Virtual Reality im Musiktheater - actori Impuls Stand: 2021-03-10

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Virtual Reality im Musiktheater - actori Impuls Stand: 2021-03-10
Virtual Reality im Musiktheater
actori Impuls
Stand: 2021-03-10

Ó „ARIA-VR“, Bayerische Staatsoper München

Digitalisierung durchdringt und prägt zunehmend das gesellschaftliche
Miteinander. Davon sind Kulturinstitutionen nicht ausgenommen: In allen
Kultursparten wird sie zunehmend wirksam. Nicht zuletzt im Bereich der
Kulturvermittlung bietet Digitalisierung Chancen, neuartige Zugänge zur Kultur
und schafft sogar neuartige Kunstformen. Zu den bedeutsamen Neuerungen
zählt hier der Einsatz von VR-Technologie. Ein gutes Beispiel zu ihrer
Anwendung in der Kultur ist das von actori ausgegründete Edutainment-
Unternehmen TimeRide, das mit seinen VR-Stadtführungen Geschichte auf
spannende Art erlebbar macht. Insbesondere zur Nutzung dieser Technik im
Musiktheater möchte actori an dieser Stelle einen kurzen Überblick über Trends
und Einsatzmöglichkeiten geben.
Grundsätzlich ist weltweit ein stark ansteigendes Interesse an VR-Technologie
zu beobachten. Das zeigt sich in einem bereits prognostizierten starken Anstieg
des Markvolumens, wie auch in einem zunehmenden Interesse der Nutzenden.
Umfragen zufolge hatten im Jahr 2018 17% der Menschen in Deutschland

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Virtual Reality im Musiktheater - actori Impuls Stand: 2021-03-10
Interesse an der Nutzung von
                                                 VR, im Jahr 2020 waren es
                                                 bereits       37%.      Weiter
                                                 fortgeschritten     ist    die
                                                 Entwicklung in den USA, hier
                                                 liegt    der     Anteil    der
                                                 Interessierten zur Nutzung bei
                                                 70%.

                                                 Was ist dabei mit Virtual
                                                 Reality     gemeint?        VR
                                                 bezeichnet                 eine
computergenerierte Wirklichkeit in üblicherweise 360°-Bild und -Ton, mit der
Nutzende interagieren können. Erfolgsfaktoren für ein überzeugendes Erlebnis
sind unter anderem Immersions- und Interaktivitätsgrad sowie Plausibilität.
So kann VR in verschiedenen Komplexitätsgraden gestaltet werden: Von 360°-
Bild oder -Video bis hin zu visuell und auditiv voll ausgestalteten interaktiven
VR-Welten. Dabei steigt mit zunehmendem Komplexitätsgrad regelmäßig
akteursseitig der technische Aufwand, zugleich nehmen nutzerseitig
Immersion, Interaktivität und zu adressierende technische Hemmschwellen zu.
Technisch niedrigschwelligere Formen von VR wurden ab etwa Mitte der
2010er-Jahre schon von verschiedenen Theatern eingesetzt. Darunter fallen
360°-Führungen durch die Räumlichkeiten der Oper Sydney (2015) oder der
Bayerischen Staatsoper (2018). Ebenso wurden bereits verschiedene
Opernproduktionen in 360°-Videos aufgezeichnet, so „L’elisir d’amore“ des
Teatro alla Scala (2015) oder „Die Hochzeit des Figaro“ der Oper Leipzig
(2018).
Über die technische Komplexität von 360°-Videos hinausgehende Formate
wurden in den späten 2010er-Jahren in der Theaterwelt erstmals sichtbar und
erzeugten ein Medienecho. So schuf beispielsweise das Künstlerkollektiv
Cyberräuber in Zusammenarbeit mit den Theatern Karlsruhe und Linz 2019 den
„digitalen Freischütz“, eine fragmentarisch gegliederte sowie akustisch und
visuell teils verfremdende Interpretation der Oper C. M. von Webers. Mit seiner
eigens auf VR zugeschnittenen Oper „Eight“ schuf der niederländische Künstler
Michel van der Aa 2019 die erste komplett virtuelle, interaktive, sogar
begehbare Oper: Ein 15-minütiges virtuelles Gesamterlebnis. Das
Staatstheater Augsburg verband 2020 in seiner Produktion von „Orfeo ed
Euridice“ den Einsatz von VR-Technik mit dem klassischen Bühnengeschehen.
Verschiedene Szenen, so die Unterwelt, konnte das Publikum durch VR-Brillen
erleben. Gemeinsam mit dem Jungen Theater Bonn schuf zudem 2020 die
actori-Ausgründung TimeRide das virtuelle Live-Theaterstück „TKKG –
Gefangen in der Vergangenheit“, das sich insbesondere an Kinder und
Jugendliche richtet.

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Virtual Reality im Musiktheater - actori Impuls Stand: 2021-03-10
„VR-experiences“ gibt es in verschiedenen technischen
    Komplexitätsgraden

             360°-Bilder                              360°-Videos                               VR-Welten

        Standbild, das den Blick                  Video mit Rundumblick                    Interaktive,
        in alle Richtungen                        z. B. Kinofilme,                         audiovisuelle VR-
        erlaubt                                   Konzertbesuche                           Welten
        z. B. Immobilien-                                                                  z. B. VR-Games,
        Vermarktung, Google                                                                TimeRide
        Street View

                                  akteursseitig Zunahme von technischem Aufwand
               nutzerseitig Zunahme von Immersion, Interaktivität sowie technischer Hemmschwellen

©Britisches Theater, Duncan Cuthbertson/shutterstock.de I ©„ARIA-VR“, Bayerische Staatsoper München I ©Frau vor Display
     1   | September
mit Planet, thisisengineering/unsplah.de
                     2018

Die Auseinandersetzung mit dem Trend „VR im Musiktheater“ sowie die
aufgeführten Beispiele zeigen: Hier liegen vielfältige Chancen und
Herausforderungen, die es zu nutzen bzw. zu adressieren gilt.
Chancenseitig verspricht VR-Technik neue Formen künstlerischen Ausdrucks
und der Kunstvermittlung, die es Theatern erlauben, als gesellschaftliche
Verhandlungsräume am Puls der Zeit zu bleiben. VR ermöglicht einen hohen
Immersionsgrad und eine empfundene besondere Nähe zu Künstlern, zugleich
macht sie den Theaterbesuch durch den „Reiz des Neuen“ für bestehende wie
neue Zielgruppen zusätzlich attraktiv. Herausforderungen bestehen hinsichtlich
der technischen und personellen Ausstattung – neue Technik verlangt
Investitionen in Gerät und Personal. Zugleich ist diese Technik, zumal teils noch
in den Kinderschuhen, in der öffentlichen Wahrnehmung kein Ersatz für den
analogen Theaterbesuch. Das liegt nicht nur an bisweilen noch bestehenden
Optimierungspotenzialen visueller und auditiver Darstellung, sondern ebenso
am Erlebnischarakter des hergebrachten Kulturkonsums: Ein Theaterbesuch ist
mehr als das Ansehen eines Theaterstücks. Auch im Bereich der menschlichen
Kapazität zur Reiz- und Informationsverarbeitung liegt womöglich ein
limitierender Faktor vor.

Ein Beitrag von Sebastian Lücke, Beratung actori GmbH

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Virtual Reality im Musiktheater - actori Impuls Stand: 2021-03-10 Virtual Reality im Musiktheater - actori Impuls Stand: 2021-03-10
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