Twenty.twenty #21: Interaktives Lernen - Was Bücher nicht können
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MATERIALSAMMLUNG twenty.twenty #21: Interaktives Lernen – Was Bücher nicht können 1. Das Thema „Interaktives Lernen – Was Bücher nicht können“ Bildung sowie der Umgang mit Wissen im digitalen Zeitalter war schon mehrfach Thema bei twenty.twenty. In der 21. Ausgabe soll es um die Tools, die zur Vermittlung von Wissen und Kompetenzen zur Verfügung stehen. E-Learning findet in unterschiedlichsten Ausprägungen Eingang in die Lehrpläne aller Bildungsinstitutionen – von Kindergärten über Schulen, bis hin zu Universitäten, Erwachsenenbildungseinrichtungen und innerbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen. Die Bandbreite ist groß: sie reicht von computerbasierten Lernformen über Spiele und Simulationen bis hin zu Teleteaching. In Japan werden sogar schon Roboter als Lehrer an Schulen eingesetzt und manche Anbieter versprechen, dass ihre Tools uns im Schlaf lernen lassen. Wir wollen darüber diskutieren, wo die Digitalisierung bei der Erreichung von Bildungszielen unterstützen kann, welche Qualitätskriterien angewendet werden sollen, welche Rahmenbedingungen und Grundkenntnisse es dafür braucht und wo die Grenzen liegen. 2. Das Podium Keynote: Jörg Hofstätter Jörg Hofstätter ist geschäftsführender Gesellschafter von ovos, einer Agentur, die sich auf interaktive Wissensvermittlung spezialisiert hat. Unter anderem hat ovos das Lernspiel Ludwig1 realisiert. Dieses Physiklernspiel ist das erste Computerspiel, das in Österreich als offizielles Unterrichtsmittel eingesetzt wird. Ludwig hat mehrere internationale Preise bekommen und ist mittlerweile in mehreren Sprachen verfügbar. Weitere Projekte von ovos: Lebensnetz2, eine App mit der ältere Menschen ihr Gedächtnis trainieren können, Cure Runners, ein Game zur Vermittlung von „financial Literacy“3 oder ein Sprachlernspiel, das ovos für das Goethe Institut entwickelt hat. Hofstätter ist weit über den österreichischen Raum als Experte für interaktive Wissensvermittlung und Gamification bekannt. Twitter: @osloprinz 1 http://www.playludwig.com/ 2 http://lebensnetz.at/ 3 http://www.ovos.at/blog/206,cure-runners-ein-spiel-zum-thema-financial-literacy.html 1
Am Podium: Erika Hummer (Koordinatorin diverser eLearnigprojekte und begeisterte eLehrerin an einer Wiener AHS) Erika Hummer koordiniert diverse eLearnigprojekte (eLSA, KidZ, eSchoolsVienna) sowie eines Projektes zu Mehrsprachigkeit und interkulturellem Lernen. Sie ist tätig in der Lehrer/innenfortbildung und selbst eLehrerin an einer Wiener AHS. „Wir lernen immer und überall und interaktiv. Warum nicht auch in der Schule?“ Erika Hummers Blog: http://nighttrain.wordpress.com/ Twitter: @erihum Peter Mazohl (Trainer in der Erwachsenenbildung) „Die aktuelle Herausforderung in der Wissensvermittlung besteht in der Bandbreite der technikorientierten Lernumgebungen. Egal, welchen Weg man wählt, gelten zwei Grundsätze: Lernerzentrierte Qualitätssicherung in der gesamten Lernphase sowie kompetenzorientierte Learning-Outcomes. Web: Europäische Bildungsinitiative: http://www.advanced-training.net/ 3. E-Learning Definitionen: Wikipedia Unter E-Learning (englisch electronic learning = „elektronisch unterstütztes Lernen“, wörtlich: „elektronisches Lernen“), auch als E-Lernen (E-Didaktik) bezeichnet, werden – nach einer Definition von Michael Kerres – alle Formen von Lernen verstanden, bei denen elektronische oder digitale Medien für die Präsentation und Distribution von Lernmaterialien und/oder zur Unterstützung zwischenmenschlicher Kommunikation zum Einsatz kommen.4 Definition der EU-Kommission E-Learning: Verwendung neuer Multimediatechnologien und des Internet zur Verbesserung der Lernqualität durch den Zugriff auf Ressourcen und Dienstleistungen sowie für die Zusammenarbeit und den Austausch über weite Entfernungen hinweg5. Goethe Universität Frankfurt Beim E-Learning steht der Einsatz elektronischer (digitaler) Medien und Instrumente mit den inhaltlichen und didaktischen Zielen des Lernprozesses in enger Verbindung, insofern die technische Seite den didaktischen Überlegungen untergeordnet werden muss.6 Das „E“ in E-Learning kann allerdings nicht nur als Abkürzung für „Electronic“ interpretiert werden. Der Trendforscher Elliott Masie schlägt weitere Deutungen vor: 4 http://de.wikipedia.org/wiki/E-Learning 5 Glossar der E-Learning-Initiative der Europäischen Kommission: http://www.openeducationeuropa.eu/ 6 Definition der Goethe Universität Frankfurt: http://www.uni-frankfurt.de/44538493/elearning 2
- “Experience”: Die Lernerfahrung an sich ändert sich („time-shifting, place-shrifting, granulatization, simulation, and community support, to mention a few.”) - “Extended” / “Expanded”7: Erweiterung des Lernangebotes Für Marc Rosenberg sind drei Merkmale für E-Learning ausschlaggebend: 1. „eLearning ist vernetztes Lernen, wodurch augenblickliches Aktualisieren, Sichern/Wiederherstellen, Verteilen und Zugreifen auf Anweisungen oder Informationen realisierbar ist; 2. eLearning wird durch einen Computer, der Standardinternettechnologie benutzt, an den Enduser geliefert; 3. eLearning basiert auf einem breiten Begriff des Lernens – Lernen von Lösungen, die die traditionellen Paradigmen der Ausbildung überschreiten.“8 Das Handbuch „Lernen mit digitalen Medien“ führt einige Merkmale für die Erwachsenenbildung auf, die auch allgemeine Gültigkeit haben: „In vielen Erwachsenenbildungseinrichtungen werden Kurse und Lehrgänge durch Online- Lernplattformen unterstützt und Lernenden die Möglichkeit gegeben, auch zeit- und ortsunabhängig weiterzulernen. Parallel dazu werden häufig Social-Media-Anwendungen (z.B. Wikis, Weblogs oder E-Portfolios) in Lernprozesse miteinbezogen. Digitale Medien sind aber auch aus dem alltäglichen Leben in Arbeit und Freizeit kaum mehr wegzudenken und können dort – besonders im Bereich des informellen Lernens – Möglichkeitsräume eröffnen. Sie begünstigen das gemeinsame Lernen in Online-Lernnetzwerken, die aktive Wissensgewinnung aus einem umfassenden digitalen Wissensbestand, die (BürgerInnen-)Partizipation und die alltägliche Kommunikation und Vernetzung mit anderen. Sie bringen zudem eine neue Kultur des Lernens und Lehrens mit sich, indem sie den Wandel der ErwachsenenbildnerInnenrolle hin zu LernbegleiterInnen und Coaches unterstützen und das selbstorganisierte Lernen fördern. Durch die zunehmende Nutzung von portablen Endgeräten wie Smartphones oder Tablet PCs kommt dem mobilen Lernen, dem Lernen in kleineren Wissenseinheiten und dem Lernen anytime – anywhere wachsende Bedeutung zu.“9 7 Zitiert nach: Lau, Christoph: eLearning: Lernprozess und Lernfortschrittskontrolle. Diplomarbeit an der Uni Kassel. Kassel 2003 8 Rosenberg, Marc J.: E-Learning. Strategies for Delivering Knowledge in the Digital Age. New York 2001. Zitiert nach: Lau, Christoph: eLearning: Lernprozess und Lernfortschrittskontrolle. 9 Lernen mit digitalen Medien. Ein Handbuch für Erwachsenenbildung und Regionalentwicklung. Herausgegeben vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Koordiniert vom Österreichischen Institut für Erwachsenenbildung. (Siehe: http://www.oieb.at/upload/4570_Handbuch_Digitale_Medien.pdf). S. 13 3
4. Lerntheorien „Lernen umfasst alle Verhaltensänderungen, die aufgrund von Erfahrungen zustande kommen.“10 Diese sehr breit gefasste Definition eignet sich gut für die Beschäftigung mit E-Learning in seiner ganzen Bandbreite. Psychologische Theorien des Lernens: 11 Anm: Heute herrscht ein konstruktivistisches Lernverständnis vor. „Es wird davon ausgegangen, dass Lernprozesse von den Lernenden selbstorganisiert und problemorientiert gesteuert werden.“12 10 Lefrancois, G. R.: Psychologie des Lernens. Berlin 1994, S. 3. Zitiert nach: Lau, Christoph: eLearning: Lernprozess und Lernfortschrittskontrolle. 11 Lernen mit digitalen Medien. S. 19 12 Ebd. S. 19 4
Pädagogische Dimension des Lernens: 13 Anm: NQR steht für den „Nationalen Qualifikationsrahmen“, der vom Europäischen Qualifikationsrahmen abgeleitet wird. 13 Ebd. S. 24 5
5. Blended Learning / Hattie Studie Dieser Ansatz kombiniert klassisches Präsenzlernen mit dem Einsatz digitaler Lehrmittel. Die Entwicklung von Blended Learning basiert auf der Erkenntnis, dass menschliche Interaktion nach wie vor einer der wichtigsten Faktoren beim Lernen ist. Damit ist sowohl Interaktion zwischen Lehrenden und Schülerinnen gemeint, als auch die Interaktion zwischen den Lernenden. Eine große Studie des neuseeländischen Bildungsforschers John Hattie hat ca. 800 Einzelstudien analysiert und ein Ranking der Faktoren erstellt, die für den Lernerfolg ausschlaggebend sind. Ganz oben stehen Faktoren, die die Person der Lernenden betreffen. Diese lassen sich allerdings nur schwer beeinflussen. Die wichtigste beeinflussbaren Größen hängen zusammen mit der Person der Lehrenden bzw. ihrer Art, den Unterricht zu gestalten: „Am wirksamsten ist aber das, was im Unterricht zwischen Lehrern und Schülern passiert.“14 Diese Erkenntnisse sprechen klar für Blended Learning. Die Rolle der Lehrenden wird so beschrieben: „Lehrer sollen wie Regisseure das Lernen ihrer Schüler steuern: Sie müssen wissen, wo ihre Schüler gerade stehen, was das Lernziel ist und wie sie es erreichen können. Wenn Schüler etwas nicht verstehen oder beherrschen, müssen Lehrer ihnen alternative Lernwege anbieten können. Sie bräuchten eine Liebe zu ihrem Fach, den Willen, es den Schülern näherzubringen und den Glauben, dass jeder Schüler lernfähig ist. Am effektvollsten ist ein Lehrer dann, wenn er selbst vom Feedback der Schüler lernt, wie er seinen Unterricht adaptieren muss und die Schüler dazu befähigt, selbst zu Lehrern zu werden.“15 6. Einsatz digitaler Instrumente für Wissens- und Kompetenzvermittlung Der Einsatz von Technologie für das Lernen hat eine lange Geschichte. In der deutschsprachigen Wikipedia wird ein Leserad, das ein italienischer Ingenieur im Jahr 1588 erfand, als „wahrscheinlich erste Lernmaschine“ genannt. Heute ist die Bandbreite bei E-Learning sehr groß: Sie reicht von multimedialer Aufbereitung von Lerninhalten über interaktive Tests bis hin zu Simulationen und Planspielen. Folgerichtig gibt es auch keine einheitliche Definition des Begriffes. E-Learning-Anwendungen lassen sich grob gesprochen in zwei Gruppen einteilen: • Tools zum eigenständigen Erarbeiten von Inhalten: Einzelpersonen oder Gruppen verwenden digitale Lerntools, um Inhalte selbst zu erarbeiten. • Verwendung von elektronischen Tools bzw. multimedial aufbereiteten Inhalten im Rahmen des Präsenzunterrichts („Blended Learning“). 14 Siehe: “Bildungsforscher Hattie: ‘Die Schule kann nicht alle Probleme lösen‘” http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/bildungsforscher-john-hattie-raeumt-auf-mit-schulmythen-a- 895106.html 15 Siehe: “Hattie im Detail” auf http://derstandard.at/1363708260096/Hattie-im-Detail 6
Das Handbuch „Lernen mit digitalen Medien“ listet folgende Tools auf: - Learning-Management-Systeme (LMS) - Content-Management-Systeme (CMS) - Learn-Content-Management-Systeme (LCMS) - Digitale Verzeichnisse (z.B. Buch- und Zeitschriftenkataloge) - Suchdienste (z.B. Suchmaschinen) - Digitale Bibliotheken (mit Volltexten aus Büchern, Zeitungen und Zeitschriften) - E-Mail-Systeme - Chat-Systeme - Weblogs/E-Portfolios - Wiki-Systeme - Virtual Classroom Systeme (Videokonferenzsysteme)16 Gamification Wie das Internet an sich vielfältige Möglichkeiten für Interaktion und Kollaboration bietet, so wird auch bei E-Learning-Angeboten ein immer größeres Augenmerk auf diese Aspekte gelegt. Seit einigen Jahren werden verstärkt Spielmechanismen eingesetzt, die auf eine lustvolle Beschäftigung mit den Inhalten abzielen. Ein herausragendes Beispiel aus Österreich ist das Computerspiel „Ludwig“, in dem die Lehrinhalte für Physik (5.–8. Schulstufe) in Form eines Computerspiels vermittelt werden. „Ludwig“ war das erste Spiel, das in Österreich offiziell als Lehrmittel zugelassen wurde. Mittlerweile ist es an mehr als 500 österreichischen Schulen im Einsatz und es ist auch bereit in anderen Ländern und Sprachen (u.a. auf Chinesisch). 7. Potenziale digitaler Medien in Lernprozessen Auch hier bietet das Handbuch „Lernen mit digitalen Medien“ eine Zusammenfassung, die nicht nur für Erwachsenenbildung bzw. Regionalentwicklung gültig ist: - „Dimension Wissen-Lernen: Digitale Medien ermöglichen in allen Dimensionen – insbesondere aber in der Dimension Wissen-Lernen – mehr selbstorganisierte Lern- und Bildungsprozesse, indem die Hand-lungen und Interaktionen bei der Generierung von Wissen, beim Wissensaustausch und beim Lernen aus vorhandenen Wissensquellen selbstorganisiert erfolgen können. Im Gegensatz zur Linearität bzw. Sequenzialität, die bspw. einen Text, ein Buch oder eine in sich abgeschlossene Lern-CD charakterisieren, zeichnen sich Web-Inhalte (z.B. Inhalte eines Wikis) durch ihre Hypertextualität aus. Hypertextualität bedeutet, dass Informationen nicht linear (wie in einem Buch) verknüpft sind, sondern dass zwischen den Informationen hin und her gesprungen werden kann. Dadurch werden zum einen explorative, problemorientierte Lernprozesse möglich und es können verschiedene mediale Elemente neu strukturiert und miteinander verknüpft werden;55 zum anderen birgt Hypertextualität aber auch die Gefahr der Orientierungslosigkeit, weil keine Linearität 16 Lernen mit digitalen Medien. S. 28 7
gegeben ist und Lernpfade selbst gesucht werden müssen. Di-gitale Medien eröffnen die Möglichkeit der multimedialen Nutzung, indem sie beim Wissen-Lernen dafür verwendet werden können, Lerninhalte anschaulicher zu machen und miteinander zu kombinieren. - Dimension Können-Lernen: Inhalte werden in digitalen Medien nicht nur bereitgestellt, sondern von den NutzerInnen – zum Teil in kollaborativer Zusammenarbeit – auch selbst gestaltet. Digitale Medien unterstützen demnach das praktische Handlungs- und Interaktionswissen der Dimension Können-Lernen. Die Möglichkeit der Interaktivität ermöglicht nicht mehr rein rezeptive, sondern auch partizipative Umgangsformen. Beispiele für die Potenziale der Partizipation und Interaktivität finden sich in klassischen E-Learning- Settings, wo Lernenden nicht nur Inhalte bereitgestellt werden, sondern diese auch ihre selbstproduzierten Texte für die Beurteilung bereitstellen und gemeinsam an Texten arbeiten. Beispiele finden sich aber auch in Bereichen des informellen Lernens im Beruf, in denen multimediale Plattformen für gemeinsame Arbeitsprozesse zum Einsatz kommen. Digitale Medien an sich haben keinen Mehrwert, ihre spezifische Wirkung entfalten sie erst durch ihre Nutzung in bestimmten (Bildungs-) Kontexten zu einem bestimmten Zweck auf ein bestimmtes Ziel hin. Ein wesentliches Potenzial ist aber die Offenheit und Zugänglichkeit digitaler Medien und die Möglichkeit der Überwindung räumlicher und zeitlicher Distanzen (z.B. bei berufsbegleitender Weiterbildung oder überregionalen Kooperationen). - Dimension Leben-Lernen: Soziale Netzwerke oder andere Anwendungen des Web 2.0 (z.B. Wikis, Weblogs, etc.), in denen Texte, Bilder oder Videos mit anderen NutzerInnen geteilt werden, ermöglichen Gemeinschaftsbildung, Vernetzung und Kooperation mit anderen Personen oder Organisationen mit dem gleichen thematischen Hintergrund. Auf diese Weise kann die Dimension Leben-Lernen das Erfahrungslernen in beruflichen und außerberuflichen Kontexten – durch digitale Medien unterstützt werden. Es muss aber eingeräumt werden, dass die Qualität sozialer Beziehungen im Web 2.0 (z.B. in sozialen Netzwerken) anders ist als die Qualität realer Beziehungen und daher reale Gemeinschaftsbildung und Vernetzung dennoch Bedeutung behält. - Dimension Lernen-Lernen: Eine Reflexion von Arbeits- und Lernprozessen – und demnach das Lernen-Lernen – kann etwa durch E-Portfolios oder Weblogs, in denen der eigene Arbeits- und Lernfort-schritt dokumentiert und reflektiert wird, unterstützt werden. Aber auch die Partizipation an sozialen Netzwerken und Multimediaplattformen birgt in gewisser Hinsicht die Möglichkeit der Selbstreflexion, in-dem über die eigenen Beiträge und über neue Möglichkeiten der Identitätskommunikation (z.B. Online- vs. Offline-Identität auf Facebook) reflektiert wird.59 Digitale Medien sind aber nicht nur ein Mittel, um Lern- und Arbeitsprozesse zu unterstützen oder Lern- und Arbeitsprozesse zu reflektieren, sondern sie können auch selbst Lerngegenstand und somit ein weiteres Feld sein, in dem gelernt wird und Erfahrungen gesammelt werden. Aufgrund ihrer vielschichtigen Potenziale und Kombinationsmöglichkeiten reicht es nicht aus, bloß die Anwendung eines digitalen Mediums zu lernen. Man ist auch zum Dazu- und Umlernen aufgerufen, weil digitale Medien 8
einem steten Wandel unterworfen sind und sie sich permanent in ihrer Anwendung und ihren Anwendungsmöglichkeiten weiterentwickeln. Wichtig ist dabei, eine Ungleichverteilung des Zugangs zu digitalen Medien bei manchen Zielgruppen zu vermeiden.17 8. E-Learning an Österreichs Schulen E-Learning Award Seit 2004 wird in Österreich auch ein E-Learning-Award vergeben. Ausgezeichnet werden eContents aus österreichischen Schulen. Der Lörnie Award 2014 steht unter dem Motto „eLearning und eTeaching in neuer Dimension“. 18 eLSA (eLearning im Schulalltag) Seit 2003 gibt es die Initiative eLSA (eLearning im Schulalltag)19 des Bundesministeriums für Bildung und Frauen. Erklärtes Ziel ist der „Paradigmenwechsel von einem auf Informatikunterricht beschränkten Fachinhalt zu eLearning als Anliegen für die gesamte lernende Organisation Schule zu initiieren und somit ein Lernen auf allen Ebenen des schulischen Lebens möglich zu machen“. Mittlerweile besteht „das Netzwerk aus 180 Standorten – Volkschulen, Hauptschulen, Sonderschulen, KMS, NMS und AHS, polytechnische Schulen, BHS - in allen Bundesländern.“ Aus einer Evaluation der bisherigen Aktivitäten wurden folgende Thesen abgeleitet: 1. „Moderner Unterricht bezieht die Lebenswelten der Schüler/innen mit ein. Das sich rasant entwickelnde digitale Leben außerhalb der Schule ist Thema für Unterricht, der auf ein Leben nach der Schule vorbereitet. 2. Eine zentrale Rolle hinsichtlich des Lernerfolgs kommt der Lehrperson zu. Die Professionalisierung von Lehrer/innen im Bereich des eLearning ist daher eines der Hauptziele von eLSA. 3. Schulen benötigen beim Einstieg in den Bereich eLearning intensive Unterstützung. 4. eLSA und SQA20: Das Netzwerk ermöglicht es, lokale und regionale Interessen anzusprechen, zu diskutieren und weiter zu entwickeln. 5. eLSA antwortet auf internationale Anforderungen an das österreichische Schulsystem. 6. eLSA funktioniert und entwickelt sich auf Grundlage einer Kompatibilität der Interessen. und Bedürfnisse von Schule, Gesellschaft und Bildungspolitik in Hinblick auf digitale Kompetenz. Die Basis für die Zukunft des Netzwerks bilden ein entsprechender bildungspolitischer Auftrag, dafür vorhandene Ressourcen sowie eine visionäre und kompetente Steuerung.“21 17 Lernen mit digitalen Medien. S. 31-32 18 http://loernie.bildung.at/ 19 http://elsa20.schule.at/ 20 Anm.: SQA steht für Schulqualität Allgemeinbildung (Siehe: http://www.sqa.at/) 21 eLSA – eLearning im Schulalltag: http://elsa20.schule.at/uploads/media/eLSA_Perspektiven_2014.pdf 9
KidZ (Klassenzimmer der Zukunft) Die technische Ausstattung der Klassenzimmer ist eine Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Einsatz derartiger Instrumente. Hier ist das Projekt KidZ (Klassenzimmer der Zukunft) zu nennen, das bis zum Schuljahr 2016/17 läuft. Daran können Schulen teilnehmen, die folgende Teilnahmevoraussetzung erfüllen: „Einrichtung und IT-Ausstattung zumindest einer Klasse, in welcher die SchülerInnen die Möglichkeit haben, den Einsatz der neuen Medien in allen Gegenständen zu erleben und einen eigenverantwortlicheren Zugang zum Lernen zu finden: Kein sporadisches 'Durchschleusen' möglichst vieler SchülerInnen durch einen Raum, sondern die systematische Erprobung und Evaluation des Mehrwerts neuer Medien in einer Klasse.“22 9. E-Learning an Universitäten An etlichen Universitäten und Fachhochschulen Österreichs wird Moodle23 eingesetzt. Diese weit verbreitete Open-Source E-Learning-Plattform, dient zur mediengestützten Abwicklung von Lehrveranstaltungen. 10. E-Learning in der Erwachsenenbildung Das E-Learning-Angebot öffentlich zugänglicher Institutionen und die betriebsinternen Weiterbildungsmaßnahmen sind unüberschaubar groß. Das österreichische Institut für Erwachsenenbildung fungiert als „außeruniversitäre Forschungs-, Entwicklungs- und Beratungseinrichtung zu Fragen der Erwachsenenbildung und des Lebenslangen Lernens.“24 Eine weitere wichtige Quelle ist die Plattform http://erwachsenenbildung.at/ bzw. das dazugehörige Printmagazin. 11. Mögliche Fragestellungen für die Diskussion Interaktion - Was sind die interaktiven Momente bzw. Mechanismen, die dort zum Einsatz kommen (Interaktion mit Inhalten/Medien und soziale Interaktion)? - Gibt es neue neurobiologische Erkenntnisse zum Lernen, vor allem im Zusammenhang mit den neuen Technologien? 22 http://elsa20.schule.at/kidz-klassenzimmer-der-zukunft/projektuebersicht/ 23 https://www.moodle.ufg.at/ 24 10
Individualisierung vs. Standardisierung? - Wie kann möglichst gut auf individuelle Lernbedürfnisse und Lernstile eingegangen werden? - Was lässt sich standardisieren (also mit Software abbilden) und wo braucht es persönliche Unterstützung beim Lernen? Einsatzgebiete / Qualitätskriterien - In welchen Bereichen können diese neuen Zugänge/Technologien eingesetzt werden? - Wo liegen die Potenziale und wo die Beschränkungen? - Welche Qualtätskriterien sollen bei E-Learning angelegt werden? Wie sieht die Qualitätskontrolle für E-Learning-Software aus? Wo stehen wir hier aktuell? Was braucht es, um die Qualität weiter zu heben? - Wie werden Lernerfolge gemessen (inhaltliches Verständnis im Gegensatz zu faktischem Wissen)? Kommerzialisierung vs. Demokratisierung von Bildung - Oft wird der Vorwurf erhoben, dass aufgrund der hohen Anfangsinvestitionen für E-Learning v.a. jene Bereiche forciert werden, die kurzfristig Profite abwerfen. Wie kann einer Kommerzialisierung entgegengewirkt werden? - Wer erstellt diese Software und sucht die Inhalte aus? - Ist eine stärkere Inklusion von bisher durch bislang ausgeschlossene oder schwer integrierbare Gruppen zu erwarten? (Stichworte: Verfügbarkeit von Spezialkursen in ländlichen Regionen, Menscen mit Behinderungen…) - Wer stellt die notwendige Infrastruktur für diese neuen Technologien? - Wird die Bürde auf Privatpersonen abgewälzt [Stichwort: bring your own device]? Rollen - Wird sich durch E-Learning die Rolle der bestehenden Bildungsinstitute verändern? - Welche Rolle kommt den Lehrenden zu? - Gibt es Änderungen im Selbstverständnis der Lernenden (Stichwort: Kollaboration)? - Wo sind Vorteile, Nachteile und Gefahren kollaborativer Wissenssammlung und -vermittlung zu verorten? - Wer bestimmt Standards/Normen bzw. wer sollte sie bestimmen? Rahmenbedingungen / Voraussetzungen - Wo sind die Bruchstellen bei der Integration von E-Learning in Prozesse/Curricula von Bildungsinstitutionen? - Wo muss die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen angepasst werden? - Wird neues Basis-Know-How gefunden? Welches ist das? Sind Computational Thinking, informatische Bildung / Programmierkenntnisse solche neue Basis-Skills? Warum bzw. warum nicht? 11
Infotainment / spielerische Zugänge: - Ist Infotainment effektiv? Vor-/Nachteile? - Sind Simulationen ein valider Zugang? Wofür sind sie geeignet? 12
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