Verhütung: Fokus Migration und Lebensstil - OBSAN BERICHT Sonja Merten, Sibil Tschudin
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O BS A N B E R I C H T 06/2021 Verhütung: Fokus Migration und Lebensstil Sonja Merten, Sibil Tschudin
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist eine von Bund und Kan- tonen getragene Institution. Das Obsan analysiert die vorhandenen Gesundheits informationen in der Schweiz. Es unterstützt Bund, Kantone und weitere Institutionen im Gesundheitswesen bei ihrer Planung, ihrer Entscheidfindung und in ihrem Handeln. Weitere Informationen sind unter www.obsan.ch zu finden. Titelbild Herausgeber iStock.com / Matjaz Slanic Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan) Titelseite Autorinnen Sektion DIAM, Prepress/Print Sonja Merten (Swiss Tropical and Public Health Institute), Online Sibil Tschudin (Universitätsspital Basel) www.obsan.ch R Publikationen Dank Print Die Autorinnen danken Elisabeth Zemp, Anna Späth und Cornelia Schnei- www.obsan.ch R Publikationen der für die Erläuterung zur Herangehensweise des letzten Verhütungsbe- Bundesamt für Statistik, CH-2010 Neuchâtel, richts (Obsan Dossier 59). order@bfs.admin.ch, Tel. 058 463 60 60 Projektleitung Obsan Druck in der Schweiz Monika Diebold Copyright Reihe und Nummer Obsan, Neuchâtel 2021 Obsan Bericht 06/2021 Wiedergabe unter Angabe der Quelle Zitierweise für nichtkommerzielle Nutzung gestattet Merten, S. & Tschudin, S. (2021). BFS-Nummer Verhütung: Fokus Migration und Lebensstil (Obsan Bericht 06/2021). 873-2106 Neuchâtel: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium. ISBN Auskünfte / Informationen 978-2-940670-21-5 www.obsan.ch Schweizerisches Gesundheitsobservatorium, CH-2010 Neuchâtel, obsan@bfs.admin.ch, Tel. 058 463 60 45 Layout Obsan Grafiken Obsan
Verhütung: Fokus Migration und Lebensstil Autorinnen Sonja Merten, Sibil Tschudin Herausgeber Schweizerisches Gesundheitsobservatorium (Obsan) Neuchâtel 2021
INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis Abkürzungen 3 4 Diskussion 27 Zusammenfassung 4 5 Literatur 28 Résumé 6 6 Tabellenanhang 29 1 Einleitung 8 2 Methoden und Daten 9 2.1 Die Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) 9 2.2 Studienpopulation 9 2.3 Indikatoren 9 2.4 Statistische Analyse 10 3 Resultate 11 3.1 Übersicht über die Verwendung von Verhütungsmitteln 11 3.2 Prävalenzberechnungen nach Migrationsstatus und Nationalität 12 3.2.1 Die Verwendung einzelner Verhütungsmethoden nach Nationalität 12 3.2.2 Die Verwendung einzelner Verhütungsmethoden nach Nationalität 13 3.2.3 Verhütungsmethoden nach Migrationsstatus 15 3.3 Prävalenzberechnungen nach sozioökonomischen Faktoren 15 3.3.1 Intersektionalität: Segmentierung der Bevölkerung in Untergruppen 20 3.4 Verhütung insgesamt und hormonelle Verhütung nach Lebensstilfaktoren und Nutzung von Komplementärmedizin 22 3.4.1 Sport, Ernährung, Tabak- und Alkoholkonsum 22 3.4.2 Komplementärmedizin und Verhütung 24 3.4.3 Assoziationen von Gesundheitsverhalten mit hormoneller Verhütung unter Berücksichtigung von Alter und sozioökonomischen Faktoren 25 2 VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL
ABKÜRZUNGEN Abkürzungen AFR Afrika AMR Nord- und Südamerikanische Region AUT Österreich BFS Bundesamt für Statistik CHE Schweiz CI Confidence Interval - Vertrauensintervall DEU Deutschland EMR Östliche Mittelmeerregion ESP Spanien EUR Europäische Region FRA Frankreich ITA Italien OR Odds Ratio POP Progestagen-only pill PRT Portugal SE-EUR Südosteuropa SGB Schweizerische Gesundheitsbefragung SEAR Südostasiatische Region Swiss TPH Swiss Tropical and Public Health Institute WHO World Health Organization WPR Westpazifische Region VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL 3
ZUSAMMENFASSUNG Zusammenfassung Der vorliegende Bericht untersucht sozioökonomische, migrati- gestagenhaltige hormonelle Methoden (Hormonspritze, Hormon- onsspezifische und Lebensstil-bezogene Einflussfaktoren in Be- stäbchen sowie Hormonspirale), die Kupferspirale, operative Me- zug auf den Gebrauch von Verhütungsmitteln in der Schweiz. Die thoden (Unterbindung beim Mann oder bei der Frau), Präservative Analyse wurde anhand der Daten der Schweizerischen Gesund- und natürliche Methoden. Weitere, selten verwendete Methoden heitsbefragung (SGB) 2017 durchgeführt und ergänzt damit die wie das Diaphragma wurden als «andere Methoden» zusammen- bereits vorliegenden Analysen zur Verhütung der SGB 2017 (Bar- gefasst. rense-Dias 2021). Dabei wird angenommen, dass sich die trans- Alle Analysen wurden mit einer Gewichtung durchgeführt un- nationale Migration nicht einheitlich auf die Migrantinnen und ter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Zivilstand, Haushalt- Migranten auswirkt, sondern dass deren Auswirkungen von sozi- grösse, Wohnregion und Nationalität. Neben der Berechnung der oökonomischen Faktoren und den Migrationserfahrungen, die Bevölkerungsanteile der Personen, die verschiedene Verhütungs- sich je nach Migrationskontext stark unterscheiden, abhängen. methoden anwandten, erlaubten multivariable logistische Re- Im Weiteren wurde untersucht, inwiefern individuelle Lebensstil- gressionsmodelle eine Schätzung des Einflusses sozio-kultureller faktoren wie Ernährung, Bewegung, Rauchen, Alkoholkonsum Variablen auf die Verhütung. Im Weiteren wurde die Studienpopu- und die Inanspruchnahme von Komplementärmedizin mit Verhü- lation anhand von Migrationsstatus, Ausbildung, Versicherungs- tung allgemein und mit der Verwendung von spezifischen Verhü- status und Einkommen mittels einer latent class Analyse in ver- tungsmitteln zusammenhängen. schiedene Bevölkerungssegmente eingeteilt, um Unterschiede in den verschiedenen Segmenten zu eruieren. Methode Resultate Seit 1992 führt das Bundesamt für Statistik die fünfjährliche Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) durch. Dabei wird Insgesamt verhüteten 78% der in den letzten 12 Monaten sexuell eine repräsentative Stichprobe der Wohnbevölkerung ab 15 Jah- aktiven Männer und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren. Am häu- ren mittels telefonischen Interviews und einem anschliessenden figsten wurde das Präservativ eingesetzt (35%), wobei nur 12% schriftlichen Fragebogen zu verschiedenen Gesundheitsthemen der Befragten ausschliesslich Präservative verwendeten. Kombi- befragt. Die Erhebung umfasst auch Fragen zur Empfängnisver- nierte hormonelle Methoden wurden von 30% der befragten Per- hütung und zu den einzelnen Verhütungsmethoden sowie detail- sonen erwähnt. Rein gestagenhaltige hormonelle Methoden wur- lierte Angaben zu Bildungsstand und Beruf, Einkommen, Migrati- den von 9% der Personen angegeben, die Kupferspirale von 4% onsstatus, Herkunftsland und Herkunftsland der Eltern und zum und die Unterbindung entweder vom Mann oder von der Frau von individuellen Gesundheitsverhalten. 8% der Befragten. Natürliche Methoden verwendeten 3% der be- In dieser Auswertung der SGB-Daten von 2017 werden nur fragten Männer und Frauen. Personen berücksichtigt, die angaben, in den letzten 12 Monaten Die Verwendung von Verhütungsmethoden unterscheidet sexuell aktiv gewesen zu sein und die zum Zeitpunkt der Befra- sich in der Schweiz zwischen den Bevölkerungsgruppen je nach gung nicht schwanger waren. Frauen nach einer Gebärmutterent- Herkunftsland in der ersten und zweiten Generation. Personen fernung wurden ausgeschlossen. Insgesamt umfasst die vorlie- mit Schweizer Hintergrund gaben am häufigsten an, eine Me- gende Analyse 3769 sexuell aktive Männer und 4129 Frauen (To- thode zur Empfängnisverhütung zu verwenden (84% der Frauen tal 7898 Personen). Diese wurden anhand ihres Herkunftslandes und 82% der Männer). Personen mit Wurzeln in Portugal, Spanien kategorisiert, wobei die eigene sowie die Nationalität der Eltern sowie Nord-und Südamerika wiesen ähnlich hohe Raten auf, wäh- der befragten Person berücksichtigt wurde. Die Nationalitäten rend Personen aus allen anderen Ländergruppen signifikant we- wurden gemäss der Anzahl Personen in der Schweiz entweder als niger häufig verhüteten. Am tiefsten waren die Anteile derjenigen, einzelnes Herkunftsland betrachtet oder als Gruppe von Ländern die eine Verhütungsmethode benutzten, bei Personen mit Wur- zusammengefasst, falls nur wenige Personen aus einem einzel- zeln in Südosteuropa (68% der Frauen und 62% der Männer) und nen Land an der Befragung teilgenommen hatten. der östlichen Mittelmeerregion und Afrika (67% der Frauen und Für die vorliegende Auswertung wurden die Verhütungsme- 55% der Männer). Kombinierte hormonelle Verhütungsmittel wur- thoden unterteilt in kombinierte hormonelle Methoden mit Oestro- den am häufigsten von Personen aus Portugal oder Spanien ver- gen- und Gestagenanteil (Pille, Hormonpflaster, Hormonring), rein wendet – der Anteil lag mit 46% signifikant über den Angaben von 4 VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL
ZUSAMMENFASSUNG Personen mit Schweizer Hintergrund (31% der Frauen und 32% fünf oder mehr Portionen Gemüse und Obst assen und auf Süss- der Männer). Personen mit Bürgerrecht in einem der Nachbarlän- getränke verzichteten, nannten dafür häufiger die Unterbindung der der Schweiz verwendeten kombinierte hormonelle Verhü- als Verhütungsmethode. Die Unterbindung, wie auch die Hormon- tungsmittel etwa gleich häufig wie Personen mit Schweizer Hin- spirale wurden häufiger von Frauen mit riskantem Alkoholkon- tergrund. Hingegen gaben Personen aus den übrigen Ländern Eu- sum als Verhütungsmethode angegeben. Kein Unterschied in Be- ropas sehr viel seltener an, kombinierte hormonelle Methoden zu zug auf die Lebensstilfaktoren fand sich bei der Verwendung der verwenden. Am seltensten benutzten Personen aus Südosteu- Kupferspirale sowie von natürlichen Methoden, dem Präservativ ropa (22% der Frauen und 24% der Männer) sowie solche aus Af- und den übrigen Methoden. rika und der östlichen Mittelmeerregion (22% der Frauen und 20% der Männern) diese Methoden. Auch bei den anderen Verhütungs- Diskussion mitteln fanden sich Unterschiede je nach Herkunftsregion. Neben der Herkunftsregion spielt auch der Migrationsstatus In der Schweiz existieren Unterschiede in der Verwendung von eine Rolle. Insgesamt verhüteten bereits bei Geburt eingebürgerte Verhütungsmitteln zwischen verschiedenen Bevölkerungsgrup- Frauen, deren Eltern eine andere Nationalität aufweisen, etwa pen, die mit dem Einkommen, der Bildung, dem Migrationsstatus gleich häufig wie Schweizerinnen mit Schweizer Eltern. Im Ver- und auch dem persönlichen Lebensstil zusammenhängen. Be- gleich zu Frauen, die zwar Eltern mit Migrationshintergrund ha- reits frühere Studien in der Schweiz haben darauf hingewiesen, ben, aber selber bereits bei Geburt das Schweizer Bürgerrecht er- dass Zugangsbarrieren eine wichtige Rolle für die geringere Ver- hielten, verhüteten Frauen, die bei der Geburt in der Schweiz eine wendung von Verhütungsmitteln in Teilen der Migrationsbevölke- andere Nationalität hatten, signifikant seltener (Odds Ratio 0,55; rung spielen. In der vorliegenden Analyse zeigte sich nun, dass 95%-Vertrauensintervall [0,40; 0,76]). Ausländische Frauen der sich dieses Phänomen auch in der zweiten Generation der Migra- ersten Migrationsgeneration verhüteten im Vergleich mit bei Ge- tionsbevölkerung beobachten lässt, und dies, obwohl Sprachbar- burt eingebürgerten Frauen ebenfalls weniger oft (Odds Ratio rieren kaum mehr ein Problem darstellen. 0,58; 95%-Vertrauensintervall [0,47; 0,71]). In den höheren Bildungs- und Einkommensschichten wider- Auch sozioökonomische Faktoren wirken sich auf das Ge- spiegelte sich unabhängig vom Herkunftsland der Trend von sundheitsverhalten aus. Männer mit Abschluss auf Sekundar- kombinierten hormonellen Verhütungsmethoden zu den Spiralen, stufe II oder ohne nachobligatorische Bildung verhüteten im Ver- ein Trend, der auch in anderen Ländern Europas zu beobachten gleich zu solchen mit tertiärem Abschluss insgesamt weniger oft ist. Die Gründe für die Zurückhaltung bei der Nutzung kombinier- (Sekundarstufe II verglichen mit tertiärer Bildung: Odds Ratio ter hormoneller Verhütungsmittel sind vielfältig. Insbesondere 0,68; 95%- Vertrauensintervall [055; 0,83], sowie keine nachobliga- Personen, die einen gesundheitsbewussten Lebensstil pflegen, torische Bildung verglichen mit tertiärer Bildung: Odds Ratio 0,51; sich also zum Beispiel bewusst ernähren, regelmässig Sport trei- 95%-Vertrauensintervall [0,37; 0,70]). Bei den befragten Frauen ben sowie Komplementärmedizin nutzen, sind eher zurückhal- zeigte sich dieser Unterschied nicht. Ebenfalls kein Unterschied tend bei der Wahl hormoneller Verhütungsmittel. Insgesamt sind nach Bildungsstand fand sich bei der Verwendung von kombinier- die Gründe für eine Zurückhaltung jedoch multifaktoriell und kom- ten hormonellen Methoden wie der Pille. Hingegen wirkte sich ein plex, so dass weiterführende Informationen zu der Motivations- tieferes Einkommen auf die Wahl des Verhütungsmittels aus: lage der Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel aus nicht-me- Frauen mit geringerem Einkommen gaben insgesamt seltener an, dizinischen Gründen ablehnen, erforderlich sind. kombinierte hormonelle Methoden zu verwenden (Odds Ratio Abschliessend kann gesagt werden, dass Anstrengungen, 0,89; 95%-Vertrauensintervall [0,83; 0,95]). Bei den übrigen Metho- Verhütungsmittel für alle Personen in der Schweiz besser zugäng- den zeigten sich je nach Bildungsstand und Einkommen nicht ein- lich zu machen, nach wie vor nötig sind, um die gesundheitlichen fach zu interpretierende Unterschiede. So wurden Präservative ei- Risiken, die mit einer ungeplanten Schwangerschaft einhergehen nerseits von Personen mit tertiärer Bildung häufiger verwendet, können, zu vermeiden. Im Weiteren braucht es nach wie vor ver- andererseits von Personen mit tiefem Einkommen. Die Unterbin- lässliche, evidenzbasierte Informationen und Beratung zu den dung war ebenfalls am seltensten bei Personen mit tertiärer Bil- verschiedenen Verhütungsmitteln, damit jede Person, die verhü- dung, aber auch tiefer bei Personen ohne nachobligatorische ten möchte, gut informiert ihre Wahl treffen kann. Schulbildung im Vergleich zu solchen mit einem mittleren Bil- dungsstand sowie tiefer bei Personen mit Migrationshintergrund. Auch individuelle Lebensstilfaktoren hängen mit der Wahl des Verhütungsmittels zusammen: Frauen, die in der Woche mehr als 150 Minuten Sport betrieben, verhüteten insgesamt häufiger, nutzten aber seltener kombinierte hormonelle Verhütungsmittel. Vegetarierinnen verhüteten insgesamt seltener. Wer täglich fünf oder mehr Portionen Gemüse und Obst ass, Fleisch und Süssge- tränke mied und nicht rauchte, verwendete signifikant seltener kombinierte hormonelle Verhütungsmittel. Frauen, die täglich VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL 5
RÉSUMÉ Résumé Le présent rapport analyse l’influence des facteurs socioéco- trogènes à un progestatif (pilule, patch contraceptif, anneau va- nomiques, du parcours migratoire et du style de vie sur le re- ginal), méthodes hormonales purement progestatives (injec- cours aux moyens de contraception en Suisse. Il se fonde sur tion, implant sous-cutané et stérilet hormonal), stérilet en les données de l’Enquête suisse sur la santé (ESS) 2017 et cuivre, méthodes chirurgicales (stérilisation de l’homme ou de complète les analyses faites sur le sujet dans le cadre de cette la femme), préservatifs et méthodes naturelles. Les autres mé- même enquête (Barrense-Dias 2021). Il part d’un constat: en thodes, moins utilisées, telles que le diaphragme, ont été re- matière de pratiques contraceptives, les effets de la migration groupées sous «autres méthodes». transnationale sur les individus ne sont pas homogènes, mais Toutes les analyses ont été réalisées après pondération en dépendent, au contraire, de facteurs socioéconomiques et des fonction de l’âge, du sexe, de l’état civil, de la taille du ménage, parcours de migration, qui varient beaucoup en fonction du de la région de domicile et de la nationalité. Après avoir calculé contexte dans lequel se fait la migration. Il aborde par ailleurs les parts de la population utilisant les différentes méthodes la question de savoir dans quelle mesure des facteurs indivi- contraceptives, on a estimé l’influence des variables socio-cul- duels liés au style de vie tels que l’alimentation, l’exercice phy- turelles sur le contrôle de fécondité à l’aide d’une à une régres- sique, le tabagisme, la consommation d’alcool et le recours à sion logistique. La population étudiée a ensuite été divisée en la médecine complémentaire influencent le contrôle de la fé- plusieurs segments à l’aide d’une analyse de structure latente, condité et le choix du moyen contraceptif. en fonction du statut migratoire, du niveau de formation, du type d’assurance-maladie et du revenu, afin de déceler les dif- férences entre ces segments. Méthodologie Depuis 1992, l’Office fédéral de la statistique (OFS) publie l’ESS Résultats tous les cinq ans. À cet effet, il sonde un échantillon représen- tatif de la population résidante âgée de 15 ans et plus, sur di- Dans l’ensemble, 78% des hommes et des femmes de 15 à vers sujets en lien avec la santé. Les données sont récoltées au 49 ans sexuellement actifs ont eu recours à la contraception. moyen d’un entretien téléphonique assisté par ordinateur, suivi Le préservatif est la méthode la plus fréquemment utilisée d’un questionnaire écrit. L’ESS comprend notamment des (35%), mais 12% seulement des personnes interrogées en font questions sur le contrôle de la fécondité et sur l’utilisation des leur unique moyen de contrôler leur fécondité; 30% recourent à divers moyens contraceptifs ainsi que des données détaillées des méthodes hormonales combinées; 9% à des méthodes sur le niveau de formation et la profession, le revenu, le statut hormonales purement progestatives, le stérilet en cuivre est migratoire, le pays d’origine et celui des parents ainsi que sur utilisé par 4% des personnes interrogées, et la stérilisation de les comportements ayant une incidence sur la santé. l’homme ou de la femme par 8% d’entre elles; enfin, 3% de cette Pour cette analyse, seules ont été retenues les données de population recourt à des méthodes de contraception natu- l’ESS 2017 se rapportant aux personnes ayant déclaré avoir été relles. actives sexuellement durant les douze mois précédant l’en- En Suisse, les pratiques contraceptives varient d’un groupe quête et ne pas être enceintes. Les femmes ayant subi une de population à l’autre, en fonction du pays d’origine des mi- ablation de l’utérus ont été exclues. La présente analyse se grants de première et de deuxième génération. Ce sont les per- fonde sur un total de 7898 personnes sexuellement actives, sonnes d’origine suisse qui indiquent le plus souvent contrôler dont 3769 hommes et 4129 femmes, qui ont été classées en leur fécondité, tous types de moyens contraceptifs confondus fonction de leur pays d’origine, en tenant compte tant de leur (84% des femmes et 82% des hommes). Les personnes origi- nationalité que de celle de leurs parents. Les nationalités ont naires du Portugal, d’Espagne ainsi que d’Amérique du Sud et été prises en compte par pays ou, lorsque seules quelques per- du Nord affichent des taux semblables, tandis que celles de sonnes d’une origine ont participé à l’enquête, par groupe de tous les autres groupes de pays prennent nettement moins pays. souvent des mesures pour éviter les grossesses. Les préva- Pour la présente analyse, les moyens contraceptifs ont été lences les plus faibles sont enregistrées par les personnes ori- divisés en méthodes hormonales combinées, alliant des œs- ginaires d’Europe du Sud-Est (68% des femmes et 62% des 6 VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL
RÉSUMÉ hommes) et celles provenant de la région de l’Est de la Médi- Différents facteurs individuels liés au style de vie influen- terranée et d’Afrique (67% des femmes et 55% des hommes). cent également les pratiques contraceptives. Les femmes fai- Pour ce qui est du choix du moyen contraceptif, les personnes sant plus de 150 minutes de sport par semaine ont dans l’en- provenant du Portugal et d’Espagne sont celles qui ont le plus semble plus souvent recours à la contraception que les autres, recours aux méthodes hormonales combinées, avec une pré- mais optent plus rarement pour des méthodes hormonales valence de 46%, nettement supérieure à celle des personnes combinées. Les végétariennes ont moins tendance à contrôler d’origine suisse (31% des femmes et 32% des hommes). Les leur fécondité. Les personnes qui mangent chaque jour cinq citoyens des pays limitrophes de la Suisse utilisent ces contra- portions au moins de fruits et légumes, évitent viande et bois- ceptifs œstroprogestatifs plus ou moins aussi fréquemment sons sucrées et ne fument pas prennent nettement plus rare- que les personnes d’origine suisse. Les personnes provenant ment des contraceptifs hormonaux combinés. Les femmes qui des autres pays d’Europe, en revanche, déclarent bien plus ra- mangent chaque jour cinq portions au moins de fruits et lé- rement les utiliser, et c’est par les personnes d’Europe du Sud- gumes et évitent les boissons sucrées mentionnent plus sou- Est (22% des femmes et 24% des hommes) ainsi que de l’Est vent que les autres la stérilisation comme moyen de contra- de la Méditerranée et d’Afrique (22% des femmes et 20% des ception. Les femmes présentant une consommation d’alcool à hommes) que ces contraceptifs hormonaux combinés sont le risque recourent particulièrement fréquemment à la stérilisa- moins utilisés. On observe aussi des variations en fonction des tion et au stérilet hormonal. En revanche, en ce qui concerne le régions d’origine pour les autres moyens contraceptifs. stérilet en cuivre, les méthodes naturelles, le préservatif et les Le statut migratoire joue également un rôle dans les pra- autres méthodes, on ne relève pas de différences en fonction tiques contraceptives. Dans l’ensemble, les femmes déjà ci- de facteurs liés au style de vie. toyennes suisses à la naissance, dont les parents sont d’une autre nationalité, ont plus ou moins autant recours aux contra- Conclusion ceptifs que les Suissesses de parents suisses. Les femmes nées en Suisse, mais ayant une autre nationalité à la naissance En Suisse, on observe des différences entre groupes de popu- contrôlent nettement moins souvent leur fécondité que celles lation dans la pratique contraceptive, en fonction du revenu, du également issues de la migration, mais déjà citoyennes niveau de formation, du statut migratoire ainsi que du style de suisses à la naissance (rapport de cote: 0,55; intervalle de con- vie individuel. Des études antérieures avaient déjà montré que fiance à 95%: [0,40; 0,76]). Les migrantes de première généra- pour certains groupes de migrants, les obstacles à la pratique tion le font elles aussi moins souvent que les femmes de pa- contraceptive limitent considérablement cette dernière. La pré- rents migrants, mais Suissesses à la naissance (rapport de sente analyse a de plus permis de conclure que ce désavan- cote: 0,58; intervalle de confiance à 95%: [0,47; 0,71]). tage peut persister auprès des migrants de seconde généra- Les facteurs socioéconomiques influencent également les tion, et cela, même si pour cette génération-là la langue ne re- pratiques contraceptives. Les hommes sans formation posto- présente pratiquement plus un problème. bligatoire et ceux ayant une formation du degré secondaire II Dans les strates supérieures en matière de formation et de ont moins recours à la contraception que ceux ayant une for- revenu, on constate, indépendamment du pays d’origine, une mation tertiaire (degré secondaire II par rapport au degré ter- tendance à délaisser les méthodes hormonales combinées au tiaire: rapport de cote: 0,68; intervalle de confiance à 95%: [0,55; profit des stérilets, tendance attestée dans d’autres pays euro- 0,83]; sans formation postobligatoire par rapport à formation péens également. Plusieurs raisons expliquent cette réticence de degré tertiaire: rapport de cote: 0,51; intervalle de confiance envers les méthodes hormonales combinées, particulièrement à 95%: [0,37; 0,70]). Ces écarts n’apparaissent pas chez les marquée chez les personnes soucieuses de vivre sainement et femmes. On ne trouve pas non plus de variation en fonction du qui, par exemple, accordent de l’importance à leur alimentation, niveau de formation pour ce qui est de l’utilisation de méthodes pratiquent régulièrement une activité sportive ou se tournent hormonales combinées comme la pilule. Le revenu, en re- vers les médecines complémentaires. Dans l’ensemble, les rai- vanche, influe sur le choix du moyen contraceptif: dans l’en- sons de cette réticence sont toutefois multifactorielles et com- semble, les femmes ayant un bas revenu indiquent plus rare- plexes. Pour tirer des conclusions sur le sujet, il faudrait mieux ment que les autres recourir aux méthodes hormonales com- connaître les motivations des femmes qui, pour des raisons binées (rapport de cote: 0,89; intervalle de confiance à 95%: non médicales, décident de se passer de ce type de contracep- [0,83; 0,95]). Pour ce qui est des autres méthodes, on observe tifs. des écarts en fonction du niveau de formation et du revenu, Pour conclure, on peut affirmer que la Suisse doit pour- mais il est difficile d’interpréter ces variations. Ainsi, ce sont les suivre ses efforts pour faciliter l’accès de toutes les personnes personnes ayant une formation de degré tertiaire et celles aux moyens contraceptifs, si l’on veut éviter les risques que les ayant un bas revenu qui utilisent le plus les préservatifs. Autre grossesses non désirées constituent pour la santé. Il lui faut en exemple, le recours à la stérilisation est au plus bas chez les outre continuer à fournir à la population des informations et personnes diplômées de degré tertiaire, plus faible chez les per- des conseils fiables et étayés scientifiquement afin que chaque sonnes sans formation postobligatoire que chez celles ayant personne souhaitant contrôler sa fécondité puisse choisir en un niveau de formation moyen, et moins fréquent chez les per- toute connaissance de cause le moyen contraceptif le plus sonnes issues de la migration que chez les autres. adapté. VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL 7
EINLEITUNG 1 Einleitung Gemäss der letzten Publikation des ‘European Parliamentary Fo- 15-74-jährigen Männer an, eine Methode zur Empfängnisverhü- rum for Sexual & Reproductive Rights’ 2020 1 hat die Schweiz ge- tung zu verwenden (Barrense-Dias 2021). Über die Jahre zeigte meinsam mit Finnland und Frankreich die zweithöchste Verhü- sich aber eine Verschiebung von der Pille hin zur Hormonspirale, tungsrate Europas und eine der tiefsten Schwangerschaftsraten eine Abnahme der Unterbindungen insbesondere beim Mann so- bei Adoleszenten in Europa. Es wurde jedoch auch festgestellt, wie ein Rückgang der Verwendung von Präservativen. dass gewisse Lücken in der Gesundheitsversorgung bestehen. Eine zunehmende Zurückhaltung bei der Verwendung der Besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen haben oft keinen Zu- Pille wird zurzeit in vielen westlichen Ländern beobachtet (Le gang zur ganzen Palette der zur Verfügung stehenden Verhü- Guen 2021). Ein wichtiger Grund dafür ist die Angst vor Nebenwir- tungsmittel. Dies mag unter anderem darin begründet sein, dass kungen und Komplikationen. Die Pille wie auch andere kombi- zurzeit die Verhütungsmittel auch nicht für speziell vulnerable nierte hormonelle Methoden (Hormonpflaster, Hormonring) wer- Personengruppen wie Armutsbetroffene, Sozialhilfebeziehende, den je nach Konzentration des Östrogen- und Art des Gestagen- Flüchtlinge oder Jugendliche Teil des Leistungskatalogs der Kran- anteils mit einem erhöhten Risiko für venöse Thrombosen und kenkassen sind. In einigen Kantonen ist eine Rückerstattung zwar Thromboembolien in Verbindung gebracht, wobei das Risiko bei für spezielle Personengruppen wie Personen im Asylverfahren Frauen im gebärfähigen Alter insgesamt als gering eingeschätzt möglich, deckt aber nicht die Kosten für alle Verhütungsmittel und wird (Leitlinienprogramm DGGG, OEGGG, SGGG 2020). Eine Zu- Personen ab, die sich auf Grund ihrer Einkommensverhältnisse nahme der medialen Präsenz von Informationen zur Gesundheit die Verhütungsmittel nicht leisten können (Cignacco 2017). So von unterschiedlicher Qualität auf der einen Seite, sowie soziale müssen auch bei Sozialhilfeempfängerinnen die Kosten für Verhü- Unterschiede im Zugang zu Informationen, Dienstleistungen und tungsmittel grundsätzlich nicht von der Sozialhilfe übernommen wer- Produkten auf der anderen Seite können sich auf die individuelle den. Die Tatsache, dass hormonelle Verhütungsmittel in der Präferenz und die Erhältlichkeit von Verhütungsmitteln auswir- Schweiz verschreibungspflichtig sind, erleichtert den Zugang be- ken. Auch der individuelle Umgang mit der eigenen Gesundheit sonders für Jugendliche ebenfalls nicht. Hinzu kommt, dass trägt zur Entscheidung bei, welche Verhütungsmethode einge- vielerorts kostenlose Dolmetschdienste fehlen, welche auch setzt wird (Le Guen 2021). Dabei spielt auch die Bildung eine sprachunkundigen Migrantinnen und Migranten die komplexen Rolle. Insgesamt sind die komplexen Zusammenhänge zwischen Informationen zur Verhütung vermitteln könnten (Siebner 2017, den verschiedenen sozioökonomischen, soziodemographischen Ikhilor 2017). Die Folge davon war in der Vergangenheit unter an- und Lebensstil-Faktoren in der Schweiz in Bezug auf die Nutzung derem eine erhöhte Rate an Schwangerschaftsabbrüchen bei von Verhütungsmethoden aber noch wenig beschrieben. Migrantinnen (Kurth 2010). Die vorliegende Analyse der SGB-Daten 2017 ergänzt in die- In den letzten Jahren stieg der Anteil der Frauen, die eine Ver- sem Sinn die bereits vorliegenden Analysen der SGB-Daten 2017 hütungsmethode verwendeten, in der Schweiz jedoch kontinuier- (Barrense-Dias 2021) mit einer vertieften Untersuchung der sozio- lich an. Gleichzeitig veränderte sich das Angebot an Verhütungs- ökonomischen, migrationsspezifischen und Lebensstil-bezoge- mitteln stetig durch neue Produkte, die auf den Markt gelangten. nen Einflussfaktoren auf den Gebrauch von Verhütungsmitteln. Diese Entwicklung erlaubt es den Frauen immer mehr, aus zahl- reichen Methoden die für sie geeignetste auszuwählen. Es ist je- doch unklar, wieweit sich dies auf die gesamte Bevölkerung aus- wirkt, ob also zum Beispiel auch bei einkommensschwachen Per- sonen oder Personen mit Migrationshintergrund ein grösserer An- teil verhütet. Ein Vergleich der Daten der Schweizerischen Ge- sundheitsbefragung (SGB) zwischen 1992−2012 und 2017 zeigte auf, wie sich die Wahl der Verhütungsmittel über die Jahre verän- derte (Späth 2017, Barrense-Dias 2021). Im Jahr 2017 gaben mehr als drei Viertel der 15-49-jährigen Frauen (78%) und 61% der 1 (https://www.epfweb.org/node/754, eingesehen am 29.8.2021) 8 VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL
METHODEN UND DATEN 2 Methoden und Daten 2.1 Die Schweizerische Gesundheitsbefragung Schweiz angrenzende Länder als einzelne Herkunftsländer beibe- (SGB) halten (Italien und Frankreich), hingegen wurden Deutschland und Österreich zusammengefasst. Im Weiteren wurden Spanien und Im Jahr 2017 wurde eine repräsentative Stichprobe der Bevölke- Portugal zusammengefasst, sowie alle Länder Südosteuropas rung in der Schweiz zu verschiedenen Aspekten ihrer Gesundheit (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Griechenland, Kroatien, Ko- befragt. Solche Erhebungen werden jeweils in einem Abstand von sovo, Mazedonien, Montenegro, Slowenien, Serbien, Türkei, Zy- fünf Jahren durchgeführt, wobei eine telefonische Befragung mit pern). Übrige europäische Länder («Europa, andere») umfassten einer schriftlichen oder online Befragung kombiniert wird. Dabei Personen aus Nord- und Osteuropa sowie den Niederlanden, Bel- werden Männer und Frauen ab 15 Jahren auch zur Empfängnis- gien, Luxemburg und Dänemark. Aussereuropäische Personen verhütung befragt. Es werden auch ausführliche soziodemogra- wurden anhand ihrer Herkunftsregion, wie sie von der WHO ver- phische Angaben erhoben. Die vorliegende Analyse greift auf wendet wird, unterschieden. Diese Kategorisierung umfasst die diese Daten der SGB 2017 zurück. Region Nord- und Südamerika (AMR), Südostasien und Westliche Pazifikregion (SEAR EMR), sowie Afrika und Mittlere und östliche Mittelmeerregion (AFR, EMR). 2.2 Studienpopulation Insgesamt wurden im Jahr 2017 10 463 Männer und 11 671 2.3 Indikatoren Frauen in die Schweizerische Gesundheitsbefragung einge- schlossen. Davon waren 5256 Männer und 5869 Frauen zwischen In der telefonischen Befragung wurden alle Teilnehmenden ge- 15 und 49 Jahren alt, entsprachen also der Zielgruppe für diesen fragt, ob sie in den letzten sieben Tagen Medikamente eingenom- Bericht. Sexuell noch nie aktive Personen sowie jene, die in den 12 men hatten (TMEKO01). Falls dies mit Ja beantwortet wurde, Monaten vor der Befragung nicht sexuell aktiv gewesen waren, wurde erhoben, ob die Pille zur Empfängnisverhütung (TMEKO49) wie auch schwangere Frauen und Frauen nach Gebärmutterent- oder als Hormonersatzpräparat (TMEKO26) verwendet wurde. fernung wurden für die vorliegende Analyse ausgeschlossen. Die Bei Frauen, welche letztere Frage positiv beantworteten, wurde verbleibenden 3769 Männer und 4129 Frauen, insgesamt 7898 die Pilleneinnahme nicht als Verhütungsmittel gewertet2. In der Personen, sind die Basis für den vorliegenden Bericht. schriftlichen Befragung wurden nochmals alle Personen gefragt, Alle Personen wurden anhand ihres Herkunftslandes katego- ob sie selber oder ihr Partner/ihre Partnerin ein Verhütungsmittel risiert, wobei sowohl die eigene wie auch die Nationalität der El- verwenden würden (SFAPL01). Falls hier die Einnahme der Pille tern der befragten Person berücksichtigt wurde. Eine Person angegeben wurde (SFAPL22a), wurde angenommen, dass die wurde also zum Beispiel als mit «Herkunftsland Italien» kategori- Pille zur Verhütung eingesetzt wurde. siert, wenn sie selber aus Italien eingewandert war, oder wenn Im Weiteren wurden Informationen zu folgenden Verhütungs- mindestens ein Elternteil italienischer Herkunft war. Dabei wurde mitteln erhoben: Hormonpflaster, Hormonring, Hormonspritze zwischen eingewanderten Personen der ersten und der zweiten (Dreimonatsspritze), Hormonstäbchen (Hormonimplantat), Hor- oder dritten Generation unterschieden. Falls beide Eltern eine an- monspirale, Kupferspirale, Unterbindung beim Mann oder bei der dere als die Schweizer Nationalität aufwiesen, wurde die Nationa- Frau sowie natürliche Methoden und andere Methoden. Bei der lität der Mutter für die Kategorisierung verwendet. Pille wurde nicht unterschieden zwischen der Pille als kombinier- Die Herkunftsländer wurden entweder als einzelnes Land oder ter hormoneller Methode, welche Östrogen- und Gestagenanteile als Gruppe von Ländern in einer Kategorie zusammengefasst, beinhaltet, und der rein gestagenhaltigen Minipille (Progestogen- falls aus einzelnen Ländern nur wenige Personen an der Befra- Only Pill POP). Letztere wird zum Beispiel während der ersten gung teilgenommen hatten. Dabei wurden nur zwei an die sechs Monate nach der Geburt verschrieben oder bei Frauen, die 2 103 Frauen unter 49 Jahren, die im Durchschnitt 44 Jahre alt wa- ren, verwendeten Hormonersatzpräparate. Sie wurden im Studien- kollektiv der 15-49-jährigen Frauen belassen. VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL 9
METHODEN UND DATEN mit einer Pille verhüten möchten, aber bei denen Östrogen kont- raindiziert ist. Der Anteil der Minipille (POP) in der Schweiz ist je- doch unklar. In den USA zeigte eine Studie aus 2014, dass weni- ger als ein halbes Prozent der Frauen eine Minipille einsetzte. In der Schweiz dürfte der Prozentsatz nicht viel höher sein, was eine generelle Zuordnung der «Pille» in der vorliegenden Analyse zu den kombinierten hormonellen Methoden rechtfertigt. Die übrigen rein gestagenhaltigen hormonellen Methoden beinhalten die Hor- monspritze, die Hormonstäbchen und die Hormonspiralen. Die Hormonspirale wurde in dieser Analyse separat von der Kupfer- spirale betrachtet und zu den «rein gestagenhaltigen» hormonel- len Methoden gezählt. Einflussfaktoren auf die Verwendung von Verhütungsmitteln, die in dieser Analyse berücksichtigt wurden, umfassen Alter, Sprachregion des Wohnorts, Bildungsstand, Versicherungsstatus und Einkommen, sowie Herkunftsland, Herkunftsland der Eltern und Nationalität. Zudem wurden Angaben zu Ernährung, Bewe- gung, Alkoholkonsum und Rauchen sowie zur Inanspruchnahme von Komplementärmedizin für die Analyse berücksichtigt. 2.4 Statistische Analyse Alle Analysen wurden mit STATA V.15, StataCorp LLC durchge- führt. Die Daten wurden zuerst deskriptiv ausgewertet. Es wurden gewichtete Prozentzahlen mit 95%-Vertrauensintervallen für die Verwendung einzelner Verhütungsmittel insgesamt und pro Un- tergruppe berechnet. Die Berechnungen wurden entsprechend der Stichprobe des schriftlichen Fragebogens gewichtet (Verwen- dung des svy Befehls von STATA). Mittels gewichteter logisti- scher Regressionsanalysen wurden anschliessend Assoziationen einzelner Einflussvariablen mit der Verwendung einzelner Verhü- tungsmethoden berechnet. Dabei wurde für soziodemographi- sche Variablen korrigiert (multivariable Regressionsmodelle). Die Resultate werden im Bericht als Odds Ratios und 95%-Vertrau- ensintervalle entweder numerisch als Tabelle oder grafisch als Forrest Plot dargestellt. Im Weiteren wurde mittels latent class Analyse eine Segmen- tierung der Bevölkerung nach soziodemographischen Faktoren durchgeführt. Dabei wurde jede Person einer von sechs Bevölke- rungsgruppen zugeordnet, der sie mit grösster Wahrscheinlich- keit angehört. Die Gruppen wurden mittels folgender Variablen ge- bildet: Migrationsstatus (NATION3), Ausbildungsstand (AUS- BILD3), Versicherungsstatus (SSOSI19) und Einkommensquintile anhand des Nettoeinkommens des Haushalts (TSODE40). Die La- tent Class Analyse wurde unter Verwendung des Befehls gsem durchgeführt. Die Anzahl Klassen wurde anhand eines Vergleichs des Bayesian Information Criterion (BIC) gewählt (tiefster BIC bei 6 Klassen). 10 VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL
RESULTATE 3 Resultate 3.1 Übersicht über die Verwendung von enthalten (Pille, Hormonpflaster oder Hormonring, insgesamt Verhütungsmitteln 30%). Rein gestagenhaltige hormonelle Methoden, denen die Hor- monspritze (Depotspritze), das Hormonstäbchen (Hormonim- In der SGB 2017 beantworteten insgesamt 78% der in den letzten plantat) sowie die Hormonspirale zugerechnet wurden, verwende- 12 Monaten sexuell aktiven Männer und Frauen zwischen 15 und ten insgesamt 9% der befragten Personen. 49 Jahren die Frage, ob sie eine Methode zur Empfängnisverhü- Rund ein Prozent der befragten Personen gaben an, die Pille tung verwenden, mit ja.3 Am häufigsten wurde das Präservativ er- danach (Gestagen oder Progesteronantagonist) in den letzten 12 wähnt (35%), gefolgt von der Pille (27%) (T 3.1). 23% verwendeten Monaten eingesetzt zu haben. Operative Methoden wurden in 8% das Präservativ zusätzlich zu einem anderen Verhütungsmittel. erwähnt, gefolgt von der Kupferspirale (4%) und natürlichen Me- Bei den hormonellen Methoden wurden am häufigsten kombi- thoden (3.3%). Andere Methoden wurden selten angegeben. nierte Methoden erwähnt, die sowohl Östrogen als auch Gestagen T 3.1 Gebrauch von Verhütungsmitteln in der Schweiz, SGB 2017, Angaben von in den letzten 12 Monaten sexuell aktiven Frauen und Männern, 15−49-jährig3 Hohe Sicherheit Lang wirksam Kurz wirksam Permanent Kombinierte hormonelle Verhütungsmittel Pille 27,0% x + Hormonpflaster 0,6% x + Hormonring 3,0% x + Rein gestagenhaltige hormonelle Verhütungs- Hormonspritze 0,8% x + mittel Hormonstäbchen 0,6% x + Hormonspirale 7,5% x + Spiralen Kupferspirale 4,0% x + Barriere-Methoden Diaphragma 0,1% x Kondom (f) 0,2% x Kondom (m) 34,9% x Operative Methoden Unterbindung Frau 2,1% x + Unterbindung Mann 6,0% x + Anderes Natürliche Methoden 3,3% Andere Methoden 2,5% Pille danach* 1,0% * Die «Pille danach» wird als Notfallkontrazeption eingesetzt. Quelle: BFS – Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) 2017 © Obsan 2021 3 Schwangere und Frauen nach Gebärmutterentfernungen wurden in die Analyse nicht eingeschlossen. VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL 11
RESULTATE 3.2 Prävalenzberechnungen nach G 3.1 Verhütung, alle Methoden, CH und Migrantin- Migrationsstatus und Nationalität nen/Migranten 1. und 2. Generation nach Herkunfts- land In der vorliegenden Analyse wurde untersucht, ob sich die Ver- Verwendung von Verhütungsmitteln, Angaben von wendung von Verhütungsmitteln aufgrund von Migrationssta- Frauen und Männern, 15−49-jährig tus und Herkunftsland, Dauer der Akkulturation und sozioöko- nomischem Status unterscheidet. Es ist klar, dass der Zugang 80 Total 76 zur Gesundheitsversorgung einer geflüchteten Person ohne Kenntnisse der Landessprache nicht mit jenem einer in der Schweiz wohnhaften Fachkraft aus einem Nachbarland vergli- chen werden kann. Im Folgenden wird dem Einfluss dieser Un- CHE 84 terschiede auf die Verwendung von Verhütungsmitteln nach- 82 gegangen. Folgende Länder oder Ländergruppen wurden zu- 83 PRT ESP sammengefasst: Deutschland und Österreich (N=654), Spa- 79 nien und Portugal (N=461), alle Länder Südosteuropas 82 AMR (N=726), übrige europäische Länder (N=437), Nord- und Süd- 77 amerika (N=233), Südostasien und westliche Pazifikregion 80 DEU AUT (N=135), sowie Afrika und Mittlere und östliche Mittelmeerre- 76 gion (N=166). Italien (N=826) und Frankreich (N=319) sowie die 78 Schweiz (N=3941) wurden einzeln belassen. EUR (andere) 75 76 FRA 72 3.2.1 Die Verwendung einzelner 76 Verhütungsmethoden nach Nationalität ITA 72 73 SEAR WPR 66 Verhütung insgesamt 68 SE-EUR Die Häufigkeit, mit der Verhütungsmittel angewendet werden, 63 unterscheidet sich in der Schweiz zwischen den Bevölkerungs- 67 AFR EMR gruppen je nach Herkunftsland in der ersten und zweiten Gene- 55 ration. Personen mit Schweizer Hintergrund gaben am häufigs- 0% 20% 40% 60% 80% 100% ten an, zu verhüten (84% nach Angaben von Frauen und 82% nach Angaben der Männer). Personen mit Wurzeln in Portugal, Frauen Männer Spanien sowie Nord-und Südamerika wiesen ähnlich hohe Ra- Quelle: BFS – Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) 2017 ten auf, wenn man die Angaben von Männern und Frauen ge- © Obsan 2021 meinsam berücksichtigt, während Personen aus allen anderen Legende: CHE – Schweiz; FRA – Frankreich; ITA – Italien; DEU AUT Ländergruppen signifikant weniger häufig verhüteten. Am tiefs- – Deutschland, Österreich; SE-EUR – Südosteuropa; EUR (andere) ten waren die Anteile bei Personen mit Wurzeln in Südosteu- – Europa, andere; AMR – Nord-und Südamerika; SEAR WPR – Süd- ropa, der östlichen Mittelmeerregion und Afrika. (G 3.1 und An- ostasien und Westliche Pazifikregion; AFR EMR – Afrika und östli- hang Tabelle 6.1). che Mittelmeerregion Sichere Verhütung Mit Ausnahme von Personen aus Frankreich, Portugal und Spanien wiesen Personen aus allen anderen Regionen insge- samt einen geringeren Anteil an sicheren Verhütungsmitteln auf (G 3.2). Am tiefsten lag der Anteil ebenfalls bei Migrantin- nen und Migranten aus der Region Südosteuropa sowie bei Personen aus Afrika und der östlichen Mittelmeerregion. 12 VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL
RESULTATE G 3.2 Sicherheit der verwendeten Verhütungsmittel, nach 3.2.2 Die Verwendung einzelner Herkunftsland/-region Verhütungsmethoden nach Nationalität Sichere Verhütungsmittel, nach Herkunftsland, Angaben von Frauen und Männern, 15−49-jährig Kombinierte hormonelle Verhütungsmittel (Pille, Hor- monpflaster, Hormonring) wurden am häufigsten von Per- 54 sonen aus Portugal oder Spanien verwendet – der Anteil Total 46 lag signifikant über den Angaben von Personen aus der Schweiz. Fast die Hälfte aller Personen aus dieser Region gab an, kombinierte hormonelle Methoden zu verwenden, meist die Pille (G 3.3, Anhang Tabelle 6.2). Personen mit 61 CHE Bürgerrecht in einem der Nachbarländer der Schweiz ver- 51 wendeten kombinierte hormonelle Verhütungsmittel etwa 66 gleich häufig wie Personen ohne Migrationshintergrund. PRT ESP 56 Hingegen gaben Personen aus den übrigen Ländern Euro- pas signifikant seltener an, kombinierte hormonelle Metho- 57 FRA den zu verwenden. Am tiefsten (und ebenfalls signifikant 51 tiefer als bei Personen aus der Schweiz) lag der Anteil die- 53 ser Methoden bei Personen aus Südosteuropa sowie bei DEU AUT 49 Personen aus Afrika und der östlichen Mittelmeerregion. AMR 51 Rein gestagenhaltige hormonelle Verhütungsmittel, wozu 43 hier die Hormonspirale, die Hormonspritze und die Hor- 48 monstäbchen gezählt wurden, unterschieden sich wenig SEAR WPR zwischen Personen aus verschiedenen Herkunftsländern. 35 Eine Ausnahme stellt Italien dar: Personen mit Wurzeln in 46 Italien verwendeten diese Methoden deutlich seltener EUR (andere) 40 (G 3.3, Anhang Tabelle 6.2). 45 Die Kupferspirale als Alternative zu hormonhaltigen Verhü- ITA 40 tungsmitteln einschliesslich der Hormonspirale unter- 40 schied sich in der Anwendungshäufigkeit ebenfalls wenig. AFR EMR Nur aus Frankreich stammende Personen erwähnten die 30 Kupferspirale mehr als doppelt so häufig wie die Schweize- 38 rinnen. SE-EUR 35 Bei den Präservativen fällt auf, dass diese häufiger von den 0% 20% 40% 60% 80% Männern erwähnt wurden. Insgesamt verwendeten Perso- nen aus Südosteuropa signifikant seltener Präservative als Frauen Männer Personen aus der Schweiz. Quelle: BFS – Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) 2017 Unterbindungen – hauptsächlich die Unterbindung beim © Obsan 2021 Mann – wurden am häufigsten von Schweizerinnen und Legende: CHE – Schweiz; FRA – Frankreich; ITA – Italien; DEU AUT Schweizern erwähnt, und am seltensten von Personen aus – Deutschland, Österreich; SE-EUR – Südosteuropa; EUR (andere) Südosteuropa sowie bei Personen aus Afrika und der östli- – Europa, andere; AMR – Nord-und Südamerika; SEAR WPR – Süd- chen Mittelmeerregion. Ausser bei Personen aus Nord- und ostasien und Westliche Pazifikregion; AFR EMR – Afrika und östli- Südamerika lag der Anteil bei allen übrigen Herkunftslän- che Mittelmeerregion dern signifikant unter jenem von Personen aus der Schweiz. Natürliche Methoden wurden am häufigsten von Personen aus Afrika und der östlichen Mittelmeerregion verwendet. (siehe auch Anhang Tabelle 6.3) Männer und Frauen beantworteten die Frage nach der Verwen- dung von spezifischen Verhütungsmitteln unterschiedlich. Männer erwähnten öfters Präservative, Frauen etwas häufiger rein gestagenhaltige hormonelle sowie natürliche Methoden. Mit Ausnahme der Regionen Südostasien und westlicher Pazi- fik gab es zwischen den Geschlechtern keine signifikanten Un- terschiede in der Angabe zu den kombinierten hormonellen Verhütungsmitteln. VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL 13
RESULTATE G 3.3 Methoden der Empfängnisverhütung nach Herkunftsland, erste und zweite Generation Angaben von Frauen, 15−49-jährig Angaben von Männern 15-49 31 32 11 7 CHE 5 3 29 CHE 43 13 10 5 2 46 46 10 6 PRT ESP 3 PRT ESP 4 27 36 5 2 3 3 37 20 6 5 SEAR WPR 3 SEAR WPR 8 35 42 4 2 1 1 32 32 12 9 FRA 8 FRA 8 26 36 5 3 3 0 31 32 6 7 4 DEU AUT 4 DEU AUT 31 32 10 7 7 2 27 27 6 8 5 ITA 2 ITA 42 34 6 4 3 1 27 23 7 7 4 EUR (andere) 5 EUR (andere) 42 36 8 7 6 2 26 26 8 4 5 AMR 7 AMR 39 27 9 6 2 2 22 20 7 7 5 AFR EMR 2 AFR EMR 24 34 5 1 10 6 22 24 9 7 3 SE-EUR 2 SE-EUR 33 29 2 4 2 4 0% 20% 40% 60% 0% 20% 40% 60% Kombinierte hormonelle Methoden (Pille, Pflaster, Ring) Rein gestagenhaltige hormonelle Methoden (Hormonspirale, -spritze, -stäbchen) Kupferspirale Präservativ Unterbindung (Mann oder Frau) Natürliche Methoden Quelle: BFS – Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) 2017 © Obsan 2021 Legende: CHE – Schweiz; FRA – Frankreich; ITA – Italien; DEU AUT – Deutschland, Österreich; SE-EUR – Südosteuropa; EUR (andere) – Europa, andere; AMR – Nord-und Südamerika; SEAR WPR – Südostasien und Westliche Pazifikregion; AFR EMR – Afrika und östliche Mittelmeerregion 14 VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL
RESULTATE 3.2.3 Verhütungsmethoden nach Migrationsstatus 3.3 Prävalenzberechnungen nach sozioökonomischen Faktoren Neben dem Herkunftsland gab es auch Unterschiede bei der Ver- hütung je nach Migrationsstatus. Ein Vergleich zwischen Frauen Auch sozioökonomische Faktoren wirkten sich auf die Verwen- mit Eltern aus dem Ausland, die als Schweizerin geboren wurden dung von Verhütungsmethoden aus. Personen, die die obligatori- und jenen, die zwar hier geboren wurden, aber bei Geburt nicht sche Schulbildung als höchsten Bildungsstand angaben, verhüte- das Schweizer Bürgerrecht erhielten, sowie Migrantinnen der ers- ten nach Angaben der Männer insgesamt weniger oft. Dabei liess ten Generation zeigte ebenfalls einen Gradienten bei der Inan- sich dieser Unterschied bei den Frauen nicht finden (G 3.5). Auch spruchnahme von Verhütungsmethoden. Dabei verhüteten Mig- bei den kombinierten hormonellen Methoden (Pille, Hormonpflas- rantinnen der ersten Generation signifikant seltener und verwen- ter, Hormonring) ist ein Bildungsgradient zu sehen. Hier sind es deten auch seltener kombinierte hormonelle Verhütungsmittel als jedoch die Personen mit tertiärer Bildung (Hochschule, Universi- in der Schweiz als Schweizerinnen geborene Frauen mit Migrati- tät), welche am seltensten angaben, diese Methoden zu verwen- onshintergrund. Frauen, die als Ausländerin in der Schweiz gebo- den (G 3.5 und Anhang Tabelle 6.5 und 6.6). Dasselbe Muster ren wurden, verhüteten ebenfalls seltener als in der Schweiz bei lässt sich auch bei den rein gestagenhaltigen Methoden erken- Geburt eingebürgerte Frauen (G 3.4). Insgesamt verhüteten die nen. Personen mit tertiärer Bildung verhüteten hingegen signifi- primär eingebürgerten Frauen etwa gleich häufig wie Schweize- kant häufiger mittels Kupferspirale und mittels natürlicher Metho- rinnen (Odds Ratio 0,92; 95%-Vertrauensintervall [0,74; 1,13]), den sowie, wenn man die Angaben nur der Frauen berücksichtigt, während jene Frauen, die ohne Schweizer Bürgerrecht in der auch häufiger mittels Präservativ. Die Unterbindung wird insge- Schweiz geboren wurden, signifikant seltener verhüteten (Odds samt seltener von Personen ohne nachobligatorischem Bildungs- Ratio 0,65; 95%-Vertrauensintervall [0,52; 0,81]). Am seltensten abschluss erwähnt. verhüteten Migrantinnen der ersten Generation (Odds Ratio 0,47; Die Bildungsunterschiede, die in Abbildung G 3.6 dargestellt 95%-Vertrauensintervall [0,41; 0,55]). Diese Unterschiede blieben sind, umfassen alle Altersgruppen und Herkunftsländer. Unter- auch bestehen, wenn das Alter der Frauen berücksichtigt wurde, schiedliche Häufigkeiten in der Verwendung von Verhütungsme- jedoch wiesen dann jene Frauen den tiefsten Wert auf, die in der thoden nach Bildungsabschluss überlagern sich also möglicher- Schweiz geboren waren, jedoch ohne das Bürgerrecht bei Geburt weise mit der Altersstruktur oder dem Migrationsstatus. In den zu erhalten (G 3.5 und Anhang Tabelle 6.4). Tabellen T 3.2 und T 3.3 werden die Anteile der einzelnen Variab- Deutlich weniger häufig als in der Schweiz als Schweizerin ge- len separat dargestellt (multivariable logistische Regressionsmo- borene Frauen ausländischer Eltern verwendeten eingewanderte delle). Frauen der ersten Generation kombinierte hormonelle Verhü- Es zeigt sich dabei, dass bei den Männern der Bildungsab- tungsmethoden wie die Pille. Dieser Unterschied verschwindet je- schluss mit dem Gebrauch von Verhütungsmitteln insgesamt doch, wenn die unterschiedliche Altersverteilung berücksichtigt direkt zusammenhing. Ein Abschluss auf Sekundarstufe II o- wird. der eine ausschliesslich obligatorische Bildung wirkte sich im Vergleich zur tertiären Bildungsstufe negativ auf die Häufig- keit der Anwendung von Verhütungsmitteln aus (T 3.2). Wenn G 3.4 Unterschiede bei der Verwendung von Verhütungsme- man hingegen die Angaben der befragten Frauen berücksich- thoden insgesamt und von hormonellen Methoden tigte, zeigte sich dieser Unterschied nicht (T 3.3). nach Migrationsstatus, Angaben der 15−49-jährigen Der Vergleich der einzelnen Methoden je nach Bildungsstatus Frauen mit Migrationshintergrund ergab zudem auch, dass sich ein Abschluss auf Sekundar- stufe II oder eine ausschliesslich obligatorische Bildung im 85 Vergleich zu einer tertiären Bildung bei Männern und Frauen Alle Verhütungsmethoden 76 negativ auf den Gebrauch von Präservativen auswirkte. Bei 73 den kombinierten hormonellen Methoden (Pille, Hormonpflas- ter, Hormonring) fand sich kein signifikanter Zusammenhang 39 zwischen den Bildungsstufen, wenn gleichzeitig auch das Al- Kombinierte hormonelle 34 ter berücksichtigt wurde (T 3.2 und T3.3). Methoden (Pille, Pflaster, Ring) 25 Hingegen bestätigte sich, dass Personen mit ausschliesslich Rein gestagenhaltige 9 obligatorischer Bildung oder einem Abschluss auf Sekundar- Methoden (Hormonspirale, - 8 stufe II häufiger mit rein gestagenhaltigen Methoden, insbe- spritze, -stäbchen) 10 sondere der Hormonspirale verhüteten (T 3.2 und T 3.3). Frauen mit Abschluss auf Sekundarstufe II verhüteten auch 0% 50% 100% häufiger mittels Unterbindung, wobei die Unterbindung des Bei Geburt Schweizerin, Eltern andere Nationalität Mannes die häufigere Methode darstellte (T 3.1). Es bestä- Geboren in der Schweiz, bei Geburt andere Nationalität tigte sich zudem ein deutlicher Zusammenhang zwischen In die Schweiz eingewandert (1. Generation) Migrationshintergrund und Unterbindung, wobei ausländi- sche Personen sowie Eingebürgerte diese Methode deutlich Quelle: BFS – Schweizerische Gesundheitsbefragung (SGB) 2017 seltener erwähnten. © Obsan 2021 VERHÜTUNG: FOKUS MIGRATION UND LEBENSSTIL 15
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