BUNDESTAGSWAHL 2013: WAHLPROGRAMME DER PARTEIEN IM VERGLEICH
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StandpunktE 11 / 2013 Cornelia Hildebrandt/Jochen Weichold Bundestagswahl 2013: Wahlprogramme der Parteien im Vergleich Welche identifizierbare Programmatik unterscheidet die Parteien substanziell, fragte kürzlich der Sozialpsychologe und bekennende Nicht-Wähler Harald Welzer in einem Spiegel-Essay (Nr. 22/2013) mit dem Blick auf die Bundestagswahl 2013. Und mit einem Nein auf der Zunge: «Will DIE LINKE etwas anderes als die SPD, als die CDU, als DIE GRÜNEN?» Wir gehen im Folgenden dieser Frage nach, kommen aber – um das gleich vorwegzunehmen – zu einem anderen Re- sultat als der wortradikale Vertreter der Postwachstumsgesellschaft. Auch wir wissen, dass Programme und reale Politik nicht identisch sind. Dennoch lässt sich an Wahlprogrammen die inhaltliche Verfasstheit der Parteien ablesen, zumal vor allem SPD, GRÜNE und LINKE zur Erarbeitung der Programme zunehmend auf partizipative Verfahren (Bürgerforen, Regi- onalkonferenzen) setzen, die auf gesellschaftliche Integration ausgerichtet sind. Ein Vergleich der Programme lässt Rückschlüsse auf die inhaltlichen Positionen auf den einzelnen Politikfeldern zu, die über die Schwerpunkte des Wahlkampfs hinausgehen und die gegebenenfalls wichtig für die Beurteilung künftiger politi- scher Auseinandersetzungen oder sich neu entwickelnder Kooperationen beziehungsweise Allianzen sind. Wir behandeln im Folgenden nicht alle, aber wichtige ausgewählte Politikfelder. Die Botschaften der Parteien tungsgerechtigkeit. Nur die FDP würde garantieren, lautet Die im Bundestag vertretenen Parteien gehen mit unter- die neoliberale Botschaft der Partei, dass Deutschland und schiedlichen Botschaften in den Wahlkampf. CDU und CSU Europa «richtig» auf die aktuelle Krise reagieren: nämlich mit verweisen auf die positive Entwicklung Deutschlands als «mehr wirtschaftlicher Leistungskraft und weniger Staat». «Stabilitätsanker und Wachstumsmotor» inmitten der Krise Auch die FDP heftet sich die Erfolgsgeschichte Deutschlands Europas und geben dies als Erfolg ihrer Regierungspolitik in den Krisen Europas auf ihre Fahnen, präsentiert sich als Rosa Luxemburg Stiftung aus. Diese Politik «von Maß und Mitte» soll fortgesetzt wer- Verfechterin einer konsequenten Politik der Geldwertstabili- den, ist die Botschaft der CDU/CSU. Damit Deutschland ein tät und als Hüterin der Interessen des Mittelstands (Stichwor- Land bleibt, das den künftigen globalen Herausforderungen te: «Steuerbremse», Abschaffung der «Kalten Progression»). erfolgreich begegnen kann, müsse es zu einer wettbewerbs- Ebenso wie die CDU/CSU verbindet die FDP die sich verän- fähigen «Chancengesellschaft» entwickelt werden. Zu den dernde ökonomische Stellung Deutschlands innerhalb der Hauptzielen der Union in der nächsten Legislaturperiode ge- Europäischen Union (EU) und im globalen Wettbewerb mit hören die Sicherung solider Finanzen als Grundlage für stabi- dem Ziel der Erschließung neuer aufstrebender Märkte in Asi- le wirtschaftliche Verhältnisse und nachhaltiges Wachstum en, Lateinamerika und Afrika und mit der Erklärung, Deutsch- und damit die Umsetzung des Dreiklangs aus «Neuverschul- land sei bereit, globale Verantwortung zu übernehmen. dung stoppen, Schulden zurückzahlen und in die Zukunft in- Die SPD hält sich zugute, in ihrer Regierungszeit mit einer vestieren». Deutschland als führender Industrie- und Export- aktiven Industriepolitik und mit den neoliberalen Reformen nation gehe es auf Dauer nur gut, wenn es auch Europa gut der «Agenda 2010» den Grundstein für die relativ erfolgrei- gehe. Daher will die Union, dass Europa gestärkt aus der Kri- che wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands gelegt zu ha- se kommt. Insgesamt bietet die CDU/CSU mit ihrem Wahl- ben. Nun müssten allerdings einige Fehlentwicklungen wie programm einen gut sortierten Gemischtwarenladen, der al- der Missbrauch von Leiharbeit, Minijobs und Niedriglohn- le Wählerschichten bedienen will. beschäftigung korrigiert werden. Generell gelte es, so die Die FDP mausert sich in ihrem Wahlprogramm von der Botschaft der SPD, «Deutschland besser und gerechter [zu] Steuersenkungspartei zur Partei der Sparsamkeit und Leis- regieren» und für «ein neues soziales Gleichgewicht in un-
serem Land» zu sorgen. Die SPD strebt deshalb eine «Neu- ritätspolitik ohne jeden Wachstumsimpuls gezwungen habe. begründung der sozialen Marktwirtschaft» an und will dies – Sie will dagegen den Weg zu soliden Staatsfinanzen durch gestützt auf ein gerechteres Steuersystem – mit dem Abbau Impulse für Wachstum und Arbeitsplätze begleiten. der öffentlichen Schuldenlast, mit wirtschaftlicher, sozialer DIE GRÜNEN konstatieren, dass die gegenwärtige Krise und ökologischer Nachhaltigkeit verbinden. eben nicht einfach eine Staatsschuldenkrise sei. Die ökono- Im Unterschied zu CDU/CSU, FDP und SPD beziehen sich mischen Ungleichgewichte in der Europäischen Union hät- DIE GRÜNEN nicht primär auf die bisherigen Erfolge Deutsch- ten ihre Ursache sowohl in den Defizit- als auch in den Über- lands und insofern auf den Erhalt des Status quo, sondern schussländern. Die von der Bundesregierung betriebene stellen vielmehr die Fragen künftiger Entwicklung ins Zent- einseitige Exportorientierung Deutschlands habe zu massi- rum ihres Wahlprogramms. Energiewende und Ökologie, Ge- ven Ungleichgewichten in der Europäischen Union beigetra- rechtigkeit und eine moderne Gesellschaft seien für DIE GRÜ- gen. Statt nur auf einseitige Sparpolitik in den Krisenländern NEN die zentralen Orientierungen ihrer Politik. Nur mit starken zu setzen, die Europa immer tiefer in die Krise führe und den GRÜNEN werde es 100 Prozent sichere Energie ohne Atom sozialen Zusammenhalt gefährde, gelte es, eine Balance in und ohne fossile Energieträger geben, werde die Wirtschaft einer Politik der Solidität, Solidarität und Nachhaltigkeit zu besser und sparsamer mit unseren natürlichen Ressourcen finden. Eine europäische Wirtschaftspolitik müsse mehr da- umgehen, vermittelt die Öko-Partei als Botschaft. Sie for- für tun, dass sich die Wirtschaftskraft der Mitgliedsstaaten dert deshalb «Teilhaben. Einmischen. Zukunft schaffen!» als gleichmäßiger entwickelt. Dazu müsse die Binnenkonjunk- Grundlage für einen grünen Wandel in Politik und Gesellschaft tur in den Überschussländern gestärkt werden. DIE GRÜ- für mehr soziale Gerechtigkeit, für mehr demokratische Betei- NEN streiten in diesem Kontext für einen ökologisch-sozi- ligung, für «mehr Frieden» durch mehr zivile Krisenprävention alen Umbau Europas. Erforderlich sei eine Erneuerung der und Abrüstung, für ein «besseres Morgen». europäischen Wirtschaft im Sinne eines europäischen Green DIE LINKE rückt unter dem Titel «100 Prozent sozial» ihr New Deal. Kernthema soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres DIE LINKE sieht die maßgebliche Ursache der größten Kri- Bundestagswahlkampfes: «Soziale Gerechtigkeit ist das Pro- se der Weltwirtschaft seit 80 Jahren in den Ungleichgewich- gramm der LINKEN.» Nur mit der LINKEN gebe es eine Kraft, ten in der Außenwirtschaft in Europa und weist darauf hin, die konsequent gegen Hartz IV, gegen die Rente ab 67 Jahre, dass die Rettung der Banken die Staatsverschuldung in die für einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro pro Stun- Höhe getrieben habe. Am Anfang jeder Krisenlösung müsse de und für den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afgha- stehen: «Abbau der Ungleichgewichte, steigende Löhne und nistan ist. Nur wenn DIE LINKE im Bundestag vertreten sei, sozial-ökologische Investitionsprogramme, die Nachfrage würden die anderen Parteien eine sozialere Politik betreiben, steigern, Finanzmärkte regulieren und Vermögende besteu- lautet die Botschaft der Partei. Wer Reichtum nicht umvertei- ern.» Deutschland habe durch Kürzungsdiktate eine zentrale len wolle, der könne den Politikwechsel nicht bezahlen. DIE Rolle bei der Verschärfung der Krise gespielt und die Krisen- LINKE lege den Finger in die Wunden. Sie gebe denen eine länder wie Europa insgesamt destabilisiert. DIE LINKE will Stimme, die in der großen Politik keine Lobby finden. dagegen (1) einen Schutzschirm für Menschen statt für Ban- ken schaffen und die Profiteure der Krise zur Kasse bitten, (2) Auswege aus Europas Krisen eine stabile, nachhaltige und sozial gerechte wirtschaftliche Die Ursachen für die europäischen Krisenprozesse werden Entwicklung in Europa einleiten und (3) eine langfristig trag- von den einzelnen im Bundestag vertretenen Parteien un- fähige Perspektive für die europäische Einigung schaffen. terschiedlich eingeschätzt, und folglich unterscheiden sich Exemplarisch für die unterschiedlichen Positionen hin- auch ihre Antworten auf die Frage nach den Auswegen aus sichtlich der Auswege aus Europas Krisen ist die Haltung der Europas Krisen. Zwar ist auch CDU/CSU und FDP bewusst, Parteien zur «Europäischen Jugendgarantie». Während sich dass die internationale Finanzmarktkrise Grund für die Kri- SPD, GRÜNE, LINKE und selbst CDU/CSU für ein solches se der Staatshaushalte insbesondere südeuropäischer Mit- Sofortprogramm in der EU aussprechen, um die hohe Ju- gliedsstaaten der Europäischen Union war, doch reduzieren gendarbeitslosigkeit in vielen europäischen Ländern zu be- sie das Krisengeschehen auf eine Staatsschuldenkrise, um in kämpfen, lehnt es die FDP ab: Staatlich finanzierte Beschäf- den betroffenen Staaten neoliberale Reformen auf dem Ar- tigungsprogramme seien ordnungspolitisch falsch, und ihre beitsmarkt und in den Sozialsystemen nach dem Modell der Ausgaben würden die Staatsfinanzkrise weiter verschärfen. deutschen «Agenda 2010» durchzudrücken. CDU/CSU und Zwar sind sich alle Bundestagsparteien darin einig, dass FDP wollen die bisherige Austeritätspolitik in Europa fortset- es zur Vermeidung eines neuen Finanzmarkt-Crashs einer zen: «Damit der Euro eine starke und stabile Währung bleibt, Regulierung der Finanzmärkte und einer Rücknahme der brauchen wir weitere Anstrengungen und Reformen vor al- Entkoppelung von Risiko und Haftung Bedarf, doch hin- lem in den Staaten, die Hilfe in Anspruch nehmen», schrei- sichtlich der geeigneten Instrumente gibt es gegensätzliche ben die Unionsparteien in ihrem Wahlprogramm. Und die Positionen. Während SPD und GRÜNE für die Schaffung ei- FDP fordert: «Der Reformdruck muss erhalten bleiben.» nes Schuldentilgungsfonds und DIE GRÜNEN auch für die Die SPD betont, dass die unverantwortlichen Spekulatio- Einführung von Eurobonds eintreten, um die Handlungsfä- nen auf den Finanzmärkten zu einer dramatisch gestiegenen higkeit aller Mitglieder in der Währungsunion sicherzustel- Staatsverschuldung in Europa geführt haben. Durch eine ge- len, lehnen dies FDP und CDU/CSU mit Vehemenz ab und rechte Besteuerung der Finanzmärkte müsse der Finanzsek- wenden sich gegen eine «Vergemeinschaftung der Schul- tor jetzt auch dazu beitragen, diese Schulden wieder abzutra- den». Die SPD argumentiert, nachdem durch den Fiskalpakt gen. Kein Finanzmarktakteur, kein Finanzprodukt, kein Markt und andere europäische Kontrollmechanismen strenge und dürfe in Zukunft unreguliert sein. Die SPD kritisiert, dass die wirkungsvolle Auflagen zur Gewährleistung der nationalen Politik der konservativen deutschen Bundesregierung alle Haushaltsdisziplin aufgestellt worden seien, dürfe das The- Länder Europas zeitgleich in eine reine Kürzungs- und Auste- ma der gemeinsamen Haftung kein Tabu mehr bleiben. 2
Während SPD, GRÜNE, LINKE und auch CDU/CSU für eine deutschen Umweltwirtschaft und -technologie weiter aus- Finanztransaktionssteuer plädieren, wendet sich die FDP in- bauen und Wachstum vom Rohstoffverbrauch entkoppeln. direkt dagegen: «Neue Steuern können die Aufsichts- und Die SPD betont, dass Deutschland bei aller Bedeutung des Regelungslücken im Bereich der Finanzmärkte nicht schlie- Dienstleistungssektors auch ein erfolgreicher und starker ßen.» Während die CDU/CSU für eine wirksame europäische Standort einer vielfältigen Industrie und des produzierenden Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) für Gewerbes bleiben müsse. Deshalb will die SPD durch die Er- die großen, systemrelevanten Banken eintritt, lehnt DIE LIN- neuerung der Infrastruktur, durch Investitionen in Bildung, KE dies ab, weil es der EZB an unmittelbarer demokratischer Ausbildung und Qualifizierung und vor allem durch eine ech- Legitimation fehle. Auch FDP, SPD und GRÜNE plädieren für te Energiewende den Produktions- und Industriestandort eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht, verlangen Deutschland sichern und stärken. Sie will eine Erneuerung aber eine strikte institutionelle Trennung zwischen Zentral- der klassischen Industrien und die Erschließung neuer Leit- bank- und Aufsichtsfunktionen. Als einzige Bundestagspar- märkte (Mobilität, Gesundheit, Energie, Infrastruktur) voran- tei fordert DIE LINKE, dass die EZB die Staaten in der Eurozo- treiben. Wachstum und Ressourcenverbrauch seien absolut ne in einem festgelegten Rahmen direkt finanziert. zu entkoppeln. Keine der Bundestagsparteien stellt die EU in ihrem Wahl- DIE GRÜNEN setzen auf eine nachhaltige Wirtschaft als programm grundsätzlich in Frage, keine beabsichtigt, aus Leitbild und wollen der Ressourcen- und Materialeffizienz der Gemeinschaftswährung Euro auszutreten, doch hin- zum Durchbruch verhelfen. Sie erklären: «Wir müssen un- sichtlich der Art und Weise der weiteren europäischen Integ- sere Marktwirtschaft sozial und ökologisch neu begründen.» ration zeichnen sich deutliche Unterschiede ab. Für CDU und Wirtschaftswachstum sei nicht das Maß aller Dinge. Zu den CSU sind die Nationalstaaten und die Regionen prägende Indikatoren für Wohlstand und Lebensqualität müssten auch Bestandteile eines Europas der Einheit in Vielfalt. Sie wollen soziale und ökologische Aspekte gehören, um «der wirt- «kein zentralistisch organisiertes und regiertes Europa» und schaftlichen Entwicklung eine grüne Richtung [zu] geben». betonen die «christlich-abendländischen Wurzeln» Europas. Die Öko-Partei möchte den Märkten mit einer werteorientier- Die FDP will den Weg der Vertiefung der europäischen Inte- ten Ordnungspolitik klare soziale und ökologische Grenzen gration hin zu einer «politischen Union mit festen föderalen setzen. Grundsätzen, demokratischen Strukturen und einer klaren DIE LINKE plädiert für eine aktive staatliche Industriepoli- subsidiären Ordnung» gehen. tik, die nicht weiter auf Kostensenkung, Arbeitsplatzabbau SPD und GRÜNE wollen die Wirtschafts- und Währungs- und Verdrängungskonkurrenz setzt, sondern dem Gemein- union um eine politische Union ergänzen. Sie plädieren für wohl verpflichtet ist. Sie will Wirtschaft und Gesellschaft eine stärkere Demokratisierung Europas und für eine stärke- ökologisch umbauen, mit der Energiewende Ernst machen re Harmonisierung von europäischer Arbeits-, Wirtschafts-, und dabei die soziale Frage ins Zentrum des Umbaus rü- Finanz-, Steuer- und Investitionspolitik. Eine Währungsunion cken. Ein Instrumentenmix aus Anreizen, Geboten, Verboten brauche auch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik. und Transparenz soll die Schonung von Ressourcen beloh- DIE LINKE tritt für ein soziales, demokratisches und solida- nen und deren Verschwendung bestrafen oder ganz unter- risches Europa ein, das dem Klammergriff der Finanzmärkte binden. Als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien entzogen wird: «DIE LINKE steht für einen Neustart der Eu- will DIE LINKE strukturbestimmende Großunternehmen in ropäischen Union.» Die Partei fordert eine grundlegende Ver- gesellschaftliche Eigentumsformen überführen. In Deutsch- änderung der vertraglichen Grundlagen der EU, um die Vo- land sei ein Strukturwandel erforderlich – von der Exportori- raussetzungen für eine demokratische, soziale, ökologische entierung hin zu einer deutlichen Stärkung der Binnenwirt- und friedliche Europäische Union zu schaffen. DIE LINKE will schaft mit gut abgesicherten und vergüteten Arbeitsplätzen. eine EU, die Wohlstand und Wohlfahrt für alle fördert. Sie In der Arbeitsmarktpolitik ficht die FDP für eine weitere De- fordert eine soziale Fortschrittsklausel in den EU-Verträgen. regulierung des Arbeitsmarktes, während CDU und CSU auf Soziale Grundrechte und die Tarifautonomie müssten Vor- diesem Politikfeld nur wenig Handlungsbedarf sehen. Dage- rang vor den Binnenmarktfreiheiten haben. gen wollen die SPD, DIE GRÜNEN und vor allem DIE LINKE der Ausbreitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse Ein- Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik halt gebieten. Exemplarisch für die Differenzen ist die Hal- Auf dem Feld der Wirtschaftspolitik sieht die FDP zu Recht tung der Bundestagsparteien zum Mindestlohn. Während «die entscheidende Auseinandersetzung der kommenden die FDP einen allgemeinen, flächendeckenden Mindestlohn Jahre» zwischen dem von ihr vertretenen und fälschlich als strikt ablehnt und die CDU/CSU lediglich für einen «tarifli- «Soziale Marktwirtschaft» bezeichneten neoliberalen Markt- chen Mindestlohn» votiert, fordern SPD, GRÜNE und LIN- radikalismus und einer eher keynesianischen Wirtschafts- KE einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Nach politik mit Interventionen des Staates in die Wirtschaft. Das den Vorstellungen von SPD und GRÜNEN soll seine Höhe Motto der FDP lautet kurz und knapp: «Weniger Staat!» Sie mindestens 8,50 Euro betragen, nach denen der LINKEN kämpft gegen «planwirtschaftliche Tendenzen» und will mit zehn Euro und zum Ende der kommenden Wahlperiode min- ihrer Wirtschaftspolitik vor allem den Mittelstand stärken destens zwölf Euro. und «Bürger, Selbständige und Unternehmer von Steuern Die FDP bekämpft staatliche Eingriffe in die «Soziale Markt- und Bürokratie» entlasten. wirtschaft» und will den Arbeitsmarkt «flexibel und offen» Die Unionsparteien sehen Deutschlands Chancen in einer halten. In diesem Kontext plädiert die FDP für «flexible Be- nachhaltigen und international wettbewerbsfähigen Wirt- schäftigungsformen» und für Lockerungen bei den befris- schaft, deren Kern auch weiterhin eine moderne, industriel- teten Arbeitsverhältnissen. Auch die Unionsparteien wollen le Produktion sein müsse. Sie plädieren für ein nachhaltiges prekäre Arbeitsverhältnisse wie Zeitarbeit, befristete Arbeits- Wachstum, das Ökonomie, Ökologie und Soziales miteinan- verhältnisse, Minijobs, Teilzeitbeschäftigungen und Werkver- 3 der verbindet. CDU und CSU wollen die führende Rolle der träge als wichtige Instrumente am Arbeitsmarkt beibehalten.
Im Unterschied zu FDP und CDU/CSU plädieren SPD, GRÜ- Während die FDP eine Vermögensabgabe expressis verbis NE und LINKE in ihren Wahlprogrammen für eine aktive Ar- ablehnt, wollen DIE GRÜNEN eine zeitlich befristete Ver- beitsmarktpolitik und für die Schaffung eines öffentlich ge- mögensabgabe erheben, die 100 Milliarden Euro einspielen förderten Beschäftigungssektors (bzw. eines «verlässlichen und dazu dienen soll, Bundesschulden zu tilgen, die aus den sozialen Arbeitsmarktes») mit Angeboten sozialversiche- Konjunkturpaketen und aus der Bankenrettung resultieren. rungspflichtiger Beschäftigung, der auch durch den Trans- Aus dem gleichen Grund möchte DIE LINKE eine einmali- fer von passiven in aktive Leistungen finanziert werden soll. ge Vermögensabgabe einführen, die 300 Milliarden Euro er- Alle drei Parteien greifen die Forderung der Gewerkschaften bringen soll. Diese Abgabe soll in der Höhe gestaffelt sein: nach «guter Arbeit» auf und wollen das Tarifvertragssystem 10 Prozent ab einem persönlichen Freibetrag von einer Milli- stärken. Sie möchten die Möglichkeit der sachgrundlosen on Euro (bei Betriebsvermögen zwei Millionen Euro), 20 Pro- Befristung von Arbeitsverträgen abschaffen und den Miss- zent ab 10 Millionen Euro, 30 Prozent ab 100 Millionen Euro. brauch von Praktika durch die Einführung von Mindeststan- DIE LINKE will zudem eine Reichensteuer einführen, nach dards wirkungsvoll bekämpfen. Sie verlangen gleichen Lohn der jeder Euro, der – nach Abzug der Sozialversicherungs- für gleiche oder gleichwertige Arbeit und wollen dieses Prin- beiträge – über einer Million Einkommen liegt, mit 75 Pro- zip auch für Leiharbeitsbeschäftigte und Stammbelegschaf- zent besteuert werden soll. ten durchsetzen. Nach dem Willen der GRÜNEN und der Die Unionsparteien und die FDP wollen das bestehende LINKEN sollen Leiharbeiter zusätzlich einen Flexibilitätsbo- Ehegattensplitting erhalten und (vonseiten der CDU/CSU) nus erhalten. DIE LINKE strebt längerfristig ein Verbot der sogar um ein Familiensplitting ergänzen. Im Gegensatz dazu Leiharbeit an. streben SPD, GRÜNE und LINKE an, das Ehegattensplitting SPD und LINKE fordern, dass die Vergabe von öffentlichen abzuschmelzen oder ganz abzuschaffen. Ausdrücklich lehnt Aufträgen an die Tariftreue geknüpft wird. SPD und GRÜNE die SPD ein Familiensplitting ab. Während die FDP die Ab- verlangen, mit einem Entgeltgleichheitsgesetz die struktu- geltungsteuer auf Kapitalerträge beibehalten will, planen DIE relle Lohnbenachteiligung von Frauen zu beenden. DIE GRÜ- GRÜNEN und DIE LINKE, die Abgeltungsteuer abzuschaf- NEN und DIE LINKE plädieren für ein Gleichstellungsgesetz fen und Einkünfte aus Kapitalvermögen wieder gemäß dem für die Privatwirtschaft und verlangen, den Missbrauch von individuellen Einkommenssteuersatz zu besteuern. Die SPD Werkverträgen zu verhindern. DIE GRÜNEN wollen Minijobs möchte in einem ersten Schritt die Abgeltungsteuer unter ersetzen, DIE LINKE will ihre Umwandlung in voll sozialver- Beibehaltung des Optionswahlrechtes von 25 Prozent auf sicherungspflichtige Arbeitsplätze von der ersten Stunde an. 32 Prozent erhöhen, schließt aber für die Zukunft nicht aus, die Abgeltungsteuer innerhalb von drei Jahren abzuschaffen Steuerpolitik und die Kapitalerträge wieder der synthetischen Besteue- In der Steuerpolitik vertreten CDU/CSU und FDP einerseits rung zu unterwerfen. und SPD, GRÜNE und LINKE andererseits konträre Auffas- Um Geringverdiener zu entlasten, wollen DIE GRÜNEN sungen. Während CDU/CSU und FDP Steuererhöhungen das steuerfreie Existenzminimum für alle von 8.130 auf min- generell ablehnen, halten die derzeitigen Oppositionspar- destens 8.700 Euro anheben. Dem gegenüber zielen die teien Steuererhöhungen für unumgänglich, um Investitio- Entlastungsvorschläge von CDU/CSU und FDP auf den Mit- nen in Bildung, in die ökologische Transformation und in die telstand. Sie wollen die sogenannte Kalte Progression ab- Armutsbekämpfung finanzieren zu können. Explizit wollen mildern. Die FDP plädiert gar für eine «Steuerbremse» und SPD und GRÜNE den Spitzensteuersatz von derzeit 42 Pro- will im Grundgesetz einen Halbteilungsgrundsatz verankern, zent auf 49 Prozent und DIE LINKE ihn wieder auf 53 Pro- denn mehr als die Hälfte des Einkommens über Ertragsteu- zent (wie in der Regierungszeit von Helmut Kohl) anheben. ern an den Staat abzuführen, sei unverhältnismäßig und leis- Nach den Vorstellungen der SPD soll der Spitzensteuersatz tungsfeindlich. ab 100.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen (bzw. 200.000 Euro bei Eheleuten), nach denjenigen der GRÜ- Sozialpolitik NEN ab 80.000 Euro und nach denjenigen der LINKEN ab In der Sozialpolitik geht es vor allem um die Gesundheits- 65.000 Euro greifen. politik, um die Rentenpolitik und um das Arbeitslosengeld Während sich CDU/CSU und FDP ausdrücklich gegen ei- II (ALG II). Die FDP kämpft «gegen alle Schritte in Richtung ne Wiedereinführung der Vermögenssteuer und gegen ei- auf Einheitslöhne, Einheitskassen und Einheitsrenten» und ne Erhöhung der Erbschaftssteuer wenden, wollen SPD, setzt stattdessen auf mehr Wettbewerb und auf eine Stär- GRÜNE und LINKE die Einnahmen aus der Erbschaftssteu- kung der Kapitaldeckung in den Solidarsystemen. CDU und er deutlich erhöhen. Die SPD möchte eine Vermögenssteu- CSU erklären: «Linke Umverteilungs- und Bevormundungs- er einführen, «die der besonderen Situation des deutschen politik lehnen wir ab.» Die SPD hält generell an der Politik der Mittelstandes, von Personengesellschaften und Familienun- «Agenda 2010» fest, verspricht aber, Fehlentwicklungen zu ternehmen Rechnung trägt und ihre zukunftssichernde Ei- korrigieren. DIE GRÜNEN wollen «das Auseinanderfallen un- genkapitalbildung sichert sowie ihre Investitionsspielräume serer Gesellschaft in drinnen und draußen, in arm und reich, nicht belastet». Hohe Freibeträge für Privatpersonen sollen oben und unten» stoppen. DIE LINKE fordert einen Kurs- sicherstellen, dass das normale Einfamilienhaus nicht von wechsel in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, der konse- der Vermögenssteuer betroffen sein wird. DIE GRÜNEN wol- quent mit der Hartz-IV-Logik bricht. len die Vermögenssteuer mittelfristig verfassungskonform Auf dem Feld der Gesundheitspolitik möchten die SPD, DIE wiederbeleben. DIE LINKE fordert eine Vermögenssteuer für GRÜNEN und DIE LINKE das Zweiklassensystem von gesetz- Millionäre, bei der die erste Million des Vermögens steuerfrei licher und privater Krankenversicherung ablösen. Sie streben bleibt und danach ein Steuersatz in Höhe von fünf Prozent eine Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege an, in die auf Privat- und Betriebsvermögen erhoben wird (unter Ab- alle BürgerInnen einbezogen und zu deren Finanzierung alle zug der darauf lastenden Schulden). Einkommensarten herangezogen werden. Die paritätische Fi- 4
nanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitgeber und men in die Rentenversicherung eingehen – auch die von Arbeitnehmer soll wiederhergestellt werden. Selbstständigen, BeamtInnen und PolitikerInnen. Die Partei Nach den Vorstellungen der LINKEN werde mit der Einfüh- fordert in diesem Kontext die Aufhebung der Beitragsbemes- rung «einer Kasse für alle» die private Vollversicherung über- sungsgrenzen und die Abflachung der Rentenhöhe. flüssig und abgeschafft und die private Krankenversicherung Während CDU/CSU, FDP und GRÜNE den Anstieg des auf Zusatzleistungen beschränkt. DIE LINKE fordert darüber Renteneintrittsalters auf 67 Jahre für notwendig halten, hinaus die Abschaffung jeglicher Zuzahlungen und Zusatz- schweigt die SPD in ihrem Wahlprogramm zu diesem The- beiträge, die Einführung eines Präventionsgesetzes, einen ma. DIE LINKE bezieht in dieser Frage als einzige der im Bun- Stopp der Privatisierung von Krankenhäusern und die Über- destag vertretenen Parteien eine gegenteilige Position: Da- führung privatisierter Kliniken in öffentliche und nichtkom- mit der Lebensstandard im Alter gesichert werden könne, merzielle Trägerschaften. DIE LINKE verlangt den Stopp der müsse das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente durch mit fünf Euro im Monat geförderten privaten Pflegezusatz- Streichung der Kürzungsfaktoren aus der Rentenformel wie- versicherung. der auf 53 Prozent erhöht und die Rente erst ab 67 Jahren Dagegen lehnen CDU/CSU und FDP eine Bürgerversiche- abgeschafft werden. Nach 40 Beitragsjahren – einschließ- rung im Bereich Gesundheit und Pflege als «staatliche Ein- lich gleichgestellter Zeiten – soll ein abschlagsfreier Ein- heitsversicherung für alle» beziehungsweise als «Bürger- stieg in die Rente möglich sein. Zudem sollen (unabhängig zwangsversicherung» entschieden ab. Die Unionsparteien vom Geburtsjahr des Kindes) Müttern oder Vätern drei Jah- streben in der Gesundheitspolitik keinen Kurswechsel an. re Kindererziehungszeiten in der Rente angerechnet werden. Sie bekennen sich zum Wettbewerb der Krankenkassen und Schließlich will DIE LINKE eine solidarische Mindestrente sind der Auffassung, die private Krankenversicherung leiste von monatlich 1.050 Euro netto einführen. mit ihren individuellen Kapitalrücklagen einen wichtigen Bei- Allerdings versprechen auch CDU/CSU, SPD und GRÜNE, trag zur Nachhaltigkeit und Umsetzung von Neuerungen im der drohenden Altersarmut gegenzusteuern. CDU und CSU Gesundheitswesen. Auch die Pflegeversicherung habe sich sagen zu, ab 2014 für alle Mütter und Väter, deren Kinder bewährt und solle weiterentwickelt werden. Sie entbinde je- vor 1992 geboren wurden, die Erziehungsleistung mit einem doch den Einzelnen nicht davon, seine Eigenverantwortung zusätzlichen Rentenpunkt in der Alterssicherung zu berück- und Eigeninitiative wahrzunehmen, was mit der staatlichen sichtigen («Mütterrente»). Wer jahrzehntelang gearbeitet Förderung einer privaten Pflegezusatzversicherung unter- habe, dürfe im Alter nicht auf Grundsicherung angewiesen stützt werden soll. sein. «Wer 40 Jahre versichert ist und privat vorgesorgt hat, Das Motto der FDP lautet: «Privat kommt vor Staat». Sie soll einen Zuschuss zur Rente auf 850 Euro erhalten.» Die will nicht nur die privaten Krankenkassen stärken, sondern Unionsparteien planen, eine Altersvorsorgepflicht für alle den Gesundheitsfonds wieder «zurückführen» und offen- Selbstständigen einzuführen, die nicht bereits anderweitig sichtlich schrittweise durch eine Kranken- und Pflegeversi- abgesichert sind. cherung ersetzen, die – bei Aufhebung der Lohnbezogen- Die SPD meint, dass ohne die Bekämpfung der Erwerbs- heit – generell auf einem Prämiensystem mit Kapitaldeckung armut der Altersarmut nicht wirksam begegnet werden kön- beruhen würde. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversi- ne. Sie verspricht, das derzeitige Niveau bei den Leistungen cherung will die FDP die «Budgetmedizin» abschaffen und der gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Ende des Jahr- (im Sinne der Kopfpauschale) das Kostenerstattungsprinzip zehnts aufrechtzuerhalten. Wer seit vielen Jahren der gesetzli- einführen. Dafür sollen die PatientInnen eine Rechnung er- chen Rentenversicherung angehöre und Beiträge gezahlt ha- halten, in der die Kosten der in Anspruch genommenen Leis- be, müsse eine Rente deutlich oberhalb der Grundsicherung tungen aufgezeigt sind. «Einer Einheitskasse mit Einheitsver- erhalten. Parallel zu einem gesetzlichen Mindestlohn will die sorgung für den Einheitspatienten erteilen wir eine Absage.» SPD darum eine steuerfinanzierte «Solidarrente» einführen. Bei der Rentenpolitik stehen sich – ähnlich wie im Bereich Diese soll dafür sorgen, dass für langjährig Versicherte (30 Gesundheit und Pflege – zwei unterschiedliche Konzepte Beitragsjahre/40 Versicherungsjahre) die Rente nicht unter konträr gegenüber: Während die FDP und auch CDU/CSU 850 Euro liegt. DIE GRÜNEN wollen die Riesterrente grundle- die heutige gesetzliche Rentenversicherung in stärkerem gend reformieren und für langjährig Versicherte eine steuerfi- Maße durch private und betriebliche Vorsorge ergänzen nanzierte Garantierente von mindestens 850 Euro einführen. möchten, plädieren SPD, GRÜNE und LINKE (wenn auch Während die Unionsparteien die Auffassung vertreten, graduell und vom Zeithorizont her unterschiedlich) für die dass eine Angleichung der Renten in Ost und West mit dem Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Recht zu erreichen sei, plädieren SPD, GRÜNE, zu einer Bürgerversicherung. Während die Unionspartei- LINKE und FDP in ihren Wahlprogrammen für die Vereinheit- en dieses Thema in ihrem Wahlprogramm nicht aufgreifen, lichung des Rentenrechts in Ost und West. DIE GRÜNEN tre- lehnt insbesondere die FDP eine Bürgerversicherung ab und ten dafür ein, den Rentenwert Ost auf den Rentenwert West schmäht sie als «Einheitsrente». so anzuheben, dass die bisher erworbenen Rentenansprüche Die SPD will mit der Ausweitung des Versichertenkreises konstant bleiben. Die SPD will mit der Angleichung der Ren- in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Schritt zu ei- tenwerte den Aufwertungsfaktor für Löhne in Ostdeutsch- ner Erwerbstätigenversicherung machen, in der alle zu glei- land abschaffen. DIE LINKE fordert, die Angleichung dürfe chen Bedingungen für das Alter und bei Erwerbsminderung nicht zum Nachteil der heute Versicherten führen. Deshalb versichert sind. Nach dem Willen der GRÜNEN soll die Ren- müsse die Hochwertung der ostdeutschen Löhne und Gehäl- tenversicherung mittelfristig zur Bürgerversicherung weiter- ter erhalten bleiben, solange es noch starke Lohndifferenzen entwickelt werden, in die alle BürgerInnen, das heißt auch zwischen Ost und West gebe. Es müsse zudem Schluss sein BeamtInnen, Selbstständige und Abgeordnete, auf alle Ein- mit den rund 20 Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen, kommensarten unabhängig vom Erwerbsstatus einzahlen. die für verschiedene Berufs- und Betroffenengruppen im Zu- 5 Nach Auffassung der LINKEN sollen alle Erwerbseinkom- ge der Rentenüberleitung geschaffen wurden.
Die Regelungen beim Arbeitslosengeld II werden von CDU/ miteinander verbunden. In diesem Sinne will die Partei ver- CSU und SPD nicht thematisiert und damit offenbar auch hindern, dass die Kosten der Energiewende auf die Bevölke- nicht infrage gestellt. DIE GRÜNEN wollen den Regelsatz für rung abgewälzt werden. das Arbeitslosengeld II auf 420 Euro anheben. Für Sanktio- Hinsichtlich der Energiepolitik versprechen alle Parteien in nen soll zunächst ein Moratorium gelten, bis die Sanktions- ihren Programmen, sich für Erneuerbare Energien, für Stra- regeln entschärft sind. DIE GRÜNEN möchten beim Arbeits- tegien zur Reduzierung des Energieverbrauchs und vor allem losengeld II längerfristig die Grundlage der Berechnung von für eine bezahlbare Energiewende einzusetzen. Sie unter- der Bedarfsgemeinschaft auf individuelle Existenzsicherung scheiden sich jedoch in Bezug auf die zeitlichen Dimensio- umstellen. DIE LINKE besteht dagegen auf ihrer Forderung nen, auf die Gewichtung der einzelnen Energiequellen, auf «Hartz IV muss weg!» und verlangt eine bedarfsgerechte und die Verknüpfung der Energieproblematik mit wirtschaftli- sanktionsfreie Mindestsicherung. Kurzfristig müssten die chen und/oder sozialen Fragen und auf den Stellenwert öf- Hartz-IV-Regelsätze auf 500 Euro erhöht und die Sanktionen fentlicher Regulierungen des Energiesektors. sowie die sogenannten Ein-Euro-Jobs abgeschafft werden. Alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien hal- Anstelle der Bedarfs- und Einsatzgemeinschaften müsse das ten am Ausstieg aus der Kernkraft fest, beziehen aber un- Individualprinzip unter Berücksichtigung der gesetzlichen terschiedliche Positionen zur Nutzung fossiler Energieträger. Unterhaltsverpflichtungen eingeführt werden. Die CDU/CSU verspricht, sich dafür einzusetzen, dass für alle Die FDP hält an den gegenwärtigen Regelungen zum Ar- Kernkraftwerke (KKW) in der EU rechtlich bindende Vorga- beitslosengeld II fest und betont, es müsse dabei bleiben, ben auf der Basis deutscher Stresstests eingeführt werden. dass bei Ablehnung einer zumutbaren angebotenen Arbeit Sie will für die «heimische Braunkohle» den Bau neuer, effi- das Arbeitslosengeld II gekürzt werden kann. Längerfristig zienter Kraftwerke beschleunigen und für Investoren stabile will sie an dessen Stelle ein «Liberales Bürgergeld» einführen. und verlässliche Bedingungen schaffen. Die FDP möchte die SPD und GRÜNE möchten mittelfristig die Arbeitslosen- stillgelegten KKW möglichst zügig zurückbauen, jedoch die versicherung zu einer Arbeitsversicherung für alle weiter- Kernforschung und eine entsprechende Hochschulausbil- entwickeln. DIE LINKE fordert eine Versicherung gegen dung in Deutschland erhalten. Die SPD hält Kohle- und Gas- Erwerbslosigkeit, die den Lebensstandard sichert. Länger- kraftwerke (im Sinne von Brückentechnologien) nach wie vor fristig plant DIE LINKE, ein Konzept einzubringen, in dem für erforderlich. Geht es nach den GRÜNEN, dann darf die keine Mindestsicherung mehr unter 1.050 Euro liegt. SPD, Energieversorgung der Zukunft weder auf Atom noch auf GRÜNE und LINKE wollen das von der CDU/CSU-FDP-Koa- Kohle und Öl aufbauen. DIE LINKE verlangt für den Ausstieg lition eingeführte «bildungsfeindliche» Betreuungsgeld wie- aus der Kohlestromversorgung ein Kohleausstiegsgesetz mit der abschaffen. schrittweisen Abschaltungen bis 2040. Neue Kohlekraftwer- ke oder Tagebaue dürften nicht mehr genehmigt werden. Umwelt-, Energie- und Klimapolitik Hinsichtlich Erneuerbarer Energien in Verbindung mit Fragen der Umweltpolitik spielen in den Wahlprogrammen Energieeffizienz und Energieeinsparung verfolgen die Bun- aller Bundestagsparteien eine wichtige Rolle, nehmen aber destagsparteien unterschiedliche Zielmarken und setzen bei den GRÜNEN eine herausgehobene Position ein. DIE verschiedene Schwerpunkte. Die CDU/CSU will bis zum Jahr GRÜNEN wollen eine intakte Umwelt und gesunde Ernäh- 2020 den Energieverbrauch um 20 Prozent und den Strom- rung für alle, den Schutz der Vielfalt der Natur, eine konse- verbrauch in Gebäuden um mindestens zehn Prozent ver- quente Politik des ressourcenleichten Wirtschaftens und ein mindern. CDU/CSU und FDP streben den Ausbau von be- Umdenken in Konsumgewohnheiten und Lebensstilen, eine darfsorientierten «denkenden Netzen» und den Ausbau des bäuerliche Landwirtschaft mit Ökolandanbau und Regional- europäischen Netzverbundes an. Die FDP fordert einen ga- vermarktung, ohne Massentierhaltung und Tierquälerei. rantierten Mindestanteil an Erneuerbaren Energien für den Nach Auffassung der Union kommt dem Umweltschutz EU-Binnenmarkt. Die SPD steuert einen Stromanteil von 40 eine besondere Rolle für den Wirtschaftsstandort Deutsch- bis 45 Prozent aus Erneuerbaren Energien und von 25 Pro- land zu. Mit ihrer Hightech-Strategie 2020 möchten CDU zent aus Kraft-Wärme-Kopplung bis zum Jahr 2020 an und und CSU Forschungs- und Innovationsaktivitäten bündeln will bis 2030 drei Viertel des Stroms aus Erneuerbaren Quel- und auf die Zukunftsmärkte Umwelt und Energie, Gesund- len gewinnen. DIE GRÜNEN wollen bis 2022 bereits die Hälf- heit und Ernährung, Mobilität, Sicherheit und Kommunika- te und bis 2030 sämtlichen Strom aus Erneuerbaren Ener- tion ausrichten. gien produzieren. Im Gebäude- und Wärmebereich soll die Die FDP will, dass Deutschland als Exporteur von Ideen Umstellung bis 2040 erfolgen. DIE LINKE möchte in einem und Innovationen hilft, Energie und Ressourcen zu sparen, ersten Schritt bis 2020 die Stromversorgung zu 50 und die Emissionen zu vermeiden und die Lebensqualität und den Wärmeversorgung zu 20 Prozent aus Erneuerbaren Energi- Wohlstand der Menschen zu mehren. Sie will die Steue- en sicherstellen. Sie verlangt langfristig einen Masterplan für rungswirkung aller Fördermaßnahmen regelmäßig überprü- Deutschland, nach dem die Strom- und Wärmeversorgung fen und – wenn notwendig – anpassen. komplett aus Erneuerbaren Energien erfolgen soll. Die SPD verbindet Umweltschutz mit zukunftsorientierten Die Klimaschutzziele der Bundestagsparteien sind unter- Investitionen in gesundheitliche Vorsorge und Lebensquali- schiedlich ambitioniert. CDU und CSU setzen sich für eine tät. Luftreinhaltung, Lärmschutz, gesunde Böden, saubere Anhebung des europäischen Klimaziels ein und wollen errei- Gewässer, gesunde Lebensmittel und intakte Ökosysteme chen, dass der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase in seien Voraussetzungen für Lebensqualität, auf die alle Men- Europa bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 vermindert schen einen Anspruch hätten. Umweltschutz ist für die SPD wird. Die FDP möchte den CO2 -Ausstoß national bis 2020 eine Frage sozialer Gerechtigkeit. um 40 und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 Für DIE LINKE sind soziale Gerechtigkeit, ökologisches reduzieren. Die SPD strebt eine Absenkung der CO2 -Emissi- Wirtschaften und eine nachhaltige Lebensweise untrennbar onen bis zum Jahr 2050 um mindestens 95 Prozent im Ver- 6
gleich zu 1990 an. SPD und GRÜNE verlangen ein verbind- Die FDP verknüpft demokratische Gestaltung mit Recht- liches nationales Klimaschutzgesetz mit Zwischenschritten: staatlichkeit und solider Haushaltspolitik. Schulden – auch 40 Prozent Senkung der CO2 -Emissionen bis 2020, 60 Pro- hier wiederholen die Neoliberalen ihr Lieblingsthema – wür- zent bis 2030 und mindestens 80 Prozent bis 2040. Dieses den «wie Drogen» wirken, die Gesellschaft in Abhängigkeit Gesetz soll Ziele für alle klimarelevanten Sektoren (Industrie, bringen und gegebenenfalls Gesellschaft und Demokratie Verkehr sowie Land- und Forstwirtschaft) beinhalten. existenziell bedrohen. Erste Voraussetzung zur Gestaltung DIE GRÜNEN setzen sich darüber hinaus für eine verbind- demokratischer Gesellschaften sei deshalb der Abbau von liche Fortentwicklung der bis 2030 in der Europäischen Uni- Schulden. on zu erreichenden Ziele in der Klimapolitik, beim Anteil der Die SPD beschreibt sich als große politische Kraft für De- Erneuerbaren Energien an der Gesamtenergieerzeugung so- mokratie und Emanzipation in Deutschland, die vor 80 Jah- wie bei der Energieeffizienz ein: Bis dahin sollen die EU-Treib- ren als einzige Partei das Ermächtigungsgesetz der Nazis hausgasemissionen um 45 Prozent sinken und der EU-Anteil abgelehnt habe. Sie verknüpft demokratische und soziale der Erneuerbaren Energien auf 45 Prozent steigen. Die Öko- Teilhabe und verweist auf den Zusammenhang von zuneh- Partei fordert zudem einen EU-Vertrag für Erneuerbare Ener- mender Arbeitslosigkeit, gesellschaftlicher Spaltung und gien. DIE LINKE will bis 2020 den Treibhausgasausstoß in schwindendem Vertrauen in die Demokratie. der Bundesrepublik gegenüber 1990 halbieren und bis 2050 Die GRÜNEN stehen für eine Erneuerung der Demokratie um mindestens 90 Prozent reduzieren. Der Anteil der Erneu- durch Transparenz, Öffentlichkeit, Bürgerbeteiligung, Stär- erbaren Energien an der Stromversorgung soll bis 2020 auf kung der Repräsentation und den Kampf gegen alte und 50 Prozent erhöht werden. neue Nazis. Sie plädieren für die demokratische Teilhabe aller Hinsichtlich des Emissionshandels gehen die Meinungen durch direkte Beteiligungsmöglichkeiten, für geschlechter- der Bundestagsparteien weit auseinander. Während aus gerechte Repräsentanz und für Bekämpfung der Korruption. Sicht der LINKEN der Emissionshandel versagt habe und da- Zur Demokratie gehören für sie Demonstrationen, mitunter her durch verbindliche Vorgaben ersetzt werden müsse, hal- auch ziviler Ungehorsam. ten CDU/CSU, FDP, SPD und GRÜNE an ihm fest. Die SPD DIE LINKE will keine «marktkonforme Demokratie» wie die will den darniederliegenden europäischen Emissionshandel CDU, sondern will Märkte und Wirtschaft der Demokratie an- als das zentrale marktwirtschaftliche Instrument reaktivie- passen und dazu soziale und Bürgerrechte stärken. Wer ver- ren, um Investitionen in Energieeffizienz anzureizen. CDU/ fügt über den gesellschaftlichen Reichtum, wer bestimmt, CSU und FDP setzen sich für eine schrittweise Einbeziehung was, wann, wie, wo und in welchem Umfang produziert wer- weiterer Länder in den Emissionshandel ein mit dem Ziel, ein de – solche Fragen betreffen nach Auffassung der LINKEN in weltweites Handelssystem zu entwickeln. Die Union will da- ihrem Kern die Eigentumsfrage und daher das «Wesen der zu die Idee eines «Clubs der Energiewendestaaten» umset- Demokratie». Die Partei bindet damit die Demokratie- an die zen, der alle Vorreiter einer umwelt- und klimaverträglichen Eigentumsfrage: Ohne ein leistungsfähiges öffentliches Ei- Energieversorgung vereinigt. gentum, das heißt ein kommunales, regionales, genossen- DIE GRÜNEN wollen den Emissionshandel durch Verknap- schaftliches, gemeinwirtschaftliches oder staatliches Eigen- pung der Verschmutzungsrechte, höhere Standards und ei- tum, könne eine Demokratie nicht funktionieren. nen Mindestpreis für CO2 stärken. Bis dahin soll Deutschland Hinsichtlich der Ergänzung der repräsentativen Demo- durch Einführung eines nationalen Mindestpreises, der An- kratie durch Elemente der direkten Demokratie fordern FDP, reize schafft, alte Kohlekraftwerke stillzulegen und in Klima- SPD, GRÜNE und LINKE Volksinitiativen, Volksbegehren schutz zu investieren, vorangehen. Statt einer Ausweitung und Volksentscheide auf Bundesebene, während die Union des Emissionshandels auf den gesamten Verkehrs- und Wär- sich zu diesem Thema nur bedingt äußert. Die FDP will diese mesektor, wie dies die FDP fordert, streben DIE GRÜNEN direktdemokratischen Elemente verfassungsrechtlich veran- in anderen Emissionssektoren eine stärkere Kopplung der kern. DIE GRÜNEN wollen die Finanzierung bei Kampagnen Energiesteuern an den CO2 -Ausstoß an. Dagegen lehnt die für Volksentscheide transparent machen und die Spenden- FDP explizit eine Ersetzung des EU-Emissionshandels durch höhe wie bei der Parteienfinanzierung begrenzen. DIE GRÜ- eine «CO2 -Steuer» ab. NEN und DIE LINKE fordern außerdem auch auf EU-Ebene Volksentscheide. DIE LINKE verlangt für Volksentscheide Bürgerrechte und Demokratie niedrige Zugangshürden sowie umfassende Informations- In Bezug auf Bürgerrechte und Demokratie besteht ein tiefer und Auskunftsrechte. Graben zwischen den Auffassungen der GRÜNEN, der LIN- Ein gewisses Umdenken hat offenbar auch in der Union KEN und – mit gewissen Abstrichen – der FDP und der SPD eingesetzt. So wollen CDU und CSU Betroffene vor allem bei auf der einen Seite und der CDU/CSU auf der anderen Seite. Großvorhaben wie Flughafenerweiterungen oder dem Aus- Während die erstgenannten Parteien über die Erweiterung bau von Windkraftanlagen und Stromnetzen einbinden. Dies von Bürgerrechten und Demokratie nachdenken, ist dies für müsse bei der Klärung des Bedarfs beginnen und verbunden die Union kein Thema. Vielmehr laufen die von ihr anvisierten sein mit Verfahren zur frühzeitigen Beteiligung. Außerdem Maßnahmen im Kern auf eine deutliche Einschränkung von solle die Geltungsdauer von Genehmigungen und Planfest- Bürgerrechten und Demokratie hinaus. stellungsbeschlüssen befristet werden. Die FDP setzt sich Die Unionsparteien fordern eine «wehrhafte Demokratie» für Bürgerplenarverfahren und für ein fakultatives Gesetzes- und verbinden diese Vorstellung mit dem Kampf gegen jede referendum ein. Form von Extremismus, Terrorismus und religiösem Funda- FDP, SPD, GRÜNE und LINKE wollen das Wahlrecht auf mentalismus. Andererseits erklären sie, dass Demokratie in neue Wählergruppen ausweiten. SPD, GRÜNE und LINKE der Gesellschaft für sie die Möglichkeiten des Mitmachens, möchten das Mindestalter für Wahlberechtigte auf 16 Jah- des bürgerschaftlichen Engagements und der Bürgerbeteili- re senken. DIE LINKE fordert ein Wahlrecht für alle seit fünf 7 gung vor allem bei Großvorhaben bedeute. Jahren in Deutschland lebenden Menschen. Die FDP plädiert
für ein kommunales Ausländerwahlrecht für Drittstaatsan- AsylbewerberInnen nach den Vorgaben des Bundesverfas- gehörige. DIE GRÜNEN streben das kommunale Wahlrecht sungsgerichts reformieren, GRÜNE und LINKE möchten das auch für Menschen ohne deutschen Pass oder Unionsbür- Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen. DIE LINKE for- gerschaft an. Zudem treten sie dafür ein, das Wahlrecht für dert darüber hinaus die Abschaffung der Unterbringung von Obdachlose zu gewährleisten. SPD und GRÜNE setzen sich Asylsuchenden in Sammellagern. dafür ein, dass Menschen, die unter Betreuung stehen, das FDP, SPD und GRÜNE streben eine weitergehende Blei- Wahlrecht nicht automatisch entzogen wird. DIE LINKE berechtsregelung für AsylbewerberInnen an. Sie wollen das lehnt bei diesen Personen den Entzug des Wahlrechts gene- Aufenthaltsgesetz so ändern, dass ausreisepflichtige Ju- rell ab. Nicht zuletzt fordert DIE LINKE die Abschaffung der gendliche und Heranwachsende nach erfolgreichem Schul- Fünf-Prozent-Sperrklausel. besuch sowie sonstige ausreisepflichtige Personen ein stich- Unterschiedliche Akzente setzen die Bundestagspartei- tagsunabhängiges Bleiberecht erhalten. DIE LINKE fordert en bei der informationellen Selbstbestimmung. GRÜNE und ein Bleiberecht für alle Menschen mit unsicherem Aufent- LINKE lehnen die Vorratsdatenspeicherung grundsätzlich haltsstatus, die länger als fünf Jahre in Deutschland leben. ab, die FDP lediglich die «anhaltslose» Vorratsdatenspei- cherung. DIE LINKE wendet sich zudem strikt gegen Be- AuSSen- und Sicherheitspolitik standsdatenauskünfte und Online-Durchsuchungen, gegen Alle im Bundestag vertretenen Parteien erklären, dass sich nichtindividualisierte Funkzellenabfragen, gegen Video-, ihre Politik an der weltweiten Anerkennung und Durchset- Späh- und Lauschangriffe sowie gegen Rasterfahndun- zung der Menschenrechte orientiert, an einer friedlichen, gen. DIE LINKE plädiert für datenschutzfreundliche Technik, wirtschaftlich und sozial nachhaltigen Entwicklung, an Ar- für datensparsame Grundeinstellungen bei Webdiensten, mutsbekämpfung, politischer Stabilität und Völkerverständi- Smartphones, Tablet-Computern und Apps sowie für das gung. CDU/CSU und FDP thematisieren in diesem Zusam- Recht, die eigenen Daten «mitzunehmen» oder zu löschen. menhang die «globale Verantwortung» Deutschlands und Sie ist für eine klare Trennung zwischen Polizei und Nachrich- verbinden sie mit verlässlichen Partnerschaften und Bünd- tendiensten. nispflichten im Rahmen der UNO, der OSZE, der Nato und DIE GRÜNEN stellen sich gegen ein Zwei-Klassen-Inter- der EU. CDU/CSU, FDP und SPD wollen die militärische Zu- net, wollen daher den Grundsatz der Netzneutralität gesetz- sammenarbeit in der EU vertiefen, die FDP und die SPD lang- lich verankern und das Fernmeldegeheimnis des Artikels 10 fristig auch europäische Streitkräfte aufbauen. Nach dem GG zu einem umfassenden Kommunikations- und Medien- Willen der LINKEN darf Krieg kein Mittel der Politik sein. DIE nutzungsgeheimnis weiterentwickeln. Die SPD konzentriert LINKE fordert deshalb den Rückzug aller deutschen Solda- sich bei diesem Thema auf einen besseren Schutz vor Über- tInnen aus den Auslandseinsätzen. wachung und dem unkontrollierten Abspeichern sensibler In der Haltung zur Nato gibt es eine tiefe Kluft zwischen Personaldaten von ArbeitnehmerInnen und fordert dazu ein CDU/CSU, FDP, SPD und GRÜNEN auf der einen Seite und eigenes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz. der Partei DIE LINKE auf der anderen Seite. Während sich Die Union will bei der Überarbeitung des EU-Datenschutz- CDU/CSU, FDP und SPD zur Nato bekennen, wollen DIE rechtes das Recht auf Selbstbestimmung über die persön- GRÜNEN die Nato so reformieren, dass sie in eine multilate- lichen Daten und den Schutz der Privatsphäre erhalten. Bei rale Sicherheitsarchitektur integriert werden kann. Russland der Nutzung von persönlichen Daten müsse der «Grund- und alle osteuropäischen Länder müssten eingebunden wer- satz der ausdrücklichen Einwilligung gelten». Die CDU/CSU den. Die Nato solle künftig Motor bei Rüstungskontrolle und möchte das Recht auf das Löschen der eigenen Daten vor Abrüstung sein. DIE LINKE fordert dagegen die Auflösung allem in sozialen Netzwerken und die Berücksichtigung des der Nato und ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicher- Datenschutzes in der Entwicklung neuer Techniken und Pro- heitssystem unter Beteiligung Russlands, das Abrüstung als dukte durchsetzen. ein zentrales Ziel hat. Unabhängig von einer Entscheidung FDP, SPD, GRÜNE und LINKE wenden sich explizit gegen über den Verbleib Deutschlands in der Nato setzt sich DIE jegliche Diskriminierung aufgrund von Religion, ethnischer LINKE dafür ein, dass Deutschland aus den militärischen Herkunft, Geschlecht oder Behinderung und treten für geis- Strukturen des Bündnisses austritt. tige und körperliche Unversehrtheit, gegen weibliche Geni- CDU/CSU, FDP, SPD und GRÜNE stehen zur Bundeswehr talverstümmelung und gegen häusliche Gewalt ein. Darü- und ihren Auslandseinsätzen, binden aber Auslands- und ber hinaus setzen sich FDP und LINKE für die Ratifizierung Kampfeinsätze der Bundeswehr an das Völkerrecht sowie des Zusatzprotokolls zum Pakt der UNO über wirtschaftliche, an Beschlüsse des UN-Sicherheitsrates. DIE LINKE lehnt soziale und kulturelle Rechte ein, das es Einzelpersonen er- Kampfeinsätze der Bundeswehr ab. Sie will den Umbau der möglicht, persönliche Rechte vor einem internationalen Gre- Bundeswehr in eine Einsatzarmee stoppen, die Bundeswehr mium einzuklagen. in den kommenden vier Jahren drastisch verkleinern und zu In der Asyl- und Flüchtlingspolitik wollen FDP, SPD, GRÜ- einer strukturell nichtangriffs- und nichtinterventionsfähigen NE und LINKE eine ganze Reihe von restriktiven Bestimmun- Armee abrüsten. Langfristig will DIE LINKE eine Welt ohne gen abschaffen, während die Union auf diesem Politikfeld Kriege und deshalb ein Deutschland und ein Europa ohne Ar- offenbar kaum Handlungsbedarf sieht. FDP, SPD und LIN- meen. DIE LINKE und DIE GRÜNEN lehnen einen Einsatz der KE wollen die Residenzpflicht abschaffen. Nach dem Willen Bundeswehr im Inneren ausdrücklich ab. von FDP und GRÜNEN soll auch die Arbeitserlaubnispflicht CDU/CSU, FDP und SPD bejahen den Kampfeinsatz der für AsylbewerberInnen entfallen. Auch die SPD will ihnen Bundeswehr in Afghanistan, wollen ihn allerdings 2014/15 den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Nach Auffassung beenden. Ab 2015 soll sich die Bundeswehr vorrangig um der LINKEN stehe Asylsuchenden das gleiche Recht auf Ar- die Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheits- beit, Grundsicherung und Gesundheitsversorgung zu wie kräfte kümmern. Auch DIE GRÜNEN bekennen sich zu die- den BürgerInnen Deutschlands. Die SPD will Leistungen für sem Einsatz, wollen seiner Verlängerung über 2014 hinaus 8
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