente Therapie mit i.v. Antiepileptika
cus“ [15], über 20 Minuten [16] und 10 Minuten [17], bis zu        gerechtfertigt ist.
der jetzt weitgehend angewandten pragmatischen Definition,
dass jeder generalisiert tonisch-klonische Anfall als konvulsi-
ver SE zu bezeichnen und zu behandeln ist, wenn er die Dauer       Etablierter Status epilepticus
von 5 Minuten übersteigt [18–20]. Diese Definition ist für den     Obwohl der frühe und der etablierte SE ein Kontinuum dar-
klinischen Gebrauch nützlich, weil sie den Therapiebeginn          stellen, so ist dennoch ab einer Zeitdauer von ca. 30 Minuten
bestimmt. Eine Video-EEG-Analyse von sekundär generali-            von einer fundamentalen biologischen Änderung auszugehen,
siert tonisch-klonischen Anfällen (n = 50) hat gezeigt, dass       die auch unmittelbare Auswirkungen auf die therapeutischen
die Dauer im Mittel 52,9 ± 14 Sekunden beträgt und 2 Minu-         Strategien hat. Spätestens nach 30 Minuten ist tierexperimen-
ten nicht überschreitet [21]. Primär generalisierte tonisch-klo-   tell ein (1) neuronaler Schaden manifest [24], (2) der SE setzt
nische Anfälle (n = 34) dauern zwar im Mittel auch nur etwas       sich selbsterhaltend fort [25] und (3) es entwickelt sich eine
mehr als eine Minute (Median 64 Sekunden), die Variabilität        Pharmakoresistenz mit Versagen der GABAergen Mechanis-
ist jedoch deutlich größer (Spannweite 39–227 Sekunden) als        men [26–28]. Eine Therapie in der Frühphase (< 30 min.)
bei sekundär generalisierten Anfällen [22], liegt aber immer       des SE ist viel erfolgreicher als in der etablierten Phase
noch deutlich unter der 5-Minuten-Grenze. Selbst diese kurze       (> 30 min.), wie sich deutlich aus einer großen randomisier-
Zeitspanne von 5 Minuten liegt mehrere Standardabweichun-          ten klinischen Studie erkennen lässt [17]. Epidemiologische
gen über der „normalen“ Dauer eines generalisiert tonisch-         Untersuchungen zeigen, dass nach 30 Minuten ca. 60 % der
klonischen Anfalls und weist dadurch auf den fundamentalen         Patienten mit einem frühen oder drohenden SE in einen etab-
biologischen Unterschied zwischen selbstlimitierten Anfällen       lierten SE übergegangen sind [23]. Unter der Annahme einer
und einem SE hin. Außerdem reflektiert die 5-Minuten-Gren-         exponentiellen Zuwachsrate entspricht das der Zeitkonstante.
ze die gängige Praxis, alle Patienten, die mit Anfällen in die     Der Übergang des frühen zum etablierten SE ist also klinisch
Notfallaufnahme kommen, faktisch wie einen SE mit i.v.             durch das Auftreten von Therapieresistenz und experimentell
Antiepileptika zu behandeln.                                       durch das GABAerge Versagen gekennzeichnet. Aus diesem
                                                                   Grund kommen in der etablierten Phase Antiepileptika zu
Daher gilt im klinischen Alltag, dass jede Anfallsaktivität, die   Einsatz, die einen anderen Wirkmechanismus aufweisen, wie
länger als 5 Minuten dauert, als früher oder drohender SE          beispielsweise Phenytoin und Fosphenytoin als klassische
definiert wird und rasch mit i.v. Antiepileptika unterbrochen      Natriumkanalblocker, Valproat mit multiplen Wirkmechanis-
werden muss (Tab. 2). Eine Abgrenzung zum etablierten Sta-         men, Levetiracetam als SV2A-Ligand und seit Kurzem auch
tus ist jedoch weiterhin notwendig, da sich erhebliche prog-       Lacosamid mit Verstärkung der langsamen Deaktivierung
nostische Unterschiede zeigen. Daten der populationsbezoge-        von spannungsabhängigen Natriumkanälen.

                                                                                         J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3)   63
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Therapie des Status epilepticus

Fortgeschrittener Status epilepticus                               Tabelle 3: Allgemeine Therapiemaßnahmen
Synonym: Refraktärer Status epilepticus; engl.: subtle status
                                                                   1. Lagerung (Schutz vor Selbst- und Fremdverletzung und Frei-
epilepticus, stuporous status epilepticus. Der Begriff „subtle        halten der Atemwege)
status epilepticus“ (subtle, engl.: zart, dünn) wurde 1990 von     2. Entfernen von Zahnersatz
Treiman eingeführt und lässt sich im Deutschen nur im über-        3. Überwachung von
tragenen Sinn als fortgeschrittener oder refraktärer SE be-           a. Puls, EKG
zeichnen (Anmerkung des Autors: Die Bezeichnung „subtiler             b. Blutdruck
                                                                      c. Atmung, Pulsoxymetrie
SE“ gibt es im Deutschen nicht). Bereits Clark und Prout
                                                                   4. Legen eines venösen Zuganges mit 0,9 % NaCl-Lösung
haben detailliert beschrieben, wie die motorische Aktivität
                                                                   5. Sauerstoff 6 l/min
abnimmt und der konvulsive SE in einen nicht konvulsiven
                                                                   6. Beginn der Akutdiagnostik
SE beim bewusstseinsgetrübten („stuporous SE“) Patienten              a. Glukose (Bei Epilepsiepatienten Antiepileptikaspiegel)
übergeht [11–13]. Später wurde dieser Übergang mit anhal-             b. Blutbild, Elektrolyte, CRP, Leber- und Nierenfunktion, CK
tender iktaler EEG-Aktivität als elektromechanische Disso-            c. Schilddrüsenhormone, Kreatinin, Lipase, Amylase
                                                                      d. Erweiterte Labordiagnostik: Vitaminstatus (B1, B6, B12,
ziation bezeichnet [7, 29]. Dennoch bleiben hier die diagnos-            Folat), NH3, Blutgase, Toxikologie-Screening, Ethanol
tischen und therapeutischen Implikationen des konvulsiven             e. CCT, MRI, EEG
SE bestehen. Eine scharfe Abgrenzung zu schweren diffusen
Enzephalopathien, wie z. B. nach kardiopulmonaler Reanima-
                                                                  Therapie
tion, die mit epileptiformen EEG-Mustern einhergehen, ist
                                                                  Die Therapiestrategie umfasst 3 Ziele: (1) Aufrechterhalten der
mitunter schwierig, aber notwendig: Ersterer ist ein therapier-
                                                                  Vitalfunktion, (2) Identifizieren der Ursache und der auslösen-
barer epileptiologischer Notfall, während letztere ein prog-
                                                                  den Faktoren und (3) prompte Kontrolle der Anfallsaktivität.
nostisch meist infaustes elektroenzephalographisches Bild
eines schwerst geschädigten – sterbenden – Gehirns darstellt
und eine invasive Therapie frustran verläuft [30–33].             Das Management eines Patienten mit SE umfasst alle Stan-
                                                                  dardprozeduren und -maßnahmen eines medizinischen Not-
                                                                  falls, die hier der Kürze halber nur kursorisch abgehandelt
Ätiologie und Prognose                                            werden können (Tab. 3). Hyperthermie, Tachykardie, syste-
Die Ursachen eines SE sind vielgestaltig. Populationsbezoge-      mische und pulmonale Hypertonie, später systemische Hypo-
ne Untersuchungen konnten zeigen, dass nur etwa die Hälfte        tonie, Lungenödem, Herzversagen („high output failure“),
aller Patienten zuvor Epilepsie hatten und Mehrheit aller SE      kardiale Arrhythmien, metabolische Azidose, Hypoxämie,
symptomatisch ist [34–37]. Zu den häufigsten Ursachen in          Hyperkaliämie, Hyper- oder Hypoglykämie und Leukozytose
Europa und Nordamerika zählen zerebrovaskuläre Erkran-            sind systemische Folgen bzw. Komplikationen eines konvul-
kungen, Schädel-Hirn-Traumata, Alkoholerkrankung und              siven SE, deren Beachtung und Korrektur intensivmedizini-
metabolische Ursachen. Weitere Ursachen sind ZNS-Infek-           sches Vorgehen verlangen [3, 40, 41].
tionen, Sepsis und Tumoren. Bei Patienten mit Epilepsie sind
niedrige Serumspiegel der Antiepileptika mit bis zu 34 % eine     Besondere Bedeutung kommt dem EEG-Monitoring zu, ohne
häufige Ursache [35, 37]. In Ländern mit limitierten Ressour-     das es nicht möglich ist, den Therapieerfolg zu prüfen [42–
cen sind hingegen ZNS-Infektionen die häufigsten Ursachen.        50]. Das EEG-Monitoring kann weiter bestehende elektro-
Die Kenntnis der Ätiologie ist von praktischer Bedeutung, da      enzephalographische Aktivität nach scheinbar erfolgreicher
sie eine wesentliche Determinante des Therapieerfolges dar-       therapeutischer Intervention mit Sistieren der motorischen
stellt. So ist beispielsweise die Prognose bei Patienten, die     Aktivität nachweisen und eine entsprechende Therapie leiten
einen SE aufgrund zu niedriger Antiepileptika-Serumspiegel        (Abb. 1, 2). In einer Untersuchung zeigte fast die Hälfte aller
erleiden, sehr gut, wenn diese rasch korrigiert werden [35].      Patienten 24 Stunden nach Durchbrechen der motorischen
                                                                  Aktivität nach wie vor iktale EEG-Muster [52], was die Not-
Die Gesamtsterblichkeit liegt beim Erwachsenen zwischen           wendigkeit eines EEG-Monitorings deutlich unterstreicht.
11 % und 34 % und hängt neben der Ätiologie auch von Alter        Ungeklärt ist, ob das EEG-Monitoring kontinuierlich oder in-
und Begleiterkrankungen des Patienten ab. In der Altersgruppe     termittierend erfolgen soll. Unmittelbar in diesem Zusam-
> 60 Jahre liegt die Sterblichkeit mit 40 % deutlich über allen   menhang ist auch das Problem der mangelnden Verfügbarkeit
anderen Altersgruppen [35]. In einer deutschen populations-       eines EEG-Monitorings in vielen nicht neurologisch geführ-
bezogenen Studie lag die Gesamtsterblichkeit mit ca. 10 %         ten Intensivstationen zu diskutieren. Eine Verbesserung die-
unter den Resultaten der US-amerikanischen Untersuchung,          ser Situation kann nur durch eine enge Zusammenarbeit zwi-
was auf verschiedene Einschlusskriterien zurückzuführen ist       schen Intensivmedizinern und Neurologen erfolgen. Eine
[37]. Prolongierter SE mit Therapieresistenz ist mit einer        weitere Notwendigkeit für ein EEG-Monitoring ergibt sich
schlechten Prognose verbunden und wurde in seiner schwers-        aus der Bestimmung der Narkosetiefe beim Einsatz von Bar-
ten Ausprägung auch als maligner SE bezeichnet [38, 39]. Etwa     bituraten oder Propofol. Generell wird das Erreichen eines
20 % der Patienten, bei denen die erste Therapie mit Benzo-       „Burst Suppression“-Musters im EEG empfohlen, aber in
diazepinen versagt, entwickeln einen malignen SE. Jüngeres        letzter Zeit kontroversiell diskutiert [53, 54]. Nur prospektive
Erwachsenenalter und Enzephalitis können als unabhängige          Studien werden letztlich die Frage beantworten können, ob
Risikofaktoren identifiziert werden. Maligne SE sind mit          die Tiefe der Narkose bis zum Sistieren der iktalen elektro-
einer signifikant längeren Dauer des SE, einem längeren           enzephalographischen Aktivität bis zum Burst Suppression-
Krankenhausaufenthalt und einer häufigeren neurologischen         Muster oder noch tiefer erfolgen soll und damit das Outcome
Ausfallsymptomatik bei den Überlebenden verbunden [38].           verbessert wird.

64   J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3)
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Therapie des Status epilepticus

 a                                                                                         b

 c                                                                                         d

Abbildung 1: (a) 41-jähriger Mann nach einem generalisiert konvulsiven SE. Therapie initial mit 6 mg Lorazepam i.v. Patient soporös. Das EEG zeigt rechts frontale periodische
lateralisierte epileptiforme Entladungen (PLED) mit irregulärer Frequenz (Pfeil schwarz) und schnellere Aktivität links temporal Mitte (Pfeil rot). (b) Zunahme der Amplitude und
Abnahme der Frequenz sowie Ausbreitung über der linken Hemisphäre (Pfeil rot). Patient soporös. (c) Blickdeviation nach recht und irregulärer Nystagmus bei komatösem
Patienten. (d) Nach 1000 mg Phenytoin i.v. über 20 Minuten Patient komatös. Im EEG PLED links okzipital als Hinweis weiter andauernder epileptiformer Aktivität. Status nicht
durchbrochen, daher Intubation und Einleitung von hochdosierter Midazolam-Narkose.

                                                                                          definiert werden muss, haben sich in den vergangenen Jahren
                                                                                          einige Therapieprinzipien herauskristallisiert:
                                                                                          1. Der frühe und rasche Einsatz von i.v. Benzodiazepinen ist
                                                                                             essenziell für den Therapieerfolg („time is brain“). Das
                                                                                             Outcome wird mit zunehmender Dauer des SE schlechter
                                                                                             [55]. Experimentelle Untersuchungen zeigen ebenfalls ein
                                                                                             schlechteres Ansprechen auf die GABAergen Benzodiaze-
                                                                                             pine mit zunehmender Dauer des SE [27, 56]. Dies wird
                                                                                             mit einem zeitabhängigen Verlust der an der synaptischen
                                                                                             Membran zu Verfügung stehenden GABA-Rezeptoren ver-
                                                                                             bunden [26, 57]. Das Zeitfenster, in dem eine GABAerge
                                                                                             Therapie erfolgreich sein kann, ist also nur sehr kurz. Mit
Abbildung 2: Stufenplan in der Therapie des konvulsiven Status epilepticus. Mod.             einer unterdosierten verzögerten Therapie verliert man wert-
nach [41, 51].                                                                               volle Minuten und verschlechtert dadurch das Outcome.
                                                                                             Versagt die Therapie mit Benzodiazepinen, sollte rasch
                                                                                             (ca. 10 Minuten) zur nächsten Stufe (z. B. Phenytoin/
„ Allgemeine Therapieprinzipien
                                                                                             Fosphenytoin, Valproat) ohne weiteren Zeitverlust überge-
Die symptomatische Therapie eines konvulsiven SE soll                                        gangen werden. Das Prinzip eines raschen und konsequen-
jegliche Anfallsaktivität – klinisch und elektroenzephalogra-                                ten stufenweise Vorgehens nach einem strikten Zeit-
phisch – rasch durchbrechen. Das Antiepileptikum sollte                                      plan findet sich in allen publizierten Therapieschemata
idealerweise einfach und schnell zu verabreichen sein, rasch                                 (Abb. 2).
seine Wirkung entfalten, frei von sedierenden oder kardio-                                2. Die Beachtung der allgemeinen Notfalltherapieprinzipien
respiratorischen Nebenwirkungen und frei von Arzneimittel-                                   mit Aufrechterhaltung der kardiorespiratorischen Funktio-
wechselwirkungen sein. Dies erfüllt keines der derzeit für den                               nen, ausreichender Zufuhr von Sauerstoff, Glukose und
SE zugelassenen Medikamente. Obwohl die optimale Thera-                                      Ausgleich systemischer Faktoren wie Hypotonie, metabo-
pie erst in gut geplanten randomisierten klinischen Studien                                  lischer Azidose und Hyperthermie ist essenziell.

                                                                                                                        J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3)            65
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3. Diagnostik und ätiologische Zuordnung des SE sind not-          anderen Benzodiazepinen [69]. Midazolam als i.v. Therapie
   wendig, um eine ursachenspezifische Therapie einzuleiten        ist aufgrund der sehr kurzen Wirkung und der damit verbun-
   (z. B. Enzephalitis, Intoxikation etc.). Dadurch darf aber      denen sehr hohen Rückfallrate in der Initialtherapie nicht zu
   keinesfalls die symptomatische antiepileptische Therapie        empfehlen.
   verzögert werden. Ein Kliniker muss in der Lage sein,
   einen drohenden SE rasch zu erkennen und die Therapie           Phenytoin/Fosphenytoin
   gleichzeitig mit der Korrektur der auslösenden Faktoren         Phenytoin i.v. ist eine wirksame Therapie in der Behandlung
   (z. B. niedrige Serumspiegel der Antiepileptika, ZNS-           des SE. Aufgrund der verzögerten Wirkung, die durch die
   Infektionen, Alkoholentzug, Intoxikationen etc.) einzulei-      langsame Infusionsrate bedingt ist, wird Phenytoin nicht als
   ten. Besondere Aufmerksamkeit sollte der wichtigen Dif-         Initialtherapie eingesetzt, sondern als Erhaltungstherapie, um
   ferenzialdiagnose eines psychogenen nicht-epileptischen         Anfallsrezidive zu vermeiden (z. B. nach Diazepam) oder
   Status gewidmet werden [58, 59], um unnötige „Überthera-        nach Versagen der Initialtherapie mit Benzodiazepinen.
   pie“ mit iatrogenen Schäden zu vermeiden.                       Maximale Wirkspiegel im ZNS werden erst nach Ende der
4. Große interindividuelle Varianz in der bevorzugten Thera-       Infusion (ca. 30 min.) erreicht [70]. Die empfohlene Dosie-
   pie und ein fehlendes Therapieprotokoll in vielen Notfall-      rung beträgt 20 mg/kg Körpergewicht (KG) für Erwachsene
   aufnahmen oder Intensivstationen sind möglicherweise die        (15 mg/kg KG bei älteren Menschen > 65 Jahre) mit einer
   Ursache, warum häufig zu niedrig dosiert und nur zöger-         maximalen Infusionsgeschwindigkeit von 50 mg/min. Pheny-
   lich therapiert wird („too low – too slow“) [10, 60, 61]. Die   toin ist nicht sedierend. Auch bei Einhaltung der langsamen
   Etablierung eines Therapieprotokolls erscheint mindestens       Infusionsgeschwindigkeit komplizieren arterielle Hypotonie
   ebenso so wichtig wie die Wahl des Antiepileptikums und         in 28–50 % und kardiale Arrhythmien in 2 % die Therapie
   die Bekämpfung der zugrunde liegenden Ursache eines SE.         [71, 72]. Patienten > 50 Jahre und Patienten mit vorbestehen-
   In einem rezent abgehaltenen internationalen Workshop im        der Herzerkrankung sind dabei besonders gefährdet. Pheny-
   Rahmen des London-Colloquium über den Status epilepti-          toin kann nur durch die Verwendung von Polypropylenglykol
   cus wurde die Einführung eines verbindlichen Therapie-          in einer alkalischen Lösung flüssig gehalten werden, was häu-
   protokolls in den Versorgungskliniken und im Notarzt-           fig zu lokalen Verträglichkeitsproblemen (Thrombophlebitis,
   system als eine der wichtigsten Maßnahmen gesehen, um           Nekrosen, „Purple Glove Syndrome“) führt [73, 74].
   die Therapievarianz und die damit verbundene Therapie-
   verzögerung zu reduzieren und dadurch die Versorgung zu         Fosphenytoin ist eine wasserlösliche Vorläufersubstanz, die
   verbessern [60].                                                im Körper rasch durch unspezifische Phosphatasen zu Pheny-
                                                                   toin konvertiert wird. Die Dosierung wird in Phenytoinäqui-
„ Pharmakotherapie des SE in der Früh-                             valenten angegeben. Die Vorteile des Fosphenytoin sind eine
  und etablierten Phase                                            schnellere Infusionsrate von 150 mg/min. und eine bessere
                                                                   lokale Verträglichkeit [75, 76]. Aufgrund der Konvertie-
Benzodiazepine                                                     rungshalbwertszeit von ca. 15 Minuten ist jedoch eine ähnlich
Benzodiazepine (Lorazepam, Diazepam, Clonazepam und                verzögerte Wirkung wie bei Phenytoin anzunehmen, sodass
Midazolam) sind potente und schnell wirksame Antiepilepti-         dies den Vorteil der schnelleren Infusionsrate relativiert [19].
ka, die als initiale Therapie eingesetzt werden [62]. Die pri-     Aufgrund der hohen Kosten kommt Fosphenytoin in vielen
märe pharmakologische Wirkung entfalten sie an der Benzo-          Spitälern nicht zum Einsatz.
diazepinbindungsstelle am GABAA-Rezeptor [63, 64] über
eine Verstärkung der GABAergen Transmission. In höheren            Valproat
Konzentrationen hemmen sie auch ähnlich dem Carbamaze-             Valproat ist weltweit das am häufigsten verschriebene Anti-
pin oder Phenytoin die repetitive exzessive neuronale Aktivi-      epileptikum [77]. Es besitzt ein breites Wirkungsspektrum
tät [65], was für die Wirkung der hochdosierten Benzodiaze-        gegen alle Anfallstypen und ist guter verträglich bei einem
pininfusion (Midazolam) trotz GABAergem Versagen beim              über viele Jahre bekannten Nebenwirkungs- und Risikoprofil
fortgeschrittenen SE mitverantwortlich sein könnte [19].           [77–82]. Es liegen zahlreiche Studien zur Pharmakokinetik
Lorazepam ist weniger fettlöslich als Diazepam und unterliegt      von VPA bei gesunden Probanden und Patienten mit Epilep-
daher in geringerem Maße einer Umverteilung ins Fettgewebe         sien vor [83–89]. Maximale Plasmakonzentrationen werden
mit Redistribution und der damit verbundenen Gefahr einer          innerhalb von wenigen Minuten erreicht. Valproat ist zu über
prolongierten Sedierung nach wiederholter Verabreichung.           90 % an Plasmaproteine gebunden und wird ausgiebig in der
Die Wirkdauer von Lorazepam ist mit 12–24 Stunden deutlich         Leber metabolisiert (Glukuronidierung und Beta-Oxydation).
länger als die von Diazepam (15–30 Minuten). Die Ergeb-            Die terminale Halbwertszeit beträgt 12 h. Im Tierexperiment
nisse der vorliegenden randomisierten klinischen Studien [17,      zeigte Valproat einen sehr schnellen Wirkungseintritt und
66, 67] zeigen eine Überlegenheit von Lorazepam gegenüber          eine verlässliche Wirksamkeit [90, 91]. Seit der Einführung
Diazepam (Durchbrechen des SE und Vermeiden von An-                der i.v. Lösung in Europa und den USA haben 18 retro-
fallsrezidiven innerhalb von 24 h), sodass Lorazepam i.v. als      spektive, eine nicht randomisierte prospektive [92] und eine
Mittel erster Wahl angesehen werden kann [68].                     randomisierte prospektive [93] klinische Untersuchungen an
                                                                   533 Patienten aller Altersgruppen mit unterschiedlichen For-
Obwohl traditionell in manchen Ländern Europas Clonaze-            men des SE eine gute Wirksamkeit mit einer globalen
pam schon lange in der Therapie des SE eingesetzt wird und         Ansprechrate von ca. 70 % bei guter Verträglichkeit gezeigt
die lange Halbwertszeit der Substanz auch eine lange biologi-      (Überblick in [94, 95]). Die empfohlenen Dosierungen betra-
sche Wirkung nahe legt, gibt es keine Vergleichsstudien mit        gen 20–30 mg/kg KG beim Erwachsenen mit maximaler

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Infusionsgeschwindigkeit bis zu 10 mg/kg/min. [96–98].            lam und Propofol zu Verfügung (In den USA wird der Haupt-
Valproat ist nicht sedierend und wird auch bei kreislauf-         metabolit von Thiopental, Pentobarbital, verwendet). Die
instabilen Patienten [87] und bei schnellen Infusionsraten bis    Therapieempfehlungen in dieser Phase des SE basieren aus-
zu 30 mg/kg/min. sehr gut vertragen [99].                         schließlich auf retrospektiven Fallserien und nicht kontrol-
                                                                  lierten prospektiven Studien (Übersichten in [126–128]), wo-
Die in Kasuistiken [100] berichteten Blutungskomplikationen       durch die Heterogenität der Therapiestrategien in den USA
unter Valproat-Therapie konnten in 3 größeren Studien nicht       und Europa verständlich wird [129, 130]. In 3 rezenten pros-
bestätigt werden [101–103]. Fallberichte von akute Pankreati-     pektiven Studien werden hochdosierte Midazolam-Infusion
tiden [79, 104], Enzephalopathien [105] und Hepatopathien         [131], Propofol [132] und Thiopental [133] untersucht. In
[80, 81, 106] werden mit der Valproat-Therapie in Zusam-          einer systematischen Übersichtsarbeit zeigt sich, dass keine
menhang gebracht und müssen bei der Therapieentscheidung          der untersuchten Strategien in der Therapie des refraktären SE
beachtet werden.                                                  über- oder unterlegen ist [134]. Das gefürchtete Propofol-
                                                                  Infusionssyndrom ist durch Herzversagen, metabolische Azi-
Valproat ist in einigen Ländern für die Therapie des SE bereits   dose, Rhabdomyolyse und Nierenversagen gekennzeichnet
zugelassen und kann aufgrund der klinischen Gleichwertig-         [135]. Eine Therapiedauer von < 48 h wird bei Dosierungen
keit („clinical equipoise“) nach dem Versagen von Benzodia-       von mehr als 5 mg/kg KG/h empfohlen [136].
zepinen als Therapie der 2. Stufe eingesetzt werden [41].
                                                                  Intravenös verabreichte Antiepileptika weisen ein hohes
Levetiracetam                                                     Nebenwirkungsrisiko (z. B. Sedierung, Atemstillstand, lokale
Levetiracetam ist ein wirksames und gut verträgliches Anti-       Injektionsverletzungen, Herzrhythmusstörungen, allergische
epileptikum [107] mit breitem Wirkungsspektrum und niedri-        Reaktionen) auf. Singuläre Anfälle, deren Dauer 2–3 Minuten
gem Interaktionspotenzial [108] aufgrund fehlender hepata-        nicht überschreiten, bedürfen keiner invasiven Therapiemaß-
ler Metabolisierung und niedriger Plasmaeiweißbindung             nahmen.
(< 10 %) [109]. Seit 2006 ist Levetiracetam auch als Infu-
sionslösung erhältlich. In tierexperimentellen Untersuchun-       Vor der Einleitung der invasiven Therapie des SE muss
gen zeigen sich Hinweise auf eine überadditive Wirkung von        Sicherheit bestehen, dass es sich tatsächlich um einen epi-
Levetiracetam und Diazepam beim SE [110]. Retrospektive           leptischen Status handelt. Eine der häufigsten Fehldiagnosen
Fallserien bei unterschiedlichen Formen des SE zeigen eine        in Notfallaufnahmen ist der psychogene, nicht-epileptische
gute Wirksamkeit und Verträglichkeit [95, 111–119]. Auf-          Status (PNES, Syn.: Pseudostatus). So hatten in einer briti-
grund der Datenlage (nur Klasse-IV-Daten) [120] und des           schen Studie tatsächlich nur die Hälfte der Patienten, die
klinischen Gebrauchs kann auch hier von Gleichwertigkeit          an eine Intensivstation transferiert wurden, einen SE, wäh-
(equipoise) zu i.v. Phenytoin und Valproat in der Stufe II ge-    rend je ein Viertel an einer diffusen Enzephalopathie litt oder
sprochen werden.                                                  einen PNES hatte [137]. Neben der Kenntnis der Semiologie
                                                                  psychogener und epileptischer Attacken ist das EEG während
Phenobarbital                                                     des Anfalls der Goldstandard. Weitere klinische Zeichen
In einer kleinen randomisierten Studie war i.v. Phenobarbital     für einen PNES sind: wildes Umherschlagen, zugekniffene
genauso effektiv wie die Kombination Diazepam und Pheny-          Augen und „arc de cercle“. Häufig sind diese Patienten auch
toin [121]. In der VA-Studie war Phenobarbital dem i.v. Lora-     mit einem Port-System versorgt, die Kreatinkinase ist auf-
zepam in der initialen Therapie nicht unterlegen [17]. Die zen-   fallend niedrig und sehr hohe Benzodiazepindosen werden
tral depressiven Wirkungen von Phenobarbital, insbesondere        benötigt, um die motorischen Aktivitäten zum Stillstand zu
nach der Gabe von Benzodiazepinen, lassen das Medikament          bringen (oder bis Atemsuppression auftritt) [58, 137].
nur noch als Reservemittel erscheinen. Eine engmaschige
Kontrolle von Atmung und Blutdruck ist unumgänglich [19].
                                                                   „ Relevanz für die Praxis
Lacosamid                                                          • Der Status epilepticus ist einer der häufigsten neurologi-
Lacosamid ist ein seit 2008 in der EU für die Behandlung             schen Notfälle mit einer Inzidenz von bis zu 40/100.000
fokaler Epilepsien zugelassenes Antiepileptikum [122]. Bio-          pro Jahr und einer Letalität um 20 %.
äquivalenzstudien liegen bei Gesunden und Epilepsiepatien-         • Bei mehr als der Hälfte der Patienten ist der Status epi-
ten vor [123]. Erste Fallberichte von Lacosamid in der erfolg-       lepticus Ausdruck einer akuten neurologischen Hirn-
reichen Behandlung eines nicht-konvulsiven Status epilepti-          erkrankung. Nur die Hälfte der Patienten hatte zuvor Epi-
cus sind bereits verfügbar [124]. Die klinischen Erfahrungen         lepsie.
sind jedoch keineswegs ausreichend, um eine Beurteilung            • Das oberste Therapieprinzip ist die rasche und vollstän-
dieser neuen Substanz zu ermöglichen.                                dige Kontrolle der Anfallsaktivität mit parenteralen
                                                                     Antiepileptika, um eine irreversible Hirnschädigung zu
„ Pharmakotherapie des refraktären Status                            vermeiden.
                                                                   • Zeitgleich muss die Ursache des Status erkannt und rasch
  epilepticus                                                        behandelt werden, da dies wesentlich die Prognose be-
Die Therapie der ersten (Benzodiazepine) und zweiten Stufe           stimmt.
(Phenytoin oder Valproat) versagt in 31–43 % [39, 125]. In         • Der Therapieerfolg kann nur durch eingehende klinische
dieser Phase stehen die i.v. Anästhetika Thiopental, Midazo-         Untersuchung und EEG überprüft werden.

                                                                                       J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3)   67
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                                                                                                      32. Lowenstein DH, Aminoff MJ. Clinical and        53. Krishnamurthy KB, Drislane FW. Depth of
  • Als Therapie der ersten Stufe ist intravenöses Lorazepam                                          EEG features of status epilepticus in comatose     EEG suppression and outcome in barbiturate
                                                                                                      patients. Neurology 1992; 42: 100–4.               anesthetic treatment for refractory status epi-
    (0,1 mg/kg, max. 2 mg/min.) allen anderen Therapie-                                                                                                  lepticus. Epilepsia 1999; 40: 759–62.
                                                                                                      33. Suter C, Brush J. Clinical problems of brain
    möglichkeiten überlegen. In der zweiten Stufe, nach Ver-                                          death and coma in intensive care units. Ann        54. Rossetti AO, Logroscino G, Bromfield EB.
    sagen von Benzodiazepinen, stehen intravenöse Formu-                                              NY Acad Sci 1978; 315: 398–416.                    Refractory status epilepticus: effect of treat-
                                                                                                      34. Delorenzo RJ, Pellock JM, Towne AR,            ment aggressiveness on prognosis. Arch Neurol
    lierungen von Phenytoin, Valproinsäure und Levetir-                                               Boggs JG. Epidemiology of status epilepticus.      2005; 62: 1698–702.
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                                                                                                      35. Delorenzo RJ, Hauser WA, Towne AR,             lepticus at an urban public hospital in the
    Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser Substanzen ver-                                                                                               1980s. Neurology 1993; 43: 483–8.
                                                                                                      Boggs JG, Pellock JM, Penberthy L, Garnett L,
    gleichen, wurden bisher nicht durchgeführt.                                                       Fortner CA, Ko D. A prospective, population-       56. Walton NY, Treiman DM. Response of sta-
  • Für die Praxis sind eine rasche Intervention mit Benzo-                                           based epidemiologic study of status epilepti-      tus epilepticus induced by lithium and pilo-
                                                                                                                                                         carpine to treatment with diazepam. Exp Neurol
                                                                                                      cus in Richmond, Virginia. Neurology 1996;
    diazepinen (bevorzugt Lorazepam) und ein rascher Wei-                                             46: 1029–35.                                       1988; 101: 267–75.
    tertransport ins Spital notwendig. Dort sollte eine neuro-                                        36. Jallon P, Coeytaux A, Galobardes B,            57. Naylor DE, Liu H, Wasterlain CG. Traffick-
                                                                                                      Morabia A. Incidence and case-fatality rate        ing of GABA(A) receptors, loss of inhibition, and
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    einschließlich EEG-Monitoring und intensivmedizini-                                               Lancet 1999; 353: 1496.                            tus epilepticus. J Neurosci 2005; 25: 7724–33.
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    scher Behandlung bei Versagen der Stufen 1 und 2 ge-                                              WH, Mueller HH, Wirbatz A, Katsarou N,             Meierkord H. Diagnosis of psychogenic non-
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is well tolerated in unstable patients with sta-                                                          Univ.-Doz. Dr. med. Mag. Eugen Trinka
                                                   parisons of levetiracetam with other second-
tus epilepticus. Neurology 2000; 55: 722–4.
                                                   generation antiepileptic drugs in partial epi-         Geboren 1963. Studium der Humanmedizin
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rapid intravenous infusion of valproate load-      108. Gidal BE, Baltes E, Otoul C, Perucca E.
                                                                                                          an der Universität Wien, 1991–1999 Fach-
ing doses in epilepsy patients. Epilepsy Res       Effect of levetiracetam on the pharmacoki-             arztausbildung an der Univ.-Klinik für Neu-
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89. Wheless JW, Vazquez BR, Kanner AM,             pooled analysis of data from randomized                1998 Facharzt für Neurologie und Psychia-
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fusion with valproate sodium is well tolerated                                                            trie. 1998/1999 Forschungsaufenthalt am
                                                   109. Patsalos PN. Clinical pharmacokinetics
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                                                                                                          Montreal Neurological Institute, Kanada.
63: 1507–8.                                        43: 707–24.                                            Seit 1999 an der Univ.-Klinik für Neurologie
90. Honack D, Loscher W. Intravenous valpro-       110. Mazarati AM, Baldwin R, Klitgaard H,              der Medizinischen Universität Innsbruck,
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tivity against a series of electroconvulsions      effects of levetiracetam and levetiracetam-
in comparison with diazepam and phenytoin.                                                                Univ.-Klink für Neurologie, Innsbruck und
                                                   diazepam combinations in experimental status
Epilepsy Res 1992; 13: 215–21.                     epilepticus. Epilepsy Res 2004; 58: 167–74.
                                                                                                          Leiter des epilepsiechirurgischen Programms. Seit 2002 Organisations-
91. Walton NY, Treiman DM. Valproic acid           111. Berning S, Boesebeck F, van Baalen A,             manager und geschäftsführender Oberarzt der Klinik, 2003 Habilitation
treatment of experimental status epilepticus.      Kellinghaus C. Intravenous levetiracetam as            und Verleihung der Venia legendi für das Fach Neurologie, seit 2004
Epilepsy Res 1992; 12: 199–205.                    treatment for status epilepticus. J Neurol             Leiter der Arbeitsgruppe klinische Epileptologie, EEG und Anfallser-
92. Uberall MA, Trollmann R, Wunsiedler U,         2009 [Epub ahead of print].                            krankungen, 2005 Sponsion zum Magister der Gesundheitswissenschaf-
Wenzel D. Intravenous valproate in pediatric       112. Knake S, Gruener J, Hattemer K, Klein
epilepsy patients with refractory status epi-      KM, Bauer S, Oertel WH, Hamer HM, Rosenow
                                                                                                          ten an der UMIT, seit 2007 Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft
lepticus. Neurology 2000; 54: 2188–9.              F. Intravenous levetiracetam in the treatment          für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (ÖGKN),
93. Misra UK, Kalita J, Patel R. Sodium val-       of benzodiazepine-refractory status epilepti-          seit 2009 Mitglied der Commission on European Affairs der Internatio-
proate vs phenytoin in status epilepticus: a       cus. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2008; 79:           nalen Liga gegen Epilepsie (CEA-ILAE).
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                                                                                                                                          J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (3)                    69
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