Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter

Die Seite wird erstellt Klaus-Peter Merkel
 
WEITER LESEN
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                                                                2020-09-28, 9:16 AM

                                     Vor den Galapagosinseln, Iran oder
                                     Nordkorea: Die chinesischen Schiffe
                                       fischen, wo es ihnen gefällt. Das
                                               steckt dahinter
                                             China hat die weltweit grösste Flotte für Hochseefischerei.
                                    Umweltschützer warnen vor der Zerstörung der Ozeane, lokale Fischer
                                     fürchten um ihre Existenz – und geben den Chinesen die Schuld. Zu
                                                                                       Recht?
                                   Vanessa Möller, Katrin
                                   Büchenbacher, Adina Renner
                                   13 Kommentare
                                   16.09.2020, 05.30 Uhr

                                   Die roten Punkte und Linien zeigen: Die chinesischen Fischereischiffe sind auf der ganzen Welt unterwegs. Die
                                   Darstellung basiert auf Signalen, welche die Schiffe vom 1. Juli bis am 18. August gesendet haben.
                                   Quellen: SPIRE (Schiffsbewegungen), Natural Earth (Basiskarte)                                             NZZ / adi.

                                   Das Meer ist voller roter Punkte. Jeder einzelne Punkt steht für ein
                                   chinesisches Schiff. Sichtbar wird das auf digitalen Karten, die
                                   internationale Schiffsbewegungen über Satellitensignale der einzelnen
                                   Schiffe abbilden.

                                   Eine Person, die sich für solche Karten interessiert, ist die Aktivistin
                                   Veronica Llanes aus Ecuador, die sich für den Schutz der Galapagosinseln
                                   einsetzt. Täglich brütet die 28-Jährige auf Websites wie Global Fishing
                                   Watch und Vessel Finder über einer dort erkennbaren Ansammlung

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                                                                Page 1 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                        2020-09-28, 9:16 AM

                                   chinesischer Hochseeschiffe vor den Galapagosinseln, wie sie am Telefon
                                   erzählt. Dass es chinesische Schiffe sind, weiss sie, weil ihr lokale Fischer
                                   Fotos der imposanten Schiffe geschickt haben. Auch Bilder von PET-
                                   Flaschen mit chinesischen Schriftzeichen, die es in Ecuador und auf den
                                   Galapagosinseln an den Strand gespült hat, erreichten sie. Llanes taucht
                                   gerne, sie sagt: Nirgends sonst auf der Welt gebe es eine solche
                                   Artenvielfalt unter Wasser, so viele geschützte Meerestiere, die den
                                   chinesischen Netzen in die Fänge gehen könnten. «Ich muss handeln»,
                                   habe sie sich gesagt.

                                   Von Mitte Juli bis Anfang September fischten Hunderte von
                                   chinesischen Schiffen in der Nähe der Galapagosinseln. Umweltschützer
                                   fürchteten, das Ökosystem könnte Schaden nehmen. China sagte: Wir
                                   fischen legal. Hochseefischen in internationalen Gewässern darf jeder.
                                   «Fernfischerei» nennen das die Fachleute – das Fischen ausserhalb der
                                   eigenen Wirtschaftszone. Die Fernfischerei ist kaum reguliert und
                                   schwierig zu überwachen (siehe Box unten). Dabei sind 90 Prozent der
                                   Fischbestände laut der Welternährungsorganisation der Uno bereits
                                   ausgeschöpft. Gleichzeitig ist Chinas Fernfischereiflotte in den letzten
                                   Jahren stetig gewachsen. Heute ist China die führende Fischereination
                                   der Welt. Im Südchinesischen Meer, vor Westafrika, Iran und laut
                                   Studien heimlich vor Nordkorea – weltweit fischen die Chinesen. Das
                                   führt zu Konflikten. Doch China ist nicht das einzige Problem.

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                        Page 2 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                           2020-09-28, 9:16 AM

                                                                                                              Imago
                                   Die chinesische Fernfischereiflotte ist auf heimischer, fremder
                                   und internationaler See unterwegs – wie hier in Gewässern vor
                                   der südchinesischen Provinz Guangdong.

                                   Über 300 Schiffe vor den Galapagosinseln

                                   Riesenschildkröten, Leguane, Albatrosse, Finken – auf den
                                   Galapagosinseln tummeln sich viele seltene Tiere. Sie haben Charles
                                   Darwin zu seiner Evolutionstheorie inspiriert. Unter Wasser sieht es
                                   ebenso bunt aus. Unterschiedliche Meeresströmungen sorgen für ideale
                                   Temperaturen und nährstoffreiches Wasser. Etwa 2900 verschiedene
                                   Arten von Meerestieren kommen deswegen aus dem ganzen Pazifik zu
                                   den Küstengewässern um die Galapagosinseln, unter ihnen Haie,
                                   Seelöwen, Delphine.

                                                                               The Worlds
                                                                               Greatest
                                                                               Pillowcase
                                                                               What's the world going crazy
                                                                               about? The Blissy Pillowcase
                                             Blissy

                                   Die reiche Meeresfauna lockt die Fischer an. Ecuador hat deswegen 1998
                                   ein Naturschutzgebiet in einem Radius von 40 Seemeilen (zirka 74

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                           Page 3 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                                              2020-09-28, 9:16 AM

                                   Kilometer) um die Galapagosinseln gezogen. Die industrielle Fischerei
                                   ist in diesem Gebiet verboten. Die lokalen Fischer fischen dort trotzdem
                                   heimlich.

                                   Um das Naturschutzgebiet der Galapagosinseln zieht sich 200 Seemeilen
                                   weit die ausschliessliche Wirtschaftszone (AWZ) Ecuadors. Die AWZ
                                   basiert auf dem Seerechtsübereinkommen der Uno. Ausländische Fischer
                                   brauchen eine Genehmigung des jeweiligen Landes, um in dessen AWZ
                                   zu fischen. Da die Galapagosinseln mehr als 900 Kilometer vom Festland
                                   entfernt sind, bleibt zwischen der AWZ der Inseln und derjenigen des
                                   ecuadorianischen Festlandes ein Streifen internationales Gewässer. Dort
                                   hatten sich im Juli und August mehr als 300 chinesische Schiffe
                                   stationiert. Die Fläche der Flotte war zeitweise grösser als jene der
                                   Galapagosinseln.

                                   Die chinesischen Schiffe positionieren sich genau an der Grenze der AWZ der Galapagosinseln.

                                   Schiffsbewegungen vom 1. Juli bis am 18. August.
                                   Quellen: Spire (Schiffsbewegungen), Natural Earth (Basiskarte)                           NZZ / adi.

                                   Die Mehrheit der chinesischen Schiffe vor den Galapagosinseln fängt
                                   Tintenfische. Eine Beobachtungsmission der ecuadorianischen Marine
                                   Anfang August schätzte, dass jedes der Schiffe ungefähr 1000 Tonnen
                                   Fracht tragen könne. Die Flotte kann also etwa 300 000 Tonnen Fisch
                                   aus dem Wasser holen. Die Marine fand ausserdem heraus, dass 149 der
                                   chinesischen Schiffe zeitweise ihr Identifikationssystem ausgeschaltet
                                   hatten, damit sie nicht geortet werden konnten.

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                                              Page 4 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                     2020-09-28, 9:16 AM

                                                                               Blissy is truly a
                                                                               game-changer
                                                                               Apparently it’s supposed to do
                                                                               wonders for your appearance
                                                                               and improve your sleep.
                                             Blissy

                                   Der Meeresschützer John Hourston sagt am Telefon: «Diese vielen
                                   Schiffe, die über Wochen um die Galapagosinseln herum fischen, sind
                                   eine grosse Belastung für das Ökosystem.» Der ehemalige Fischer
                                   arbeitet freiwillig bei der Blue Planet Society, einer britischen
                                   Organisation, die gegen Überfischung und Umweltverschmutzung der
                                   Weltmeere kämpft. «Meine grösste Sorge ist, dass vor den
                                   Galapagosinseln verdeckte illegale Aktivitäten stattfinden», sagt
                                   Hourston.

                                   Im Jahr 2017 haben ecuadorianische Behörden im Laderaum eines
                                   chinesischen Schiffs 6600 tote Haie gefunden, die meisten von ihnen
                                   bedrohte Hammerhaie. Im Mai dieses Jahres fanden Zollbeamte in
                                   Hongkong zwei Container aus Ecuador voller Haifischflossen von über
                                   38 000 geschützten Haien. Wer sie gefischt hat, geht aus den Berichten
                                   nicht hervor.

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                     Page 5 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                                            2020-09-28, 9:16 AM

                                                                                                      Nature Picture Library / Imago
                                   Die Hammerhaie der Galapagosinseln werden immer wieder
                                   gezielt gefischt, obwohl sie geschützt sind.

                                                                                                                   Kin Cheung / AP
                                   Haifischflossen, wie sie hier auf dem Bild in Hongkong
                                   getrocknet werden, sind eine Spezialität der chinesischen
                                   Küche. Normalerweise als Suppe serviert, sollen sie die Potenz
                                   stärken, das Hautbild verbessern oder Herzkrankheiten
                                   vorbeugen.

                                   Die Aktivistin Veronica Llanes machen solche Berichte misstrauisch
                                   gegenüber der chinesischen Flotte vor den Galapagosinseln. «Wir wissen
                                   nicht, was sie fangen», sagt sie. Deswegen hat Llanes eine Petition
                                   gestartet mit dem Ziel, Druck auf die ecuadorianische Regierung
                                   aufzubauen, um die Fernfischerei nahe den Galapagosinseln zu stoppen.

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                                            Page 6 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                     2020-09-28, 9:16 AM

                                   Eine halbe Million Menschen auf der ganzen Welt sind dem Aufruf
                                   bisher gefolgt.

                                                                               Must-Have Gift Of
                                                                               2020
                                                                               It has 10,000 5 star reviews
                                                                               making it the highest and most
                                                                               reviews pillowcase ever.
                                             Blissy

                                   Peking hat auf das Misstrauen Ecuadors und des übrigen Auslands
                                   reagiert. Die chinesische Botschaft in Ecuador erklärte, die Vorwürfe der
                                   illegalen Fischerei entbehrten jeder Grundlage. Die Schiffe vor den
                                   Galapagosinseln operierten legal und bedrohten niemanden. Ausserdem
                                   seien die Beziehungen zwischen China und Ecuador hervorragend.

                                   In der Tat ist das hochverschuldete Ecuador abhängig von China. Das
                                   Land lebt vom Erdöl, und China kauft es. Die Verträge zwischen den
                                   beiden Staaten laufen über Jahre, und Ecuador erhält dafür Darlehen von
                                   China in Milliardenhöhe. Ecuador exportiert auch über die Hälfte seiner
                                   Crevettenproduktion nach China.

                                   Chinas Geheimverträge gehen zulasten von Kleinfischern

                                   Chinesische Fischereischiffe finden sich nicht nur vor der
                                   südamerikanischen Küste, sondern auf der ganzen Welt. Sie sind vor
                                   allem im Pazifik sowie in den Gewässern vor Ost- und Westafrika
                                   unterwegs. Neben China fischen aber auch andere Länder ausserhalb
                                   ihrer eigenen Wirtschaftszone. Forscher des Stimson Center fanden
                                   heraus, dass China von 2015 bis 2017 für knapp 60 Prozent des globalen
                                   Fischfangs verantwortlich war.

                                   Chinas Fernfischereiflotte stelle fast 17 000 Schiffe, schätzt das Overseas
                                   Development Institute für die Jahre 2017 bis 2018. Die Fernfischereiflotte
                                   der EU-Staaten habe im Jahr 2019 223 Schiffe gehabt, schreibt die
                                   Coalition for Fair Fisheries Arrangements. Auch in Bezug auf die ganze
                                   Fischereiflotte hat China nach den Schätzungen von Global Fishing

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                     Page 7 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                               2020-09-28, 9:16 AM

                                   Watch bei weitem die meisten Schiffe.

                                   Die zehn grössten Fischereiflotten der Welt, 2019 (in Tausend)
                                                      0                 10                         20   30

                                            China

                                        Norwegen

                                         Südkorea

                                              USA

                                          Spanien

                                           Taiwan

                                            Japan

                                            Italien

                                   Grossbritannien

                                       Frankreich

                                   Quelle: Global Fishing Watch                                              NZZ / adi.

                                   Dabei fischen Chinas Fernfischer nicht nur in internationalen
                                   Gewässern. Einige Länder erzielen hohe Einkünfte damit, dass sie China
                                   Fischereirechte in ihrer Wirtschaftszone abtreten. Auf diese Weise
                                   gefährden diese Regierungen die Lebensgrundlage heimischer Fischer.
                                   Ein Beispiel dafür ist Iran. Dort beschweren sich die Fischer seit einigen
                                   Jahren über Chinesen, die in iranischen Gewässern fischen. «Ich habe
                                   immer 60 bis 70 Kilogramm Fisch pro Tag gefangen», sagt ein Fischer
                                   gegenüber einem lokalen Fernsehsender. «Heute ist nichts mehr übrig.»
                                   Die Schuld gibt er den Chinesen.

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                               Page 8 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                                                 2020-09-28, 9:16 AM

                                   Die chinesischen Schiffe fischen legal innerhalb der iranischen AWZ – jedoch mit illegalen
                                   Methoden, sagen Augenzeugen.

                                   Schiffsbewegungen vom 1. Juli bis zum 18. August.
                                   Quellen: SPIRE (Schiffsbewegungen), Natural Earth (Basiskarte)                              NZZ / adi.

                                   Berichte von lokalen Fischern, die sich über chinesische Schiffe in ihren
                                   Gewässern beschweren, gibt es weltweit. Laut dem Meeresbiologen
                                   Daniel Pauly, Professor an der University of British Columbia, schliesst
                                   China mit vielen Ländern Fischereiverträge ab. Das geschehe jedoch
                                   meist sehr diskret. «Wenn chinesische Schiffe auftauchen, denken die
                                   lokalen Fischer natürlich zunächst, diese seien illegal dort», erklärt
                                   Pauly. Der Forscher gilt als führender Fischereiexperte. Er hat jahrelang
                                   zum Einfluss der Menschen auf den Ozean geforscht und dabei
                                   bewiesen: Wenn die kommerziellen Fischereien so weitermachen, rotten
                                   sie nicht nur die Fischbestände aus, sondern schaffen sich auch gleich
                                   selbst damit ab.

                                   Eine besonders schädliche Methode ist zum Beispiel das Fischen mit
                                   Grundschleppnetzen. Trawling wird das im Jargon genannt. Dabei wird
                                   ein riesiges, trichterförmiges Netz über den Meeresboden gezogen.
                                   Umweltexperten beklagen, dass hierbei grosse Meerestiere wie Delphine
                                   gefangen würden und der Meeresboden zerstört werde. Trawling ist in

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                                                 Page 9 of 15
Vor den Galapagosinseln, Iran oder Nordkorea: Die chinesischen Schiffe fischen, wo es ihnen gefällt. Das steckt dahinter
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                   2020-09-28, 9:16 AM

                                   iranischen Gewässern nicht erlaubt. Iranische Fischer sagen, China halte
                                   sich nicht an das Verbot.

                                   Dass China des Trawling bezichtigt wird, kommt nicht von ungefähr.
                                   Von allen 152 Küstenstaaten belegt China auf dem Index der illegalen,
                                   nicht gemeldeten und nicht geregelten Fischerei (IUU) den ersten Platz.
                                   Der IUU-Index wird von der norwegischen Regierung finanziert,
                                   dahinter stecken eine internationale Beratungsfirma und eine
                                   Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Genf. Auch China führt einen
                                   IUU-Index. Darauf seien chinesische Fischereien seit 2013 nicht mehr
                                   erschienen, berichtet die regierungstreue Zeitung «Global Times».

                                   China will Fisch essen – und Präsenz markieren

                                   Die Fernfischerei schädigt die Ozeane und bedroht die Lebensgrundlage
                                   lokaler Fischer. Gleichzeitig sind viele der industriellen Fangmethoden
                                   wie das Trawling sehr teuer. Bringt das Fischen ausserhalb der eigenen
                                   Gewässer den Ländern also satte Gewinne? Eine Studie von Forschern
                                   von Global Fishing Watch, National Geographic Society und
                                   verschiedenen Universitäten aus dem Jahr 2018 zeigt: Über die Hälfte der
                                   Fernfischerei rentiert nur dank staatlichen Subventionen. China, Japan
                                   oder Spanien stecken jährlich Hunderte von Millionen Dollar in die
                                   Fernfischerei.

                                   Ein Grund für die staatlichen Subventionen ist die weltweit wachsende
                                   Nachfrage nach Fisch. Allein durch Fischzuchten und den Fang aus
                                   heimischen Gewässern kann diese nicht gedeckt werden. China hat fast
                                   1,4 Milliarden Menschen zu ernähren. Seit den späten 1970er Jahren
                                   essen die Chinesen mit zunehmendem Wohlstand immer mehr Fisch.
                                   Chinas Landwirtschaftsministerium ging 2015 von 14,3 Kilogramm Fisch
                                   und Meeresfrüchten jährlich pro Kopf für die städtische Bevölkerung
                                   aus. Der weltweite Durchschnitt liegt knapp unter 20 Kilogramm.

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                  Page 10 of 15
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                                2020-09-28, 9:16 AM

                                                                                                      Kyodo News / Imago
                                   Chinesische Fischereiflotten fangen nicht nur Fische, sondern
                                   sie markieren auch Präsenz in Gebieten, wo China territoriale
                                   Ansprüche hat, wie im Südchinesischen Meer.

                                   Der Meeresschützer Hourston sagt, hinter den Subventionen für die
                                   Fernfischerei Chinas stünden auch geopolitische Interessen. «Ein Gebiet
                                   mit Fischereiflotten zu kontrollieren, ist Machtprojektion mit
                                   nichtmilitärischen Mitteln.» Das gilt ganz besonders für das
                                   Südchinesische Meer, wo es immer wieder zu Zusammenstössen der
                                   chinesischen Flotte mit Fischerbooten aus den Philippinen und aus
                                   Vietnam kommt. China beansprucht dort einen Grossteil der
                                   rohstoffreichen Gebiete, obwohl ein internationales Schiedsgericht 2016
                                   diese Ansprüche zurückwies.

                                   «Es wäre das Beste, die Fischereisubventionen zu verbieten»

                                   Die hohe Nachfrage und geopolitische Interessen machen es schwer, die
                                   Probleme der lokalen Fischer zu lösen und das Ökosystem der Meere zu
                                   schützen. Dabei gibt es Ideen, wie die Fernfischerei reduziert werden
                                   könnte.

                                   Im Fall der Galapagosinseln beispielsweise fordern Umweltaktivisten,
                                   dass Ecuador die AWZ ausweitet. Wenn das gesamte Gebiet zwischen
                                   dem Festland und den Inseln unter der Kontrolle Quitos wäre, könnten
                                   die wandernden Meerestiere besser geschützt werden, argumentieren
                                   sie. Doch die AWZ können nicht eigenmächtig von einem Land

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                               Page 11 of 15
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                                      2020-09-28, 9:16 AM

                                   vergrössert werden, und dass alle Länder sich darauf einigen, ist
                                   unrealistisch. Zudem könnten lokale und – falls Ecuador entsprechende
                                   Verträge abschliesst – auch fremde Fischer weiterhin dort fischen.

                                   Vielen Entwicklungsländern wie Ecuador fällt es schwer, ihre Gewässer
                                   gründlich zu überwachen. «Ecuador braucht Hilfe», sagt der
                                   Meeresschützer Hourston. «Es fehlt dem Land schlicht an Ressourcen,
                                   um das Weltkulturerbe der Galapagosinseln zu schützen.»

                                                                                                      Santiago Arcos / Reuters
                                   Die Marine Ecuadors hat Anfangs August eine chinesische
                                   Flotte von über 300 Schiffen vor den Galapagos-Inseln
                                   inspiziert. Einige der Schiffe hätten zeitweise ihr
                                   Identifikationssystem ausgeschaltet, fand die Marine heraus.

                                   Der Fischereiexperte Pauly fordert: «Es wäre das Beste, die
                                   Fischereisubventionen zu verbieten.» Eine entsprechende Vorgabe sollte
                                   bereits einmal in die «Ziele für nachhaltige Entwicklung» der Uno
                                   aufgenommen werden. Ein konkreter Vorschlag liegt vor, unterzeichnet
                                   von 91 Uno-Mitgliedsstaaten. Doch die Staatenwelt hat sich bis heute
                                   nicht einigen können.

                                   Für die Fische in den ecuadorianischen Gewässern gibt es allerdings
                                   etwas Hoffnung: Ecuador hat sich bei China beschwert, wie ein Brief der
                                   Regierung Ecuadors als Reaktion auf die Petition der Aktivistin Llanes
                                   zeigt. Sie feiert den Erfolg. China hat für die Region um die
                                   Galapagosinseln von September bis November ein dreimonatiges

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                                     Page 12 of 15
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                   2020-09-28, 9:16 AM

                                   Fischerei-Moratorium verhängt. Ecuador möchte ein permanentes
                                   Moratorium durchsetzen, berichtete die spanische Nachrichtenagentur
                                   EFE. Ein Blick auf die aktuellen Karten zeigt: Der rote Fleck verschiebt
                                   sich langsam von den Galapagosinseln weg. Die chinesischen Schiffe
                                   ziehen ab – zumindest vorläufig.

                                            Knapp vier Millionen Datenpunkte

                                            adi. · Jeder orangefarbene Punkt auf unseren Karten, knapp
                                            vier Millionen, repräsentiert den Standort eines chinesischen
                                            Fischerbootes im Zeitraum von Juli bis Mitte August 2020. Die
                                            Standorte wurden mittels AIS-Signale übermittelt. AIS steht
                                            für «Automatisches Identifikationssystem». Die Technologie
                                            ermöglicht Schiffen, untereinander Daten über Position und
                                            Kurs auszutauschen, und wurde ursprünglich für die
                                            Lenkungen des Schiffsverkehrs und die Kollisionsverhütung
                                            entwickelt. Während dieser Austausch über Funk stattfindet,
                                            ermöglicht seit einigen Jahren satellitengestütztes AIS die
                                            globale Überwachung von schiffsbasierten Aktivitäten wie
                                            jenen des Fischfangs.

                                            AIS-basierte Daten von Fischereischiffen sind aber mit
                                            Vorbehalt zu interpretieren. Es gibt zum einen technische
                                            Hürden: In empfangsarmen, aber auch in stark befahrenen
                                            Regionen kommt es nicht selten zu einer Störung des Signals.
                                            Die Folgen davon sind unvollständige oder ungenaue
                                            Datensätze. Gesetzlich sind zudem zwar Transport- und
                                            Passagierschiffe verpflichtet, AIS zu benutzen; für
                                            Fischereischiffe ist die Ausstattung erst ab einer bestimmten
                                            Grösse obligatorisch. Geschätzt wird, dass zwischen 52 und 85
                                            Prozent der Fischereischiffe mit einer Länge von über 24
                                            Metern AIS-Technologie verwenden. Dies heisst aber nicht,
                                            dass das System auch regulär oder lückenlos eingesetzt wird:
                                            Fischereischiffe können das AIS ausschalten oder den Inhalt
                                            einer AIS-Nachricht verfälschen. So kann die Konkurrenz
                                            ausgestochen und können illegale Aktivitäten vertuscht
                                            werden.

                                            Um die Lücken in den AIS-basierten Daten zu füllen und den
                                            gesetzwidrigen Fischfang aufzudecken, greifen
                                            Nichtregierungsorganisation wie Global Fishing Watch auf
                                            verschiedene Methoden zurück. Mit Infrarotbildern können
                                            zum Beispiel Schiffe gefunden und verortet werden, die nachts
                                            Licht emittieren, um Fang anzulocken. Ebenfalls kann die in
                                            der AIS-Nachricht enthaltene Schiffsnummer mit globalen und

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                  Page 13 of 15
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                                               2020-09-28, 9:16 AM

                                              nationalen Schiffsregistern abgeglichen werden. Zudem wird
                                              Machine Learning eingesetzt, um fehlerhafte Muster in den
                                              AIS-Nachrichten zu erkennen und zu korrigieren. So erstellt
                                              Global Fishing Watch aus den AIS-Daten einen erweiterten
                                              Datensatz, der «vermutete Fischereitätigkeiten» aufzeichnet.

                                              Da dieser erweiterte Datensatz momentan nur für die
                                              Zeitspanne von 2012 bis 2016 zur Verfügung steht, bedienen
                                              wir uns für diesen Artikel der Ursprungsdaten – der von den
                                              Schiffen versendeten AIS-Signale. Der hier verwendete
                                              Datensatz stammt von Spire, einer Satellitenfirma, die auch
                                              Global Fishing Watch mit Daten beliefert. Für diesen Artikel
                                              wurden die AIS-Nachrichten nach Schiffen, die unter der
                                              chinesischen Flagge gelistet sind, ergänzt und gefiltert.
                                              Schiffe, die immer wieder unter anderen Flaggen gelistet
                                              waren, wurden gelöscht. Da die Daten nicht um weitere
                                              Quellen erweitert wurden, zeigen unsere Karten also nicht die
                                              Fischereitätigkeiten, sondern nur die Schiffsbewegungen. Ein
                                              visueller Vergleich mit der von Global Fishing Watch
                                              publizierten Karte zeigt aber eine Korrelation zwischen den
                                              Bewegungen und den «vermuteten Fischereitätigkeiten». Die
                                              AIS-Rohdaten sind somit zwar nicht für eine Detailanalyse zu
                                              gebrauchen, lassen aber doch das Ausmass des globalen
                                              Fischfangs und der damit verbunden Aktivitäten vermuten.

                                   Text Vanessa Möller, Katrin Büchenbacher, Patrick Zoll. Karten Adina Renner.
                                   Datenanalyse Adina Renner, Barnaby Skinner. Bildrecherche Martin Berz.

                                   13 Kommentare

                                   C. B. vor 12 Tagen                                                                   19 Empfehlungen

                                   Als ich vor 3 Jahren die Galapagos Inseln besuchte, hatten sie dort gerade einen chinesischen
                                   Trawler beschlagnahmt und den Kapitän verhaftet, da er im SCHUTZGEBIET fischte. Und unser
                                   Guide sagte uns, dass dies ständig vorkomme. Wenn China behauptet dies sei nicht der Fall, dann
                                   lügt die chin. Regierung. Wen wundert das? Und nun mit Corona scheint es noch schlimmer zu sein,
                                   da z.B. zwischen den Galapagos Inseln die Kontrolle durch die Boote der Guides und Umweltschützer
                                   weitgehend ausfällt. Auch an der kolumbischen Pazifikküste erzählten uns einheimische Fischer eine
                                   ähnliche Geschichte: die Chinesen fischen rücksichtslos. 1,5 Milliarden Chinesen brauchen riesige
                                   Mengen Fisch und man besorgt ihn sich legal oder illegal, ganz egal. Man sollte den Chinesen
                                   endlich einmal energisch auf die Finger klopfen. Und die Schleppnetzfischerei gehört sowieso
                                   weltweit verboten, egal wer fischt. Michael Shellenberger schreibt in seinem Buch "Apocalypse
                                   Never" dass die einzige Lösung des Problems GUTE Fischzucht ist, da die Anzahl Menschen wohl
                                   kaum schnell genug zurück geht, um die Meere anders retten zu können.

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                                              Page 14 of 15
Galapagos-Inseln, Iran, Nordkorea: China fischt, wo es will                                                                                   2020-09-28, 9:16 AM

                                   andrej motyl vor 12 Tagen                                                                16 Empfehlungen

                                   Wie es der Artikel richtigerweise (aber leider nur ) streift, betreibt China mit Milliardensubventionen
                                   für die Fischerei-Flotten geostrategische Politik. Im Zusammenhang mit dem Südchinesischen Meer
                                   sehen wir einen kafkaesken Wettlauf, um die Kontrolle der Seefläche über "Präsenz" . China
                                   bestimmt wann und wo dort gefischt werden darf. Chinas Fischer sind dort ein Teil einer nationalen
                                   Militia. Mann braucht keine Kannonenboote, bloss Fischer mit Satelitenphones und jedes chin.
                                   Küstenwachboot in der Region ist im Bilde über jede Bewegung eines fremden Prospektionsbootes
                                   (Gas, Erdöl). Wir sind dabei die Abschaffung der freien Schifffahrt zu beobachten, aber mit abstrus
                                   naiven und ideologisch geblendeten Maas-los Heiklen Aussenministern der EU lechzen wir nach "
                                   Peace in our time". In der Ost - Ägäis item.

                                                                         Alle Kommentare anzeigen

                                   Mehr zum Thema

                                                                       Auf Galapagos ist die Erschaffung der Welt
                                                                       noch immer im Gang
                                                                       Charles Darwin machte die Galapagosinseln
                                                                       weltberühmt; und sie ihn. Hier kam der britische
                                                                       Naturforscher vor bald 200 Jahren der Schöpfung auf die
                                                                       Schliche. Das Naturparadies im Pazifik ist auch heute
                                                                       noch einzigartig, doch die Balance droht allmählich zu
                                                                       kippen.

                                                                       Sascha M. Kleis (Text und Bilder) 24.01.2020

                                                                       ERKLÄRT

                                                                       Die freie Seefahrt wird mit Kriegsschiffen
                                                                       durchgesetzt – das Wichtigste im Überblick
                                                                       Patrick Zoll 08.09.2018

                                                                       Trump will Meeresschutzgebiet wieder
                                                                       für Fischerei öffnen
                                                                       Trumps Vorgänger, Barack Obama, hatte das Gebiet vor
                                                                       der Küste von Maine 2016 zum Schutzgebiet erklärt.

                                                                       06.06.2020

                                   Copyright © Neue Zürcher Zeitung AG. Alle Rechte vorbehalten. Eine Weiterverarbeitung,
                                   Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung zu gewerblichen oder anderen Zwecken ohne
                                   vorherige ausdrückliche Erlaubnis von Neue Zürcher Zeitung ist nicht gestattet.

https://www.nzz.ch/international/galapagos-inseln-iran-nordkorea-china-fischt-wo-es-will-ld.1573141                                                  Page 15 of 15
Sie können auch lesen