Thesen zum Programm von Senator Barack Obama (D, IL) - Dr. Klaus Günter Deutsch Berlin, den 20. Juni 2008

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Thesen zum Programm von
               Senator Barack Obama (D, IL)

Dr. Klaus Günter Deutsch
Berlin, den 20. Juni 2008
DB Research

Das entstehende Programm…..

„ Barack Obama verfügt noch nicht über ein alle Politikfelder umfassendes
  Konzept für die US-amerikanische Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und
  Umweltpolitik.
„ In seinem Programm sowie in seinen öffentlichen Äußerungen sind jedoch
  bereits sehr wichtige Grundzüge und sehr viele Details zu erkennen.
„ In der Gesamteinschätzung kann man es als ein von der Bush-Administration
  stark abweichendes Programm bezeichnen, das allerdings kein überragendes
  Reformthema wirklich umfassend angeht.
„ Aber: in einem Kongress mit demokratischen Mehrheiten in beiden Häusern
  gibt es zu einzelnen Politikfeldern umfangreiche Vorarbeiten…
„ Die Schwerpunkte der vorgeschlagenen Maßnahmen liegen in einer an einer
  stärkeren Verteilungsgerechtigkeit orientierten Finanzpolitik, in der Einführung
  einer breitere Bevölkerungskreise erfassenden Gesundheitsversorgung und in
  einer sehr ambitionierten Energie- und Klimapolitik.

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Überwindung der Wirtschaftskrise

„ Im Hinblick auf die Überwindung der US-Hypothekenmarkt- und Finanzkrise
  verfolgt Obama ein selektives Konzept begrenzter regulatorischer
  Änderungen, Unterstützung für Insolvenz-betroffene Haushalte und einiger
  keynesianischer Nachfragemaßnahmen.
     –    Steuersubventionen für säumige Schuldner
     –    Rechtliche Maßnahmen gegen Betrug seitens Maklern und Gläubigern
     –    Sonderabgaben auf Hypothekengläubiger
     –    Änderungen bei den Insolvenzregelungen von Hypothekenschuldnern

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Finanzpolitik
„ Die Föderale Budgetposition (incl. Sozialer Sicherungssysteme) der USA hat
  sich seit 2000 um ca. 7 Prozentpunkte des BIP verschlechtert
„ Brookings: bei fortgeführter Politik und normalen Trends würde sich der
  Haushaltspfad bei einem Defizit von kontinuierlich etwa zwei bis drei Prozent
  des BIP in den nächsten zehn Jahren bewegen
„ Die gesamten finanzpolitischen Implikationen von Obamas Politikvorschläge
  lassen sich noch nicht korrekt abbilden, aber die mittelfristige Entwicklung der
  öffentlichen Einnahmen würde gegenüber der derzeitigen Rechtslage weiter
  geschwächt und vermutlich um 5-10% sinken, während auf der
  Ausgabenseite neue Programme, aber geringere Aufwendungen für
  Auslandseinsätze zu erwarten wären.
„ Tax Policy Center: Einnahmen sänken gegenüber geltender Rechtslage um
  rd. USD 270 Mrd. p.a. (-7%), gegenüber plausibler Status-quo-Politik würden
  sie jedoch um USD 70 Mrd. p.a. steigen
     – Nicht erfasst: Einnahmen aus der Versteigerung von Zertifikaten (Emissionshandel)
„ Für eine Haushaltskonsolidierung reicht das allemal nicht aus.

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Steuerpolitik

„ Die Steuerpolitik ist insbesondere an der Umverteilung des Einkommens an
  Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen orientiert. Ein Großteil der
  vorgesehen Maßnahmen würde die Arbeitsanreize für Niedrigqualifizierte
  erhöhen, die Mittelschicht entlasten und die wohlhabenden Familien wieder
  viel stärker steuerlich belasten. Für den Unternehmsteuerbereich liegen nur
  erste Programmpunkte, aber noch kein Konzept vor.
     –    Wiedereinführung der Einkommensteuertarifgruppen 36% und 39,6%: 60 Mrd. p.a.
     –    Steuerfreibetrag zwecks Neutralisierung der Sozialversicherungsabgaben: 80 Mrd.
     –    Abschwächung der Alternative Minimum Tax: 80 Mrd.
     –    Erhöhung der Kapitalertragsteuer für Haushalte über USD 200.000 auf 25%, für
          Haushalte über 250.000 USD Jahreseinkommen auf Einkommensteuersatz
     –    Reform Körperschaftsteuer
     –    Wiedereinführung Erbschaftsteuer (2011: 45%, Freibetrag: 3,5 Mio.)
     –    Steuervergünstigungen für Rentner, Studenten, Niedrigqualifizierte….
     –    Steuernachlässe für FuE-Aufwendungen und Produktion
     –    Sondersteuer auf Mineralölkonzerne

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Gesundheitspolitik

„ In der politisch so wichtigen Gesundheitsdebatte favorisiert Obama
  grundlegende Reformen.
     – Pflichtversicherung von Kindern (ca. 7 Mio.)
     – Transferzahlungen (einkommensabhängige Zuschüsse) an nicht-versicherte
       Erwachsene (ca. 40 Mio.), aber keine Versicherungspflicht!
     – Schaffung einer öffentlichen Krankenversicherung, die allen Personen Policen
       anbieten muss (Kontrahierungszwang)
     – Ko-Finanzierung durch Arbeitgeber, die keine Versicherungen anbieten
     – Erhöhter Wettbewerb unter Anbietern durch staatliche Transparenzstelle
     – Stärkere Programmen der öffentlichen Hand
     – Sinkende Arzneimittelkosten (Liberalisierung des Re-Imports, bessere Nutzung der
       Einkaufsmacht der öffentlichen Programme Medicare, Medicaid)
     – Qualitätssteuerung (Prof. Cutler!)

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Energie- und Klimapolitik
„ Obama vertritt in zentralen, aber wenigen Aspekten eine sehr radikale,
  umweltorientierte und den Strukturwandel betonende Position, spart aber
  auch einige heikle Themen (Kohle, Nuklearenergie, Verwendung von
  Auktionserlösen) aus. Zumindest sieht sein Programm bislang eine sehr
  pragmatische Mischung von Programmpunkten vor.
„ Einführung eines sehr anspruchsvollen Emissionshandelssystems
     – Obama unterstützt Lieberman-Warner-Gesetzentwurf zur Einführung eines
        Emissionshandels (Absenkung der erfassten Emissionen um 72% bis 2050) und
        Boxer-Amendments
     – Vollauktionierung! Rückfluss der Einnahmen vorrangig an Stromkunden und private
        Haushalte
     – Förderung emissionsarmer Technologien im Volumen von USD 15 Mrd. p.a. (10 J.)
     – Diverse Quoten für Erneuerbare in Stromerzeugung, bei Kraftstoffen etc.
       – Fokus auf zweiter Generation der Biomasse
     – Zahlreiche Einzelmaßnahmen für Sektoren

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Rentenpolitik (Social Security)

„ In Fragen der Rentenpolitik hat Obama bislang eine klassische Position der
  Demokraten eingenommen und die langfristige Tragfähigkeit der Social
  Security (und anderer umlagefinanzierter Programme wie Medicaid, Medicare
  und SCHIP) unterstrichen.
„ Für die langfristig zu deckenden Finanzierungslücke angesichts der
  Verrentung der Babyboomer erwägt er vor allem eine substantielle Anhebung
  der Beitragsbemessungsgrenze (derzeit: USD 102.000, 6.2% für Social
  Security).
„ Er tritt zudem für ein Quasi-Obligatorium in der betrieblichen Altersversorgung
  ein. Arbeitnehmer würden somit an 401(k)-Plänen beteiligt, sofern sie nicht
  bewusst austreten.
„ Sein Programm umfasst auch die Idee, Rentnern mit einem Einkommen von
  bis zu USD 50.000 von Beiträgen und Steuern zu befreien, was diesen
  durchschnittlich USD 1.400 p.a. bringen würde, aber erhebliche fiskalische
  Ausfälle verursachen würde.

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Andere Politikbereiche

„ Erhöhung und Indexierung des Mindestlohns
„ Stärkung von Arbeitnehmerrechten
„ Ausweitung von Programmen für die frühkindliche Förderung und Betreuung
„ Höhere steuerliche Absetzbarkeit von Studiengebühren
„ Erhöhung und Indexierung der negativen Einkommensteuer und eine
  Abflachung der Eiger Nordwand (Transferentzugsrate) bei Geringverdienern
  bei der Aufnahme einer Beschäftigung
„ Perspektiven für die Legalisierung von Einwanderern nach einer Strafzahlung,
  dem Erlernen der englischen Sprache und bei guter Führung (ca. 12 Millionen
  Menschen)
„ Hohe öffentlichen Investitionen in Infrastrukturvorhaben, finanziert aus
  Auktionseinnahmen des Emissionshandels

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Ausblick

„ Die ersten Personalentscheidungen zeigen, dass sich Obama von einigen
  wenigen hoch qualifizierten Ökonomen aus der politischen Mitte beraten lässt,
  die vermutlich auch einige seiner Programmdefizite allmählich füllen helfen
  dürften. Die größten Schwierigkeiten dürften dabei nicht in der Auffüllung
  programmatischer Löcher, sondern in der Dimensionierung der
  Maßnahmenpakete im Hinblick auf realistische finanzielle Spielräume liegen.
„ Um mittelfristig einem Haushaltsausgleich wieder näher zu kommen, benötigt
  Obama aber noch gravierende Änderungen an wichtigen Programmpunkten.
  Bislang bedient das Programm noch recht viele Sonderinteressen.
„ Insbesondere die Finanzierung einer anspruchsvollen Gesundheitsreform bei
  gleichzeitig stark ansteigenden Kosten des Klimaschutzes und
  Wählererwartungen an eine Wiederbelebung der Konjunktur dürften ein
  Obama-Team vier Jahre lang in Atem halten.

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Kontakt

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