Wahlprogramm-Check 2019 - 40 Jahre Europawahlen: Die Europawahlprogramme 1979-2019 im Vergleichstest Eine Studie der Universität Hohenheim ...

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Wahlprogramm-Check 2019 - 40 Jahre Europawahlen: Die Europawahlprogramme 1979-2019 im Vergleichstest Eine Studie der Universität Hohenheim ...
Wahlprogramm-Check 2019

40 Jahre Europawahlen:
Die Europawahlprogramme
1979-2019 im Vergleichstest

Mai 2019

Eine Studie der Universität
Hohenheim

       Prof. Dr. Frank Brettschneider, Claudia Thoms, M. Sc.
                               www.komm.uni-hohenheim.de
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Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Inhalte der Untersuchung

1.   Verständlichkeits-Analyse der Wahlprogramme
2.   Begriffs-Analyse
3.   Tonalitäts-Analyse
4.   Hintergrund: Wahlprogramme
5.   Anhang: Methodensteckbrief Begriffs- und Tonalitäts-Analyse

                                                                   Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                   Claudia Thoms, M. Sc.
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Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Hintergrund

Politik gilt als bürgerfern, unverständlich und intransparent – das trifft auf alle politischen Ebenen
zu, aber ganz besonders auf die EU. Die Komplexität und die Distanz europäischer Politik
erfordern eine klare Sprache, um überhaupt bei Wählern anzukommen. Die Europawahl-
programme sind dabei ein Mittel, mit dem Parteien ihre Positionen auf der europäischen Ebene
darlegen und den Wählern näher bringen können. Dabei gilt: Nur wer verstanden wird, kann
auch überzeugen.

Forschungsfragen

§   Wie verständlich sind die Wahlprogramme der Parteien zur Europawahl 2019?
§   Sind die Programme seit 1979 verständlicher geworden?
§   Gibt es Verständlichkeits-Unterschiede zwischen den Parteien?
§   Welches Vokabular verwenden die Parteien?
§   Welche Tonalität weisen die Wahlprogramme der Parteien auf?

                                                                                  Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                  Claudia Thoms, M. Sc.
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Studie

Für unsere Langzeitstudie haben wir die Europawahlprogramme zentraler deutscher Bundes-
parteien von 1979 bis 2019 untersucht. Diese sind:
§   AfD (2014-2019)
§   CDU (1979-2019)
§   CSU (1979-2014)
§   FDP (1979-2019)
§   Die Grünen (1979-1989) bzw. Bündnis 90/Die Grünen (1994-2019)
§   PDS (1994-2004) bzw. Die Linke (2009-2019)
§   SPD (1979-2019).

Wir haben die Wahlprogramme der deutschen Parteien analysiert. Falls kein Wahlprogramm der
Bundespartei vorhanden war, wurden stattdessen Wahlaufrufe, Leitsätze, Manifeste oder ähn-
liche Dokumente der Bundespartei gewählt. Waren auch solche Dokumente nicht zu finden,
haben wir das Programm der entsprechenden europäischen Partei untersucht.

                                                                        Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                        Claudia Thoms, M. Sc.
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Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick (I)

§   Vorweg: Die von uns gemessene formale Verständlichkeit ist natürlich nicht das einzige
    Kriterium, von dem die Güte eines Wahlprogramms abhängt. Deutlich wichtiger ist der
    Inhalt. Unfug wird nicht dadurch richtig, dass er formal verständlich formuliert ist. Und un-
    verständliche Formulierungen bedeuten nicht, dass der Inhalt falsch ist. Formale Unver-
    ständlichkeit stellt aber eine Hürde für das Verständnis der Inhalte dar.

§   Mit einem Durchschnitt von 8,1 Punkten sind die Europawahlprogramme 2019 in etwa so
    verständlich wie 2014.

§   Das formal verständlichste Wahlprogramm 2019 kommt von der CDU. Es folgen die
    Linke und die SPD. Am formal unverständlichsten schreibt die FDP.

§   Das längste Programm stammt – wieder einmal – von den Grünen (fast 200 Seiten mit
    rund 48.000 Wörtern). Das kürzeste Programm präsentiert die CDU (knapp 30 Seiten mit
    rund 7.600 Wörtern).

§   Die häufigsten Verstöße gegen Verständlichkeits-Regeln: Fremdwörter und Fachwörter,
    Wortkomposita und Nominalisierungen, Anglizismen und „Denglisch“, lange „Monster- und
    Bandwurmsätze“.

                                                                                Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                Claudia Thoms, M. Sc.
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Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick (II)

§   Für alle Parteien geht es auch auf europäischer Ebene schwerpunktmäßig um „Deutsch-
    land“. Neben dieser allgemeinen Einigkeit sind aber auch Unterschiede zwischen den
    Parteien erkennbar. Sie folgen dem klassischen Muster: Die AfD betont überdurchschnittlich
    häufig Migrationsthemen und nationale Identität, die FDP spricht über Wirtschaftsthemen,
    die Grünen widmen sich der Umweltpolitik und die Linke und die SPD sprechen häufiger als
    andere Parteien über Arbeit und Soziales.

§   In den Wahljahren 2014 und 2019 finden sich die Europawahlprogramme mit dem größten
    Anteil negativer Formulierungen seit 1979. Erwartungsgemäß verwenden insbesondere die
    Parteien abseits der Mitte die negativste Sprache.

                                                                            Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                            Claudia Thoms, M. Sc.
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Wörterzahl der Europawahlprogramme 2019

    DE_CDUCSU_EU_2019    7.632

       DE_SPD_EU_2019            15.460

        DE_AfD_EU_2019            16.943

       DE_FDP_EU_2019                      26.578

      DE_LINKE_EU_2019                       28.988

      DE_Grüne_EU_2019                                47.836

                                                               Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                               Claudia Thoms, M. Sc.
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Verständlichkeits-Analyse
der Wahlprogramme

          eins
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Hohenheimer Verständlichkeitsindex

Die formale Verständlichkeit der Europawahlprogramme wurde mit Hilfe der vom Communication
Lab und von der Universität Hohenheim entwickelten Verständlichkeitssoftware TextLab
ermittelt. Diese Software berechnet verschiedene Lesbarkeitsformeln sowie eine Vielzahl von
Verständlichkeits-Parametern (z.B. Satzlängen, Wortlängen, Schachtelsätze, Anteil abstrakter
Wörter).
Die Software berechnet auch den „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“. Er reicht von
0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht verständlich).

Zum Vergleich:
§ Doktorarbeiten in Politikwissenschaft haben eine durchschnittliche Verständlichkeit von 4,3.
§ Hörfunk-Nachrichten haben eine durchschnittliche Verständlichkeit von 16,4.

                                                                              Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                              Claudia Thoms, M. Sc.
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                   „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“
                0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht verständlich)

        Lesbarkeitsformeln                      Verständlichkeitsparameter
  Ÿ   Amstad-Formel                            Ÿ durchschnittliche Satzlänge
  Ÿ   1. Wiener Sachtextformel                 Ÿ   Anteil Sätze über 20 Wörter
  Ÿ   SMOG-Index                               Ÿ   Anteil Schachtelsätze
  Ÿ   Lix Lesbarkeitsindex                     Ÿ   durchschnittliche Wortlänge
                                               Ÿ   Anteil Wörter mit mehr als
                                                   sechs Zeichen

                                                                       Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                       Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Die Verständlichkeit der Wahlprogramme

§   Mit einem Durchschnitt von 8,1 Punkten sind die Europawahlprogramme 2019 in etwa so
    verständlich wie 2014 (8,5 Punkte). Und sie sind immer noch deutlich verständlicher, als in
    den meisten früheren Europawahljahren. Das Jahr 1999 war das unverständlichste aller
    Europawahljahre (5,8 Punkte).

§   Das formal verständlichste Programm zur Europawahl 2019 hat die Union (10,3
    Punkte). Damit steigert die CDU in ihrem gemeinsamen Programm mit der CSU ihre
    Verständlichkeit im Vergleich zum Jahr 2014 um fast einen Punkt. Auf Platz zwei und drei
    folgen die Linke (9,5) und die SPD (8,2). Dabei setzt die Linke ihren Trend fort: Seit 1999 hat
    sie ihre Verständlichkeit stetig verbessert. Grüne, AfD und FDP liegen unter dem
    Durchschnitt von 8,1 Punkten.

§   Im Schnitt über alle Europawahljahre hinweg ist die Linke – vor allem aufgrund der eher
    geringen Verständlichkeit in den ersten Jahren – die unverständlichste Partei (5,5 Punkte).
    Auf dem ersten Platz liegt die CSU (9,0 Punkte), die dieses Jahr allerdings kein eigenes
    Wahlprogramm präsentiert.

                                                                               Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                               Claudia Thoms, M. Sc.
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 Die formale Verständlichkeit der Europawahlprogramme 2019

                             Æ politikwiss.                           Æ Hörfunk-
                             Doktorarbeiten                            Nachrichten

 DE_CDUCSU_EU_2019                                     10,3

   DE_LINKE_EU_2019                                   9,5

    DE_SPD_EU_2019                              8,2

   DE_Grüne_EU_2019                            7,7

     DE_AfD_EU_2019                      6,6

    DE_FDP_EU_2019                    6,2

                      0              5                      10   15                  20
                      schwer                                                  leicht
                      verständlich                                      verständlich

                                                                                          Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                          Claudia Thoms, M. Sc.
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    Die formale Verständlichkeit der Europawahlprogramme 1979-2019
                20
verständlich
      leicht

                                                                                        AfD
                15
                                                                                        CDU

                                                                                        CSU

                                                                                        SPD
                10                                                                      FDP

                                                                                        PDS/Linke

                                                                                        Die Grünen/Bündnis
                                                                                        90/Die Grünen
                                                                                        Durchschnitt
                5
 verständlich
 schwer

                0
                     1979   1984   1989   1994   1999   2004   2009   2014   2019

                                                                                    Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                    Claudia Thoms, M. Sc.
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Die formale Verständlichkeit der Europawahlprogramme 1979-2019

                                                                                                      Partei-
                 1979        1984         1989      1994    1999   2004   2009   2014     2019        durch-
                                                                                                      schnitt

AfD                                                                              6,4       6,6           6,5

CDU               7,2         11,0        4,4*      7,5     5,7    7,3    6,7    9,5      10,3           7,7

CSU               7,6         5,8         10,4      8,8     9,0    7,4    10,2   13,0                    9,0

SPD               4,9         5,3         4,6*      11,4*   5,6*   8,4    4,9    8,9       8,2           6,9

FDP               9,0         10,5         7,2      5,9     7,0    8,6    6,3    7,5       6,2           7,6

PDS/Die
                                                    5,5     2,4    3,4    5,2    6,8       9,5           5,5
Linke

Die Grünen        7,7         6,8          7,8      4,0     4,9    6,6    6,2    7,7       7,7           6,6

Jahres-
durch-            7,3         7,9          6,9      7,2     5,8    6,9    6,6    8,5       8,1
schnitt

 * Programme der jeweiligen europäischen Parteien                                       Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                        Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Verstöße gegen Verständlichkeits-Regeln

Die häufigsten Verstöße gegen Verständlichkeits-Regeln gibt es in folgenden Kategorien:
§   Fremdwörter und Fachwörter
§   Wortkomposita und Nominalisierungen
§   Anglizismen und „Denglisch“
§   Satzlänge.

Im Folgenden finden Sie Beispiele.

                                                                          Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                          Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Gebrauch von Wortkomposita, Nominalisierungen, Fachwörtern und
Anglizismen

Die Wahlprogramme der Parteien enthalten zahlreiche Wortkomposita (zusammengesetzte
Wörter), Nominalisierungen (Substantivierung von Verben und Adjektiven), Fachwörter und
Anglizismen.

Durch Wortkomposita werden aus einfachen Einzelwörtern komplexe „Wortungetüme“.
Dies erschwert nicht nur die Lesbarkeit, sondern schränkt auch die Verständlichkeit ein.

Auch häufige Nominalisierungen führen zu einem abstrakten und komplexen Sprachstil.
Vor allem für Leserinnen und Leser ohne politisches Fachwissen oder ohne akademische
Ausbildung stellen unerklärte Fremd- und Fachwörter eine Verständlichkeits-Hürde dar.

                                                                          Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                          Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Gebrauch von Wortkomposita, Nominalisierungen, Fachwörtern und
Anglizismen in den Programmen zur Europawahl 2019
Einlagensicherungs-Verbundlösungen (AfD)         Konditionalisierung (FDP)
Währungs-Wiedereinführungsprozess (AfD)          Carbon Leakage (FDP)
Friedensfaszilität (AfD)                         One in, two-out-Regelung (FDP)
Greening-Auflagen (AfD)                          Power-to-X (FDP)
Interbankenforderungen (AfD)                     Sandbox-Verfahren (FDP)
Kohäsionsfonds (AfD), Kohäsionspolitik (SPD)     Sunset-Klausel (FDP)
Post-Abortion-Syndrom (AfD)                      Dual-Use-Verordnung (Grüne)
Seigniorage-Programme (AfD)                      Leistungsbilanzungleichgewichte (Grüne)
Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (Union)   Notice-and-take-down-Verfahren (Grüne)
Fingerabdruckidentifizierungssystem (Union)      Effektivierung (Grüne)
Luftschadstoffqualitätsbestimmung (FDP)          Push-and-pull-Techniken (Grüne)
Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (FDP)          Cum-Fake-Deals (Linke)
Mobility-on-Demand-Angebote (FDP)                Rechteverwertungsgesellschaften (Linke)
ICAO-Klimazertifikatehandel (FDP)                Fair-Use-Regelung (Linke)
Aquafarming (FDP)                                Flexicurity (Linke)
Back-up-Kapazitäten (FDP)                        Out-of-commerce-Regelung (Linke)
Bottom-up-Ansatz (FDP)                           Keylogger (Linke)
E-Privacy (FDP)                                  Decarbonisierungsmöglichkeiten (SPD)
Elektrolyseuren (FDP)                            Folgenbeseitigungsverfügungen (SPD)
EU-E-Residency (FDP)                             Informations-Intermediäre (SPD)
Think-Small-Frist-Prinzip (FDP)                  Inhousevergaben (SPD)

                                                                           Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                           Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Gebrauch zu langer Sätze und Fachsprache

Zu lange Sätze erschweren das Verständnis, vor allem für Wenig-Leser. Ein Satz sollte
möglichst nur eine Information vermitteln. Aber bei allen Parteien finden sich überlange Sätze.
Sätze mit mehr als 30 und 40 Wörtern pro Satz sind keine Seltenheit.

Nicht nur zu lange Sätze, sondern auch ein komplexer Sprachstil kann eine Barriere für die
Verständlichkeit sein. Dies gilt insbesondere im Falle von Experten-Laien-Kommunikation.
Typische Eigenschaften von Fachsprache sind:

§   komplexer Satzbau (Schachtelsätze)

§   hohe Informationsdichte

§   Häufung von Fremd- und Fachwörtern, Nominalisierungen und Wortkomposita

§   fehlende Erklärungen für Laien.

                                                                            Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                            Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Beispiele: Gebrauch zu langer Sätze

„Die EU muss das auf unser Drängen beschlossene       „Statt eines kalten und neoliberalen Europas, bei dem
europäische Ein- und Ausreiseregister (EES) sowie     die Schwachen unter die Räder kommen, wollen wir
das in der Entstehung befindliche Europäische         ein modernes und solidarisches Europa in dem tech-
Reisegenehmigungssystem, ETIAS, schnellstmöglich      nischer und gesellschaftlicher Fortschritt Hand in
scharf schalten, damit wir zum einen wissen, welche   Hand gehen, wo wirtschaftliche Dynamik und ökologi-
Drittstaatsangehörigen sich bei uns aufhalten, und    sche Vernunft zusammengehören, wo Bildungs- und
zum anderen um terroristischen Gefährdern und         Berufschancen für die Jüngeren nicht gegen eine
Schleppern leichter das Handwerk zu legen.“           auskömmliche Rente für die Älteren ausgespielt
(49 Wörter)                                           werden, wo es einen Wettbewerb um die besten
                                                      Innovationen für die Realwirtschaft gibt, nicht einen
                                                      Wettbewerb um die schädlichsten Steuervermei-
                                                      dungsmodelle, die riskantesten Finanzkonstruktionen
                                                      oder schlechtesten Arbeitsbedingungen.“
                                                      (80 Wörter)

                                                                                     Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                     Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Beispiele: Gebrauch zu langer Sätze

„Bis dahin sollte im Falle einer anhaltenden Blockade      „Die nicht ständige Mitgliedschaft Deutschlands in
des Sicherheitsrats die Generalversammlung der UN          den Jahren 2019-2020 sollte genutzt werden, um
das Recht beanspruchen, nach dem Vorbild der               durch eine möglichst enge Abstimmung mit dem
„Uniting For Peace-Resolution“ 377 von 1950 mit            ständigen Mitglied Frankreich und den anderen EU-
qualifizierter Mehrheit den Sicherheitsrat für blockiert   Mitgliedstaaten zu demonstrieren, wie ein europäi-
zu erklären und an seiner Stelle friedenserzwingende       scher Sitz in der Praxis aussehen könnte, um so den
Maßnahmen, also diplomatische Maßnahmen,                   Weg für eine Reform des Sicherheitsrates zu ebnen.“
Sanktionen oder militärische Maßnahmen, gemäß              (50 Wörter)
Kapitel VII der UN-Charta zu beschließen.“
(56 Wörter)

                                                                                         Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                         Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Beispiele: Gebrauch zu langer Sätze

„In einer Zeit, in der nicht nur die Europäische Union   „Sollten sich unsere grundlegenden Reformansätze
als Institution von rechts bedroht ist, sondern auch     im bestehenden System der EU nicht in angemes-
das friedliche Zusammenleben der Menschen auf            sener Zeit verwirklichen lassen, halten wir einen Aus-
dem Kontinent Europa, wo Nationalisten nach der          tritt Deutschlands oder eine geordnete Auflösung der
Macht in den einzelnen Nationalstaaten, aber auch        Europäischen Union und die Gründung einer neuen
auf der Ebene des Europäischen Parlaments greifen,       europäischen Wirtschafts- und Interessengemein-
in der einzelne Nationalstaaten gültiges internatio-     schaft für notwendig und werden die Entscheidung
nales Recht oder auch die demokratischen und             über den DEXIT bei den Bürgern einholen, so wie es
menschenrechtlichen Grundprinzipien außer Kraft          nach unserem Modell der direkten Demokratie selbst-
setzen, braucht es eine starke, einige und entschlos-    verständlich ist.“
sene Linke, die für ein demokratisches und welt-         (61 Wörter)
offenes Europa kämpft.“
(78 Wörter)

                                                                                        Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                        Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019

Begriffs-Analyse

         zwei
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Begriffs-Analyse

§    Die Begriffswahl der Parteien haben wir in Wortwolken abgebildet. Grundsätzlich wurden bei
     der Analyse nur Substantive, Eigennamen, Adjektive und Verben berücksichtigt. Die Wort-
     wolken zeigen drei Informationen (Details zum Vorgehen finden sich im Anhang):
     1) Aus jedem Programm wurden die 150 häufigsten Begriffe extrahiert.
     2) Als gemeinsamer Wortschatz wurden solche Begriffe definiert, die im Gesamtkorpus
        besonders häufig vorkommen. Hierbei wurden die 25 häufigsten Begriffe berücksichtigt.
        Sie sind in den Wortwolken dunkelgrau gefärbt.
     3) Zusätzlich haben wir für jedes Wahlprogramm die 30 spezifischsten Begriffe identifiziert.
        Diese Begriffe sind in der jeweiligen Parteifarbe eingefärbt.

Begriffs-Analyse: Die wichtigsten Ergebnisse

§    Alle Parteien haben zur Europawahl gemein, dass es auch auf Europaebene um
     „Deutschland“ geht. Neben der „EU“ und „Europa“ gehört „Deutschland“ zu den am
     häufigsten verwendeten Wörtern. Wenig überraschend ragt auch das Adjektiv „europäisch“
     als gemeinsames Wort in allen Wortwolken hervor. Denn es wird stets auf die europäische
     Ebene („europäische Mitgliedsstaaten“, „europäische Politik“) verwiesen oder es werden
     entsprechende Institutionen (Europäische Union, Europäische Zentralbank) benannt.

Eine genauere Erläuterung der Vorgehensweise bei der Begriffs-Analyse befindet sich im   Prof. Dr. Frank Brettschneider
Anhang.                                                                                  Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Begriffs-Analyse: Die wichtigsten Ergebnisse

§    Alle Parteien wollen „stärken“, sprechen über „soziales“ und „neues“. Und alle Parteien
     „sollen“, „wollen“, „müssen“. Damit sind sie sich erstaunlich ähnlich – anders als sonst
     bei nationalen und regionalen Wahlen.

§    Die Parteien sprechen unterschiedlich oft über sich selbst. Bei der AfD, der FDP und der
     Linken ragen die Eigenbezeichnungen eindeutig hervor. Bei den restlichen Parteien spielen
     die Eigenbezeichnungen eine geringere Rolle.

§    Eine Betrachtung der für die Wahlprogramme typischen Substantive, Eigennamen,
     Adjektive und Verben deutet auf die klassischen Themenschwerpunkte der Parteien
     hin. Begriffe wie „Volk“, „Nationalstaat“, „Massenzuwanderung“ und „Familienpolitik“ sind für
     die AfD typischer als für andere Parteien. Die Union spricht eher über „Volksgruppen“, die
     „Stabilitätsunion“ und „Transitzentren“. Die FDP spricht eher über „Marktwirtschaft“, „Unter-
     nehmen“, „Finanzierungsmöglichkeiten“ und „Freihandelsabkommen“. Die Grünen sind
     klassisch „ökologisch“ und sprechen eher über „Ressourceneffizienz“, „Lebensgrundlagen“,
     „Gerechtigkeit“ und „Energieeffizienz“. Bei der Linken stechen insbesondere „Lohn“ und
     „Beschäftigte“ heraus. Letztere sind auch für die SPD relevant. Die Sozialdemokraten
     sprechen über unterschiedlichste Themen, die sich grob den Bereichen Arbeit und Umwelt
     zuordnen lassen.

Eine genauere Erläuterung der Vorgehensweise bei der Begriffs-Analyse befindet sich im   Prof. Dr. Frank Brettschneider
Anhang.                                                                                  Claudia Thoms, M. Sc.
Die zentralen Wörter im2019:
Wahlprogramm-Check      CDU/CSU-Programm
                             40 Jahre Europawahlen

                                                                                             Farblegende
                                                                                               häufigste Wörter
                                                                                               gemeinsame Wörter
                                                                                               CDU-spezifische Wörter

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Vorgehensweise bei der Begriffs-Analyse befindet sich im Anhang.                          Claudia Thoms, M. Sc.
Die zentralen Wörter im2019:
Wahlprogramm-Check      SPD-Programm
                             40 Jahre Europawahlen

                                                                                             Farblegende
                                                                                               häufigste Wörter
                                                                                               gemeinsame Wörter
                                                                                               SPD-spezifische Wörter

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Vorgehensweise bei der Begriffs-Analyse befindet sich im Anhang.                          Claudia Thoms, M. Sc.
Die zentralen Wörter im2019:
Wahlprogramm-Check      FDP-Programm
                             40 Jahre Europawahlen

                                                                                           Farblegende
                                                                                              häufigste Wörter
                                                                                              gemeinsame Wörter
                                                                                              FDP-spezifische Wörter

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Die zentralen Wörter im2019:
Wahlprogramm-Check      Programm  der Europawahlen
                             40 Jahre Grünen

                                                                                           Farblegende
                                                                                              häufigste Wörter
                                                                                              gemeinsame Wörter
                                                                                              Grünen-spezifische Wörter

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Vorgehensweise bei der Begriffs-Analyse befindet sich im Anhang.                          Claudia Thoms, M. Sc.
Die zentralen Wörter im2019:
Wahlprogramm-Check      Programm  der Europawahlen
                             40 Jahre Linken

                                                                                           Farblegende
                                                                                              häufigste Wörter
                                                                                              gemeinsame Wörter
                                                                                              Linken-spezifische Wörter

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Die zentralen Wörter im2019:
Wahlprogramm-Check      AfD-Programm
                             40 Jahre Europawahlen

                                                                                           Farblegende
                                                                                              häufigste Wörter
                                                                                              gemeinsame Wörter
                                                                                              AfD-spezifische Wörter

Erstellt mit dem R-Paket wordcloud2 (Lang & Chien, 2018). Eine genauere Erläuterung der   Prof. Dr. Frank Brettschneider
Vorgehensweise bei der Begriffs-Analyse befindet sich im Anhang.                          Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019

Tonalitäts-Analyse

           drei
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Tonalitäts-Analyse:

Für die Messung der Tonalität der Wahlprogramme haben wir auf das Sentiment-Wörterbuch
von Rauh (2018) zurückgegriffen (Details finden sich im Anhang). Darin sind positive und
negative Begriffe verzeichnet. Die Tonalität eines Programms wird wie folgt berechnet:
       (Anzahl der positiven Wörter – Anzahl der negativen Wörter) / Gesamtzahl der Wörter

Tonalitäts-Analyse: Die wichtigsten Ergebnisse

§    Die positivste Sprache verwenden bei der Europawahl 2019 die FDP und die CDU, gefolgt
     von der SPD. Auch im Schnitt über alle Wahljahre hinweg verwenden diese Parteien eine
     „positivere“ Sprache als die restlichen Parteien.

§    Die Wahljahre 2014 und 2019 gehören insgesamt zu den Europawahljahren mit der
     „negativsten“ Sprache seit 1979. Bei den meisten Parteien – Ausnahmen sind die CDU und
     die AfD – ist aber eine leichte Tendenz zu einer positiveren Sprache als 2014 zu beobach-
     ten.

§    Erwartungsgemäß verwenden insbesondere die Parteien abseits der Mitte die negativste
     Sprache. Sie liegen im jeweiligen Wahljahr in der Regel unter dem Tonalitätsdurchschnitt.

Eine genauere Erläuterung der Vorgehensweise bei der Tonalitäts-Analyse befindet sich im   Prof. Dr. Frank Brettschneider
Anhang.                                                                                    Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

         Die Tonalität der Europawahlprogramme 1979-2019
  0,14

  0,12

   0,1
                                                                                                       AfD

  0,08                                                                                                 CDU

                                                                                                       CSU

  0,06                                                                                                 SPD

                                                                                                       FDP
  0,04                                                                                                 PDS/Linke

                                                                                                       Die Grünen/Bündnis
  0,02                                                                                                 90/Die Grünen
                                                                                                       Durschschnitt

     0
          1979      1984      1989       1994      1999      2004      2009      2014      2019

 -0,02

Eine genauere Erläuterung der Vorgehensweise bei der Tonalitäts-Analyse befindet sich im          Prof. Dr. Frank Brettschneider
Anhang.                                                                                           Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019

Hintergrund:
Wahlprogramme

         vier
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Wahlprogramme erfüllen mehrere Funktionen
Auf den ersten Blick wirken Wahlprogramme wie Relikte aus vergangenen Zeiten. Wahlprogram-
me sind keine Massenlektüre. Nur sehr wenige Menschen lesen Wahlprogramme komplett von
vorne nach hinten durch. Dennoch erfüllen sie wichtige Funktionen. Das Wahlprogramm soll da-
zu dienen, Wähler zu gewinnen oder zu halten. Dazu muss es sich zumindest teilweise von den
Programmen der anderen Parteien unterscheiden – was häufiger der Fall ist, als gemeinhin an-
genommen wird. Und es muss verständlich sein. Vor allem soll das Programm auf Themen hin-
weisen, die für die Partei erfolgversprechend sind.
Andere Funktionen sind nach innen gerichtet – an die Parteimitglieder, teilweise auch an die
Parteiführung. Das Programm soll der Selbstverständigung einer Partei dienen: Während der
Arbeit am Programm klären die Mitglieder innerparteiliche Positionen und sie bündeln verschie-
dene Interessen. Der Parteiführung dient das Programm nach der Wahl als Grundlage für Koali-
tionsverhandlungen oder für die Arbeit in der Opposition. Entgegen landläufigen Behauptungen
halten sich Parteien nach Wahlen häufig an ihre Programm-Aussagen.
Aus den Programmen leiten sich andere Kommunikationsmaßnahmen der Parteien ab: Wahl-
plakate, Broschüren, Web-Seiten. Insofern kommen Menschen auch dann mit den Inhalten der
Programme in Kontakt, wenn sie sie gar nicht lesen. Selbst wenn Wählerinnen und Wähler nicht
das gesamte Programm lesen, so schauen sich einige von ihnen doch zumindest die Passagen
an, die sich auf Themen beziehen, die ihnen wichtig sind.

                                                                            Prof. Dr. Frank Brettschneider
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Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Wahlprogramme aus Sicht von Parteimitgliedern
Wie Parteimitglieder Wahlprogramme wahrnehmen, ist bislang kaum erforscht. Wir haben im
Jahr 2010 eine Online-Umfrage unter baden-württembergischen Parteimitgliedern durchgeführt.
An ihr haben 828 Parteimitglieder teilgenommen. Demnach halten die Parteimitglieder vor allem
die Kurzversion des Wahlprogramms für ein wichtiges Wahlwerbemittel. Die Kurzversion wird
von den Mitgliedern aller Parteien als nützlicher, besser gestaltet, überzeugender, interessanter
und verständlicher bezeichnet als die Langfassung. Die Langversion wird hingegen vor allem von
den Mitgliedern der Grünen als sehr wichtig eingestuft.
Fast 50 Prozent der befragten Parteimitglieder geben an, die Kurzversion „ihres“ Wahlpro-
gramms vollständig gelesen zu haben. Von der Langversion behaupten das nur 16 Prozent.
Zwölf Prozent der Mitglieder geben aber auch zu, die Langversion noch nicht einmal in Aus-
zügen gelesen zu haben; bei der Kurzversion sind dies nur vier Prozent.
Zwischen den den Lang- und den Kurzfassungen gibt es eine klare „Arbeitsteilung“. Parteiüber-
greifend werden die Kurzfassungen als ein wirksames Wahlwerbemittel gesehen: Sie erfüllen
aus Sicht der Parteimitglieder am stärksten die Funktion, die Wähler von der Wahl der jeweiligen
Partei zu überzeugen. Diese Funktion wird den Langfassungen am wenigsten zugesprochen. Sie
gelten unter den Mitgliedern als Instrument, um dem Wahlkampf eine Richtung zu geben und um
in eventuellen Koalitionsverhandlungen eine Richtlinie zu haben. Diese Funktion wird den Kurz-
fassungen am wenigsten zugesprochen.

                                                                              Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                              Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Prof. Dr. Frank Brettschneider
Claudia Thoms, M. Sc.

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                                       Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                       Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019

Anhang : Methoden-
steckbrief Begriffs- und
Tonalitäts-Analyse
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Begriffs-Analyse: Vorgehen

Für die Analyse der Wortwahl der Parteien haben wir unterschiedliche Analysen durchgeführt.
Dafür haben wir das Statistik-Programm R (R Core Team, 2017) sowie schwerpunktmäßig die
Pakete quanteda (Benoit, Watanabe, Nulty, Obeng, Wang, Lauderdale & Lowe, 2017) und
koRpus (Michalke, 2017) eingesetzt.
Grundsätzlich wurden bei der Analyse nur Substantive, Eigennamen, Adjektive und Verben
berücksichtigt. Die Wortartklassen wurden mit Hilfe des Part-of-Speech-Taggers TreeTagger
(Schmid, 1999, 2003) identifiziert, der über koRpus aufgerufen werden kann. Soweit möglich,
wurden alle Wörter in ihre Grundform überführt (Lemmatisierung).
Parteinamen bzw. -bezeichnungen wurden vereinheitlicht und ebenfalls auf eine Grundform
reduziert (z. B. sind sämtliche Bezeichnungen der Grünen auf die Grundform „GRÜNE“ reduziert
worden).
Die Wortwolken wurden mit dem Paket wordcloud2 (Lang & Chien, 2018) erzeugt und zeigen
drei verschiedene Informationen:
1)   Aus jedem Programm wurden die 150 häufigsten Begriffe extrahiert. Da manche Begriffe mit
     gleicher Häufigkeit vorkommen, kann die Gesamtzahl der Begriffe von 150 abweichen.

                                                                            Prof. Dr. Frank Brettschneider
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Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

2)   Als gemeinsamer Wortschatz wurden solche Begriffe definiert, die in allen Programmen be-
     sonders häufig vorkommen. Hierbei wurden die 25 häufigsten Begriffe berücksichtigt. Sie
     sind in den Wortwolken dunkelgrau gefärbt.
3)   Zusätzlich haben wir mittels tfidf-Gewichtung die für die einzelnen Wahlprogramme spezi-
     fischsten Begriffe identifiziert (konkret: solche Begriffe, die in einem einzelnen Dokument in
     einer Dokumentsammlung besonders häufig vorkommen). Berücksichtigt wurden die 30
     spezifischsten Begriffe. Auch hier kann die Gesamtzahl der Begriffe aufgrund von mehr-
     fachen, identisch gewichteten Begriffen von 30 abweichen. Diese Begriffe sind in der jewei-
     ligen Parteifarbe eingefärbt. Da die typischsten Begriffe nicht notwendigerweise auch zu den
     häufigsten Begriffen zählen, wurden sie unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu den Top-
     150-Begriffen berücksichtigt. Die Gesamtzahl der in den Wortwolken abgebildeten Begriffe
     variiert demnach von Partei zu Partei.

                    Partei                        Anzahl der Begriffe
                    AfD                                  171
                    CDU/CSU                              185
                    FDP                                  179
                    Grüne                                188
                    Linke                                176
                    SPD                                  226

                                                                                Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Tonalitäts-Analyse: Vorgehen

Für die Messung der Tonalität der Wahlprogramme haben wir auf das Sentiment-Wörterbuch
von Rauh (2018) zurückgegriffen. Es basiert auf den beiden Wortlisten SentiWS (Remus, Quast-
hoff & Heyer, 2010) und GermanPolarityClues (Waltinger, 2010a, b). Dabei haben wir die Wort-
liste mit Hilfe von Korpusdaten der Leipzig Corpora Collection (Goldhahn, Eckart & Quasthoff,
2012) um weitere Wortformen ergänzt. Zusammen mit den negierten Formen der Begriffe (z. B.
„nicht gut“ = -1; „nicht schlecht“ = 1), umfasst die Liste so insgesamt 135.892 negative Einträge
und 151.004 positive Einträge.
Im Vorgehen orientieren wir uns grob an Rauh (2018). Die Texte werden dafür zunächst in Klein-
schreibung überführt. Satzzeichen werden entfernt. Danach wird das Vorkommen von positiven
und negativen Sentiment-Begriffen gezählt. Die Tonalität eines Programms wird dann berechnet
als: (Anzahl der positiven Wörter – Anzahl der negativen Wörter) / Gesamtzahl der Wörter.
Die Ergebnisse der Analyse unterschiedlicher Texte mit unterschiedlicher Länge sind aufgrund
der Normalisierung des Sentiment-Wertes um die Gesamtlänge der Texte miteinander ver-
gleichbar. Theoretisch möglich sind Werte zwischen 1 (alle Wörter sind positiv) und -1 (alle
Wörter sind negativ), wobei aufgrund der Normalisierung Werte dazwischen realistischer sind: Es
ist sehr unwahrscheinlich, dass ein Programm nur aus positiven oder nur aus negativen
Begriffen besteht.

                                                                              Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                              Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Literatur

Benoit, K., Watanabe, K., Nulty, P., Obeng, A, Wang, H., Lauderdale, B. & Lowe, W. (2017). quanteda:
Quantitative Analysis of Textual Data (Version 0.9.9-65, http://quanteda.io.) [Software].
Goldhahn, D., Eckart, T. & Quasthoff, U. (2012). Building Large Monolingual Dictionaries at the Leipzig Corpora
Collection: From 100 to 200 Languages. In N. Calzolari, K. Choukri, T. Declerck, M. Uğur Doğan, B. Maegaard,
J. Mariani, A. Moreno, J. Odijk, S. Piperidis (Hrsg.), Proceedings of the 8th International Language Ressources
and Evaluation (LREC'12) (S. 759-765). Istanbul: European Language Resources Association (ELRA).
Lang, D. & Chien, G. (2018). wordcloud2: Create Word Cloud by „htmlwidget“ (Version 0.2.1, https://CRAN.R-
project.org/package=wordcloud2).
Michalke, M. (2017). koRpus: An R Package for Text Analysis (Version 0.10-2,
https://reaktanz.de/?c=hacking&s=koRpus) [Software].
R Core Team. (2017). R: A language and environment for statistical computing. (R Version 3.3.3, http://www.R-
project.org/) [Software]. Wien: R Foundation for Statistical Computing.
Rauh, C. (2018). Validating a sentiment dictionary for German political language – a workbench note. Journal of
Information Technology & Politics, 15(4), 319-343.
Remus, R., Quasthoff, U. & Heyer, G. (2010). SentiWS – A Publicly Available German-language Resource for
Sentiment Analysis. In N. Calzolari, K. Choukri, B. Maegaard, J. Mariani, J. Odijk, S. Piperidis, M. Rosner & D.
Tapias (Hrsg.), Proceedings of the 7th International Conference on Language Resources and Evaluation (LREC
'10) (S. 1168-1171). Valletta: European Language Resources Association (ELRA).

                                                                                           Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                           Claudia Thoms, M. Sc.
Wahlprogramm-Check 2019: 40 Jahre Europawahlen

Literatur

Schmid, H. (1999). Improvements in Part-of-Speech Tagging with an Application to German. In S. Armstrong, K.
Church, P. Isabelle, S. Manzi, E. Tzoukermann & D. Yarowsky (Hrsg.), Natural Language Processing Using Very
Large Corpora (S. 13-25). Dordrecht: Springer Netherlands.
Schmid, H. (2003). Probabilistic part-of-speech tagging using decision trees. In D. B. Jones & H. L. Somers
(Hrsg.), New Methods in Language Processing (S. 154-164). London: Routledge.
Waltinger, U. (2010a). GermanPolarityClues: A Lexical Resource for German Sentiment Analysis. In N. Calzolari,
K. Choukri, B. Maegaard, J. Mariani, J. Odijk, S. Piperidis, M. Rosner & D. Tapias (Hrsg.), Proceedings of the 7th
International Conference on Language Resources and Evaluation (LREC '10) (S. 1638-1642). Valletta: European
Language Resources Association (ELRA).
Waltinger, U. (2010b). Sentiment Analysis Reloaded - A Comparative Study on Sentiment Polarity Identification
Combining Machine Learning and Subjectivity Features. In J. Filipe & J. Cordeiro (Hrsg.), Proceedings of the 6th
International Conference on Web Information Systems and Technologies (WEBIST '10) (1 Band, S. 203-210).
Valencia: Institute for Systems and Technologies of Information, Control and Communication (INSTICC).

                                                                                           Prof. Dr. Frank Brettschneider
                                                                                           Claudia Thoms, M. Sc.
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