Gemeindeverband Sempachersee

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Gemeindeverband Sempachersee
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Unser Wasser
      unser Sempachersee
Gemeindeverband Sempachersee
Büron
                                                                     Gunzwil
                           Sure
                                                                                    Beromünster
                                            Geuensee
                         Knutwil

        Wauwil        Mauensee
                                                                                            Neudorf
                                         Sursee        Schenkon

                        Mauensee

                                                                         Eich
                                         Oberkirch                  8
                                                          Sempachersee                                Hildisrieden
                                                                                     Sempach
                 Grosswangen
                                                       Nottwil
                                                                                        2
                                                                                    3
                                   Buttisholz                                   6

                                                                                        Neuenkirch

                                    Soppensee           Ruswil
2
                                                                                                      Standort der in dieser Broschüre
                                                                                                      beschriebenen Anlagen

                                                                                                      2 Seewasserwerk Sempach
                                                                                                      3 Kläranlage Sempach-Neuenkirch
                                                                                                      6 Lernort Schlichti
                                                                                                      8 Seebelüftungskompressor Eich

    Inhaltsverzeichnis

    1       Unser Wasser – Daten und Fakten                                                                                          4
    2       Seewasserwerk Sempach: Wie aus Seewasser Trinkwasser wird                                                                5
    3       Die Kläranlage: Wie Abwasser gereinigt und aus Klärschlamm Ökostrom wird                                                 9
    4       Der Sempachersee – Daten und Fakten                                                                                    13
    5       Die Fische im Sempachersee                                                                                             15
    6       Der Lernort Schlichti: Den Wasserorganismen auf der Spur – Lernen am See                                               18
    7       Landwirtschaft und Seesanierung                                                                                        22
    8       Seebelüftung: Wie ein überdüngter See saniert wird                                                                     26
            Unsere Sponsoren                                                                                                       30
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Unser Wasser

•   Zwei Drittel der Erdoberfläche, das sind gut 360 Millionen Quadratkilometer, sind von Wasser bedeckt. Dies
    entspricht einer Wasser-Gesamtmenge von rund 1,4 Milliarden Kubikkilometern. 97% davon sind Meer-
    (d.h. Salz-)wasser, 2.7% Süsswasser, 0.3% Trinkwasser.
•   Der Körper eines Neugeborenen besteht zu 97% aus Wasser, bei Erwachsenen zu rund 70%. Ein Erwachse-
    ner von 70 kg Gewicht enthält somit etwa 50 Liter Wasser.
•   Von den Kontinenten fliessen jährlich etwa 40‘000 km3 Niederschlagsmenge über die Flüsse in die Ozeane
    zurück. Die gesamte in einem Jahr im Wasserkreislauf bewegte Wassermenge ergibt bei gleichmässiger
    Verteilung auf den Landflächen der Erde eine Wasserschicht von 3,5 Metern Höhe.
•   Im langjährigen Mittel fallen in der Schweiz durchschnittlich 1‘450 mm/Jahr Niederschlag.
    Dieser ist jedoch ungleich verteilt: In den Berner und Walliser Alpen kann es über 5‘000 mm/Jahr geben,
    während die trockenste Gegend, das Rhonetal zwischen Sitten und Visp, nur auf 600 mm kommt. Im Kanton
    Luzern sind es durchschnittlich 1‘318 mm/Jahr.

•   Im Mittelland und Jura verdunsten rund 50%, in den Alpen 20 - 30% des Niederschlags; der Rest verlässt
    die Schweiz als Flusswasser.
•   92% des menschlichen Blutes besteht aus Wasser.
•   Der Mensch trinkt pro Jahr ungefähr das Fünffache seines eigenen Körpergewichts an Wasser. Bis zu
    seinem Tod trinkt er somit etwa 25‘000 bis 30‘000 Liter.
•   Über das Körperwasser im Inneren der Zelle wie ausserhalb der Zelle laufen praktisch alle Lebensvorgän-
    ge. Wasser dient als Wärmeleitung, als Transportmittel, als Lösungsmittel, als Puffersystem, als Ausgleich
    für den Wärmehaushalt (schwitzen), als Füllstoff und Polsterung und nicht zuletzt als Reinigungsvehikel.      3
•   Der menschliche Körper kann in der Regel nicht mehr als 3 Tage ohne Wasserzufuhr auskommen. Ab
    einem Wasserverlust von 0.5% spürt der Betroffene Durst. Ab 10% kommt es zu Sprachstörungen und
    unsicherem Gang.
•   Pro Tag werden in unseren Nieren etwa 180 Liter Flüssigkeit filtriert und bis auf ca. 2 Liter wieder resor-
    biert. Bei diesem Vorgang werden lebenswichtige Stoffe wie Eiweiss und Mineralien rückresorbiert, die
    anderen Stoffe dagegen ausgeschieden. Die ausgeschiedenen Stoffe bilden den Harn: Salze, Harnsäure
    und andere Säuren, Schwermetalle und Abbauprodukte des Stoffwechsels.

Der Mensch neigt dazu, verschwenderisch mit Wasser umzugehen. In den letzten 100 Jahren ist der Wasser-
verbrauch von 20 Liter/Tag auf 140 Liter/Tag gestiegen:

40 Liter für das Baden oder Duschen
30 Liter für das Waschen der schmutzigen Wäsche
30 Liter für die Toilettenspülung
13 Liter für die Körperhygiene (z.B. Hände waschen)
12 Liter zum Geschirrspülen
12 Liter für die Bewässerung der Garten- und Zimmerpflanzen

                                                                            Bildquelle: www.sonnentaler.net

Zum Überleben braucht ein gesunder Mensch täglich ca. 2.5 Liter Wasser. Davon werden ca. 1.3 Liter getrun-
ken, 0.9 Liter mit fester Nahrung aufgenommen; 0.3 Liter entstehen bei der Energieproduktion des Körpers
als ausgeatmete Verbrennungsprodukte der Nahrung (Kohlendioxid und Wasser).
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Seewasserwerk Sempach

    Wie aus Seewasser Trinkwasser wird

    Unsere Wasserversorgung

    Nach dem Sport unter die Dusche und den Durst löschen, nach der Gartenarbeit die Hände waschen und bei
    einem Glas klaren Hahnenwassers die Blütenpracht bewundern: Gedankenlos drehen wir täglich den Wasser-
    hahn auf und wie selbstverständlich steht uns jederzeit ein hochwertiges Lebensmittel zur Verfügung.

    Woher kommt aber das köstliche Nass, das wir trinken?

    Geschichte der Wasserversorgung Sempach
    Seit der Gründung der Korporation im Jahre 1891 versorgt diese die Gemeinde Sempach mit Trink- und
    Brauchwasser. Zuvor bestand die Wasserversorgung der Stadt aus einem Verteilnetz mit diversen Stadtbrun-
    nen.

    Als Löschwasser standen der Stadtweiher und ein Wasserbehälter auf dem Kirchenplatz, der nach der An-
    schaffung einer neuen Feuerlöschspritze 1830 heftig umstritten war, zur Verfügung. Nach dem starken Be-
    völkerungswachstum ab 1880 vermochten die Brunnen der Stadt den Ansprüchen nicht mehr zu genügen.
    1891 baute die Korporation Sempach beim Quellgebiet Nübrich das erste Reservoir mit 140 m3 Inhalt. Über
    eine Gusseisenröhre wurde Wasser in das 66 Meter tiefer gelegene Städtchen geleitet und dort verteilt. An-
    geschlossen waren 100 Haushaltungen und 14 Unterflurhydranten. Der Wasserzins betrug ca. CHF 10/Jahr.
    Das Quellwassergebiet wurde im Laufe der Zeit erweitert und 1933 ein Grundwasservorkommen erschlossen.
4   Dieses konnte den stetig wachsenden Wasserbedarf der Stadt jedoch bald nicht mehr decken.

    Das Seewasserwerk
    1962 wurde mit dem Bau des Seewasserwerks und einer
    Transportleitung zum Reservoir Nübrich begonnen. Das
    Werk konnte am 31. August 1966 eingeweiht werden. Es
    kostete rund 960‘000 Franken.
    Seither wurde das Wasserwerk immer wieder dem Stand
    der Technik angepasst und erweitert. Mit 5‘500 m3 Auf-
    bereitungskapazität pro Tag ist das Seewasserwerk eine
    der grössten Wasserbeschaffungsanlagen der Region. Die
    Korporation Sempach als Betreiberin der Anlage beliefert
    die Stadt Sempach und die Partnerversorgungen mit den
    vertraglich gesicherten Tagesoptionsmengen.
                                                               Seewasserwerk Sempach
    Führungen nach Vereinbarung möglich.

    Kennzahlen

    Wasserversorgung Sempach
    Länge des Leitungsnetzes                                   30 km
    Anzahl Hydranten                                           114
    Öffentliche Brunnen (Quellwasser-Netz)                     8
    Konsumpreis für 1‘000 Liter Trinkwasser                    1.50 Franken
    Ergibt einen Wasserpreis von                               0.15 Rappen/Liter
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Herkunft des Trinkwassers

•     Quellwasser aus dem Gebiet Nübrich nördlich von Sempach
•     Grundwasser aus dem Gebiet südlich von Sempach
•     Seewasser aus dem Sempachersee

Wasserbeschaffung der Korporation Sempach

Auswirkungen der Wasserentnahme durch das Seewasserwerk auf den Seespiegel:
• Der Sempachersee hat einen Inhalt von rund 640‘000‘000 m3. Dieser Inhalt wird etwa alle 16 Jahre
   umgewälzt.                                                                                        5
• Das Seewasserwerk entnimmt dem See jährlich rund 800‘000 m3 oder etwa 2% der jährlichen
   Zuflussmenge in den See.
• Die Bezugsmenge des Seewasserwerkes pro Jahr senkt den Seespiegel um 4 cm.
• Durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge: 110 cm.

Wasserlieferungen der Korporation Sempach

Belieferte Partnerwasserversorgungen
• Wasserversorgung Gemeinde Nottwil
• Wasserversorgungsgenossenschaft Neuenkirch
• Gruppenwasserversorgung Eich Gunzwil Beromünster
• Wasserversorgung Gemeinde Rain
• LURAG Luzerner Raststätten AG Neuenkirch
• Wasserversorgungsgenossenschaft Hildisrieden
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Vom Seewasser zum Trinkwasser

    Die Aufbereitung erfolgt in einem 4-stufigen Standard-Aufbereitungsverfahren nach dem Multibarrierensys-
    tem, angepasst an die Rohwasserqualität des Sempachersees.

    Aufbereitungskette Seewasserwerk

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    Vom Seewasser zum Trinkwasser

    0   Seewasser/
        Rohwasser
    1   Flockungs-         • Rückhalt von Fest- und
        Filtration           Schwebstoffen
    2   Ozonung            • Oxidation von organischen
                              Stoffen
                           • Entfernung von geschmacks-
                             und geruchsbeeinträch-
                             tigenden Substanzen
                           • Zerstörung von Mikroorga-
                             nismen                          Blick auf den Aktivkohlefilter
    3   Aktivkohle-        • Rückhalt organischer Stoffe
        Filtration           und Restozonentfernung
    4   Javelwasser-       • Hygienisierung
        Zugabe

Qualität

Unser Wasser ist ein Lebensmittel von hoher Qualität und wird sehr preiswert frei Haus geliefert. Damit dies
so bleibt, lassen wir unser Trinkwasser regelmässig durch die kantonale Lebensmittelkontrolle und Verbrau-
cherschutz auf chemische Inhaltsstoffe und Bakterien untersuchen.

Beispiel Wasseruntersuchungsbericht vom 13.9.2012
Probeentnahme: Leitungsnetz Sempach       Labor: Kantonale Lebensmittelkontrolle Luzern

 Laboranalyse                      Einheit                 Ergebnis           Toleranz
 Keimzahl                          pro ml                     10              max. 300
 Eschericia coli                   pro 100 ml                  0                  0
 Enterokokken                      pro 100 ml                  0                  0
 Oxidierbarkeit (KMnO4)            mg/l                       2.3
 Nitrat                            mg/l                        9                 40
 Sulfat                            mg/l                       9.7
 Chlorid                           mg/l                       13
 Calcium                           mg/l                       78
 Gesamthärte*                      frz. Härtegrade           22.6
                                                                                                               7
 Messungen vor Ort
 pH-Wert                           -                         7.17             6.8 – 8.2
 Elektrische Leitfähigkeit           S/cm                    465
 Sauerstoffgehalt                  mg/l                      7.32
 Temperatur                        °C                         14

*Die Wasserhärte variiert je nach Wasserherkunft zwischen 14 und 23 °fH.

Veränderung der Seewasser-Qualität

Seit der systematischen Belüftung des Sempachersees ab dem Jahre 1985 und dem Verbot von Phosphat für
Waschmittel sowie tiefgreifender Massnahmen in der Landwirtschaft hat sich die Rohwasserqualität drastisch
zum Guten verändert.
Die Sauerstoffkonzentration variiert heute saisonabhängig zwischen 2 mg/l und 11 mg/l.

Sicherheit

Ständige Überwachung der Prozesse im Seewasserwerk und in den Aussenwerken

Die Mitarbeiter der Wasserversorgung werden durch ein intelligentes Betriebsleitsystem unterstützt. Dieses
ist ein Abbild der gesamten Wasserversorgung. Die Prozesse werden rund um die Uhr überwacht, protokol-
liert und benutzerfreundlich tabellarisch oder graphisch ausgewertet. Bei Störungen werden die Mitarbeiter
über Pager alarmiert. Durch ein rechtzeitiges Eingreifen kann kostspieligen Folgeschäden vorgebeugt werden.
Die Anlage wurde 2010 dem Stand der Technik angepasst.
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Die Abwasserreinigungsanlage

    Wie Abwasser gereinigt und aus Klärschlamm Ökostrom wird

    Was passiert in der Kläranlage?
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    In einem weit verzweigten Kanalnetz wird das Abwasser aus den Siedlungsgebieten sowie aus den Gewerbe-
    und Industriebetrieben gesammelt und zur Kläranlage geführt. In drei Reinigungsstufen wird der grösste Teil
    der Verunreinigungen herausgeholt, und das Wasser kann ohne nachteilige Folgen in den See fliessen.
    Die während des Reinigungsprozesses entzogenen Schmutzstoffe fallen als Rechengut und Klärschlamm an.
    Der Klärschlamm wird vergärt, wobei wertvolles Biogas (Methan) entsteht. Dieses wird in einem Blockheiz-
    kraftwerk (BHKW) verbrannt. Dabei werden elektrischer Strom und Wärme freigesetzt.

    Die 3 Stufen der Abwasserreinigung

    1. Stufe: Mechanische Reinigung
    Das Abwasser durchfliesst eine automatische Rechenanlage. Dabei werden aus dem Abwasser alle groben
    Feststoffe herausgesiebt. Danach läuft das Abwasser sehr langsam durch ein grosses Vorklärbecken (Durch-
    laufzeit 1 - 2 Stunden). Allmählich setzen sich in diesem beinahe ruhig liegenden Wasser die meisten Schweb-
    stoffe auf den Beckenboden als so genannter Frischschlamm ab. Mit einer automatischen Schlammräumer-
    vorrichtung wird dieser Schlamm aus dem Becken entfernt und der Schlammbehandlung zugeführt.

    2. Stufe: Biologische Reinigung
    Nun fliesst das mechanisch gereinigte Abwasser in die Biologiebecken. Dieses Wasser enthält immer noch
    zwei Drittel der gesamten Verunreinigung, und zwar in gelöster Form. Bakterien und Kleinlebewesen (Be-
    lebtschlamm), welche sich von den Schwebstoffen und den im Abwasser gelösten organischen und anorgani-
    schen Stoffen ernähren, „fressen“ diese gelösten Schmutzstoffe weitgehend auf. Damit die Bakterien ideale
    Lebensbedingungen vorfinden, brauchen sie Sauerstoff. Die Biologiebecken werden deshalb mittels Luftdiffu-
    soren (poröse Membranen, durch die Luft gepresst wird) belüftet. Die Mikroorganismen wachsen und bilden
    den Belebtschlamm.
    Nach dem biologischen Reinigungsprozess fliesst das Wasser in die Nachklärbecken. Beim langsamen Durch-
    fliessen setzt sich der Belebtschlamm ab und trennt sich vom gereinigten Abwasser.
Gemeindeverband Sempachersee
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Gemeindeverband Sempachersee
3. Stufe: Chemische Reinigung/Ausfällen von Phosphat
     Das mechanisch und biologisch gereinigte Abwasser enthält immer noch gelöstes Phosphat, welches wegen
     seiner Düngewirkung im See zu Algenwachstum führt. Deshalb wird nach dem Absetzen des Belebtschlamms
     Eisenchlorsulfat zugegeben. Dieses bindet Phosphat im Abwasser und haftet es an den Belebtschlamm.
     Das gereinigte Abwasser fliesst über den Beckenauslauf zum See. Der abgesetzte Belebschlamm (Rücklauf-
     schlamm) wird wieder in die Biologiebecken zurückbefördert. Ein Teil wird als Überschussschlamm eingedickt
     und der Schlammbehandlung zugeführt.
     Die Reinigung des Abwassers ist somit abgeschlossen. Aus dem Schmutzwasser wurde gereinigtes Wasser.

     Schlammbehandlung: Vergärung/Entwässerung
     Der aus der Abwasserreinigung anfallende Frischschlamm und der Überschussschlamm aus der Biologie wer-
     den voreingedickt und gelangen in den Faulturm. Dort wird er auf 38 °C erwärmt und während 22 Tagen
     umgewälzt. In dieser Zeit reduziert sich das Schlammvolumen um 30 Prozent. Gleichzeitig entsteht – wieder-
     um durch Mikroorganismen ausgelöst - wertvolles Biogas (Methan), welches im Blockheizkraftwerk (BHKW)
     verbrannt wird und dabei Strom und Wärme erzeugt.
     Der ausgefaulte Schlamm wird in einem Stapelraum bis zur Entwässerung zwischengelagert. Als letzte Be-
     handlungsstufe wird er in einer Schneckenpresse zu einem stichfesten Filterkuchen entwässert. Dieser wird
     in die Kehrichtverbrennungsanlage zur Verbrennung gebracht.

     Biogasverwertung: Funktionsweise des Blockheizkraftwerks (BHKW)
     Das anfallende Biogas wird in einem Gasmotor verbrannt. Dieser treibt einen Generator an, welcher Strom
     erzeugt. Gleichzeitig wird die Abwärme des Gasmotors zum Heizen des Faulturms und des Betriebsgebäu-
10   des genutzt. Durch die gleichzeitige Nutzung für die Strom- und Wärmeerzeugung ist der Wirkungsgrad der
     Energienutzung sehr hoch: Ein Grossteil des in der ARA verbrauchten elektrischen Stroms und fast die ganze
     benötigte Wärme werden im BHKW gewonnen (siehe Technische Daten).

     Blockheizkraftwerk
                                                         Biogas-Einlass               Turbo-Verdichter
      Biogasverbrauch:
      140‘000 m3/Jahr

      Stromproduktion:
      250‘000 kWh/Jahr
      (entspricht dem
      Verbrauch von ca.
      50 Haushaltungen)

      Wärmeproduktion:
      356‘000 kWh/Jahr

      Jährliche Laufzeit:
      ca. 4‘200 Std.

                                           Auspuff             Verbrennungsmotor             Stromgenerator
Gemeindeverband Sempachersee
Technische Daten der ARA Sempach-Neuenkirch

ARA-Bau
Bau und Inbetriebnahme der Anlage                                  1970 /71
Sanierung und Erweiterung                                          2001 bis 2005

Einzugsgebiet
Sempach, Sempach-Station, Neuenkirch, Hellbühl
Abwassermengen / Jahr                                              100‘000 - 125‘000 m3
Wasserverbrauch pro Einwohner                                      160 l/Tag
Angeschlossene Einwohner                                           9‘100 EW
Einwohnergleichwerte im Einzugsgebiet                              11‘600 EWG
*unter Berücksichtigung von abwasserintensiven Gewerbebetrieben

Mechanische Reinigung
Rechenanlage Stababstand                                           6.0 mm
Sandfangtrichter                                                   30 m3
Vorklärbecken                                                      265 m3

Biologische Reinigung
Belüftungsbecken                                                   2 x 800 m3
Nachklärbecken                                                     2 x 920 m3
Reinigungsleistung biologisch (Abbau des gelösten Kohlenstoffs)    98%                       11

Chemische Reinigung
Phosphatfracht im Zulauf                                           5‘600 kg/Jahr
Phosphatfracht im Ablauf                                           370 kg/Jahr
Reinigungsleistung Phosphat (Elimination durch Ausfällen)          94%
Verbrauch an Fällungsmittel (Eisenchlorsulfat)                     110 To/Jahr

Schlammbehandlung
Faulraumvolumen                                                    420 m3/Jahr
Verarbeitete Frischschlammmenge im Faulraum                        5‘300 m3 (TS 6.4%)
Verarbeitete Klärschlammmenge (Entwässerung)                       5‘300 m3/Jahr (TS 3.8%)
Entwässerter Klärschlamm zur Verbrennung                           625 To/Jahr (TS 29%)
Dies entspricht ca. 50 LKW Fahrten zum Abtransport

Gasproduktion und Stromproduktion
Gasproduktion (Methan)                                             140‘000 m3/Jahr
Stromproduktion im BHKW                                            250‘000 kWh/Jahr
Wärmeproduktion im BHKW                                            356‘000 kWh/Jahr
Eigendeckungsgrad der ARA mit elektrischer Energie                 88%
Eigendeckungsgrad der ARA mit Wärme                                99%

Betriebskosten (2012)
Nettokosten für den ARA Betrieb                                   CHF 930‘000/Jahr
Spezifische Reinigungskosten des Abwassers (ohne Kanalnetzkosten) CHF 0.75/m3

Kostenverteiler (2012)         Neuenkirch : Sempach               59.19% : 40.81%
Einzugsgebiet Sempachersee
                                             Gemeindeverband Sempachersee

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     Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA 130073)

                 Erstelldatum: 15.03.2013          1:65‘000               Einzugsgebiet
                 © GIS Kanton Luzern                                      Sempachersee
                 Hintergrund: Landeskarte 1:50‘000 0      0.75   1.5 km
                                                                          Gemeinden
Der Sempachersee

Kennzahlen

Hydrologisches Einzugsgebiet          61.9 km2        Landwirtschaftlich genutzte Fläche   46.2 km2
                                                      im Einzugsgebiet
Seeoberfläche                         14.4 km2        Uferlänge (Seeumfang)                19.8 km
Seevolumen                            0.639 km3       Einzugsgebiet: Höhe über Meer        505 - 816 m ü.M.
Mittlerer Abfluss (1976 - 2011)       1.27 m3/s       Mittlere Wasseraufenthaltszeit       16 Jahre
Maximale Länge                        7.5 km          Maximale Breite                      2.4 km
Maximale Tiefe                        87 m            Mittlere Tiefe                       44 m
Kritische Phosphorzufuhr              6.1 t/Jahr      Effektive Zufuhr                     34.9 t/Jahr
(algenverfügbarer Phosphor)                           (Gesamtphosphor) 2005-2010
Effektive Zufuhr an gelöstem Phosphor 14 t/Jahr ( )   Phosphateintrag über die             370 kg/Jahr
(2005 - 2010)                                         ARA (2012)
Gesamtphosphorgehalt des              164 mg/m3       Gesamtphosphorgehalt des             15 mg/m3
Seewassers (1983)                                     Seewassers (2012)

Geschichte
Der Sempachersee hatte als Transportweg für Waren und Personen nie grosse Bedeutung, hingegen als fisch-
reiches Gewässer. 1387 ging die „Fischenz“ (Fischereirecht) nach der Niederlage bei Sempach vom habsbur-
gischen Amt Rothenburg an die Stadt Luzern. In deren Auftrag verwaltete der Seevogt auf Schloss Wartensee      13
die Fischerei und übte die Gerichtsbarkeit aus. Er überwachte die Seevogtei, ab 1787 auch den Meierhof.
Die Fischer hatten auf ihre Fänge Ertragssteuer zu bezahlen. Der See diente aber auch als als natürliches
Staubecken für die Mühlen am Ausfluss des Sempachersees, der Suhre. Von Oberkirch bis Triengen nutzten
sieben Mühlen diese Wasserkraft. Die Suhre versorgte die Mühlwerke wesentlich zuverlässiger mit Wasser als
Bäche mit ihren schwankenden Abflussmengen.

Der Pegelstand war immer wieder ein Thema. Bereits 1479 und 1760 waren kleinere Seeabsenkungen erfolgt,
um Überschwemmungen im Uferbereich nach starken Regenfällen zu vermeiden. Auch die Stadt Sempach
wurde bei Hochwasser teilweise überflutet. Anderseits erwarb Mitte des 17. Jahrhunderts der Müller von
Oberkirch das Recht, den Sempachersee höher zu stauen, was dann wieder zu Überschwemmungen im Ufer-
bereich führte. Gegen diesen Müller in Oberkirch gingen in der Folge Klagen ein. Es wurde etwa festgestellt,
dass «die Schwelle ob der Mühlen in Oberkirch von dasigem Müller in diesem ohnehin nassen Jahre unver-
antwortlich hoch gestellt war und dadurch der ganze See ausserordentlich geschwellt wurde.»

Der verbreitete Unmut führte im Jahre 1806 zum Kauf der Mühlrechte und zum Absenken des Sees um 1.8 m.
Das trockengelegte Gebiet am südlichen Ende des Sees ging in den Besitz der Korporation Sempach über; aus
dem gewonnenen Land wurden Wiesen und Gärten. An den einst höheren Seespiegel erinnert weiterhin der
Flurname «Schiffländi» unterhalb des Städtchens Sempach. Ende des 19. Jahrhunderts wurde in der Seeallee
eine erste öffentliche Badeanstalt errichtet.

In der Zeit des Ersten Weltkrieges bestanden mehrere Projekte, den See in ein System von Staubecken zur
Energiegewinnung einzubinden. So sollte beispielsweise der Seespiegel wieder angehoben werden, um unter
Ausnützung der Höhendifferenz zwischen Sempachersee und Reuss Strom zu erzeugen. Ein zweites Vorhaben
wollte den See auf einen Zehntel seiner heutigen Fläche absenken. Das Wasser der Kleinen Emme sollte via
Mauensee bei Oberkirch zur Stromerzeugung in den verkleinerten See geleitet werden. Beide Projekte wur-
den aus wirtschaftlichen Gründen und wegen lokaler Opposition nicht umgesetzt.
Die Fische im Sempachersee

     Felchen (Balchen)   Felchen sind in fast allen Schweizer Seen die häufigsten Fische. Es gibt
                         mehrere Felchenarten. Im Sempachersee kommt aber nur noch eine
                         Art vor, die Blaufelchen.
                         Da auf dem Seegrund kein Sauerstoff vorhanden ist, können sich die
                         Felchen nicht auf natürliche Weise fortpflanzen. Die Berufsfischer set-
                         zen deshalb pro Jahr ca. 20 - 50 Mio. Felchen-Brütlinge ein, die sie in
                         der Brutanstalt heranziehen. Davon können 3 - 4 Jahre später max. 1%
                         gefangen werden. Die ersten 3 - 4 Monate sind für die ausgesetzten
                         Felchenbrütlinge entscheidend. Es überleben nur die Stärksten, und es
                         müssen mehrere Faktoren stimmen, z.B. muss das richtige Zooplankton
                         in genügender Menge und zur richtigen Zeit im See vorhanden sein.
                         Die Felchen sind der „Brotfisch“ der Berufsfischer, da diese über 90%
                         des Fanges ausmachen und so die Existenz sichern.

     Egli (Barsch)       Das Egli ist ein Raubfisch und ernährt sich hauptsächlich von kleinen
                         Fischen. Es frisst selbst kleine Eglis.
                         Die meisten Egli werden in den Monaten August, September und Okto-
                         ber gefangen. Die Egli sind bei der Kundschaft sehr gefragt und schme-
                         cken sehr lecker. Es ist der teuerste Fisch in den Schweizer Gewässern:
                         Man zahlt je nach Region bis zu CHF 60 pro kg Filet.

     Hecht               Der Hecht ist ebenfalls ein Raubfisch. Er kann Fische bis zu 1/3 seiner
14
                         eigenen Grösse verschlingen.
                         Hechte laichen im seichten Schilfwasser. Darum braucht es zu ihrer
                         Fortpflanzung einen hohen Wasserstand im April. Dieser blieb in letzter
                         Zeit leider häufig aus, weshalb in den letzten Jahren im Sempachersee
                         immer weniger Hechte gefangen werden.

     Seeforelle          Der Sempachersee ist ein stehendes Gewässer, und da die Seeforellen
                         sich in fliessenden Gewässern wohler fühlen, kommen sie hier nur sel-
                         ten vor. Die meisten Seeforellen fängt man in den Felchennetzen im
                         Frühling als Beifang, wenn mit den Schwebnetzen ziemlich nah an der
                         Oberfläche gefischt wird. Man kann sie sehr gut verkaufen; viele Kun-
                         den warten darauf, einmal in den Genuss einer Seeforelle zu kommen.

     Zander              Der Zander gehört zur gleichen Familie wie das Egli (barschartige). Er
                         war seit 1969 aus dem Sempachersee verschwunden. Nachdem man
                         Ende der 1990er Jahre ein paar Tausend einsetzte, können seit ca. 2000
                         wieder gelegentlich Zander gefangen werden. In der Schweiz hat der
                         Zander einen guten Ruf; er wird stark nachgefragt.
Wels                        Den Wels findet man erst seit ca. 10 Jahren im Sempachersee. Er ist ei-
                            gentlich kein einheimischer Fisch. Wahrscheinlich wurde er illegal ein-
                            gesetzt. Nun vermehrt er sich immer mehr.
                            Der Wels ist der grösste Fisch in den Schweizer Gewässern. Er kann
                            über 2.50 m lang und über 100 kg schwer werden. Zum Essen schmeckt
                            er sehr gut; man kann die Filets grätenfrei zubereiten.

Trüsche                     Die Trüsche schmeckt hervorragend; ihre Leber ist eine Delikatesse. Lei-
                            der werden pro Jahr nur ein paar Stück davon gefangen. Sie ist der ein-
                            zige Süsswasserfisch, der mit einem Meerfisch (Dorsch) verwandt ist.

Karpfen                     Der Karpfen ist bei der Kundschaft sehr selten gefragt. In östlichen Län-
                            dern wird er hauptsächlich an Weihnachten verzehrt und ist sehr be-
                            kannt als Weihnachtskarpfen.

Schleie       Brachsme      Beide Fische haben viele Gräten, weshalb der Verkauf eher schwierig
                            ist, und er wird daher auch nicht speziell gefischt. Begehrt sind sie vor
                            allem bei Asiaten. Richtig zubereitet schmecken Schleie und Brachsme
                            sehr gut.
Rotauge      Hasel          Die Rotaugen und die Hasel wurden in den 1980er Jahren noch viel            15
                            mehr gefangen als heute. Da sich beide Fische hauptsächlich von Algen
                            ernähren, schmeckt ihr Fleisch in den wärmeren Monaten ein wenig
                            nach Algen. Man sollte deshalb Rotaugen- und Haslifilets (Hasel) nur in
                            der kälteren Jahreszeit (Oktober bis April) essen. Mit einer Grätenein-
                            schneidemaschine kann man die Filets so zubereiten, dass die vielen
                            Gräten nicht mehr wahrgenommen werden.
Aal                         In den letzten 10 - 15 Jahren wurden im Sempachersee nur ein paar
                            wenige Aale gefangen. Geräuchert schmeckt er wunderbar; in Deutsch-
                            land ist er sehr gefragt.

Kaulbarsch   Sonnenbarsch   Diese und ein paar weitere Fische kommen ebenfalls im Sempachersee
                            vor; sie haben aber keine fischereiliche Bedeutung und werden nicht
                            speziell gefischt.
                            Der Sonnenbarsch wurde am Ende des 19. Jahrhundert aus Nordame-
                            rika eingeschleppt.
Barbe        Alet

Rotfeder
Fangstatistik der Berufsfischer auf dem Sempachersee
     Der Sempachersee gehört fischereimässig zu den ertragreichsten Schweizer Seen, er ist sogar der See mit
     dem grössten Hektarertrag. In den letzten vierzig Jahren fingen die drei Berufsfischer im Durchschnitt pro
     Jahr über 50 kg Fisch/ha. Gesamtschweizerisch erreichen die Seen einen Durchschnitt von lediglich 10 - 12
     kg Fisch/ha.

     Statistik der Sempachersee-Berufsfischer                                                                                                                    Aufteilung auf die einzelnen Fischarten
     in den letzten Jahren:                                                                                                                                      im Jahr 2009:

     Jahr          Fangertrag       in kg/ha
     2005          120 t            83
     2006          100 t            69
     2007          60 t             42
     2008          30 t             21
     2009          39 t             27
     2010          52 t             36
     2011          100 t            69

     2012 dürfte das starke Vorjahr 2011 übertroffen werden.

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     Solche Erträge sind nur möglich, weil der Sempachersee zu den nährstoffreichsten Seen der Schweiz gehört.
     Viele Schweizer Seen sind heute nährstoffarm, und die Fische finden wenig Nahrung. Dazu gehört z.B. der
     Brienzersee. 2010 fing man dort gerade noch 0.7kg Fisch/ha.

           lawa, Abt. Natur, Jagd und Fischerei

          Sempachersee
          Fangertrag Berufsfischer in kg                                                                                                                          Schwankungen der letzten 40 Jahre
          Felchen

          140'000
     kg

          120'000

          100'000

           80'000

           60'000

           40'000

           20'000

               0
                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Jahr
                    1972
                           1973
                                  1974
                                         1975
                                                1976
                                                       1977
                                                              1978
                                                                     1979
                                                                            1980
                                                                                   1981
                                                                                          1982
                                                                                                 1983
                                                                                                        1984
                                                                                                               1985
                                                                                                                      1986
                                                                                                                             1987
                                                                                                                                    1988
                                                                                                                                           1989
                                                                                                                                                  1990
                                                                                                                                                         1991
                                                                                                                                                                1992
                                                                                                                                                                       1993
                                                                                                                                                                              1994
                                                                                                                                                                                     1995
                                                                                                                                                                                            1996
                                                                                                                                                                                                   1997
                                                                                                                                                                                                          1998
                                                                                                                                                                                                                 1999
                                                                                                                                                                                                                        2000
                                                                                                                                                                                                                               2001
                                                                                                                                                                                                                                      2002
                                                                                                                                                                                                                                             2003
                                                                                                                                                                                                                                                    2004
                                                                                                                                                                                                                                                           2005
                                                                                                                                                                                                                                                                  2006
                                                                                                                                                                                                                                                                         2007
                                                                                                                                                                                                                                                                                2008
                                                                                                                                                                                                                                                                                       2009
                                                                                                                                                                                                                                                                                              2010
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     2011
Der Lernort Schlichti

Den Wasserorganismen auf der Spur – Lernen am See

«Wie erkennt man, ob der See sauber ist?» Solchen und ähn-
lichen Fragen können Schülerinnen und Schüler im «Lern-
ort Schlichti» nachgehen. Dieser wurde auf Initiative des
Gemeindeverbandes Sempachersee und des Vereins «Pro
Sempachersee» in zwei vormals für militärische Zwecke
genutzten Pavillons mit Beobachtungsturm eingerichtet.
Seit 2010 ist die PH Luzern für die schulische und fachliche
Betreuung sowie für die Konzeption der Unterrichtsunterla-
gen zuständig. Der Lernort steht allen interessierten Grup-
pen auf Anfrage kostenlos zur Verfügung.

Blick vom Lernort «Schlichti» in Sempach-Station
auf den Sempachersee (Foto: Regula Schmidt).

Schülerinnen und Schüler testen die Wasserqualität

In einem Gewässer ändert sich die Zusammensetzung der einzelnen Tiere und Pflanzen je nachdem, welche
organischen und anorganischen Stoffe im Wasser vorkommen. In einem belasteten Gewässer sind typischer-
weise viele Düngestoffe vorhanden, was zu Sauerstoffknappheit führt. Während manche Gewässerbewohner
                                                                                                               17
dagegen unempfindlich und robust sind, kommen andere nur in unverschmutzten oder gering verschmutz-
ten Gewässern mit höherem Sauerstoffgehalt vor. Das Vorkommen und die Häufigkeit von Sauerstoff lie-
benden Gewässerbewohnern, die negativ auf organische Verschmutzung reagieren, können zur Bestimmung
des Verschmutzungsgrades herangezogen werden. Dazu sucht man in den Gewässerproben nach typischen
Vertretern, so genannten Zeigerarten. Aus ihrem Fehlen oder Vorhandensein können Rückschlüsse über die
Qualität des Gewässers gezogen werden. So kommt beispielsweise die Kugelalge Volvox (siehe Abb. S. 19) be-
vorzugt in Gewässern mit relativ viel Düngestoffen vor. Allerdings müssen mehrere Zeigerarten berücksichtigt
werden, nach dem Motto «eine Schwalbe macht noch keinen Sommer».

Bis in die 90er Jahre führte der hohe Düngeeintrag in den Sempachersee zu einem vermehrten Algenwachs-
tum und als Folge davon zu einem Sauerstoffmangel. Obwohl heute der Eintrag an Düngemitteln beschränkt
wird, ist eine Belüftung des Sees immer noch nötig. Man findet deshalb im See meist Organismen, welche
wenig Sauerstoff benötigen und eine mässige Belastung mit Düngemitteln ertragen.

Zusätzliche Daten zur Gewässergüte liefern chemische Untersuchungen: So kann der Sauerstoffgehalt oder
der pH-Wert in Gewässerproben direkt bestimmt werden.

Unterstützung durch die PH Luzern
Die Benutzer der Schlichti werden von der Fachstelle für Didaktik Ausserschulischer Lernorte (FDAL) an der
PH Luzern unterstützt. Diese Fachstelle sammelt, bündelt und dokumentiert systematisch bestehendes und
neues Wissen zum Lernen an ausserschulischen Lernorten. So wurde u.a. die Schlichti in die Liste der emp-
fohlenen ausserschulischen Lernorte der Fachstelle aufgenommen und es läuft zur Zeit eine Forschungsar-
beit, welche untersucht, inwiefern ein Besuch der Schlichti das Naturverständnis erhöht.
In der Schlichti untersuchen Schülerinnen und Schüler Wasserproben mit verschiedenen Methoden.

     1. Äusserliche Beurteilung                              2. Chemische Beurteilung
     Den ersten Eindruck der Wasserqualität ergeben          Mittels verschiedener Tests werden die wichtigsten
     Temperatur, Geruch, Färbung und Trübung. Letztere       chemischen Eigenschaften der Wasserprobe be-
     wird mit der Secchi-Scheibe bestimmt. Dies ist eine     stimmt: Sauerstoffgehalt, Phosphor- und Stickstoff-
     an einer langen Schnur befestigte Kunststoffscheibe,    gehalt, pH-Wert und Wasserhärte. Dabei ist genaues
     welche ins Wasser gesenkt wird. Ist das Wasser mit      Arbeiten wichtig, es zählt jeder Tropfen der Testlö-
     organischen Stoffen belastet und deshalb trüb, so ist   sung…
     die Scheibe schon nach kurzer Zeit im Wasser nicht
     mehr sichtbar.

18

     Praktische Arbeit am See: Mit der schwarz/weissen «Sec- Mit verschiedenen chemischen Tests kann die Wasser-
     chi-Scheibe» wird bestimmt, wie trüb der See ist. Je trü- qualität untersucht werden (Foto: Regula Schmidt).
     ber der See ist, desto stärker ist er mit organischen Ver-
     schmutzungen belastet (Foto: Regula Schmidt).

     Sauer oder basisch – der pH-Wert
     Vereinfacht sind Säuren Moleküle, welche im Wasser Protonen (H+) abgeben, während im Wasser gelöste
     Basen H+ aufnehmen. Dabei geben unterschiedliche Säuren ihre Protonen unterschiedlich gerne ab (Säure-
     stärke). Der pH-Wert gibt die Zahl der vorkommenden Protonen in der Lösung an. Ein tiefer pH-Wert steht
     dabei für eine grosse Zahl an vorkommenden Protonen, ein hoher pH-Wert für wenige Protonen. Starke
     Säuren geben im Wasser ihre Protonen gerne ab, es sind dann also viele Protonen in der Lösung und der
     pH-Wert ist tief.
     Auch der pH-Wert beeinflusst das Vorkommen und die Zahl der Lebewesen im See, er ist also ein wichtiger
     Faktor für die Bestimmung der Wasserqualität.
3. Biologische Beurteilung                             Zeigerarten
Unter dem Mikroskop müssen die Zeigerarten unter       Dies sind Lebewesen mit speziellen Ansprüchen an
den Seeorganismen gefunden und gezählt werden.         den Standort, an dem sie vorkommen. Ihr Auftreten
Die so erhaltenen Daten werden anschliessend mit       «zeigt an», welche Eigenschaften das Gewässer oder
Werten aus der Literatur verglichen, um den Ver-       der Boden hat. Die chemische Analyse im Labor ist
schmutzungsgrad des Sees bestimmen zu können.          zwar genauer, dafür nur eine Momentaufnahme.
Dabei können beispielsweise auch Wettereinflüsse       Zeigerarten ergeben ein langfristiges Bild.
und jahreszeitliche Schwankungen aufgezeigt wer-
den, und es wird klar, dass die Untersuchung der
Organismen unter dem Mikroskop anspruchsvoll ist
und viel Erfahrung erfordert.

                                                                                                                 19

Moderne Mikroskope erlauben einen Einblick in die Welt der Kleinlebewesen der untersuchten Wasserproben
(Foto: Regula Schmidt). Rechts sind stellvertretend mikroskopische Aufnahmen von Kugelalgen (Volvox) und einer
Sichelalge zu sehen.

Weisse Pfannen beim Wasserkochen und verkalkte Wasserhähne – eine Frage der Wasserhärte
Die Wasserhärte ist ein Mass für die Konzentration der Ionen bestimmter Mineralien im Wasser. Diese Mi-
neralien sind vor allem Calcium und Magnesium. Sie werden auch Härtebildner genannt, da sie beispiels-
weise beim Kochen unlösliche Stoffe wie Kalk oder Kalkseifen bilden können.

Die Wasserhärte des Leitungswassers ist abhängig von der Region, in der das Trinkwasser gewonnen wurde,
und vom Verfahren der Trinkwassergewinnung (z.B. aus Brunnen oder Talsperren). Sie entsteht beim Durch-
tritt von Wasser durch unterschiedliche Böden. Hartes Wasser kommt in Regionen vor, in denen Sand- und
Kalkgesteine vorherrschen (Luzern), weiches Wasser dagegen in Regionen mit viel Granit (Tessin). Regen-
wasser oder auch Seewasser ist in der Regel weich. Die Wasserhärte wird traditionell in fH (französiche)
oder dH (deutsche) Härtegrade angegeben, es sind aber auch andere Masseinheiten gebräuchlich.

Die Wasserhärte hat Einfluss auf das Vorkommen der Lebewesen im Wasser und ist daher ein wichtiger
Parameter der Wasserqualität.
Die Schlichti in Kürze
     Die Einrichtungen der Schlichti und die Arbeitsun-
     terlagen sind auf die Sekundarstufe I ausgerichtet.
     Sämtliche benötigten Materialien für Schülerexperi-
     mente und Naturbeobachtungen, wie beispielswei-
     se Lupen, Mikroskope, Netze oder Wassertests, sind
     vorhanden. Auf der Homepage des Gemeindever-
     bandes Sempachersee (www.sempachersee.ch) fin-
     det man unter dem Link «Lernort» alle Angaben zur
     Anmeldung sowie alle Unterrichtsmaterialien. Auf
     Anfrage ist auch eine Begleitung der Besucher durch
     Dozierende der PH Luzern möglich.

     Folgende weitere Themen können in der Schlichti
     bearbeitet werden:

     • Wasservögel im Winter: Der Sempachersee ist
     Überwinterungsort von verschiedenen Wasservö-
     geln. Vom Beobachtungsturm und vom Ufersteg aus
     können diese leicht beobachtet werden.
     Zielstufe: Mittelstufe – Oberstufe

     • Wasservögel im Sommer: Die Schlichti liegt in
     einem Naturschutzgebiet mit einem naturnahen
     Seeufer. Dieses ist Brutplatz für verschiedene Vö- Blick ins Innere eines Pavillons: einfach, aber gut
     gel (Haubentaucher, Blässhühner, Teichrohrsänger ausgerüstet (Foto: Regula Schmidt)
     usw.), welche leicht gehört und gesehen werden
     können. Je nach Jahreszeit können verschiedene
20   Verhaltensweisen der Vögel (Balz, Brut) beobachtet
     werden. Zielstufe: Mittelstufe – Oberstufe

     • Wiesen: Die Bewirtschaftung der umliegenden
     Wiesen hat nicht nur einen Einfluss auf die Zusam-
     mensetzung und die Zahl der auf ihr lebenden Arten,
     sondern auch auf die Wasserqualität des Sees. Dazu
     können von den Schülerinnen Wasserproben des Re-
     tentionsweihers auf dem Sonnhof und der grossen
     Aa untersucht und mit Daten des Sees verglichen
     werden. So kann zusätzlich der Einfluss der Land-
     wirtschaft aufgezeigt werden.
     Zielstufe: Oberstufe

     Links
     Gemeindeverband Sempachersee:
     www.sempachersee.ch/
     Fachstelle für Didaktik Ausserschulischer Lernorte (FDAL)
     an der PH Luzern: www.lernwelten.luzern.phz.ch/ausser-
     schulische-lernorte/fdal/
     Datenbank für ausserschulische Lernorte: www.lernwel-
     ten.luzern.phz.ch/ausserschulische-lernorte/links/
                                                                 Der Turm der «Schlichti» lädt zum Beobachten von
     Anfragen für eine Begleitung durch Dozierende der PH        Vögeln ein. Das Besteigen muss aber gut überwacht
     Luzern: regula.schmidt@phz.ch                               werden (Foto: Regula Schmidt).
Landwirtschaft und Seesanierung

Stellenwert von Phosphor in der Landwirtschaft

Phosphor ist für alle biologischen Organismen lebenswichtig. Phosphorverbindungen sind Bausteine der
Chromosomen-DNA- und RNA-Moleküle (Desoxyribonukleinsäure und Ribonukleinsäure), welche bei allen
Lebewesen als Träger der Erbinformationen dienen. Die stark phosphorhaltige Verbindung Adenosintri-
phosphat spielt eine entscheidende Rolle beim Energiestoffwechsel (aktivierte Zucker) der Zellen. Phos-
phor gewährleistet auch die pH-Pufferung des Blutes.
Die Trockenmasse von Pflanzen enthält ca. 0,2% Phosphor, die von Säugetieren und Menschen ca. 4%. Kno-
chen und Zähne bestehen aus Phosphorverbindungen. Der Körper eines Menschen von 70 kg enthält ca.
700 Gramm Phosphor, wovon 600 g fest im Knochensystem gebunden sind.
Der Tagesbedarf eines erwachsenen Menschen beträgt ca. 0,75 Gramm Phosphor, vor allem in Milchpro-
dukten, Fleisch, Fisch und Brot ist er reichhaltig vorhanden.

Phosphor kommt in fast allen landwirtschaftlichen Erzeugnissen (v. a. in Fleisch und Pflanzen) vor. Tiere brau-
chen Phosphor, um zu wachsen, Pflanzen ebenso. Er wird deshalb mit dem Raufutter dem Boden entzogen.
Bei intensiver Tierhaltung werden den Tieren zusätzlich phosphorhaltige Futtermittel verfüttert. Ein Teil des
Phosphors wird durch die Tiere mit den Exkrementen wieder ausgeschieden und landet in der Gülle und im
Mist.

Wenn mehr Phosphor in Form von Dünger und Futterzusätzen zugeführt wird, als in Form von Produkten oder
Mist weggeführt wird, erfolgt eine Anreicherung des Phosphors im Boden. Die Pflanzen vermögen die hohe
Phosphormenge nicht mehr aufzunehmen. Diese Überschusssituation ergab sich bei vielen Landwirtschafts-            21
betrieben ab den 1970er Jahren bis zur Einführung der integrierten Produktion. Der überschüssige Phosphor
gelangte über Auswaschung und Abschwemmung in die Seezuflüsse und wurde somit mitverantwortlich für
die Eutrophierung des Sempachersees. Diese führte zu einem starken Algenwachstum, was wiederum dem
Seewasser Sauerstoff entzog.

Entwicklung der Landwirtschaft

(GschG = Gewässerschutzgesetz)
Trotz der Einführung der integrierten Produktion wurden in den Zuflüssen des Sempachersees hohe Phos-
     phorkonzentrationen gemessen. Aus diesem Grund wurde 1998, basierend auf dem Gewässerschutzgesetz
     (GSchG; Art. 62a) im Einzugsgebiet des Sempachersees ein Pilotprojekt mit zusätzlichen Massnahmen gestar-
     tet. 1999 wurde es in ein reguläres Projekt überführt und anschliessend auf die Einzugsgebiete des Hallwiler-
     und Baldeggersees ausgeweitet.

     Inhalt des Phosphorprojekts

     Das Phosphorprojekt umfasst folgende Massnahmen:
     • Reduktion der Phosphordüngung auf 80 - 100% des Pflanzenbedarfs
     • Pufferstreifen entlang aller Gewässer
     • Zeitgerechter Hofdüngereinsatz
     • Verzicht auf Winterbrache
     • Förderung der Direkt- und Streifenfrässaat
     • Sanierung der Hofplatz- und Strassenentwässerung
     • Entschädigung für alternative Produktionszweige
     • Rückhalteweiher
     • Obligatorische Teilnahme der Landwirte an Weiterbildungen

     Das Phosphorprojekt beruht auf der freiwilligen Teilnahme der Landwirte. Es wird durch die kantonalen
     Dienststellen Landwirtschaft & Wald (lawa) sowie Umwelt & Energie (uwe) überwacht.

22

     Aktueller Stand
     2011 beteiligten sich im Einzugsgebiet des Sempachersee insgesamt 186 Betriebe mit einer landwirtschaft-
     lichen Nutzfläche von 3‘2340 ha. Dies entspricht 71% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche im Ein-
     zugsgebiet.
Das Sanierungsprojekt für die Luzerner Mittellandseen ist ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit von
Landwirtschaft, Politik, Gemeindeverbänden, Behörden, Wissenschaft und der Bevölkerung im Einzugsge-
biet. Dank dem Beitrag aller dieser Beteiligten dürfen wir heute feststellen, dass es den Seen bedeutend
besser geht als vor 25 Jahren.

      Der Boden lebt

                                                                       •   Eine Kuh benötigt für ihr Fut-
      Eine Hektare fruchtbarer Boden kann oberirdisch                      ter 45 a landwirtschaftliche
      bis zu 2,5 Kühe (zirka 1,5 Tonnen) ernähren.                         Fläche.

                                                                       •   Eine Kuh frisst pro Jahr 160
                                                                           dt Frischsubstanz (FS) bzw.
                                                                           58 dt Trockensubstanz (TS) /
      Eine Hektare fruchtbarer Boden ernährt unterirdisch                  Kuh und Jahr; das sind 18
      das Gewicht von bis 3,5 Kühen (zirka 2 Tonnen) in                    Siloballen.
      Form von Regenwürmern.
                                                                       •   Eine Kuh gibt durchschnitt-
                                                                           lich pro Jahr 6‘500 kg Milch;
                                                                           diese Menge reicht für 6
                                                                           Emmentaler                       23

                                                                       •   Die Kuh produziert pro Jahr
                                                                           23 m3 Gülle; darin sind
                                                                           rund 40 kg Phosphat (P2O5)
                                                                           enthalten, was 154 kg P-26
                                                                           Dünger entspricht.

                                                                       •   Dieser Dünger kann wieder
      Gesamthaft entspricht das Gewicht des unterirdischen                 für die Düngung von Wiesen
      Bodenlebens einer Hektare demjenigen von 20 Kühen                    und Ackerkulturen verwen-
      (12 Tonnen).                                                         det werden.

Zusammensetzung von Gülle

                          Schweinegülle Rindergülle
Trockensubstanz                       7%       8 - 11%
Ammonium (NH4+)*                 3 - 17%         1 - 4%
Stickstoff*                      6 - 18%     2.6 - 6.7%
Phosphor*                        2 - 10%     0.5 - 3.3%

*in der Trockensubstanz
Seebelüftung: Wie ein überdüngter See saniert wird

     1. Woher kommt der Phosphor im Seewasser, und was bewirkt er?
     Wie das nebenstehende Diagramm zeigt (grüne Kurve),
     stieg ab 1970 die Phosphorkonzentration im Wasser des
     Sempachersees massiv an. Daran änderten auch die neu-
     en Abwasserreinigungsanlagen von Eich (1970), Sem-
     pach-Neuenkirch (1972) und Hildisrieden (1973) zunächst
     noch nichts. Der Grund für die Zunahme lag in der mas-
     siven Überdüngung der Felder als Folge des Anstiegs der
     Nutztierdichte in der Landwirtschaft im Einzugsgebiet des
     Sees. Der Boden vermochte die Mengen an ausgebrach-
     ten Phosphaten (Jauche, Mist) nicht mehr für das Wachs-
     tum zu nutzen, so dass sie abgeschwemmt wurden und
     über die Zuflüsse in den See gelangten.

     Da Phosphor nicht nur für Nutzpflanzen, sondern auch für Algen ein bedeutender Wachstumsfaktor ist, be-
     gann mit dem Anstieg der Phosphorkonzentration im Seewasser auch das Algenwachstum zu steigen. Ab-
     sterbende Algen sinken als Biomasse auf den Seegrund ab. Heute sind dies rund 80 g Kohlenstoff pro m2 See-
     grund. Diese Biomasse wird durch Bakterien abgebaut, wobei der im Wasser gelöste Sauerstoff aufgebraucht
     wird.

     2. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Phosphor- und Sauerstoffkonzentration?
24   Wie der Sedimentbohrkern (Bild S. 28) zeigt, genügte
     während rund 60 Jahren (1935 – ca. 1995) der Sauerstoff
     in der untersten Wasserschicht nicht, um alle abgestor-
     bene Biomasse zu zersetzen: sobald aller Sauerstoff ver-
     braucht war, kam es zu einer sauerstofffreien (so genannt
     anoxischen) Faulung. Dabei werden im Sediment Eisen-
     verbindungen und Sulfate, die ebenfalls über die Zuflüsse
     eingetragen werden, chemisch reduziert und als Eisensul-
     fid abgelagert. Sie sind im Sedimentbohrkern als schwarze
     Schicht gut zu erkennen. Auch abgelagerter partikulärer
     (d.h. an Erdkrümel gebundener) Phosphor kann unter
     sauerstofffreien Bedingungen reduziert werden und geht dann in Lösung. Während der „Hochblüte“ des Al-
     genwachstums (1980er Jahre) fiel so viel absterbendes Algenmaterial an, dass nur noch ein Teil abgebaut
     werden konnte: Der Rest verblieb im Sediment. Da heute durch die künstliche Belüftung wieder genügend
     Sauerstoff an den Seegrund gelangt, wird auch ein Teil des eingelagerten Eisensulfids und der eingeschlosse-
     nen Biomasse wieder oxidiert.

     Es sind somit zwei Vorgänge, die am Seegrund Sauerstoff verbrauchen:
     • Der Abbau der abgestorbenen frischen Biomasse (Algen, Zooplankton, Würmer).
     • Abbau der im Sediment früher eingelagerten reduzierten Stoffe und der eingeschlossenen Biomasse.

     Im Sempachersee beträgt der Sauerstoffverbrauch durch die direkte Zersetzung der Biomasse ca. 70%, wäh-
     rend 30% zur Oxidation der alten, im Sediment gespeicherten Biomasse und der reduzierten Substanzen
     verbraucht werden.
Entwicklung des Phosphorgehaltes im Sempachersee
              1954-2012 Messungen (Kant. Labor/UWE/EAWAG)
              Gesetzliche Anforderung: weniger als 30 mg P/m3

       2015

       2010
                                                                      getroffene Massnahmen:

       2005

                                                                ab    1999   Phosphor-Projekt: ökologische Beiträge
                                                                             nach Art. 62a GchG für Verminderung von
       2000                                                                  Düngestoffeinträgen aus der Landwirtschaft

                                                                      1997   Verzicht auf den Eintrag von Reinsauerstoff

       1995                                                           1993   Öko-Zahlungen an Landwirtschaft

                                                                      1992   ARA Hildisrieden stillgelegt, Abwasser zur
                                                                             ARA Surental abgeleitet

       1990                                                                                                                25
                                                                      1988   maximale Tierdichte 3 DGVE/ha
Jahr

                                                                      1986   Phosphatverbot in Waschmitteln

       1985                                                     ab    1984   Seeinterne Massnahmen
                                                                      1984   grosses Fischsterben
                                                                      1983   Gründung des Gemeindeverbandes (GVS)
       1980                                                           1982   Konzept Seesanierung (GSA)

                                                                      1978   Erhebung der Tierbestände

       1975                                                           1976   Phosphor-Fällung in ARA
                                                                      1975   ARA Surental Inbetriebnahme inkl. Kanalisa-
                                                                             tionen bis Eich und Nottwil

       1970                                                           1973   ARA Hildisrieden Inbetriebnahme
                                                                      1972   ARA Sempach Inbetriebnahme

                                                                      1970   ARA Eich bis 1975
       1965                                                           1968   ARA Büel/Bäch bis 1975

                                                                      1965   starke Zunahme der Schweinebestände
                                                                             (Schweinemast) und Beginn Maisanbau
       1960
                                                                bis   1968   noch keine Abwassersanierung

       1955
              0         50       100       150        200                                        uwe Luzern
                                                                                                 Feb. 2013/rl
                     Gesamtphosphor in mg P/m3
3. Wie wirkt die Belüftung auf den Phosphor im Sediment?
     Zwischen 1956 und 1985 betrug die Zufuhr an algenverfügbarem Phosphor jährlich 10 bis über 30 Tonnen.
     Ab 1986 konnte die Zufuhr auf drei bis zehn Tonnen pro Jahr gesenkt werden, vor allem wegen der Einfüh-
     rung von Düngebeschränkungen. Doch längst nicht aller zugeführte Phosphor ist algenverfügbar und führt
     zu einer Erhöhung der Konzentration im Seewasser. Der nicht algenverfügbare partikuläre (d.h. an Erdkrümel
     fixierte) Phosphor ist unlöslich. Dieser sinkt auf den Seegrund und lagert sich zusammen mit abgestorbenem
     organischem Material (Algen) im Sediment ab. Wegen des chemischen Gleichgewichts an der Grenzschicht
     zwischen Wasser und Seegrund wird zwar Phosphor aus dem eingelagerten Sediment herausgelöst; da dieser
     Phosphor aber schlecht wasserlöslich ist und zudem der Diffusionswiderstand aus dem Innern des Sediments
     sehr stark ist, kommt es nur zu einer geringen Rücklösung von Phosphor ins Wasser.

     Ein anderer chemischer Vorgang beeinflusst die Phosphorkonzentration im Tiefenwasser viel stärker: Die Zer-
     setzung des organischen Materials aus abgestorbenen Algen im Sediment. Solange im Tiefenwasser in Sedi-
     mentnähe genügend Sauerstoff vorhanden ist, um das abgelagerte organische Material abzubauen, zersetzt
     es sich bzw. es fault (Oxidation). Der Sauerstoff wird verbraucht und das organische Material zu Kohlendioxid
     und Wasser abgebaut. Fehlt hingegen gelöster Sauerstoff, kommt es durch die Wirkung von Bakterien zu
     einer sauerstofffreien (anoxischen) Faulung (siehe dazu Kap. 2). Das organische Material reagiert dann mit
     Verbindungen im Sediment, z. B. Phosphat, Nitrat, Eisenoxid, Sulfat. Diese geben Sauerstoff ab, das heisst: sie
     werden reduziert. Als Abbauprodukte entstehen einerseits Methangas, anderseits wasserlöslicher Phosphor,
     schwarzes Eisensulfid (aus Sulfat und Eisenoxid) und Schwefelwasserstoff. Dabei wird der im Sediment gebun-
     dene Phosphor in eine wasserlösliche Form umgewandelt. Es kommt zu einer Rücklösung aus dem Sediment
     und damit zu einer Zunahme der Phosphorkonzentration im Wasser.

     Die schwarze Verfärbung des Sediments durch Eisensulfid (vgl. Sedimentbohrkern S. 28) ist also ein direkter
     Nachweis, dass beim Faulungsprozess zu wenig Sauerstoff vorhanden war.
26

     4. Was bewirkt die Seebelüftung?
     Nach einem massiven Algenwachstum war der See anfangs der 1980er Jahre an seinem Grund klinisch tot. Al-
     ler Sauerstoff wurde von den am Seegrund faulenden Algen verbraucht. Fische und Kleinlebewesen – welche
     die Nahrung für die Fische darstellen – erstickten. 1984 kam es zu einem grossen Fischsterben.
     Als erste politische Reaktion wurde 1983 der Gemeindeverband Sempachersee (GVS) gegründet.
     Er leitete zusammen mit dem Kanton zwei Hauptmassnahmen ein:
     • Einerseits wurde im Sommer über eine Gasleitung von Eich aus Reinsauerstoff an die tiefste Stelle des
         Sees gepumpt; im Winter wurde durch den Eintrag von groben Luftblasen die natürliche Durchmischung
         des Sees unterstützt (see-interne Massnahmen).
     • Anderseits wurden für das landwirtschaftliche Einzugsgebiet der Zuflüsse rigorose Düngungsbeschrän-
         kungen erlassen. Ergänzend wurden für zusätzliche freiwillige Phosphorrückhaltemassnahmen der
         Landwirte Anreizprämien ausgesetzt.

     Gleichzeitig hat der Kanton verschiedene flankierende Massnahmen zur Optimierung der Kläranlagen und
     zur Verminderung der Phosphorfrachten aus Abwässern getroffen.
     • Das häusliche Abwasser des rechten Seeufers wurde mit dem Abwasserpumpwerk in Eich zur ARA
        Surental unterhalb des Sempachersees geleitet.
     • Auf Bundesebene kam um 1986 zusätzlich das Phosphat-Verbot in Waschmitteln, das ebenfalls namhaft
        zur Verminderung der Phosphoreinträge in den See beitrug.

     Wirkung der Massnahmen
     Die Phosphorkonzentration des Seewassers begann langsam, aber stetig zu sinken, so dass man 1997 dazu
     übergehen konnte, auch im Sommer statt Reinsauerstoff nur noch Druckluft einzublasen. 2004 erreichte die
     Konzentration des gelösten Phosphors erstmals die anvisierte Grenze von 30 mg/m3 und 2012 schliesslich 15
     mg/m3.
Der hohe Sauerstoffverbrauch aber blieb, weil immer noch die „Sediment-Altlasten“ früherer Jahre vorhan-
den waren. Deshalb war der See nach wie vor auf eine künstliche Belüftung angewiesen. Dies zeigten mehre-
re Ausfälle des Belüftungskompressors in den Jahren 2005 – 2010, bei welchen einmal während 2 Monaten
keine künstliche Belüftung möglich war: Der Sauerstoffgehalt am Seegrund ging in dieser Zeit rasch zurück
und war nach 2 Monaten fast vollständig aufgebraucht. Ohne künstliche Belüftung wäre der See also bald
wieder in eine sauerstofffreie Abwärtsspirale geraten, wie dies vor Beginn der Belüftung der Fall war.

Eine Untersuchung der EAWAG 2012 hat ergeben, dass der Sempachersee bei optimalen Bedingungen - und
wenn der Neuzugang über die Zuflüsse auf dem heute erreichten Stand bleibt - in der Lage sein sollte, dank
der stark zurückgegangenen Phosphoreinträge (heute noch rund 5.6 t/Jahr) die abgestorbenen Algen am See-
grund auch ohne Sommerbelüftung am Seegrund fast ganz abzubauen. Damit ist klar, dass der Rückgang der
Phosphoreinträge als Folge der Verminderung der Überdüngung in der Landwirtschaft Wirkung zeigt.

5. Die natürliche Umwälzung des Sees
Im Winter sorgt der See selber für die Sauerstoffanreiche-
rung in der Tiefe. Dies hat mit der Anomalie des Wassers
zu tun, welches bekanntlich bei 4 °C seine grösste Dichte
erreicht. An der Seeoberfläche wird durch Wind und Wel-
len ständig Luftsauerstoff im Wasser gelöst. Das auf 4 °C
abgekühlte Oberflächenwasser sinkt dann auf Grund sei-
ner höheren Dichte mitsamt dem gelösten Sauerstoff auf
den Seegrund. (Dies ist übrigens auch der Grund, warum
der See in sehr kalten Wintern erst gefriert, wenn der gan-
ze Wasserkörper auf 4 °C abgekühlt ist. Erst dann kann das
abgekühlte Oberflächenwasser nicht mehr absinken. Es
                                                                                                                 27
kühlt sich dann weiter ab bis auf 0 °C, was Voraussetzung dafür ist, dass es gefriert.)

Im Sommer hingegen wälzt sich der See nicht selber um: Das Wasser ist geschichtet. An der Oberfläche er-
wärmt es sich durch die Sonneneinstrahlung und die wärmere Luft, und ist deshalb leichter als das kühlere
Wasser in der Tiefe. Dort steigt die Temperatur auch im Sommer nur geringfügig über 4 °C. Zwischen dem
Oberflächenwasser und dem Tiefenwasser besteht ein grosser Temperatur- und somit ein Dichteunterschied,
der wie eine Decke wirkt. Ein Austausch zwischen diesen beiden Wasserkörpern findet im Sommer nicht statt.
Der See zehrt darum im Sommer vom Sauerstoffvorrat im Tiefenwasser, den er sich in der kalten Jahreszeit
durch die natürliche Durchmischung zugelegt hat. Im Herbst, wenn der Vorrat allmählich aufgebraucht ist,
kann es deshalb ohne künstliche Belüftung zu Sauerstoffmangel kommen. Dies vor allem nach milden Win-
tern, wenn das Oberflächenwasser zu wenig abgekühlt worden war.

Da wegen des Rückgangs der Phosphorkonzentration und damit des Algenwachstums und der Biomasse nicht
mehr so viel Sauerstoff verbraucht wird, liegt heute das Schwergewicht der Belüftung nicht mehr primär bei
der Unterstützung des Abbaus von faulenden Algen, sondern bei der Unterstützung der natürlichen Wasser-
zirkulation. Mit der künstlichen Belüftung kann heute der gesetzlich geforderte Grenzwert von 4 mg Sauer-
stoff pro Liter Wasser am Seegrund eingehalten werden. Nach wie vor ist aber die Sauerstoffsituation an der
Grenzfläche Wasser/Sediment kritisch: Bis jetzt jedenfalls können die dort abgelagerten Felcheneier nicht
überleben und schlüpfen.

In den nächsten Jahren sollen nun die Leistungsgrenzen des Sees Schritt für Schritt ausgelotet werden. Es wird
geprüft, wie weit im Sommer auf die Belüftung verzichtet werden kann. Die Auswirkungen auf die Sauer-
stoffsituation am Seegrund werden dabei aufmerksam beobachtet. Als nächstes Teilziel soll die Belüftung im
Sommer versuchsweise ganz abgeschaltet werden können. Die grobblasige Zwangszirkulationshilfe im Winter
hingegen dürfte noch längere Zeit notwendig sein, damit der Sauerstoffvorrat für den folgenden Sommer und
Herbst genügt. Wenn die sauerstoffzehrende Wirkung des Sediments weiter abnimmt und die Felcheneier auf
dem Seegrund überleben können, dürfte eines schönen Tages die künstliche Belüftung endgültig abgeschal-
tet werden können.
2003
                               Rückgang der Einlagerung von schwarzem Eisensulfid: Der zugeführte Sauerstoff
                               hilft, die abgestorbene Biomasse vollständig abzubauen.

                               1983
                               Beginn der Massnahmen zur Sanierung:
                               • See-extern durch Reduktion der Phosphatdüngung,
                               • See-intern durch künstliche Belüftung

                               Ca. 1936
                               Erstmals zeugen schwarze Eisensulfid-Einlagerungen von sauerstofffreien
                               Verhältnissen.
                               Die organische Biomasse konnte nicht mehr vollständig abgebaut werden.
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                               Bild 2: Sedimentbohrkern der letzten 100 Jahre aus dem Sempachersee:
                               Pro Jahr werden rund 3 mm Sediment abgelagert. Schwarze Zonen zeigen das Vorhan-
                               densein von reduziertem Eisensulfid (Sauerstoffmangel) .
                               Bildquelle: EAWAG

     Technische Daten des Seebelüftungskompressors

     Fabrikat                   Käser, Baujahr 2010 (3. Kompressor seit Beginn der Belüftung 1983)
     Leistung                   45 kW bzw. 414 m3/h Druckluft bei 10 bar
     Stromkosten                Im 24h-Betrieb pro Tag ca. CHF 120 (für den Kompressor)

     Die Druckluft wird über eine ca. 1.5 km lange Leitung in 85 m Tiefe mittels 8 Diffusoren ins Tiefenwasser
     eingeblasen; von Mai bis Oktober in Form von Feinblasen, die ein rasches Auflösen des Sauerstoffs im Was-
     ser ermöglichen; während der kalten Jahreszeit wird die natürliche Umwälzung des Seewassers mit groben
     Blasen unterstützt.
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