Thesen 2020 der Schweizer Gaswirtschaft - Gazenergie
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Einleitung Die Gasversorgung der Zukunft ist klimaneutral Die Schweizer Gaswirtschaft unterstützt das Ziel gasversorgten Wärmemarkt für Haushalte zu des Bundesrates, im Rahmen des Pariser Überein- garantieren. Heute, drei Jahre nach der Ziel kommens bis 2050 die Klimaneutralität (Netto- setzung, haben bereits erste Werke diesen Null-Emissionen) zu erreichen. Die Energieversor- Zielwert erreicht. gung der Zukunft muss dekarbonisiert, aber auch Die Branche sieht dies als Zwischenschritt. sicher und wirtschaftlich tragbar sein. Die Gas Bis 2040 soll der Anteil im Gesamtmarkt auf 50 versorger sind überzeugt, dass dies nur mit einem Prozent steigen. Bis 2050 wird eine CO2-neutrale breiten Mix an Energieträgern und Infrastrukturen Gasversorgung anvisiert. Erdgas soll sukzessiv sichergestellt werden kann. Insbesondere auch durch erneuerbare bzw. klimaneutrale Gase deshalb, weil sich angesichts des Umbaus und ersetzt werden, die neben Biogas auch syntheti- der verstärkten Elektrifizierung bereits heute sches Methan (Power-to-Gas) und grünen sowie zunehmend Stromengpässe in den Winter blauen Wasserstoff umfassen. Der Kohlenstoff wird monaten abzeichnen. bei letzterem entfernt und entweder in unter Gas spielt heute im Schweizer Energie irdischen Lagern gespeichert oder in Bau- oder versorgungssystem eine tragende Rolle. Das gilt anderen Wertstoffen genutzt. insbesondere für Industrie und Gewerbe sowie die Ein verstärkter Einbezug der Gasinfrastruktur Gebäude. Zudem gewinnt Gas an Bedeutung in in die Entwicklung der Energiezukunft wird nicht der Mobilität sowie künftig auch in der Strompro- nur die Kosten der Dekarbonisierung senken, sie duktion, so wie dies etwa in Deutschland bereits erhöht auch die Versorgungssicherheit und der Fall ist. Die Gasversorgung hat bereits einen insgesamt die Akzeptanz des Umbaus der wesentlichen Teil zur CO2-Reduktion beigetragen Energieversorgung und der damit verbundenen und wird dies noch verstärken, weil sie die Kunden wirtschaftlichen und sozialen Folgewirkungen. in Zukunft immer mehr mit dekarbonsierten bzw. Die Vision der Schweizer Gaswirtschaft zur erneuerbaren Gase beliefern wird. Energieversorgung der Zukunft lässt sich in sechs Die Schweizer Gasversorger wollen den Schlüsselthesen genauer beschreiben und Prozess des Umbaus der Energieversorgung begründen, die wir Ihnen hier vorlegen. Sie bilden mitgestalten und haben als grossmehrheitlich den Kern des Selbstverständnisses der Schweizer Querverbundsunternehmen stets die Notwendig- Gaswirtschaft, Teil der Lösung hin zu einer klima- keit einer Gesamtversorgungsperspektive betont. neutralen Schweiz zu sein. Als weltweite Pioniere sind sie visionär der aktuel- len Klimadiskussion vorangegangen, um die künftige Gasversorgung stärker erneuerbar bzw. klimaneutral zu gestalten. Sie unterstreichen ihr Bekenntnis von 2016, in einem ersten Schritt bis Martin Schmid Daniela Decurtins 2030 einen erneuerbaren Anteil von 30 % im Präsident VSG Direktorin VSG 3
These 1: Alle erneuerbaren Energien und deren Infrastrukturen bilden gemeinsam die Basis der Energiezukunft. Eine wirtschaftliche, sichere und klimaneutrale prozesse in der Industrie, denkmal- und ortsbild Energieversorgung kann nur im Zusammenspiel geschützte Stadteile oder Gebiete mit keinen aller erneuerbarer Energieformen und der ent- leicht erschliessbaren erneuerbaren Wärme sprechenden Infrastrukturen erreicht werden. Die quellen. Daneben wird Gas auch künftig in Gasnetze werden mit erneuerbaren und klima- Fernwärmeverbünden zur Spitzenlastabdeckung neutralen Gasen in Zukunft weiterhin eine wichti- gebraucht. Es ist Aufgabe der Gaswirtschaft, das ge Rolle spielen. Zu diesem Schluss gelangen die Netz so zu entwickeln, dass es diesen Anforde Studien verschiedenster Hochschulen und Institu- rungen entspricht. Die politischen Rahmenbedin tionen, im In- und Ausland. Strategien, die gungen müssen dies unterstützen. ausschliesslich auf Elektrizität und ihre Infrastruk- Das Gasnetz der Zukunft wird einen tur setzen, sind teuer, verletzlich und wenig unterschiedlichen Mix an erneuerbaren und flexibel. Erneuerbare Gase können einerseits die klimaneutralen Gasen aufweisen. Die Erdgas Wärmeversorgung und die Industrieproduktion infrastruktur wird weiter genutzt und trägt so dazu dekarbonisieren, andererseits sind sie auch bei, dass geringere Investitionen in den Ausbau Speicheroptionen für Überschussstrom, der bei von Stromübertragungs- und Verteilnetzinfra geringer Nachfrage nach Sonnen-, Wasser- und strukturen nötig sind. Das ganze E nergiesystem ist Windenergie und ohne entsprechende Speicher- stabiler, flexibler und kostengünstiger. möglichkeiten abgeriegelt werden müsste. Über Klimaneutrale Gase wie blauer Wasserstoff Sektorkopplung kann das Gas wieder in Strom, (siehe These 2) oder klimakompensierte Gase Wärme oder Treibstoff umgewandelt werden und können die Lücke zwischen Angebot und einen wichtigen Beitrag zur Winterstromversor- Nachfrage nach dekarbonisierten Gasen füllen. gung leisten. Die Gasnetze müssen daher in die Priorität hat aber die Produktion erneuerbarer Dekarbonisierungsstrategie eingebunden werden. Gase. Längerfristig wird diese vor allem im Auch in Zukunft wird es Gebiete geben, die Ausland erfolgen, wo die Potenziale grösser und nur mit Gas sinnvoll und effizient versorgt werden die Produktionskosten geringer sind. können. Dazu gehören z. B. Hochtemperatur Szenarien für die Energieversorgung der Zukunft All-Electric: Eine vollständige All-Electric plus Gasspeicherung: Mit Elektrizität und Gasinfrastruktur: Das Elektrifizierung ist schwer Power-to-Gas kann nicht genutzter, Gasnetz ermöglicht die direkte Verwendung umsetzbar, verursacht hohe erneuerbarer Strom gespeichert werden. erneuerbarer Gase für die Wärmeerzeugung, Kosten und gefährdet die Zudem können die erneuerbaren Gase bei die Mobilität und Anwendungen in der Versorgungssicherheit. Bedarf verstromt werden. Industrie. Dies ist umwelt- und klima All-Electric All-Electric plus Gasspeicherung Elektrizität freundlich sowieund Gasinfrastruktur kosteneffizient. Erneuerbare Energien Erneuerbare Energien Biogas Erneuerbare Energien Biogas Power-to-Gas Power-to-Gas Rück- Rück- verstromung Gasspeicher verstromung Gasspeicher Quelle: Frontier Economics Stromnetze Stromnetze Stromnetze Gasinfrastruktur Flüssige Brenn- Flüssige Brenn- Flüssige Brenn- und Treibstoffe und Treibstoffe und Treibstoffe Anwendungen Anwendungen Anwendungen 4
These 2: Nur mit Wasserstoff können die Klimaziele der Schweiz effizient erreicht werden. Wasserstoff ist ein ideales Speichermedium für tive kommt blauer Wasserstoff in Frage. Zu den Energie. Er lässt sich mittels Strom über Elektrolyse Verbrauchern gelangt der Wasserstoff mit erstellen oder aus Erdgas, dem der K ohlenstoff Tanklastwagen, über ein eigenes Leitungssystem entzogen und anderweitig verwertet wird. Dieser oder eingespeist ins Gasnetz. Neue Studien kann gespeichert1 oder in neuen Werk- und zeigen, dass im Gasnetz 10 % Wasserstoff prob- Baustoffen verwendet2 werden. Wird der Wasser- lemlos transportiert werden können. Die Branche stoff aus erneuerbarem Strom hergestellt, spricht strebt langfristig einen höheren Anteil an, da dies man von grünem Wasserstoff. Stammt er aus technisch möglich ist. A nwendungsseitig bestehen Erdgas mit CCS- oder CCU-Technologie, wird von teilweise bei den heute im Einsatz befindlichen blauem Wasserstoff gesprochen. Wasserstoff Technologien (vor allem bei den Tanks von kann mittels Einsatz von CO2 methanisiert und ins Gasfahrzeugen oder Gasturbinen) Einschränkun- Gasnetz eingespeist werden. Die Erzeugung von gen in der Wasserstoffverträglichkeit. Bei höheren blauem Wasserstoff aus Erdgas dürfte die Rolle Konzentrationen müssten die Endgeräte zum Teil einer Übergangstechnologie spielen, bis die ausgetauscht und im Netz Dichtungen verstärkt Produktion von grünem Wasserstoff hochgefahren werden. Welche Verteilungstechnologie sich ist. durchsetzen wird, ist noch offen. Sicher ist, dass Insbesondere für die Dekarbonisierung der alle Systeme zur Anwendung kommen werden. energieintensiven industriellen Produktion steht Wasserstoff im Vordergrund, der primär aus 1 Diese Technologie wird als Carbon-Capture and Storage (CCS) bezeichnet erneuerbarem Strom gewonnen wird. Als Alterna- 2 Diese Technologie wird als Carbon-Capture and Use (CCU) bezeichnet Formen von erneuerbarem bzw. klimaneutralem Gas und ihr Potenzial Produktionspfade für erneuerbare Gase Potenziale Versorgung Schweiz* C-Speicherung (CCS) Blauer H2 C-Nutzung (CCU) Potenzial abhängig von den Erdgas H2 Erdgasreserven Power-to-Gas Erneuerbarer Strom Elektrolyse H2 Grüner H2 5 TWh +CO2 Biomethan Biomasse Pyrolyse Synthetic Natural Gas (SNG) Importe 4 TWh CH4 Biomethan Vergärung Biogas Biogas / Biomethan Produktion CH CH4/CO2 4 TWh Quelle: VSG * Studien: - Hanser Consulting AG (2018): Erneuerbare Gasstrategie für die Schweiz - WSL Berichte, Heft 57 (2017): Biomassepotenziale der Schweiz für die energetische Nutzung - EMPA/PSI (2019): Potenzialanalyse Power-to-Gas in der Schweiz 5
These 3: Gas ist Baustein einer effizienten Wärmewende, nicht nur kurzfristig, sondern auch mittel- und langfristig. Elektrisch betriebene Wärmepumpen haben sich quellen. Moderne Gasbrennwertheizungen lassen im Neubau durchgesetzt, und auch bei den sich bestens auch mit Solarthermie oder Umwelt- Sanierungen fällt die Wahl immer häufiger auf wärme (Hybridheizungen) kombinieren. Eine diese effizienten Wärmelieferanten. Sie benötigen gasbetriebene Wärmepumpe steht einer elektri- allerdings vor allem dann viel Strom, wenn dieser schen Wärmepumpe in nichts nach. Werden diese heute und noch mehr in Zukunft knapp sein wird: Technologien mit erneuerbaren Gasen betrieben, nämlich im Winter. Ganz im Gegensatz zu Heiz- dann ist ein nahezu klimaneutrales Heizen systemen, die auf Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) möglich – ganz ohne umzurüsten. Wenn in der setzen. Sei es als stromproduzierende Heizungen öffentlichen Diskussion häufig verkürzt von in kleineren Gebäuden, sei es als grössere Block- «fossilen» Heizungen die Rede ist, werden diese heizkraftwerke in Wärmverbünden: Gleichzeitig Fakten vertuscht. Wer heute eine Heizung mit zur Wärmeproduktion liefern diese Strom und 100 % Biogas betreibt, wählt eine Lösung, die im entschärfen damit die Winterproblematik. Wer- Vergleich mit anderen Heizsystemen sowohl den diese WKK-Anlagen dann noch mit erneuer- bezüglich CO2-Emissionen als auch bezüglich baren Gasen betrieben, sind sie aus ökologischer Umweltbilanz wesentlich besser oder zumindest Sicht kaum zu schlagen. Stammt das Gas aus der gleichwertig abschneidet. Umwandlung von ungenutztem Sommerstrom Nicht alle Siedlungsgebiete können zudem durch Power-to-Gas, dann findet ein zusätzlicher einfach und kosteneffizient mit erneuerbaren und Stromtransfer vom Sommer in den Winter statt. dezentralen Wärmequellen erschlossen werden. Ein weiterer Beitrag zur Lösung der Knappheit von Sei es weil entsprechende Quellen fehlen, sei es Strom im Winter. weil Schutzbestimmungen den Einsatz ver Wärme-Kraft-Kopplung ist aber nur ein unmöglichen oder der Widerstand aus der Beispiel für die vielfältigen Kombinationsmöglich- Nachbarschaft zu gross ist. Hier bleibt Gas die keiten von Gasheizungen mit anderen Energie- effizienteste und einfachste Lösung. 6
Alle diese Beispiel zeigen: Gas lässt sich bestens mit erneuerbaren Energien und der Nutzung von Umweltwärme kombinieren; es ist daher auch langfristig Baustein einer effizienten Wärmewende. Hybridheizung Gas und Solar 5 2 8 6 7 6 7 WP Gas 5 2 1 3 1 3 4 4 Strom Erdgas/Biogas Erdgas/Biogas Wasser Wasser 1 Hybridheizung Innenmodul 5 Luft-/Abgassystem 1 Gas-Brennwertheizung 5 Wärmeunterstützung 2 Hybridheizung Aussenmodul 6 Wärmeabgabe 2 Luft/Abgas-System 6 Wärmeabgabe 3 Speicher 7 Warmwasser 3 Speicher 7 Warmwasser 4 Wärmeverteilung 4 Wärmeverteilung 8 Solarkollektoren 40% 20% 40% 75% 25% Erdgas/Biogas Flexible Umweltwärme Erdgas/Biogas Solar Wahl Gaswärmepumpe Gas-BHKW 2 2 10 6 7 5 6 7 8 9 5 1 3 1 3 4 4 Erdgas/Biogas Erdgas/Biogas Wasser Wasser 1 Gas-Wärmepumpe 5 Umweltwärme 1 Wärme-Kraft-Kopplung 6 Warmwasser 2 Luft/Abgas-System 6 Wärmeabgabe 2 Luft/Abgas-System 7 Öffentliches Stromnetz 3 Speicher 7 Warmwasser 3 Speicher 8 7 Stromzähler 4 Wärmeverteilung 4 Wärmeverteilung 9 Batteriespeicher (Option) 5 Wärmeabgabe 10 Solarkollektoren (Option) Quelle: VSG 100% strom- 65% Wärme 60% 40% Erdgas/Biogas erzeugende Heizung 35% Strom Erdgas/Biogas Umweltwärme Energieeinsatz Nutzenergie 7
These 4: Die Gasversorgung wird bis 2050 komplett CO2-neutral und unterstützt damit auch in der Industrie das Erreichen der Klimaneutralität. Zentraler Treiber bei der Einführung von Erdgas in aber grüner Wasserstoff, insbesondere im Rahmen der Schweiz war in den 1970er Jahren die Indust- von gesamtheitlichen Power-to-Gas-Lösungen in rie. Die Chemiebranche, die Nahrungsmittel der Industrie, sowie synthetisches Biomethan und produktion, aber auch Papier und Stahl setzten Biogas. Ebenso können Gewerbebetriebe durch darauf. So wurde Gas zu einem zentralen Energie- bivalente Technologien Raumwärme sowohl mit träger des Wirtschaftsstandortes Schweiz und Strom als auch mit Gas erzeugen. sicherte damit auch Arbeitsplätze. Mit der von der Der Gasabsatz wird insgesamt abnehmen, Gaswirtschaft anvisierten Umstellung auf erneu- gewisse Verteilnetze werden stillgelegt. Das wird erbare und klimaneutrale Gase wird das so auch Folgen für die Industrie haben, die auch in bleiben. Potenzial für die Zukunft hat blauer Gesamtversorgungsüberlegungen Eingang finden Wasserstoff, der aus Erdgas hergestellt und bei sollten. Obwohl damit die Netzkosten steigen und dem der Kohlestoff abgeschieden und entweder erneuerbare Gase ihren Preis haben werden, wird im Untergrund gespeichert oder als Karbon Gas im Vergleich zu den Alternativen eine verwendet werden kann. Im Vordergrund stehen konkurrenzfähige Energie bleiben. Die Gasinfrastruktur kann eine Vielzahl von erneuerbaren und kohlenstoffarmen Gasen aufnehmen. CO2-Abscheidung und -Speicherung Elektrizität Elektrolyse Synthetisches Methan Grüner Wasserstoff Blauer Wasserstoff Biomethan Erdgas CO2 Quelle: Frontier Economics 8
These 5: Nur mit Gas lässt sich die Verkehrswende schaffen. Der Strassenverkehr verursacht heute am meisten Biogas anzubieten und langfristig erneuerbar zu Treibhausgase und zusätzlich auch noch Stick werden. Damit wird die Gasmobilität die beste oxid- und Feinstaubemissionen. Der Einsatz Klimabilanz aufweisen und ist eine überzeugende alternativer Antriebe und Treibstoffe kann daher Alternative zu den Elektrofahrzeugen. Allerdings wesentlich zur Erreichung der Klima- und entscheidet sich die Zukunft in Brüssel. Es wird Umweltziele beitragen. Alternative Antriebe sind massgebend sein, wie die EU die Rahmenbedin- heute bereits vorhanden: Strom, Gas (Compres- gungen ab 2023 gestaltet und Anreize setzt, dass sed Natural Gas, CNG und Liquified Natural Gas, die Automobilindustrie die entsprechenden LNG) und Wasserstoff sowie Biotreibstoffe wie Fahrzeuge auch künftig produzieren wird. Biogas, SNG (Synthetic Natural Gas) oder auch flüssige Biofuels. Jede alternative Antriebsform weist spezifische Vorteile aus. CNG ist mit Blick auf Kosten-Nutzen, Reichweite und Schadstoff emissionen eine attraktive Alternative, zudem besteht bereits ein dichtes Netz an Tankmöglich- keiten in der Schweiz. Je mehr erneuerbare Gase beigemischt werden, desto höher ist die Klima wirkung. Biogasfahrzeuge sind den Elektromobi- len ebenbürtig, sogar wenn diese ausschliesslich mit erneuerbarem Strom betrieben werden. Durch ihre Reichweite sind CNG-Fahrzeuge besser geeignet für den individuellen Fernverkehr als solche mit Elektroantrieb. LNG- und Wasserstoff- fahrzeuge eignen sich langfristig vor allem in Transportsegmenten, die sich nicht oder nur sehr schlecht elektrifizieren lassen. Die einseitige Fokussierung auf die Elektro Vielfahrer-Fahrzeuge, die rund 30 % aller mobilität wird nicht zur gewünschten Klima Fahrzeuge ausmachen, sind heute für rund neutralität des Verkehrs führen. Die notwendigen 70 % der CO2-Emissionen verantwortlich. Für Produktionskapazitäten für erneuerbaren Strom die Mobilität der Zukunft heisst das: Je nach sind noch für lange Zeit weder in der Schweiz Art und Weise, wie Fahrzeuge eingesetzt noch im Ausland vorhanden, insbesondere was werden, kommen unterschiedliche alternative die ganzjährige Verfügbarkeit anbetrifft. Schon Antriebe und Treibstoffe zum Einsatz. heute zeichnet sich ab, dass Deutschland das Ausbauziel für erneuerbaren Strom bis 2030 nicht Quelle: ETHZ/Empa (2018) erreichen wird. Viele Fahrzeuge werden daher mit 30 % Vielfahrer 70 % übrige Fahrer importiertem Strom unterschiedlichster Herkunft (lange Strecken) (kurze Strecken) betrieben. Unberücksichtigt ist dabei die im Ausland anfallende Klimabilanz bei der Herstel- 70 % 30 % lung der Elektrofahrzeuge. Die Schweizer Gas CO2-Ausstoss CO2-Ausstoss wirtschaft beabsichtigt, bis 2023 im Treibstoff 30 % 10
These 6: Nur mit Gas lässt sich die Versorgungssicherheit garantieren. In allen westeuropäischen Staaten steht die das Energiesystem nicht einseitig auf einen Elektrifizierung zuoberst auf der energiepoliti- Energieträger ausgerichtet ist und grosse Flexibili- schen Traktandenliste. Unsere Nachbarländer tät aufweist. Die Schweizer Gasinfrastruktur kann werden also längerfristig alle mit derselben hier entscheidend unterstützen, indem sie Strom Problematik konfrontiert sein: hohe Strom überschüsse aufnimmt und bei Bedarf wieder zur produktion im Sommer, Mangellagen im Winter. Verfügung stellt. Dies ist aber nur möglich, sofern Dies wird dazu führen, dass es im Winter zu sie wie bisher laufend unterhalten und neuen Versorgungsengpässen kommt und die Stabilität Anforderungen (Ausbau der Speicherkapazitäten) des Stromnetzes gefährdet ist. Die Versorgungs angepasst wird. sicherheit kann nur gewährleistet werden, wenn Die Stromproduktion im Jahr 2050 Strom (GWh) 2200 2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 Jan Feb März April Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov Dez Inlandproduktion (ohne Kernkraft) Strombedarf heute PV-Produktion (50 % der geeigneten Dächer) Strombedarf künftig inkl. Wärmepumpen (+75 %) und Elektromobilität (+20 %) Quelle: Empa Importe Überschuss erneuerbarer Strom Mit Power-to-Gas steht eine Technologie zur Verfügung, um nicht genutzten Strom aus dem Sommerhalbjahr in Gas umzuwandeln, zu speichern und im Winter zu nutzen. 11
Der Weg zum Ziel Die Gaswirtschaft verfolgt verschiedene Initiati- Wasserstoff als neues, zusätzliches ven, um die dargestellten Zielsetzungen zu Schwerpunktthema erreichen. Die Schweizer Gaswirtschaft betrachtet grünen und blauen Wasserstoff als Schlüsselelement, um 30/2030-Strategie und damit die Gasversorgung langfristig zu dekarbonisieren. verbundene Aktivitäten Der Verband verfolgt die internationalen Entwick- Im Jahr 2016 hat die Gasbranche entschieden, bis lungen eng, baut Wissen und Kompetenzen auf 2030 mindestens 30 % erneuerbare Gase im und engagiert sich in der Diskussion um die Wärmemarkt für Haushalte anzubieten. Gegen- Etablierung von Geschäftsmodellen und Regulie- über der Situation von damals bedeutet das eine rungsfragen. Er nutzt bereits bestehende Partner- Steigerung um 4500 GWh. Zur Zielerreichung schaften zu Hochschulen und Forschung sowie wurden verschiedene Massnahmen ausgelöst. den relevanten Organisationen. Auch neue Dazu gehört die Weiterführung und Anpassung Akteure werden eingebunden. des Biogasförderfonds, woraus neue und erwei- Wasserstoff wird allein schon wegen der terte Anlagen, die erneuerbare Gase einspeisen, Entwicklungen in den Ländern der Gasproduzen- unterstützt werden. Um die grossen Potenziale in ten wie Norwegen, Niederlande oder Russland der Landwirtschaft besser erschliessen zu können, Eingang ins Transportnetz finden. Es braucht wurde eine strategische Partnerschaft mit zwingend eine europäische Wasserstoffstrategie, Ökostrom Schweiz, dem Branchenverband der an deren Erarbeitung sich die Schweizer Gas- landwirtschaftlichen Biogasproduzenten, etab- branche unter Einbezug des Bundes beteiligt. liert. Die gemeinsam mit der Oberzolldirektion Die Schweizer Gasbranche setzt im R ahmen (OZD) betriebene Clearingstelle für erneuerbare ihrer Forschungs- und Entwicklungstätigkeit einen Gase wird ausgebaut, damit künftig auch Impor- Schwerpunkt beim Thema Wasserstoff. Dabei te – gasförmig und flüssig – erfasst werden stehen lokale Projekte im Vordergrund, um Was- können. serstoff als Teil des Umbaus der Energie versorgung erlebbar zu machen. Wichtige Fragen betreffen die Wasserstofftauglichkeit der Anwen- dungen und der Gasnetzinfrastruktur. Die Branche engagiert sich für Rahmen bedingungen, welche die Produktion, den Trans- port und die Anwendung von Wasserstoff in den verschiedenen Sektoren – Verkehr, Gebäude, Stromproduktion – begünstigen. Dazu gehören etwa Fragen des CO2-Preises, der Sektorkopp- lung und auch der Importanerkennung. Wichtig ist auch die Entwicklung von Normen im Bereich der Gasinfrastruktur und der Kompatibilität mit Geräten. 12
Sektorkopplung Neue Markenführung Die Sektorkopplungstechnologien sind heute alle Die Gasbranche stellte in der Vergangenheit ihre bereits vorhanden und erprobt. Dazu gehören Produkte Erdgas und Biogas im Rahmen ihrer WKK, Power-to-Gas, Power-to-Liquids oder auch Markenführung in den Vordergrund. Das wird ihren die Elektro- und Gasmobilität. Die Branche hat Leistungen beim Umbau der Energieversorgung diese Themen vorangebracht, etwa mit konkreten nicht gerecht. Deshalb hat sie sich für die neue Förderprojekten oder dem Aufbau eines Tankstell- Dachmarke gazenergie entschieden. Sie reprä- ennetzes mit rund 150 Stationen für gasbetriebe- sentiert nicht mehr ein einzelnes Gasprodukt, ne Fahrzeuge. Jetzt muss das Thema im Rahmen sondern Gas – gemeint sind hier Erdgas, Biogas einer Gesamtenergieperspektive in der politi- und andere erneuerbare Gase, aber auch Was- schen Diskussion verankert werden. Erste Erfolge serstoff – und dessen Infrastruktur als wichtige sind da. Der Lösungsansatz wird derzeit nicht nur Pfeiler der Schweizer Energieversorgung, worin von verschiedene Organisationen mitgetragen, Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und sondern auch der Bund anerkennt ihn im Grund- Klimaschutz einen zentralen Stellenwert einneh- satz – ohne aber bislang Taten folgen zu lassen. men. Enge Zusammenarbeit mit Forschung, Wissenschaft und Industrie Seit 1992 unterhält der Verband der Schweizeri- schen Gasindustrie den Forschungsfonds FOGA und engagiert sich in anwendungsorientierter Forschung. Dabei wird nicht nur mit Forscher- gruppen von ETH und EPFL, des PSI oder der Empa zusammengearbeitet, sondern auch mit Fachhochschulen, der Industrie, aber auch dem Bund. So ist sichergestellt, dass die gewonnenen Erkenntnisse schnell in den Markt einfliessen, aber auch in Bundesbern zur Kenntnis genommen werden. In der mehr als 25-jährigen Geschichte des Forschungsfonds wurden über 150 Projekte unterstützt. 2015 fokussierte die Gasindustrie ihre Forschungsstrategie auf den anvisierten Umbau der Energieversorgung und setzt auf die drei Schwerpunkte Energieeffizienz, erneuerbare Gase sowie Netz bzw. Sektorkopplung. Neu bildet Wasserstoff einen eigenen Schwerpunkt. 13
Auf gazenergie.ch finden Sie weitere Informationen über aktuelle Themen der Schweizer Gaswirtschaft. VSG | Verband der Schweizerischen Gasindustrie | Grütlistrasse 44 | 8027 Zürich +41 44 288 31 31 | vsg@gazenergie.ch | gazenergie.ch
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