Hepatitis C bei Drogenkonsumierenden - Infodrog

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Hepatitis C bei Drogenkonsumierenden - Infodrog
Hepatitis C
­bei ­Drogenkonsumierenden
Richtlinien mit settingspezifischen Factsheets
Impressum

                              Herausgeber: Bundesamt für Gesundheit (BAG), Bern; Infodrog, Bern
                              Publikationszeitpunkt: März 2019
                              Layout: CRK Kommunikation, Kreation & Kino
                              Die Publikation erscheint auch in französischer und italienischer Sprache.
                              Informationen: BAG, 058 463 88 24, ncd@bag.admin.ch
                              Bestellung: PDF verfügbar unter www.bag.admin.ch/hepatitis-c
                              Zitiervorschlag: Bundesamt für Gesundheit, Infodrog. Hepatitis C bei Drogenkonsumierenden:
                              Richtlinien mit settingspezifischen Factsheets. Bern: Bundesamt für Gesundheit, 2019.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                                     2
Inhaltsverzeichnis

                              1    Abkürzungsverzeichnis                                                     4
                              2    Zusammenfassung                                                           5
                              3    Einführung                                                                7
                              3.1	Globale Situation zu Hepatitis B und C                                    7
                              3.2	Situation zu Hepatitis B und C in der Schweiz                             7
                              3.3	Vorgehen zur Erarbeitung dieser Richtlinien                               9
                              3.4 Zielpublikum und Zielsetzungen                                             9
                              4    Allgemeine Richtlinien                                                   11
                              4.1 Einführung                                                                11
                                   4.1.1 Dokumentation                                                      11
                                   4.1.2 Evaluation                                                         11
                              4.2 Prävention und Information                                                11
                                   4.2.1 Verminderung von Übertragungsrisiken                               11
                                   4.2.2 Schulung / Fortbildungen                                           12
                                   4.2.3 Peer-Involvement                                                   12
                              4.3 Beratung und Testung                                                      12
                                   4.3.1 Beratung                                                           12
                                   4.3.2 Testung                                                            12
                              4.4 Behandlung von HCV-Infizierten                                            13
                                   4.4.1 Begleitung und Betreuung                                           13
                                   4.4.2 Vor der Therapie                                                   13
                                   4.4.3 Therapie                                                           14
                                   4.4.4 Nach der Therapie                                                  14
                              4.5 Schutz der Mitarbeitenden                                                 14
                              5    Settingspezifische Richtlinien                                           15
                              5.1 Kontakt- und Anlaufstellen (K+A)                                          15
                              5.2 Ambulante Suchtberatung                                                   16
                              5.3	Substitutionszentren und Zentren für HeGeBe                              16
                              5.4 Stationäre Suchtbehandlung                                                17
                              5.5 Arztpraxen                                                                18
                              5.6 Freiheitsentzug                                                           19
                              6    Referenzen                                                               21
                              7    Anhang                                                                   22
                              7.1	Präventions- und Informationskonzept zu Hepatitis B und C sowie HIV      22
                              7.2 Beteiligte Expertinnen und Experten                                       22
                                   7.2.1 Autorinnen und Autoren                                             22
                                   7.2.2 Mitglieder der Arbeitsgruppe                                       22
                                   7.2.3	Externe Expertinnen und Experten (Peer-Review)                    23
                              7.3	Konsultierte Gremien und Verbände, welche die Richtlinien unterstützen   23
                              7.4	Settingspezifische Factsheets                                            24

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                        3
1        Abkürzungsverzeichnis

                              BAG        Bundesamt für Gesundheit
                              HBsAg      Hepatitis-B-Oberflächen-Antigen
                              HBV        Hepatitis-B-Virus
                              HCV        Hepatitis-C-Virus
                              HeGeBe     Heroingestützte Behandlung
                              HIV        Humanes Immundefizienz-Virus
                              INHSU      International Network on Hepatitis in Substance Users
                              K+A        Kontakt- und Anlaufstelle
                              RNA        Ribonukleinsäure
                              WHO        Weltgesundheitsorganisation

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                           4
2            Zusammenfassung

Hepatitis B und C belasten die öffentliche Gesundheit                    Risikos für eine Übertragung mit HBV und HIV werden
weltweit in vergleichbarem Ausmass wie das Humane                        Infektionen mit diesen Viren mitbehandelt. Damit soll
Immundefizienz-Virus (HIV), Tuberkulose oder Malaria.                    der bestmögliche Präventions-, Behandlungs- und Be-
Diese beiden viralen Hepatitiden zählen zu den häufigs-                  treuungserfolg in dieser Risikogruppe erzielt werden.
ten chronischen Erkrankungen von Drogenkonsumieren-
den. Weltweit sterben gemäss Zahlen der Weltgesund-                      Diese Richtlinien sind breit abgestützt und werden von
heitsorganisation (WHO) jährlich mehr Menschen an                        den für die Thematik relevanten Gremien und Verbän-
den Folgen viraler Hepatitis als an jenen von HIV. In der                den unterstützt. Sie bieten evidenz- und praxisbasierte
Schweiz sterben jährlich fünfmal mehr Personen an den                    Anleitungen zur integrierten Versorgung für alle Betreu-
Folgen von Hepatitis C als an jenen von HIV. Schweiz-                    ungs- und Behandlungssettings für Drogenkonsumie-
weit sind schätzungsweise 40’000 Menschen mit dem                        rende. Die Themenbereiche Prävention und Information,
Hepatitis-C-Virus (HCV) und 44’000 Menschen mit dem                      Beratung und Testung sowie Behandlung und Nachbe-
Hepatitis-B-Virus (HBV) infiziert.                                       treuung bilden die Grundlage für effektive und zielgrup-
                                                                         penorientierte Interventionen.
Jedes Jahr werden ca. 500 Personen mit einer HCV-In-
fektion diagnostiziert, die Drogen intravenös konsumie-                  Durch die breite Anwendung dieser Richtlinien sollen fol-
ren. Eine Situationsanalyse zu Prävalenz und Behandlung                  gende Vorbeugungs- und Bekämpfungsmassnahmen
von Hepatitis C bei Drogenkonsumierenden aus dem                         implementiert werden:
Jahr 2015 kam zum Schluss, dass in der Schweiz zwi-
schen 7700 und 15’400 Drogenkonsumierende mit HCV                        • S terile Konsumutensilien (wie Spritzen, Nadeln, ­Filter,
infiziert sind. Man schätzt den Anteil an HCV-Infizier-                     Löffel, Wasser, Röhrchen usw.) müssen Drogenkon-
ten in stationären Suchtbehandlungen bzw. in nieder-                        sumierenden flächendeckend, insbesondere auch in
schwelligen Kontakt- und Anlaufstellen (K+A) auf je ca.                     ländlichen Regionen sowie im Freiheitsentzug, zur
30 Prozent. Bei Patientinnen und Patienten, die neu in                      Verfügung stehen.
eine heroingestützte Behandlung (HeGeBe) eintreten,
wird der Anteil auf 60 Prozent geschätzt. Die Situations-                • Sowohl Drogenkonsumierende als auch Fachleute
analyse zeigte ausserdem, dass in sämtlichen untersuch-                     müssen kontinuierlich sensibilisiert werden bezüglich
ten Kantonen Lücken in der Behandlungskette von He-                         Übertragungswege von Hepatitis B und C und Gefah-
patitis C bestehen.                                                         ren des Teilens von Konsumutensilien. Entsprechende
                                                                            Schulungsangebote und Sensibilisierungskampagnen
Aus diesem Grund entschied das Bundesamt für Gesund-                        sind deshalb auszubauen.
heit (BAG), die Bekämpfung von Hepatitis C bei Drogen-
konsumierenden zu verbessern und nationale Richtlinien                   • Sämtlichen Drogenkonsumierenden soll die kom-
zu Prävention, Beratung, Testung und Therapie erarbei-                      binierte Impfung gegen Hepatitis A und B gemäss
ten zu lassen. Infodrog wurde beauftragt, gemeinsam                         Schweizerischem Impfplan angeboten werden.
mit Expertinnen und Experten das vorliegende Doku-
ment Hepatitis C bei Drogenkonsumierenden: Richtlinien                   • D
                                                                            rogenkonsumierende müssen kontinuierlich über die
mit settingspezifischen Factsheets zu erstellen. Ziel dieser               Möglichkeiten zur Testung von Hepatitis C sowie He-
Richtlinien ist es, in sämtlichen Betreuungs- und Behand-                  patitis B und HIV informiert werden.
lungssettings1 für Drogenkonsumierende Minimalstan-
dards zur Vorbeugung und Bekämpfung von Hepatitis                        • T eil jeder suchtmedizinischen Behandlung muss zum
C zu etablieren und die Zusammenarbeit der gesamten                         einen die Information über Verbreitung, Übertragung,
Versorgungskette zu stärken. Aufgrund des erhöhten                          Prävention, Verlauf, Abklärung und Therapie von He-

1
    Unter Setting wird der äussere Rahmen verstanden, in welchen die Betreuung bzw. die Begleitung der Drogenkonsumierenden eingebettet ist.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                                                    5
patitis C sowie Hepatitis B und HIV sein, zum andern       • W
                                                                ährend und nach der Therapie einer Hepatitis C
  die regelmässige Untersuchung auf eine Infektion. Die        müssen Patientinnen und Patienten intensiv über das
  Testung auf eine HIV- oder HCV-Infektion (bei nicht          weiterhin bestehende Risiko einer erneuten Infektion
  Geimpften oder bei unklarem Status auch auf He-              und wie diese verhindert werden kann beraten und
  patitis B) muss grundsätzlich bei allen Personen mit         regelmässig getestet werden.
  Drogenkonsum, aktuell oder in der Vorgeschichte, bei
  erhöhten Leberwerten, bei unklaren Erkrankungen            Ein Kapitel der Richtlinien widmet sich dem Schutz der
  oder nach Kontakten mit hohem Übertragungsrisiko           Mitarbeitenden. Zu ihrem eigenen Schutz müssen sämt-
  erfolgen. Bei anhaltendem Risikoverhalten sind die         liche Mitarbeitenden, die mit Drogenkonsumierenden
  Tests auf HIV und HCV mindestens einmal jährlich zu        arbeiten, gegen Hepatitis A und B geimpft werden. Da
  wiederholen. Zentral ist dabei, dass den Betroffenen       zum heutigen Zeitpunkt keine Impfung gegen HIV und
  die Bedeutung von Testresultaten ihrem Informations-       gegen Hepatitis C existiert, sollen Mitarbeitende als
  stand und Verständnis entsprechend vermittelt wird.        wirksamste Präventionsmassnahme dazu angehalten
                                                             werden, im Berufsalltag den Kontakt von verletzter Haut
• D
   ie Therapien von Hepatitis B und C sowie HIV müs-        oder von Schleimhäuten mit Blut zu vermeiden. Ausser-
  sen settingübergreifend und interdisziplinär geplant       dem ist auf eine stichsichere Entsorgung von Injektions-
  werden unter Berücksichtigung individueller, sozialer      material zu achten. Sollte es dennoch zu einer Exposition
  und medizinischer Faktoren.                                mit potenziell infektiösem Blut kommen, ist dies immer
                                                             ein medizinischer Notfall, der umgehende Massnahmen
• D
   ie Therapie von Hepatitis C (Wahl der Medikamente,       erfordert. Das genaue Vorgehen im Einzelfall soll den
  Behandlungsdauer) muss nach den aktuellen schwei-          entsprechenden Empfehlungen folgen.
  zerischen Leitlinien und durch eine erfahrene Ärztin
  oder einen erfahrenen Arzt durchgeführt werden. Da-        Diese Richtlinien beinhalten ausserdem settingspe­
  bei ist bei der Auswahl der Medikamentenkombina-           zifische Factsheets, die den Fachleuten im Praxi­s­
  tion besonders auf mögliche Wechselwirkungen mit           alltag als kompaktes und übersichtliches Instru­
  anderen Medikamenten zu achten.                            ment dienen sollen (siehe Anhang).

• B
   egleitender Konsum von Alkohol oder anderen Subs-
  tanzen und auch Obdachlosigkeit sind nicht per se
  Kontraindikationen für eine Hepatitis-C-Behandlung,
  erfordern aber eine entsprechende Planung der Be-
  handlung. Unabhängig vom Virustyp, vom Fibrose­
  grad der Leber und von allfälligen Begleiterkrankun-
  gen soll bei allen Infizierten eine Hepatitis-C-Therapie
  angestrebt werden.

• W
   ährend der Behandlung sollen die Betroffenen eng
  begleitet und unterstützt werden, um eine möglichst
  hohe Adhärenz zu erreichen und allfällige Nebenwir-
  kungen frühzeitig zu erkennen. Der Behandlungsrah-
  men ist deshalb individuell festzulegen. Unterstützende
  Massnahmen wie tägliche überwachte Medikamen-
  teneinnahme, Behandlung durch ein interdisziplinäres
  Team oder Unterstützung durch Peer-Interventionen
  sollen bei Bedarf getroffen werden.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                              6
3        Einführung

3.1	Globale Situation zu Hepatitis B                        2017 veröffentlichte die WHO erstmals kombinierte
     und C                                                   Richtlinien zur Testung von Hepatitis B und C (6). Diese
                                                             weisen darauf hin, dass viele HCV-Infizierte nicht wissen,
Hepatitis B und C belasten die öffentliche Gesundheit        dass sie infiziert und somit potenziell infektiös sind. In
weltweit in vergleichbarem Ausmass wie HIV, Tuberku-         Niedriglohnländern sollen sich weniger als 5 Prozent der
lose oder Malaria und gehören zu den häufigsten chro-        Infizierten ihrer Diagnose bewusst sein. Dies führt wie-
nischen Erkrankungen von Drogenkonsumierenden, die           derum zu vermehrten Infektionen. In den WHO-Richt-
(zumeist illegale) psychoaktive Substanzen injizieren, in-   linien wird empfohlen, bestimmte Risikogruppen regel-
halieren oder sniffen. Global sterben gemäss Zahlen der      mässig zu testen (keine flächendeckenden Screenings).
WHO jährlich mehr Menschen an den Folgen viraler He-
patitis als an jenen von HIV (1).
                                                             3.2	Situation zu Hepatitis B und C
Weltweit waren im Jahr 2015 gemäss WHO ca. 257 Mil-               in der Schweiz
lionen Menschen chronisch mit HBV und ca. 71 Millio-
nen chronisch mit HCV infiziert (2). Es wird davon ausge-    In der Schweiz sind schätzungsweise 40’000 Menschen
gangen, dass die Anzahl chronisch HCV-Infizierter weiter     chronisch mit HCV sowie 44’000 Menschen chronisch
ansteigen wird.                                              mit HBV infiziert. Es sterben jährlich fünfmal mehr Per-
                                                             sonen an den Folgen von Hepatitis C als an jenen von
HBV und HCV werden hauptsächlich via Blut übertra-           HIV (7).
gen, HBV zudem sexuell. Bei Hepatitis B machen die
Mut- ter-Kind-Übertragungen (insbesondere bei der Ge-        Eine Situationsanalyse zu Hepatitis C bei Drogenkonsu-
burt) sowie sexuelle Übertragungen bei Jugendlichen           mierenden aus dem Jahr 2015 ergab, dass in der Schweiz
und Erwachsenen den Hauptanteil aus. Weltweit erfolgt        zwischen 7700 und 15’400 Drogenkonsumierende mit
die Übertragung von HCV hauptsächlich über nicht ste-        HCV infiziert sind (8). Jedes Jahr werden ca. 500 Perso-
rile Injektionen und medizinische Eingriffe. In Industrie-    nen mit einer HCV-Infektion diagnostiziert, die Drogen
nationen und zunehmend auch in Entwicklungsländern            intravenös konsumieren. Der Anteil an HCV-Infizierten in
wird HCV vorwiegend durch Tauschen von nicht sterilen        stationären Suchtbehandlungen bzw. in K+A wird auf je
Konsumutensilien bei intravenösem, inhalativem oder na-      ca. 30 Prozent geschätzt. Bei Patientinnen und Patienten,
salem Drogenkonsum übertragen (3). Insbesondere bei          die neu in eine HeGeBe eintreten, liegt dieser geschätzte
nicht intravenösem Drogenkonsum ist das Bewusstsein          Anteil deutlich höher (bis zu 60 Prozent). Bei 90 Prozent
für das Übertragungsrisiko sehr gering.                      aller HIV-infizierten Drogenkonsumierenden, die intra-
                                                              venös konsumieren, besteht eine Co-Infektion mit HCV
2016 hat die WHO erstmals seit ihrem Bestehen eine­          (8). Zu Co-Infektionen HBV/HCV liegen für diese Popu-
globale Strategie zur Bekämpfung viraler Hepatitis lan-       lation keine Zahlen vor. Schätzungen gehen davon aus,
ciert (4). Ziel dieser Strategie ist es, Hepatitis B und C   dass ein Viertel bis die Hälfte der Betroffenen, die sich in
bis 2030 als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit        ­opioidgestützter Behandlung befinden, gar nicht getes-
zu eli­minieren. Eine Studie aus dem Jahr 2017 kam zum       tet ist (9,10). Wie Abb. 1 illustriert, befinden sich von den
Schluss, dass dieses ambitionierte Ziel nur dann zu er­      10’160 Personen in der Schweiz, die Drogen intravenös
reichen ist, wenn Forschung, ­Gesundheitsdienstleistende,     konsumieren, nur rund die Hälfte in einer opioidgestütz-
politische Entscheidungstragende, Betroffene, die Phar-      ten Behandlung (11). Ca. 75 Prozent (7790) nehmen an
ma- und Diagnostikindustrie sowie Regierungsbehörden         einem Nadel- und Spritzenumtauschprogramm teil (z. B.
eng zusammenarbeiten (5).                                     in einer K+A).

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                                  7
1 Drogenkonsumierende in
                                                                                                      opioid- oder heroin­gestützter
                                                                                                      Behandlung (18’610)
                                                  5
                                                                                                   2 Alle intravenös Drogenkonsu-
                                                                            2                         mierende (10’160)

                                                                                                   3 Intravenös Drogenkonsumie­
                         1                                                                            rende in Nadel- und Spritzen-
                                                                                                     umtauschprogramm (7790)
                                                  4
                                                                                                   4 Intravenös Drogenkonsumie-
                                                                                                     rende in opioid- oder heroin­
                                                                   3                                 gestützter Behandlung und
                                                                                                     in Nadel- und Spritzenumtausch-
                                                                                                     programm (4780)

                                                                                                   5 Intravenös Drogenkonsumie-
                                                                                                      rende in opioid- oder heroin­
                                                                                                      gestützter Behandlung (5620)

Abb. 1: Grösse der verschiedenen Gruppen der Drogenkonsumierenden in der Schweiz 2015 (11)

Gemäss aktuellen Zahlen der nationalen Überwachung                     Die Situationsanalyse zu Hepatitis C bei Drogenkonsu-
meldepflichtiger Infektionskrankheiten erfolgt die Über-               mierenden rückt unter anderem zwei Aktionen in den
tragung von HCV hauptsächlich über das Teilen von                      Fokus (8):
nicht sterilen Materialien beim Drogenkonsum (12). HBV
wird am häufigsten sexuell übertragen (13).                            • B
                                                                          emühungen, Drogenkonsumierende aufzuklären,
                                                                         sollen in allen Settings intensiviert werden, und Auf-
In der Hepatitis-C-Prävention ist die Schweiz im europäi-                klärung und Information über Hepatitis C müsste als
schen Kontext führend, insbesondere im Drogenbereich                     fester Bestandteil der Ausbildung von Fachpersonen,
mit den seit Jahren etablierten Angeboten (z.B. K+A,                     die mit Drogenkonsumierenden arbeiten, etabliert
Nadel- und Spritzenumtauschprogramme oder Spritzen­                      werden.
automaten). Durch diese und andere Massnahmen konn-
te die Zahl der Neuübertragungen von HBV und HCV                       • D
                                                                          ie in sämtlichen untersuchten Kantonen bestehen-
in den letzten Jahren bereits deutlich reduziert werden.                 den Lücken in der Behandlungskette von Hepatitis C
Leider erreichen die Angebote wie Substitutionsbehand-                   (insbesondere fehlende Nachbetreuung von Patien-
lungen oder Zugang zu sterilen Konsummaterialien bis-                    tinnen und Patienten, administrative Hürden im Straf-
her nicht alle Drogenkonsumierenden. Das Hauptprob-                      vollzug sowie Mängel im Informationsstand von Haus-
lem für die öffentliche Gesundheit stellen bei Hepatitis                 ärztinnen und Hausärzten, was neue Medikamente
B und C die jeweiligen Folgeerkrankungen (z. B. Leber-                   angeht) sollen geschlossen werden.
zirrhose, Leberkrebs u.a.) dar.
                                                                        eshalb entschied das BAG im Rahmen der Nationalen
                                                                       D
                                                                       Strategie Sucht (14), die Bekämpfung viraler Hepatitis bei
                                                                       Drogenkonsumierenden zu optimieren. Infodrog erhielt
                                                                       das Mandat, gemeinsam mit Fachpersonen aus den Be-
                                                                       reichen Medizin und Suchthilfe nationale Richtlinien zu
                                                                       Prävention, Beratung, Testung und Behandlung von He-
                                                                       patitis C zu erarbeiten, unter Miteinbezug von Hepatitis
                                                                       B und HIV.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                                                 8
3.3	Vorgehen zur Erarbeitung                                Dazu soll die Zusammenarbeit aller beteiligten Fachper-
     dieser Richtlinien                                      sonen in der ganzen Versorgungskette mit evidenz- und
                                                             praxisbasierten Anleitungen verbessert werden. Durch
Zu diesem Zweck wurden eine Gruppe von Autorin-              die Etablierung von Minimalstandards soll ein best-
nen und Autoren sowie eine Arbeitsgruppe gebildet            möglicher Präventions-, Behandlungs- und Betreuungs-
(vgl. S. 22). Die Gruppe von Autorinnen und Autoren be-      erfolg erzielt werden. Die Richtlinien zu den Themen-
stand aus Expertinnen und Experten aus den Bereichen         bereichen Prävention und Information, Beratung und
Suchtmedizin und Hepatitis sowie aus Vertreterinnen          Testung, sowie Behandlung und Nachbetreuung bilden
und Vertretern von BAG und Infodrog. In der Arbeits-         die Grundlage für effektive und zielgruppenorientierte
gruppe waren folgende Bereiche vertreten: K+A; am-           Interventionen in den einzelnen Betreuungs- und Be-
bulante und stationäre Suchtbehandlung; Zentren für          handlungssettings.
HeGeBe, Substitutionszentren; Arztpraxen, die Suchtpa-
tientinnen und -patienten behandeln sowie Strafvollzug.      Die vorliegenden Richtlinien sind breit abgestützt und
Die Autorinnen und Autoren waren zuständig für das           werden von den für die Thematik relevanten Gremien
Verfassen der Richtlinien sowie für die fachliche Beglei-    und Verbänden unterstützt. Sie dienen zudem den Ver-
tung des Projekts. Die Arbeitsgruppe war in beratender       antwortlichen in den Kantonen als Basis für die Durch-
Funktion, als Sounding Board, an der Erarbeitung der         führung kantonaler Programme zur Bekämpfung viraler
Richtlinien beteiligt und formulierte Empfehlungen zu        Hepatitis. Auf Bundesebene schaffen sie schliesslich die
einzelnen Themen.                                            notwendigen Grundlagen, um die Zusammenarbeit und
                                                             Koordination zwischen Bund, Kantonen und Akteuren
In einem ersten Schritt wurde die für die Thematik re-       aus der Praxis zu verbessern. Sie liefern unter anderem
levante Literatur gesichtet, zusammengefasst und aus-        Antworten auf folgende Fragen:
gewertet. In verschiedenen Sitzungen und Workshops
mit der Arbeitsgruppe und den Autorinnen und Autoren         • W
                                                                elche Massnahmen sind nötig, um Übertragungen
entstanden anschliessend die Richtlinien. Diese wurden         zu verhindern?
danach im Rahmen eines Peer-Reviews von zwei inter-
nationalen Fachleuten bewertet.                              • W
                                                                ann und wie werden Drogenkonsumierende
                                                               ­getestet?
Um die Praxistauglichkeit des Papiers zu überprüfen,
konnten ausgewählte Fachleute im Rahmen von setting-         • W
                                                                elche Vorkehrungen müssen getroffen werden, da-
spezifischen Fokusgruppen schriftlich oder mündlich            mit möglichst alle flächendeckend getestet werden?
Stellung nehmen.
                                                             • W
                                                                ie werden Drogenkonsumierende nach einem posi-
Die Richtlinien wurden schliesslich den für die Thematik       tiven Testergebnis beraten und begleitet?
relevanten Gremien und Verbänden (vgl. S. 23) zur Kon-
sultation vorgelegt, um eine möglichst breite Abstüt-        • W
                                                                ie und von wem werden Drogenkonsumierende vor,
zung zu erreichen.                                             während und nach der Durchführung einer Hepati-
                                                               tis-Therapie betreut?

3.4 Zielpublikum und Zielsetzungen                           F olgende Massnahmen sollen settingübergreifend imple­
                                                             mentiert werden:
Diese Publikation richtet sich an Suchtfachleute und me-
dizinische Fachleute, die Drogenkonsumierende behan-         • Sterile Konsumutensilien (wie Spritzen, Nadeln, Fil-
deln und betreuen. Ziel der Richtlinien ist, in sämtlichen      ter, Löffel, Wasser, Röhrchen usw.) müssen Drogen-
Betreuungs- und Behandlungssettings für Drogenkonsu-            konsumierenden flächendeckend, insbesondere auch
mierende Minimalstandards zur Vorbeugung und zur Be-            in ländlichen Regionen sowie im Freiheitsentzug, zur
kämpfung von Hepatitis C zu etablieren. Aufgrund des            Verfügung stehen.
erhöhten Risikos für eine Übertragung mit HBV und HIV
werden Infektionen mit diesen Viren mitbehandelt.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                             9
• Sowohl Drogenkonsumierende als auch Fachleute           • B
                                                              egleitender Konsum von Alkohol oder anderen Subs-
   müssen kontinuierlich sensibilisiert werden bezüglich     tanzen und auch Obdachlosigkeit sind nicht per se
   Übertragungswege von Hepatitis B und C und Gefah-         Kontraindikationen für eine Hepatitis-C-Behandlung,
   ren des Teilens von Konsumutensilien. Entsprechende       erfordern aber eine entsprechende Planung der Be-
   Schulungsangebote und Sensibilisierungskampagnen          handlung. Unabhängig vom Virustyp, vom Fibroseg-
   sind deshalb auszubauen.                                  rad der Leber und von allfälligen Begleiterkrankungen
                                                             soll bei allen Infizierten eine Hepatitis-C-Therapie an-
• Sämtlichen Drogenkonsumierenden soll die kom-             gestrebt werden.
   binierte Impfung gegen Hepatitis A und B gemäss
  Schweizerischem Impfplan angeboten werden.               • W
                                                              ährend der Behandlung sollen die Betroffenen eng
                                                             begleitet und unterstützt werden, um eine möglichst
• D
   rogenkonsumierende müssen kontinuierlich über die        hohe Adhärenz zu erreichen und allfällige Nebenwir-
  Möglichkeiten zur Testung von Hepatitis C sowie He-        kungen frühzeitig zu erkennen. Der Behandlungsrah-
  patitis B und HIV informiert werden.                       men ist deshalb individuell festzulegen. Unterstützende
                                                             Massnahmen wie tägliche überwachte Medikamen-
• T eil jeder suchtmedizinischen Behandlung muss zum        teneinnahme, Behandlung durch ein interdisziplinäres
   einen die Information über Verbreitung, Übertragung,      Team oder Unterstützung durch Peer-Interventionen
   Prävention, Verlauf, Abklärung und Therapie von He-       sollen bei Bedarf getroffen werden.
   patitis C sowie Hepatitis B und HIV sein, zum andern
   die regelmässige Untersuchung auf eine Infektion. Die   • W
                                                              ährend und nach der Therapie einer Hepatitis C
   Testung auf eine HIV- oder HCV-Infektion (bei nicht       müssen Patientinnen und Patienten intensiv über das
   Geimpften oder bei unklarem Status auch auf He-           weiterhin bestehende Risiko einer erneuten Infektion
   patitis B) muss grundsätzlich bei allen Personen mit      und wie diese verhindert werden kann beraten und
   Drogenkonsum, aktuell oder in der Vorgeschichte, bei      regelmässig getestet werden.
   erhöhten Leberwerten, bei unklaren Erkrankungen
   oder nach Kontakten mit hohem Übertragungsrisiko
   erfolgen. Bei anhaltendem Risikoverhalten sind die
   Tests auf HIV und HCV mindestens einmal jährlich zu
   wiederholen. Zentral ist dabei, dass den Betroffenen
   die Bedeutung von Testresultaten ihrem Informations-
   stand und Verständnis entsprechend vermittelt wird.

• D
   ie Therapien von Hepatitis B und C sowie HIV müs-
  sen settingübergreifend und interdisziplinär geplant
  werden unter Berücksichtigung individueller, sozialer
  und medizinischer Faktoren.

• D
   ie Therapie von Hepatitis C (Wahl der Medikamente,
  Behandlungsdauer) muss nach den aktuellen schwei-
  zerischen Leitlinien und durch eine erfahrene Ärztin
  oder einen erfahrenen Arzt durchgeführt werden (15).
  Dabei ist bei der Auswahl der Medikamentenkombina-
  tion besonders auf mögliche Wechselwirkungen mit
  anderen Medikamenten zu achten.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                            10
4        Allgemeine Richtlinien

4.1    Einführung                                          4.2 Prävention und Information

Von Hepatitis B und C betroffene Drogenkonsumie-           Bei Drogenkonsumierenden, die intravenös, nasal oder
rende suchen häufig parallel mehrere suchtspezifische      inhalativ Substanzen konsumieren, sinkt das Risiko, blut-
Versorgungsangebote auf, zum Beispiel K+A plus eine        übertragbare Krankheiten zu übertragen, signifikant,
suchtmedizinische Institution. Die Abstimmung der An-      wenn sie an einer Substitutionsbehandlung (16) und
gebote der verschiedenen Anbieter, die interdisziplinäre   einer flächendeckenden Abgabe von sterilen Konsum-
Zusammenarbeit sowie die Koordination und Kongruenz        utensilien teilnehmen (17,18). Drogenkonsumierenden ist
der vermittelten Botschaften sind unerlässlich. Nur so     jedoch nach wie vor zu wenig bewusst, wie HBV und
kann eine effiziente Vorbeugung und Bekämpfung von         HCV übertragen werden. Insbesondere der Austausch
Hepatitis auch bei diesen Personen gewährleistet wer-      und der gemeinsame Gebrauch von Konsumutensilien
den. Ein gegenseitiger Austausch von Informationen zu      kommt immer noch häufig vor (19). Auch viele Fachleute
erhobenen Befunden und Erkenntnissen ist dabei beson-      in der Suchthilfe (Sozialarbeitende und Pflegefachleute)
ders wichtig und setzt das Einverständnis des Patienten    sowie Ärztinnen und Ärzte, die Substitutionsbehandlun-
oder der Patientin voraus. Durch Netzwerke zwischen        gen anbieten, sind noch zu wenig über Übertragungs-
den beteiligten Anbieter können Kommunikationswe-          wege, Präventionsmassnahmen und mögliche Behand-
ge kurzgehalten, gemeinsam Fortbildungen organisiert       lungen von Hepatitis C (und B) informiert (8).
und umgesetzt sowie gemeinsame Projekte geplant und
durchgeführt werden.                                       Im Rahmen der Kampagne hepatitis C (www.hepch.ch)
                                                           bietet Infodrog in Zusammenarbeit mit Suchtmedizine-
4.1.1 Dokumentation                                        rinnen und Suchtmedizinern Schulungen für Suchtfach-
Hepatitis B und C sind in der Schweiz meldepflichtige      leute und für Mitarbeitende im Freiheitsentzug an. Im
Erkrankungen. Die Meldepflicht gilt für alle Ärztinnen     Bereich der niederschwelligen Arbeit mit Drogenkon-
und Ärzte sowie Laboratorien in der Schweiz gemäss         sumierenden konnte dadurch in den letzten Jahren das
dem Grundsatz: Wer diagnostiziert, meldet. Patienten-      Bewusstsein für die Problematik erhöht werden. Viele
bezogene Befunde und Informationen sind zu dokumen-        Institutionen führen jährliche Sensibilisierungskampag-
tieren sowie während mindestens zehn Jahren aufzube-       nen für ihre Klientinnen und Klienten durch. Das Schu-
wahren. Werden solche Befunde und Informationen in         lungsangebot soll in Zukunft verstärkt auch auf die
nicht medizinischen Institutionen erhoben, muss sicher-    Ärzteschaft (Hausärztinnen und Hausärzte, Suchtme-
gestellt werden, dass die zuständige Arztperson diese      dizinerinnen und Suchtmediziner, Gefängnisärztinnen
erhält, sie in der Krankengeschichte ablegen kann und      und Gefängnisärzte usw.) ausgeweitet werden (z. B. im
dem Patienten oder der Patientin aushändigt. Mitarbei-     Rahmen des Weiterbildungsangebots von INHSU) (www.
tende, die Zugang zu patientenbezogenen Daten haben,       inhsueducation.org/switzerland).
müssen auf ihre Schweigepflicht aufmerksam gemacht
werden und diese einhalten.                                4.2.1 Verminderung von Übertragungsrisiken
                                                           Ziel ist es, dass die bedarfsgerechte Abgabe von sterilen
4.1.2 Evaluation                                           Konsumutensilien samt den Vorrichtungen zur stichsiche-
Neue, noch nicht etablierte Angebote bezüglich Ab-         ren Entsorgung von Injektionsmaterial flächendeckend
klärung, Vorbereitung und Durchführung von Hepati-         sichergestellt ist, auch in ländlichen Regionen sowie im
tis-Behandlungen sollen evaluiert und die Ergebnisse der   Freiheitsentzug. Die Abgabe erfolgt in K+A, Beratungs-
Evaluation den interessierten Fachkreisen in Form von      stellen, Apotheken, Substitutionszentren sowie auf Not-
Publikationen zugänglich gemacht werden.                   fallstationen. Zusätzlich stehen in den meisten Regionen
                                                           Automaten zur Verfügung.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                           11
Die Abgabe von sterilen Konsumutensilien wird von den       4.3 Beratung und Testung
Institutionen statistisch erfasst und im Rahmen eines na-
tionalen Monitorings ausgewertet.                           4.3.1 Beratung
                                                            Alle Drogenkonsumierenden werden über die Mög-
4.2.2 Schulung / Fortbildungen                              lichkeit und die Notwendigkeit informiert, sich gemäss
Mitarbeitende in Suchthilfeinstitutionen werden re-         Schweizerischem Impfplan (22) gegen Hepatitis A und
gelmässig durch ausgebildetes Fachpersonal geschult.        B impfen zu lassen. Ziel muss sein, dass bei sämtlichen
Ausbildungen für Fachpersonen werden im Rahmen              Drogenkonsumierenden bei Eintritt in eine Institution
der Kampagne hepatitis C angeboten. Medizinisches           der Impfschutz für Hepatitis A und B ermittelt und, falls
Personal sowie die für Prävention und Information Ver-      nötig, vervollständigt wird. Weiter werden sie regelmäs-
antwortlichen aus den verschiedenen Einrichtungen be-       sig über die Safer-Use- bzw. Safer-Sex-Regeln (Übertra-
suchen mindestens einmal jährlich eine Weiterbildung zu     gungswege von HBV und HCV sowie HIV) und die Mög-
viraler Hepatitis.                                          lichkeiten von Testung und Therapie informiert. In allen
                                                            Suchthilfeinstitutionen und bei Ärztinnen und Ärzten
Die Institutionen führen regelmässig Präventions- und       sowie in Apotheken, die Substitute abgeben, werden In-
Informationsaktivitäten zu Hepatitis B und C durch. Dies    formationen zu Hepatitis B und C zur Verfügung gestellt.
setzt voraus, dass Mitarbeitende in der Suchthilfe über     Diese sind zielgruppen- und settingspezifisch aufberei-
genügend Wissen verfügen. Deshalb bildet sich pro Ins-      tet, in den jeweils relevanten Sprachen verfügbar und
titution mindestens eine Person regelmässig und vertieft    leicht verständlich.
zu Hepatitis B und C weiter und teilt ihr Wissen mit den
anderen Mitarbeitenden.                                     Das Vermitteln von Informationen zu Verbreitung, Über-
                                                            tragung, Prävention, Verlauf, Abklärung und Therapie
4.2.3 Peer-Involvement                                      von HCV- sowie von HBV- und HIV-Infektionen gehört
Der Begriff Peer oder Peergruppe bezeichnet Menschen,       zu den grundlegenden Aufgaben einer suchtmedizini-
die durch gleiche Altersgruppe, gleichen sozialen und/      schen Behandlung.
oder kulturellen Hintergrund oder gleiche Vorlieben und
Einstellungen gekennzeichnet sind (20). Im Suchtbereich     Alle Drogenkonsumierenden werden eingehend darüber
können diese gemeinsamen Merkmale unter anderem             informiert, dass sowohl eine Substitutionsbehandlung
der Konsum bestimmter Substanzen (in Vergangenheit          als auch die Verwendung von eigenen Konsumutensilien
oder Gegenwart) und/oder eine HCV-Infektion sein. Stu-      vor einer Infektion schützen. Von viraler Hepatitis betrof-
dien zeigen, dass verschiedene Formen der Peer-Arbeit       fene Personen werden darüber aufgeklärt, dass sie Kon-
bei Drogenkonsumierenden eine Verhaltensänderung            sumutensilien sowie Zahnbürsten, Rasierer und Manikü-
oder mindestens ein Bewusstsein für eine spezifische        reutensilien mit niemandem teilen sollen, um Dritte nicht
Problematik bewirken. Dies kann ihnen ein Gefühl der        zu infizieren. Im Falle von Hepatitis B sollen sie auch die
Selbstbestimmung über ihren mentalen und körperli-          Safer-Sex-Regeln einhalten. Geeignetes Informationsma-
chen Zustand zurückgeben (21).                              terial zur Aufklärung der Drogenkonsumierenden stellt
                                                            die Kampagne hepatitis C zur Verfügung.
Aktionen von Peers zu Hepatitis B und C werden dem-
entsprechend in den Suchthilfeinstitutionen nach Mög-       4.3.2 Testung
lichkeit ausgebaut und unterstützt. Das Risikobewusst-      Zu einer suchtmedizinischen Behandlung von Drogen-
sein für mögliche Übertragungswege von Hepatitis B          konsumierenden gehört die regelmässige Untersuchung
und C sowie die Motivation für Testung, Beratung und        auf eine Infektion mit HCV und HIV. Um zu vermeiden,
Behandlung werden so zusätzlich verbessert.                 dass Tests auf eine HBV-Infektion unnötig wiederholt
                                                            werden, müssen Impfungen bzw. der Schutzstatus do-
                                                            kumentiert werden. Jede Person mit einer Drogenkon-
                                                            sum-Vorgeschichte ist grundsätzlich auf diese Infektions-
                                                            krankheiten zu testen.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                              12
Eine Hepatitis-Serologie ist angebracht bei erhöhten Le-    4.4 Behandlung von HCV-Infizierten
berwerten, unspezifischen Krankheitssymptomen oder
nach Kontakten mit hohem Übertragungsrisiko (Kon-           Das folgende Kapitel beschreibt hauptsächlich die Hepa-
takt mit Blut einer infizierten Person). Bei anhaltendem    titis-C-Therapie.
risikoreichem Konsum von Substanzen durch Injektion,
Sniffen oder Inhalation ist mindestens einmal jährlich      4.4.1 Begleitung und Betreuung
ein Test durchzuführen, um eine HIV-Infektion oder eine     Chronisch mit HCV infizierte Personen werden in re-
Neu- bzw. Wiederinfektion mit HCV auszuschliessen.          gelmässigen Gesprächen von geschultem Fachpersonal
Nach einer mit hohem Risiko verbundenen Exposition ist      (Medizin, Suchthilfe) über ihren Gesundheitszustand
unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Bestimmung eine        und -verlauf sowie über das Übertragungsrisiko infor-
erneute Testung durchzuführen. Der HCV-Test muss im         miert. Alle HCV-Infizierten werden mindestens einmal
Falle eines negativen Resultats gegebenenfalls nach drei    jährlich ärztlich auf mögliche Komplikationen (z. B. Le-
Monaten wiederholt werden, um eine frische Infektion        berfibrose/-zirrhose) untersucht. Dies gilt vor, während
sicher auszuschliessen. So können Infektionen möglichst     und insbesondere auch nach einer erfolgreichen Hepati-
früh erfasst und Übertragungen auf weitere Personen         tis-C-Behandlung. Bei der Begleitung und Betreuung sind
verhindert werden. Mit einer regelmässigen Beratung         nebst medizinischen Aspekten auch soziale Faktoren zu
zum Thema Hepatitis C wird die Bereitschaft der Betrof-     berücksichtigen, die eine Therapie beeinflussen können.
fenen, sich auf eine Abklärung und gegebenenfalls eine      Dazu gehören die allgemeine Stabilität der Lebens- und
Therapie einzulassen, gefördert und unterstützt.            Wohnsituation, bestehende soziale Netzwerke, der Bil-
                                                            dungsstand oder kulturelle Vorstellungen in Bezug auf
Die Testung beinhaltet die Bestimmung von Antikörpern       die Krankheit und deren Behandlung.
im Blut. Bei Schwierigkeiten mit der Blutabnahme kön-
nen Schnelltests mit serologischem Nachweis von HCV         4.4.2 Vor der Therapie
in Blutstropfen oder im Speichel eingesetzt werden. Die-    In der Schweiz werden die Kosten für die medikamentö-
se Alternativen erreichen allerdings nicht ganz dieselbe    se Behandlung von Hepatitis C von den Krankenkassen
Resultatsicherheit wie Untersuchungen im Vollblut. Bei      vergütet, unabhängig vom Virustyp und vom Krank-
negativem Befund des Schnelltests trotz dringendem          heitsfortschritt.
Verdacht auf eine Infektion wird die Untersuchung mit
Entnahme von Vollblut ergänzt. Bei weiterhin negativem      Vor der Therapie hat eine Evaluation durch eine Ärztin
Resultat muss die Serologie drei Monate nach der Exposi-    oder einen Arzt mit ausgewiesener Erfahrung in der Be-
tion wiederholt werden.                                     handlung chronischer Hepatitis B und C zu erfolgen. Die
                                                            Evaluation und Vorbereitung umfasst:
Ist ein Antikörpersuchtest für HCV positiv, muss das Vor-
liegen einer chronischen Hepatitis C mit einem zweimali-    • E inschätzung des Schweregrades der Lebererkran-
gen Nachweis von HCV-Ribonukleinsäure (HCV-RNA) im             kung (Leberfunktion, Fibrosegrad)
Abstand von sechs Monaten bestätigt werden. Nach ei-
ner ausgeheilten Hepatitis C bleiben die HCV-Antikörper     • A
                                                               usschluss bereits vorhandener Komplikationen (z. B.
lebenslang positiv. Deshalb muss bei Verdacht auf eine        Leberzirrhose oder Leberkrebs) bei fortgeschrittener
Reinfektion nicht nach Antikörpern, sondern direkt nach       Lebererkrankung
HCV-RNA im Blut gesucht werden, bei andauerndem Ri-
sikoverhalten mindestens jährlich.                          • D
                                                               etaillierte Befragung und Untersuchung (Begleiter-
                                                              krankungen, weitere Medikamente, Schwangerschaft,
Eine Testung setzt eine angemessene, d. h. dem Informa-       Begleitfaktoren wie schädlicher Alkoholkonsum usw.)
tionsstand und dem Verständnis der Betroffenen ange-
passte Beratung über die Bedeutung von positiven oder       Bei allen Betroffenen wird, unabhängig vom Fibrosegrad,
negativen Testresultaten voraus.                            eine Hepatitis-C-Therapie angestrebt (15). Die Therapie-
                                                            indikation wird individuell und interdisziplinär aufgrund
                                                            soziodemografischer und medizinischer Faktoren gestellt.
                                                            Bedingungen, die eine Therapie erschweren, z. B. Konsum
                                                            von Alkohol oder anderen Substanzen oder Obdachlosig-

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                            13
keit, stellen per se keine Kontraindikation für eine Be-   4.4.4 Nach der Therapie
handlung dar (23), benötigen aber eine entsprechende       Nach der Therapie werden die Behandelten weiter be-
individuelle Behandlungsplanung.                           treut, damit eine allfällige Wiederinfektion frühzeitig
                                                           erkannt werden kann. Bei einem dokumentierten Le-
Eine Behandlung von Hepatitis C muss zusammen mit          berschaden sind auch nach der Therapie regelmässig
den Patientinnen und Patienten intensiv vorbereitet        laborchemische und sonografische Kontrollen der Leber
werden. In dieser Vorbereitung müssen das adäquate         notwendig, um den Verlauf der Fibrose zu kontrollieren
Setting und die Therapiemotivation und -adhärenz ab-       und allenfalls einen Leberkrebs oder eine Wiederinfek-
geklärt werden. Therapierelevanter Beikonsum, z. B. von    tion frühzeitig zu erkennen.
Alkohol, muss angesprochen werden. Auch Informa-
tionen zu möglichen Übertragungswegen sowie zum
Wiederinfektionsrisiko, zu den Risikofaktoren für eine     4.5 Schutz der Mitarbeitenden
Fibroseprogression, zu möglichen extrahepatischen Ma-
nifestationen sowie zu Behandlungsmöglichkeiten und        Im beruflichen Bereich kommen Übertragungen vor al-
Behandlungssettings in der Region gehören zur Vorbe-       lem durch Schnitt- und Stichverletzungen, sehr selten
reitung (23).                                              durch Kontamination lädierter Haut oder durch Spritzer
                                                           auf Schleimhäute und die Augenbindehaut zustande.
4.4.3 Therapie                                             Das geschätzte Risiko für eine Übertragung durch Kon-
Die Therapie muss nach den aktuellen schweizerischen       takt mit infektiösem Blut nach einer perkutanen Verlet-
Leitlinien durchgeführt werden (15). Dabei ist bei der     zung beträgt für HIV 0,2 bis 0,5 Prozent, für HBV 23 bis
Auswahl der Medikamentenkombination besonders auf          62 Prozent und für HCV ca. 0,5 Prozent (24,25).
mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamen-
ten zu achten (www.hep-druginteractions.org).              Es bedarf daher allgemeiner Hygieneschutzmassnah-
                                                           men: Entsorgung potenziell infektiöser Utensilien nach
Während der Behandlung sind die Infizierten zu beglei-     Gebrauch in einem stichfesten Recyclingbehälter, kein
ten und zu unterstützen, um eine möglichst hohe Ad-        Recapping, Tragen von Handschuhen, Reinigung, Des-
härenz zu erreichen. Der Behandlungsrahmen ist dem-        infektion und/oder Sterilisation von Material, das konta-
entsprechend individuell festzulegen. Unterstützende       miniert sein kann, usw.
Massnahmen wie tägliche überwachte Medikamenten-
einnahme, Behandlung durch ein interdisziplinäres Team     Der Gefahr einer Infektion mit HBV kann mit einer
oder Unterstützung durch Peer-Interventionen sollten       Schutzimpfung wirkungsvoll begegnet werden. Es soll
bei Bedarf getroffen werden (23).                          immer die Kombinationsimpfung gegen Hepatitis A und
                                                           B verabreicht werden (22), der Hepatitis-B-Impfschutz
Bei Opioidabhängigkeit wird die Therapie nach Möglich-     muss dokumentiert werden. Eine Impfung gegen Hepa-
keit an die Substitutionstherapie gekoppelt. Die Adhä-     titis C oder HIV ist zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich.
renz kann so im Rahmen der Substitutionsabgabe über-
prüft werden (15).                                         Bei einer Exposition mit potenziell infektiösen Körper-
                                                           flüssigkeiten handelt es sich um eine Notfallsituation; je
Bei Patientinnen und Patienten mit fortbestehendem Ri-     nach Ausgangssituation und Virus sind unterschiedliche
sikoverhalten müssen während und nach der Therapie         Massnahmen zu treffen. Jede Institution hat ein Konzept
über das Risiko einer möglichen Wiederinfektion infor-     für Notfallsituationen zu erstellen und jährlich anzupas-
miert werden. Allfällige Konsumpartner und Konsum-         sen, basierend auf den jeweils aktuellsten Richtlinien
partnerinnen werden nach Möglichkeit ebenfalls in die      (26,27). Das genaue Vorgehen (Sofortmassnahmen, Prü-
Behandlung involviert und im Falle einer bestehenden       fung der Indikation für eine HBV- bzw. HIV-Postexposi-
chronischen HCV-Infektion gleichzeitig behandelt.          tionsprophylaxe, Diagnostik, Therapie, Nachbetreuung,
                                                           Meldepflicht, Notfallnummer für weitere Informationen)
                                                           muss klar und übersichtlich aufgelistet sein.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                            14
5        Settingspezifische Richtlinien

5.1    Kontakt- und Anlaufstellen (K+A)                         die Safer-Use-Regeln in Erinnerung zu rufen. Nach ei-
                                                                ner mit hohem Risiko verbundenen Exposition ist, un-
Grundsätzliches                                                 abhängig vom Zeitpunkt der letzten Bestimmung, eine
K+A sind niederschwellige Angebote der Suchthilfe. Sie          erneute Testung durchzuführen. Der HCV-Test muss im
bieten Aufenthalts- und Konsummöglichkeiten für Dro-            Falle eines negativen Resultats gegebenenfalls nach drei
genkonsumierende an. In einigen K+A können Drogen-              Monaten wiederholt werden, um eine frische Infektion
konsumierende unter fachlicher Aufsicht und hygieni-            sicher auszuschliessen. So können Infektionen möglichst
schen Bedingungen illegale Substanzen konsumieren.              früh erfasst und Übertragungen auf weitere Personen
K+A bieten eine sehr gute Möglichkeit, Drogenkonsu-             verhindert werden.
mierende, die für andere Angebote schwer zu erreichen
sind, zu Beratung, Testung und Behandlung von Hepati-           Behandlung
tis B und C zu motivieren. Dies setzt voraus, dass das Per-     Unabhängig vom Fibrosegrad der Leber soll bei allen Be-
sonal kontinuierlich durch ausgebildetes Fachpersonal zu        troffenen eine Hepatitis-C-Therapie angestrebt werden.
Hepatitis B und C geschult wird. Pro Institution bildet         Für die Therapie ist die Zusammenarbeit mit erfahrenen
sich eine Person vertieft zu Hepatitis B und C weiter und       Medizinerinnen und Medizinern notwendig. Klientinnen
vermittelt dieses Wissen den anderen Mitarbeitenden.            und Klienten, die eine Hepatitis-C-Therapie durchführen
Wenn möglich sollten auch Peers für die Informations-           möchten, werden mit den entsprechenden Institutionen
vermittlung geschult werden.                                    (Spital, Arztpraxis, suchtmedizinisches Zentrum) vernetzt
                                                                und vor, während und nach der Therapie begleitet.
Prävention und Information
Drogenkonsumierende werden regelmässig über die                 Klientinnen und Klienten werden im Fall einer Infektion
Übertragungswege von HBV und HCV, sowie über Imp-               mit HBV oder HCV regelmässig durch eine geschulte
fungen und Therapiemöglichkeiten informiert. Sie wer-           Fachperson in der K+A über ihren Krankheitsverlauf in-
den für die Safer-Use- und Safer-Sex-Regeln sensibilisiert      formiert.
und zu einer Abklärung (Überprüfung des Impfschutzes,
Testung, Behandlung) motiviert.                                 Begleitung und Betreuung von Infizierten
                                                                Auch nach erfolgreich behandelter Hepatitis C sind mög-
Die K+A verfügen über aktualisiertes zielgruppenspezifi-        lichst jährliche Nachkontrollen zur Erfassung einer Wie-
sches Informationsmaterial sowie über ein Konzept zu            derinfektion indiziert.
Hepatitis B und C und HIV gemäss der Tabelle auf S. 22.
                                                                Klientinnen und Klienten, die während oder nach einer
Beratung und Testung                                            Therapie weiterhin risikoreich konsumieren, werden
Es werden mindestens einmal jährlich Aktionstage mit            durch eine Fachperson der K+A darauf angesprochen.
geschultem Personal und in Zusammenarbeit mit einer             Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung von Sa-
Fachperson (z. B. für Infektiologie, Hepatologie oder           fer-Use-Botschaften. Auch Konsumpartnerinnen oder
Suchtmedizin) durchgeführt. Klientinnen und Klienten            Konsumpartner werden möglichst in die Kurzberatun-
der K+A werden detailliert über Testangebote zu Hepati-         gen einbezogen. Bei anhaltend riskantem Konsum wird
tis B und C informiert. Ziel ist, alle Klientinnen und Klien-   ein Vernetzungsgespräch mit dem behandelnden Medi-
ten mindestens einmal jährlich auf Hepatitis C zu testen.       ziner oder der behandelnden Medizinerin zur Abklärung
Eine Testung umfasst eine dem Informationsstand und             weiterer Verhaltensinterventionen organisiert. Chronisch
dem Verständnis der Betroffenen angepasste Beratung             mit HBV und HCV Infizierte erhalten Zugang zu nicht-
über die Bedeutung von positiven oder negativen Test-           invasiven Methoden für die Beurteilung einer allfälligen
resultaten. Die Testung ist auch eine Gelegenheit, den          Leberfibrose (z. B. Elastometrie mittels Fibroscan®).
Klientinnen und Klienten die Übertragungswege sowie

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                                15
5.2 Ambulante Suchtberatung                                 Unabhängig vom Fibrosegrad der Leber soll bei allen Be-
                                                            troffenen eine Hepatitis-C-Therapie angestrebt werden.
Grundsätzliches                                             Dabei ist die Zusammenarbeit mit erfahrenen Medizine-
Die ambulante Suchtberatung bietet Beratung für sucht-      rinnen und Medizinern notwendig.
mittelgefährdete und suchtmittelabhängige Menschen
sowie für deren Angehörige an und ist überwiegend Teil
der nichtmedizinischen Suchthilfe. Viele Klientinnen und    5.3	Substitutionszentren und Zentren
Klienten der ambulanten Suchtberatungsstellen gehören            für HeGeBe
der Risikogruppe mit erhöhter Hepatitis-Infektionsrate
an, da sie psychoaktive Substanzen intravenös, inhalativ    Grundsätzliches
oder nasal konsumieren oder dies in der Vergangenheit       Substitutionszentren und Zentren für HeGeBe richten
getan haben.                                                ihr Betreuungs- und Behandlungsangebot an ähnliche
                                                            Gruppen von Patientinnen und Patienten. Es gelten des-
Prävention und Information                                  halb betreffend Abklärung und Behandlung von HCV-
Der Beginn einer ambulanten Suchtberatung stellt eine       sowie von HBV- und HIV-Infektionen grundsätzlich die
gute Gelegenheit dar, um Klientinnen und Klienten für       gleichen Richtlinien. Für beide Institutionen gilt generell,
eine externe allgemein- oder fachärztliche körperliche      dass eine medizinische Betreuung inklusive hausärzt-
Abklärung zu motivieren, bei der insbesondere auf HCV       licher Grundversorgung mit systematischer Abklärung
sowie HBV und HIV getestet wird.                            und Behandlung angeboten wird.

Die Klientinnen und Klienten werden regelmässig über        Prävention und Information
die Übertragungswege von HBV und HCV, sowie über            In Substitutionszentren und Zentren für HeGeBe steht
Impfungen und Therapiemöglichkeiten informiert. In          ein umfassendes Angebot an Opioidsubstitution zur
diesem Setting ist es auch möglich, Angehörige zu           Verfügung. Sterile Konsumutensilien (Nadeln, Spritzen,
sensibilisieren, aufzuklären und darin zu bestärken, die    Mundstücke – in Zentren für HeGeBe auch Filter, Löffel,
Betroffenen für eine Testung oder eine Behandlung zu        Ascorbinsäure sowie Desinfektionsmittel und Pflaster)
motivieren.                                                 werden gratis bereitgestellt.

 Ambulante Suchtberatungsstellen verfügen über ein          Substitutionszentren und Zentren für HeGeBe verfügen
 Konzept zu Hepatitis B und C sowie HIV gemäss der          über ein Konzept zu Hepatitis B und C sowie HIV gemäss
­Tabelle auf S. 22.                                         der Tabelle auf S. 22.

Beratung und Testung                                        Beratung und Testung
Zum Aufnahmeverfahren gehört eine Abklärung des             Bei Eintritt in die Behandlung ist der aktuelle Impfschutz
Impfschutzes und des Hepatitis-Status. Ziel muss sein,      für Hepatitis A und B zu überprüfen. Alle Patientinnen
dass sich sämtliche Klientinnen und Klienten gegen He-      und Patienten werden über die Möglichkeit und Not-
patitis A und B gemäss Schweizerischem Impfplan (22)        wendigkeit informiert, sich gegen Hepatitis A und B ge-
impfen lassen. Wenn seit der letzten HCV-Testung mehr       mäss Schweizerischem Impfplan (22) impfen zu lassen.
als ein Jahr vergangen ist, wird den Klientinnen und Kli-   Um unnötige Testwiederholungen zu vermeiden, wer-
enten empfohlen, diese zu wiederholen, insbesondere,        den die Impfungen bzw. der Impfschutz dokumentiert.
wenn sie weiterhin ein Risikoverhalten aufweisen.
                                                            Die Patientinnen und Patienten sind bei Eintritt in ein
Behandlung                                                  Substitutionszentrum oder Zentrum für HeGeBe auf eine
Den Klientinnen und Klienten wird bei Bedarf eine ex-       HCV-Infektion (bei nicht Geimpften oder bei unklarem
terne ärztliche Untersuchung vermittelt, um den He-         Status auch auf HBV) und eine HIV-Infektion zu testen.
patitis-Status diagnostisch abzuklären. In diesem medi-     Eine Testung umfasst eine dem Informationsstand und
zinischen Rahmen erfolgen auch eine Beratung zu den         dem Verständnis der Betroffenen angepasste Beratung
Testergebnissen sowie eine allfällige Behandlungspla-       über die Bedeutung von positiven oder negativen Test-
nung und Impfung.                                           resultaten.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                               16
Auch nach erfolgreich behandelter Hepatitis C oder bei      Längere stationäre Aufenthalte sind für eine Abklärung
negativen Testresultaten trotz anhaltender Exposition       und Behandlung von Hepatitis B und C sehr gut geeig-
sind möglichst jährliche Nachkontrollen zur Erfassung       net. Das Setting der stationären Suchtbehandlung ist zu-
einer HCV-Infektion durchzuführen. Nach einer mit ho-       dem ideal, um zu überprüfen, ob die Betroffenen die
hem Risiko verbundenen Exposition ist unabhängig vom        zur Verhinderung einer Übertragung von HBV, HCV oder
Zeitpunkt der letzten Bestimmung eine erneute Testung       HIV notwendigen Präventionsmassnahmen einhalten.
durchzuführen. Der HCV-Test muss bei negativem Re-
sultat nach drei Monaten wiederholt werden, um eine         Prävention und Information
frische Infektion sicher auszuschliessen. So können In-     Das Vermeiden von Expositionsrisiken (ausschliessliche
fektionen möglichst früh erfasst und Übertragungen          Verwendung von eigenen Konsumutensilien und von
auf weitere Personen verhindert werden. Bei länger als      Kondomen beim Geschlechtsverkehr usw.) ist explizit
einem Jahr zurückliegender Testung auf HIV ist immer        und kontinuierlich mit den Patientinnen und Patienten
auch ein HIV-Test durchzuführen.                            zu thematisieren.

Behandlung                                                  Institutionen zur stationären Suchtbehandlung verfügen
Unabhängig vom Fibrosegrad der Leber soll bei allen Be-     über ein Konzept zu Hepatitis B und C sowie HIV gemäss
troffenen eine Hepatitis-C-Therapie angestrebt werden.      der Tabelle auf S. 22.
Für Patientinnen und Patienten, die Schwierigkeiten mit
einer disziplinierten täglichen Einnahme von Medika-        Beratung und Testung
menten in Selbstverantwortung haben, bieten Substitu-       Bei Eintritt in die stationäre Behandlung ist der aktuelle
tionszentren und Zentren für HeGeBe eine überwachte         Impfschutz für Hepatitis A und B zu überprüfen. Alle Pa-
Abgabe von Medikamenten im Rahmen einer Behand-             tientinnen und Patienten werden über die Möglichkeit
lung an. Die Tabletteneinnahme kann in Ausnahmefällen       und Notwendigkeit informiert, sich gegen Hepatitis A
und nach sorgfältiger Evaluation der Selbstverantwor-       und B gemäss Schweizerischem Impfplan (22) impfen zu
tung und Zuverlässigkeit des Patienten oder der Patientin   lassen. Um unnötige Testwiederholungen zu vermeiden,
auch ohne Aufsicht erfolgen.                                werden die Impfungen bzw. der Impfschutz dokumen-
                                                            tiert.
Begleitung und Betreuung von Infizierten
Substituierte Patienten werden bei einer Infektion mit      Bei allen Patientinnen und Patienten ist zu dokumen-
HBV, HCV oder HIV regelmässig durch eine medizinische       tieren, ob eine Infektion mit HBV, HCV oder mit HIV
Fachperson über ihren Krankheitsverlauf informiert und      vorhanden ist. Bei länger als einem Jahr zurückliegen-
bezüglich notwendiger weitergehender Untersuchun-           der Testung ist bei Eintritt eine Blutuntersuchung zum
gen beurteilt. Substituierte Patientinnen und Patienten     Ausschluss einer Infektion mit HCV (bei fehlendem Impf-
mit chronischer Hepatitis B oder C erhalten Zugang zu       schutz auch mit HBV) oder HIV zu veranlassen, ausser
nichtinvasiven Methoden für eine Beurteilung der Leber-     wenn es seit dem letzten vorliegenden Test keine Ex-
fibrose (z. B. Elastometrie mittels Fibroscan®).            position gegeben hat. Eine Testung umfasst eine dem
                                                            Informationsstand und dem Verständnis der Betroffenen
                                                            angepasste Beratung über die Bedeutung von positiven
5.4 Stationäre Suchtbehandlung                              oder negativen Testresultaten.

Grundsätzliches                                             Nach einer mit hohem Risiko verbundenen Exposition ist
Bei Suchtbehandlungen unter stationären Bedingungen         unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Bestimmung eine
ist zwischen kürzeren (bis zu einigen Wochen) und län-      erneute Testung durchzuführen. Der HCV- Test muss bei
geren Aufenthalten (über Monate) zu unterscheiden.          negativem Resultat nach drei Monaten wiederholt wer-
                                                            den, um eine frische Infektion sicher auszuschliessen. So
Schwerpunkte einer kürzeren stationären Suchtbehand-        können Infektionen möglichst früh erfasst und Übertra-
lung sind der Entzug respektive Teilentzug mit Kon-         gungen auf weitere Personen verhindert werden.
sumstabilisierung sowie die Behandlung psychiatrischer
Erkrankungen. Die Behandlung von somatischen Erkran-
kungen steht nicht im Vordergrund.

Hepatitis C b
            ­ ei D
                 ­ rogenkonsumierenden                                                                             17
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