TMA - Verbesserte Möglichkeiten und zunehmende Bedeutung maßgeschneiderter genetischer Diagnostik - Carsten Bergmann - Nephrologisches Seminar ...
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Nephrologisches Seminar Heidelberg 17.03.2022 TMA - Verbesserte Möglichkeiten und zunehmende Bedeutung maßgeschneiderter genetischer Diagnostik Carsten Bergmann carsten.bergmann@medgen-mainz.de carsten.bergmann@uniklinik-freiburg.de
Zeitgemäße gute Medizin „Vor die Therapie haben die Götter die Diagnose gestellt“ (Prof. Volhard) „One size fits all“ Ansatz nicht sinnvoll in der Medizin! Verbesserung der Wirksamkeit und Qualität der Behandlung durch innovative Diagnostik, frühe u. gezielte Prävention und Einsatz maßgeschneiderter Therapien
Humangenetik = klinisches Querschnittsfach Interdisziplinäre Zusammenarbeit und enger Austausch mit Fachexperten - Genetische Diagnostik aktuell noch nicht bei jedem, aber bei zunehmend vielen Patienten sinnvoll - Verständliche und klar strukturierte Befunderstellung und Kennzeichnung (falls unklar, bitte nicht scheuen nachzufragen) - Service und rasche Bearbeitungszeiten (TATs) (dringende Fälle 5-10 Arbeitstage, Kommunikation vorab wichtig) - Klinischer und therapeutischer Mehrwert - Rationale und kosteneffiziente Stratifizierung Gezielter Einsatz genetischer Diagnostik = Klinischer Mehrwert in der Patientenversorgung
Genetik (sowohl Diagnostik als auch Beratung) ist Standard-Leistung der gesetzlichen Krankenkassen Feste EBM-Ziffern für genetische Leistungen (Kapitel 11) Next-Generation Sequencing (NGS) erlaubt (keine 25 kb-Begrenzung mehr seit 1.1.2021) Keine Budgetierung genetischer Leistungen u. kein Einfluss auf Wirtschaftlichkeitsbonus Gendiagnostikgesetz: Diagnostische genetische Untersuchungen, die bei Patienten mit klinischen u./o. Labor-Auffälligkeiten durchgeführt werden (sprich die normale Arzt-Patient Konstellation) können von jedem Arzt nach Aufklärung und schriftlicher Einwilligung (z.B. Einverständniserklärung auf dem Anforderungsschein) des Patienten veranlasst werden. Eine spezielle Qualifikation (z. B. fachgebundene genetische Beratung) ist hierfür nicht erforderlich.
Effiziente genetische Diagnostik durch Next-Generation Sequencing (NGS) NGS ermöglicht die parallele Untersuchung („massively parallel sequencing“) aller zu diskutierender Gene (einschließlich Differenzialdiagnosen) Verbesserung der genetischen Diagnostik (Kosten ↓, Qualität, Effizienz und Aussagekraft ↑)
Klinische und genetische Heterogenität Mutationen in vielen verschiedenen Genen möglich Verschiedene Erkrankungen können klinisch ähnlich oder identisch imponieren, verlangen aber unterschiedliche Therapieregime http://pixshark.com/kidney-diagram- glomerulus.htm
Thrombotische Mikroangiopathien (TMA) Hochakute Krankheitsbilder Hohe Morbidität & Mortalität Trias: - (mikroangiopathische) hämolytische Anämie Differenzierung der Ursache essentiell, - Thrombozytopenie da Therapie grundsätzlich unterschiedlich - Endorganschäden Genese sehr vielfältig Sekundäre TMA i. R. von: - Krebserkrankungen - Schwangerschaft/Gestosen - Infektionen - maligne Hypertonie - Autoimmunerkrankungen George JN and Nester CM, N Engl J Med 2014; 371:654-666
Atypisches HUS (aHUS): Mutationen führen zur Überaktivierung des alternativen Komplementsystems Bu et al., J Am Soc Nephrol 2018 Genotyp bestimmt Prognose, Rekurrenzrisiko und Therapie Beträchtlicher Anteil der Patienten mit V. a. aHUS zeigt keine Komplement-Mutation, sondern Mutationen in anderen Genen (Strukturproteine etc.) Differenzierung der Ursache und des genauen Genotyps wichtig, da Therapie & Prognose unterschiedlich
Genetische Testung ist indiziert bei allen Patienten mit V. a. aHUS Leitlinien: Für alle Patienten mit aHUS genetische Diagnostik aller bekannten Gene indiziert
Bedeutung umfangreicher genetischer Diagnostik Gezielte Therapie mittels monoklonalem Antikörper (z. B. Eculizumab) nur bei Patienten mit Komplement-vermittelten Formen Immense Therapiekosten: Patientenstratifizierung mittels genetischer Testung sinnvoll!
Maßgeschneidertes NGS-Panel Methode der Wahl bei aHUS und TMAs NGS Multi-Gen Panel ermöglicht parallele Untersuchung aller zu diskutierender Gene Sehr kosteneffizient Quantitativ und qualitativ bessere Mutationsanalyse Kann diagnostische Lücken der konventionellen Analytik schließen Konventionelle Techniken birgen diagnostische Lücken mit ggf. dramatischen Folgen für den Patienten Expertise seitens des Labors notwendig, da sowohl Nasslaboranalyse als auch Auswertung und Interpretation komplex (Kopienzahlvarianten (copy number variations, CNVs), genomische Umbauten, Hybridgene etc.)
Eigenentwicklung: “NGS Nephro Panel” für alle Gene, die bei Nierenerkrankungen bekannt sind NGS Nephro Panel Maßgeschneiderte Analyse erlaubt parallele Untersuchung aller Gene (einschließlich Differenzialdiagnosen) mit sehr hoher Qualität
Nephronophthisen (NPHPs): Modellhafte Ziliopathien NPHPs: Tubulointerstitielle fibrotische Nierenerkrankungen Breites klinisches Spektrum der Ziliopathien (Krankheiten, die mit einem Funktionsverlust der Zilien einhergehen) Zilienfunktionen vielfältig (Mechano-, Chemo-, Osmosensoren, Organentwicklung, Gewebehomöostase, Tumorentstehung etc.) DFG BE 3910/8-1 DFG BE 3910/9-1 SFB 1453 (Project P2) BMBF 01GM1903G BMBF 01GM1903I Bergmann et al. Nat Rev Dis Primers 2018
39-jähriger Patient mit V. a. interstitielle Nephritis und autosomal rezessiver NPHP3 Choi et al., Kidney Int Rep (im Druck)
“Nephronophthisis (NPHP) is an important differential diagnosis of non-specific interstitial nephritis in adults” - Even in the absence of polyuria, proteinuria, haematuria and/or extrarenal symptoms - NPHP belongs to the group of cystic kidney diseases and ciliopathies characterized by tubulointerstitial findings such as fibrosis - Kidney cysts if any usually only occur late during the clinical course - Increasing importance of reverse phenotyping by genetics - Knowledge of the underlying genotype has direct clinical implications for patients and families and is useful in terms of therapy, care and prognosis - Considerable fraction of adult nephrology patients currently classified as non-genetic harbours a monogenic cause for their kidney disease Gillion et al., Kidney Int Rep (im Druck)
Bedeutung genetischer Erkrankungen bei Erwachsenen mit chronischer Nierenerkrankung Ausgeprägte Heterogenität („59% of the disorders were found in only a single patient“ and „across all clinical categories“) Diagnostische Varianten innerhalb aller Altersgruppen detektiert (1/3 of the study cohort (n = 3315 patients) > 65 yrs.) Patienten oftmals als diabetische oder hypertensive Nephropathien fehlklassifiziert Meist war die genetische Diagnose unerwartet Viele Patienten hatten eine negative (= unauffällige) Familienanamnese In allen Fällen der u. g. Publikationen hatte die genetische Diagnose klinische Bedeutung & Implikationen Groopman,.., & Gharavi Einige Patienten mit Mutationen in Genen für Ziliopathien N Engl J Med 2019 Schrezenmeier,.., & Bergmann N Engl J Med 2019 Schrezenmeier,.., & Bergmann Genet Med 2021
Glomeruläre Nierenerkrankungen (Glomerulopathien/Podozytopathien) Warum Genetik wichtig zu wissen? - Keine unnütze Therapie mit Steroiden u. Immunsuppressiva - Prognose bei Nierentransplantation in der Regel sehr gut (fehlende Rekurrenz im Transplantat) SD: Slit diaphragm FP: Podocyte foot process GBM: Glomerular basement membrane http://pixshark.com/kidney-diagram- Grahammer et al., Nat Rev Nephrol (2013) glomerulus.htm
Genetische Diagnostik in der Nephrologie Interdisziplinäre Zusammenarbeit und enger Austausch zwischen Kliniker & Genetiker wichtig Genetik mit Sinn & Verstand eingesetzt sinnvoll und zunehmend wichtig im klinischen Alltag Frühzeitige Diagnose mit verbessertem Outcome und klinisch- therapeutischer Stratifizierung Gezielte genetische Beratung (Wiederholungsrisiko etc.) nur mit Kenntnis des Genotyps möglich Erkrankungsspektrum (Erkennen u. Monitoring organübergreifender Komplikationen) Differenzierung wichtig (Prognose & Tx-Implikationen unterschiedlich) Genotyp bei zunehmender Zahl von Erkrankungen bedeutsam (z. B. Teilnahme an klinischen Studien, Art der Betreuung und (medikamentösen) Therapie)
Herzlichen Dank!
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