" von Anfang an zu den Besten gehören" Optimierungsnormen und ihre Folgen für Heranwachsende - Prof. Dr. Vera King
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
„…von Anfang an zu den Besten gehören“ Optimierungsnormen und ihre Folgen für Heranwachsende Prof. Dr. Vera King Goethe-Universität & Sigmund-Freud-Institut Frankfurt/M.
Gesellschaftliche Bedingungen der Adoleszenz zu Beginn des 21. Jahrhunderts Beschleunigung sozialer und kultureller, ökologischer und technischer Wandlungen soziale Ungleichheiten, weltweite Migrationen, damit verknüpfte Krisen Medialisierung, Digitalisierung demographische Veränderungen, Wandel von Lebensphasen und Generationsbeziehungen Wettbewerbs- und Optimierungsdruck in allen Lebensbereichen
Aporien der Perfektionierung in der beschleunigten Moderne Optimierungsdynamik: Moderne Gesellschaften erfordern Wachstum, Wettbewerb und stete Steigerung Flexibilisierung, Beschleunigung und permanente Optimierung Optimierungsanforderungen müssen verstärkt individuell ausbalanciert werden Folgen für die Beziehungen zu Selbst, Anderen und Körper neue Risiko- oder Konfliktpotenziale veränderte Bewältigungs- und Abwehrformen neue Konstellationen von ‚Normalität‘ und ‚Pathologie‘ 5
Optimierungsanforderungen Leistungssteigerung und Selbstverbesserung, um mithalten zu können im niemals stillstehenden Wettbewerb Folgen für Heranwachsende 7
Adoleszenz • Entwicklungsprozesse, Anforderungen
Entwicklungsprozesse der Adoleszenz - Individuationspotenzial Trennung – Umgestaltung – Neuschöpfung Vergangenes und Abschied und Fähigkeit, Bestehendes zu Gegenwärtiges zu Trauer attackieren, Schuld- und einem neuen Angstgefühle auszuhalten Lebensentwurf verbinden „Anerkennungsvakuum“
Adoleszenz • Entwicklungsprozesse, Anforderungen • und Risiken für Heranwachsende • … und Eltern-Kind-Beziehungen
Projekt leitung: Prof. Vera King Sprecherin (Univ. Frankfurt/M., Aporien der Perfektionierung in der Sigmund-Freud- Institut) beschleunigten Moderne Prof. Benigna Gerisch (IPU Berlin) Kultureller Wandel von Selbstentwürfen, Beziehungsgestaltungen und Körperbedeutungen Prof. Hartmut Rosa (FSU Jena) Prof. Dr. Vera King (Goethe-Univ. & 15 Sigmund-Freud-Institut Frankfurt/M)
Erhöhte Ansprüche an und in Familien
Befunde der APAS-Studie „… unser Kind voll von Anfang an zu den Besten gehören“ komplementär: Erleben einer bedingten Zuwendung, im Sinne von: „… ich werde geliebt, wenn ich ein erfolgreiches … Kind bin“
Zu den Besten gehören – Nina B. Optimierung im Modus der Bagatellisierung von Überforderung
Optimierung im Modus der Bagatellisierung Nina „Also - ich bin momentan auch sehr unter Strom und ich merk‘s weil mir die Haare aus-gehn … (lacht) und ich hab/ hab auch tatsächlich Magenprobleme also das ist auf jeden Fall Stress-Gastritis, das hab ich - habe ich auch schon ewig das das kenn, das kenn ich ganz genau, was das ist ähm (2). Also insofern ist es momentan sicher so, dass mein Körper son bisschen schreit, also der der sagt mir schon eigentlich ‚komm mal wieder runter‘ aber ich würd jetzt, rational würde ich behaupten, dass is also das es sicher nicht in so ne Richtung Burnout geht, weil ähm (2) also dazu bin ich noch viel zu fröhlich als - in, in der Grundeinstellung - also es gibt viele Dinge, die mich massiv stören und wo ich mir auch viele Sorgen mach und und wo die Arbeit einfach zum Teil einfach - gefühlt - zu viel is – Aber (2) es ist also ich, ich bin da, glaube, zu rational dafür, dass ich sagen würde ich ich bin jetzt depressiv oder ähm (3) ich weiß nicht - das (3) – in gewisser Weise gehört‘ s auch irgendwie dazu, also ich habe mir das ausgesucht mit der Branche und und auch, dass ich ähm sonst in der Freizeit viel mach (2) und deswegen ist es jetzt halt auch einfach so (lacht kurz)
King/Gerisch/Rosa: Das vermessene Leben 24
Optimierung im depressiven Modus – Melanie S. • ausgeprägte Verinnerlichung von Optimierungsanforderungen • explizites Leiden an Überforderung • partieller Rückzug in Symptome
Optimierung im depressiven Modus Melanie: „Meine Eltern sind ähm warn ziemlich fördernd gewesen also so, dass sie uns eigentlich alles ermöglicht hat, was wir machen wollten, sei es Sportarten, sei es Musikinstrumente ausprobieren (schluckt) … bei uns in der Familie … war schon implizit ähm auch sehr viel Leistungsanspruch, nich‘ so zu sein wie die Kids von der Bushaltestelle, dabei also … und ähm da glaub ich, kam schon auch so n gewisses ähm Anspruchsdenken …und ähm so n Anspruch so ja, man muss auch schon was, sollte schon was Gutes hinkriegen … ham‘ nie so gesagt … aber oft gibt’s ja so subtile, ne so äh Hinweise und ähm, das hat sich sicherlich darauf ausgewirkt, dass ich versucht hab, in manchen Dingen besonders gut zu sein ähm (heiser) …“
Optimierung im depressiven Modus Melanie „…weil natürlich n großer Druck da auf dir lastet, ähm dann weißt du gar nicht, ob du s richtig machst, ob du genug machst, und das hat mich schon sehr belastet, weil dann dieser Druck, Ergebnisdruck: machst du die Arbeit gut ? ne ähm überstehst du die Probezeit? ähm ähm was musst du verbessern? … also so ganz viel Druck und ähm da hat ich schon sehr viel schlaflose Nächte …“
Depression als vermiedene Individuation Der „depressive Heranwachsende ist ständig von dem Wunsch beseelt, der Idealvorstellung gerecht zu werden, die seine Eltern von ihm hegen – nur um schließlich festzustellen, dass er dazu entweder nicht imstande ist oder aber, dass seine entsprechenden Bemühungen bedeuten würden, dass er niemals zur Individuation gelangt“ (Bemporad 1978)
Optimierung in Peer-Beziehungen • Digitale Praktiken des Zeigens und Verbergens • neue Formen der ‚optimierten‘ Selbstpräsentation und Scham
Digitale Optimierung: Perfektionieren und Makel verbergen „Ich achte halt, wenn ich das Bild … mache aber schon vorher drauf, dass man die Makel nicht sieht … dann muss ich den später nicht photoshoppen. Aber ich weiß - ich kenn genug Menschen, die … ständig mit irgend‘nem Weichzeichner auf ihrem Gesicht rumfahren und – ja, macht man halt, um die Illusion zu bewahren vom perfekten Ich! “ (Jugendliche) King/Gerisch/Rosa: Das vermessene Leben 35
Entwicklungsprozesse der Adoleszenz - Individuationspotenzial Trennung – Umgestaltung – Neuschöpfung Vergangenes und Abschied und Fähigkeit, Bestehendes zu Gegenwärtiges zu Trauer attackieren, Schuld- und einem neuen Angstgefühle auszuhalten Lebensentwurf verbinden „Anerkennungsvakuum“
Scham- und Individuationskonflikte Bedingte Zuwendung und adoelszente Entwicklung: „… ständig von dem Wunsch beseelt, der Idealvorstellung gerecht zu werden, die (die) Eltern von (Tochter oder Sohn) hegen – nur um schließlich festzustellen, dass er dazu entweder nicht imstande ist oder aber, dass seine entsprechenden Bemühungen bedeuten würden, dass er niemals zur Individuation gelangt“ (Bemporad 1978) im Verhältnis zu Peers: idealisierte Selbstdarstellung und Scham Scham- und Individuationskonflikte
Verschiebungen zwischen kultureller ‚Normalität‘ und ‚Pathologie‘ eine ‚Normalisierung‘ von kontinuierlich hohen Anforderungen und Überforderungspotenzialen eine ‚Normalisierung‘ der instrumentellen Logik in Beziehungen, in Selbst- und Körperverhältnis ‚Normalisierung‘ optimierter Selbstpräsentation eine ‚Normalisierung‘ von ‚Bindungsverlusten‘ im Kontext von Flexibilitäts- und Mobilitäts- und Optimierungsanforderungen Komplementäre Risiken: Scham – und Individuationskonflikte 40
‚von Anfang an zu den Besten gehören‘ – Veränderungen des Heranwachsens Prioritätenverschiebung, Wettbewerbs- und Optimierungsdruck, Steigerung + Grenzüberschreitung neue Formen Scham- und Veränderungen der Anpassung Individuations von Familien- konflikte und Peer- Beziehungen Veränderung von Zuwendungserfahrungen und psychischen Dispositionen
Literatur zum Vortrag Zu Optimierung King, Vera, Benigna Gerisch & Hartmut Rosa (2018) (Hg.): ‘Lost in Perfection.’ Impacts of Optimisation on Culture and Psyche. London: Routledge Zu Jugend/Adoleszenz King, V. (2013): überarbeitete weitere Auflage von 'Die Entstehung des Neuen in der Adoleszenz. Individuation, Generativität und Geschlecht in modernisierten Gesellschaften'. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. Zu Folgen von Optimierung, Digitalisierung, Beschleunigung für Kindheit, Adoleszenz, Aufwachsen King, V. (2018): Geteilte Aufmerksamkeit. Kultureller Wandel und psychische Entwicklung in Zeiten der Digitalisierung. In: PSYCHE, – Z Psychoanal (8, 2018), 72. Jahrgang, Heft 8, (i.E). King, V. (2016): “If you show your real face, you’ll lose 10 000 followers” – The Gaze of the Other and Transformations of Shame in Digitalized Relationships. In: CM: Communication and Media Vol 11, No 38) King, V. (2015): Kindliche Angewiesenheit und elterliche Generativität. Subjekt- und kulturtheoretische Perspektiven. In: Andresen, S. u.a. (Hg.): Vulnerable Kinder. Eine kritische Diskussion. Weinheim: 23-43. King, V. (2014): Optimierte Kindheiten. In: gruppenanalyse. Zeitschrift für gruppenanalytische Psychotherapie, Beartung und Supervision; 24. Jg. (2014), Heft 2 King, V. (2011): Beschleunigte Lebensführung – ewiger Aufbruch. Neue Muster der Verarbeitung und Abwehr von Vergänglichkeit. Psyche - Z Psychoanal 65, 2011, 1061-1088.
Muster der Lebensführung im Kontext von Optimierungs- Gesellschaftliche Bedingungen: anforderungen Optimierungszwänge, gesteigerter dynamischer Wettbewerb Bewältigung/Abwehr von destruktiven Potenzialen Affirmation (Bejahung von Optimierungs - anforderungen; Ausblendung destruktiver Potenziale) Bagatellisierung Biographische (Anpassung an Optimierungsanforderungen; Bedingungen Herunterspielen von destruktiven Potenzialen) und psychische Resignatives Erleiden von Dispositionen Überforderung (Anpassung an für den Optimierungsanforderungen, Erleiden von Umgang mit destruktiven Potenzialen; Optimierungs- symptomgebundene Verweigerung) anforderungen Widersprüchliche Versuche des Gegensteuerns (Wahrnehmung von destruktiven Potenzialen, teils erfolgreiche, teils erfolglose & widersprüchliche Gegenmaßnahmen) Relative Abgrenzung (relative Abgrenzung von Optimierungsanforderungen, Fürsorglichkeit für Selbst und Andere)
biographische und Bewältigungs- und Abwehrmechanismen im Kontext von Optimierungsanforderungen psychische (Bewältigung/Abwehr von destruktiven Potenzialen) Dispositionen für ‚Umgang‘ mit Affirmation Bagatellisierung Resignatives Erleiden Widersprüchliche Relative / Adäquate Optimierungs- (Übernahme von (Anpassung an von Überforderung Versuche des Abgrenzung anforderungen Optimierungs- Optimierungsanforderu (Anpassung an Gegensteuerns (i.S. von Selbst- und (Qualität von anforderungen; ngen; Herunterspielen Optimierungsanforderu (Wahrnehmung von Fremdfürsorglichkeit) Objektbeziehungs- Ausblendung, von destruktiven ngen, unbegriffenes destruktiven erfahrungen) Verleugnung von Potenzialen) Erleiden von Potenzialen, teils destruktiven destruktiven erfolgreiche, teils Potenzialen) Potenzialen; erfolglose und Momente von widersprüchliche symptom-gebundener Gegenmaßnahmen) Verweigerung) mangelnde Zuwendung Eltern als unzureichende Objekte oder unzureichende Unterstützung bei Trauma-verarbeitung bedingte Zuwendung narzisstische Funktionalisierung durch Nina Melanie signifikante Andere oder an Bedingungen geknüpfte Zuwendung ausreichende Zuwendung ausreichende Fürsorgeerfahrung und Besetzung durch signifikante Andere, Eltern als ausreichend gute Objekte
Prof. Dr. Vera King (Goethe-Univ. & Sigmund-Freud- 46 Institut Frankfurt/M)
TYPOLOGIE UND KONZEPTIONELLE SCHLUSSFOLGERUNGEN
biographische und Bewältigungs- und Abwehrmechanismen im Kontext von Optimierungsanforderungen psychische (Bewältigung/Abwehr von destruktiven Potenzialen) Dispositionen für ‚Umgang‘ mit Affirmation Bagatellisierung Resignatives Erleiden Widersprüchliche Relative / Adäquate Optimierungs- (Übernahme von (Anpassung an von Überforderung Versuche des Abgrenzung anforderungen Optimierungs- Optimierungsanforderu (Anpassung an Gegensteuerns (i.S. von Selbst- und (Qualität von anforderungen; ngen; Herunterspielen Optimierungsanforderu (Wahrnehmung von Fremdfürsorglichkeit) Objektbeziehungs- Ausblendung, von destruktiven ngen, unbegriffenes destruktiven erfahrungen) Verleugnung von Potenzialen) Erleiden von Potenzialen, teils destruktiven destruktiven erfolgreiche, teils Potenzialen) Potenzialen; erfolglose und Momente von widersprüchliche symptom-gebundener Gegenmaßnahmen) Verweigerung) mangelnde Zuwendung Eltern als unzureichende Objekte oder unzureichende Unterstützung bei Trauma-verarbeitung bedingte Zuwendung narzisstische Funktionalisierung durch signifikante Andere oder an Bedingungen geknüpfte Zuwendung ausreichende Zuwendung ausreichende Fürsorgeerfahrung und Besetzung durch signifikante Andere, Eltern als ausreichend gute Objekte
Muster der Lebensführung im Kontext von Optimierungs- Gesellschaftliche Bedingungen: anforderungen Optimierungszwänge, gesteigerter dynamischer Wettbewerb Bewältigung/Abwehr von destruktiven Potenzialen Biographische Bedingungen und psychische Dispositionen für den Umgang mit Optimierungs- anforderungen
Muster der Lebensführung im Kontext von Optimierungs- Gesellschaftliche Bedingungen: anforderungen Optimierungszwänge, gesteigerter dynamischer Wettbewerb Bewältigung/Abwehr von destruktiven Potenzialen Affirmation (Bejahung von Optimierungs- anforderungen; Ausblendung destruktiver Potenziale) Biographische Bedingungen und psychische Dispositionen für den Umgang mit Optimierungs- anforderungen -
Muster der Lebensführung im Kontext von Optimierungs- Gesellschaftliche Bedingungen: anforderungen Optimierungszwänge, gesteigerter dynamischer Wettbewerb Bewältigung/Abwehr von destruktiven Potenzialen Affirmation (Bejahung von Optimierungs - anforderungen; Ausblendung destruktiver Potenziale) Bagatellisierung Biographische (Anpassung an Optimierungsanforderungen; Bedingungen Herunterspielen von destruktiven Potenzialen) und psychische Dispositionen für den Umgang mit Optimierungs- anforderungen
Muster der Lebensführung im Kontext von Optimierungs- Gesellschaftliche Bedingungen: anforderungen Optimierungszwänge, gesteigerter dynamischer Wettbewerb Bewältigung/Abwehr von destruktiven Potenzialen Affirmation (Bejahung von Optimierungs - anforderungen; Ausblendung destruktiver Potenziale) Bagatellisierung Biographische (Anpassung an Optimierungsanforderungen; Bedingungen Herunterspielen von destruktiven Potenzialen) und psychische Resignatives Erleiden von Dispositionen Überforderung (Anpassung an für den Optimierungsanforderungen, Erleiden von Umgang mit destruktiven Potenzialen; Optimierungs- symptomgebundene Verweigerung) anforderungen
Muster der Lebensführung im Kontext von Optimierungs- Gesellschaftliche Bedingungen: anforderungen Optimierungszwänge, gesteigerter dynamischer Wettbewerb Bewältigung/Abwehr von destruktiven Potenzialen Affirmation (Bejahung von Optimierungs - anforderungen; Ausblendung destruktiver Potenziale) Bagatellisierung Biographische (Anpassung an Optimierungsanforderungen; Bedingungen Herunterspielen von destruktiven Potenzialen) und psychische Resignatives Erleiden von Dispositionen Überforderung (Anpassung an für den Optimierungsanforderungen, Erleiden von Umgang mit destruktiven Potenzialen; Optimierungs- symptomgebundene Verweigerung) anforderungen Widersprüchliche Versuche des Gegensteuerns (Wahrnehmung von destruktiven Potenzialen, teils erfolgreiche, teils erfolglose & widersprüchliche Gegenmaßnahmen)
Sie können auch lesen