Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 - Litz & Kollegen Steuerberater
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Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Neustarthilfe – Was Solo-Selbständige wissen müssen Das Corona-Virus „feiert“ nun schon seinen „ersten Geburtstag“, doch der Wirt- schaft und insbesondere den Soloselbständigen ist überhaupt nicht zum Feiern zumute. Aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen zur Eindämmung der Pan- demie stehen viele Unternehmen und Selbständige seit Wochen und Monaten ohne oder mit nur wenigen Einnahmen da. Daher gewährt die Bundesregierung verschiedene finanzielle Unterstützungen. So wurde die Corona-Überbrückungshilfe nun schon zum zweiten Mal verlängert und in ihren Zugangsbedingungen vereinfacht. Jedoch werden hierbei nur Fixkos- ten, d. h. Unternehmenskosten, die auch bei einem geschlossenen Betrieb anfal- len und andere ausgewählte Aufwendungen finanziell gestützt. Für Solo-Selbständige mit wenig oder keinen Fixkosten sind die fixkostenorien- tierten Überbrückungshilfen nicht hilfreich. Deshalb haben diese Solo- Selbständigen die Möglichkeit, eine sogenannte Neustarthilfe zu beantragen. Neustarthilfe unterscheidet sich von Überbrückungshilfen Anders als die Überbrückungshilfe III (November 2020 bis Juni 2021) gewährt die Neustarthilfe eine Unterstützung für die Monate Januar 2021 bis Juni 2021 in Höhe von 50 % des hälftigen Jahresumsatzes 2019, maximal 7.500 Euro. Ein weiterer Unterschied zur Überbrückungshilfe ist die Verwendung der Finanzmit- tel. So darf die Neustarthilfe auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Und ein dritter Unterschied liegt in der Antragstellung. Den Antrag auf Neustarthilfe können Solo-Selbständige auf dem Portal des BMWi selbst ohne Steuerberater stellen. Coronahilfen mit eigener Definition des Solo-Selbständigen Antragsberechtigt sind Selbständige aller Branchen mit gewerblichen oder freibe- ruflichen Einkünften, die keine oder weniger als eine Vollzeitäquivalente (VZÄ) beschäftigen. Die Definition Solo-Selbständiger im Sinne der Coronahilfen ist un- abhängig von der Gesellschaftsform, in der die gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausgeübt wird. Damit erhalten auch Ein-Mann-GmbH´s und Personen- gesellschaften, bei denen die Gesellschafter im Unternehmen tätig sind, die Mög- lichkeit eine Neustarthilfe zu beantragen. 1
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Für die Berechnung der Vollzeitäquivalente ist ein Minijob mit 0,3 VZÄ, eine Halb- tagskraft mit einer Arbeitszeit von maximal 20 Wochenstunden mit 0,5 VZÄ und eine Teilzeitbeschäftigung bis 30 Wochenstunden mit 0,75 VZÄ zu berücksichti- gen. Werden keine Mitarbeiter beschäftigt, so muss die selbständige Tätigkeit im Haupterwerb ausgeübt werden, d.h. die Einnahmen aus der Tätigkeit betragen mindestens 51 % der gesamten Einkünfte des Solo-Selbständigen. Auch darf sich der Antragsteller am 31. Dezember 2019 nicht bereits in wirt- schaftlichen Schwierigkeiten befunden und diesen Status danach nicht wieder überwunden haben. Für Kleinst- und Kleinunternehmen bis 10 Millionen Euro Jahresumsatz ist dies anzunehmen, wenn ein Insolvenzverfahren über das Ver- mögen des Unternehmens durchgeführt wird und im Zeitpunkt der Antragstel- lung nicht abgeschlossen ist. Wurde die selbständige Tätigkeit erst nach dem 30. April 2020 aufgenommen, besteht keine Antragsberechtigung. Besonderheiten für Freischaffende im Bereich der darstellenden Künste Selbständigkeit wird im Rahmen der Neustarthilfe weiter gefasst als im Steuer- recht. So gelten auch kurzfristige Beschäftigungen von bis zu 14 zusammenhän- genden Wochen als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, wenn es sich um eine Tätigkeit in den Darstellenden Künsten handelt. Dies gilt auch für eine unständi- ge Beschäftigung von bis zu sieben aufeinanderfolgenden Kalendertagen im Be- reich der Darstellenden Künste. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Antragsteller im Januar 2021 Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld bezogen hat. In den FAQ zur Neustarthilfe ist eine vollständige Liste der berücksichtigungsfä- higen Berufe in diesem Zusammenhang veröffentlicht. Diese Regelung ermöglicht Freischaffenden im Bereich der Darstellenden Künste auch antragsberechtigt zu sein, wenn die 51 % (Haupterwerb) alleine mit den unständigen oder kurzfristi- gen Beschäftigungen erzielt werden. Vorschuss auf Neustarthilfe richtet sich nach Referenzumsatz Die Neustarthilfe wird zunächst als Vorschuss in Höhe von 50 % des sogenann- ten Referenzumsatzes gezahlt. Dieser beträgt 50 % des Jahresumsatzes aus 2019, wenn die selbständige Tätigkeit vor dem 1. Januar 2019 aufgenommen wurde. Bei einer Tätigkeitsaufnahme im Zeitraum 1. Januar 2019 und 30. April 2020 gibt es drei Alternativen zur Berechnung des Referenzumsatzes 2
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 • Erzielter Jahresumsatz 2019 geteilt durch die Anzahl voller Monate der Ge- schäftstätigkeit in 2019 multipliziert mit 6 • Durchschnitt der Monatsumsätze Januar 2020 und Februar 2020 multipliziert mit 6 • Monatsdurchschnitt des 3. Quartals 2020 multipliziert mit 6 Als Umsatz im Sinne der Neustarthilfe gelten die Nettoeinnahmen (ohne Umsatz- steuer) aus den freiberuflichen und gewerblichen Tätigkeiten zuzüglich Einnah- men aus nichtselbständiger Tätigkeit. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit gehören sozialversicherungspflichtige Bruttolöhne und –gehälter und das Entgelt aus geringfügigen Beschäftigungen, die der Solo-Selbständige selbst vereinnahmt. Dabei zählen vermögenswirksame Leistungen, Abfindungen, Sach- bezüge, Tantiemen, Provisionen, Gratifikationen und Versorgungsbezüge zu den „Umsätzen“ im Sinne der Neustarthilfe. Da es keinen Unterschied macht, ob die Zahlungen steuerpflichtig oder steuerfrei vereinnahmt werden, sind bei den Einnahmen aus nichtselbständigen Tätigkeiten auch steuerfreie Lohnersatzleistungen wie z. B. Kurzarbeitergeld, Arbeitslosen- geld und Elterngeld und sogar Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erfassen (auch wenn dies nicht dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes entspricht). Zahlungen für nichtselbständige Tätigkeiten sind zu erfassen, soweit es sich um Zahlungen für einen Monat des Vergleichszeitraums handelt. Nach Ablauf des Förderzeitraumes ist Endabrechnung zu übermit- teln Im Rahmen einer Endabrechnung nach Ablauf des Förderzeitraums wird ent- schieden, ob und inwieweit der Vorschuss ganz oder teilweise zurückgezahlt wer- den muss. Liegen der im Förderzeitraum Januar bis Juni 2021 erzielte Umsatz bzw. die Ein- nahmen • bei nicht mehr als 40 % des Referenzumsatzes, ist der Vorschuss nicht zurückzu- zahlen • bei 90 % des Referenzumsatzes oder mehr, ist die Neustarthilfe vollständig zurückzuzahlen • über 40 % aber unter 90 % des Referenzumsatzes, sind die Vorschusszahlungen anteilig zurückzuzahlen. Eine Rückzahlung hat in Höhe des Betrages zu erfolgen, um den die Summe aus erzieltem Umsatz und Vorschusszahlung 90 % des Refe- renzumsatzes überschreitet. 3
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Beispiel: Jahresumsatz 2019 (netto) 34.800 € Davon 6/12 bzw. 50 % = Referenzumsatz 17.400 € Neustarthilfe 50 % von 17.400 € = 8.700 €, max. 7.500 € 7.500 € 7.500 € Umsatz im Förderzeitraum 2021 6.000 € Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit 2021 2.400 € Summe der Einnahmen im Förderzeitraum 8.400 € Im Förderzeitraum wurden mit 8.400 € = 48 %, also > 40 % des Referenzumsatzes vereinnahmt. Daher muss der Vorschuss „Neustarthilfe“ anteilig zurückgezahlt werden. Summe aus tatsächlichem Umsatz und Vorschuss 15.900 € 90 % des Referenzumsatzes (90 % von ./. 15.660 € 17.400 €) Übersteigender Betrag 240 € ./. 240 € Verbleibender Betrag der Neustarthilfe 7.260 € Der Vorschuss „Neustarthilfe“ muss in Höhe von 240 Euro zurückgezahlt werden. Im Ergebnis verbleiben dem Solo-Selbständigen Einnahmen in Höhe von 15.660 Euro (8.400 Euro + 7.260 Euro) für den Förderzeitraum. Dies entspricht 90 % des Referenzumsatzes. Antragstellung bis 31. August 2021 möglich Ein Antrag auf Neustarthilfe kann bis 31. August 2021 gestellt werden. Beantra- gen muss der Solo-Selbständige selbst. Für den Antrag wird ein ELSTER- Zertifikat benötigt. Zudem kann der Antrag nur einmal gestellt werden und er ist auch nicht änderbar. Neustarthilfe kann allerdings gar nicht beantragt werden, soweit bereits ein Antrag auf Überbrückungshilfe III gestellt wurde. Diese Aus- schlussregelung resultiert aus der zeitlichen Überschneidung der Förderzeiträume beider Programme. Im Rahmen der Endabrechnung, die bis zum 31. Dezember 2021 auf elektroni- schem Weg erfolgen muss, soll es aber die Möglichkeit geben, Angaben nachzu- holen. 4
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Dies ist besonders dann wichtig, wenn Antragsteller auch Einkünfte im Zusam- menhang mit Kapitalgesellschaften und/oder Personengesellschaften erzielen und diese in die Bemessungsgrundlage für die Neustarthilfe einbeziehen möchten. Soweit eine Rückzahlung erfolgen muss, hat dies bis zum 30. Juni 2022 zu erfol- gen. Erfolgt keine Endabrechnung, ist der ausgezahlte Vorschuss vollständig zu- rückzuzahlen. Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch An- trag des Gläubigers Notwendige Darlegungen zum Eröffnungsgrund Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich zu den Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geäußert (BGH, Urt. v. 14.01.2021 – IX ZB 12/20). In den Entscheidungsgründen des Urteils heißt es: „a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO muss der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt allerdings voraus, dass das Insolvenzgericht vom Vorliegen eines Eröffnungs- grunds überzeugt ist (BGH, Beschluss vom 13. April 2006 – IX ZB 118/04, NZI 2006, 405 Rn. 6; Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., § 16 Rn. 9). Ist der Eröffnungsgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) unabhängig davon gegeben, ob die Forderung des antragstellenden Gläubigers gegen den Schuldner besteht, setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht voraus, dass der Richter vom Bestehen dieser Forderung überzeugt ist. In diesem Fall genügt zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens – neben der anderweitig gewon- nenen Überzeugung des Richters vom Vorliegen des Insolvenzgrunds – die Glaubhaftmachung der Forderung durch den antragstellenden Gläubiger (Uhlen- bruck/Mock, aaO Rn. 14). Hängt das Vorliegen des Eröffnungsgrunds dagegen vom Bestand der Forderung des antragstellenden Gläubigers dergestalt ab, dass der Schuldner nur dann zah- lungsfähig oder überschuldet ist, wenn die von dem antragstellenden Gläubiger geltend gemachte Forderung besteht, reicht die Glaubhaftmachung der Forde- rung nicht aus. 5
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 In diesem Fall hat der Gläubiger den Bestand seiner Forderung zu beweisen, wenn ihr der Schuldner substantiiert widerspricht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1991 – III ZR 9/91, ZIP 1992, 947; vom 14. Dezember 2005 – IX ZB 207/04, ZIP 2006, 247 Rn. 3, 6; vom 29. März 2007 – IX ZB 141/06, ZIP 2007, 1226 Rn. 7; vom 6. Mai 2010 – IX ZB 176/09, ZInsO 2010, 1091 Rn. 5 ff). Der Beweis kann durch die Vorlage eines Titels über die Forde- rung geführt werden. In diesem Fall obliegt es dem Schuldner, etwaige Einwände gegen die Forderung in dem dafür vorgesehenen Verfahren überprüfen zu lassen. Ist die Forderung dagegen nicht tituliert, gehen Zweifel zu Lasten des antragstel- lenden Gläubigers. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Insolvenzgerichts, den Bestand ernsthaft bestrittener, rechtlich zweifelhafter Forderungen zu überprü- fen. Fällt die tatsächliche oder rechtliche Beurteilung nicht eindeutig aus, ist der Gläubiger auf den Prozessweg zu verweisen (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2005, aaO Rn. 6; vom 29. März 2007, aaO Rn. 7). 1. b) Nach diesen Maßstäben haben die Vorinstanzen den Eröffnungsantrag der Gläubigerin mit Recht mangels Vollbeweises der zur Begründung des Antrags vorgetragenen Forderungen verworfen. Vergeblich beruft sich die Antragstellerin darauf, dass sie den Antrag nicht nur auf eine einzige For- derung, sondern auf an sie abgetretene Forderungen aus acht selbständi- gen, in den Jahren 2010 bis 2013 mit der Schuldnerin abgeschlossenen Kaufverträgen stütze.“ Voller Werbungskostenabzug auch bei lockdown- bedingter Mietminderung möglich Oberfinanzdirektion gibt Entwarnung Der Lockdown der Bundesregierung macht nicht nur Friseuren, Gastronomen, Hotels und dem Einzelhandel sehr zu schaffen, sondern auch privaten Mietern, die bereits ihren Job verloren haben. Aber auch für Vermieter von Gewerbeim- mobilien, Eigentums- oder auch Ferienwohnungen geht es jetzt buchstäblich „ans Eingemachte“. Denn wenn gewerblichen Mietern das Wasser bis zum Hals steht, weil sie keine Einnahmen erzielen dürfen, dann können viele von ihnen auch die Miete nicht mehr oder zumindest nicht in der vereinbarten Höhe bezahlen. Da bleibt nur der Ausweg, mit dem Vermieter eine Mietstundung oder gar einen Mieterlass zu ver- einbaren. Vermieter, die ihre Bestandsmieter schätzen, sind da oftmals sehr ent- gegenkommend, denn ein Spatz in der Hand ist meist besser als die Taube auf dem Dach. 6
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Schlimm genug, dass sie wohl oder übel zustimmen müssen, weniger Einnahmen mit ihrer Immobilie zu generieren. So sieht es zumindest das Oberlandesgericht Dresden, welches kürzlich entschied, dass ein Mieter für ein Ladenlokal, welches von einer coronabedingten staatlichen Schließungsanordnung betroffen war, nur einen angepassten Mietzins zahlen muss. Das Gericht sah eine Reduzierung der Kaltmiete um 50 % als gerechtfertigt an, weil keine der Parteien die Störung der Geschäftsgrundlage verursacht oder sie vorhergesehen hat. Daher sei es ange- messen, die damit verbundene Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu ver- teilen. Doch wie wirkt sich so ein freiwilliges oder auch erzwungenes Entgegenkommen eigentlich steuerlich aus? Das fragen sich derzeit viele Vermieter. Denn schließ- lich gilt ja beispielsweise für Wohnimmobilien seit langem, dass diese zumindest zu einer ortsüblichen Vergleichsmiete vermietet werden müssen. Und auch bei Gewerbeimmobilien und der Vermietung von Ferienwohnungen schaut der Fiskus bei Leerstand und Verlusten ganz genau hin. Ab 2021 sind mehr Werbungskosten bei verbilligter Wohnungs- vermietung abziehbar Wer zu billig vermietet, dem wird der Werbungskostenabzug anteilig gekürzt. Das führt dazu, dass trotz einer geringen Mieteinnahme noch Gewinne zu ver- steuern sind, die wirtschaftlich gar nicht entstanden sind. Da der Gesetzgeber dieses (verfassungsrechtlich sehr bedenkliche) Besteuerungskonzept nur schwer argumentativ aufrechterhalten kann, hat er den Kritikern zum Jahreswechsel den Wind ein wenig aus den Segeln genommen. Die maßgebliche Schwelle, bei der die Werbungskosten bei der Ermittlung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anteilig gekürzt werden, wurde von 66 % der ortsüblichen Vergleichsmiete auf 50 % herabgesenkt. Das bedeutet: Vermieter können ihre Werbungskosten künftig auch dann in vollem Umfang ab- ziehen, wenn das Entgelt mindestens 50 % der ortsüblichen Miete beträgt. Es gibt allerdings dabei noch einen Haken, denn wenn sich ein Werbungskosten- überhang – also ein Verlust – ergibt, muss oftmals auch noch nachgewiesen werden, dass überhaupt eine Einkunftserzielungsabsicht vorliegt. Dies wird regelmäßig mit einer sogenannten Totalüberschussprognose nachgewiesen, d. h. einer Berechnung über einen Zeitraum von in der Regel 30 Jahren. 7
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Vermieter von Wohnraum müssen differenzieren Mietzins ≥ 66 % der Vermietung wird als ortüblichen Vergleichs- ungekürzter Wer- (voll)entgeltlich angesehen miete bungskostenabzug Mietzins < 66 %, aber ≥ a) Einkunftserzielungabsicht 50 % der ortüblichen nachgewiesen Vergleichsmiete: Total- b) Einkunftserzielungabsicht überschussprognose er- nicht nachgewiesen forderlich anteiliger Werbungs- Vermietung wird als kostenabzug Mietzins < 50 % (teil)entgeltlich angesehen Totalüberschussprognose bei Vermietung von Gewerberäumen und Ferienwohnungen oft nötig Für die Vermietung von Gewerbeimmobilien ist zwar keine Kürzung der Wer- bungskosten vorgesehen. Aber im Verlustfall, insbesondere aufgrund eines län- geren Leerstands, muss auch hier zumindest die Einkunftserzielungsabsicht durch eine Totalüberschussprognose nachgewiesen werden. Bei Ferienwohnun- gen ist die Überschussprognose regelmäßig erforderlich. Nach einem neueren Urteil des Bundesfinanzhofes vom 26.05.2020 (IX R 33/19) ist jedoch keine To- talüberschussprognose erforderlich, sofern die Ferienwohnung ortsübliche Ver- mietungszeiten aufweist. Keine Werbungskostenkürzung bei coronabedingter Mietminde- rung Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen hat jetzt für Vermieter Entwarnung gegeben. Coronabedingte Mieterlasse sind weder bei der Berechnung der ortsüb- lichen Vergleichsmiete bzw. der Begrenzung des Werbungskostenabzugs noch bei der Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass so getan werden kann, als hätte es den Mieterlass schlicht nicht gegeben. Beispiel: Ein Ehepaar vermietet seit Jahren eine Eigentumswohnung an ihre Tochter für 60 % der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Tochter betreibt ein kleines Lokal und kann aufgrund des Corona-Lockdowns seit Februar 2021 die Miete für die Privat- wohnung nicht mehr bezahlen, da ihre finanziellen Reserven aufgebraucht sind. 8
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Bis einschließlich 2020 war der Werbungskostenabzug auf 60 % begrenzt, da die Miete nur 60 % der ortsüblichen Vergleichsmiete betrug. Im Januar 2021 liegt die Miete mit 60 % über der neuen Grenze von 50 %. Dem Ehepaar steht der ungekürzte Werbungskostenabzug zu, sofern das Mietverhältnis als entgeltlich zu beurteilen ist. Da das Mietentgelt allerdings auch in 2021 unter 66 % der ortsüb- lichen Vergleichsmiete liegt, war zum Jahresbeginn 2021 eine Totalüberschuss- prognose erforderlich, um die Entgeltlichkeit des Mietverhältnisses zu beurteilen. Die Mietminderung ab Februar ändert daran nichts. Nach der OFD-Verfügung sind die Werbungskosten auch ab Februar 2021 in voller Höhe abzugsfähig, da sich der coronabedingte Mietausfall nicht auf die bisherige Beurteilung auswirkt. Hinweis: Wurden Mietstundungen oder -erlasse vereinbart, sollten Vermieter keinesfalls zögern, ihr zuständiges Finanzamt hiervon zu unterrichten und gegebenenfalls die eigenen Steuervorauszahlungen nach unten anpassen zu lassen. Die dadurch gewonnene Liquidität kann dann zumindest teilweise für den eigenen Finanzie- rungsdienst (Zins und Tilgung) eingesetzt werden. Nachforderung von ca. 51.000,00 EUR Sozialbeiträgen für freie Mitarbeiterin in der Büroorganisation Bei Statusfragen immer zum Anwalt Die Frage der Bewertung des sozialrechtlichen Status von freien Mitarbeitern wird in der Praxis nicht nur vom Auftraggeber sondern regelmäßig auch vom Steuer- berater unterschätzt. Immer wieder wird die Gewerbeanmeldung oder das Vor- handensein weiterer Auftraggeber als ausreichend angesehen. Die Sozialgerichte messen diesen beiden genannten Tatsachen jedoch kaum rechtliche Bedeutung zu. Vielmehr hat sich in der sozialrechtlichen Praxis eine sehr detailreiche Recht- sprechung herausgebildet. Diese muss bekannt sein, um den konkreten Einzelfall bewerten zu können. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat mit Beschl. v. 18.01.2021 – L 8 BA 16/20 B ER – zur Frage der Selbständigkeit einer freien Mitarbeiterin in der Büroorganisation entschieden: „Eine Selbstständigkeit wird nicht allein durch die Tätigkeit für mehrere Auftrag- geber begründet. Vielmehr erhält dieses Kriterium erst in der Zusammenschau mit weiteren – hier weder vorgetragenen noch ersichtlichen – typischen Merkma- len einer selbstständigen Tätigkeit, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotene Leistung, an Gewicht.“ 9
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Ergänzende Hinweise des Anwalts für Sozialversicherungsrecht Der Beschluss des LSG entspricht genau der aktuellen „Linie“ des Bundessozial- gerichts (BSG). Danach ist das Vorhandensein weiterer Auftraggeber zwar nicht unbeachtlich. Jedoch wird grundsätzlich nur das konkrete Vertragsverhältnis zum jeweiligen Auftraggeber bewertet. Weitere Auftraggeber haben nur dann Bedeu- tung, wenn sich der Auftragnehmer gegenüber dem Markt als Gesamtbild eines „echten“ Unternehmers darstellt. Auftraggeber und Auftragnehmer haben vorlie- gend die typischen „Fehler“ bei freier Mitarbeit begangen. So wurde die Auftrag- nehmerin auf der Internetseite des Auftraggebers in der Rubrik „Team“ darstellt. Weiter verfügte die Auftragnehmerin über eine eigene interne E-Mail-Adresse. Auch wurden in den Geschäftsräumen des Auftraggebers Telefongespräche von Kunden entgegengenommen. Im Ergebnis ist sehr wahrscheinlich, dass der Be- scheid der Rentenversicherung vom 08.7.2019 mit einer Nachforderung von So- zialbeiträgen in Höhe von 51.944,17 € Bestand hat. Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend ange- raten. Wir helfen Ihnen gerne – bundesweit! Neue Abschreibungsregeln für Hard- und Software Finanzverwaltung setzt Bund-Länder-Beschluss um Mit Beschluss vom 19. Januar 2021 hatten sich Bund und Länder darauf geeinigt, die Sofortabschreibung bestimmter digitaler Wirtschaftsgüter zu ermöglichen, um die Wirtschaft weiter zu stimulieren und die Digitalisierung zu fördern. Jetzt setzt die Finanzverwaltung diesen Beschluss um, indem sie die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Computern, Peripheriegeräten und Software verkürzt. Normalerweise wirken sich die Kosten für die Anschaffung von Anlagevermögen steuerlich in der Regel nicht sofort als Betriebsausgaben aus. Vielmehr sind alle abnutzbaren materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter über ihre betriebs- gewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben. Eine Ausnahme gilt nur für soge- nannte geringwertige Wirtschaftsgüter. Das sind selbständig nutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit Anschaffungs- oder Herstellungskos- ten bis 800 Euro. Diese können im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sofort abgeschrieben werden. Für Computerhardware sowie die zugehörige Betriebs- und Anwendersoftware ging die Finanzverwaltung bisher von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von drei Jahren aus. Doch das ist angesichts des raschen technischen Fortschritts viel zu lang. Darauf hat die Finanzverwaltung mit einem aktuellen Erlass reagiert und die Nutzungsdauer für Computerhardware und bestimmte Betriebs- und An- wendersoftware auf ein Jahr herabgesetzt. 10
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Begünstigte Wirtschaftsgüter sind beispielsweise: • Computer • Desktop-Computer • Notebook-Computer (Tablets, Slates, mobile Thin-Clients) • Desktop-Thin-Clients • Workstations • Mobile Workstations • Small-Scale-Server • Dockingstations • Externe Netzteile • Peripherie-Geräte • Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung Zur Software, für die die einjährige Nutzungsdauer Anwendung findet, gehören auch die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, sowie neben Standardanwendungen auch auf den indivi- duellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Wa- renwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmens- verwaltung oder Prozesssteuerung. Die kürzere Nutzungsdauer gilt erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2020 enden. Für Unternehmen, deren Wirtschaftsjahr dem Kalender- jahr entspricht, können daher die Aufwendungen für in 2021 angeschaffte Com- puter bereits innerhalb von 12 Monaten komplett als Betriebsausgaben abgezo- gen werden. In 2021 darf auch der Restwert von in den Vorjahren angeschafften Computern, Tablets etc. komplett abgeschrieben und als Betriebsausgaben gel- tend gemacht werden. Damit kann die steuerliche Belastung gemindert und letzt- lich Liquidität geschont werden. Beispiel: Ein Unternehmen erwirbt im Juli 2021 zehn PC für jeweils 1.600 Euro (Anschaf- fungskosten). In seinem Anlageverzeichnis zum 31. Dezember 2020 weist er noch PC mit einem Restwert von 10.000 Euro aus, die er in den Jahren 2019 und 2020 angeschafft und bisher linear über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 3 Jahren abgeschrieben hatte. 11
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Der Unternehmer kann 2021 insgesamt 18.000 Euro an Abschreibungen als Be- triebsausgaben abziehen. 8.000 Euro (10 * 6/12 * 1.600 Euro) entfallen auf die neu in 2021 angeschafften PC, die für 6 Monate (Juli bis Dezember 2021) abge- schrieben werden können. Die restlichen 10.000 Euro entfallen auf die bereits am 31.12.2020 zum Anlagevermögen gehörenden PC. Diese können in 2021 kom- plett abgeschrieben werden, wenn die kürzere einjährige Nutzungsdauer unter- stellt wird. Der Unternehmer kann diese PC aber auch weiter über die bisherige dreijährige Nutzungsdauer abschreiben oder auch eine Nutzungsdauer von zwei Jahren unterstellen. Hinweis: Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter ist nicht mit der einjähri- gen Nutzungsdauer gleichzusetzen. Geringwertige Wirtschaftsgüter dürfen im Anschaffungsjahr unabhängig vom Anschaffungszeitpunkt, also auch bei einer Anschaffung im Dezember, komplett abgeschrieben werden. Bei der nunmehr einjährigen Nutzungsdauer für PC ist der konkrete Anschaffungszeitpunkt zu be- achten, denn es darf nur zeitanteilig abgeschrieben werden, d. h. bei Anschaf- fung im Dezember nur 1/12 der Jahresabschreibung, d. h. nur 1/12 der Anschaf- fungskosten. Der Restwert kann dann (aufgrund der einjährigen betriebsgewöhn- lichen Nutzungsdauer) im Folgejahr komplett abgeschrieben werden. Was ist bei der Videoüberwachung eines Be- triebsgeländes zu beachten? Zum Urteil des VG Mainz vom 24.09.2020, Az. 1 K 584/19.MZ Der Betreiber eines Einkaufszentrums (folgend: Verantwortlicher) hatte vier hochauflösende Kameras installiert, die eine LED-Reklametafel, den Parkplatz, das Gebäude sowie Teile angrenzender Straßen und eines benachbarten Wohn- hauses erfassten. Die Kameras waren rund um die Uhr in Betrieb und die Auf- nahmen wurden automatisch nach 48 Stunden gelöscht. Auf die Überwachung wurde durch ein Piktogramm auf dem Parkplatz hingewiesen und Zugang zu den Aufnahmen hatte nur der Betreiber. Nichtsdestotrotz forderte die Landesdaten- schutzbehörde die Einstellung oder Modifikation der Überwachung. Warum wurden die Kameras installiert? Der Verantwortliche betrachtete die Kameraüberwachung als erforderliche Aus- übung seines Hausrechts, zum Schutz seiner berechtigten Interessen. Es sei in der Vergangenheit wiederholt zu Einbrüchen und Sachbeschädigungen auf dem Gelände des Einkaufszentrums gekommen, weshalb das Gelände als potentiell gefährdeter Bereich und typischer Gefährdungspunkt einzustufen sei. 12
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Die Kameras sollten unberechtigte Personen vom Betreten des Geländes abhal- ten und potentielle Straftäter abschrecken und zur Identifizierung tatsächlicher Straftäter dienen. Mildere Mittel, wie z.B. ein Zaun seien hierfür nicht geeignet. Ein effektiver Schutz ließe sich nur durch das Zusammenspiel aller Kameras er- reichen. Zudem würden die Aufnahmen nur bei einem Schadensfall ausgewertet. Ansonsten würden sie nach 48 Stunden automatisch gelöscht. Warum war die Landesdatenschutzbehörde zuständig? Die Videoüberwachung erfolgte automatisiert und mit hochauflösenden Kameras. Die Aufnahmen ermöglichten sowohl eine Identifikation der betroffenen Personen als auch der Autokennzeichen ermöglichten. Der Einsatz der Kameras war daher als Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 4 Ziff. 1 DSGVO zu wer- ten. Die Verarbeitung selber hatte sich an den Grundsätzen des Art. 5 DSGVO zu orientieren. (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.03.2019, Az. 6 C. 2/18; Saarl. OVG, Urt. v. 14.12.2017, Az. 2 A 662/17, zur Überwachung von Verkaufsräumen). Die Vo- raussetzungen für die räumliche Zuständigkeit der Behörde waren ebenfalls er- füllt (Artt. 51 ff. DSGVO). Was missfiel der Datenschutzbehörde? Angesichts der nachgewiesenen Einbrüche, Schmierereien und sonstigen Strafta- ten im Bereich des Einkaufszentrums und an einer benachbarten Lagerhalle, er- kannte die Datenschutzbehörde das berechtigte Interesse des Verantwortlichen sowie die Eignung der Videoüberwachung zur Zweckerreichung auch an. Sie ver- trat indes die Auffassung, der Verantwortliche müsse Maßnahmen einsetzen, die das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Besucher des Parkplatzes weni- ger berühren würden. Dies sei nicht geschehen. Die Interessen der überwachten Personen überwogen! Dem Verantwortlichen wurde zu Gute gehalten, dass die Kameras weder über eine Zoom- noch eine Schwenkmöglichkeit verfügten. Auch die automatische Lö- schung der Aufnahmen nach 48 Stunden und die fehlende Möglichkeit zu Einbli- cken in höchstpersönliche Bereiche der Intim- oder Privatsphäre der gefilmten Personen sprachen für den Verantwortlichen. Die Überwachung von Personen auf öffentlichen Straßen und Plätzen sei aber Aufgabe der Straßenverkehrsbehörden und der Polizei und nicht von Privatpersonen. Zudem würden regelmäßig vorbei- fahrende, unbeteiligte Autofahrer anlasslos und nicht erkennbar überwacht. Das auf dem Parkplatz vorhandene Piktogramm, das auf die Videoüberwachung hin- weist, sei für Passanten schließlich nicht wahrnehmbar. Die Überwachung sei da- her als heimlich und der Eingriff in die Rechte der betroffenen Personen als be- sonders schwerwiegend einzustufen. Videoüberwachung ist insbesondere außerhalb der Öffnungszeiten zulässig! 13
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Die Überwachung des Betriebsgeländes betreffend gab die Gefährdungslage den Ausschlag und die Behörde erkannte das Interesse des Verantwortlichen am Schutz der Werbetafel auch an. Eine besondere Gefahrenlage, die die Video- überwachung rechtfertigen könne, sahen Behörde und Gericht aber nur außer- halb der Öffnungszeiten. Eine Videoüberwachung während der Öffnung würde eine Vielzahl von Personen betreffen, die lediglich einkaufen wollten und von de- nen keine Gefahr für das Eigentum des Verantwortlichen ausginge. Bei Personen, die sich außerhalb der Geschäftszeiten, insbesondere zur Nachtzeit auf dem Ge- lände aufhielten, sei die Gefahr der Begehung von Straftaten dagegen höher. Die Videoüberwachung zur Nachtzeit begegnete daher auch keinen Bedenken. Abgeschaltete Kameras müssen nicht abgebaut werden Besonderes Interesse verdient die Feststellung des Gerichts, dass Art. 58 Abs. 2 lt. f DSGVO Behörden dazu ermächtigt, die Abschaltung einer unrechtmäßig ein- gesetzten Kamera zu verlangen. Für die Anordnung einer Demontage sei sie aber schon deshalb ungeeignet, weil eine abgeschaltete Kamera keine Daten verarbei- tet. In der Konsequenz seien daher weder Verstöße gegen das Datenschutzrecht möglich noch der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet. Wenn eine Behörde die Demontage einer solchen Kamera verlangt, kann sie dies nur auf Grundlage ergänzender Rechtsvorschriften, nicht aber auf Grundlage der DSGVO verlangen. Wer sich durch eine ausgeschaltete Kamera einem Überwachungsdruck ausge- setzt fühlt, muss dies auf den Privatrechtsweg reklamieren (vgl. VG Oldenburg, Urt. v. 12.03.2013, Az. 1 A 3850/12, zur Videoüberwachung von Treppenauf- gängen). Zusammenfassung Das Urteil zeigt, wie wichtig das Bestehen überwiegender berechtigter Interessen auch und gerade bei einer Videoüberwachung des Betriebsgeländes ist. Zudem verdeutlicht es nochmals eindrücklich, dass Überwachungskameras so zu instal- lieren sind, dass sie nur das Betriebsgelände erfassen und nur dann in Betrieb genommen werden dürfen, wenn auch eine besondere Gefährdungslage besteht. Ein weiterer Punkt besteht in der Berücksichtigung der Datenminimierung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO, dem durch die regelmäßige, automatische Löschung Genüge getan wurde. Gleichsam legt das Urteil die Vermutung nahe, dass der Betrieb sowohl über ein Datenschutzkonzept als solches als auch über Verzeich- nisse der Verarbeitungs- (Art. 30 DSGVO) sowie der technischen und organisato- rischen Maßnahmen (Art. 32 DSGVO) verfügte. Grundsätzlich gilt: Im Datenschutz ist vieles möglich. Ein entscheidender As- pekt ist, dass eine Maßnahme nicht nur vorhanden, sondern ihr Einsatz auch be- gründet ist. Das bietet zwar noch keine Garantie dafür, dass die zuständige Be- hörde diese Auffassung im Datenschutzkonzept auch teilt. Es erleichtert aber so- wohl die Argumentation als auch die Verteidigung im Konfliktfall. 14
Tipps & Wissenswertes 03/ 2021 Ihre Steuerberatungskanzlei Litz & Kollegen GmbH Steuerberatungsgesellschaft Saarbrücker Straße 13a 66564 Ottweiler Telefon: (06824) 9316-0 Fax: (06824) 9316-11 Die Erarbeitung des Newsletters erfolgt mit großer Sorgfalt. Eine Haftung kann dafür je- Ein Unternehmen der ETL-Gruppe doch nicht übernommen werden. 15
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