Traumatologie in der Osteopathie - Ätiologie, Diagnose und Therapie Jean-Pierre Barral Alain Croibier
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Jean-Pierre Barral Alain Croibier Traumatologie in der Osteopathie Ätiologie, Diagnose und Therapie Deutsche Übersetzung: Gudrun Meddeb 2. Auflage Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG
Zuschriften, Verbesserungsvorschläge und Kritik Verlag Systemische Medizin AG Müllerstraße 7 – 93444 Bad Kötzting info@verlag-systemische-medizin.de Titel der Originalausgabe „Approche ostéopathique du traumatisme“ 1997, Actes praphiques, Saint-Étienne Wichtiger Hinweis für den Leser Durch Forschung und klinische Erfahrungen unterliegen die Erkenntnisse in Medizin und Naturwissenschaften einem beständigen Wandel. Die Autoren haben sorgfältig geprüft, dass die in diesem Werk getroffenen therapierelevanten Aussagen und Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Hierdurch wird der Leser dieses Werkes jedoch nicht von der Verpflichtung entbunden, ggf. auch anhand anderer Werke zu diesem Thema zu prüfen, ob die dort getroffenen Aussagen und Angaben von denen in diesem Werk abweichen. Der Leser trifft seine Therapieentscheidung in eigener Verantwortung. Ggf. erwähnte Produktnamen sind geschützte Marken oder eingetragene Markenzeichen der jeweiligen Eigentümer, Unternehmen oder Organisationen, auch wenn sie im Einzelnen nicht ausdrücklich als solche gekennzeichnet wurden. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Alle Rechte vorbehalten 2. Auflage 2013 © der deutschen Ausgabe: Verlag Systemische Medizin AG, Bad Kötzting und München © der englischen Ausgabe „Trauma - An Osteopathic Approach“ 1998, Eastland Press, Seattle, USA Das Werk ist, einschließlich aller seiner Teile, urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der durch das Urheberrechtsgesetz gesetzten Grenzen ist ohne ausdrückliche und schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in digitalen On- und Offlinemedien bzw. -systemen. Lektorat und Projektmanagement: Lisa Lorz, Bayreuth; Theresa Stichlmair, Bad Kötzting Redaktion: Theresa Hager, Bad Kötzting Illustrationen: Jacques Roth und Alain Croibier Satz und Herstellung: SZ Publishing Support, München Druck und Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach Gestaltungskonzept und Umschlag: Mogwitz Rusitschka Schwarz, München Leipzig ISBN 978-3-86401-030-9 Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.verlag-systemische-medizin.de Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG
V Inhalt Vorwort VII Kapitel 1 | Der mechanische Ansatz 1 Kapitel 2 | Der funktionell-anatomische Ansatz 41 Kapitel 3 | Der tissuläre Ansatz 87 Kapitel 4 | Klinische Symptome 123 Kapitel 5 | Diagnose 167 Kapitel 6 | Behandlung 257 Anhang 301 Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG
214 5 Diagnose 5 Abb. 5.35 Ischiofemo- raler Test 5.3.13 Diagnose von restriktion. Mit etwas Übung sind diese Re- traumatischen striktionen leichter zu erkennen. Beckenrestriktionen Sakrum-Kompression in Bauchlage Tests für die Basis des Sakrums Dieser Test wurde bereits in unserem Buch Knie-Hebe-Test über die urogenitalen Manipulationen (Bar- Der Patient stützt sich an einer Wand oder ral 1993) besprochen. Mithilfe dieses Tests einem Sessel ab, wobei er die Arme aus- kann die Rolle der Ligg. uterosacralia und streckt und in einen 90°-Winkel zum Tho der Ansätze des Uterus bei sakroiliakalen rax bringt. Er hebt das gebeugte Knie mehr- Restriktionen beurteilt werden. mals bis zu 90°-Hüftflexion an. Während Der Patient liegt auf dem Bauch. Legen dieser Bewegung legen Sie Ihre Daumen auf Sie Ihre Hände auf die posteriore Seite des die Spina iliaca posterior superior, dann auf Sakrums und drücken Sie es zwischen den die Basis des Sakrums und schließlich unter beiden Ilia nach anterior, Richtung Sym- die infero-lateralen Sakrumwinkel (▶ physe (▶ Abb. 5.37). Abb. 5.36). Beobachten Sie bei diesem Test die Qua- Das Ilium posteriorisiert sich auf der lität der Kompressions- und der Dekom- Seite des gebeugten Knies, dadurch neigt pressionsbewegung, wenn das Sakrum in sich das Sakrum auf der Seite des Stand- seine Ausgangsstellung zurückkehrt. Bei beins nach lateral. Man vergleicht die Mo- gesunden Patienten sind sowohl Kompres- bilität eines gesunden Menschen mit der sion als auch Dekompression leichte, ein- Mobilität eines Patienten mit einer Becken- fache Bewegungen. Bei post-traumatischen Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG Barral_book.indb 214 9/25/2013 14:04:29
5.3 Die osteopathische Untersuchung 215 5 a) b) Abb. 5.36 Knie-Hebe-Test: a) Daumen auf der Basis des Sakrums, b) Daumen unter den Sakrumwinkeln Beckenrestriktionen ist die Kompression gen Sie Ihren linken Unterarm über die v.a. auf der Seite des betroffenen Iliosakral- rechte Spina iliaca anterior superior und gelenks oft schwierig oder unmöglich. Ist Ihre Fingerspitzen über die linke Spina ili- die Dekompression v.a. auf einer Seite lang- aca anterior superior (▶ Abb. 5.38). sam und ruckartige, handelt es sich meist Verstärken Sie den Kontakt am Sakrum um eine Restriktion oder einen Riss an und versuchen Sie, es nach ventral zu he- einem Lig. uterosacrale. ben, so als wollten Sie es zwischen den bei- den Ilia gerade richten. Gleichzeitig versu- Sakrum-Dekompression in Rückenlage chen Sie, den Abstand zwischen den beiden Mithilfe dieses Tests können Restriktionen Spinae zu vergrößern, indem Sie beide Spi- des Iliosakralgelenks und bis zu einem ge- nae nach lateral drücken. Diese Bewegung wissen Grad auch Läsionen des Lumbosa- ermöglicht eine Extension der kräftigen kralgelenks und des Sakrokokzygealgelenks posterioren sakroiliakalen Ligamentstruk- getestet werden. Er konzentriert sich primär turen (▶ Abb. 5.39). auf die Ebene des Gelenks und nicht auf die Mit diesem Test wird die Elastizität der Gewebe. Gewebe überprüft. Liegt keine Restriktion Der Patient liegt auf dem Rücken. Stellen vor, lässt sich das Sakrum leicht anheben. Sie sich rechts neben den Patienten und le- Man spürt eine glatte fließende Bewegung. gen Sie Ihre rechte Hand unter das Sakrum, Ist die Hebebewegung schwierig oder unre- Ihre Finger sind nach kranial gerichtet. Le- gelmäßig, liegen Sakrumrestriktionen vor. Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG Barral_book.indb 215 9/25/2013 14:04:30
216 5 Diagnose 5 Abb. 5.37 Sakrum- Kompression in Bauchlage Abb. 5.38 Sakrum- Dekompression in Rückenlage Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG Barral_book.indb 216 9/25/2013 14:04:30
5.3 Die osteopathische Untersuchung 217 Fossa iliaca M. psoas Sakrum Os coxae M. glutaeus minimus Artikuläres M. glutaeus Segment medius Ligamentäres M. glutaeus Segment maximus M. erector spinae Abb. 5.39 Sakrum-Dekompression: horizontaler Schnitt mit Sicht auf die beiden Abschnitte der Articulatio sacroiliacale Interpretation Schwieriger ist es, eine spezielle post- 5 Bei einer sakroiliakalen Restriktion steht traumatische Läsion des Iliosakralgelenks das Ilium nur auf der freien Seite tiefer, zu definieren. Traumata folgen keinen spe- das Sakrum scheint zur eingeschränkten ziellen Gesetzen und wirken sich daher auf Seite rotiert zu sein. Mit etwas Übung völlig unvorhersehbare Weise auf die Ge- kann man mithilfe dieses Tests Restrikti- lenke aus. Dennoch können die Restrikti- onen zwischen L5 und S1 erkennen. Tat- onen in zwei Hauptgruppen eingeteilt wer- sächlich versinkt nur die freie, nicht blo- den: ckierte Seite des Sakrum zwischen den Darmbeinschaufeln, und das Sakrum ❚❚ Post-traumatische Sakrumrestriktionen scheint eine Rotation zur blockierten in Seitneigung (▶ Abb. 5.40); die Diffe- Seite zu machen. Nachdem man das Sa- renzialdiagnose erfolgt über die superi- krum angehoben hat, kann man den Test ore Bewegung des Iliums. dadurch verfeinern, dass man kleine Ro- ❚❚ Post-traumatische Sakrumrestriktionen tations- und Seitneigebewegungen am in Rotation (▶ Abb. 5.41); die Differenzi- Sakrum ausführt. aldiagnose erfolgt über die anteriore Be- wegung des Iliums. Sakrum-Tests Die Bewegungsphysiologie im Iliosakralge- Diese Restriktionen scheinen in der nor lenk wurde von unserem Kollegen Fred malen Physiologie unmöglich. Dennoch L. Mitchell, Jr. (1979) genau dokumentiert. kommt es nach einem Trauma häufig zu Sa- Das Konzept der anterior/posterioren Tor- krumläsionen dieser Art. sion und der sakralen Flexion bzw. Extensi- Bei unseren Nachforschungen fanden on bildet Teil der osteopathischen Praxis. wir einen von Strachan im Jahr 1939 ver- Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG Barral_book.indb 217 9/25/2013 14:04:30
218 5 Diagnose Abb. 5.40 Post-trauma- 5 tische Restriktion des Sakrums in Seitneigung fassten Artikel, in dem er die Mobilität des nur unsere Theorie, sondern zeigt auch, Sakrums auf der Grundlage dieser Parame- dass andere Autoren bereits vor Mitchell ter – Rotation und Seitneigung – be- (1954) das Konzept der iliosakralen Mobili- schreibt. Dieser Artikel unterstützt nicht tät verstanden. Abb. 5.41 Post-trauma- tische Restriktion des Sakrums in Rotation Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG Barral_book.indb 218 9/25/2013 14:04:30
5.3 Die osteopathische Untersuchung 219 Post-traumatische Sakrumrestriktionen ❚❚ Knie-Hebe-Test (im Stehen) mit den können durch die Kompression des Sa- Daumen auf der Basis des Sakrums me- krums und den Knie-Hebe-Test wie folgt dial der Spina iliaca posterior superior: diagnostiziert werden: Das Sakrum vollführt eine normale Ro- tation auf die Seite des Standbeins. Ist Post-traumatische Restriktionen in diese Rotation nicht vorhanden, liegt ei- Seitneigung ne post-traumatische Sakrumrestriktion ❚❚ Dekompressionstest des Sakrums in in Rotation auf der Seite des angeho- Bauchlage: Bei der Kompression wird benen Beins vor. das Sakrum zwischen die Ilia gedrückt. Am Ende der Kompression spürt man Diese beiden Läsionsparameter treten häu- zwischen den beiden Ilia auf der einge- fig gemeinsam auf, wobei eine Komponente schränkten Seite einen leichten Wider- dominiert. Meist ist die Seite des fixierten stand. Iliosakralgelenks auch die Seite, auf der der ❚❚ Dekompressionstest des Sakrums in Rü- infero-laterale Sakrumwinkel kaudal steht ckenlage: das Sakrum lässt sich auf der oder die Seite, auf der die Basis des Sakrums eingeschränkten Seite weniger gut de- posterior steht. 5 komprimieren und scheint zu dieser Sei- te gedreht zu sein. Untersuchung des Os coxae ❚❚ Knie-Hebe-Test (im Stehen) mit den Daumen unter den infero-lateralen Sa- Betrachtet man die post-traumatischen Re- krumwinkeln: normale Seitneigung des striktionen des Beckens von der Seite des Sakrums auf der Seite des Standbeins. Ist Iliosakralgelenks aus, stimmen sie sehr die Seitneigung nicht vorhanden, liegt ei- wohl mit dem konventionellen osteopathi- ne post-traumatische Sakrumrestriktion schen Konzept (Mitchell 1979) überein. Wir mit Seitneigung auf der Seite des angeho- finden häufig Restriktionen, bei denen das benen Beins vor. Ilium nach oben „gerutscht“ oder nach pos- terior oder (weniger häufig) anterior rotiert Post-traumatische Restriktion in ist. Im letztgenannten Fall handelt es sich Rotation um eine post-traumatische Restriktion und ❚❚ Kompressionstest des Sakrums in Rü- nicht um eine Adaptation an eine Beinlän- ckenlage: Das Sakrum widersetzt sich gendifferenz, die ebenfalls zu einer Anterio- von Anfang an der Kompression auf der risierung des Iliums führen kann. Bei der eingeschränkten Seite, während die Adaptation (die manchmal auch als Restrik- Kompression auf der anderen Seite mög- tion ersten Grades bezeichnet wird) ist noch lich ist. eine kleine Beweglichkeit vorhanden. Bei ❚❚ Dekompressionstest des Sakrums in Rü- post-traumatischen Restriktionen (Läsi- ckenlage: Das Sakrum macht auf der ein- onen zweiten Grades) ist die Mobilität nicht geschränkten Seite keine Dekompressi- mehr vorhanden. on, es scheint in ipsilateraler Rotation fixiert zu sein. Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG Barral_book.indb 219 9/25/2013 14:04:31
220 5 Diagnose Untersuchung des Steißbeins Checkliste für die Untersuchung Diese Untersuchung sollte niemals auf plan- des Steißbeins lose oder improvisierte Weise durchgeführt ❚❚ Empfindlich oder schmerzhaft bei werden. Ist das Coccyx durch Spannungen axialer Kompression? auf der myofaszialen Ebene in seiner Be- ❚❚ Empfindlich oder schmerzhaft bei sa- weglichkeit eingeschränkt, können externe krokokzygealer Flexion? Techniken effizient eingesetzt werden. Bei ❚❚ Eingeschränkte sakrokokzygeale Fle- post-traumatischen Restriktionen bringen xion? nur interne Techniken den gewünschten Er- ❚❚ Empfindliche oder schmerzhafte rech folg. te sakrokokzygeale Seitneigung? Wichtig ist zunächst festzustellen, ob das ❚❚ Eingeschränkte rechte sakrokokzyge- Coccyx intern (rektal) behandelt werden ale Seitneigung? muss. Diese Frage wird v.a. von Anfängern ❚❚ Empfindliche oder schmerzhafte linke häufig gestellt. Wir verwenden den Mobili- sakrokokzygeale Seitneigung? tätstest im Sitzen, um die axiale Kompressi- ❚❚ Eingeschränkte linke sakrokokzygeale on, die sakrokokzygeale Flexion und die Seitneigung? 5 Seitneigung zu testen (▶ Abb. 5.42). An- hand dieses Tests kann die entsprechende Sind fünf oder mehr dieser Punkte posi- Entscheidung getroffen werden. tiv, ist eine interne Manipulation zu emp Wir empfehlen Studenten, eine Checklis fehlen. Sind drei oder weniger Punkte te für die unterschiedlichen Symptome zu positiv, handelt es sich normalerweise um verwenden, die bei diesem Test auftreten die Kompensation einer entfernten me- können (▶ Kasten). chanischen Störung (myofasziale, vis- zerale oder Dura-mater-Spannung). Kompression Flexion Seitneigung Abb. 5.42 Tests für die Mobilität des Os coccygis Copyright © 2013 Jean-Pierre Barral, Alain Croibier - Traumatologie in der Osteopathie Verlag Systemische Medizin AG Barral_book.indb 220 9/25/2013 14:04:31
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