VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner - SchreinerZeitung
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PRAXISMERKBLATT TECHNIK Impressum 3 Ausgangslage 4 Übersicht Klassierungen und Prüfnormen 6 Grundnormen 6 Klassierungsnorm 6 Prüfnormen, Prüfverfahren 6 Weitere Klassierungen, Prüfnormen, Prüfverfahren 7 Ablauf der Prüfung nach EN 1627 bis 1630 am Beispiel einer Tür 9 Werkzeugsätze für die manuellen Einbruchversuche 11 Klassierung von Glas 13 Umsetzung in die Praxis 14 Ganzheitlicher, schutzzielorientierter Einbruchschutz 14 Sicherheitscheck einer Liegenschaft 15 Sicherung von Bauteilen 16 Einbruchhemmende Türen 16 Türen nachrüsten 18 Einbruchhemmende Fenster 32 Fenster nachrüsten 34 Sicherung weiterer Bauteile 42 Fachliteratur, Vorschriften 45 Einbruchschutz, VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner Version Ausgabe 2021.2 Redaktion VSSM Technik & Betriebswirtschaft Autor Pierre Scheidegger Fachliche Begleitung Urs Stalder, BHF; Gerhard Rasch und Simon Schneider, VSSM; Beat Rudin, FFF (Teil Fenster) Herunterladen 48 Seiten, ausschliesslich als Download im PDF-Format erhältlich www.vssm.ch ➔ Technik ➔ Sicherheit / Einbruchschutz Ziel und Zweck Praxisumsetzung der Normen durch praxisgerechte Fachinformationen und Hinweise zur alltägli- chen Anwendung für Schreiner-Unternehmen. Der besseren Lesbarkeit halber wird im vorliegenden Praxismerkblatt die männliche Form ver- wendet. Dies dient ausschliesslich der sprachlichen Vereinfachung. Selbstredend sind immer An- gehörige beider Geschlechter gemeint. Haftungsausschluss Die vorliegende Publikation wurde mit aller Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. Der Her- ausgeber haftet nicht für Schäden, die durch die Benützung und Anwendung dieser Publikation entstehen können. VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 3
PRAXISMERKBLATT TECHNIK HINTERGRUND UND ENTWICKLUNG Gemäss Statistik gingen die Einbrüche in der Schweiz 2020 erfreulicherweise von 61'128 im Rekordjahr 2012 auf 24’010 zurück. Dennoch haben wir zum angrenzenden Ausland Aufholbedarf. Um den Einbruchschutz zu verbessern, gründeten 2017 die Schweizerische Kriminalprä- vention (SKP) unter Mitwirkung des VSSM und anderen massgebenden Wirtschaftsverbän- den den Verein «Sicheres Wohnen Schweiz SWS». Dieser Verein versteht sich als Netz- werk aus Anbietern von Einbruchschutzlösungen und den Polizeiorganen. von WK zu RC Die SN EN 1627 ist seit Ende 2011 in Kraft und seither wird für die Widerstandsklassen die Abkürzung RC (Resistance Class) verwendet. Leider nutzen viele Planer heute noch die al- ten Bezeichnungen WK (Widerstandklasse). Ein freundlicher Hinweis von Seiten des Schreiners könnte somit nicht schaden... INVERKEHRBRINGEN VON BAUPRODUKTEN Basis für das «Inverkehrbringen von Bauprodukten» bilden in der Schweiz Bauproduktege- setz und Bauprodukteverordnung, die am 1. Oktober 2014 in Kraft gesetzt wurden. Im Sinne des Bauproduktegesetzes müssen die Produkte, bezogen auf die Einbausituation, folgende Grundanforderungen erfüllen: ▪ die mechanische Festigkeit und Standsicherheit ▪ den Brandschutz ▪ die Hygiene, die Gesundheit und den Umweltschutz ▪ die Sicherheit und Barrierefreiheit ▪ den Schallschutz ▪ die Energieeinsparung und den Wärmeschutz ▪ die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen Schutzziel und Die einzelnen Einbruchschutzmassnahmen sollten erst ausgeführt werden, wenn gemein- Anforderungen sam mit dem Kunden die Schwachstellen am Gebäude ermittelt und ein Konzept erarbeitet wurde. Isolierte Einzelmassnahmen sind nicht zielführend. Der Beizug eines polizeilichen Sicherheitsberaters oder SWS-Sicherheitsberaters wird empfohlen. 4 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Neue Bauteile Das Angebot an geprüften Bauteilen und Systemen hat in den letzten Jahren stark zuge- nommen. VSSM und FFF empfehlen daher, bei Neuanfertigungen und Ersatz, wo immer möglich geprüfte Bauteile mit Nachweis/Zertifikat zu liefern und einzubauen. Der Einbruchschutz mit einer RC-Klassifizierung (z. B. RC 2, RC 3) muss mit einer Bauteil- prüfung nachgewiesen werden. Ähnlich wie beim Brandschutz gilt der Nachweis nicht für einzelne Komponenten, sondern für das gesamte Bauteil als System. Daher sollte der Schreiner unbedingt auf die Lieferung von ungeprüften Bauteilen verzichten, die nach dem Grundsatz «in Anlehnung an» produziert wurden. Er begibt sich damit, juristisch ge- sehen, unnötig in Gefahr. Nachrüstungen Nachrüstungen an guten und stabilen Bauteilen wie Türen und Fenstern machen oft Sinn und können sehr effizient sein. Die Umsetzung muss aber unbedingt verhältnismässig er- folgen. Bezeichnungen wie RC 2, RC 3 usw. dürfen hier nicht verwendet werden. VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 5
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Grundnormen EIGENSCHAFTEN ZUSTÄNDIGE NORM / REGELWERK FUNKTION SIA 343 Türen und Tore Die SIA-Normen 343 und 331 bilden die schweizeri- SIA 331 Fenster und Fenstertüren sche Umsetzung der Produktenorm SN EN 14351-1 «Fenster und Türen». Während sich die Norm SIA 343 mit Türen und Tore auseinandersetzt, gilt die Norm SIA 331 für Fenster und Fenstertüren. Klassierungsnorm EIGENSCHAFTEN ZUSTÄNDIGE NORM / REGELWERK FUNKTION Klassierung von Norm SN EN 1627, SIA 343.201 Festlegung von Anforderungen und Klassifizierung Bauteilen von Bauteilen. Die Basis bilden die nachfolgenden Prüfnormen. Prüfnormen, Prüfverfahren EIGENSCHAFTEN ZUSTÄNDIGE NORM / REGELWERK FUNKTION Statische Prüfung Norm SN EN 1628 SIA 343.202 Durchbruchhemmung mit statischer Belastung. Mit diesem Prüfverfahren wird die Stabilität des Bauteils gegen Aufdrücken geprüft. Dazu wird das Bauteil an vom Prüfungsexperten defi- nierten Punkten festgelegten Druckbelastungen aus- gesetzt. Dynamische Prüfung Norm SN EN 1629, SIA 343.203 Durchbruchhemmung mit dynamischer Belastung. Mit diesem Prüfverfahren wird die Stabilität des Bau- teils gegen Dagegenwerfen (z.B. Schulterwurf) ge- prüft. Dazu wird ein Prüfkörper aus einem festgeleg- ten Abstand in Pendelbewegung gegen das Bauteil geworfen. Dynamische Prüfung Norm SN EN 356, SIA 331.501 Legt das Prüfverfahren zur Klassierung von Gläsern für Gläser und und Glaselementen fest. Glaselemente (Klasse A, z. B. «Klasse P4A») Gläser der tieferen Klassen werden auf die Durch- wurfhemmung, Gläser der oberen Klassen auf die Durchbruchhemmung geprüft. Hinweis: Es wird lediglich der Aufbau des Glaselements selbst, nicht dessen Einbau beurteilt und geprüft. Manueller Norm SN EN 1630, SIA 343.204 Durchbruchhemmung anhand eines manuellen Ein- Einbruchversuch bruchversuchs. In diesem Prüfverfahren wird mit einem definierten Werkzeugsatz versucht, innerhalb der vorgegebenen Zeit eine durchstiegsfähige Öffnung zu erzielen. Die Verwendungsweise des Werkzeugs ist definiert. 6 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Weitere Klassierungen, Prüfnormen, Prüfverfahren EIGENSCHAFTEN ZUSTÄNDIGE NORM / REGELWERK FUNKTION Schlösser und Baubeschläge Norm SN EN 179 Notausgangsverschlüsse mit Drücker oder Stossplatte für Türen in Rettungswegen Norm SN EN 1125 Paniktürverschlüsse mit horizontaler Betätigungs- stange für Türen in Rettungswegen Schliesszylinder und Norm SN EN 1303 Festigkeit, Verschlusssicherheit, Dauerhaftigkeit und Schlösser Korrosionsbeständigkeit von Schliesszylindern und Schlössern Türdrücker und Türknäufe Norm SN EN 1906 Dauerfunktion, Korrosionsbeständigkeit, die freie Winkelbewegung und Versetzung von Türdrü- ckern/Türknäufen Mechanisch betätigte Norm SN EN 12209 Dauerfunktionstüchtigkeit, der Festigkeit, der Schutz- Schlösser und Schliessbleche wirkung und Wirkungsweise von mechanisch betätig- ten Schlössern und deren Schliessbleche Schutz gegen Norm SN EN 1063 Durchschusshemmung Durchschuss (Klasse C, z. B. «Klasse BR 1») Sprengwirkungs- und Norm SN EN 13541 Sprengwirkungshemmung / Explosionshemmung Explosionsschutz (Klasse D, z. B. «Klasse ER 1») Technischer Norm SN EN 50131 Anforderungen an Alarmanlagen, Einbruch- und Über- Einbruchschutz fallmeldeanlagen Norm SN EN 50133-1 Anforderungen an Alarmanlagen, Zutrittskontrollanla- gen für Sicherheitsanwendungen - Teil 1: Systeman- forderungen VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 7
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Widerstandsklasse Verglasung Täterbild Widerstandszeit Gesamtprüfzeit (nach SN EN 1627) SN EN 356 (mutmassliche Arbeitsweise des Täters) «direkte (nach SN EN 1630) Kontaktzeit» Seit Bis (nach SN EN 1630) 1.12.2011 30.11.2011 RC 1 N – Der Gelegenheitseinbrecher versucht, Zutritt zu erlangen – – derungen an Keine Anfor- mit Hilfe von körperlicher Gewalt, z. B. durch Treten, das Glas Schulterstoss, Hochheben, Herausreissen. RC 2 N – Der Gelegenheitseinbrecher versucht zusätzlich, mit Hilfe 3 Min 15 Min. derungen an Keine Anfor- einfacher Werkzeuge Zutritt zu erlangen, wie z. B. Schrau- das Glas bendreher, Zange, Keil und kleine Handsäge. RC 2 WK 2 P4A Der Gelegenheitseinbrecher versucht zusätzlich, mit Hilfe 3 Min 15 Min. einfacher Werkzeuge Zutritt zu erlangen, wie z. B. Schrau- bendreher, Zange, Keil und kleine Handsäge. RC 3 WK 3 P5A Der Einbrecher versucht Zutritt zu erlangen mit Hilfe ei- 5 Min 20 Min. nes Kuhfusses, eines zusätzlichen Schraubendrehers so- wie Handwerkzeugen, wie einem kleinen Hammer, Splint- treiber und einem mechanischen Bohrer. RC 4 WK 4 P6B Der erfahrene Einbrecher nutzt zusätzlich einen schweren 10 Min 30 Min. Hammer, eine Axt, Stemmeisen sowie einen tragbaren batteriebetriebenen Bohrer. RC 5 WK 5 P7B Der sehr erfahrene Einbrecher nutzt zusätzlich Elekt- 15 Min 40 Min. rowerkzeuge, z. B. Bohrer, Loch- und Stichsäge und einen kleinen Winkelschleifer. RC 6 WK 6 P8B Der sehr erfahrene Einbrecher nutzt zusätzlich Spalthäm- 20 Min. 50 Min. mer, leistungsstarke Elektrowerkzeuge, z. B. Bohrer, Loch- und Stichsägen und einen grossen Winkelschleifer. Tabelle 1 Widerstandsklassen «RC» Seit der Einführung der definitiven EN-Norm im Jahr 2011 wird die Bezeichnung «RC» (Re- sistance Class) zur Klassifizierung der Widerstandsklasse von geprüften Bauteilen ver- wendet. Planer, die immer noch die alte Bezeichnung «WK» gebrauchen, sollten unbedingt darauf hingewiesen werden. Hinweis zu RC 1 N Die Widerstandsklassen RC 1 N und RC 2 N beschreiben verglaste Bauteile ohne Sicher- und RC 2 N heitsanforderungen an die Verglasung. Bauteile dieser Klassen sind für Situationen vorge- (in der Schweiz sehen, die vom Täter nicht leicht erreichbar sind, d.h. der Einbauort liegt mindestens 3 m nicht üblich) über und mindestens 1 m seitlich von einem festen Standplatz des möglichen Täters entfernt. Beispiele: Oberlichter, Fenster in oberen Stockwerken, Fenster neben Balkonen. Bauteile der Klasse RC 1 N werden, im Gegensatz zur Klasse RC 2 N, keinem manuellen Einbruchversuch gem. SN EN 1630 unterzogen. 8 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Ablauf der Prüfung nach EN 1627 bis 1630 am Beispiel einer Tür Eine Einbruchprüfung setzt sich aus allen Prüfungsteilen zusammen. Diese sind aufeinan- der abgestimmt und werden in der nachstehenden Abfolge durchgeführt: Probekörper 1 Probekörper 2 Bilder: BFH-AHB Biel Statische Prüfung (EN 1628) Dynamische Prüfung (EN 1629) Manuelle Vorprüfung (EN 1630) Schwachstellenanalyse Manuelle Hauptprüfung (EN 1630) Statische Prüfung Bei der statischen Prüfung wird ein Stempel an die vorher definierten Druckpunkte ange- (EN 1628) setzt und mit Druck gemäss Tabelle 2 belastet und mit vorgegebenen Spaltlehren die Aus- lenkung gemessen. RC KRAFT IN KN 1 N, 2N, 2 F1 = 3 F2 = 1.5 F3 = 3 3 F1 = 6 F2 = 3 F3 = 6 4 F1 = 10 F2 = 6 F3 = 10 5, 6 F1 = 15 F2 = 10 Bilder: BFH-AHB Biel F3 = 15 Tabelle 2 Dynamische Prüfung Bei der dynamischen Prüfung wird ein genormter Doppelreifen mehrere Male auf vom Prü- (EN 1629) fer vorher festgelegte Punkte fallen gelassen. Stosskörper RC FALLHÖHE IN MM 1 N, 2N, 2 450 3 750 Fallhöhe 4–6 keine dynamische Prüfung Tabelle 3 Bild: BFH-AHB Biel VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 9
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Manuelle Prüfung (EN 1630) Nach SN EN 1630 versteht man beim manuellen Einbruchversuch unter «Widerstandszeit» die «direkte Kontaktzeit». Der Prüfer hat die Möglichkeit, den Test mehrmals zu unterbre- chen, zu überlegen und dann neu anzusetzen. Die manuelle Prüfung wird zweiteilig durchgeführt: einer Vorprüfung und eine Hauptprü- fung. Bei der Vorprüfung werden am Element, das schon die statische und die dynamische Prüfung absolviert hat, eventuelle Schwachstellen analysiert und angeschaut. Für die Hauptprüfung kommt ein neues Element zur Anwendung und die ausgemachten potenziellen Schwachstellen werden gezielt angegriffen. RC WERKZEUG- WIDERSTANDS- GESAMTPRÜF- SATZ ZEIT (MIN.) ZEIT (MIN.) 1N A1 keine manuelle Prüfung 2N A2 3 15 2 A2 3 15 3 A3 5 20 4 A4 10 30 5 A5 15 40 6 A6 20 50 Tabelle 4 Die «Gesamtprüfzeit» liegt also, je nach Widerstandsklasse, drei- bis fünfmal höher als die «Widerstandszeit». Bilder: BFH-AHB Biel 10 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Werkzeugsätze für die manuellen Einbruchversuche AUSZUG AUS SN EN 1630 Grundwerkzeugsatz A1 Der Grundwerkzeugsatz A1 kommt für alle Widerstandsklassen zur Anwendung. Zu den nachfolgenden Werkzeugsätzen A2 bis A6 gehört immer das ganze vorherge- hende Werkzeugsortiment dazu. Beispiel: Werkzeugsatz A3 setzt sich zusammen aus dem Grundwerkzeugsatz A1 und den zu- sätzlichen Werkzeugen für RC2 und RC3 usw. Zusatzwerkzeug A2 Wovon die rot umrahmten Werkzeuge für RC2–Türen auswärts öffnend, dann ab RC 3 bzw. RC 4 ohne Einschränkung verfügbar sind. VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 11
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Zusatzwerkzeug A3 (links) und A4 (rechts) Zusatzwerkzeug A5 (links) und A6 (rechts) FAZIT: KEINE ZEITANGABEN MACHEN! Dass manuelle Einbruchversuche nach SN EN 1630 unter Laborbedingungen durchgeführt werden, zeigen die nachfolgenden Punkte: ▪ Dem Prüfer stehen Hilfsmittel zur Verfügung, die richtiger Einbrecher nicht hat (z.B. Arbeitsplattform in gewünschter Höhe, vorgängige Informationen zum Bauteil, Sicht auf die Gegenseite usw.). ▪ Die vorgenannten Werkzeugsätze für den Prüfer sind auf die jeweilige Belastungsstufe abgestimmt. Einbrecher sind auf kleinere Werkzeuge angewiesen, die sich gut unter der Kleidung verstecken lassen. Dafür werden sie sich der Werkzeuge bedienen, die z.B. im Gartenhaus vorhanden sind. ▪ Während der Prüfer zwar unter Zeitdruck steht, sich aber voll auf seine Arbeit konzent- rieren kann, lebt der Einbrecher immer mit der Angst, entdeckt zu werden. Aussagen wie «eine RC 3-Türe bietet einen Widerstand von 5 min.» sind deshalb nicht kor- rekt und sollten in Beratungsgesprächen vermieden werden. 12 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Klassierung von Glas Auszug aus SN EN 356 Einbruchhemmende Gläser sind VSG-Gläser. Diese setzen sich aus zwei oder mehreren Glasscheiben zusammen, die mit hochreissfesten, zähelastischen Zwischenschichten (PVB-Folien) verbunden sind. Normale Einschichtgläser oder thermisch vorgespannte ESG- Gläser eignen sich nicht für den Einbruchschutz. Durchwurf- Verglasungen der Klassen P1A bis P5A beschreiben eine «angriffhemmende Verglasung hemmende mit Durchwurfhemmung». Die Gläser werden folgendermassen geprüft: Im Prüfverfahren Verglasung fällt eine 4,11 kg schwere Metallkugel (Durchmesser 100 mm) auf eine Glasprobe (1100 × 900 mm) dreimal (bzw. neunmal bei P5A) aus der angegebenen Höhe. KLASSE KUGELFALLHÖHE TREFFERFLÄCHE P1A 1,5 m Dreieck mit Kantenlänge von 130 mm P2A 3m Dreieck mit Kantenlänge von 130 mm P3A 6m Dreieck mit Kantenlänge von 130 mm P4A 9m Dreieck mit Kantenlänge von 130 mm P5A 9m Auf die gleiche Stelle Tabelle 6 Durchbruch- Verglasungen der Klassen ab P6B bis P8B beschreiben eine «angriffhemmende Verglasung hemmende mit Durchbruchhemmung». Im Prüfverfahren wird versucht mit einer Axt zwischen 30 bis Verglasung über 70 Mal einen quadratischen Durchbruch mit 400 mm Kantenlänge zu bewirken. KLASSE ANZAHL AXTHIEBE P6B 30 bis 50 P7B 51 bis 70 P8B über 70 Tabelle 7 Die oben beschriebenen Klassierungen von Gläsern betreffen lediglich Glasqualität und Glasaufbau, nicht aber den Einbau! Der Einbau des Glases ist Teil der Bauteilprüfung nach EN 1627 bis 1630. VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 13
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Ganzheitlicher, schutzzielorientierter Einbruchschutz Beim Einbruchschutz ist es besonders wichtig, den Kunden so zu unterstützen und zu be- raten, dass das von ihm gewünschte Schutzziel erreicht wird und keine Lücken entstehen. Vereinzelte isolierte Massnahmen sind nicht zielführend. Bild SKP Organisatorische Die Verhaltensweise des Nutzers bildet die wichtigste Basis für einen effizienten Ein- Massnahmen bruchschutz. Bei Fehlverhalten nützen auch die besten Einbruchschutzmassnahmen nichts. Bei kurzen Abwesenheiten: ▪ Türen und Fenstern verriegeln (auch schräg gestellte Fenster schliessen!) ▪ Schlüssel abnehmen und mindestens eine Armlänge vom Fenster entfernt versorgen Bei längeren Abwesenheiten: ▪ Rollläden nicht runterlassen ▪ Anwesenheit mit zeitgesteuertem Licht vortäuschen ▪ Gegenseitige Nachbarschaftshilfe in Form von: - Leeren des Briefkastens (überquellende Briefkästen zeigen Abwesenheit an) - Post in die Wohnung legen lassen - Blumen giessen, Licht machen usw. ▪ Unbekannte Personen ansprechen, bei Verdacht der Polizei melden Baulich-technische Mit baulich-technischen Massnahmen wird dem potenziellen Einbrecher die Eintrittszeit Massnahmen derart erhöht, dass er besten Fall von seinem Vorhaben absieht und weiterzieht. Die Wahl dieser Massnahmen hängt wesentlich vom zur Verfügung stehenden Budget und dem Zu- stand der bestehenden Bauteile ab. Anzustreben sind: 1. Neubauteile (einbruchschutzgeprüfte, zertifizierte Fenster und Türen RC2, RC3 usw.) 2. Nachrüstprodukte für bestehende Bauteile (z.B. Mehrpunktverschlüsse, Bandsiche- rungen, Zusatzschlösser, Fenstergitter) Elektrotechnische Der Einsatz einer Alarmanlage macht nur als ergänzende Massnahme Sinn. Alarmanlagen Massnahmen sind durch eine ausgewiesene Fachperson, möglichst SES-zertifiziert, zu planen. Folgende Punkte muss eine Einbruchmeldeeinrichtung erfüllen: ▪ Frühzeitiges Erkennen eines Eindringens an einbruchkritischen Stellen ▪ Örtliche Anzeige derselben ▪ Weiterleitung des Alarms mit den festgestellten Abweichungen an eine Alarmemp- fangsstelle, die 24 h an 7 Tagen besetzt ist. Restrisiko Der Kunde allein bestimmt, welches Restrisiko er zu übernehmen bereit ist. 14 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Sicherheitscheck einer Liegenschaft Je nach Objekt und Kundenbedürfnis empfiehlt sich relativ rasch der Beizug eines Sicher- heitsberaters1. Dieser wird vor Inangriffnahme von Einbruchschutzmassnahmen mit einem Augenschein/einer Begehung vor Ort alle sicherheitsrelevanten Stellen an Liegenschaft und Umschwung ermitteln und daraus zusammen mit dem Kunden ein Sicherheitskonzept erstellen. Der Schreiner bewegt sich mit seinen Möglichkeiten im baulich-technischen Einbruch- schutz. Die nachfolgenden Darstellungen für den Wohnbereich stammen aus der SWS-Bro- schüre «Gegen Einbruch kann man sich schützen» und können dem Schreiner für eine Grobbeurteilung als Checkliste dienen. Mögliche Schwachstellen Einfamilienhaus SWS-Broschüre «Gegen Einbruch kann man sich schützen» Seiten 6 + 7 Mögliche Schwachstellen Mehrfamilienhaus SWS -Broschüre «Gegen Einbruch kann man sich schützen» Seiten 8 + 9 Hinweis Baulich-technische Massnahmen nützen nur, wenn der Nutzer die Vorrichtungen auch richtig anwendet. Der Schreiner ist daher gut beraten, den Kunden nach der Fertigstellung von Einbruchschutzmassnahmen die wichtigsten Anwendungskriterien zu zeigen (ähnlich wie bei der Übergabe eines neuen Fahrzeugs beim Garagisten). Geschickt gemacht, kommt dies beim Kunden sehr gut an. Nicht vergessen gehen sollten unbedingt folgende zentrale Hinweise: ▪ Schräggestellte Fenster schliessen ▪ Fenstergriffe abschliessen und Schlüssel abziehen ▪ Schlüssel von Fenstergriffen mind. eine Armlänge vom Fenster weg deponieren ▪ Aussenliegende Türen konsequent verriegeln (auch Garagentor!) ▪ Diese Massnahmen auch bei kurzen Absenzen anwenden! 1Polizeilicher Sicherheitsberater siehe Liste in der SWS-Broschüre «Gegen Einbruch kann man sich schützen», weitere ausgebildete Berater unter www.si- cheres-wohnen-schweiz.ch ➔ Firmen und Beratungen VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 15
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Einbruchhemmende Türen Merkmale von Grundsätzlich empfehlen die Polizei und der Verein« Sicheres Wohnen Schweiz SWS» dem Einbruchschutztüren Kunden geprüfte und zertifizierte Türelemente mit Anforderungsstufe gemäss seinen Be- dürfnissen (RC 2, RC 3, usw.) zu verbauen. Eine Prüfung von Türen im Bestand setzt voraus, dass die wichtigsten Eigenschaften einer Einbruchschutztüre bekannt sind. Es sind dies: MERKMALE GEPRÜFTER TÜREN Übersicht 1 3 2 4 Bild: Glutz AG 1 Verwindungssteifer Türflügel 2 Hartholzrahmen. Optimal dabei sind Rift-, Halbrift- oder keilverzinkt/lamellierte Rahmenfriese Montage je nach Mauerwerk mit Siebankerdübeln, Direktschrauben oder formschlüssigen Schwerlastankern, bei Leichtbauwänden in verstärkten Ständer der Wand verschraubt. Schrau- benabstände in der Regel von aussen ≤ 100 mm, Schraubenabstand ≤ 400 mm 3 Bandsicherungen 4 Stabile Mehrpunktverschlüsse mit Riegeln oder Schwenkriegeln (keine Rollzapfen) 5 Sicherheitsschliessbleche 6 Schutzschilder und Zylinderschutz (Bohrschutz oder Panzerung) Türflügelaufbau Türflügel sollten verwindungssteif und möglichst mit Vollspankern und Hartholzkanten ge- von geprüften baut sein. Wegen der schlechteren Spaltbarkeit sollten die Jahrringe parallel zur Platten- Einbruchschutztüren ebene verlaufen. Aluzwischenlagen hemmen das mechanische Durchdringen des Türflü- gels z.B. mit Messer und/oder Schraubenzieher. Der ideale Aufbau eines Türflügels ist in der nachfolgenden Grafik abgebildet. 2 3 1 4 5 4 1. Mittellage in Vollspan oder 3. Sperrholz-Stabilisator (z.B. Kerto) hartgepressten Mineralfa- 4. Hartplattendeck serplatten 5. Metall-Zwischenlage 2. Hartholzkante, Jahrringe parallel zur Plattenebene 16 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Spezialanforderung Flucht- Türen in Fluchtwegen müssen, wo von den Brandschutzvorschriften der VKF vorgegeben, wegtüren nach SN EN 179 (Türen mit Notausgangsverschlüssen) bzw. SN EN 1125 (Türen mit Panik- verschlüssen) so ausgestattet sein, dass sie von der Fluchtseite her ohne Hilfsmittel rasch geöffnet werden können. Die meisten gemäss SN EN 1627 geprüften Einbruchschutztüren wurden so geprüft, dass sie von keiner der beiden Seiten aus ohne einen Schlüssel zu öffnen sind. Um eine unberechtigte Manipulation von aussen zu verhindern, müssen die mechanischen und/oder elektrischen Freigabeelemente Türen entsprechend geschützt werden. Bei der Auswahl einer neuen Türe ist deshalb unbedingt darauf zu achten, dass der Systemhalter die Türe mit Panikschloss (SN EN 179 oder SN EN 1125) geprüft hat und die getroffenen Massnahmen auch so verbaut werden! Der Schutz gegen Manipulation wird beispielsweise wie folgt erreicht: ▪ Türen haben keinen offenen Bodenspalt (Manipulationsgefahr mittels Drahtschlaufe). ▪ Wenn auf eine Verglasung nicht verzichtet werden kann, weisen - Verbundssicherheitsverglasungen bis zur Widerstandsklasse RC 3 eine Polykar- bonatschicht von mindestens 5 mm auf - Verbundssicherheitsverglasungen ab Widerstandsklasse RC 4 mindestens zwei Polykarbonatschichten von 5 mm auf ▪ Der Bereich des Drückers oder der Panikstange ist bohrgeschützt ausgeführt. ▪ Bei Türen mit einer elektronischen Absicherung nach EN 13637 (Fluchtwegsystem) wird der Nottaster so angeordnet, dass der Täter ihn nicht erreichen kann. Diese Aufzählung ist nicht vollständig, je nach Stand der Technik können auch andere Massnahmen wirksam sein. Eine Überprüfung der Bauteile mit diesem Schliesszustand er- folgt nach SN EN 1630 (ohne direkten Angriff auf das Glas). Verbandslösungen Der VSSM hat sowohl Aussentüren und wie Innentüren mit Einbruchschutzeigenschaften bis RC 3 geprüft und stellt diese dem Schreiner mit einem Lizenz- und Produktionsvertrag zum Nachbau zur Verfügung. Aussentüre Innentüre mit Stahlzarge Innentüre mit Anbauteilen Mehr Infos unter www.vssm.ch/lizenzprodukte VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 17
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Türen nachrüsten BESTAND PRÜFEN Türen, die nachgerüstet werden, sollen vorher einer sorgfältigen Prüfung unterzogen wer- den. Übersteigt der Aufwand für Nachrüstungen den Restwert der Türe, sollte die Türe besser ersetzt werden. Auch wenn die nachfolgenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben, können diese Punkte trotzdem gut als Checkliste verwendet werden. Türflügel Optimal sind folgende Kriterien: ▪ Gerader, massiver und verwindungssteifer Türflügel mit Spanplattenkern ▪ Kanten in Hartholz ▪ HDF-Deckschichten ▪ Aluzwischenschichten Türrahmen Optimal sind folgende Kriterien: ▪ Schlecht spaltbares Hartholz ▪ möglichst feinjähriges Rift- oder Halbriftholz oder besser noch ▪ lamellierte und keilgezinkte Rahmenkanteln (besonders gut, weil sie ständig wech- selnden Jahrringrichtungen) aufweisen. Das reduziert ein Spalten des Rahmenholzes. 1 2 3 1 Riftholz 2 Halbriftholz 3 Lamelliert und keilgezinkt Stahlzargen Optimal sind folgende Kriterien: ▪ hohlraumfrei eingemörtelt ▪ zur Wand rissfrei, mit gutem Sitz ▪ Stahl- oder Chromstahlblech ▪ nicht nachträglich bearbeitet (z.B. mit Ausschnitten und Schweissstellen) Mauerauflage, Optimal sind folgende Kriterien: Mauerwerk ▪ Wand betoniert oder gemauert (Backsteinqualität prüfen) ▪ Genügend grosse Mauerauflage des Rahmens, damit er genügend in das darunterlie- gende Mauerwerk verankert werden kann. Brandschutztüren Vorsicht bei Türen auf Brandabschnitten! Wohnungsabschlusstüren von Mehrfamilienhäusern, Abschlüsse von Firmenbüros in Fluchtwege (horizontal oder vertikal) sind immer Brandschutztüren, auch wenn sie kein Kennzeichnungsschild aufweisen. Bei Nachrüstungen muss wie folgt vorgegangen werden: 1. Türen mit VKF-Kennzeichnungsschild Nachrüstungen dürfen nur in Absprache mit dem Systemhalter durchgeführt werden. Alle nachfolgend möglichen Aufrüstungen müssen zwingend vor der Ausführung mit dem Systemhalter abgeklärt werden. 18 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK 2. Türen im Bestand ohne Prüfnachweis Nachrüstungen sind nur mit grossen Einschränkungen und in Absprache mit der Brand- schutzbehörde möglich. Die Türen müssen aber mindestens nach SIA Lignum 83, dem da- maligen Stand der Technik, gebaut worden sein. Ist dies der Fall, sind die vorgesehenen Massnahmen zwingend vor der Ausführung durch die zuständige Brandschutzbehörde bewilligen zu lassen. RAHMEN- UND TÜRFLÜGELANSCHLAG ERTÜCHTIGEN Bündigkeit Es muss immer von der potenziellen Angriffsseite her geschaut werden, dass möglichst Rahmen/Türflügel keine Angriffspunkte für Hebelwerkzeuge geboten werden. Türflügel mit Überschlag und von der Angriffsseite her aufgesetzte Türrahmen sind solche Angriffspunkte. Türflügel können aufgehebelt oder Türrahmen von der Wand weggerissen werden. Ertüchtigung von der Überschlagsseite her: ▪ Das Aufhebeln des Türflügels kann mit einer zusätzlichen Aufdopplung des Rahmens verhindert werden. ▪ Damit der Rahmen nicht weggerissen werden kann, hilft eine zusätzliche Verschrau- bung (siehe Abschnitt «Zusätzliche Verschraubung des Rahmens»). 1 2 3 Angriffsseite = Überschlags- seite 1 Zusätzliche Verschraubung in Wand 2 T-Profil in Stahl 3 Rahmenaufdopplung Ist die Gegenbandseite die Angriffseite, ist einer der grössten Angriffspunkte das Aufhe- beln von Türen, wenn am Rahmen angesetzt werden kann. Ertüchtigung von der Gegenbandseite her: ▪ Vorhängen eines Doppels 1 Angriffsseite = Gegenbandseite 1 nachträglich angebrachtes Doppel Brandschutztüren: Vor der Montage eines Doppels ist zwingend vorgängig mit dem Sys- temhalter zu klären, ob ein Doppel auf der Türe geprüft wurde bzw. ob es erlaubt ist. Falls ja, ist die Montage des Doppels genau nach den Vorgaben des Systemhalters auszuführen. Dabei dürfen die maximale Dicke und das maximale Gewicht des Doppels nicht überschrit- ten werden. VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 19
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Zusätzliche Verschraubung Die übliche Verschraubung von Türrahmen, insbesondere durch den Rahmenfalz, ist für des Rahmens einen effizienten Einbruchschutz ungenügend. Die nachfolgend beschriebene Montage stammt von geprüften Konstruktionen, kann aber direkt zur Ertüchtigung bestehender Türen angewendet werden. ▪ Durchgehende Verschraubung des Rahmens ins Mauerwerk. ▪ Falls von Angriffsseite her geschraubt → Astflicke gut einleimen a c c a a 1 c 2 c 1 Zusätzliche Rahmenverschraubung 2 Astflickzapfen a Rahmenbreite +≤ 100 mm c b ≤ 100 mm c ≤ 400 mm c Die Bauart der Wand ist massgebend für die Art der Zusatzverschraubung: ▪ Bei Backsteinmauern ➔ Siebankerdübel c ▪ Bei Betonmauern ➔ Direktschrauben, evtl. form- schlüssige Schwerlastanker b ▪ Bei Leichtbauwänden muss die Verschraubung in den Ständer der Wand erfolgen. Wände mit Stahlblechständer müssen bei ungenügender Verstärkung geöffnet und das C-Profil entweder mit einer Ausholzung oder einem Stahlprofil nachgerüstet wer- den. Werden die Schrauben dabei schräg (schwalbenschwanzförmig) gesetzt, erhöht dies die Festigkeit gegen das Abreissen des Rahmens zusätzlich. 20 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK BESCHLÄGE NACHRÜSTEN Nachrüstungen Mit den nachfolgenden Nachrüstungen lassen sich Türen zwar verbessern. Beim Kunden darf dadurch aber nicht der Eindruck entstehen, dass seine durch die getroffenen Einzelmassnahmen verbesserten Türen gleichwertig mit einem neuen geprüften Element sind. Übersicht Damit die Türe an möglichst vielen Punkten im Rahmen gehalten werden kann, sind fol- gende Beschläge zur Nachrüstung geeignet: 4 2 3 1 1 Mehrpunktverschluss mit Sicherheitsschliessblechen/Schliessleiste 2 Schutzschild mit Bohrschutz oder Zylinderpanzerung 3 Bänder mit Stiftsicherung 4 Bandsicherungen, Reduktion der Falzluft Verschraubungen Schraubenqualität Grundsätzlich sind die vom Beschlägehersteller mitgelieferten Schrauben zu verwenden. Für zusätzliche oder alternative Schrauben sollten nur Schrauben in gleicher oder besse- rer Qualität verwendet werden. Schrauben vorbohren Für den Einbau sämtlicher Beschläge sind zwingend ALLE Schrauben fachgerecht vorzu- bohren! Wird dies nicht beachtet, werden die verschraubten Stellen durch die entstehende Vorspaltung des Holzes massiv geschwächt. GEWINDE-AUS- VORBOHRDURCH- VORBOHRDURCH- SENDURCHMES- MESSER FÜR MESSER FÜR SER NADELHOLZ LAUBHOLZ 4,0 2,5 3,0 Alle Masse in mm 4,5 3,0 3,0 5,0 3,0 3,5 6,0 4,0 4,0 8,0 5,0 6,0 10,0 6,0 7,0 12,0 7,0 8,0 Quelle: SPAX International GmbH & Co. KG VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 21
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Bänder Paumellenbänder Werden die Bänder ausgetauscht, sollten nur stabile Objektbänder in Stahl oder Chromni- ckelstahl zum Einsatz kommen. Bei leichteren Bändern wie z.B. in Druckguss oder Alu be- steht Bruchgefahr. Bei Objektbändern sind die vom Hersteller angegebenen Anzugsdrehmomente unbedingt einzuhalten. Dafür ist die Verwendung eines Drehmomentschlüssels unerlässlich. Bilder: Simonswerk/Hazet Steckbänder Ist die Bandseite zugleich die Angriffsseite, müssen die Bandstiften gesichert werden. Dazu werden Bänder mit einer am Stift angedrehten Nut und einer Madenschraube ver- wendet. Damit wird verhindert, dass die Türe im geschlossenen Zustand ausgehängt wer- den kann. Die meisten Paumellen- und Steckbänder sind mit optionaler Stiftsicherung lie- ferbar. Reduktion der Viele Bänder, darunter z.B. dreiteiligen Steckbänder, sind relativ weich und lassen sich bandseitigen Falzluft mit einem Hebelwerkzeug soweit drücken, dass es zum Aushebeln der Türe auf der Schlossseite kommen kann. Um dies zu verhindern reicht es schon, die Falzluft punktuell auf das Minimum (ca. 1 mm) zu reduzieren. Dazu wird auf Höhe der Bänder ein Stück Schiftholz eingeleimt oder ein Stück Stahlblech angeschraubt wird. 1 1 Schiftholz oder Stahlblechstück 22 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Bandsicherungen Bandsicherungen sind eine sehr effiziente Art, die bestehenden, vielleicht etwas schwa- chen Bänder so zu entlasten, dass die Türe im Rahmen bleibt. Am Markt gibt es viele zu klein dimensionierte Bandsicherungen. Ein geeignetes Modell ist beispielsweise das vom VSSM mitentwickelte Modell Heusser B1250. Bild: VSSM Schlösser Mehrpunktverschlüsse Als nachrüstbare Mehrpunktverschlüsse eignen sich in erster Linie Schlösser, die von der Stulpseite her eingebaut werden können. Es ist darauf zu achten, dass der Materialverlust durch das Ausfräsen auf ein Minimum beschränkt wird. Für Einbruchschutz geeignet sind insbesondere Schlösser mit 20 mm ausfahrbaren Zu- satzriegeln und/oder Schwenkriegeln. Nicht geeignet sind Schlösser, die nur zylinderför- mige Rollfallen als Zusatzpunkte aufweisen. Sie können leicht ausgehebelt werden (siehe auch Kap. «Fenster»). 3 1 2 4 1 Riegel ca. 20 mm ausfahrend Bilder: Glutz AG 2 Schwenkriegel 3 Rollzapfen 4 Steuerfalle VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 23
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Selbstverriegelung Türen mit Knauf auf der Aussenseite werden oft nicht abgeschlossen, weil dies vergessen geht. Eine nicht abgeschlossene Türe ist quasi eine offene Türe! Für diese Situation ist der Einsatz eines selbstverriegelnden Mehrpunktverschlusses mehr als nur sinnvoll. Die namhaften Anbieter in der Schweiz haben selbstschliessende Mehrpunktverschlüsse im An- gebot. Erkennbar sind sie an der zusätzlichen Steuerfalle, welche den Schliessvorgang auslöst. 1 1 Steuerfalle Fluchtwegtüren Türen in Fluchtwegen nach SN EN 179 (Türen mit Notausgangsverschlüssen) bzw. SN EN 1125 (Türen mit Panikverschlüssen) müssen so ausgestattet sein, dass sie von der Flucht- seite her ohne Hilfsmittel (Schlüssel) rasch geöffnet werden können. Um eine unberechtigte Manipulation von aussen zu verhindern, müssen die mechanischen und/oder elektrischen Freigabeelemente Türen entsprechend geschützt werden, z.B. durch Drü- ckerblech, zusätzlich auf der Innenseite ange- bracht (aussen nur Schutzschild). Bild: VSSM Bild: Glutz AG Der Schutz gegen Manipulation wird beispielsweise wie folgt erreicht: ▪ Bei schwellenlosen Türen müssen offene Bodenspalte wegen der Manipulationsgefahr mittels Drahtschlaufe eliminiert werden. Dies erfolgt durch den Einbau einer - Massivholzschwelle - Vierkantrohr in Stahl/Chromnickelstahl ▪ Der Bereich des Drückers oder der Panikstange ist mit einem Bohrschutz zu versehen (z.B. Fluchtseite mit Türschild Glutz 5370 im Bild oben). Diese Aufzählung ist nicht vollständig, je nach Stand der Technik können auch andere Massnahmen wirksam sein. 24 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Schutzschilder und Zylinderschutz Normale Langschilder sind für den Einbruchschutz ungenügend. Sie können angriffsseitig abgeschraubt und hochgebogen werden. Damit kann dann leicht der Zylinder abgewürgt und/oder das Schloss manipuliert werden. Allgemein: ▪ Es sind immer die mitgelieferten Originalschrauben (oder gleichwertig) zu verwen- den, weil dies Schrauben in einer hohen Qualität sind (z.B. CNS oder gehärtet). ▪ Auf der Innenseite muss immer das zugehörige Langschild montiert sein. ▪ Für den korrekten Zylinderschutz ist darauf zu achten, dass die zugehörige Rosette in der korrekten Länge gewählt wird (Zylinder und Rosette bündig). Bei Verwendung von nicht originalen Schrauben besteht die Gefahr, dass die Köpfe abbre- chen. Wird innen nicht das Originalschild verwendet, können die Schrauben einfach durchs Holz gerissen werden. Prüfung von Einbruchschutz-Schildern Schutzgarnituren werden heute nach der SN EN 1906: 37-0142A geprüft. Daraus resultie- ren Einbruchsschutzklassen SK 1 bis SK 4. (Die Prüfresultate ES 0 bis ES 3 entstammen der DIN 18257. Diese Prüfnorm ist veraltet, aber die Resultate werden von den Herstellern meistens noch geführt.) Eigenschaften Anforderungen SN EN 1906 SK 1 SK 2 SK 3 SK 4 (DIN 18257) (ES 0) (ES 1) (ES 2) (ES 3) Zugbelastung - 10 kN 15 kN 20 kN der Zylinder- Abdeckung (ZA) Festigkeit der 10 kN 15 kN 20 kN 30 kN Befestigungs- elemente Einen niederschwelligen Einbruchschutz bieten Langschilder mit durchgehender Ver- schraubung. Allerdings funktionieren sie nur, wenn angriffsseitig keine Schrauben sicht- bar sind (Verschraubung in auf der Rückseite aufgeschweisste Gewindehülsen). Bild: Glutz AG Bild: VSSM Problematik: Das Langschild lässt sich mit grossem Schraubenzieher und entsprechender Kraft hochreissen, wenn die Schweissstelle der unteren Hülse bricht. Dabei wird der Zylinder freigelegt. VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 25
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Einen deutlich besseren Schutz bieten Schildergarnituren der Klasse SK 2. Diese Schilder sind für den Einsatz auf Türen der Widerstandsklasse RC 2 konzipiert. Bild: Glutz AG Wird der Zylinder ausgetauscht, empfiehlt sich der Einbau eines Modells mit Bohr- und Kernziehschutz. Diese Modelle verfügen über einen gehärteten Einsatz, der das Aufbohren verhindert und das Herausreissen des Kerns erschwert. 1 Bild: Dorma Kaba AG 1 gehärteter Zylindereinsatz Den besten Schutz bieten Schildergarnituren der Klasse SK 3 oder SK 4. Hier ist der Ein- bauzylinder angriffsseitig komplett mit einer Panzerung abgedeckt. Diese Schilder sind für den Einsatz auf Türen der Widerstandsklasse RC 3 bzw. RC 4 konzipiert. Bild: Glutz AG 26 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Verschlusspunkte/Schliessbleche Mehrpunktverschlüsse erfordern passende Schliessbleche oder Schliessleiten. Ob Schliessbleche oder Schliessleiste eingesetzt werden, spielt aus einbruchtechnischer Sicht keine Rolle. Hingegen sollten sie aus Stabilitätsgründen ▪ in Stahl- oder Chromstahlblech bestehen ▪ immer in der dicksten Ausführung gewählt werden (2,5 mm oder mehr) ▪ möglichst über eine 45 °-Verschraubung verfügen Spaltung des Durch die Verwendung von Riftholz wird zwar die Spaltbarkeit des Rahmens reduziert, Rahmens verhindern aber auf die konventionelle Verschraubung des Schliessblechs, die meist parallel zur Rah- menfläche verläuft, wirkt sich dies nachteilig aus. Auf diese Weise liegen die Schrauben in Richtung der Markstrahlen (radiale Richtung), wo das Holz am besten spaltbar ist. Dies führ dazu, dass die Türe in diesem Bereich aufgehebelt werden kann. Krafteinwirkung 4 Krafteinwirkung 4 1 2 3 3 Bilder: MSL/Glutz 1 Winkelschliessblech (links) 2 hinterfrästes Schliessblech (rechts) 3 Verschraubung Schliessblech parallel zur Rahmenebene 4 Gefahr von Rissen durch Spaltung des Holzes Durch zusätzliche, anders angeordnete Schrauben wird eine Verlagerung der Kräfte vom Scher- in den Zugbereich erreicht (dafür sind die Schrauben ausgelegt). Auf diese Weise kann der Halt der vorgenannten älteren Schliessblechen nachhaltig verbessert werden. VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 27
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Verbesserung durch Winkelschliessbleche: eine nachträgliche 45 °-Verschraubung wirkt sich sehr positiv aus. zusätzliche Durch das Verschrauben mit Direktschrauben oder Ankerdübeln in die Wand verbessert Verschraubung sich der Schutz noch zusätzlich. Bitte beachten: die Materialstärke des Schliessblechs sollte mindestens 2 bis 3 mm betragen. 1 1 1 Zusätzliche Verschraubung 45 ° Hinterfräste Schliessbleche: hier ist eine Verschraubung von hinten sehr wirkungsvoll. Aber sie ist nur vor der Rahmenmontage möglich und das Schliessblech kann danach nicht mehr ausgewechselt werden. 2 2 M-Schraube von hinten in Steg des Schliessblechs Die Wirksamkeit der Die folgenden Bilder veranschaulichen die Wirksamkeit der 45 ° angeordneten Verschrau- 45 °-Verschraubung bungen bei einem manuellen Einbruchversuchs im Prüflabor (Hauptschliessblech links, oberes bzw. unteres Schliessblech rechts). 1 1 2 1 1 1 Bilder: BFH-AHB Biel Hauptschliessblech Schliessblech oben und unten 1 Verschraubungen 45 ° 2 Standardverschraubung, keine 45°-Verschraubung 28 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Moderne Aufgrund dieser Erkenntnis haben heute viele namhafte Hersteller Schliessbleche mit die- Schliessbleche ser Verschraubungsart im Angebot. Viele dieser Schliessbleche sind entweder aus vollem Material gefräst oder dickem Stahl oder Edelstahlblech und weisen erst noch Verstellmög- lichkeit im Fallenbereich auf (kein Nachfeilen mehr!). 1 2 1 45° Verschrauben im Grundblech des Kappenschliessblechs 2 Standardverschraubung Bild: VSSM Zusätzliche punktuelle Ver- Um die Spaltbarkeit des Rahmenholzes von Innentüren weiter zu verbessern, können auf schraubungen des Rahmen- der Höhe der Bänder und Verschlusspunkte zusätzliche Schrauben am Rahmen querschnittes angebracht werden. Verschraubung bestehender Rahmen Im Bestand erfolgt die Verschraubung von vorne. Die Schraubenköpfe werden dann entweder ≥ 3 mm versenkt und sauber ausgekittet bzw. mit gut eingeleimten Astflicken abgedeckt. a 1 1 Kitt oder gut geleimter Astflick a Versenktiefe bei Kitt ≥ 3 mm Verschraubung neuer Rahmen Sinngemäss kann bei neuen Rahmen die Verschraubung unsichtbar von hinten erfolgen. Hinweise Hinweise: ▪ Die Schrauben sollten nicht linear, sondern zerstreut angeordnet werden. Ansonsten könnte es zur Rissbildung durch Perforation kommen. ▪ Zur Vermeidung von Vorspaltung sollten auch diese Löcher unbedingt vorgebohrt werden! VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 29
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Stahlzargen Beispiel Verstärkung Stahlzargen im Bestand wurden oft bei den Schliesspunkten zu stark nachgefeilt und es einer bestehenden steht nur noch sehr wenig Material. Oft lässt es dann die Falzgeometrie zu, die Stahlzarge bestehenden Stahlzargen mit zusätzlichen Winkelschliessblechen aufzurüsten. Analyse: Bilder: VSSM Resultat: ▪ Die Türe verfügt über einen guten 3-Punktverschluss, die Riegel stehen im zweitouring geschlossenen Zustand 20 mm vor. ▪ Das Blech der Stahlzarge ist zu schwach und würde im Riegelbereich ausscheren. ▪ Die Überschlagsluft lässt bei diesem Türtyp das Anbringen zusätzlicher Schliessbleche ohne Verstellen der Türe zu. Bilder: VSSM Lösung: ▪ Sanierung mittels Winkelschliessblechen in Chromnickelstahl CNS, Materialstärke 2,5 mm. ▪ Für die Schrauben M4 werden in die Zarge Gewinde geschnitten. ▪ Weil die Schrauben rechtwinklig zueinander gesetzt werden können, ist ein Abscheren des Bleches fast nicht mehr möglich. 30 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK VERGLASUNGEN VON TÜREN UND SEITENTEILEN Auf Verglasungen sollte bei einbruchhemmenden Konstruktionen, wenn immer möglich verzichtet werden. Sie stellen eine Schwachstelle dar. Bestehende Verglasungen in Türen, Seiten- und/oder Oberteilen sollten durch einen Aus- tausch des Glases verstärkt werden. Dazu sind einbruchhemmende Gläser der Qualität P4A zu verwenden (siehe Tabelle 1 im Kapitel «Widerstandsklassen»). Beim Einbau sind folgende Punkte zwingend zu berücksichtigen: ▪ Als Glasträger eignen sich nur Volltürflügel mit kompaktem Türkern. Schallhemmende Türen weisen oft einen mehrschichtigen Türkern in dicht gepressten Mineralfaserplat- ten auf. Hier ist der Glaseinbau nur möglich, wenn das Einfräsen eines Hartholz-Mas- sivholzeinleimer realisierbar ist. ▪ Gläser und IV-Elemente müssen für den Einbruchschutz hohlraumfrei im Falz einge- klebt werden. Dazu eignen sich nicht korrosive 2-K-Silikonklebstoffe wie z.B. Ottocol S 670 oder Sikasil WT-480. Ein einfache Silikondichtstoffe reichen nicht aus, da diese einfach mit einem Messer zerschnitten werden können. ▪ Bei Türen mit Panikschloss sollte zusätzlich auf der Innenseite eine 5 mm dicke Poly- carbonatscheibe eingelegt werden (Verhindern von punktuellem Durchbruch zur Drü- ckermanipulation). Beispiel Glaseinbau alte WK3 Türe des VSSM (Innentüre ohne Feuerwiderstand) Ausserdem zu beachten: ▪ Bei Brandschutztüren darf nichts ohne Absprache mit dem Systeminhaber gemacht werden. Vorgehen: VKF-Nr. auf der Plakette ablesen, unter www.praever.ch ➔ «Suche im Brandschutzregister» die Nummer eingeben und den Systeminhaber kontaktieren. ▪ Bei Aussentüren sind weitere erforderliche Leistungseigenschaften wie Wärmedämm- wert UG, Schalldämmwert usw. zu ermitteln und die IV-Elemente vom Glashersteller korrekt zusammen zu stellen. VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 31
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Einbruchhemmende Fenster Merkmale von Grundsätzlich empfehlen Polizei und der Verein« Sicheres Wohnen Schweiz SWS» dem einbruchhemmenden Kunden geprüfte und zertifizierte Fenster und Fenstertüren mit Anforderungsstufe min- Fenstern destens RC 2 zu verbauen. Mittlerweile gibt es mehrere Anbieter, bei denen Produkte mit der Anforderung RC 3 erhältlich sind und somit auch höhere Kundenbedürfnisse abdecken können. Eine Prüfung von Fenstern im Bestand setzt voraus, dass die wichtigsten Schwachstellen von Fenstern allgemein und die Eigenschaften von Einbruchschutzfenstern bekannt sind. a b b a MERKMALE GEPRÜFTER FENSTER Übersicht 4 a 1 1 4 b 2 1 1 b 5 6 b 1 1 3 3 a 1 Rundlaufende Pilzkopf-Verriegelung manipulationsgeschützt 2 Abschliessbarer Fenstergriff mit Belastbarkeit 100N, evtl. mit Bohrschutz im/auf Flügel 3 Ecklager (bei umlaufenden Pilzköpfen ohne Relevanz) 4 Scherenlager (bei umlaufenden Pilzköpfen ohne Relevanz) 5 Stulphebel für Standflügel, manipulationsgeschützt 6 Verglasung und Glasanbindung (Glas in Glasfalz verklebt) Bespiel von Schraubenabständen beim FFF RC2-Fenster: a Abstand von Aussen ca. 100 mm b ≤ 550 mm Hinweis Bei der Auswahl geprüfter Fenster ist Vorsicht geboten. Zweiflüglige Fenster und Fenster- türen müssen der verlangten Konstellation (Einteilung, Bauart und Grösse) entsprechend geprüft sein. Leider werden Fenster auf der Basis eines geprüften einflügligen Fensters für alle möglichen Ausführungen angeboten. Die ist aber nicht zulässig! Daher empfiehlt es sich, die Zertifikate des Fensteranbieters genau anzusehen und sich im Zweifelsfall den Prüfbricht zeigen zu lassen. FFF-Einbruchfenster RC2 decken einen gros- sen Anwendungsbereich mit Prüfungen ab. 32 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Rundlaufende Grundsätzlich weisen geprüfte Fenster Verschlüsse mit a Pilzkopf-Verriegelung umlaufenden Pilzkopfverriegelungen und stabile Stahl- schliessbleche auf (kein Alu- oder Zinkdruckguss!). Dies sowohl beim erst- als auch beim zweitöffnenden Flügel. b Dadurch kann das Aufhebeln eines Fensters verhindert werden. a Scherkraf b Zugkraft Fenstergriffe Bei einbruchhemmenden Fenstern sind abschliessbare Fenstergriffe unbedingt erforderlich. Modelle mit Druckknopf sind als Einbruchschutzmassnahme ungenü- gend, denn sie können leicht von aussen her manipu- liert werden (z.B. Aufdrücken des Knopfes/des Griffes durch ein Bohrloch). Fenstergriffe sollen abschliessbar sein und sollten ei- ner Belastung gegen Aufhebeln von mindestens 100 N standhalten. Eine zusätzliche Verbesserungsmöglichkeit ist eine Sollbruchstelle am Griff (z.B. Hoppe Secu200/ SecuForte) oder am Vierkant (z.B. Blaser Defenda). Der Griff bricht dann beim Aufhebeln einfach weg. Bild: Hoppe Folgende Hinweise sind dem/den Nutzern mitzuteilen: ▪ Abschliessbare Fenstergriffe nützen nur im abgeschlossenen Zustand ▪ Die Fenster sind auch bei kurzen Abwesenheiten abzuschliessen (auch Abwesenhei- ten von weniger als 5 Minuten sind für Einbrecher zum Einbrechen ausreichend) ▪ Schlüssel sind mindestens eine Armlänge vom Fenster entfernt zu deponieren Verglasung Um das Einschlagen der Scheiben zu verhindern, weisen einbruchhemmende Fenster IV-Ele- mente ein Verbundsicherheitsglas der Klasse P4A für RC2 und P5A für RC3 auf (siehe Kapitel Klassierung von Glas Seite 10). Um das Ausglasen des Fensters zu verhindern, ist das Glaselement im Fensterflügel verklebt. Verbandslösung Der Schweizerische Fachverband Fenster- und Fassadenbranche FFF hat Fenster in Holz und Holz-Metall in der Widerstandsklasse RC 2 geprüft und bietet dem Schreiner diese als Lizenz- produkt an. Mehr Infos unter www.fff.ch VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner 33
PRAXISMERKBLATT TECHNIK Fenster nachrüsten BESTAND PRÜFEN Fenster, die nachgerüstet werden sollen, sind vorgängig unbedingt zu prüfen. Weil auch Nachrüstungen Geld kosten, sollen nachzurüstende Fenster vorher einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden. Übersteigt der Aufwand für Nachrüstungen den Restwert der Türe, soll- ten die Fenster besser ersetzt werden. Auch wenn die nachfolgenden Ausführungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben, können diese Punkte trotzdem gut als Checkliste verwendet werden. Wichtiger Hinweis Mit den nachfolgenden Nachrüstungen lassen sich Fenster zwar verbessern, es handelt sich zu Nachrüstungen dabei aber um punktuelle Einzelmassnahmen. Beim Kunden darf nicht der Eindruck entstehen, dass verbesserte Fenster und geprüfte Fensterelemente ebenbürtig sind! VORGÄNGIG ZU BEURTEILEN Prüfung Optimal sind folgende Kriterien: Fenstertyp ▪ Holz-, Holz-/Metallfenster oder armierte Kunststofffenster mit IV-Verglasung ▪ Fenster noch in einem guten Zustand Bei Holz-/Metallfenster muss überprüft werden, ob die Metallteile nur von aussen aufge- steckt sind. Diese könnten vom Einbrecher sonst einfach entfernt und das Fenster ohne Lärm und grösseren Schaden ausgeglast werden. Kunststofffenster ohne Armierung weisen eine geringe Verwindungssteifigkeit auf. Ausserdem können aufgesetzte Beschläge bei solchen Fenstern nur beschränkt verschraubt/verankert werden. Prüfung Optimal sind folgende Kriterien: Mauerauflage, ▪ Wand betoniert oder gemauert (Backsteinqualität prüfen) oder Holzbauweise Mauerwerk ▪ Genügend grosse Mauerauflage des Rahmens, damit er genügend in das darunterlie- Holzbauständer gende Mauerwerk/Holzbau-Tragstruktur verankert werden kann. RAHMENVERSCHRAUBUNG VERBESSERN Zusätzliche Verschraubung Die übliche Verschraubung von Fensterrahmen mit einem Abstand von ca. 800 mm und des Rahmens mehr ist für einen effizienten Einbruchschutz ungenügend. VSSM und FFF empfehlen, einen Schraubenabstand von ≤ 550 mm als Basis zu nehmen und somit zwischen die bestehenden Schrauben je eine weitere Schraube zu setzen. a b b a Die Bauart der Wände ist massgebend für die Zu- satzverschraubung. Meistens reichen aber durch- a gehende Fensterschrauben/Direktschrauben in ge- nügender Länge. b Werden die Schrauben dabei noch etwas schräg (schwalbenschwanzförmig) gesetzt, erhöht dies die Festigkeit der Verankerung in den Wänden noch b zusätzlich. a Abstand von der Rahmenecke ca. 100 mm b b Schraubenabstand ≤ 550 mm a 34 VSSM | Einbruchschutz – VSSM-Praxismerkblatt für den Schreiner
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