EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ
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INFOMAPPE: EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ – VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ WIE GEHT DIE SCHWEIZ MIT DEM PHÄNOMEN INHALTSÜBERSICHT MIGRATION UM? 1. Migration in der Schweiz: Vergangenheit und Zukunft 2. Wichtige Begriffe 3. Wie kommt es dazu? 4. Was ist zu tun? 5. Was wird aktuell gemacht? 6. Was kannst du tun? 7. Weiterführende Informationen WEITERE INFORMATIONEN www.youngcaritas.ch/infoservice RAHMENBEDINGUNGEN: Schulstufe: Sekundarstufe II Didaktische Ergänzungen mit Anregungen für den Unterricht als PDF-Datei: www.youngcaritas.ch/einwanderungsland-schule Online Infoservice: www.youngcaritas.ch/ infoservice/migration/ Erscheinungsdatum: Oktober 2014
INFOMAPPE: EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ – VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT 1. MIGRATION IN DER SCHWEIZ: VERGANGENHEIT UND Z UKUNFT VOM AUS- ZUM EINWANDERUNGSLAND ZUWANDERUNG KANN DIE Ein Drittel der Schweizer Bevölkerung hat einen Mi- AUFNAHMEGESELLSCHAFT VERUNSICHERN grationshintergrund. Das heisst, diese Personen sind Zuwanderung kann Ängste auslösen. Insbesondere selbst aus dem Ausland in die Schweiz eingewandert in Krisensituationen, etwa bei einer schlechten oder haben einen eingewanderten Elternteil. Ein Viertel Wirtschaftslage, werden «Fremde» oft zu Sünden der Einwohnerinnen und Einwohner ist im Ausland böcken gemacht, oder sie werden diskriminiert. geboren. Die Schweiz ist damit eines der bedeutends- Die Gefahr der gesellschaftlichen Ausgrenzung von ten Einwanderungsländer Europas. Das war jedoch rechtlich und sozial schlechter Gestellten besteht nicht immer so. Bis Ende des 19. Jahrhunderts war die dann umso mehr. Sozial schlechter Gestellte haben Schweiz ein Auswanderungsland. So wanderten zum Schwierigkeiten, in ihrem alltäglichen Leben voll an der Beispiel halbe Dörfer aus dem Glarnerland aus, weil sie Gesellschaft teilzuhaben. Sie haben zum Beispiel Mühe so arm waren, dass sie in den Bergregionen nicht mehr eine Stelle zu finden, weil sie einen schlechten Schul- überleben konnten. Sie versuchten, sich in den USA, in abschluss haben oder die Landessprache nicht gut Argentinien, in Brasilien oder in Chile ein neues Leben sprechen (vgl. Kapitel 3). Gesellschaftliche Stabilität aufzubauen. Insbesondere Männer liessen sich für den kann jedoch nur aufrechterhalten werden, wenn keine Kriegsdienst in der Fremde engagieren – dies war bis Ausgrenzung von bestimmten Gruppen erfolgt. in die Neuzeit der wichtigste Auswanderungsgrund. Deshalb ist die Aufnahmegesellschaft an der Integra- Frauen wanderten eher innerhalb des Landes vom Land tion von Zugewanderten interessiert. in die Stadt, da sie dort im Haushaltsbereich leichter Arbeit fanden. Um 1890 kehrte sich das Verhältnis erstmals um, da in INTEGRATION IST EIN NOTWENDIGER der Industrie und im Bahnbau vermehrt ausländische PROZESS Arbeitskräfte benötigt und auch gezielt angeworben Die schweizerische Ausländerpolitik folgte lange Zeit wurden. So bauten zum Beispiel viele ausländische dem Prinzip, dass ausländische Arbeitskräfte nach Arbeitskräfte die Tunnel durch die Alpen (Gotthard, ihrem Engagement in der Schweiz in ihre Herkunfts- Simplon, Lötschberg). Nach Phasen der Rückwanderung länder zurückkehren sollten (Saisonnier- oder ins Herkunftsland und geringerer Zuwanderung kam Gastarbeiterpolitik). Ihre Integration in die hiesige es nach dem Zweiten Weltkrieg infolge des wirtschaft- Gesellschaft war kein formuliertes Ziel. Heute ist die lichen Aufschwungs zu einem regelrechten Einwan- Schweiz ein Einwanderungsland; die Mehrheit der derungsboom. Das Saisonnier-System (=Aufnahme Zugewanderten bleibt für längere Zeit oder für immer. von Arbeitskräften für eine Saison) ermöglichte es der Die Aufnahmegesellschaft wie die Zugewanderten Schweizer Wirtschaft, Arbeitskräfte flexibel anzustel- sind daher vermehrt gefordert, aufeinander zuzuge- len, wenn sie nötig waren und wieder zurück in ihr hen und unter der Berücksichtigung von Unterschie- Heimatland zu schicken, wenn man sie nicht mehr den Chancengleichheit herzustellen. brauchte. Viele von ihnen blieben aber in der Schweiz und machten sie zu ihrer neuen Heimat. Man merkte, dass es auch wirtschaftlich auf die Dauer keinen Sinn macht, immer neue Arbeitskräfte auszubilden und sie dann wieder zurück zu schicken.
INFOMAPPE: EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ – VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT 2. WICHTIGE BEGRIFFE DER BEGRIFF MIGRATION FLUCHT UND ASYL Migration (lateinisch migratio = Wanderung) ist die Als Folge von Kriegen, mangelnden Ressourcen Einwanderung oder Auswanderung von Menschen. und fehlenden Lebensperspektiven sowie aufgrund von Im weitesten Sinne ist Migration eine Wanderung von Umweltverschmutzungen – um nur einige von vielen einzelnen Menschen oder Gruppen mit dem Ergebnis Ursachen zu nennen – sind viele Menschen gezwun- eines längerfristigen Wohnortwechsels. gen, ihre Heimat zu verlassen, das heisst sie müssen Emigration bedeutet Auswanderung flüchten. Häufig suchen sie in einem anderen Land Immigration ist die Einwanderung Asyl (= Schutz vor Gefahr und Verfolgung). Das heisst, Asylsuchende erhoffen sich Schutz und ein Aufent- haltsrecht in dem Staat, in dem sie ihr Asylgesuch GLOBALISIERUNG DER MIGRATION eingereicht haben. Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 regelt gesetzlich, wer Asyl erhalten darf. D ie Menschen sind schon immer migriert. Die einen suchten Konvention beinhaltet viele Regeln, die strikt vorgeben, nach besseren Nahrungsbedingungen oder einem wer Anspruch auf Schutz hat und wer nicht. besseren Klima, andere versuchten durch die Migration Konflikten zu entkommen. Manche wurden schlicht durch Neugier und Entdeckerwillen angetrieben. Derzeit leben weltweit rund 232 Millionen Menschen für INTEGRATION: WAS IST DAS? mehr als ein Jahr in einem anderen als ihrem Geburts- Lange Zeit herrschte in den westlichen Staaten die land.1 Dies entspricht etwa drei Prozent der Weltbevöl- Vorstellung vor, dass sich Zugewanderte der Mehr- kerung oder ungefähr der Einwohnerzahl Brasiliens, heitsgesellschaft anpassen, das heisst sich assimilie- dem fünftgrössten Land der Erde. Davon sind rund ren sollten. Heute will man nicht mehr, dass Auslän- 50 Millionen auf der Flucht vor Konflikten und Verfol- der sich assimilieren (= anpassen) und ganz genau gung. Eine weitere Zunahme der globalen Migration ist so werden wie die Schweizerinnen und Schweizer, wahrscheinlich. Die Welt und damit auch die Schweiz sondern, dass sie sich integrieren. Integration ist eine wird internationaler. gegenseitige Auseinandersetzung. Sowohl die schwei- zerische Bevölkerung, als auch die Eingewanderten müssen sich bemühen, Gemeinsamkeiten zu erkennen MIGRATIONSGRÜNDE und Unterschiede zu akzeptieren. Dabei werden verschiedene Ebenen unterschieden: Arbeit und Ausbildung im Ausland sind die wichtigsten Migrationsgründe. Auch ziehen viele Familienangehörige strukturelle Integration (Bildung; Arbeitsmarkt; der zuerst ausgewanderten Person nach. Während die Gesundheit); qualifizierten Arbeitskräfte in der Regel erwünscht sind, soziale/kulturelle Integration (Wohnen; Freizeit); da sie in Forschung, Industrie und Wirtschaft gesuchte politische Integration (Beteiligung am politischen Arbeitskräfte sind, ist die Zuwanderung von wenig oder System). kaum qualifizierten Arbeitskräften heute nicht mehr Ziel ist die gegenseitige Integration aller Gesellschafts- willkommen. Insbesondere seit dem Personenfreizügig- teile und die Verhinderung von Ausgrenzung. Auch die keitsabkommen mit der Europäischen Union schottet einheimische Bevölkerung ist zu Aufgeschlossenheit sich die Schweiz gegen wenig qualifizierte Arbeitskräfte und Weiterentwicklung aufgerufen. aus ferneren Ländern ab. Die Personenfreizügigkeit (=Freier Personenverkehr) ermöglicht es allen Einwoh- nerinnen und Einwohnern von EU-Staaten, in einem anderen Land, mit dem das Abkommen unterzeichnet wurde, zu arbeiten und zu wohnen. 1 N Department of Economic and Social Affairs: UN Global Migration U Statistics
INFOMAPPE: EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ – VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT 3. MIGRANTINNEN UND M IGRANTEN IN DER SCHWEIZ GRÜNDE FÜR DIE MIGRATION WESHALB HAT DIE SCHWEIZ EINEN HOHEN Es gibt verschiedenste Gründe, warum Menschen AUSLÄNDERANTEIL? migrieren. Sie lassen sich unterscheiden in Push- und Die Schweiz hat einen relativ hohen Ausländeranteil Pull-Faktoren. Push-Faktoren (= englisch «drücken») von rund 25 Prozent (Asylbereich: ca.1%). Das ist unter drängen eine Person dazu auszuwandern. Beispiele anderem die Folge hoher Einbürgerungsschranken. Im für Push-Faktoren sind hohe Arbeitslosigkeit, Armut, Gegensatz zu anderen Ländern erhalten Kinder, die hier Diskriminierung, Naturkatastrophen oder Krieg im geboren werden, nicht automatisch die schweizerische Heimatland. Pull-Faktoren (= engl. «ziehen») sind jene, Staatsangehörigkeit. Für die zweite und dritte Genera- die Menschen anziehen, um in ein bestimmtes Land tion gibt es nicht die Möglichkeit, sich rascher und in einzuwandern. So locken zum Beispiel gute Verdienst- einem vereinfachten Verfahren einbürgern zu lassen. möglichkeiten, Sicherheit, gute Bildungsmöglichkeiten oder Frieden Menschen in ein anderes Land. Flüchtlinge verlassen ihr Heimatland unfreiwillig. SCHWIERIGE SOZIALE SITUATION DER Die youngCaritas-Schulmappe «Familien auf der ZUGEWANDERTEN (NORD-SÜD-GEFÄLLE) Flucht» gibt detailliert Auskunft über Fluchtgründe, Personen ohne Schweizer Pass sind bezüglich Fluchtrouten und Probleme auf der Flucht. Bildungsniveau, beruflicher Position und Einkommen gegenüber Schweizerinnen und Schweizern deutlich benachteiligt. Am grössten sind die Unterschiede im ASYLSUCHENDE IN DER SCHWEIZ Bildungsbereich und auf dem Arbeitsmarkt. Häufig be- Wer in die Schweiz flüchtet, kann beim Bundesamt für finden sich Ausländerinnen und Ausländer in prekären Migration (BFM) einen Asylantrag stellen. Damit bittet Lebens- und Arbeitsverhältnissen. Sie sind doppelt so die Person um Schutz und um die Möglichkeit, sich hier häufig von Erwerbslosigkeit und in der Folge von Armut niederzulassen. Doch nur diejenigen, die nach ihrer betroffen. Innerhalb der Kategorie «Ausländer» be- Anhörung (=Befragung zu Fluchtgründen) als Flüchtling stehen jedoch grosse Unterschiede. So stehen Staats- anerkannt oder vorläufig aufgenommen werden, können angehörige aus nord- und westeuropäischen L ändern bleiben. Im schweizerischen Asylgesetz ist festgehalten, deutlich besser da als jene aus Süd- und Osteuropa und wer als Flüchtling gilt (siehe Box). jene aus aussereuropäischen Ländern. VERNACHLÄSSIGTE INTEGRATION Gründe für die schlechtere wirtschaftliche und soziale Position von Zugewanderten sind vor allem in der Flüchtlingsbegriff vernachlässigten Integration zu sehen. Bis in die 1980er Als Flüchtling wird eine Person anerkannt, wenn Jahre hat es die Schweiz versäumt, eine gezielte –s chwerwiegende Nachteile im Heimatland Integrationspolitik zu formulieren und umzusetzen. drohen. Leib, Leben, Freiheit oder psychische Beispielsweise war es zweitrangig, ob Ausländerinnen Gesundheit sind gefährdet. und Ausländer eine der Landessprachen erlernten. –d ie Person gezielt verfolgt wird (=keine allge- Auch die Frage, ob ihre Kinder die gleichen Bildungs- meine Gefährdung). chancen wie Schweizer Kinder erhielten, stellte sich –e ines der Verfolgungsmotive zutrifft: Rasse, lange Zeit nicht. Erst als man merkte, dass die Gastar- Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer beiterpolitik nicht optimal funktionierte und die Mehr- ethnischen oder sozialen Gruppe, politische An- heit der ausländischen Arbeitskräfte in der Schweiz schauung. Auch frauenspezifische Fluchtgründe blieb, wurde Integration zum Thema. sind zu berücksichtigen.
INFOMAPPE: EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ – VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT 4. ZUWANDERUNG ALS CHANCE DIE EINWANDERUNGSGESELLSCHAFT MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN SIND ALS REALITÄT MENSCHEN WIE DU UND ICH Die Schweiz ist ein Einwanderungsland. Das ist heute eine Genau so wie sich Einheimische nicht gern in Schubladen Tatsache. Allerdings wehren sich Teile der Gesellschaft pressen lassen, haben auch Zugewanderte das Recht, immer noch dagegen, dies zu akzeptieren. Deshalb sind als Individuen betrachtet zu werden. Jeder Mensch auch noch nicht alle Gesetze und Strukturen in unserer bringt verschiedenste Prägungen mit: Geschlecht, Gesellschaft in ausreichendem Ausmass an diese Alter, politische Orientierung, Religion und vieles mehr. Situation angepasst. Es gibt aktuell immer mehr Grup- Die kulturelle Herkunft ist nur ein Faktor von vielen pen, welche die Eingewanderten für verschiedenste anderen, welcher die Menschen zu dem macht, wer sie Probleme verantwortlich machen, auch wenn dies gar sind und wie sie sich verhalten. nicht der Realität entspricht. Obwohl Integrationsschwierigkeiten bestehen und auch soziale und kulturelle Konflikte das Einwanderungs- land Schweiz herausfordern – die Zuwanderung ist als Chance zu sehen und zu packen. Aufgrund der sich ändernden Bevölkerungsstruktur und aus wirtschaftlichen Gründen wird das Land auch in Zukunft auf ausländische Arbeitskräfte – Qualifizierte wie weniger Qualifizierte aus der Europäischen Union und aus aussereuropä- ischen Ländern – angewiesen sein. Ein Beispiel: Die Menschen in der Schweiz werden immer älter und wenn sie krank sind, benötigen sie Betreuung. Im Gesundheitsbereich gibt es aktuell aber nicht ausrei- chend Schweizer Pflegepersonal und Ärzte, weshalb gut ausgebildete Leute aus dem Ausland eingesetzt werden. Damit dieser Wandel gut für die Gesellschaft ist, braucht es gezielte Integrationsmassnahmen zur Herstellung und Gewährung von Chancengleichheit und Mitwirkungsmöglichkeiten. Ausserdem müssen die Menschen in der Schweiz offen und solidarisch sein, um Ausländerinnen und Auslän- der nicht auszugrenzen. Denn nur, wenn sich die Zuge- wanderten als Teil der Gesellschaft fühlen können, hier Freunde finden und von ihnen lernen, dann kann eine kulturell vielfältige Schweiz problemlos funktionieren.
INFOMAPPE: EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ – VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT 5. WAS WIRD AKTUELL GEMACHT? INTEGRATIONSDEFIZITE SIND ERKANNT VORGEHEN GEGEN AUSGRENZUNG Die Probleme der sozialen Ungleichheit zwischen UND RASSISMUS Zugewanderten und Einheimischen sind erkannt. Vielfalt trägt zum kulturellen und gesellschaftlichen Leben Mit der aktuellen Gesetzgebung und mit Projekten bei. Dies ist auch eine Herausforderung. Die zunehmende in den Kantonen und Gemeinden wird versucht, diese Zahl von diskriminierenden und rassistischen Vorfällen Ungleichheit zu beheben. Integration wird heute als muss thematisiert werden. Alle Menschen haben die die Herstellung von Chancengleichheit verstanden. gleichen Rechte und Pflichten und sind vor dem Gesetz Der Bund, die Mehrheit der Kantone und einzelne gleich. Die Menschenrechte, wie sie in der Europäischen Gemeinden sind aktiv in der Förderung der Integration. Menschenrechtskonvention verankert sind, gelten für Zum Beispiel bieten die Kantone Kurse an, in denen alle. Deshalb werden vom Bund und den Kantonen Neuzugezogene lernen können, wie das politische gezielt Projekte gegen Rassismus, Diskriminierung und System in der Schweiz funktioniert und was besondere Ausgrenzung lanciert. Als Beispiel lässt sich hier das soziale Regeln sind. Oder es werden Programme Projekt «No Hate Speech» nennen, das gezielt gegen angeboten, bei denen Schülerinnen und Schüler mit Hassreden im Internet vorgeht, indem es Jugendliche ausländischer Herkunft in der Schule besonders ge- dazu aufruft, Hassreden zu denunzieren. Immer öfter fördert werden. Dennoch bleibt ein weiter Weg, bis die werden Menschen auf Facebook und anderen sozialen Chancengleichheit in den unterschiedlichen Lebens Medienkanälen mit beleidigenden oder gar diskriminie- bereichen verwirklicht ist. renden Kommentaren verletzt. Das betrifft besonders junge Menschen. KNACKPUNKT: POLITISCHE INTEGRATION Fraglich ist, ob die Integration ohne die politische Kom- ponente, das heisst ohne Wahl- und Stimmrecht auf Gemeinde-, Kantons- oder Bundesebene verwirklicht werden kann. Einzelne Gemeinden und Kantone haben deshalb das Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer eingeführt. Zum Beispiel dürfen Aus- länderinnen und Ausländer, die seit einer gewissen Zeit in der Schweiz leben (zwischen 5 und 10 Jahren) in Neuenburg, Genf, Jura, Freiburg und Waadt politisch mitentscheiden. Aus politischen Gründen scheint dies in anderen Kantonen und auf Bundesebene auf kurz- und mittelfristige Sicht nicht realisierbar. Es würde die In- tegration erleichtern, wenn Zugewanderte mitentschei- den könnten, wenn es um Abstimmungen zu Themen geht, mit denen sie jeden Tag konfrontiert sind und die sie direkt betreffen.
INFOMAPPE: EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ – VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT 6. WAS KANNST DU TUN? INFORMIEREN, SENSIBILISIEREN UND BEREITSCHAFT ZUR VERÄNDERUNG HANDELN Man kann nicht nur Forderungen an die Zugewanderten Die Migrationsthematik wird in der breiten Öffentlichkeit stellen. Auch die Aufnahmegesellschaft und ihre Mit- und in den Medien rege diskutiert. Oft werden einzel- glieder sind aufgerufen, den Integrationsprozess aktiv ne Aspekte oder Vorfälle zusammenhangslos und mitzugestalten und zu ermöglichen. undifferenziert wiedergegeben. Leider sind auch Wo kannst du eine offenere Haltung einnehmen? ausländerfeindliche Äusserungen immer noch an der Wo kannst du deine Einstellung und dein Verhalten Tagesordnung. Es ist deshalb wichtig, über die genauen ändern, um es zugewanderten Menschen einfacher zu Hintergründe und Ursachen von Problemen im Migrations machen, in der Schweiz zu leben? Vielleicht hast du kontext und insbesondere in der Einwanderungsgesell- die Möglichkeit, in deinem näheren Umfeld jemandem schaft informiert zu sein und sich eine eigene Meinung bei der Integration zu helfen. Nutze die Möglichkeit zu bilden. und lerne über dein Engagement eine fremde Kultur, die Lebensart und die Mentalität von Zugewanderten kennen und verstehen. EINSTEHEN GEGEN AUSGRENZUNG UND In verschiedenen Deutschschweizer Städten gibt es RASSISMUS zum Beispiel den Verein «beraber», bei welchem Stu- dierende Schülerinnen und Schülern mit Migrationshin- Gegen ausländerfeindliche Äusserungen und Handlun- tergrund Nachhilfe geben. Das Jugendrotkreuz sucht gen kannst du dich in deinem Alltag wehren. Du kannst Freizeitgöttis, die sich regelmässig mit einem Kind, das dich aber auch auf der politischen Ebene dafür einsetzen, neu in der Schweiz ist, treffen und ihm so die Integrati- dass die Schweiz eine offene, nicht diskriminierende on erleichtern. Du kannst uns gerne kontaktieren und Migrationspolitik betreibt und sich für die Chancengleich wir helfen dir, ein Angebot in deiner Stadt zu finden. heit im Inland und die Integration aller Gesellschafts- Du kannst aber auch ohne eine Organisation aktiv schichten einsetzt. werden: Gehe auf Kinder und Jugendliche in deinem Wenn du schon alt genug bist, um wählen zu gehen, Umfeld zu, von denen du weisst, dass sie neu in der kannst du diese Chance nutzen, um mit zu entscheiden. Schweiz sind. Organisiere Spiel- oder Kinoabende mit Es gibt auch Möglichkeiten, schon vor dem 18. Lebens- deinen Freunden und lade sie ein. Schlage ihnen ein jahr politisch aktiv zu werden und mitzubestimmen, Sprachentandem vor – so kannst du eine neue Sprache zum Beispiel durch die Mitwirkung in einem Jugend- lernen und sie dabei unterstützen, bessere Deutsch- parlament oder an der jährlich stattfindenden Jugend- kenntnisse zu erwerben. session. Ausserdem gibt es mehrere Organisationen, die sich für eine offene Migrationspolitik stark machen. So organisiert beispielsweise youngCaritas in regelmä- ssigen Abständen Aktionen in verschiedenen Schweizer Städten. Die Menschen sollen dabei darauf aufmerk- sam gemacht werden, dass es nicht sein darf, dass die Migrationspolitik immer strikter wird und die Rechte der Migrantinnen und Migranten verletzt werden. Die jugendlichen Mitglieder von youngCaritas zeigen so, dass sie keine Diskriminierung und Ausgrenzung von Ausländerinnen und Ausländern mehr wollen und sich eine solidarische, offene Gesellschaft wünschen.
INFOMAPPE: EINWANDERUNGSLAND SCHWEIZ – VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT 7. WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN LITERATUR AKTIV WERDEN Bundesamt für Migration grenzWERT – die Migrationskampagne von Probleme der Integration von Ausländerinnen youngCaritas: www.youngcaritas.ch/grenzwert und Ausländern in der Schweiz Dachverband Schweizer Jugendparlamente: April 2006 (www.bfm.admin.ch) www.dsj.ch Marc Spescha Eidgenössische Jugendsession: Zukunft «Ausländer». Plädoyer für eine www.jugendsession.ch weitsichtige Migrationspolitik Beraber – Nachhilfe: www.beraber.ch Haupt Verlag, Bern 2002. Jugendrotkreuz-Freizeitgötti: www.jrk.ch Etienne Piguet Imagine-Festival gegen Rassismus in Basel: Einwanderungsland Schweiz. Fünf Jahrzehnte www.imaginefestival.ch halb geöffnete Grenzen No Hate Speech: www.nohatespeech.ch Haupt Verlag, Bern 2006. Hans-Rudolf Wicker, Rosita Fibbi und Werner Haug (Hrsg.) youngCARITAS-INFOVERANSTALTUNG Migration und die Schweiz. Ergebnisse des Nationalen Forschungsprogramms «Migration und youngCaritas wendet sich an junge Erwachsene, die sich interkulturelle Beziehungen» (NFP39) für eine solidarische Gesellschaft einsetzen und etwas Zürich: Seismo, 2003. bewirken wollen. Die Website www.youngcaritas.ch bietet fundierte Informationen zu aktuellen sozialen Themen Bundesamt für Statistik und gibt Einblick in die Arbeit der Caritas Schweiz. Migration und Integration – Analysen. Die auslän- So bietet youngCaritas interessierten Schülerinnen / dische Bevölkerung in der Schweiz. Schülern und Lehrpersonen Infoveranstaltungen zu 2011 (www.bfs.ch) unterschiedlichen Themen an. Müller-Jentsch, Daniel Weitere Infos unter www.youngcaritas.ch/school Die neue Zuwanderung. Die Schweiz zwischen Brain-Gain und Überfremdungsangst. Zürich: Avenir Suisse, 2008. WEITERES ANGEBOT DER CARITAS SCHWEIZ Caritas Schweiz bietet Schulen, Jugendorgani- Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen sationen, Verbänden und Sportvereinen in der Terra Cognita: Citoyenneté. Ausgabe Nr. 17/2010. Deutschschweiz Trainings zu interkulturellen Bern-Wabern: EKM, 2010. Themen und Fragestellungen an. Minelli, Michèlle Die Kontaktadresse lautet: Die Integrierten – Begegnungen im Asylland Caritas Schweiz Schweiz Abteilung Integration Frauenfeld: Huber, 2011 Adligenswilerstrasse 15 6002 Luzern Telefon 041 419 23 11 E-Mail nkurtaj@caritas.ch
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