Virushepatitis C im Jahr 2020 - Zur Situation bei wichtigen Infektionskrankheiten in Deutschland - Robert Koch-Institut

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Epidemiologisches Bulletin      28 | 2021       15. Juli 2021                                                     3

  Zur Situation bei wichtigen Infektionskrankheiten in Deutschland

  Virushepatitis C im Jahr 2020

  Infektionen mit Hepatitis-C-Viren (HCV) gehören                tragung darüber eher unwahrscheinlich. In etwa
  weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten.              75 % der Fälle verläuft eine Infektion mit dem HCV
  Aufgrund ihrer häufigen Chronifizierung verursa-               unbemerkt oder mit unspezifischen, grippeähnli-
  chen sie in vielen Fällen Spätfolgen wie Leberzirrho-          chen Symptomen. Etwa 25 % der Infizierten entwi-
  se und Leberzellkarzinom. Mit effektiven direkt an-            ckeln eine akute (häufig milde) Hepatitis mit meist
  tiviralen Medikamenten besteht die Möglichkeit, die            nur mäßig erhöhten Transaminasenwerten. Fulmi-
  meisten Infektionen zu heilen und dadurch bei                  nante Verläufe sind sehr selten. Ohne Therapie
  rechtzeitiger Behandlung Spätfolgen zu verhindern.             nimmt die Infektion in 50 bis 85 % der Fälle einen
  Da die Infektion mit HCV häufig asymptomatisch                 chronischen Verlauf, der selten mit charakteristi-
  verläuft, sollten Personen aus Gruppen mit hohem               schen Symptomen einhergeht und dennoch nach
  Expositionsrisiko regelmäßig getestet und bei Auf-             Jahrzehnten eine Leberzirrhose oder ein Leberzell-
  treten einer Infektion zeitnah der Behandlung zu-              karzinom verursachen kann. Das Risiko, innerhalb
  geführt werden.                                                von 20 Jahren eine Leberzirrhose zu entwickeln, be-
                                                                 trägt bei chronisch Infizierten 15 bis 30 %.5 Personen
  Am 28. Juli 2021 findet der diesjährige Welt-Hepa­             mit Leberzirrhose haben ein Risiko von 2 bis 4 %
  titis-Tag wieder unter dem Motto der dreijährigen              pro Jahr ein Leberzellkarzinom zu entwickeln.6
  Kampagne der World Hepatitis Alliance „Hepatitis              Schätzungen zufolge lassen sich in Industrielän-
  kann nicht warten!“ statt, der global auf den Bedarf          dern etwa 20 % der akuten Leberentzündungen,
  an Schutz- und Behandlungsmöglichkeiten von                   mehr als 40 % aller Leberzirrhosen, 70 bis 85 % der
  Hepatitis-Infektionen aufmerksam macht.                       chronischen Leberentzündungen und 60 % der
                                                                ­Leberzelltumoren auf eine chronische Hepatitis C
                                                                 zurückführen. Eine HCV-Infektion ist in 63 % der
  1. Hintergrund                                                 Fälle die aufgeführte Indikation für eine Lebertrans-
  Das HCV wurde erstmals im Jahr 1988 identifiziert              plantation in Europa.7 Es existiert bisher kein Impf-
  (vorher Hepatitis non-A non-B).1 Es handelt sich um            stoff gegen Hepatitis C.
  ein RNA-Virus, das derzeit in sieben verschiedene
  Genotypen (GT) und 67 Subtypen klassifiziert ist.2            Im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Ent-
  Weltweit am häufigsten verbreitet ist GT 1 (46 %),            wicklung hat die Weltgesundheitsorganisation
  gefolgt von GT 3 (30 %). Die GT 2, 4 und 6 sind für           (WHO) im Jahr 2016 beschlossen, Infektionen mit
  insgesamt 23 % der Fälle verantwortlich. GT 5 spielt          Hepatitis-B-Viren (HBV) und HCV als Public Health
  nur eine sehr untergeordnete Rolle (< 1 % der Fälle).3        Emergency bis 2030 zu eliminieren.8 Die Eliminie-
  In den meisten europäischen Ländern ist der am                rungsziele bis 2030 beinhalten unter anderem eine
  häufigsten vorkommende GT 1b, wohingegen in                   Reduktion der Inzidenz um 80 % und eine Reduk-
  Nordamerika, Großbritannien, Skandinavien und                 tion der Todesfälle durch chronische HCV-Infektio-
  Australien der GT 1a am weitesten verbreitet ist. 4           nen um 65 %. Dies soll erreicht werden durch einen
                                                                Anteil diagnostizierter HCV-Infektionen von 90 %
  Das HCV wird fast ausschließlich durch Blut über-             und einem Anteil therapierter HCV-Infektionen von
  tragen. Auch wenn ein HCV-Nachweis in anderen                 80 %.8 Deutschland hat sich dem Eliminationsziel
  Körperflüssigkeiten möglich ist, ist eine Virusüber-          angeschlossen und 2016 eine Strategie zur Eindäm-
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  mung des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV),                  In der WHO-Region Europa lebten 2019 schät-
  von Hepatitis B und C und anderen sexuell über-               zungsweise 14 Millionen Menschen mit chronischer
  tragbaren Infektionen (STI) verabschiedet.9 In wie            HCV-Infektion,16 davon 3,9 Millionen in der Euro-
  weit die Eliminationsziele erfüllt werden, wird mit-          päischen Union (EU)/im Europäischen Wirtschafts-
  hilfe von Indikatoren ermittelt.10 Hierzu zählen u. a.        raum (EWR).17 Mit einer Prävalenz von unter 2 %
  die Prävalenz von chronischen HCV-Infektionen,                wird die EU/EWR daher als Niedrig-Prävalenz­-
  die Inzidenz von HCV-Infektionen, die Zahl der                re­gion für Hepatitis C eingeschätzt,17 jedoch unter-
  chronisch HCV-Infizierten, die eine Therapie begin-           scheiden sich die Inzidenz und Prävalenz der Infek-
  nen, und die Todesfälle durch HCV-Infektionen.10              tion stark zwischen den einzelnen Ländern. So be-
  In Deutschland werden die Daten aus den Meldeda-              wegte sich in einem systematischen Literaturreview
  ten und aus Projekten des Robert Koch-Instituts               von 2017 zur HCV-Prävalenz in Ländern der EU/
  (RKI) generiert.                                              EWR die Seroprävalenz von HCV-Antikörpern
                                                                (HCV-AK) zwischen 0,1 % in Belgien, den Nieder-
                                                                landen und Irland und 6 % in Italien, wo in den
  2. Epidemiologische Situation                                 80er Jahren nosokomiale Übertragungen durch
  weltweit und in Europa                                        Mehrfachverwendung von Glasspritzen stattfan-
  Hepatitis C ist weltweit verbreitet. Laut Schätzun-           den.18 Im Jahr 2018 wurden in der EU/EWR als
  gen der WHO waren 2019 weltweit etwa 58 Millio-               wahrscheinlichste Übertragungswege von HCV-
  nen Menschen chronisch mit dem HCV infiziert.11               Infektionen injizierender Drogenkonsum (46 %),
  Im Jahr 2015 waren die am meisten von chronischer             sexuelle Kontakte zwischen Männern (16 %) und no-
  Hepatitis C betroffenen Regionen die östliche Mit-            sokomiale Transmissionen (11 %) angegeben.19 Da-
  telmeerregion (2,3 %) und die WHO-Region Europa               mit gehen sehr unterschiedliche Prävalenzen in ver-
  (1,5 %). In den anderen WHO-Regionen variierte die            schiedenen Bevölkerungsgruppen einher: So lag die
  Prävalenz zwischen 0,5 % und 1,0 %.12 Neueren                 HCV-AK-Prävalenz im Jahr 2015 bei 4 % bis 86 %
  ­Seroprävalenzstudien zufolge wird in vielen Län-             bei Personen in Haft, bei 14 % bis 84 % bei Men-
   dern von einem Rückgang der Prävalenz berichtet,             schen, die sich Drogen injizieren, und bei 0 % bis
   v. a. in Hochprävalenzländern wie Ägypten.13 Im              5 % bei Männern, die Sex mit Männern haben
  Jahr 2019 lag nach Schätzungen der WHO die An-                (MSM).20
  zahl der Neuinfektionen weltweit bei 1,5 Mio. Perso-
  nen und die Anzahl der Todesfälle durch HCV-                  Um europaweit eine einheitliche Datenlage zu
  bedingte Spätfolgen bei 290.00011 Von den 58 Mil-             schaffen, erarbeitete das RKI im Rahmen des vom
  lionen Menschen, die 2019 mit dem HCV infiziert               Europäischen Zentrum für die Prävention und die
  waren, wurden lediglich 21 % (15,2 Mio.) diagnosti-           Kontrolle von Krankheiten (ECDC) geförderten
  ziert und 62 % der Diagnostizierten (9,4 Mio.) er-            SPHERE-C-Projektes (Sero-Prevalence survey for
  hielten eine Therapie.11 Da sich seit 2015 die Anzahl         Hepatitis C in Europe) ein technisches Studienpro-
  der HCV-Therapierten verzehnfacht hat, sank die               tokoll zur Durchführung von HCV-Seroprävalenz-
  weltweite HCV-Mortalität erstmals im Jahr 2019.11             surveys in der Allgemeinbevölkerung in EU/
                                                                EEA-Mitgliedsstaaten (s. www.rki.de/sphere-c und
  Nosokomiale Übertragungen und Übertragungen                   https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/
  im Rahmen von injizierendem Drogenkonsum sind                 toolkit-support-generation-robust-estimates-hepati-
  weltweit die Hauptursachen für neue HCV-Infek­                tis-c-prevalence). Das RKI pilotierte dies im Jahr
  tionen. Je nach Land handelt es sich um eine Epide-           2018 in Bulgarien, Finnland und Italien.21,22 In Bul-
  mie in der Allgemeinbevölkerung (z. B. Ägypten,               garien wurde dabei eine chronische HCV-AK-
  Georgien, Kambodscha, verschiedene Länder in                  Prävalenz von 0,1% (95%-Konfidenzintervall (KI):
  Subsahara-Afrika) oder in bestimmten Populatio-               0,2 – 4%) festgestellt.23
  nen, wie in Deutschland und anderen Ländern
  Westeuropas, wo HCV hyperendemisch in der                     Publizierte HCV-Prävalenzdaten der EU/EWR-Län-
  Gruppe von ehemaligen oder aktuell injizierenden              der können in einer Datenbank des ECDC abgeru-
  Drogengebrauchenden vorkommt.14,15                            fen werden. Seit dem Jahr 2016 sind die an das
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  ECDC übermittelten HCV-Meldedaten der Mit-                                                         2019               2020
  gliedsstaaten auch in den Surveillance Atlas of Infec-        Kategorie                        Anzahl   Anteil    Anzahl   Anteil
  tious Diseases aufgenommen und lassen sich in                 klinisch-labordiagnostisch (C)    1.364      23 %      804      18 %
  Tabellenform oder grafisch abrufen.                           labordiagnostisch bei nicht       2.118      36 %    1.558      34 %
                                                                erfülltem klinischen Bild (D)

  In EU/EWR wurden im Jahr 2017 ungefähr 27 %                   labordiagnostisch bei unbe-       2.471      42 %    2.180      48 %
                                                                kanntem klinischen Bild (E)
  ­aller HCV infizierten Personen diagnostiziert, 23 %
                                                                alle                              5.953     100 %    4.542     100 %
   der Diagnostizierten wurden therapiert und bei
                                                                Referenzdefinition (C+D+E)        5.953     100 %    4.542     100 %
   über 90 % der Therapierten wurde eine Ausheilung
   erreicht.17                                                  Tab. 1 | Übermittelte HCV-Infektionen nach Kategorie der
                                                                Falldefinition, Deutschland, 2019 und 2020

  3. Epidemiologische Situation                                 Im Vergleich zu den Vorjahren 2018 und 2019 wa-
  in Deutschland                                                ren die HCV-Infektionen Übermittlungen im Jahr
                                                                2020 um 28 % (95 %-KI 24 – 32 %) geringer. In
  3.1 Anpassung der Meldepflicht und der                        Deutschland wurde die Coronavirus Disease
  Falldefinition 2017                                           2019-(COVID-19-)Pandemie im Jahr 2020 in zwei
  In Deutschland bestehen für Hepatitis C gemäß                 große Wellen eingeteilt.24 Im Vergleich zum Zeit-
  ­Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentliche Labor-             raum 2018 bis 2019, gab es weniger HCV-Übermitt-
   und Arztmeldepflichten. Am 25.7.2017 ist das Ge-             lungen in der ersten Pandemiewelle, im Sommer
   setz zur Änderung der epidemiologischen Überwa-              und in der zweiten Pandemiewelle (in der ersten
   chung übertragbarer Krankheiten in Kraft getreten.           Pandemiewelle, Kalenderwoche (KW) 10 bis 20,
   Seither besteht eine Meldepflicht nach § 6 IfSG für          32 % (95 %-KI 26 – 37 %) weniger; im Sommer,
   die feststellenden Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht          KW  21 bis 39, 22 % (95 %-KI 17 – 27 %) weniger; in
   auf bzw. Erkrankung oder Tod durch eine akute                der zweiten Pandemiewelle, KW 40 bis 52, 34 %
   ­Virushepatitis, nach § 7 IfSG besteht eine Melde-           (95 %-KI 28 – 39 %) weniger.
    pflicht für Laborleiterinnen und -leiter bei allen
    Nachweisen einer Hepatitis C, die auf ein Vorhan-           Geografische Verteilung
    densein des Erregers beim Menschen gerichtet                Die Inzidenzen variierten in den Bundesländern
    sind, also auf eine aktive (virämische) akute oder          zwischen 1,8 Infektionen/100.000 Einwohner
    chronische HCV-Infektion hinweisen (s. Antworten            (Einw.) in Mecklenburg-Vorpommern und 7,6 in
    auf häufig gestellte Fragen (FAQ) www.rki.de/hcv).          Baden-Württemberg.

  3.2 Situation auf der Basis der Meldedaten                    Eine Zunahme der Meldungen im Vergleich zum
  nach IfSG in den Jahren 2018 bis 2020                         Vorjahr zeigte sich nur in Bremen (+0,9). In allen
  Eine detaillierte Beschreibung der Meldedaten wird            anderen Bundesländern war die Inzidenz rückläu-
  im Jahrbuch 2020 vom RKI veröffentlicht.                      fig. Am deutlichsten zurück ging die Inzidenz in
                                                                Hamburg (–3,1), Berlin (–2,4), Rheinland-Pfalz
  Zeitlicher Verlauf                                            (–2,4), Sachsen-Anhalt (–2,3), Baden-Württemberg
  Für das Jahr 2020 wurden insgesamt 4.542 Fälle                (–2,2) und im Saarland (–2,0).
  von Hepatitis C übermittelt (s. Tab. 1). Dies ent-
  sprach einer bundesweiten Inzidenz von 5,5 über-              Demografische Verteilung
  mittelten Infektionen pro 100.000 Einwohner. Da-              4.516 (99 %) der übermittelten HCV-Infektionen
  mit ist diese um 24 % geringer als im Vorjahr.                enthielten Angaben zum Geschlecht. Die Melde­
                                                                inzidenz in der männlichen Bevölkerung war mit
  Nach der Änderung der Meldepflicht im zweiten                 7,7 Infektionen/100.000 Einw. mehr als doppelt so
  Halbjahr 2017, blieben die übermittelten Fallzahlen           hoch wie in der weiblichen (3,2). Wie in den voran-
  von 2018 bis 2019 etwa gleich. Im Jahr 2020 wurden            gegangenen Jahren machten die 30- bis 49-jährigen
  deutlich weniger Fallzahlen übermittelt (s. Abb. 1).          Männer mit 41 % (n = 1.852; 17,5 Infektionen/100.000
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  Anzahl der Erstdiagnosen
  10.000
                             9045                                                                                    Gesamt
   9.000
                                                                                                                     männlich
                                                                                                                     weiblich
   8.000

   7.000
                                                                                       5890                         5940
   6.000                                                 5508

   5.000                                                                                           4449
                                                                                                                    4081
   4.000

   3.000
                                                                                                                     1819
   2.000

   1.000

      0
           2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013            2014 2015 2016     2017 2018 2019 2020
                                                         Meldejahr

  Abb. 1 | Übermittelte Hepatitis-C-Meldungen gesamt und nach Geschlecht (nur Fälle, die der Referenzdefinition entsprechen),
  Deutschland, 2001 bis 2020 (Datenstand 1.3.2021; Übermittlungen mit Angabe divers oder ohne Angabe zum Geschlecht in
  Gesamt enthalten)

  Einw.) einen erheblichen Anteil an der Gesamtzahl                  Intravenöser Drogengebrauch wurde dabei für 68 %
  der übermittelten HCV-Infektionen aus. Bei den                     (n = 645) der Fälle mit Angaben zum Übertragungs-
  Frauen war die Meldeinzidenz in der Altersgruppe                   weg angegeben. Von diesen lag bei 7 % (n = 42) der
  der 30- bis 39-Jährigen am höchsten5,3 und lag den-                Infektionen die nähere Spezifizierung „i. v.-Drogen-
  noch unter der bundesweiten Inzidenz5,5 (s. Abb. 2).               konsum in Haft“ vor.

  Stadium der Infektion und klinische Symptome                       Sexuelle Kontakte zwischen Männern wurde bei
  Für das Jahr 2020 wurde bei 42 % (n = 1.895) der Fäl-              54  Fällen (6 % aller Fälle mit Angaben zum Übertra-
  le eine Angabe zum Stadium der Infektion übermit-                  gungsweg und 8 % derjenigen bei Männern) als
  telt. Im Vergleich zu den Vorjahren (2019: Angabe                  wahrscheinlicher Übertragungsweg angegeben. Da-
  bei 48 %) ist dies eine Abnahme um 6 %-Punkte.                     runter wurde für jeden vierten dieser Fälle (n = 14)
  Von den Fällen mit Angaben zum Stadium der In-                     ein sexueller Kontakt mit einem bekannt HCV-posi-
  fektion wurde 2020 für 19 % (n = 354) angegeben,                   tiven Partner angegeben. Heterosexueller Kontakt
  dass es sich um eine akute Infektion handelt und                   mit einem HCV-positiven Partner wurde bei 26 In-
  für 81 % (n = 1.541) um eine chronische. Die Vertei-               fektionen (3 %) als wahrscheinlicher Übertragungs-
  lung ähnelt der der Vorjahre.                                      weg angegeben (s. Abb. 3).

  Bei 18 % (n = 804) übermittelten HCV-Infektionen                   Infektionsland, Geburtsland, und Staatsangehörigkeit
  im Jahr 2020 lagen Angaben zu klinischen Symp-                     Bei 22 % (n = 992) der übermittelten HCV-Infektio-
  tomen vor. Am häufigsten wurden erhöhte Serum-                     nen fanden sich Angaben zum wahrscheinlichen
  transaminasen angegeben (68 %), gefolgt von Ober-                  Infektionsland (Mehrfachnennungen möglich).
  bauchbeschwerden (25 %) und Ikterus (7 %).                         Deutschland wurde in 85 % (n = 842) der Fälle mit
                                                                     Angabe zum Infektionsland genannt. Die meisten
  Infektionsrisiken                                                  Nennungen eines Landes außerhalb Deutschlands
  Eine Angabe zum wahrscheinlichen Übertragungs-                     entfielen auf die Russische Föderation (n = 18), ge-
  weg lag bei 21 % (n = 951) der Infektionen vor (s. Da-             folgt von der Ukraine, Georgien, Kasachstan und
  tenqualität).
Epidemiologisches Bulletin                  28 | 2021            15. Juli 2021                                                                      7

                        Erstdiagnose/100.000 Einwohner
                        20
                                 Weiblich       Männlich
                        18

                        16

                        14

                        12

                        10

                         8

                         6

                         4

                         2

                         0
                                79
                                                                                                  Altersgruppe (Jahre)

                        Abb. 2 | Übermittelte HCV-Infektionen pro 100.000 Einwohner nach Alter und Geschlecht, Deutschland, 2020
                        (Fälle mit Angabe, n = 4.516)

                                                                                                   IVD (63,4 %)

                                                                                                   IVD in Haft (4,4 %)         IVD (63,4 %)

                                                                                                   nosokomial, ohne Erhalt IVD in Haft (4,4 %)
                                                                                                   von Blutprodukten vor 1992 (8,1 %)
                                                                                                                              nosokomial, ohne Erhalt
                                                                                                   Erhalt von Blutprodukten vorvon Blutprodukten
                                                                                                                                1992 (6,6 %)     vor 1992 (8,1 %)
                                       Wahrscheinlicher
 Übertragungsweg
                                      Übertragungsweg                                              MSM, Partnerstatus bekanntErhalt von Blutprodukten vor 1992 (6,6 %)
    unbekannt                                                       Wahrscheinlicher
                                      (951 Fälle, 20,9 %)
                               Übertragungsweg                                                     und unbekannt (5,7 %)
(3.591 Fälle, 79,1 %)                                               Übertragungsweg                                            MSM, Partnerstatus bekannt
                                  unbekannt
                                                                    (951 Fälle, 20,9 %)            Piercing oder Tattoo (5,3 %)und unbekannt (5,7 %)
                              (3.591 Fälle, 79,1 %)
                                                                                                                             Piercing oder Tattoo (5,3 %)
                                                                                                   heterosex. Kontakt mit HCV-infiziertem
                                                                                                   Partner (2,7 )
                                                                                                                             heterosex. Kontakt mit HCV-infiziertem
                                                                                                                             Partner (2,3
                                                                                                   Wohngemeinschaft mit Virusträger    (2,7 %)
                                                                                                                                            )

                                                                                                                               Wohngemeinschaft mit Virusträger (2,3 %)
                                                                                                   Berufliche Exposition mit Patienten/
                                                                                                   Material (1,2 %)
                                                                                                                               Berufliche Exposition mit Patienten/
                                                                                                   perinatal (0,3 %)           Material (1,2 %)

                                                                                                                               perinatal (0,3 %)

                        Abb. 3 | Wahrscheinliche Übertragungswege der übermittelten Hepatitis-C-Erstdiagnosen 2020 nach Referenzdefinition,
                        n = 4.542 (Datenstand 1.3.2021). Wahrscheinlicher Übertragungsweg wurde bei 951 Erstdiagnosen übermittelt und ausgewertet.
                        (IVD Menschen, die intravenös Drogen gebrauchen, MSM Männer, die Sex mit Männern haben)
Epidemiologisches Bulletin               28 | 2021          15. Juli 2021                                                       8

  Polen (je n = 10), Rumänien (n = 8), Pakistan und                         wurden ähnlich wie im Vorjahr in knapp der Hälfte
  Weißrussland (je n = 6).                                                  der Fälle (41 %, n = 1.895) Angaben zum Stadium der
                                                                            Infektion übermittelt.
  Für etwa die Hälfte der übermittelten Fälle wurden
  Angaben zum Geburtsland (50 %, n = 2.292) bzw.                            Seit Änderung der Falldefinition im Jahr 2015 wer-
  zur Staatsangehörigkeit (45 %, n = 2.044) berichtet.                      den nur noch Fälle mit Laborparametern, die für
  Dabei entfielen auf Deutschland als Geburtsland                           eine aktive HCV-Infektion sprechen, übermittelt.
  64 % (n = 1.477) und auf die deutsche Staatsangehö-                       Dies ermöglicht eine Annäherung an die wahre
  rigkeit 77 % (n = 1.568) der Angaben. Die Verteilung                      ­Inzidenz von Neudiagnosen. Allerdings werden da-
  der am häufigsten angegebenen Geburtsländer im                             mit mögliche Fälle, die nach einem positiven AK-
  Jahr 2020 zeigt die Abbildung 4.                                           Screening nicht der weiteren Diagnostik mittels
                                                                             ­direktem Erregernachweis zugeführt wurden, nicht
  Datenqualität und Limitationen der Surveillancedaten                        erfasst. Da sich die Therapieoptionen in den letzten
  Die Bestimmung der Hepatitis-C-Inzidenz (im Sin-                            Jahren sehr stark verbessert haben, ist jedoch davon
  ne der Anzahl von HCV-Neuinfektionen pro Zeite-                             auszugehen, dass in Deutschland die Diagnostik in
  inheit) ist methodisch schwierig. HCV-Infektionen                           den meisten Fällen vollständig durchgeführt wird.
  verlaufen häufig unbemerkt oder werden erst viele                           Auf der anderen Seite kann es durch die Erweite-
  Jahre nach der Infektion im Stadium der Spätfolgen                          rung der Meldepflicht 2017 auf alle Nachweise von
  diagnostiziert. Die übermittelten HCV-Infektionen                           HCV zu einer verstärkten Mehrfachmeldung von
  erlauben daher keinen direkten Rückschluss auf                              Nachweisen ein und derselben Person bei wieder-
  den Infektionszeitpunkt, es sei denn, dem Gesund-                           holter Testung kommen, so dass ein wachsender
  heitsamt liegen zusätzliche Informationen (anam-                            Teil der Meldungen Doppel- und Mehrfachmeldun-
  nestische Informationen seitens der Ärztin/des Arz-                         gen entspricht. In den Gesundheitsämtern werden
  tes, labordiagnostische Konstellation wie nachge-                           Meldungen, die sich auf den gleichen Fall beziehen,
  wiesene Serokonversion) vor. Für das Jahr 2020                              in der Regel erkannt und zusammengeführt. Den-

                                                                                                        Russische Föderation (16,9%)

                                                                                                        Kasachstan (11,4%)

                Geburtsland                                                                             Rumänien (7,0%)
                 unbekannt
            (2.250 Fälle, 49,5 %)                                                                       Polen (6,6%)
                                                   Geburtsland
                                                     Ausland                                            Ukraine (4,7%)
                                                 (815 Fälle, 18 %)
                                                                                                        Georgien (4,4%)

                                                                                                        Italien (3,3%)
                            Geburtsland
                                                                                                        Türkei (3,1%)
                            Deutschland
                        (1,477 Fälle, 32,5 %)
                                                                                                        Pakistan (2,9%)

                                                                                                        Iran (2,5%)

                                                                                                        anderes Geburtsland (37,2%)

  Abb. 4 | Angegebenes Geburtsland 2020 der übermittelten Hepatitis-C-Fälle nach Referenzdefinition, n = 4.542
  (Datenstand 1.3.2021). Das Geburtsland wurde bei 2.292 Erstdiagnosen übermittelt und ausgewertet.
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  noch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es zu          de der Hepatitis-C-Infektionsstatus als jemals er-
  Doppelerfassungen kommt. Aufgrund der bis zur              haltene ärztliche Diagnose von den Teilnehmenden
  IfSG-Novellierung 2017 bestandenen Löschvor-               erfragt. Die Daten der ersten 101.787 Teilnehmen-
  schrift der namentlichen Daten zu einer Hepatitis-         den wurden ausgewertet und zeigen eine HCV-
  C-Meldung nach drei Jahren können Mehrfach­                Diagnosehäufigkeit von 0,6 % (557 von 100.710 be-
  testungen einer Person im Gesundheitsamt nicht             rücksichtigten Antworten).26
  immer als solche identifiziert werden. Aufgrund der
  Änderung der Falldefinition 2015 und der IfSG-­            Eine neue repräsentative Datenerhebung ein-
  Änderung 2017 sind die übermittelten Fallzahlen            schließlich des Antikörperstatus in der erwachse-
  nur bedingt mit den Fallzahlen der Vorjahre ver-           nen Allgemeinbevölkerung („Studie zur Gesund-
  gleichbar, so dass Trendauswertungen nur mit Ein-          heit und Ernährung in Deutschland“, gern-Studie)
  schränkungen möglich sind.                                 war für 2020 geplant, musste aber wegen der
                                                             ­COVID-19-Pandemie auf unbekannte Zeit verscho-
  Für die Auswertung des wahrscheinlichsten Über-             ben werden.
  tragungswegs wurden Mehrfachangaben auf den
  wahrscheinlichsten Transmissionsweg reduziert.             Das RKI hat die epidemiologische Datenlage zu
                                                             ­Hepatitis B und C in einem breit angelegten Scoping-
  Zusätzlich zu den Angaben zum wahrscheinlichen              Review systematisch untersucht.27,28 Dafür waren Stu-
  Infektionsland werden seit der Änderung der Mel-            dien, die im Volltext zwischen Januar 2005 und
  depflicht gemäß IfSG 2017 bei allen Hepatitis-              März 2017 publiziert wurden, begutachtet und die
  C-Meldungen Angaben zum Geburtsland und der                 Daten extrahiert worden. Bei der Literaturrecherche
  Staatsangehörigkeit erfasst. Damit ist es möglich,          fanden insbesondere Infektionen in verschiedenen
  aus den Meldedaten bessere Hinweise auf die                 vulnerablen Bevölkerungsgruppen Beachtung. Die
  Krankheitslast bei Migrantenpopulationen zu erhal-          Gesamtprävalenz von HCV-AK bewegte sich in der
  ten. Der Anteil von Fällen mit Informationen zum            Allgemeinbevölkerung zwischen 0,2 bis 3,5 %. Un-
  Geburtsland (50 %) und zur Staatsangehörigkeit              ter Risikogruppen lag die Prävalenz zwischen
  (45 %) ist im Vergleich zum Vorjahr (52 % und               0,04 % (unter Gesundheitspersonal) und 68,0 %
  46 %) leicht abgefallen.                                    bei Personen mit injizierendem Drogenkonsum.28

  Die Vollständigkeit der Angaben ist auch bezüglich         In laufenden und zukünftigen Projekten, unter-
  des wahrscheinlichen Übertragungswegs (2019:               sucht das RKI die Prävalenz in Personengruppen
  26 %, 2020: 21 %), wahrscheinliches Infektionsland         mit einer erwarteten höheren Prävalenz für Hepa-
  (2019:23 %, 2020: 22 %) und Stadium der Infektion          titis C und Risikofaktoren für eine HCV-Infektion.
  (2019: 48 %, 2020: 42 %) im Vergleich zum Vorjahr          Zusätzlich schaffen die Projekte eine Datengrund-
  leicht gesunken.                                           lage um die Eliminationserfolge Deutschlands be-
                                                             obachten zu können.
  3.3 Epidemiologische Datenlage und Projekte
  in Risikogruppen 2020                                      Menschen mit injizierendem Drogenkonsum
  Deutschland zählt mit einer HCV-AK-Prävalenz in            Die von 2011 bis 2014 durchgeführte Querschnitts-
  der deutschen Allgemeinbevölkerung von 0,3 %               studie „Drogen und chronische Infektionskrankhei-
  (95 %-KI 0,1 – 0,5 %) zu den Ländern mit einer             ten in Deutschland“ DRUCK hat neben teils hohen
  niedrigen HCV-Prävalenz.25 Die tatsächliche Präva-         Prävalenzen für HIV, HBV und HCV bei Menschen
  lenz dürfte aber höher liegen, da im Deutschen Er-         mit injizierendem Drogenkonsum Verbesserungs-
  wachsenengesundheitssurvey Personengruppen                 bedarf bei Prävention und Versorgung identifi-
  mit einer erwarteten höheren Prävalenz für Hepa-           ziert.29 – 32 Im April 2020 ist das vom Bundesminis-
  titis C nicht repräsentativ vertreten waren. In der        terium für Gesundheit (BMG) geförderte RKI-Pro-
  NAKO Gesundheitsstudie, einer 2014 gestarteten             jekt DRUCK 2.0 gestartet. Ziel dieses Pilotprojektes
  bundesweiten Langzeitbeobachtungsstudie mit                ist es, eine wiederkehrende Datenerhebung zu
  200.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wur-               durch Blut- und STI und assoziierte Risikofaktoren
Epidemiologisches Bulletin     28 | 2021     15. Juli 2021                                                  10

  bei Drogengebrauchenden zu initiieren, um aktuel-          gens die Anzahl der ausgegebenen Konsumuten­
  le epidemiologische Daten zukünftig auf regionaler         silien erfragt. Es lagen 155 gültige Fragebögen zur
  und nationaler Ebene für die Anpassung von Prä-            Anzahl vergebener Konsumutensilien 2018 vor. Fast
  ventions- und Kontrollstrategien nutzen zu können.         alle teilnehmenden Einrichtungen vergaben Sprit-
  Bis Ende 2021 werden in zwei Bundesländern (Bay-           zen (83 % der Einrichtungen) und Nadeln (80 % der
  ern und Berlin) im Rahmen der Routinearbeit von            Einrichtungen). Die wenigen Ausnahmen beschrei-
  Einrichtungen der niedrigschwelligen Drogenhilfe           ben, eher auf Partysettings und den dort vorherr-
  und Substitutionspraxen bei 700 Menschen mit in-           schenden nasalen/inhalativen Konsum ausgerichtet
  jizierendem Drogenkonsum durch eine Blutent-               zu sein. Auch andere Utensilien, die zum injizieren-
  nahme aus der Fingerbeere und einem Fragebogen             den Konsum verwendet werden, wurden von relativ
  Daten zur Krankheitslast von HIV, HBV, HCV und             vielen Einrichtungen ausgegeben, wie zum Beispiel
  Syphilis sowie zu Soziodemografie und Verhalten            Desinfektionstücher (62 %), Pfännchen und Ein-
  erhoben. Dabei werden verschiedene Methoden der            weglöffel (45 %) sowie Filter (41 %). Im Gegensatz
  Datenerhebung und Ergebnisübermittlunge vergli-            hierzu wurden Utensilien zum nasalen und inhala-
  chen und die Machbarkeit und Akzeptanz des Stu-            tiven Konsum viel seltener vergeben. Die detaillier-
  diendesigns beurteilt. Zum Abschluss des Pilotpro-         ten Ergebnisse dieser Erhebung werden in Kürze
  jektes wird eine Empfehlung für die Vorgehenswei-          veröffentlicht.
  se bei einer bundesweiten Ausrollung des Monito-
  rings ausgesprochen und dieses vorbereitet.                Befragung niedrigschwelliger Einrichtungen der
                                                             Drogenhilfe zur Situation in der COVID-19-Pandemie
  Vergabe von Konsumutensilien                               Der Lockdown während der COVID-19-Pandemie
  Die Übertragung von HCV durch das Teilen von               im Frühjahr 2020 verschärfte die bereits prekäre
  Spritzen und Nadeln, jedoch auch durch andere              ­Situation von Drogengebrauchenden weiter, da
  Konsumutensilien wie Filter und Löffel33,34 und             ­Substanzen schlechter verfügbar waren, Entzüge
  durch das Teilen von Wasser 35 konnte in zahlrei-            drohten und die niedrigschwelligen Einrichtungen
  chen Arbeiten beschrieben werden. Um die Verbrei-            und Hilfsangebote der Drogenhilfe ihre sozialen,
  tung von Infektionskrankheiten zu minimieren                 medizinischen, Präventions- und Schadensmini-
  spielt die Vergabe von Konsumutensilien (auch                mierungs-Angebote einschränken mussten. Vor
  Safer-Use-Artikel genannt) für den injizierenden,            dem Hintergrund, dass Menschen, die Drogen inji-
  aber auch den nasalen und inhalativen Drogenkon-             zieren, ein erhöhtes Risiko für HIV-Infektionen und
  sum eine wichtige Rolle und wird von der europäi-            Hepatitis-Virusinfektionen haben, wurden im Rah-
  schen Drogenbehörde (European Monitoring                     men einer Kurzbefragung 41  Einrichtungen der
  Centre for Drugs and Drug Addiction, EMCDDA)                 niedrigschwelligen Drogenhilfe angeschrieben und
  und der Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) empfoh-                    unter anderem zu den Auswirkungen des Lockdowns
  len.35,36 In einer Kooperation der Deutschen Beob-           auf die Präventionsangebote (Konsumutensilien-­
  achtungsstelle für Drogen und Drogensucht                    Ausgabe/HIV- und Hepatitis-Testangebote/Bera-
  (DBDD) des RKI und der DAH wurde im Jahr 2019                tung zu sexuellen und konsumassoziierten Risi-
  erstmalig deutschlandweit die Vergabe von Safer-             ken/Substi­tutionen) befragt.38 Die Ergebnisse zeig-
  Use-Artikeln entweder über Spritzenautomaten                 ten eine Reduktion der Plätze in den Konsumräu-
  oder direkt in Einrichtungen der Suchthilfe bzw. in          men sowie einen Rückgang der Beratungen. Die
  der aufsuchenden Arbeit erfasst. Die Ergebnisse              Konsumutensilien-Ausgabe konnte meist über eine
  sind im Jahresbericht 2020 der DBDD,37 dem                   Ausgabe durch das Fenster, Streetwork oder Auto-
  Reitox-­Bericht, beschrieben und nachfolgend zu-             maten aufrechterhalten werden. Bis auf wenige
  sammengefasst. Es konnten insgesamt 475 Ausga-               Ausnahmen mussten Einrichtungen ihre Testange-
  bestellen von 280 Trägern bzw. Einrichtungen re-             bote für HIV, Hepatitis B und C aufgrund von Nicht-
  cherchiert werden, die im Jahr 2018 Konsumuten­              erreichbarkeit von Ärztinnen und Ärzten und Pra-
  silien vergeben haben. Die identifizierten Ausgabe-          xen oder auch der Gesundheitsämter einstellen. Vie-
  stellen wurden in einem zweiten Schritt des                  le Einrichtungen berichteten, dass Safer-Use-Bera-
  Projektes angeschrieben und mittels eines Fragebo-           tungen erschwert waren und aufgrund der
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  Maßnahmen und mangelnder Privatsphäre teils gar               zahl der aktiven/chronischen Infektionen. Dies ist
  nicht möglich waren.                                          sehr wahrscheinlich auf den Behandlungserfolg der
                                                                seit 2014 zugelassenen direkt antiviral wirksamen
  Wohnungslose Menschen                                         Substanzen (DAA) zur Therapie der HCV-Infektion
  Wohnungslose Menschen in Deutschland sind eine                zurückzuführen.
  heterogene Gruppe hinsichtlich ihrer Wohnsitua­
  tion, ihres Verhaltens und ihrem Zugang zur Ge-               Berufsbedingte HCV-Infektionen
  sundheitsversorgung. Auf Grund ihrer prekären Le-             im Gesundheitswesen
  bensverhältnisse gelten sie als überproportional              Hepatitis C ist eine Berufskrankheit nach Anlage 1
  häufig von Infektionskrankheiten betroffen, jedoch            der Berufskrankheiten-Verordnung. Sie fällt unter
  sind belastbare Daten aus Deutschland nicht vor-              BK-Nr. 3101 „Infektionskrankheiten, wenn der Ver-
  handen. Es wurde daher im Frühjahr 2021 im Rah-               sicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrts-
  men des Pilotprojektes POINT vom RKI in Zusam-                pflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch
  menarbeit mit Fixpunkt e. V. und Berliner Sozialpro-          eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnli-
  jekte gemeinnützige GmbH eine Querschnitts­                   chem Maße besonders ausgesetzt war“. Verdachts-
  studie zu Infek­tionskrankheiten bei wohnungslosen            meldungen und Anerkennungen von berufsbeding-
  Menschen in Berlin durchgeführt. Dabei wurden                 ten HCV-Infektionen im Gesundheitswesen stellen
  200 Studienteilnehmende durch Studienteams in                 in Deutschland heute nur noch sporadische Ereig-
  niedrigschwelligen medizinischen Einrichtungen                nisse dar. Eine Anerkennung als Berufskrankheit
  der Wohnungslosenhilfe auf HIV, HBV, HCV, Sy-                 setzt eine wesentlich erhöhte Infektionsgefahr wäh-
  philis, Chlamydien, Gonorrhö, Tuberkulose und                 rend der ausgeübten Tätigkeit voraus, schließt je-
  COVID-19 getestet. Zudem wurden durch einen In-               doch andere Infektionswege nicht aus.
  terview-assistierten Fragebogen soziodemografi-
  sche-, Verhaltens- und Gesundheitsdaten erhoben.              Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung weist
  Im Anschluss an die Datenerhebung wurden durch                in ihrer Statistik der letzten beiden Jahre hinsicht-
  Diskussionsgruppen mit den Studienteams, der                  lich Hepatitis C deutschlandweit 21 (2019) und 10
  teilnehmenden Einrichtungen und der Studienteil-              (2020) Entscheidungen zu Verdachtsmeldungen
  nehmenden die Akzeptanz und Machbarkeit des                   aus. In diesen Zahlen sind sowohl die Einrichtun-
  Studiendesigns beurteilt. Im Sommer 2021 wird das             gen der gewerblichen Wirtschaft als auch des öffent-
  Studiendesign für eine bundesweite Ausrollung der             lichen Dienstes erfasst. Daten zur Abschätzung ei-
  Studie angepasst.                                             ner möglichen Dunkelziffer nicht gemeldeter und
                                                                damit nicht erfasster berufsbedingter HCV-Infek­
  Kohorten MSM                                                  tionen liegen nicht vor.
  In der HIV-1-Serokonverterstudie zeigte sich bei
  HIV-koinfizierten MSM eine Veränderung der                    3.4 Therapie der Hepatitis C in den Jahren
  Hepa­titis-C-Inzidenz von 0,8/100 Personenjahre               2018 bis 2020
  (1996 bis 1999) auf 1,7/100 Personenjahre (2012 bis           In den letzten Jahren hat sich mit der Zulassung
  2015).39 Weiterführende Analysen zeigen einen an-             von DAA das Spektrum der Behandlungsmöglich-
  schließenden Rückgang der Inzidenz mit 0,5/100                keiten von HCV-Infektionen erweitert und verein-
  Personenjahre für das Jahr 2017 (noch unveröffent-            facht. Nahezu alle Personen, auch Vorbehandelte,
  licht). Die Prävalenz von HCV-Koinfektionen lag im            Personen mit Leberzirrhose oder Ko-Infektionen,
  Zeitraum 1996 bis 2012 bei 8,2 %, und 2012 bis                können unabhängig vom Genotyp häufig einer dau-
  2016 bei 11,6 %.39,40 Betrachtet man die Prävalenz je-        erhaften Virusunterdrückung zugeführt werden.41
  doch abhängig vom Status einer aktiven oder chro-
  nischen bzw. ausgeheilten HCV-Infektion, so zeigte            Die Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Thera-
  sich, dass nach 2014 die Prävalenz ausgeheilter In-           pie einer HCV-Infektion42 wurde unter Federfüh-
  fektionen stark anstieg, während die Prävalenz akti-          rung der Deutschen Gesellschaft für Gastroentero-
  ver/chronischer Infektionen abnahm. Seit 2017 liegt           logie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
  die Anzahl ausgeheilter Infektionen über der An-              (DGVS) erneut aktualisiert und 2020 veröffentlicht.
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  Eine Übersicht der Behandlungsleitlinien ist auch                   den Therapieleitlinien zu Behandlungsregimen
  in den Empfehlungen des Bundes niedergelassener                     kombiniert und die Anzahl der monatlich abgerech-
  Gastroenterologen zu finden.43 Wie in den meisten                   neten Regime berechnet. Anhand der Therapie­
  Ländern besteht in Deutschland keine Restriktion                    dauer einzelner Regime wurde die Zahl der mit
  der Behandlungsindikation auf höhergradige Fibro-                   DAA behandelten Personen mit GKV insgesamt
  sen, sondern eine akute oder chronische HCV-                        und pro Jahr bestimmt. Zusätzlich wurden die Kos-
  Infektion mit nachweisbarer HCV-RNA stellt unab-                    ten aufgrund von Apotheken-Abgabepreisen der
  hängig von der klinischen Symptomatik bereits eine                  Medikamente pro Jahr und die mittleren Therapie-
  Indikaton für eine antivirale Therapie dar.42                       kosten pro behandelter Person bestimmt. Diese
                                                                      Kosten beinhalten weder gesetzlich vorgeschriebe-
  Das RKI wertet regelmäßig die Verschreibungen an-                   ne noch mögliche Rabatte, die zwischen einzelnen
  tiviraler Medikamente gegen Hepatitis C mittels                     Krankenkassen und den Herstellern ausgehandelt
  Apothekenabrechnungsdaten von Personen mit ge-                      wurden (§ 130 ff., SGB V).44
  setzlicher Krankenversicherung (GKV) in Deutsch-
  land (entsprechend rund 85 % der Bevölkerung)                       In vorherigen Analysen wurde seit dem Maximum
  aus. Eine ausführliche Beschreibung der Methode                     an verschriebenen Therapieregimen pro Monat im
  und Ergebnisse für den Zeitraum 2010 bis 2015                       März 2015 ein kontinuierlicher Rückgang beobach-
  wurde publiziert.44,45 Methodisch vergleichbar wur-                 tet.46 Im Jahr 2020 fiel die Zahl der abgerechneten
  de der Zeitraum 2014 bis 2020 analysiert: Daten zu                  Therapieregime stärker ab als in den Vorjahren
  Standard-28-Tagespackungen von DAA, die seit                        (s.  Abb. 5). Insbesondere in den Monaten April bis
  2014 in Deutschland zugelassen sind, wurden nach                    Juni 2020 war ein besonders starker Abfall der ab-

  Regime (~Personen)
  7.000

  6.000

  5.000

  4.000

  3.000

  2.000

  1.000

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                                                              Kalendermonat

          SOF+DCV±rbv                        ELB+GRZ±rbv                      OBV+PTVr+DSV±rbv                  GLE+PIB
          SOF+SMV±rbv                        VEL+VOX+SOF                      OBV+PTVr+rbv
          SOF+rbv±PEG-INF                    VEL+SOF±rbv                      LDV+SOF±rbv

  Abb. 5 | Abgerechnete Hepatitis-C-Behandlungsregime pro Monat von gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland, 2014
  bis 2020, PEG-INF: Pegylated Interferon; rbv: Ribavirin; SOF: Sofosbuvir; SMV: Simeprevir; DCV: Daclatasvir; LPV: Ledipasvir;
  OBV: Ombitasvir; PTVr: Ritonavir-boosted Paritaprevir; DSV: Dasabuvir; VEL: Velpatasvir; VOX: Voxilaprevir; ELB: Elbasvir;
  GRZ: Grazoprevir; GLE: Glecaprevir; PIB: Pibrentasvir
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  gerechneten Therapieregime zu beobachten. In                   Der beobachtete deutliche Rückgang der übermittel-
  den Jahren 2014 bis 2020 wurden in Deutschland                 ten HCV-Infektionen kann durch mehrere Faktoren
  insgesamt ~ 76.400 Personen in der GKV mit DAA                 beeinflusst worden sein. Die COVID-19-Pandemie
  der 2. Generation behandelt (2014: ~ 7.000; 2015:              hat durch die enorme Belastung des Öffentlichen
  ~ 20.100; 2016: ~ 13.200; 2017: ~ 11.600; 2018:                Gesundheitsdienstes auch erhebliche Auswirkun-
  ~ 9.900, 2019: ~ 8.100; 2020: 6.500). Die Gesamt-              gen auf die Erfassung, Meldung und Übermittlung
  kosten, berechnet nach Apothekenabgabepreisen,                 von anderen meldepflichtigen Infektionskrankhei-
  für diese Medikamente pro Jahr lagen bei ~ 634 Mil-            ten. So kam es außer bei HCV auch bei allen ande-
  lionen € (2014); ~ 1,35 Milliarden € (2015); ~ 820 Mil-        ren meldepflichtigen Infektionskrankheiten (außer
  lionen € (2016); ~ 556.000 € (2017); ~ 352.000 €               der Frühsommer-Meningoenzephalitis) zu einem
  (2018); ~ 252.000 (2019) und ~ 199.000 (2020). Im              Rückgang der übermittelten Fälle.48 Der leichte
  Durchschnitt kostete ein Therapieregime 2014                   Rückgang der Datenvollständigkeit bei den übermit-
  ~ 91.000 €; 2015 ~ 67.000 €; 2016 ~ 62.200 €; 2017             telten HCV-Fällen im Vergleich zu den Vorjahren
  ~ 47.900; 2018 ~ 35.500; 2019 31.100 € und 2020                gibt einen Hinweis, dass möglicherweise neu diag-
  ~ 30.700 € pro behandelter Person.                             nostizierte HCV-Fälle unvollständiger erfasst wur-
                                                                 den. Außerdem waren laut der WHO insbesondere
                                                                 die Diagnostik- und Therapieeinrichtungen für He-
  4. Zusammenfassende Einschätzung                               patitis C von Schließungen betroffen.11 Derartige
  Die Anzahl übermittelter HCV-Infektionen im Jahr               Versorgungsprobleme für Menschen mit einer
  2020 ist im Vergleich zu den Vorjahren 2018 und                chronischen Hepatitis C wurden auch in Deutsch-
  2019 deutlich (um etwa ein Viertel) abgefallen. Wäh-           land während der ersten Pandemiewelle berichtet:49
  rend im Vergleich zum Vorjahr in den meisten Bun-              Aufgrund des Lockdowns zwischen März und Mai
  desländern die Fallmeldungen geringer ausfielen,               2020 konnten u. a. nur ein Drittel der Sprechstun-
  stiegen sie in Bremen an. Es wurde berichtet, dass in          den in Leberambulanzen unverändert fortgesetzt
  Bremen die regulären Hepa­titis-C-Testeinrichtungen            werden und weniger neue Patientinnen und Patien-
  nicht von Schließungen während der COVID-19-                   ten mit chronischer HCV wurden in diesem Zeit-
  Pandemie betroffen waren.                                      raum in Zentren des Deutschen Hepatitis C-Regis-
                                                                 ters behandelt,49 was zu einer Untererfassung der
  Wie auch in den Vorjahren lag die Inzidenz bei                 HCV-Neudiagnosen geführt haben kann. Des Wei-
  Männern deutlich höher als bei Frauen. Die Tatsa-              teren war die beobachtete Zunahme der Fallmel-
  che, dass Männer häufiger Drogen konsumieren als               dungen in den Jahren 2018 und 2019 nach der Än-
  Frauen und dies der am häufigsten berichtete Über-             derung der Meldepflicht 2017 möglicherweise auch
  tragungsweg ist, erklärt unter anderem die erheb-              teilweise bedingt durch „Nachmeldungen“ alter
  lich höhere Inzidenz von Hepatitis C bei Männern.              chronischer Infektionen, ggf. auch Mehrfachmel-
  In der Altersgruppe der über 70-Jährigen weisen                dungen, die im Berichtsjahr 2020 nun nicht mehr
  Frauen eine höhere Inzidenz übermittelter HCV-                 ins Gewicht fallen, sodass die Fallzahlen sich lang-
  Infektionen als Männer auf, möglicherweise zu-                 sam normalisieren. Ein Teil des Abfalls kann zudem
  rückzuführen auf spät diagnostizierte Infektionen,             auch einem tatsächlichen Rückgang der Inzidenz
  die v. a. nosokomial (z. B. im Rahmen von Bluttrans-           durch effektive Hepatitis-C-Behandlungen und da-
  fusionen vor Einführung der diagnostischen Tes-                durch seltenerem Auftreten von Transmissions­
  tung von Blutprodukten) übertragen wurden.                     ereignissen42,43 entsprechen. Eine Abnahme von Ri-
                                                                 sikoverhalten wäre denkbar, indirekt bedingt durch
  Die Meldedaten von 2020 sind nach den grund-                   die COVID-19-Maßnahmen, wie z. B. durch weniger
  sätzlichen Änderungen des Surveillancesystems                  wechselnde Sexpartnerinnen und -partner während
  und der Meldepflicht nur bedingt mit den Vorjah-               des Lockdowns. Gleichzeitig führten die COVID-19-
  ren vergleichbar. Eine ausführliche Analyse zeigt              Maßnahmen aber auch dazu, dass es für Menschen
  wie sich die Änderungen im Surveillancesystem                  mit injizierendem Drogenkonsum schwieriger wur-
  2017 auf die Meldedaten der Jahre 2017 und 2018                de, Drogen in geschütztem Rahmen und sicher zu
  ausgewirkt haben.47                                            konsumieren.38 Der Anteil übermittelter akuter
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  HCV-Infektionen unter den Fällen mit Angaben                 pien nicht begonnen werden, sind Hemmungen
  zum Stadium der Infektion beträgt jedoch ähnlich             seitens der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, bei
  wie in den Vorjahren etwa ein Fünftel der Fälle. Dies        z. B. erwarteter niedriger Compliance, hohem Alter
  deutet darauf hin, dass die tatsächliche Inzidenz der        der zu behandelnden Person, Ko-Morbidität, Alko-
  HCV-Infektionen in etwa gleichgeblieben ist. Ob es           hol-, Drogenkonsum oder einer Opioidsubstitu­
  sich um einen tatsächlichen Abfall der Hepatitis-            tion.50 Dabei war das Therapieoutcome bei Substitu-
  C-Neudiagnosen handelt oder ob dieser artifiziell            tierten in Studien vergleichbar mit Nicht-Substitu-
  bedingt ist durch Untererfassung in Gesundheits-             ierten.51,52 Aktiver Drogengebrauch ist ebenfalls
  ämtern und Rückgang der Diagnostik während der               keine Kontraindikation zur Behandlung – Voraus-
  COVID-19-Pandemie, lässt sich erst im Laufe der              setzung ist ein stabiles Arzt-Patientenverhältnis.42
  nächsten Jahre bewerten.                                     Um die Zahl der Infizierten in Deutschland sub­
                                                               stanziell zu senken, müssten durch ein flächen­
  Mit der Zunahme zugelassener DAA haben sich die              deckendes Screening der genannten Populationen
  Behandlungsoptionen von Hepatitis C in den letz-             mit höherer Prävalenz infizierte Personen diagnos-
  ten Jahren noch weiter verbessert und vereinfacht.           tiziert und der Behandlung zugeführt werden. Ins-
  Dem steht entgegen, dass die Zahl der monatlich              besondere trifft diese Empfehlung für Personen in
  abgerechneten Therapieregime seit Mitte 2017 zwar            Substitutionsbehandlung zu. Wie das „HIV? Hepa-
  leicht, dafür aber kontinuierlich abnimmt. Dem               titis? Das CHECK ich! – Modellprojekt“ gezeigt hat,
  RKI wurde allerdings bekannt, dass von einigen aus           war gerade die Überleitung von positiv getesteten
  dem Bereich der umsatzstarken auf HIV/Hepatitis              Menschen mit aktivem Drogenkonsum in eine an-
  spezialisierten Apotheken die Verwendung von Da-             tivirale Behandlung mit erheblichen Hindernissen
  ten aus Apotheken-Abrechnungszentren zu ande-                und Schwierigkeiten verbunden.53 Um die Inzidenz
  ren Zwecken als der Abrechnung mit den Leistungs-            und Prävalenz in der am stärksten in Deutschland
  trägern, seit Ende 2018 untersagt wird. Es kann              von Hepatitis C betroffenen Gruppe von Drogenge-
  nicht ausgeschlossen werden, dass es hierdurch               brauchenden langfristig zu senken, besteht hier, wie
  seitdem zu einer relativen Unterschätzung kommt,             auch bei Personen in Haft, Verbesserungsbedarf.54
  die allerdings eher im einstelligen Bereich einge-
  schätzt wird.                                                Deutschland hat sich den WHO-Eliminationszielen
                                                               viraler Hepatitiden bis 2030 verschrieben.9 Um den
  Im Jahr 2020 war die Zahl der verordneten Thera-             Eliminierungserfolg zu beobachten, sollen die von
  pieregime insgesamt geringer als im Jahr 2019. Ins-          der WHO vorgegebenen Indikatoren10 durch Daten
  besondere in den Monaten April bis Juni kam es im            aus laufenden und zukünftigen Projekten generiert
  Vergleich zu 2019 zu einem Absinken der abgerech-            werden. Ziel ist eine kontinuierliche Datenerfassung
  neten Therapieverordnungen. Dies kann unter an-              und -nutzung sowie die regelmäßige Indikatorenbe-
  derem bedingt sein durch die bereits oben erwähn-            stimmung, um die Umsetzung der Eliminierungs-
  ten Versorgungsprobleme während des ersten Lock-             strategie von Hepatitis C in Deutschland zu verfol-
  downs,49 die sich auch in einer Abnahme an verord-           gen. Das RKI hat hierzu bereits im Jahr 2019 ein
  neten Therapieregimen widerspiegeln.                         Treffen mit Expertinnen und Experten aus der Wis-
                                                               senschaft und Vertreterinnen und Vertretern ver-
  Basierend auf einem Therapieerfolg von > 95 %                schiedener Datenhalter zu Hepatitis B und C veran-
  wurden von 2014 bis 2020 in Deutschland knapp                staltet, um mögliche Datenquellen zur Erhebung der
  76.400 Personen mit einer Hepatitis C geheilt, wäh-          Indikatoren zu identifizieren und zu diskutieren.55
  rend es im gleichen Zeitraum 36.514 Hepatitis-
  C-Meldungen gab. Zum Vergleich, im Jahr 2019 gab             In der deutschen Eliminierungsstrategie9 ist die Im-
  es 5.940 Meldungen und 8.100 behandelte Perso-               plementierung zielgruppenspezifischer Präven-
  nen.46 Bei einer geschätzten Hepatitis-C-Prävalenz           tions-, Test- und Behandlungsangebote für Gruppen
  von 0,3 % in Deutschland25 ergibt sich damit eine            mit einem besonders hohen Risiko für eine HCV-
  große Zahl an nichtdiagnostizierter und nichtthera-          Infektion ein wesentlicher Bestandteil. Mit Start des
  pierter Infizierter. Häufige Gründe, warum Thera-            Projektes DRUCK 2.0 wird eine kontinuierliche Da-
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  tengrundlage zur Beurteilung der Krankheitslast                   dungen um 25 % im Vergleich zum Vorjahr und zu
  und die Beobachtung des Fortschrittes der Hepa­                   weniger Therapieverordnungen. So wurden 2020
  titis-C-Eliminierung in dieser Bevölkerungsgruppe                 statt der für die Eliminierung für notwendig ge-
  etabliert. Zielgerichtete Präventions- und Kontroll-              schätzten 9.900 Behandelten pro Jahr nur 6.500
  mechanismen können geschaffen und im Verlauf                      Personen behandeltet. Wenn der Rückgang der He-
  angepasst werden. Bei wohnungslosen Menschen                      patitis-C-Meldungen im Jahr 2020 tatsächlich auf
  in Berlin werden aktuell erstmalig Daten zu Infek-                einen zurückgehenden Anteil diagnostizierter Fälle
  tionskrankheiten erhoben. Je nach beobachteter                    zurückzuführen ist und wenn die Zahl der Thera-
  Prävalenz und identifizierten Risikofaktoren für                  pieverordnungen nicht wieder ansteigt, ist es frag-
  eine Infektion mit Hepatitis C können diese als Ba-               lich, ob dieses Ziel noch erreicht werden kann.
  sis für die Schaffung von spezifischen Test- und Be-
  handlungsangeboten für wohnungslose Menschen                      Zusammenfassend ist aktuell zwar ein Rückgang
  dienen. Die Ergebnisse der Pilotstudie in Berlin die-             der gemeldeten Infektionen zu beobachten, doch
  nen außerdem der Vorbereitung einer bundeswei-                    kann dieser zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschlie-
  ten Datenerhebung.                                                ßend bewertet werden. Es ist weiterhin davon aus-
                                                                    zugehen, dass sich immer noch Personen neu mit
  Basierend auf Daten von 2017 bis 2019 wird ge-                    HCV infizieren. Insbesondere in der ersten Pande-
  schätzt, dass Deutschland die Hepatitis-C-Elimina-                miewelle war die Diagnostik und Versorgung von
  tionsziele sehr knapp im Jahr 2030 erreichen könn-                Personen mit einer chronischen Hepatitis C nicht
  te.56 Dies wird durch die Ausweitung der Therapie­                sichergestellt. Um sich dem Ziel der Hepatitis-C-
  indikation mit DAA auf akute und chronische                       Eliminierung anzunähern, müssen eine valide Da-
  HCV-Infektionen unabhängig vom klinischen Sta-                    tengrundlage sowie spezifische Test-, Behandlungs-
  tus begünstigt.56 Die COVID-19-Pandemie im Jahr                   und Präventionsangebote, insbesondere in Grup-
  2020 hat jedoch weltweit den Fortschritt der Hepa-                pen geschaffen werden, in denen aktuell Infek­
  titis-C-Elimination gefährdet.57 In Deutschland kam               tionen übertragen werden, wie zum Beispiel Dro-
  es dabei zu einem Rückgang der Hepatitis-C-Mel-                   gengebrauchende, Inhaftierte und MSM.

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