Vegetationsbrandbekämpfung - Herausforderungen und Lösungen - Vegetationsbrandbekämpfung

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Vegetationsbrandbekämpfung - Herausforderungen und Lösungen - Vegetationsbrandbekämpfung
DGUV Forum 7/2020          Schwerpunkt Klima

Vegetationsbrandbekämpfung –
Herausforderungen und Lösungen
Key Facts                                                                                   Autor

•   Höhere Temperaturen im Sommer führen zu trockenerer Vegetation, die                         Dr. Ulrich Cimolino
    leichter zu entzünden ist, schneller abbrennt und sich auf größeren Flächen
    ausbreitet
•   Die Taktik und die Technik von Vegetationsbrandbekämpfung werden in
    Feuerwehrlehrgängen bisher nicht ausreichend vermittelt
•   Es liegt in der Verantwortung der Führungskräfte, die Mannschaften mit der
    richtigen Schutzkleidung und dem passenden Atemschutz für Vegetations­
    brände auszustatten

Heißere Sommer gehen in manchen Regionen Deutschlands mit einer größeren Gefahr für Wald-
und Vegetationsbrände einher. Was bedeutet das für die Einsatzkräfte der Feuerwehr? Wie können
sie sich für die besonderen Risiken bei dieser Art der Brandbekämpfung wappnen? Fachwissen
und die passende Ausrüstung sind unabdingbar.

A
        ufgrund der sehr heißen und tro-      Obwohl die Trockenheit der vergangenen        Nach dieser Auswertung beträgt die Wahr-
        ckenen Sommer 2018 und 2019 tra-      beiden Jahre als außergewöhnlich erlebt       scheinlichkeit, dass ein Jahr zum „Wald-
        ten wie erwartet vom Frühsommer       wurde, landete in der Trockenheitssta-        brandjahr“ wird, für:
bis zum späten Herbst zahlreiche Vegetati-    tistik zum Beispiel das Sommerhalbjahr
ons-, darunter auch einige sehr große echte   2018 nur in Mecklenburg-Vorpommern            •    einen „Jahrhundertsommer“: 10 von
Waldbrände auf.                               und Sachsen-Anhalt auf Platz eins. Man             10 = 100 Prozent
                                              darf darüber nicht vergessen, dass in         •    ein Jahr mit erheblichen Nieder­
Es wird künftig auch in Deutschland und       den anderen Bundesländern in Sachen                schlagsdefiziten: 10 von 11 = 91 Pro­
seinen Nachbarländern (wieder) mehr           Trockenheit noch immer die Jahre 1911,             zent
und größere Vegetationsbrände geben.[1]       1921, 1947, 1959 oder 1976 die Statistik
Dies liegt zum einen an der Erhöhung des      anführen.                                     Effekte von Wetterveränderun-
grundsätzlichen Vegetationsbrandrisikos                                                     gen auf die Einsatzbedingungen
durch veränderte klimatische Bedingun-        Für die wissenschaftliche Betrachtung
gen, die wiederum zu Änderungen an der        gibt die Brandschutzstatistik der Feuer-      Unabhängig von der Frage, welche Fol-
Vegetation führen, zum anderen an den         wehr leider nur eine schlechte Datenbasis,    gen diese zunehmenden Wetterextreme
veränderten Nutzungen – wirtschaftlich        die umso schlechter wird, je weiter man       für die Winter oder für das Klima in Euro-
und touristisch – der Flächen. Das Ham-       in der Betrachtung zurückgeht. Trotzdem       pa zum Beispiel aufgrund der veränderten
burger Max-Planck-Institut (MPI) für Mete-    lassen sich einige Zusammenhänge ver-         Boden- und Wassertemperaturen haben
orologie erwartet nach mehreren Untersu-      lässlich belegen. Aufgrund gesichteter Li-    wird, konnte man in den letzten Jahren
chungen für Mitteleuropa heißere Sommer       teraturstellen ist zu vermuten, dass auch     in der Einsatzpraxis schon einige Effekte
und nassere Winter. Der Deutsche Wetter-      für die aufgeführten, aber sonst nicht be-    feststellen, die auch in eher ungewöhnli-
dienst (DWD) veröffentlichte gemittelte       sonders auffälligen Waldbrände in den         chen Waldbrandmonaten unter anderem
Temperaturmesswerte beziehungsweise           Jahren großer Trockenheit beziehungs-         folgende Konsequenzen haben:
-prognosewerte für Deutschland, die auf       weise in den aufgeführten „Jahrhundert-
Basis unterschiedlicher Klimaszenarien        sommern“ eine eindeutige Häufung von          •    Höhere Temperaturen im Sommer
bis ins Jahr 2100 errechnet wurden (vgl.      Vegetationsbrandereignissen zu verzeich-           führen zu trockenerer Vegetation, die
Abbildung 1).                                 nen ist.                                           leichter zu entzünden ist und schnel­

                                                                                                                                         3
Vegetationsbrandbekämpfung - Herausforderungen und Lösungen - Vegetationsbrandbekämpfung
Grafik: DWD, 2020
                    DGUV Forum 7/2020               Schwerpunkt Klima

                          Allgemein

                          Deutscher Klimaatlas
                          Deutschland        Lufttemperatur                                                                                                                                          Im Klimaatlas Deutschland zeigt der
                                                                                                                                                                                                     Deutsche Wetterdienst unser Klima von
                          Juni 2020                                                                                                 Emissionsszenario: A1B Zeitfenster: 2010 - 2040                  gestern, heute und morgen auf einen
                                                                                                                                                                                                     Blick. Dabei wird besonders anschaulich,
                                                                                                                                                                                                     wie sich die Mittelwerte der dargestellten
                                                                                                                                                                                                     Größen in Deutschland bis heute
                                                             1881 - 2020                                                                              2021 - 2100
                                                                       1881 - 2020                                                                                                      2021 - 2100  verändert haben und zukünftig
                                                                                                                                                                                                     wahrscheinlich ändern werden.
                                                             Deutschland                                                                             Deutschland
                                                                       Deutschland                                                                                                      Deutschlan d sind Zeitreihen der jährlichen
                                                                                                                                                                                                 Hier
                                                                                                                                                                                                     Gebietsmittelwerte für Deutschland oder
                                                                                                                                                                                                     für Bundesländer dargestellt, als
                                                                                                                                                                                                     Einzelwerte und als Mittelwerte (mit
                                                                                                                                                                                                     einem 30-jährigen gaußschen
                                                                                                                                                                                                     Tiefpassfilter geglättet). Je nach
                                                                                                                                                                                                     Datenbasis beginnen die Zeitreihen
                                                                                                                                                                                                     1881, teilweise jedoch erst Mitte des 20.
                                                                                                                                                                                                     Jahrhunderts.

                                                                                                                                                                                                     Die Ergebnisse der einzelnen regionalen
                                                                                                                                                                                                     Klimamodelle wurden auf den
                                                                                                                                                                                                     Vergleichszeitraum 1961-1990 normiert.
                                                                                                                                                                                                     Sie sind ebenfalls als Mittelwerte (mit
                                                                                                                                                                                                     einem 30-jährigen gaußschen
                                                                                                                                                                                                     Tiefpassfilter geglättet) wiedergegeben.

                                                                                                                                                                                                     Zur Orientierung ist der zurzeit gültige
                                                                                                                                                                                                     Normalwert (Zeitraum 1961-1990)
                                                                                                                                                                                                     durchgehend eingezeichnet.

                                                                                                                                                                                                     Weitere Informationen finden Sie in den
                                                                                                                                                                                                     Erläuterungen unter:

                                                                                                                                                                                                     www.dwd.de/klimaatlas

                                                             Basis: Messwerte (Vergangenheit)                             Basis: Klimaszenarien (Zukunft)
                                                                     einzelne Jahre (Basis: Messwerte)                    Die feinen Linien zeigen die Ergebnisse der einzelnen
                                      FLÄCHENMITTELWERTE             neuester Wert (Basis: Messwerte)                     Klimamodelle, die im Ensemble des Deutschen
                                      DEUTSCHLAND                                                                         Wetterdienstes verwendet werden. Dargestellt sind geglättete
                                                                     Mittelwerte (30-jähriger gaußscher Tiefpassfilter)   Mittelwerte (30-jähriger gaußscher Tiefpassfilter), normiert auf
                                                                     Normalwert (Zeitraum 1961-1990)                      den Normalwert 1961 - 1990.
                                                                                                                                                                                                          Erzeugt am 13.07.2020
                                                                       Basis: Messwerte (Vergangenheit)                                              Basis: Klimaszenarien (Zukunft)                    um 16:34 Uhr
                                                                               einzelne Jahre (Basis: Messwerte)                                     Die feinen Linien zeigen die Ergebnisse der einzelnen
                                       FLÄCHENMITTELWERTE                      neuester Wert (Basis: Messwerte)                                      Klimamodelle, die im Ensemble des Deutschen
                                       DEUTSCHLAND                                                                                                   Wetterdienstes verwendet werden. Dargestellt sind geglättete
                                                                               Mittelwerte (30-jähriger gaußscher Tiefpassfilter)                    Mittelwerte (30-jähriger gaußscher Tiefpassfilter), normiert auf
                                                                               Normalwert (Zeitraum 1961-1990)                                       den Normalwert 1961 - 1990.

                        Erzeugt am 13.07.2020 um 16:34 Uhr

                    Abbildung 1: Im Klimaatlas Deutschland zeigt der Deutsche Wetterdienst unser Klima von gestern, heute und morgen auf
                    einen Blick. Lufttemperaturen Deutschland – gemessene Flächenmittelwerte von 1881 bis 2020, Prognosewerte auf Basis
                    unterschiedlicher Klimaszenarien bis 2100

                        ler abbrennt, sowie zu stärkeren                                         ▸       damit schneller erschöpft sind                                     Erfahrungen vorliegen, unterschätzen auch
                        Winden durch größere Temperatur­                                                 und                                                                waldbranderfahrene Einsatzkräfte schnell
                        differenzen (zwischen Tag und Nacht                                      ▸       öfter ausgetauscht werden                                          die Risiken und den Aufwand von auf den
                        sowie über Land und Gewässern).                                                 ­müssen.                                                            ersten Blick recht harmlos erscheinenden
                    •   Erhöhte Windgeschwindigkeiten bei                                                                                                                   Lagen. Dies führt jedes Jahr zu verletzten
                        höherer Temperatur trocknen Pflan­                               Häufig fehlendes Problem- und                                                      oder gar getöteten Einsatzkräften auf der
                        zen und Böden schneller aus. Bei                                 Risikobewusstsein bei den Ein-                                                     ganzen Welt – auch in Europa.
                        Bränden führen stärkere Winde unter                              satzkräften
                        anderem zu mehr Funkenflug.                                                                                                                         Auch in Deutschland gehen Einsatzkräfte
                                                                                         Die Taktik und die Technik von Vegeta-                                             offenbar größere Risiken ein, als es ver-
                    Gemeinsam führt dies zu                                              tionsbrandbekämpfung spielen bisher in                                             tretbar erscheint. Dafür gibt es mehrere
                                                                                         Feuerwehrlehrgängen keine Rolle.[2] Nur                                            Belege.
                    •   schnellerer Brandausbreitung –                                   wenige Feuerwehren führen zu dieser The-
                        und damit neben insgesamt                                        matik geplante und organisierte Zusatzaus-                                         1. Im Sommer 2018 und 2019 erlitt eine
                    •   steigenden Einsatzzahlen auch im                                 bildungen durch.                                                                      Reihe von Einsatzkräften in persönli­
                        Einzelfall aufgrund der größeren                                                                                                                       cher Schutzausrüstung (PSA) Hitzeer­
                        Branddynamik zu                                                  Den meisten Einsatzkräften fehlen eige-                                               schöpfungen. Diese PSA war eigent­
                    •   einer höheren physischen Belastung                               ne Erfahrungswerte jenseits des einfa-                                                lich für den Innenangriff in Gebäuden
                        der Einsatzkräfte, die                                           chen Böschungsbrandes. Selbst dort, wo                                                konzipiert, nicht für die Außenarbeit

                    4
Vegetationsbrandbekämpfung - Herausforderungen und Lösungen - Vegetationsbrandbekämpfung
DGUV Forum 7/2020      Schwerpunkt Klima

                                                                                                                      legentlich kann es bei längeren Wärme-
Foto: Jembrih, Zapresic

                                                                                                                      perioden auch davor oder danach zu ent-
                                                                                                                      sprechenden Einsätzen kommen.

                                                                                                                      Die Vegetationsbrandbekämpfung erfolgt
                                                                                                                      immer im Freien. Dabei können Flammen,
                                                                                                                      Glut, Funken, Ruß und Brandrauch in den
                                                                                                                      üblichen Zusammensetzungen auftreten.[5]

                                                                                                                      Grundsätzlich soll von den Einsatzkräften
                                                                                                                      mit dem Wind angegriffen werden, weil

                          Abbildung 2: Einsatzkräfte auf der Insel Kornat, Kroatien, empfanden das Feuer am           •   das in jedem Fall sicherer ist (es
                          30.08.2007 aufgrund der Bedingungen und der geringen Flammenhöhe zunächst                       schützt davor, vom Feuer abgeschnit­
                          offensichtlich nicht als relevantes Risiko.[3] Leider starben aber in diesem Einsatz            ten, oder gar überlaufen zu werden)
                          letztlich 12 Einsatzkräfte (sechs direkt, sechs in den Tagen danach) an Rauchver-               und
                          giftung und Verbrennungen                                                                   •   kein Rauch eingeatmet wird.

                                                                                                                      Die bei solchen Einsätzen mit PSA und wei-
                             bei mehr als 30 Grad im Schatten.                 durch Glut oder Flammen,               terer Ausrüstung zurückzulegenden Ent-
                             Bei Nutzung der passenden PSA wä­                 ­beschädigt und löst die Feder­        fernungen zur eigentlichen Brandstelle be-
                             ren die Erschöpfungszustände wohl                 speicherbremse aus, damit kann         tragen häufig mehrere Hundert Meter oder
                             vermeidbar gewesen.                               das Fahrzeug nicht aus dem Ge­         sogar mehr als einen Kilometer abseits be-
                          2. Feuerwehren verzeichnen in Deutsch­               fahrenbereich gefahren werden.         fahrbarer Wege. Viele der Einsätze finden
                             land seit Jahren vor allem bei Vege­          ▸    Das Fahrzeug brennt nach dem          in Hanglagen statt.
                             tationsbränden auf Getreidefeldern                 Einsatz in der Halle ab, weil
                             immer wieder Verluste an Geräten bis               sich Glutnester in Luftfiltern aus    Die durchzuführenden Tätigkeiten basie-
                             hin zu kompletten Fahrzeugen.                      Papier bilden.                        ren oft auf harter körperlicher Arbeit. Er-
                             Die Gründe dafür sind:                                                                   schwerend kommt hinzu, dass die neben
                             ▸ Der Wind dreht unerwartet oder          Notwendige und richtige                        der PSA mitzuführende Ausrüstung häufig
                                 nimmt stark zu.                       A
                                                                       ­ usrüstung                                    mehr als 10 Kilogramm wiegt (etwa Schläu-
                             ▸ Das Fahrzeug entzündet zum                                                             che, Armaturen, Handwerkzeuge, Rücken-
                                 Beispiel mit seiner heißen Abgas­     Größere Vegetationsbrandeinsätze finden        tragespritzen).
                                 anlage das Feuer selbst.              in Mitteleuropa meist im Sommerhalbjahr
                             ▸ Die Bremsleitung wird, meist            zwischen April und September statt. Ge-        Insgesamt kann die einsatzbedingte kör-
                                                                                                                      perliche Belastung für die Feuerwehran-
                                                                                                                      gehörigen bei Vegetationsbränden über
Foto: Bartsch, Oschatz

                                                                                                                      mehrere Stunden sehr hoch sein.

                                                                                                                      Daher gilt gemäß § 3 Abs. 3 der DGUV Re-
                                                                                                                      gel 105-049 „Feuerwehren“, dass die vor Ort
                                                                                                                      eingesetzten Feuerwehr-Führungskräfte ihre
                                                                                                                      Pflicht zur Fürsorge und zur Erhaltung der
                                                                                                                      Leistungsfähigkeit gegenüber den Einsatz-
                                                                                                                      kräften beachten müssen – zum Beispiel
                                                                                                                      durch rechtzeitige Ablösung, ausreichende
                                                                                                                      Pausen, wirksame Hygiene, Verpflegung,
                                                                                                                      aber auch Auswahl der geeigneten PSA.

                                                                                                                      Die richtige Schutzkleidung

                                                                                                                      Die Feuerwehrschutzkleidung für die
                                                                                                                      Brandbekämpfung im Freien muss auf-
                          Abbildung 3: Bei einem Flächenbrand zerstörtes Löschfahrzeug[4]                             grund der Risiken

                                                                                                                                                               5
Vegetationsbrandbekämpfung - Herausforderungen und Lösungen - Vegetationsbrandbekämpfung
DGUV Forum 7/2020       Schwerpunkt Klima

•   Arme und Beine bedecken,                    weder darüber oder darunter, aber         Das vorsätzliche Benässen von Schutzklei-
•   in den Abschlüssen (Bund oder               zueinander passend sein.                  dung ist aufgrund eines möglichen Heiß-
    Bündchen) sowohl zwischen Hose              Es sollten Handschuhe sein, die           dampfdurchschlags gefährlich und sollte
    und Jacke wie auch zu den Stiefeln          auch zum längeren Arbeiten mit            auf jeden Fall unterlassen werden.
    und Handschuhen sowie zum Helm              Handwerkzeugen geeignet sind.
    „passen“,                                   „Rohrführerhandschuhe“ (= Schwei­         Einheiten mit der Schwerpunktaufgabe Ve-
•   in den passenden Größen verfügbar           ßerhandschuhe) aus Leder sind             getationsbrandbekämpfung können auch
    sein (um zum Beispiel beim Bücken           dafür nicht geeignet. Hinweis: Sind       spezielle PSA für die Brandbekämpfung im
    Lücken am Rücken zu vermeiden),             keine thermischen Einwirkungen            freien Gelände nach EN 15614:2007 verwen-
•   möglichst robust sein, um nicht von         zu erwarten, können Handschuhe            den. Diese PSA erfüllt die Anforderungen
    Aststücken oder Ähnlichem beschä­           gegen mechanische Belastungen             an die Feuerwehrschutzkleidung nach § 14
    digt zu werden,                             gemäß DIN EN 388:2017 verwendet           DGUV Vorschrift 49 „Feuerwehren“.
•   möglichst leicht sein, damit sie bei        werden, siehe: https://www.dguv.
    längeren Arbeiten nicht zusätzlich          de/medien/inhalt/praevention/             Als Helm sollte eine möglichst leichte Aus-
    belastet,                                   fachbereiche_dguv/fb-fhb/feuer-           führung mit Schutzbrille oder notfalls Vi-
•   eine begrenzte Flammenausbreitung           wehren/handschuhe.pdf                     sier (gegen Funkenflug) getragen werden.
    aufweisen, das heißt beispielsweise
    gegen Flugfeuer, Funken hinreichend      In allen anderen Fällen muss die PSA-Aus-    Eine Feuerschutzhaube gemäß DIN EN
    beständig sein.                          wahl für den Feuerwehreinsatz im Rahmen      13911:2017-011 muss angelegt beziehungs-
                                             einer Gefährdungsbeurteilung erfolgen        weise das eventuell vorhandene Nacken-
Alle Feuerwehrangehörigen im Einsatz-        (vgl. Anhang 08a der DGUV Information        tuch des Helms geschlossen sein, wenn
dienst in Deutschland benötigen eine         205-014,).                                   man mit Feuerpatschen oder Hacken am
Feuerwehrschutzkleidung nach § 14 DGUV                                                    Feuersaum arbeitet.
Vorschrift 49 „Feuerwehren“ (in deren äl-    Aufgrund der im Sommer in der Regel ho-
teren Versionen stand das inhaltsgleich in   hen Außentemperaturen ist die PSA für        Der richtige Atemschutz
§ 12). Das bedeutet zum Beispiel eine Aus-   den Innenangriff nach DIN EN 469 bezie-
führung auf Basis der Herstellungs- und      hungsweise HuPF Teile 1 und 4 nicht ge-      Die für die Sicherheit verantwortliche
Prüfungsbeschreibung (HuPF) Teile 2 und      eignet, da sie die Einsatzkraft zusätzlich   Führungskraft muss entscheiden, wel-
3 oder nach den Hinweisen in Anhang 05       stark belastet (hoher Flüssigkeitsverlust    cher Atemschutz getragen werden muss.
„Feuerwehrschutzkleidung“ der DGUV In-       durch Schwitzen, Gewicht der Schutzklei-     Als Mindestausstattung ist eine partikel-
formation 205-014 „Auswahl von persön-       dung, unter Umständen eingeschränkte         filtrierende Halbmaske FFP3 mit Aus-
licher Schutzausrüstung für Einsätze bei     Beweglichkeit).                              atemventil gemäß DIN EN 149:2009-08
der Feuerwehr – Basierend auf einer Ge-
fährdungsbeurteilung“.

Beim Anlegen der Einsatzkleidung ist im                                                                                                 Foto: Maushake, Vechelde
Vegetationsbrandeinsatz Folgendes zu be-
achten:

•   Bündchen und Reißverschlüsse sind
    geschlossen zu halten.
•   Die Hosenbeine werden über den
    Stiefeln getragen. Soweit keine
    Bündchen eingearbeitet sind, kann
    man sich mit Bändern behelfen,
    um die Beine an den Stiefeln eng
    zu schließen, damit keine heißen
    Brandgase, Asche, Funken oder Glut
    von unten in die Hosenbeine schla­
    gen.
•   Der Jackenkragen ist aufgestellt und
    geschlossen zu tragen.
•   Die Handschuhe müssen je nach            Abbildung 4: Die klassische Feuerwehrschutzkleidung ist zur Vegetationsbrand-
    Ärmelabschluss und Stulpen ent­          bekämpfung gut geeignet, wenn man sie richtig verwendet

6
Vegetationsbrandbekämpfung - Herausforderungen und Lösungen - Vegetationsbrandbekämpfung
DGUV Forum 7/2020       Schwerpunkt Klima

                                                Die Einsatzzeit von umluftunabhängigen           Mit Brandrauch, Ruß, anderen Verbren-
                                                Atemschutzgeräten ist begrenzt, die Regeln       nungsrückständen oder sonstigen Gefahr-
Aufgrund der hohen                              für den sicheren Rückzug gelten auch hier.[7]    stoffen kontaminierte PSA und sonstige Aus-
                                                                                                 rüstung ist unmittelbar nach Einsatzende
körperlichen Belas-                             Zu beachten ist, dass bei Drehung des            abzulegen, luftdicht zu verpacken und einer
                                                Windes und erhöhter Eigengefährdung              ordnungsgemäßen Reinigung zuzuführen.
tung bei der Bekämp-                            die Flucht mit Pressluftatemgeräten (PA)         Dauern Einsätze mehrere Tage, so ist bei Be-

fung von Vegetations-                           gegebenenfalls zu größeren Gefahren führt
                                                als ohne.
                                                                                                 darf ein Bekleidungswechsel mit Reinigung
                                                                                                 zu ermöglichen. Dafür können die „freien“
bränden müssen                                                                                   Zeiten einer entsprechenden Schichtpla-
                                                Pressluftatmer sind für den Vegetations-         nung genutzt werden. Die einschlägigen
Einsatzkräfte regel-                            brand im Freien NICHT das Mittel der             Hygieneregeln sind natürlich auch hier zu
                                                Wahl, sondern kommen nur dann zum                beachten.[8] Natürlich muss die Ausrüstung
mäßig abgelöst wer-                             Einsatz, wenn                                    dabei auch gemäß § 11 der DGUV Vorschrift
den.“                                           •   andere Materialien im Schadens­
                                                                                                 49 auf Beschädigungen kontrolliert werden,
                                                                                                 das gilt insbesondere für alle Bestandteile,
                                                    gebiet brennen, zum Beispiel Fahr­           die Kontakt zu Glutnestern oder Flammen
                                                    zeuge oder Gebäude,                          gehabt haben können.
anzusehen. Da hier aber darauf geachtet         •   man nicht mit dem Wind angreifen/
werden muss, dass diese unter anderem               verteidigen kann oder                        Wetterbeobachtung – im Vorfeld
nicht gegen Kohlenmonoxid als einem der         •   Atemschutzfilter aufgrund extremer           und im laufenden Einsatz
Leit-Atemgifte bei einem Waldbrandeinsatz           Rauchentwicklung durchschlagen.
schützt, sollte mindestens eine Führungs-                                                        Der DWD bietet zu den Vegetationsbränden
kraft, die mit vor Ort ist, mit einem Kohlen-   Die richtige Schichtplanung und                  über den Waldbrandgefahrenindex und
monoxidwarngerät ausgestattet sein. Bei         rechtzeitiger Personaltausch                     den mindestens ebenso wichtigen Gras-
Überschreitung des Einsatztoleranzwertes                                                         landfeuerindex auch täglich aktualisierte
(ETW) muss dann ein anderer, geeigneter         Aufgrund der hohen körperlichen Belas-           Hinweise zur Gefährdungslage inklusive
Atemschutz verwendet oder der Standort          tung bei der Bekämpfung von Vegetations-         einer Mehrtagesprognose an.
gewechselt werden.                              bränden müssen Einsatzkräfte regelmäßig
                                                abgelöst werden. Den abgelösten Einsatz-         Zur Vegetationsbrandbekämpfung ist die
Bei stationären Tätigkeiten in stark ver-       kräften muss die Möglichkeit gegeben wer-        normale Wettervorhersage wichtig, um die
rauchten Gebieten oder für einen schnellen      den, sich spätestens im Bereitstellungs-         Ausbreitungstendenzen grob einschätzen
Rückzug, zum Beispiel bei einer Änderung        raum zu waschen oder zu duschen.                 zu können. Für genauere Abschätzungen
der Windrichtung, muss geeignete Filter-
technik für jede Einsatzkraft im Gefahren-
bereich als reines Fluchtgerät verfügbar                                                                                                        Foto: Davidovic, Düsseldorf
sein. Das kann zum Beispiel eine Atem-
schutzmaske mit einem geeigneten Kombi-
nationsfilter sein (zum Beispiel A2B2E2K2P3
Hg NO CO-P3). Eine Eignungsuntersuchung
nach DGUV Grundsatz G 26 „Atemschutz-
geräte“ ist dann nicht erforderlich.

Soll mit Atemschutzmasken (Ateman-
schlüsse) und geeigneten Kombinations-
filtern gearbeitet werden, sind – insbeson-
dere bei hohen Außentemperaturen – lang
andauernde, belastende körperliche Arbei-
ten damit zu vermeiden. Die Einsatzgren-
zen der Filtergeräte müssen beachtet wer-
den[6], außerdem müssen die Einsatzkräfte       Abbildung 5: Flammenzungen und Rauch werden vom Wind deutlich nach links
für diesen geplanten Einsatz ausgebildet        gedrückt. Es besteht hier mit Handwerkzeugen keine Chance, die Feuerfront anzu-
und mindestens nach DGUV Grundsatz              greifen. Selbst eine C-Leitung reicht aus dieser Position für die Länge der betroffe-
G 26 untersucht sein.                           nen Feuer-Frontlinie und -tiefe nicht aus. Die Einsatzkräfte müssen flüchten.

                                                                                                                                           7
Vegetationsbrandbekämpfung - Herausforderungen und Lösungen - Vegetationsbrandbekämpfung
Foto: Freiwillige Feuerwehr Bad Reichenhall
                                              DGUV Forum 7/2020       Schwerpunkt Klima

                                                                                                                                           Literatur

                                                                                                                                           Cimolino, U. (Hrsg.): Einsatzleiterhand­
                                                                                                                                           buch – Feuerwehr, ecomed-Verlag,
                                                                                                                                           Landsberg, 2020

                                                                                                                                           Cimolino, U.: Analyse der Einsatzerfah­
                                                                                                                                           rungen und Entwicklung von Optimie­
                                                                                                                                           rungsmöglichkeiten bei der Bekämpfung
                                                                                                                                           von Vegetationsbränden in Deutschland,
                                                                                                                                           Dissertation im Fachbereich D – Sicher­
                                                                                                                                           heitstechnik, Bergische Universität
                                                                                                                                           Wuppertal, Wuppertal, 2014

                                                                                                                                           Cimolino, U.; Südmersen, J. (Hrsg): Wald-
                                                                                                                                           und Flächenbrandbekämpfung (2. Auf­
                                                                                                                                           lage), Reihe Standard-Einsatzregel,
                                                                                                                                           ecomed-Verlag, Landsberg, 2013

                                                                                                                                           Cimolino, U.: Vegetationsbrandbekämp­
                                                                                                                                           fung, Reihe Einsatzpraxis, ecomed-Ver­
                                                                                                                                           lag, Landsberg, 2015
                                              Abbildung 6: Die Vegetationsbrandbekämpfung im Gebirge, hier am Thumsee, ist
                                              besonders herausfordernd. Der Windsack, zum Beispiel an einem behelfsmäßigen                 DWD: Mittlere jährliche Niederschlags­
                                              Feldflugplatz oder am Betankungsplatz auf einem Straßenabschnitt, dient den                  höhe in Deutschland, 1881–2019, DWD,
                                              Hubschrauberpiloten zur Orientierung.                                                        2020, https://www.dwd.de/DE/klima­
                                                                                                                                           umwelt/klimaatlas/klimaatlas_node.
                                                                                                                                           html (abgerufen am 05.04.2020)

                                              und vor allem für die Risikoabschätzung       des Führungsstabes (S 2 - Lagedarstellung)     DWD: Graslandfeuerwehrindex, Wald­
                                              sind aber zusätzlich regionale und ak-        die Wetterlage und die erwartete Entwick-      brandgefahrenindex, https://www.
                                              tuelle Aussagen von Fachkundigen der          lung mit darstellen.                           dwd.de/DE/Home/_functions/aktuel­
                                              Meteorologie und die eigene lokale Wet-                                                      les/2018/20180703_gefahrenindices.
                                              terbeobachtung sehr wertvoll. Bereits ge-     Fazit                                          html (abgerufen am 05.04.2020)

                                              ringe Erhöhungen der durchschnittlich
                                              am Brandort herrschenden Windstärke           Damit Feuerwehren den Veränderungen,
                                              können eine deutliche Vergrößerung der        die sich aufgrund der klimatischen, sozio-
                                              betroffenen und der gefährdeten Fläche        logischen und demografischen Entwick-
                                              bedeuten. Einzelne Böen oder böenartige       lungen abzeichnen, in Zukunft sicher
                                              Starkwinde können längere Flammen un-         begegnen können, müssen folgende Be-
                                              vermittelt nahezu in die Waagrechte und       dingungen erfüllt sein:
                                              damit direkt auf an der Feuerfront arbei-
                                              tende Einsatzkräfte drücken. Damit verla-     •   Die einfachen Grundlagen der Vege­
                                              gern sich Ruß, Glut und brennende Teile           tationsbrandbekämpfung inklusive
                                              über mehrere Hundert Meter und können             des Gebrauchs der üblicherweise          Fußnoten
                                              das Feuer auch in Bereichen hinter den            vorhandenen Werkzeuge und Lösch­         [1] Vgl. Cimolino, 2014
                                              Einsatzkräften entzünden.                         geräte müssen zum Standardwissen         [2] Vgl. FwDV 2, 3, 7 und 100
                                                                                                der Feuerwehrangehörigen gemacht         [3] Vermutlich durch auffrischenden und
                                                                                                                                         umschlagenden Wind breiteten sich die Flam­
                                              Steht kein Fachkundiger der Meteorolo-            werden.
                                                                                                                                         men schneller aus, als die Kollegen laufen
                                              gie zur Verfügung, so sind gegebenenfalls     •   Wichtig ist darüber hinaus, dass die     konnten.
                                              auch lokal kundige „Hobby-Meteorologen“           notwendige Basisausrüstung sowie         [4] Folgegefahren sind hier zum Beispiel die
                                              schon eine große Hilfe. Diese sind häufig         ergänzende Sonderausrüstung flä­         Druckluftflaschen, vgl. die gelbe Flasche vor
                                              untereinander vernetzt und können so ge-          chendeckend vorhanden sind.              dem Fahrzeug!
                                              gebenenfalls weitere Hilfe/Unterstützung      •   Personen mit Spezialwissen sind bei      [5] Vgl. vfdb RL 10/03
                                                                                                                                         [6] Vgl. FwDV 7, siehe auch DGUV Regel 112-
                                              generieren. Infrage kommende Personen             Bedarf rechtzeitig hinzuzuziehen, um
                                                                                                                                         190 „Benutzung von Atemschutz“
                                              sollten bereits im Vorfeld in der Einsatz-        bei komplexen Einsatzlagen zu unter­     [7] Vgl. FwDV 7
                                              vorbereitung ermittelt werden. Außerdem           stützen.  ←                             [8] Vgl. vfdb „Merkblatt Einsatzhygiene bei
                                              sollte ein Mitglied der Einsatzleitung oder                                                Bränden“, 2014

                                              8
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