Urbaner Verkehr der Zukunft - Radkompetenz Österreich
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2 Urbaner Verkehr der Zukunft Bitte einsteigen: Know-how aus Österreich fährt ein! Mit unseren Kunden verwirklichen wir, worauf es ankommt. Gemeinsam bringen wir Österreichs Mobilität voran. Österreichs Gesamtverkehrsplan verfolgt zwei zentrale Energie wird wieder ins Netz zurück gespeist. Aber auch Ziele: Mobilität für Menschen möglichst frei und angenehm im ÖBB railjet braust österreichisches Know-how durch zu gestalten. Und die negativen Folgen des Verkehrs das Land. Und das mit bis zu 230 km/h! Eine echte hintanzuhalten. Wirtschaftslokomotive für den Standort Österreich. Hier bringt Siemens-Technik das Land entscheidend voran. Um die Attraktivität, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit So stammen sämtliche U-Bahnzüge der Wiener Linien mit öffentlicher Verkehrsmittel weiter zu steigern, setzt Siemens Ausnahme der U6 aus dem Siemens-Werk in Wien-Simmering. stark auf Digitalisierung und treibt die Verbindung von Durch den hohen Grad an Digitalisierung setzen diese virtueller und realer Welt voran. Gemeinsam mit seinen Fahrzeuge in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe bei der Kunden elektrifiziert, automatisiert und digitalisiert Energieeffizienz. Etwa bei der Bremsenergie-Rückgewin- Siemens die Welt, in der wir leben – und verwirklicht das, nung: über ein Drittel der beim Bremsen anfallenden worauf es ankommt. siemens.at/gemeinsam
Mobilität mit Zukunft 1/2016 Urbaner Verkehr der Zukunft 3 Dank Impressum VCÖ Als Hauptautor zu zitieren: Publikationen des VCÖ dienen der fachlich 1050 Wien VCÖ, Wien, Österreich fundierten Aufbereitung beziehungsweise Bräuhausgasse 7–9 Diskussion von Themen aus dem B ereich T +43-(0)1-893 26 97 Medieninhaber, Herausgeber Mobilität, Transport und Verkehr. Die Art der E vcoe@vcoe.at und Verleger: www.vcoe.at VCÖ, 1050 Wien Behandlung der Inhalte und die e rarbeiteten ZVR-Zahl 674059554 Ergebnisse müssen nicht mit der M einung der VCÖ (Hrsg.): unterstützenden Institutionen und Personen „Urbaner Verkehr Titelbild: übereinstimmen. der Zukunft“ Projektblatt/Angela Batik VCÖ-Schriftenreihe Übersetzung: „Mobilität mit Zukunft“ Sylvi Rennert Gedankt sei allen, die die Herausgabe dieser 1/2016 Layout: Publikation finanziell unterstützt h aben. Wien 2016 A BISS Z PRODUCTIONS ISBN 3-901204-88-1 Druck: Donau Forum Druck Walter-Jurmann-Gasse 9, 1230 Wien Erstellt unter Mitarbeit von: Karl Reiter Reinhold Bernhard Deußner Hachleitner Nina Claus Pickl Nadine Seibt Haufe Martin Inserate: Posset Wolfgang EZA Aichinger Linz AG Cornelia Zankl Willi Rhomberg Nowak Markus Siemens Gansterer Verkehrsverbund Ost-Region Karl Regner VIDA Florian Harald Uwe Tesarek Frey Sattler Folgende Personen haben durch einen großzügigen Unterstützungsbeitrag eine Patronanz für die VCÖ- Anna Publikation „Urbaner Verkehr der Zukunft“ übernommen Haberl und damit d eren Entstehung ermöglicht: Helmut Gretsch Ulla Manfred Hagen Rasmussen Rupert Helm-Wakolbinger Christian Wolfgang Seiser Gratzer Zahlreiche weitere Personen haben durch ihre Spenden diese Publikation möglich gemacht.
Foto: Phil Dixon Eine Mobilität mit Zukunft braucht den VCÖ! Spenden-Konto: Erste Bank, IBAN: AT11 2011 1822 5341 2200, BIC: GIBAATWWXXX Wie Sie den VCÖ unterstützen können Spenden für die VCÖ-Tätigkeit sind steuerlich absetzbar. Online spenden auf www.vcoe.at Die Verkehrs- Mit Ihren Spenden machen Sie den VCÖ-Einsatz möglich. probleme der Tragen Sie einmalig oder dauerhaft das VCÖ-Engagement mit. Gegenwart Mit Ihrer 150 Euro Patenschaft brauchen fördern Sie regelmäßig Ihnen wichtige Mobilitätsthemen. heute den Jährlich per Dauer- oder Einziehungsauftrag. VCÖ-Einsatz Mit Ihrer 500 Euro Patronanz und die VCÖ- finanzieren Sie wichtige VCÖ-Projekte. Einmalig je Projekt einen großzügigen Beitrag leisten. Ideen als Basis einer Mobilität Mit Ihrer 1.500 Euro Zukunftspartnerschaft setzen Sie einen Baustein für eine Mobilität mit Zukunft. mit Zukunft! Einmalig den wichtigen VCÖ-Einsatz großzügig unterstützen. Ihre Spende wirkt! Spenden-Konto: 05328 Erste Bank IBAN: AT11 2011 1822 5341 2200 Spenden für die VCÖ-Tätigkeit sind steuerlich absetzbar. Online spenden auf www.vcoe.at BIC: GIBAATWWXXX
Mobilität mit Zukunft 1/2016 Urbaner Verkehr der Zukunft 5 Vorwort Immer mehr Menschen leben in Städten. Vielfalt und Dichte von Städten generieren Nähe von Arbeit, Wohnen und Frei zeitaktivitäten. Dadurch wird Zeit und Geld gespart, und Infra strukturen sind effizient genutzt und daher kostengünstig. Der Trend der Urbanisierung hat im Bereich der Mobilität ein hohes Potenzial bei Klimaschutz, Flächeneffizienz und Kostensenkung für private und öffentliche Haushalte. Viel von dem, was wir an Städten nachteilig empfinden, kam mit der Massenmotorisierung. Kahlheit, Abgase, Lärm und das Gefühl, bedroht und eingeengt zu sein, weil draußen der Auto verkehr keinen Platz mehr lässt. In Städten verzichtet derzeit die Mehrheit der Bevölkerung wegen des Autoverkehrs auf viel Lebensraum und damit Lebensqualität. In den größten Städten Österreichs sinkt die Anzahl an Autos in Relation zur Bevölkerungszahl bereits seit etwa zehn Jahren. In Wien gibt es auch mehr verkaufte Jahresnetzkarten des Öf fentlichen Verkehrs als zugelassene Pkw. Die junge Generation in den Städten hat sich darauf längst umgestellt. Fuhr beispiels weise in Wien vor zehn Jahren noch jede fünfte unter 30-jährige Person mit dem Auto zur Arbeit, so ist es jetzt nur noch jede zehnte Person. Das Auto hat sein Pensionsalter erreicht und geht in den Städten mit der Baby-Boom-Generation in Rente. Auch wenn das Autozeitalter zu Ende geht, so hat es doch tiefe Spuren in den Strukturen unserer Gesellschaft hinterlassen. Unsere Straßen wurden jahrzehntelang autogerecht umgebaut. Planungsrichtlinien schreiben noch den Vorrang des Kfz-Ver kehrs fest. Ampelschaltungen berücksichtigen Autos stärker als Gehende. Öffentlicher Raum ist als Verkehrsraum für Vehikel definiert statt als Aufenthaltsraum für Menschen. Im Wohnbau wird noch immer die Unterbringung privater Autos aus öffentli chen Mitteln gefördert, statt diesen Vorzug nur gemeinschaftlich genutzten Pkw zu gewähren. Das aufzulösen ist herausfordernd. Die Mobilitätssanierung unserer Städte umzusetzen wird Jahre dauern. Denn es gibt in Österreich im Gegensatz zu Städten anderswo keine autofreien Innenstädte, noch keine einzige Um weltzone, noch keine Stadt mit City-Maut, geschweige denn Städte mit einem Netz an Radschnellwegen. Wie eine klimaver trägliche und sozial gerechte Mobilitätssanierung gelingen kann, wird in der VCÖ-Publikation „Urbaner Verkehr der Zukunft“ skizziert. Willi Nowak VCÖ-Geschäftsführung
Mit unsereM Sinn Handeln Ressourcen effizienz entfalten. Nachhaltigkeit ist ein Begriff mit vielen Facetten. Ver- mutlich denken die meisten in erster Linie an ökologisch bewusstes Handeln. Doch Nachhaltigkeit trägt ebenso eine wirtschaftliche wie eine soziale Bedeutung. Für uns als Unternehmensgruppe sind alle Aspekte der Nachhaltigkeit wichtig, geht es dabei doch stets um eines: achtsames Mit Unternehmungen in den Bereichen Bau, Bahn und Ressourcen und bewusstes Handeln. Nur so können wir sinnvolle ist die Rhomberg Gruppe in einer Branche tätig, die rund 40 Pro- Entscheidungen treffen, sinnhafte Projekte umsetzen und zent aller Rohstoffe weltweit verbraucht. Wir wissen um unsere mit unseren Taten Sinn entfalten – im wertschätzenden Aufgabe und unsere Verpflichtung. Wir wissen, dass bewusstes, Umgang mit unseren Mitarbeitern ebenso wie im effizien- nachhaltiges Handeln ein steter Weg ist. Einer, der Sinn entfaltet, ten Einsatz von Ressourcen oder im Einsparen von CO 2 . wenn wir ihn gemeinsam kontinuierlich weitergehen. www.rhomberg.com Städtische Mobilität der Zukunft Rund 120 erfolgreiche Jahre liegen auf dem Weg vom Betreiber einer Tramway zum modernen Mobilitätsanbieter. Damals wie heute gilt – persönliche Mobilität ist eines der wichtigsten menschlichen Bedürfnisse und ihre Bedeutung wird weiter zunehmen. In Ballungszentren ist die strategische Ausrichtung von Verkehrsunternehmen an den Mobilitätsanforderun- gen der Bevölkerung unverzichtbar. Durch den laufenden Ausbau des bedarfsgerechten Angebots sowie die Modernisierung der Infrastruktur und des Fuhrparks sind die LINZ AG LINIEN nicht nur eines der modernsten Verkehrsunternehmen in Europa, sondern auch ein wichtiger Wirtschaftsmotor. Mit dem hohen Anteil an E-Mobilität durch den Einsatz von Straßenbahnen und O-Bussen sowie der Busflotte mit Bio - und Erdgasantrieb wird ein wertvoller Beitrag für die Umwelt geleistet. Über 100 Millionen Fahrgäste jährlich sprechen eine eindeutige Sprache: Die LINZ AG LINIEN sind in Ober- österreich das führende Unternehmen im öffentlichen Personennahverkehr. Umweltfreundlichkeit, Kom- fort und Sicherheit sind das Erfolgsrezept für immer mehr zufriedene Fahrgäste. Um den Mobilitätsan- sprüchen der Kundinnen und Kunden auch künftig gerecht zu werden, kooperieren die LINZ AG LINIEN mit verschiedenen Mobilitätspartnern. Durch die sukzessive Ergänzung des Öffentlichen Verkehrsan- gebots mit Dienstleistungen wie AST (Anruf-Sammel-Taxi), Carsharing oder Leihfahrrädern entsteht für die Fahrgäste ein attraktives Mobilitätspaket als flexible Alternative zum eigenen PKW. Die Serviceleistungen der LINZ AG LINIEN vernetzen die Stadt und damit alle Wege der Kundinnen und Kunden. Egal ob zur Arbeit, in die Freizeit oder zum Shoppingvergnügen – die LINZ AG LINIEN verbinden die Menschen miteinander und sorgen für Mobilität. Zukunft – Einsteigen bitte! LINZ LINIEN GmbH für Öffentlichen Personennahverkehr, 4021 Linz, Wiener Straße 151, Postfach 7009, Austria, Tel.: +43 (0)732/3400-7000
Mobilität mit Zukunft 1/2016 Urbaner Verkehr der Zukunft 7 Inhaltsverzeichnis Ziele und Rahmenbedingungen für Verkehr in Städten der Zukunft 9 Organisation eines städtischen Verkehrssystems der Zukunft 13 Unterschiede innerhalb der Stadt beeinflussen die Mobilität 17 Saubere Mobilität für bessere Gesundheit in Städten 20 Aufenthalt und Gehen in den Städten der Zukunft 23 Die Herausforderung, Stadt und Umland zu verbinden 26 E-Mobilität im städtischen Personenverkehr weiterentwickeln 30 Rolle und Potenzial des Wirtschaftsverkehrs in der Stadt 34 Fahrzeuge gemeinsam nutzen 41 Literatur, Quellen, Anmerkungen 44 VCÖ-Schriftenreihe Mobilität mit Zukunft 48
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Foto: Reinhard Öhner Urbaner Verkehr der Zukunft 9 Ziele und Rahmenbedingungen für Verkehr in Städten der Zukunft Hoher Platzverbrauch, Lärm und Schadstoffemissionen des fossilen Verkehrs verursachen in Städten viele Probleme. Um auch in Zukunft bei wachsender Bevölkerungszahl Mobilität und gesunde Luft für alle zu gewährleisten, bedarf es richtungweisender Anpassungen. Die Möglichkeit, ohne Auto sehr gut mobil zu Bei hoher Siedlungsdichte sind guter Öffent sein, wird von vielen als großer Vorteil der Stadt licher Verkehr und ein höheres Angebot an gesehen und erlebt. In Wien, Innsbruck, Bregenz, Versorgungseinrichtungen leichter zu gewähr Salzburg, Graz und Linz wird die Mehrheit der leisten. So erreichen Personen, die in Linz leben, Alltagswege autofrei zu Fuß, mit dem Fahrrad zu rund 90 Prozent ein Lebensmittelgeschäft in oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück höchstens 15 Minuten zu Fuß. In Wels, Steyr gelegt. Straßen und Parkplätze verbrauchen sehr und Schärding gilt das für mehr als 80 Prozent viel der in Städten knappen und daher wertvollen der Bevölkerung, in den Bezirken Gmunden Fläche. Orientiert sich die Neugestaltung von öf und Eferding für rund 60 Prozent und in den fentlichen Räumen nicht mehr an der Autostraße, Bezirken Urfahr-Umgebung und Steyr Land für erhöhen sich die Nutzungsoptionen und die Le rund 50 Prozent (Bundeslandschnitt 63 Pro bensqualität in den Städten. Zur Fortbewegung ist zent).67 den flächeneffizientesten Verkehrsmitteln Priorität Vielerorts werden autofreie Zonen ausgeweitet. einzuräumen. Weltweit beginnen immer mehr Norwegens Hauptstadt Oslo will bis zum Jahr große Städte wie Paris, Kopenhagen, Amsterdam, Werden die Verkehrsmit- London, New York, Seoul oder Bogotá Transport Eine Mobilitätshierarchie tel in der Stadt anhand und Mobilität so zu organisieren, dass öffentliche für Städte von Flächeneffizienz sowie Umwelt- und Flächen nicht mehr nur als Verkehrsraum für das Gesundheitsverträglich- Auto gestaltet werden. Vor allem in Städten zeigt keit gereiht, ergibt sich Gehen sich, dass sich das Mobilitätsverhalten ändert. eine Priorisierung für Quelle: Stadt Vancouver 201543, eigene Bearbeitung politische und planeri- Immer mehr Menschen sind multimodal unter sche Entscheidungen. Radfahren wegs. Wo Verkehrsberuhigung umgesetzt wurde, In der Stadt Vancouver ziehen Jungfamilien zu, nicht zuletzt, weil sie ein in Kanada sollen künftig Güter- Öffentlicher Verkehr transport bei Verkehrsfragen die verkehrssicheres Umfeld für ihre Kinder und eine Bedürfnisse und die gute Nahversorgung schätzen.116 Sicherheit der Menschen Grafik: VCÖ 2016 Taxi/Carsharing in dieser Reihenfolge be- rücksichtigt werden. 42 Privat-Pkw
10 Urbaner Verkehr der Zukunft Mobilität mit Zukunft 1/2016 Feinstaub sank um sechs, jene durch Stickoxide Motorisierung in Wien geht zurück um zehn Prozent.153 Der Pkw-Verkehr in den Jahr 2009 Jahr 2015 Jahren 2001 bis 2014 um 30 Prozent zurück, 500 der Pkw-Bestand verkleinerte sich innerhalb von –0,3% –9,7% zehn Jahren um 100.000 Fahrzeuge.132 –3,1% 442 440 –9,1% Pkw je 1.000 Einwohnenden 400 +1,1% +0,9% In Madrid ist in der 3,5 Quadratkilometer 392 380 –7,6% 392 404 362 365 356 365 Quelle: Statistik Austria 2016, MA 18 2015343 Grafik: VCÖ 2016 300 348 352 331 großen „Área de Prioridad Residencial (APR)“ 305 der Pkw-Verkehr auf die Anrainerinnen und 200 Anrainer beschränkt. Bis zum Jahr 2020 sollen 100 durch 95 Maßnahmen sechs Prozent des Ge samtverkehrsaufkommens vom Pkw-Verkehr 0 Wien Meidling Simmering Land- Marga- Maria- Alser- auf den Öffentlichen Verkehr sowie Gehen und (12. Bezirk) (11. Bezirk) straße reten hilf grund (3. Bezirk) (5. Bezirk) (6. Bezirk) (9. Bezirk) Radfahren verlagert werden. Es wird geschätzt, Bezirke mit Bezirke mit dass damit insgesamt 135.000 Tonnen CO2, 400 stärkstem Anstieg/ stärkstem Rückgang Tonnen Stickoxide und 26 Tonnen Feinstaub schwächstem Rückgang* * wegen des hohen Anteils an Firmen-Pkw ohne 1. Bezirk PM2,5 vermieden werden können – obwohl die Anzahl der zurückgelegten Wege um 3,5 Prozent Im Vergleich zum Jahr 2019 das Stadtzentrum nahezu vollständig von steigen soll.324 2009 ist der Motori- Privatautos befreien. Der Kfz-Verkehr soll im Im Jahr 2015 hatten in Kopenhagen nur 22 sierungsgrad im Jahr 2015 im Wien-Durch- selben Zeitraum im gesamten Stadtgebiet um Prozent der Haushalte einen Pkw. Nur noch zehn schnitt um 3,1 Prozent 20 Prozent und bis zum Jahr 2030 um 30 Pro Prozent der Bevölkerung verwenden den Pkw niedriger. Am stärksten ging er in Alsergrund zent zurückgehen. 209 Ergänzend sollen 60 Kilo täglich, hingegen nutzen 63 Prozent das Fahrrad zurück, in Meidling und meter Rad- und Radschnellwege gebaut und die für ihre täglichen Wege. In einem ersten Schritt Simmering gab es einen Investitionen in den Öffentlichen Verkehr massiv der Rückgewinnung von Parkraum zu öffentlich leichten Anstieg. erhöht werden.189 Ziel ist, die Schadstoffbelas nutzbarem Raum werden 80 Pkw-Stellplätze tung und – zusammen mit Maßnahmen in an entlang des Fredriksholm Canal zugunsten einer deren Sektoren – den Ausstoß klimaschädlicher Promenade weichen.49 Emissionen bis zum Jahr 2020 um 50 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 zu sen Gute Gründe für nachhaltigen Stadtverkehr ken.209 Die EU-Kommission betont die Bedeutung eines In Paris sollen die vier Innenstadtbezirke zu nachhaltigen Verkehrs in den Städten für Le „Halb-Fußgängerzonen“ werden, in denen nur bensqualität, Gesundheit und Wirtschaft, da die noch Busse, Fahrräder, Taxis, Lieferwagen, Ret meisten Wege in Städten beginnen oder enden, tungsfahrzeuge und Anrainer-Pkw verkehren dür aber vielerorts der steigende Verkehr in und um fen.59 Durch Fahreinschränkungen in der Innen die Städte zu Staus, schlechter Luftqualität, Lärm stadt wurde das Verkehrsaufkommen bereits um und hohem CO2-Ausstoß geführt hat. 18 Prozent und im Vorortegürtel um Paris um 13 Gleichzeitig haben Städte wegen ihrer Bevölke Prozent vermindert. Die Gesamtbelastung durch rungsdichte und ihrem hohen Anteil an kurzen Zwischen Österreichs Städten variiert die Große Unterschiede bei Mobilität zwischen Österreichs Städten Verkehrsmittelnutzung stark. In größeren Städten wird mehr zu Rad Sonstiges (Moped, Motorrad, Taxi) Fuß gegangen, Fahr- Quelle: Erhebung VCÖ 2016339, VCÖ 2016 Grafik: VCÖ 2016 rad gefahren und der 100 2 1 1 2 1 1 Öffentliche Verkehr 27 45 46 28 Anteil der Wege in Prozent 80 40 44 50 51 56 stärker genutzt. Doch 49 63 58 61 62 66 70 72 auch kleinere Städte 60 22 bieten gute Vorausset- 39 15 15 19 20 9 7 zungen für Gehen und 40 17 21 Radfahren. 20 15 17 14 9 8 10 6 2 7 20 18 15 7 19 4 4 11 10 10 9 2 4 20 31 17 27 25 20 18 19 22 26 21 16 20 25 17 26 18 11 20 0 Wien Inns- Bre- Salz- Feld- Graz Linz Leoben Waid- St. Wr. Villach Steyr Wels Klagen- Eisen- Juden- 2015 bruck genz burg kirch 2013 2012 2011 hofen/ Pölten Neu- 2011 2012 2012 furt stadt burg 2015 2013 Stadt 2013 Ybbs 2012 stadt 2011 2013 2010 2012 2013 2013
Mobilität mit Zukunft 1/2016 Urbaner Verkehr der Zukunft 11 Wegen großes Potenzial zur Dekarbonisierung des Verkehrs. Die EU-Kommission betont hier Mehr Jahresnetzkarten des Öffentlichen den Ausbau von Gehen, Radfahren und Öffent Verkehrs als Pkw in Wien Quelle: Wiener Linien 2016121, MA18, MA23142 Grafik: VCÖ 2016 lichem Verkehr, alternativen Antrieben und private Pkw Firmenfahrzeuge Jahresnetzkarten* 800.000 neuen Formen für Autonutzung und -besitz sowie die Umsetzung der Luftqualitätsvorgaben 600.000 und neue urbane Planungsstrategien hin zu den sauberen und nachhaltigen Mobilitätsmodi.47 400.000 Rahmenbedingung wachsende Ballungsräume 200.000 Wie international wächst auch in Österreich der Grad der Verstädterung. Im Jahr 2001 wohnten 0 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 64 Prozent der Österreicherinnen und Öster * ohne Studierenden-Semestertickets und Top-Jugendtickets reicher in Städten aller Größen, im Jahr 2013 bereits 68 Prozent.261 In Österreich gibt es 76 Grad Celsius zu begrenzen und die globalen Mit 700.000 Jahreskar- Städte und zehn Gemeinden mit mehr als 10.000 Netto-Treibhausgas-Emissionen in der zweiten ten für den Öffentlichen Verkehr gibt es in Wien Einwohnenden. Nach Definition von Urbanisie Hälfte dieses Jahrhunderts auf Null zu reduzie bereits mehr Jahres- rung entsprechend der Bevölkerungsdichte gibt ren. 58 karten als in der Stadt zugelassene Pkw. Dabei es in Österreich über Kernstädte hinaus größere, Städte spielen aufgrund ihrer Wirtschaftskraft sind Semestertickets urbane Räume vor allem rund um die Landes eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den für Studierende und hauptstädte.250 Klimawandel. Immer mehr Städte beginnen mit Top-Jugendtickets noch nicht berücksichtigt. Die Bevölkerungszahl der Landeshauptstädte gemeinsamen Klimaschutzinitiativen.328 Für den Österreichs stieg seit dem Jahr 2001 um mehr als Verkehr in den Städten der Zukunft macht das, sieben Prozent.249 Auf die sechs Großstadtregio zumindest zum überwiegenden Teil, einen Aus nen mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und stieg aus fossilen Antriebsformen notwendig. Einwohnern in der Kernzone251 wird sich auch Der Gesamtenergieverbauch des Öffentlichen das prognostizierte Bevölkerungswachstum Ös Verkehrs lag im Jahr 2012 in Wien bei rund 706 terreichs konzentrieren.167 Gigawattstunden.141 Das entspricht nur rund fünf Hinsichtlich der regionalen Verteilung dieses bis sechs Prozent des gesamten Energieverbrauchs Wachstums stechen neben dem Großraum Wien, im Verkehrssektor, wobei der Öffentliche Verkehr der bis ins Nordburgenland reicht, auch die Re etwa die gleiche Anzahl an Personenkilometer Immer mehr Menschen gionen der Landeshauptstädte Graz, Salzburg, erbringt wie der Pkw-Verkehr.233 Noch größer ist in Österreichs Städten haben eine Jahresnetz- Innsbruck und Bregenz sowie der oberösterreichi der Unterschied beim CO2-Ausstoß .233 karte für den Öffent sche Zentralraum Linz–Wels heraus.167 Im Jahr lichen Verkehr. 2050 wird etwa eine Million Menschen mehr in Österreichs Ballungsräumen leben als heute.169 Jahresnetzkarten für den Öffentlichen Verkehr Großer Handlungsbedarf herrscht daher beim in Österreich immer beliebter Stadt-Umland-Verkehr. Anzahl der Jahresnetz- Jahresnetzkarten* Verände- karten pro Ziel aus der UN-Klimakonferenz: Verkehr muss Stadt/Region 2014 2015 rung 1.000 EW bis 2050 erdölfrei werden Wien 648.000 700.000 +8 % 380 Der Stadtverkehr ist in Europa für etwa ein Vier Graz 12.000 38.000 +217 % 136 tel der CO2-Emissionen des gesamten Verkehrs Linz 20.989 21.430 +2 % 107 Quelle: VCÖ 2016350 Tabelle: VCÖ 2016 verantwortlich. Davon entfallen rund 36 Prozent der Treibhausgas-Emissionen auf den Güterver Salzburg (Stadt) – 13.590 – 90 kehr und 64 Prozent auf den Personenverkehr. 74 Innsbruck** 5.065 12.338 +144 % 94 Bei der UN-Klimakonferenz im Dezember Vorarlberg*** 60.109 63.454 +6 % 165 2015 in Paris einigten sich die Staaten auf einen * ohne Studierenden-Semestertickets und Top-Jugendtickets ** ohne Seniorinnen und Senioren- sowie Lehrlingstickets neuen Weltklimavertrag und vereinbarten, die *** ganz Vorarlberg ist eine Tarifzone Erderwärmung möglichst auf weniger als zwei
12 Urbaner Verkehr der Zukunft Mobilität mit Zukunft 1/2016 Gesellschaftliche Veränderungen und zunehmend auch von Transport-Rädern Städte haben einen hohen Anteil an Ein-Perso aus.291 nen-Haushalten, die besonders selten einen eige nen Pkw besitzen. In Städten ab 50.000 Personen Unterschiede zwischen Städten liegt der Anteil der Ein-Personen-Haushalte be Die Wiener Linien verzeichneten im Jahr 2015 reits bei 47 Prozent.249 939 Millionen Fahrgäste.51 Der Anteil des Öf Die wachsende Digitalisierung hat das Kon fentlichen Verkehrs am Modal Split ist mit 39 sumverhalten im letzten Jahrzehnt erheblich ver Prozent in Wien auch im internationalen Ver ändert. Selbst alltägliche Einkäufe werden immer gleich sehr hoch.312 Ende des Jahres 2015 besa öfter online erledigt. 58 Prozent aller Personen ßen rund 700.000 Personen eine Jahreskarte für von 16 bis 74 Jahren haben zumindest einmal den Öffentlichen Verkehr in Wien.121 Somit gibt binnen zwölf Monaten online eingekauft.241 es in Wien erstmals mehr Jahreskarten für den Smartphones strukturieren den Alltag neu: Öffentlichen Verkehr als zugelassene Pkw.142 „Always online“ verändert den Tagesrhythmus, Auch in Graz stieg die Anzahl der Jahreskarten die sozialen Kontakte und die Mobilität – Ver nach einer Reduktion des Preises von 399 Euro abredungen und Ziele können spontan geändert auf 220 Euro. Im Jahr 2014 wurden 12.000 werden, multimodale Mobilität wird erleichtert. Jahreskarten verkauft, im darauffolgenden Jahr Verkehrsmittel können differenzierter gewählt waren es mit 38.000 fast dreimal so viele.211 und kombiniert werden. Der zunehmende Bedarf Neben Amsterdam oder Kopenhagen – das an Flexibilität drückt sich auch im Boom des Fahrrad ist dort mit einem Modal Split-Anteil Radfahrens vor allem in Städten, von E-Bikes von über 30 Prozent das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel283 – forcieren auch viele andere Städte in den Niederlanden und Dänemark den Verkehrsziele in Österreichs Städten Radverkehr, ebenso wie einige Städte in Deutsch Fast alle Landeshauptstädte haben Verkehrskonzepte mit Zielen für die nahe Zukunft land. So gibt es in München mittlerweile 55 beschlossen. Öffentlicher Verkehr und Radfahren sowie die Reduktion des Autover- Fahrradstraßen, mehr als doppelt so viele wie in kehrs werden dabei klar in den Vordergrund gestellt. ganz Österreich.130,182 Der Anteil des Radver kehrs stieg in München in den Jahren 2008 bis ien Stadtentwicklungsplan (STEP) 2025: Multimodale Mobilitätsangebote, W 2011 von 14 Prozent auf 17 Prozent. 323 In Graz Mobilitätspartnerschaften mit dem Stadt-Umland sowie die Ermöglichung kurzer liegt der Radverkehrs-Anteil bei 15 Prozent217, in und umweltfreundlicher Wege sollen zur Steigerung des gemeinsamen Anteils von Innsbruck bei 17 Prozent128 sowie in Salzburg91 Öffentlichem Verkehr, Radfahren und Gehen am Modal Split auf 80 Prozent füh- und Bregenz100 bei 20 Prozent. In der Charta ren.234 von Brüssel erklären mehr als 60 Städte Euro Graz Mobilitätskonzept 2020: Zur Einhaltung der Umweltstandards hinsichtlich pas – d arunter Linz – einen Anteil des Radver Lärm und Luftschadstoffen soll bis zum Jahr 2021 der Anteil des Umweltverbundes kehrs am Modal Split von mindestens 15 Prozent auf 63 Prozent erhöht werden.216,219 bis zum Jahr 2020 erreichen zu wollen.73 Linz Generalverkehrskonzept: Der Anteil von Gehen, Radfahren und Öffentlichem Verkehr soll im Großraum Linz auf gemeinsam 40 Prozent im Jahr 2025 steigen, Klimaschutz-Potenzial im der Anteil der Pkw von 68 auf 60 Prozent sinken.125 Innsbruck mobil 21: Höhere Gesundheit, Klimaschutz, Energieeffizienz und städtischen Raum nutzen Lebens(raum)qualität bei gleichzeitiger Erhöhung der Mobilität im Großraum • Den begonnenen Mobilitätswandel in den Städten hin Innsbruck, Ausbau des Umweltverbundes, Verringerung des Autoverkehrs.220 zu einer umweltfreundlichen und platzsparenden Mo- bilität durch gezielte Maßnahmen beschleunigen. St. Pölten Generalverkehrskonzept: Mehr Lebensqualität durch weniger Kfz-Ver- • Öffentlicher Verkehr sowie die Infrastruktur für Rad- kehr sieht das Generalverkehrskonzept bis zum Jahr 2025 vor. Der Anteil des Um- fahren und Gehen mit hoher Priorität ausbauen. weltverbunds am Modal Split der Bevölkerung St. Pöltens soll auf 52 Prozent, jener • Leistungsfähige S-Bahn-Verbindungen mit dem Um- der Pendelnden auf 40 Prozent erhöht werden.223 land sind zu erweitern. Bregenz Generalverkehrskonzept: Schwerpunkte sind etwa Aufwertung des öf- • Autofreie beziehungsweise verkehrsberuhigte Zonen fentlichen Raumes und Vision Zero in der Verkehrssicherheit. Bis zum Jahr 2025 sowie flächendeckend Tempo 30 forcieren. sollen die Anteile im Modal Split für Gehen von 28 auf 29 Prozent, für Radfahren • Öffentlicher Raum ist mehr als Verkehrsraum, öffent- von 19 auf 25 Prozent und für den Öffentlichen Verkehr von 9 auf 13 Prozent stei- liche Flächen daher auch als Aufenthaltsräume zu gen. Der Pkw-Anteil soll von 37 auf 29 Prozent sinken.210 gestalten.
Foto und Montage: Robert Eder Urbaner Verkehr der Zukunft 13 Organisation eines städtischen Verkehrssystems der Zukunft Die städtische Mobilität der Zukunft ist nach den Auswirkungen auf die Bevölkerung zu bewerten. Für eine nachhaltig lebenswerte und sozial gerechte Stadt ergeben sich klare Prioritäten. Gehen, Radfahren und Öffentlicher Verkehr sind die zentralen Elemente einer multimodalen Mobilität in Städten der Zukunft. In Österreich sind im Personenverkehr 53 Pro Städtischer Raum ist ein knappes Gut zent aller an Werktagen zurückgelegten Wege Die nutzbare Fläche ist in Städten stark begrenzt. kurze Wege innerhalb der Gemeinde- bezie Wohn-, Wirtschafts- und Erholungsflächen sowie Die Stadt Wien hat bei halb so vielen Einwoh- hungsweise Stadtgrenze. 29 Nachhaltig lebenswer Flächen für Verkehr konkurrieren miteinander. nerinnen und Einwoh- te Städte orientieren sich an Erreichbarkeiten zu In Wien sind zwei Drittel der Verkehrsflächen nern wie Berlin fast die gleiche Anzahl an Fahr- Fuß und mit dem Fahrrad. Kompakte Siedlungs Fahrbahnen. Baulich gestaltete Fußgängerzonen gästen im städtischen strukturen ermöglichen kurze Wege und effizien machen nur etwa ein Prozent der Flächen aus.229 Öffentlichen Verkehr. te Nutzung vorhandener Infrastrukturen.23 Eine breite Auswahl intermodaler347 beziehungs Öffentlicher Personenverkehr ist das weise multimodaler Verkehrsangebote macht für viele Menschen einen Teil der Lebensqualität in Rückgrat der städtischen Mobilität Städten aus. Der optimale Mix aus öffentlichen Stadt Bevölke- Anzahl Fahr- Anzahl Verkehrsbetrieb Verkehrsangeboten, Radnutzung und -besitz, Ge rung gäste 2014 Fahrgäste hen, Taxi und Carsharing macht das Privatauto in Mio. pro EW Quelle: VDV Statistik 2016296, Wiener Linien 2016307, Graz Holding Linien AG 201693, zunehmend uninteressant. Berlin 3.440.991 977,8 284 BVG Linz Linien AG 2016133, Innsbrucker Verkehrsbetriebe 2016106 Tabelle: VCÖ 2016 In Berlin besitzen innerhalb des die Innenstadt Wien (2015) 1.840.573 939,0 510 Wiener Linien umschließenden S-Bahn-Rings 53 Prozent der München 1.424.604 556,2 390 MVG Haushalte bereits kein Auto mehr, der Anteil Hamburg 1.814.597 464,8 256 VHH + Hochbahn des Autoverkehrs am Modal Split ist dort auf 17 Köln 1.053.528 275,1 261 KVB Prozent zurückgegangen.2 In den innerstädti Karlsruhe 299.103 178,3 596 AVG + VBK schen Bezirken Wiens (1. bis 9. sowie 20. Bezirk) Graz 274.207 107,0 390 Holding Graz Linien beträgt der Anteil des Pkw-Verkehrs ebenfalls nur Linz 197.427 107,0 542 Linz Linien noch rund 17 Prozent (2010–2014).112 In Wien sind 41 Prozent der Haushalte autofrei, 292 in Bremen 549.066 104,1 190 BSAG Graz 29 Prozent.354 Bonn 322.960 86,1 267 SWB Freiburg 220.215 75,4 342 VAG Innsbruck 126.965 48,6 383 IVB
14 Urbaner Verkehr der Zukunft Mobilität mit Zukunft 1/2016 Effizienz mit Flächenstunden bewerten dynamische Flächeneffizienz verschiedener Ver Wollen 50 Personen eine beliebige Strecke zu kehrsmittel dargestellt werden.10 rücklegen, benötigen sie in Bewegung zusam Dauerparken im öffentlichen Raum wider men zu Fuß eine Fläche 50 Quadratmetern, per spricht einer flexibleren Nutzung der Straße und Fahrrad von 580 Quadratmetern, mit einem ist somit konsequent zu reduzieren.115 Mittler vollbesetzten Bus 70 Quadratmeter und mit weile entlasten viele Großstädte ihre Straßen und vollbesetzten Pkw (fünf Sitze) 610 Quadratmeter. öffentlichen Verkehrsmittel gezielt durch Investi Mit dem durchschnittlichen Besetzungsgrad der tionen in multifunktional und flexibel nutzbaren Pkw in Wien (1,28 Personen) erhöht sich der öffentlichen Raum. Flächenbedarf mit dem Auto auf insgesamt 2.375 und mit dem Bus (bei entsprechender Öffentlicher Verkehr als Rückgrat eines Auslastung von 26 Prozent) auf 190 Quadrat multimodalen Verkehrsangebots meter. Nicht berücksichtigt ist hier, dass die Ein hoher Anteil des Öffentlichen Verkehrs trägt Autos auch Platz zum Parken, meist im Straßen nicht nur maßgeblich zu geringeren Lärm- und raum, benötigen. Luftschadstoff-Emissionen bei, sondern hilft der Für eine vollständige quantitative Bewertung Bevölkerung auch Kosten zu sparen. Der Preis Mit einem Pkw, der eine Stunde gefahren wird ist neben der Flächeneffizienz auch die zeitli für eine Jahreskarte des Öffentlichen Verkehrs in und 23 Stunden täglich che Inanspruchnahme von Flächen im öffent Graz entspricht bei Kilometerkosten von 42 Cent im öffentlichen Raum abgestellt ist, werden lichen Raum maßgebend. Der Indikator der lediglich 543 Kilometern Autofahren.336 zum Transport einer Flächeninanspruchnahme ist deshalb um die Ge Der Ausbau der Straßenbahn wird etwa in Person im Durchschnitt schwindigkeits- und Zeitkomponente zu erwei Frankreich als Mittel der Verkehrsberuhigung 290 Flächenstunden benötigt. Öffentliche Ver- tern (Flächen in genutzten Quadratmetern mul eingesetzt. Eine Straßenbahn transportiert zu kehrsmittel, die in Be- tipliziert mit der Anzahl der Stunden, in denen Hauptverkehrszeiten im Schnitt 145 Menschen triebsgaragen abgestellt sind, sind besonders sich das Verkehrsmittel im öffentlichen Raum und beansprucht eine Fläche von 85 Quadrat flächeneffizient. befindet). Auf Basis dessen kann die zeitbezogene metern – so viel wie 124 Pkw, die stehend eine Pkw-Verkehr beansprucht am meisten Raum in der Stadt Flächenstunden (m²h) pro Person und Tag 1,0 3,1 3,6 24,8 290,1 40 Prozent Auslastung 40 Prozent Auslastung 1,28 Personen pro Fahrzeug Reise- Aufenthalt im öffentlichen Flächenstundenbedarf geschwindigkeit Raum pro Tag in Stunden pro Person in km/h in Bewegung in Ruhe* in Bewegung in Ruhe gesamt Gehen 5 1 0 1,0 0,0 1,0 Radfahren 15 1 11 11,6 13,2 24,8 Bus, 26 % Auslastung 20 1 0 5,6 0,0 5,6 Bus, 40 % Auslastung 20 1 0 3,6 0,0 3,6 Quelle: VCÖ 2016337, Wiener Linien 2016341 Grafik: VCÖ 2016 Bus, 100 % Auslastung 20 1 0 1,4 0,0 1,4 Straßenbahn, 26 % Auslastung 20 1 0 6,2 0,0 6,2 Straßenbahn, 40 % Auslastung 20 1 0 3,1 0,0 3,1 Straßenbahn, 100 % Auslastung 20 1 0 1,2 0,0 1,2 Pkw mit 1 Person 25 1 23 60,8 310,5 371,3 Pkw mit 1,28 Personen, 26 % Auslastung 25 1 23 47,5 242,6 290,1 Pkw mit 5 Personen, 100 % Auslastung 25 1 23 12,2 62,1 74,3 * Annahme: Tägliche Benutzungszeit für jedes Verkehrsmittel: 1 Stunde; Pkw parkt 23 Stunden im öffentlichen Raum, Fahrrad parkt 11 Stunden im öffentlichen Raum, öffentliche Ver- kehrsmittel sind während der Stehzeiten in Betriebsgaragen untergebracht, die nicht zum öffentlichen Raum zählen.
Mobilität mit Zukunft 1/2016 Urbaner Verkehr der Zukunft 15 Die Gliederung der Städtestruktur in Super- blocks ist eine wirksame Maßnahme zur Ver- Abbildung: Fanninger 2014 auf Basis von Tsubohara 2007 kehrsberuhigung, wäh- rend die Erreichbarkeit Abbildung: ABCdesevilla bestehen bleibt. Gehzeiten zwischen den Stationen angibt, um zum Gehen zu motivieren.266 Öffentlicher Verkehr und das Wegeangebot für Fahrrad und Gehen sollten sich optimal er Das Zentrum von gänzen. So entlastet eine attraktive Fahrradinfra Groningen wurde in vier struktur den Öffentlichen Verkehr einerseits auf Areale unterteilt, die für private Autofahrten kurzen und mittleren Distanzen. Andererseits jeweils nur von außen nutzen 22 Prozent der Radfahrenden in Öster erreichbar sind. reich das Fahrrad regelmäßig in Kombination mit dem Öffentlichen Verkehr.290 Fläche von 950 Quadratmetern beanspruchen Knotenpunkte des Öffentlichen Verkehrs sollen und nach der Fahrt zusätzlich Parkplätze be einen direkten Zugang zu Bikesharing-Systemen nötigen. 348 Der öffentliche Raum entlang neu beziehungsweise ausreichend und wettergeschütz errichteter Straßenbahnachsen wird in Frank te Radabstellanlagen aufweisen. reich durch Grünflächen, Radinfrastruktur sowie durch Infrastruktur für Gehende aufgewertet.109 Superblocks: Verkehrsberuhigte Wohngebiete Schnittstellen, an denen Öffentlicher Verkehr Das Konzept der Superblocks greift die Idee und bedarfsorientierte, individualisierte Mobi (auto-)verkehrsberuhigter Wohnquartiere auf. litätsdienstleistungen wie etwa Car- und Bike Mehrere Straßenzüge in einem Stadtviertel sharing, Taxi oder Bike&Ride zusammentreffen, werden zu einem Raster von etwa 400 mal 400 gewinnen in einer verstärkt multimodalen Mobi Metern zusammengefasst, ihre Ränder stellen das litätslandschaft an Bedeutung. Schon jetzt wird Basisnetz für den Autoverkehr dar. Für Gehen an einfachen Ticket-, Buchungs- und Bezahl und Radfahren steht ein dichteres Wegenetz zur systemen gearbeitet, die die Nutzung verschiede Verfügung, auf welchem Durchfahrten mit dem ner Mobilitätsangebote erleichtern werden.344 Auto nicht möglich sind. Die Zufahrt zu Woh nungen und lokalen Wirtschaftsbetrieben ist mit Die Anzahl der Rad Multi- und intermodale Mobilitätsstile für eine maximal zehn Kilometern pro Stunde erlaubt. fahrenden ist in den vergangenen Jahren – Stadt mit hoher Lebensqualität Innerhalb der Superblocks ist lediglich Kurz auch im Winter – Auch Wege, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln parken im öffentlichen Raum erlaubt. Dauer gestiegen. zurückgelegt werden, sind stets mit anderen Fort bewegungsarten verbunden.263 Die Gestaltung Ganzjährig immer mehr Radfahrende in des Raums zwischen Haltestelle und Beginn be ziehungsweise Ziel des Wegs trägt entscheidend Österreichs Städten Quelle: NAST 2016148, Stadt Graz 2016218, Stadt Salzburg 2016304 zur Größe des Einzugsgebiets einer Haltestelle Durchschnittliche tägliche Anzahl Radfahrender (Mo–Fr) Jahr 2010 Jahr 2015 bei. Je angenehmer und schöner eine Strecke 8.000 empfunden wird, umso weitere Distanzen werden bereitwillig zu Fuß gegangen. Eine Haltestelle in 6.000 autofreier Umgebung hat in etwa das dreifache 4.000 Einzugsgebiet einer Haltestelle in einem auto dominierten Straßennetz.114 Für London wurde 2.000 etwa ein eigener U-Bahn-Plan entwickelt, der Grafik: VCÖ 2016 0 Wien Wien Graz Salzburg Lassallestraße Opernring Stadtpark Rudolfskai
16 Urbaner Verkehr der Zukunft Mobilität mit Zukunft 1/2016 parken ist untersagt und nur in den bereits senen Pkw werden rund 8,5 Quadratkilome errichteten Parkgaragen der Wohngebäude oder ter benötigt, das entspricht fast der gesamten in spezifischen, am Rande der Superblocks aus Fläche des 16. Bezirks.349 In Graz werden 1,6 gewiesenen, Flächen möglich. In den Randzonen Quadratkilometer beansprucht, in Linz 1,25 befinden sich die Haltestellen des Öffentlichen Quadratkilometer und in Salzburg 0,95 Quadrat Verkehrs. Durch eine solche Reorganisation des kilometer.335 Auf einem Autoparkplatz können Verkehrs in bestehenden Stadtvierteln soll der etwa zehn Fahrräder abgestellt werden.147 Paris Anteil der Wege, die mit dem privaten Pkw zu reduzierte zwischen den Jahren 2003 und 2011 rückgelegt werden, auf unter 25 Prozent sinken. das öffentliche Parkplatzangebot um rund 14.300 Superblocks wurde bereits in mehreren spani Stellplätze oder neun Prozent. Bislang gebüh schen Städten wie Barcelona und Vitoria-Gasteiz renfreie Stellplätze wurden gebührenpflichtig umgesetzt. In Vitoria- Gasteiz stieg innerhalb gemacht. Dadurch sank der Pkw-Anteil von 68 dieser Superblocks der Anteil der für Gehende auf 60 Prozent.228 zur Verfügung stehenden Flächen von 45 auf 74 Bewirtschaftete Stellplätze im öffentlichen Prozent, während die CO2- und NOx-Emissio Raum sind in Österreich durchschnittlich 30 bis nen um bis zu 42 Prozent gesenkt wurden.45 50 Prozent günstiger als jene in meist privatwirt Die Stadt Groningen in den Niederlanden schaftlich betriebenen Garagen,334 die häufig leer verfolgt schon seit dem Jahr 1977 für ihr Stadt stehen. In manchen Städten steigen die Preise zentrum mit dem „Traffic Circulation Plan“ eine für das Parken zum Zentrum hin stark an, zum ähnliche Strategie.99 Die Innenstadt wurde für Beispiel in Amsterdam, wo eine Stunde Parken den privaten Kfz-Verkehr in vier Gebiete unter in der Innenstadt vier Euro kostet.282 Die städ teilt. Autos können jedes Innenstadtgebiet über tischen Einnahmen durch die Parkraumbewirt die umschließende Ringstraße erreichen. Es ist schaftung – oder eine City Maut wie in Stock aber nicht möglich, mit dem Auto direkt von holm, London, Mailand oder Bologna – können einem Teil der Innenstadt in einen anderen zu zweckgebunden zur Finanzierung nachhaltiger fahren. Die Möglichkeit, jeden Punkt mit dem Mobilitätsformen genutzt werden.85 Auto zu erreichen, bleibt bestehen, doch der „Durchzugsverkehr“ wird vermieden und der Pkw-Verkehr um die Innenstadt herumgeführt. Mobilität verändert Städte Gute Bedingungen für das Gehen und Radfahren • Neben den etablierten Maßnahmen, wie Fußgänger- bei gleichzeitiger Erschwernis einer zügigen Nut zonen und Wohnstraßen, müssen flexible Lösungen zung des Autos bieten den Anreiz, Wege in der wie Begegnungszonen zum Regelfall städtischer Innenstadt ohne Auto zurückzulegen. Räume werden. • Verkehrsberuhigung fördert das Radfahren und erhöht Parkraumbewirtschaftung steuert Verkehr die Verkehrssicherheit. Um den Anteil des Radfahrens Parkraumbewirtschaftung ist – neben einem Mit konsequent zu erhöhen, braucht es ausreichend Platz tel zur effizienten Nutzung des knappen Gutes für die Radinfrastruktur und gesicherte Radabstell Platz – ein zentrales Instrument zur Steuerung anlagen. des Verkehrs und zur Verlagerung vermeidbarer • Eine wesentliche Steuerungsgröße ist die Organi- Pkw-Fahrten, da die Rahmenbedingungen an sation des ruhenden Kfz-Verkehrs. Die Anzahl der Quelle und Ziel eines Weges die Verkehrsmittel Autonutzenden nimmt mit wachsender Distanz zum wahl wesentlich beeinflussen.114 Parkplatz ab.173 Die Entfernung zum Parkplatz sowohl Eine der größten Herausforderungen auf dem vom Anfangspunkt als auch zum Endpunkt eines Weg zu einem zukunftsfähigen Gesamtverkehrs Weges bestimmt, ob der Pkw gewählt wird. system in der Stadt ist der ruhende Kfz-Verkehr. • Der Öffentliche Verkehr vernetzt die Menschen auch Das große Parkplatzangebot im öffentlichen über größere Distanzen in der Stadt und ermöglicht Raum und das Festhalten an der Stellplatzver eine flächeneffiziente Mobilität. Haltestellen und pflichtung bei Wohnungen und Betrieben in Knotenpunkte des Öffentlichen Verkehrs sind als den Bauordnungen sind kontraproduktiv. Zum multimodale Mobilitätshubs zu gestalten. Abstellen aller im Jahr 2015 in Wien zugelas • Ein dichtes Netz an Bike- und Carsharing-Standorten ermöglicht eine angepasste und bedarfsgerechte Mobilität nach dem Prinzip „Nutzen statt Besitzen“.
Urbaner Verkehr der Zukunft 17 Foto: fotolia.de Unterschiede innerhalb der Stadt beeinflussen die Mobilität Das starke Bevölkerungswachstum in den Städten und ihrem Umland verändert diese und die urbane Mobilität. Aber auch große Unterschiede zwischen verschiedenen Stadtgebieten haben Auswirkungen auf die Mobilität. Städte bieten kompakte und nutzungsgemischte Dem steht ein hoher Verkehrsaufwand im Siedlungsstrukturen, die effizienten Öffentlichen Stadtgrenzen überschreitenden Verkehr gegen Verkehr, die Nutzung von Radfahren und das über. Mehr als 500.000 Personen überqueren an Gehen zur Erreichung von Alltagszielen ermög einem Werktag die Wiener Stadtgrenze stadtein lichen. Das liegt einerseits daran, dass sich die wärts, 79 Prozent davon mit dem Auto.190 Die meisten Ziele wie Arbeitsplätze und Einkaufs- Einpendelströme stiegen in den letzten Jahre ste und Freizeitmöglichkeiten innerhalb der urbanen tig an. Hinzu kommen Binnenpendelströme in Siedlungsstruktur gut erreichen lassen sowie an nerhalb des Umlands und zunehmende Auspen dererseits am in größeren Städten zumeist guten delströme aus der Kernstadt ins Umland.101 In öffentlichen Verkehrsangebot. der Stadt Salzburg überqueren an einem Werktag Je nach Größe, Urbanisierungsgrad, topogra je Richtung rund 145.000 Personen in 115.000 fischen Gegebenheiten und Ausgestaltung des Pkw und rund 70.000 Personen in öffentlichen Verkehrssystems zeigen sich deutliche Unterschie Verkehrsmitteln die Stadtgrenze.357 de in der städtischen Verkehrsmittelnutzung. Je größer eine Stadt in Österreich ist, umso höher Verschiedene Gebietstypen im urbanen Raum ist der Anteil an der Nutzung öffentlicher Ver Innerhalb urbaner Räume finden sich unter kehrsmittel mit Blick auf die täglichen Wege schiedliche Typen von Nutzungsgebieten, die sich der Bevölkerung.22 Linz weist eine deutlich nach Art und Dichte der Bebauung, der Frei geringere Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel raumstruktur, der infrastrukturellen Ausstattung auf als Wien, die Stadt Salzburg wiederum eine der Verkehrsanbindung sowie der Bevölkerungs niedrigere als Linz. Insgesamt geht der Pkw-Mo zusammensetzung und des Images unterscheiden. torisierungsgrad der Bevölkerung in den großen Vereinfacht kann zum Beispiel unterschieden Landeshauptstädten Österreichs zurück. Die werden zwischen Mischnutzungsgebieten in dicht Mehrheit der Alltagswege wird dort ohne Auto bebauter Innenstadt- oder Stadtzentrumslage mit zurückgelegt. 140,193,227 hochwertigem Öffentlichen Verkehr, Wohn- und
18 Urbaner Verkehr der Zukunft Mobilität mit Zukunft 1/2016 beispielsweise in allen Wiener Bezirken tendenziell ein immer größerer Anteil der Menschen kein eigenes Auto, doch vor allem in den Randbezir ken Liesing, Hietzing, Donaustadt und Döbling liegt der Motorisierungsgrad deutlich höher als im Großteil der Innenstadtgebiete.248 Um ei ne C hancengleichheit zwischen der Distanz zu Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs und zum Abstellplatz des Pkw herzustellen, wird eine Unter Foto: shutterstock bringung der Pkw in zentralen Sammelgaragen für mehrere Wohnbauten empfohlen, die Stellplätze direkt bei den Wohnhäusern ersetzt. Dadurch In Städten wird die Stadterweiterungsgebieten geringer Dichte in eröffnet sich die Möglichkeit für ein autofreies Mehrheit der Alltagswe- Stadtrandlage mit aufgelockerter Siedlungsstruk Wohnquartier.213 ge ohne Auto zurück- gelegt. tur und relativ gutem öffentlichen Verkehrsange bot sowie suburbanen Gebieten, also Vorstädten Wohnstandort und Mobilitätsverhalten in und Gemeinden im Einzugsbereich von Städten, Wechselwirkung mit geringem Erschließungsgrad durch öffentliche Unklar ist, inwieweit räumliche Unterschiede im Verkehrsmittel.14 Verkehrsverhalten auch räumlich bestimmt wer Grob gesprochen nimmt der Verkehrsaufwand den oder möglicherweise Ausdruck der individu pro Person mit der Distanz zum Stadtzentrum ellen Wohnstandortentscheidung sind. So wählen zu. Auch die Wahl des Verkehrsmittels ist im „Pkw-affine“ Personen tendenziell auch „Pkw- innerstädtischen Raum eine andere als in sub affine“ Wohnorte im Umland der Städte, wäh urbanen Siedlungsgebieten. Wer in Kernstädten rend Menschen, die auf den Öffentlichen Ver lebt, legt Alltagswege wesentlich häufiger mit kehr setzen, tendenziell eher in Kernstädten Für die beiden größten öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Rad und leben.101 Städte Österreichs, Wien und Graz, ist ein starkes zu Fuß zurück als Personen in Außenbezirken Wohnstandortentscheidungen sind auch Aus Bevölkerungswachstum oder Stadteinzugsgebieten, wo die Verkehrsmit druck von sozialer Lage, finanziellen Möglichkei prognostiziert. Je nach Stadtteil allerdings sehr telwahl sich stärker am Auto orientiert und grö ten, vom Haushaltstyp sowie von lebensstil- und unterschiedlich. ßere Distanzen zurückgelegt werden.110 So besitzt milieuspezifischen Präferenzen. So leben in In Wien und Graz ist je nach Stadtteil das prognostizierte Bevölkerungswachstum unterschiedlich hoch Bevölkerungsprognosen für Graz und Wien bis zum Jahr 2034 im Vergleich zum Jahr 2015: –11,0 % –2,0 bis 0,0 % 0,1 bis +10,0 % +10,1 bis +15,0 % +15,1 bis +20,0 % > +20,0 % Wien Graz Quelle: Stadt Wien, MA23 2015226, Stadt Graz 2015214 Grafik: VCÖ 2016 (nicht maßstabgetreu) 21 12 11 19 13 10 3 20 22 18 17 4 14 9 14 1 2 9 16 8 2 1 7 5 6 15 3 6 4 15 8 5 13 12 16 11 17 7 10 23
Mobilität mit Zukunft 1/2016 Urbaner Verkehr der Zukunft 19 zentralen Stadtteilen häufig besonders viele Men schen, die entweder aufgrund ihrer sozialen Lage oder ihrer Einstellung beispielsweise zum Auto oder zur Umwelt häufig keinen Pkw besitzen.50 Dem gegenüber bevorzugen finanziell besser gestellte Personen sowie Menschen aus eher bür gerlichen Milieus oft Wohnstandorte am Stadt rand und in Umlandlagen und nehmen damit Foto: Andrea Breitfuss den Pkw-Besitz und die notwendige Pkw-Nut zung in Kauf.50,101 Menschen ziehen also durch aus bewusst in Gegenden, die ihrem Lebensstil entsprechen.197 Unterschiede im Mobilitätsver halten sind zum Teil auch Ergebnis einer freiwil dingungen ist zwar eine notwendige, aber noch In den Außenbezirken lig entstehenden Konzentration von Personen mit keine hinreichende Bedingung für eine verkehrs von Wien ist der Pkw- Motorisierungsgrad ähnlichen Einstellungen, Bedürfnissen und Ver reduzierende, umweltverträgliche Mobilität in deutlich höher als in haltensweisen in bestimmten Stadtbezirken.22 urbanen Räumen. Verschiedene Zielgruppen sind den Bezirken innerhalb des Gürtels. Einerseits ist der Lebensort Ausdruck indivi differenziert nach ihren Bedürfnissen, Einstellun dueller Lebenswünsche. Gleichzeitig beeinflusst gen und ihrem Verhalten anzusprechen. So sollen er aber auch die Lebensweise.103 So besitzen beispielsweise wie in München speziell Personen beispielsweise Menschen aus umweltorientierten gruppen in „Lebensumbruchsituationen“ (etwa Milieus im Grazer Umland auch gegen ihre ei neu zuziehende Personen, Personen, die Ausbil gene Überzeugung ein eigenes Auto oder nutzen dungs- oder Arbeitsplatz wechseln etc.) ange dieses viel häufiger, als sie es sich wünschen wür sprochen werden, weil in diesen Situationen das den. Das gleiche Milieu kann etwa in Wien we gewohnte Mobilitätsverhalten meist überdacht gen des deutlich besser ausgebauten Öffentlichen wird und die täglichen Wege neu geplant werden Verkehrs eher auf ein eigenes Auto verzichten.289 müssen. Entsprechend erhöht sich die Offenheit für Beratungsangebote zu Mobilitätsoptionen.204 Künftige Herausforderungen an urbane Räume Die zunehmende Nachfrage nach innenstadt Die Bevölkerungsentwicklung verläuft in ein nahem Wohnen führt darüber hinaus zu deut zelnen Stadtgebieten deutlich unterschiedlich. lichen Preissteigerungen, was die ursprüngliche In Wien beispielsweise werden hohe Bevölke Bevölkerungsstruktur stark verändert („Gentri rungszuwächse vor allem in Bezirken erwartet, in fizierung“). Sozioökonomische Polarisierungen denen in den kommenden Jahren im Sinne der wirken jedoch negativ auf Chancengleichheit und Stadterweiterung viel neu gebaut wird und sich soziale Gerechtigkeit. Menschen mit geringerem neue Dienstleistungsbetriebe ansiedeln (Leopold Einkommen werden in Randlagen abgedrängt, stadt, Favoriten, Brigittenau, Donaustadt). Deut die schlechter mit Infrastruktur ausgestattet und lich niedriger wird das Bevölkerungswachstum in schwieriger erreichbar sind. Zusammen mit gerin den Innenstadt- und den gürtelnahen Bezirken geren persönlichen Ressourcen (Zeit, Geld etc.) prognostiziert, wobei die Bevölkerungszahl in verhindert das zunehmend den gleichberechtigten einzelnen Bezirken stagnieren oder leicht zurück Zugang zu Mobilität.288 gehen wird.236 Darüber hinaus dehnen sich die suburbanen Räume immer weiter aus, wenn die Kernstadt Mobilität in der Stadt auf allen Ebenen Richtung und Stadtrandlagen nicht mehr leistbar sind. 102 Nachhaltigkeit lenken Durch die immer weitere räumliche Trennung • Zur Förderung von nachhaltigem Mobilitätsverhalten sind zielgruppenorientierte von Arbeitsplatz und Wohnort kommt es nicht Ansätze zur Anwendung zu bringen, die die Bedürfnisse, Einstellungen und das nur zu einer steigenden Verkehrsnachfrage und Verhalten der Menschen differenziert berücksichtigen. Binnenmobilität innerhalb der Städte, sondern • Auf der Ebene der Stadtregion sollte sich die Standortentwicklung an einem auch zu erhöhten Ein- und Auspendelströmen. attraktiven öffentlichen Verkehrsnetz ausrichten. Die Gestaltung siedlungsstruktureller Rahmenbe • Auf der Ebene des Stadtviertels sind die Rahmenbedingungen für Gehen und Rad- fahren zu verbessern, der öffentliche Raum aufzuwerten und Orte zu schaffen, wo leben, arbeiten, einkaufen und sich erholen ohne lange Wege möglich ist.
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