Wälder mit natürlicher Entwicklung und Hotspots der Biodiversität - NW-FVA
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Peter Meyer et al., Wälder mit natürlicher Entwicklung und H otspots der Biodiversität Wälder mit natürlicher Entwicklung und Originalarbeit Hotspots der Biodiversität Elemente einer systematischen Schutzgebietsplanung am Beispiel Niedersachsen Von Peter Meyer, Katja Lorenz, Falko Engel, Hermann Spellmann und Christian Boele-Keimer Abstracts Die niedersächsische Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Forests with natural development and hotspots of biodiversity. 10 % des Landeswaldes einer natürlichen Entwicklung zu über- Systematic planning approach to protection areas – the example lassen. Im vorliegenden Beitrag werden die ersten beiden Schrit- of Lower Saxony te einer systematischen Weiterentwicklung der Flächenkulisse The state government of Lower Saxony aims at contributing to der Wälder mit natürlicher Entwicklung (NWE) behandelt – die the German National Strategy on Biological Diversity by dedi- objektivierte Auswahl von potenziellen Gebieten für den Schluss cating 10% of the state owned forests to natural development. von Repräsentativitätslücken und die Repräsentativitätsanalyse The paper describes the first two steps of an approach to system- der vorhandenen NWE-Flächen. atically refine the existing system of naturally developing forests: Die Identifikation naturschutzfachlich besonders wertvoller This is firstly the identification of hotspots and secondly the Waldbestände, der sogenannten Hotspots der Biodiversität, er- analysis of the representativeness of existing conservation areas. folgte mit Hilfe einer Habitatmodellierung für Arten reifer, natur The first pool of hotspots has been defined as old-growth stands naher Wälder und durch Einbeziehung der besonders geschütz- with typical biodiversity. The respective stands were identified ten Waldbiotope nach § 30 BNatSchG. Alle Flächen wurden vor by modelling their suitability as habitats for certain groups of Ort überprüft, bewertet und ggf. ergänzende Vorschläge for indicator species. Forests on extreme sites are the second pool muliert. of hotspots. The respective stands were identified with the help Bei der Repräsentativitätsanalyse wurde die Verteilung des of existing biotope maps. All potentially valuable stands were im Juli 2013 vorhandenen NWE-Flächenbestandes in Höhe von evaluated in the field by local foresters. If appropriate, addi- 17 780 ha auf natürliche Waldtypen, Naturräume und Größen- tional stands were suggested. klassen betrachtet. Es zeigte sich, dass bei den Gebieten über In July 2013, the existing forests with natural development 100 ha Größe und den durch zeitweiligen oder dauerhaften in Lower Saxony amounted to 17.780 hectares or 1.5% of the Wasserüberschuss gekennzeichneten Standorten deutliche Re- whole and 4.4% of the public forests. The analysis of represent- präsentanzlücken zu erkennen sind. Bis September 2015 soll ativeness revealed deficits especially in respect of areas larger das bestehende NWE-System durch Hotspots weiter entwickelt than 100 hectares and forests on soils with water surplus. Until werden. September 2015 the process of refining the existing conservation system within the state forests shall be completed. 1 Einleitung dynamisch entwickeln. Sowohl forstwirt- der bei. Wie Vergleichsstudien zwischen schaftliche Eingriffe als auch naturschutz- Naturwaldreservaten und bewirtschafteten Die Nationale Strategie zur biologischen fachliche Pflegemaßnahmen sind ausge- Wäldern zeigen, weisen NWE-Flächen häu- Vielfalt (NBS) sieht u.a. vor, dass Wälder schlossen. fig bereits heute eine hohe und typisch mit natürlicher Entwicklung (NWE) bis Der NWE-Flächenanteil am Wald lag ausgebildete Biodiversität auf (Winter zum Jahr 2020 insgesamt 5 % der Waldflä- Mitte des Jahres 2013 in Deutschland bei 2005, Paillet et al. 2010), die sich deutlich che Deutschlands und 10 % der Fläche der 1,9 %. Für das Bezugsjahr 2020 werden von ihrer unmittelbaren Umgebung abhebt. öffentlichen Wälder einnehmen (BMU verbindlich 2,3 % und für die Zeit unmit- Die naturschutzfachlich besonders wert- 2007). Zwischen Naturschutz und Forst- telbar danach 3 % erwartet. Nicht enthalten vollen NWE-Gebiete können daher als Hot- wirtschaft wurde dieses Ziel strittig disku- sind in diesen Prozentzahlen diejenigen spots der Biodiversität bzw. Biodiversi- tiert (Wildmann et al. 2014). Wälder mit dauerhaft natürlicher Wald tätszentren angesehen werden. Der Begriff Mit dem Abschluss des vom Bundesmi- entwicklung, die zwar grundsätzlich an- Hotspots geht in seiner naturschutzfach nisterium für Umwelt, Naturschutz, Bau rechnungsfähig sind, aber zu den Stich lichen Bedeutung auf Myers et al. (2000) und Reaktorsicherheit (BMUB) geförderten tagen nicht bilanziert werden konnten. zurück und bezeichnet die globalen Vor- Forschungs- und Entwicklungsvorhabens Dabei handelt es sich vor allem extreme ranggebiete für den Schutz der biologi- „Natürliche Waldentwicklung als Ziel der Waldstandorte, die eine Nutzung ausschlie- schen Vielfalt. Meyer et al. (2009) schlagen Nationalen Strategie zur biologischen Viel- ßen, weil sie zu nass sind oder ihr Gelände seine Übertragung auf die lokale und regi- falt“ (NWE5) wurden sowohl eine Defini- zu steil ist. onale Ebene zur Bezeichnung von Zentren tion als auch Bilanzen der NWE-Flächen Wälder mit natürlicher Entwicklung einer typischen natürlichen Biodiversität zu verschiedenen Stichtagen vorgelegt sollten funktional Kern- und Verbindungs- im Wald vor. Hotspots in diesem Sinne als (Engel et al. 2015). Danach handelt es sich flächen eines Biotopverbunds nach § 21 konkret abgegrenzte Bestände sind von den bei NWE-Flächen um Waldbestände mit BNatSchG darstellen. Aufgrund ihres dau- Hotspot-Regionen aus bundesweiter Sicht einer Größe von mehr als 0,3 ha, die sich erhaften Schutzes tragen sie langfristig zur (Ackermann & Sachteleben 2012) zu un- dauerhaft und verbindlich gesichert eigen- Wiederherstellung reifer natürlicher Wäl- terscheiden. Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (8/9), 2015, 275-282, ISSN 0940-6808 275
Peter Meyer et al., Wälder mit natürlicher Entwicklung und H otspots der Biodiversität Hotspots spielen als Ansatzpunkte für ab 2010 in einem Kooperationsprojekt der der umfangreichere Arterhebungen als für Originalarbeit Schutzkonzepte im Wald eine wichtige Rol- Niedersächsischen Landesforsten und der andere Waldtypen vor, wie beispielsweise le. Dies gilt insbesondere für die Wieder- Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchs- Buchenwälder. Zudem sind an Eichenwäl- herstellung reifer Wald-Lebensgemein- anstalt Habitatmodelle eingesetzt. Hierbei der besonders viele Arten obligat oder schaften und Waldgesellschaften auf ex kam die Software BIOMAPPER 4.0.7.373 fakultativ gebunden. Insgesamt wurden trem nassen, trockenen oder steilen Stand- zum Einsatz, mit der eine „Ecological Niche sieben verschiedene Habitatmodelle ge- orten. Eine wirksame und effektive Wieder- Factor Analysis“ (Hirzel et al. 2002, 2008) rechnet, in die insgesamt 87 Arten und herstellung dieser Lebensgemeinschaften durchgeführt wurde. Die Software be 4 044 Fundpunkte eingegangen sind. sollte aus naturschutzfachlichen Gründen rechnet für einen bestimmten Bezugs- Die Beurteilung der Modellgüte erfolg- vor allem dort ansetzen, wo sie mehr oder raum Habitateignungswerte für bestimmte te anhand einer Kreuzvalidierung, bei der weniger gut erhalten sind. Für die häufig Arten(gruppen), indem verortete Fund die Treffsicherheit des Modells an einem wenig mobilen und hoch spezialisierten daten mit zur Verfügung stehenden Habi- unabhängigen Teildatensatz in mehreren Arten der Alters- und Zerfallsphase bzw. der tatvariablen in Beziehung gesetzt werden. Durchläufen überprüft wurde. Die entspre- extremen Standorte ist die Nähe zu Flächen, Im vorliegenden Fall wurden die Habitat- chenden Möglichkeiten zur Auswertung von denen eine Wiederbesiedlung ausgehen variablen aus der Forsteinrichtung (Alter und graphischen Darstellung bietet die kann, von entscheidender Bedeutung für der Waldbestände, Baumartenanteile, Be- Software Biomapper unmittelbar an. Bei den Renaturierungserfolg (Huxel & Has- stockungsgrade etc.) und der Kartierung der Kreuzvalidierung wird das Verhältnis tings 1999). Inselökologisch betrachtet der historisch alten Waldstandorte in Nie- zwischen der Anzahl der korrekt vorherge- müssen die neu entstandenen „Inseln“ nahe dersachsen (Glaser & Hauke 2004, Nie- sagten und der unter Zufallsauswahl zu am „Festland“ liegen, um erreichbar zu sein. dersächsisches Forstplanungsamt 2010, erwartenden Artvorkommen in Abhängig- Die NBS ist als Strategie des Bundes unveröff.) abgeleitet. keit von der Habitateignung betrachtet. Ein nicht unmittelbar für die Länder verbind- Zunächst wurden alle verfügbaren und Wert über 1 zeigt eine über der Zufalls- lich. Daher verfolgen die Bundesländer z.T. möglichst punktgenau verorteten Fundda- wahrscheinlichkeit liegende Trefferquote eigene Strategien bzw. haben abweichende ten interessanter Indikatorarten zusam- an. Bei einem treffsicheren Modell sollte Richtwerte festgelegt (Spellmann et al. mengestellt. Da die Datengrundlage für die Verhältniszahl mit zunehmender Habi- 2015). Die niedersächsische Landesregie- einzelne Arten in der Regel nicht für die tateignung deutlich ansteigen. Diese Be- rung beabsichtigt, einen Beitrag zur NBS Modellierung ausreichte, wurden die fol- ziehung wird anhand des Rangkorrelati- zu leisten, indem 10 % der Fläche des Lan- genden Artengruppen gebildet: onskoeffizienten nach Spearman beurteilt deswaldes sukzessive einer natürlichen (1) epiphytische Flechten mit Bindung an und die Habitateignung in vier Habitateig- Entwicklung überlassen werden. Wie die- den geschlossenen Wald bzw. an Wald- nungsstufen einteilt: ses Ziel im Rahmen einer systematischen ränder und Verlichtungen (Schmidt et ffungeeignet, Schutzgebietsplanung erreicht werden al. 2011), z.B. Schriftflechte: 40 Arten ffbedingt geeignet, kann, wird nachfolgend dargestellt. mit insgesamt 1 650 Fundpunkten; ffgeeignet, Dabei wird davon ausgegangen, dass ein (2) Pilze mit Naturnähezeigerwert in Laub- ffoptimal. NWE-Schutzgebietssystem die verschiede- wäldern (Blaschke et al. 2009), z.B. Alle sieben Habitatmodelle zeigten eine nen Naturräume und Waldgesellschaften Igel-Stachelbart: 18 Arten mit 190 mindestens zufriedenstellende Modellgüte. mit den am besten geeigneten Gebieten in Fundpunkten; Als die wichtigsten Variablen zur Einschät- unterschiedlichen Größenklassen abde- (3) Waldfledermäuse mit Spezialisierung zung der Habitateignung erwiesen sich das cken sollte. Ausgangspunkte für eine sys- auf alte strukturreiche Laubaltholzbe- maximale Alter des Baumbestands und der tematische Schutzgebietsplanung sind stände mit Höhlenreichtum (NLWKN Eichenanteil. daher die Identifikation der naturschutz- 2010, Petersen et al. 2003), z.B. Bech- Zur zusammenfassenden Bewertung der fachlich wertvollsten Waldbestände im steinfledermaus: 6 Arten mit 108 Fund- einzelnen Waldbestände wurden für jedes Sinne von Hotspots und eine Analyse der punkten; Habitatmodell Wertpunkte vergeben: Zwei Repräsentativität der vorhandenen NWE- (4) Käfer der Alters- und Zerfallsphase von Punkte erhielten optimal geeignete und Flächen. Repräsentanzlücken sollten an- Wäldern mit Habitattradition und Tot- einen Punkt geeignete Flächen. Die Punkt- schließend möglichst mit den Hotspot- holzangebot (Möller 2009, Müller summe der sieben Einzelmodelle ergab den Flächen aufgefüllt werden. et al. 2005), z.B. Eremit: 18 Arten mit Habitateignungswert des jeweiligen Wald- Im vorliegenden Beitrag werden vor 447 Fundpunkten; bestandes. Rund 23 % der bewerteten diesem Hintergrund (5) Vögel strukturreicher Laubwälder der Waldfläche erhielten mindestens in einem (1) ein in den Niedersächsischen Lan- Alters- und Zerfallsphase mit Totholzan- Fall die Habitateignungsstufe geeignet desforsten (NLF) angewendetes Verfahren gebot (NLWKN 2010): Mittelspecht und (Tab. 1). Die Flächensumme nahm mit zu- zur objektivierten Identifikation von Hot- Kleinspecht mit 1 035 Fundpunkten; nehmender Habitateignung stark ab. Hohe spots im Wald vorgestellt und (6) Vögel struktur- und grenzlinienreicher summarische Habitateignungswerte er- (2) die Repräsentativität der vorhande- Laub- und Mischwälder (NLWKN reichte nur ein geringer Anteil der Wald- nen NWE-Flächen in Niedersachsen im 2010): Grauspecht mit 115 Fundpunk- bestände. Hinblick auf eine mögliche Erweiterung der ten; Zusätzlich zu den durch die Habitatmo- Flächenkulisse analysiert. (7) Vögel mit Indikatorfunktion für Höh- dellierung identifizierten Hotspots der rei- lenreichtum (NLWKN 2010): Hohltau- fen naturnahen Waldbestände wurden 2 Identifikation von Hotspots be und Schwarzspecht mit 499 Fund- 4 644 ha besonders geschützte Biotope punkten. (§ 30 BNatSchG) nach den Angaben der Zur objektivierten Identifikation von Hot- Im Datenbestand waren die für Eichenwäl- Niedersächsischen Waldbiotopkartierung spot-Beständen reifer naturnaher Wälder der typischen Arten überproportional stark als potenzielle Hotspots der Wälder auf im niedersächsischen Landeswald wurden vertreten. Offenbar liegen für Eichenwäl- extremen Standorten identifiziert. 276 Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (8/9), 2015, 275-282, ISSN 0940-6808
Peter Meyer et al., Wälder mit natürlicher Entwicklung und H otspots der Biodiversität Tab. 1: Fläche und kumulativer Flächenanteil je alle Bestände vier verschiedenen Gruppen 3 Wälder mit natürlicher Originalarbeit Punktsumme der Habitatmodellierung (nähere Er- zugeordnet: Entwicklung in Niedersachsen läuterung s. Text). ffBestände, die keine Hotspot-Qualitäten Area and cumulative area share in points depending on the sum- marised values of the habitat models. aufweisen oder sich aus anderen Gründen 3.1 Bestand im Jahr 2013 und nicht anbieten und daher nicht in die end- voraussichtliche Entwicklung Punkt Fläche [ha] Flächenanteil gültige Hotspotkulisse zu übernehmen summe kumulativ [%] sind; Im Rahmen des NWE5-Projekts wurden 10 4 < 0,05 ffGrenzfälle: Bestände, die z.T. Hotspot- sowohl die zum Stichtag 01. Juli 2013 vor- 9 121 < 0,05 Qualitäten aufweisen, die aber insgesamt handenen (NWE2013-Flächenkulisse) als 8 353 0,2 als wenig geeignet erscheinen; die Über- auch die nach den bisherigen Festlegungen nahme in die Hotspotkulisse erfolgt nur in zukünftig zu erwartenden NWE-Flächen 7 1 176 0,5 Ausnahmefällen, z.B. zur Arrondierung; durch eine breit angelegte Abfrage deutsch- 6 2 509 1,4 fftypische Hotspot-Bestände: Bestände mit landweit erfasst (Engel et al. 2015). Zu- 5 3 565 2,5 überwiegender Hotspot-Qualität, die das künftige NWE-Flächen sind beispielsweise 4 5 637 4,3 Grundgerüst der Flächenkulisse bilden; Erweiterungen der Kernzonen in National- 3 7 751 6,8 ffüberregional bedeutsame Bestände: Ein- parken und Biosphärenreservaten. zelfälle mit einem sehr hohen, überregio- In Niedersachsen betrug die NWE-Flä- 2 20 839 13,6 nalen naturschutzfachlichen Wert. che stichtagsbezogen im Juli 2013 insge- 1 29 539 23,2 Dieser Überprüfungsprozess wird vor- samt 17 780 ha (Tab. 2). Diese Fläche liegt 0 237 230 100,0 aussichtlich im September 2015 ab fast ausschließlich im öffentlichen Wald Summe 308 724 geschlossen. Die identifizierten Flächen und hier speziell in den Niedersächsischen werden als bestätigte Hotspots den ver- Landesforsten. Durch das Erreichen der schiedenen Kategorien des LÖWE-Wald- IUCN-Schwelle von 75 % NWE im Na Die gesamte modellierte Hotspots-Flä- schutzgebietskonzepts (Niedersächsisches tionalpark Harz im Jahr 2022 werden wei- chenkulisse wurde einer Vor-Ort-Über Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft tere 3 500 ha hinzukommen (Albers et prüfung durch die Forstämter der Nieder- und Verbraucherschutz 2013) wie folgt al. 2005). sächsischen Landesforsten unterzogen. zugeordnet: Dabei stellte sich heraus, dass für buchen- ffHotspots mit Lichtbaumarten (vor allem 3.2 Bewertung des Status quo im Jahr und eichenbetonte Wälder unterschied Eiche), die i.d.R. weiterhin als lichter- oder 2013 liche Grenzen für die Mindestpunktzahl auch als kulturhistorischer Wirtschaftswald festgelegt werden mussten, ab denen ein gepflegt/bewirtschaftet werden sollen, in 3.2.1 Natürliche Waldtypen und Natur Waldbestand überprüfungswürdig war. denen aber ein großer Teil des Altbaum- räume Eichenwälder erreichten generell höhere bestands aus der forstlichen Nutzung ge- Zur vereinfachten Analyse und Darstellung Habitateignungswerte. Um dies in gewis- nommen wird. Dieser Hotspot-Typ stellt der Repräsentativität wurden im NWE5- sem Umfang auszugleichen, wurden hier allerdings keine NWE-Fläche dar. Vorhaben natürliche Waldtypen als Aggre- nur die Bestände ≥ 5 Punkten überprüft. ffHotspots, die als Habitatbaumfläche gationsstufen der Einheiten der deutsch- Die Überprüfung bei den Buchenwäldern oder auch Naturwald dauerhaft und voll- landweiten pnV-Karte (potenzielle natür- erfolgte hingegen bereits ab 3 Punkten, da flächig aus der Nutzung entlassen werden liche Vegetation) von Suck & Bushart eine Stichprobenkontrolle der Modellie- und damit NWE-Flächen darstellen; (2011) abgleitet (Meyer & Engel 2015). rungsergebnisse im Gelände ergeben hatte, ffHotspots auf extremen Standorten (Bio- Die NWE-Flächen wurden mit der digital dass auch Buchenwälder mit dieser Punkt- tope nach § 30 BNatSchG) und prioritäre vorliegenden pnV-Karte räumlich ver- bewertung eine hohe Habitatqualität auf- Lebensraumtypen, die in der Regel eben- schnitten und die entsprechenden Flächen- weisen können. Ein weiterer Ausgleich falls NWE-Fläche werden, sofern diese mit anteile der natürlichen Waldtypen je NWE- zwischen Buchen- und Eichenwäldern dem Schutzzweck und den Erhaltungszie- Fläche ermittelt. Zusätzlich zu diesen po- wurde durch die Überprüfung der Buchen- len vereinbar ist; tenziellen natürlichen Flächenanteilen bestände mit 1 oder 2 Punkten erreicht, die ffsonstige Wald-Hotspots, wie natur- erfolgte anhand der Baumartenzusammen- eines der folgenden Merkmale aufwiesen: schutzfachlich bedeutsame Kiefern- oder setzung eine Abschätzung der real vorhan- ffAlter des Hauptbestands ≥ 160 Jahre und Fichtenbestände, sofern eine Ausweisung denen natürlichen Waldtypen in der Bestockungsgrad ≤ 0,6; als Habitatbaumfläche möglich und sinn- NWE2013-Flächenkulisse. Zur Beurteilung ffAlter des Hauptbestands ≤ 100 Jahre mit voll ist. der Repräsentativität wurden die Flächen- mindestens 160-jährigem Überhalt; Werden Hotspots angrenzend zu beste- anteile der natürlichen Waldtypen inner- ffAlter des Hauptbestands ≥ 120 Jahre und henden Naturwäldern festgestellt, können halb der NWE-Flächenkulisse denen im Bestockungsgrad ≥ 1,0. diese der Erweiterung der Naturwaldfläche gesamten Wald gegenübergestellt (Abb. Bei der Vor-Ort-Prüfung wurden neben dienen. 1a, b). der eigentlichen Habitateignung (erkenn- bar an naturnaher Baumartenzusammen- Tab. 2: Wälder mit natürlicher Entwicklung in Niedersachsen: Flächenumfang und Anteil am Wald. Forests with natural development in Lower Saxony: total area and share of the forests. setzung, Alt- und Totholzreichtum, hoher Zahl verschiedener Kleinhabitate, wie z.B. Bestand Mitte 2013 zu erwarten bis 2020 Höhlen, typische Ausprägung bei den Wäl- Fläche [ha] Anteil [%] Fläche [ha] Anteil [%] dern extremer Standorte) weitere Kriterien öffentlicher Wald 17 704 4,4 23 416 5,9 wie Flächenform, Wegenähe, Verkehrssi- Privatwald 76 < 0,05 89 < 0,05 cherung und Arrondierung in die Beurtei- gesamte Waldfläche 17 780 1,5 23 505 2,0 lung einbezogen und auf dieser Grundlage Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (8/9), 2015, 275-282, ISSN 0940-6808 277
Peter Meyer et al., Wälder mit natürlicher Entwicklung und H otspots der Biodiversität Die verschiedenen Naturräume Nieder- Originalarbeit sachsens wurden zu den drei Haupteinhei- ten Bergland, östliches und westliches Tiefland zusammengefasst. Die NWE-Flä- chenkulisse liegt überwiegend im nieder- sächsischen Bergland (Abb. 2). Das Tief- land, dessen Wälder zu einem großen Teil aus den Aufforstungen des 19. und 20. Jahrhunderts hervorgegangen sind, ist un- terproportional vertreten. 3.2.2 Größenklassen Mit der Größe von NWE-Flächen sind be- stimmte naturschutzfachliche Funktionen verknüpft (Jedicke 1994, Schultze et al. 2015). Während kleine Flächen unter 5 ha Größe als Trittsteine und Ausbreitungszen- tren fungieren und damit die „Matrix“ der Waldlandschaft naturschutzfachlich auf- werten, kann sich in NWE-Gebieten ab 20 ha Größe eine natürliche Waldtextur a entwickeln. Ein Wert von 100 ha wird als Untergrenze angesetzt, wenn Wälder als Lebensraum für Arten mit mittlerem bis großem Raumanspruch und als Wildnisflä- chen geschützt werden sollen. Dabei wird auf die Definition von „Wild Areas“ (Wild Europe 2013) als kleinere nicht durch an- thropogene Nutzung geprägte Gebiete Be- zug genommen. Woike & Kaiser (2014) setzen für diese Kategorie eine recht gerin- ge Untergrenze von 5 ha an. Demgegen- über liegen die Mindestflächengrößen von „Wilderness Areas“ im Wald zwischen 1 000 (Finck et al. 2013) und 3 000 bzw. 10 000 ha (Wild Europe 2013). Die Frage, ob eine bestimmte Schutzge- bietsfläche eher auf viele kleine oder we- nige große Gebiete verteilt werden sollte, ist trotz jahrzehntelanger naturschutz biologischer Forschung nicht allgemeingül- tig zu beantworten (Ovaskainen 2002, Tjørve 2010). Eine solche Antwort ist auch in Zukunft nicht zu erwarten, da je nach b Ausgangssituation die Vorteile der einen oder der anderen Strategie überwiegen. Abb. 1: Anteile der natürlichen Waldtypen in der NWE2013-Flächenkulisse im Vergleich zur pnV im Wald in Gibt es, wie im vorliegenden Fall, keine Niedersachsen. Es wird zwischen den potenziellen (a) und den geschätzten realen Flächenanteilen in der NWE2013-Flächenkulisse (b) unterschieden. eindeutigen Anhaltspunkte für die Ent- scheidung zugunsten einer Strategie, er- Shares of natural forest types within the area of naturally developing forest (2013) compared to the ‘potential natural vegetation’ in forests in Lower Saxony. Potential (a) and estimated real area shares (b) within the area scheint eine Misch-Strategie zielführend, of naturally developing forests have been distinguished. bei der die Größenklassen in einem ausge- wogenen Verhältnis zueinander stehen. Die Größenklassenverteilung der gegen- Nach der pnV-Karte stellen Standorte wälder in etwa proportional zu ihren po- wärtigen NWE-Flächenkulisse zeigt in Nie- des armen Buchenwaldes und der frischen tenziellen Anteilen am Gesamtwald in der dersachsen zwar keine vollkommen ausge- Birken-Eichenwälder den weitaus größten NWE-Kulisse vertreten. Natürliche Fichten- wogene Verteilung, lässt aber auch keine Flächenanteil im niedersächsischen Wald. wälder nehmen in der pnV hingegen nur einseitige Bevorzugung einer bestimmten Daneben sind die Standorte der mäßig rei- einen Flächenanteil von 0,07 % ein, sind Größenklasse erkennen (Abb. 3). chen Buchenwälder, der Moorwälder, der aber in der NWE2013-Flächenkulisse mit frischen Stieleichen-Hainbuchenwälder, 6,4 % erheblich überrepräsentiert. Dieses 3.2.3 Repräsentativität der reichen Buchenwälder und der Auen- Bild ändert sich nicht wesentlich, wenn die Um Aussagen über die zielgerichtete Wei- und Feuchtwälder von Bedeutung. Sie sind geschätzten realen Anteile betrachtet wer- terentwicklung des NWE-Systems treffen mit Ausnahme der frischen Birken-Eichen- den (Abb. 1b). zu können, bietet sich eine Analyse der 278 Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (8/9), 2015, 275-282, ISSN 0940-6808
Peter Meyer et al., Wälder mit natürlicher Entwicklung und H otspots der Biodiversität Abb. 2: Flächenanteile Die Analyse der Repräsentativität be- der Großlandschaften Originalarbeit zieht sich auf die potenziellen natürlichen in der NWE2013-Flä- Waldtypen und erfolgt auf drei Ebenen chenkulisse im Ver- gleich zum Wald in (Tab. 3 und 4). Zunächst wurde die Reprä- Niedersachsen. sentativität im Wald in Niedersachsen ins- Abkürzungen: gesamt und anschließend für die drei aus- Tiefland_O = östliches gewiesene Naturräume betrachtet. Als Tiefland, Tiefland_W Kenngröße wurde der sog. Proportionali- = westliches Tiefland. tätsquotient (PQ), das Verhältnis zwischen Area shares of the dem potenziellen Flächenanteil des jewei- landscape units within ligen natürlichen Waldtyps in der NWE2013- the area of naturally Flächenkulisse und im Gesamtwald, ver- developing forests (2013) compared to wendet. Vier Qualitätsstufen wurden ver- forests in Lower Saxo- geben: ny. Abbreviations: – = nicht repräsentiert; ‘Tiefland O’ = eastern ¢ = unterrepäsentiert: lowlands, ‘Tiefland PQ < 0,5; W’ = western lowlands. l = proportional repräsentiert: 0,5 ≤ PQ ≤ 2; n = überproportional repräsentiert PQ > 2. Bei der nachfolgenden Betrachtung nach Größenklassen wurde das Verhältnis zwischen den Flächenanteilen der einzel- nen Größenklassen innerhalb eines natür- lichen Waldtyps zur Beurteilung der Pro- portionalität herangezogen. Hierbei steht die Frage im Vordergrund, ob die gegebe- ne Fläche gleichmäßig auf die Größenklas- sen verteilt ist. Die Bewertung erfolgte anhand des Flächenanteils der einzelnen Größenklasse an der Gesamtfläche des je- weiligen natürlichen Waldtyps. Folgende a Wertstufen wurden vergeben: (1) Alle drei Größenklassen sind vertreten: l = proportional repräsentiert: die Flächenanteile aller Klassen be- wegen sich zwischen 0,17 und Abb. 3: Verteilung der 0,67 (0,33/2 bzw. 0,33 x 2); NWE2013-Flächenkulis- ¢ = unterrepräsentiert sind Klassen se auf Größenklassen, mit einem Flächenanteil unter gewichtet nach der 0,17; Anzahl der Gebiete (a) n = überproportional repräsentiert und dem Flächenum- fang (b). sind Klassen mit einem Flächen- Classification of the ar- anteil über 0,67. eas of naturally devel- (2) Zwei Größenklassen sind vertreten: oping forests (2013) to l = proportional repräsentiert: die size categories, allocat- Flächenanteile der Klassen be ed according to wegen sich zwischen 0,25 und amount of areas (a) 0,75 (0,5/2 bzw. 0,5 + 0,25); b and area size (b). ¢ = unterrepräsentiert ist die Klasse mit einem Flächenanteil unter Repräsentativität und Größenklassenver- für Arten mit einem geringen bis mittleren 0,25; teilung an (Tab. 3 und 4). Hinsichtlich der Raumanspruch; n = überproportional repräsentiert ist Größenklassen werden aus Gründen der ffgroß: Flächen über 100 ha Größe mit der die Klasse mit einem Flächenan- Übersichtlichkeit drei Stufen unterschie- Funktion Wildnisentwicklung und als Le- teil über 0,75. den: bensraum für Arten mit mittlerem bis ho- (3) eine Größenklasse ist vertreten: diese ffklein: Flächen unter 20 ha Größe mit der hem Raumanspruch. Klasse gilt als überproportional repräsen- Funktion Trittstein und Lebensraum für Bei dieser kombinierten Betrachtung ist tiert. Arten mit geringerem Raumanspruch; zu berücksichtigen, dass im Fall von meh- ffmittel: Flächen zwischen 20 und 100 ha reren Waldtypen je NWE-Gebiet die jewei- 3.2.4 Bewertung Größe mit der Funktion einer natürlichen ligen Teil-Flächengrößen zugrunde gelegt Von den insgesamt zehn in Niedersachsen Waldtexturdynamik und als Lebensraum wurden. potenziell vorkommenden natürlichen Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (8/9), 2015, 275-282, ISSN 0940-6808 279
Peter Meyer et al., Wälder mit natürlicher Entwicklung und H otspots der Biodiversität Tab. 3: Bewertung der Repräsentativität der in Niedersachsen im Jahr 2013 vorhandenen Wälder mit natürlicher Entwicklung. Erläuterung der verwendeten Originalarbeit Symbole s.u. Evaluation of the representativeness of the forests with natural development in Lower Saxony. Natürlicher Waldtyp Repräsentativität gesamt und nach Repräsentativität nach Naturräumen und Größenklassen Naturräumen Bergland Tiefland Ost Tiefland West Niedersachsen Tiefland West Tiefland Ost Bergland mittel mittel mittel Groß klein klein klein groß groß Buchenwald arm l l l l ¢ ¢ n l l ¢ l l – Buchenwald mäßig reich l l ¢ l l l l n – – ¢ n – Buchenwald reich l l ¢ l l – n – – Eichen-Hainbuchenwald frisch l ¢ n n l l – l l – l l – Eichen-Hainbuchenwald trocken – – – – – Birken-Eichenwald frisch ¢ ¢ l l n – – l l – l l – Sumpf- und Bruchwald – – – – – – – – – Auen- und Feuchtwald l ¢ l n ¢ n – l l – l l – Moorwald l ¢ n n n – – l l l l l – Fichtenwald n n ¢ – n Symbole für die Wertstufen der Repräsentativität: blau unterlegt = nicht vorkommend, – = nicht repräsentiert, ¢ = unterrepräsentiert l proportional repräsentiert, n überproportional repräsentiert Tab. 4: Lückenanalyse der in Niedersachsen im Jahr 2013 vorhandenen Wälder mit natürlicher Entwicklung. Je natürlichem Waldtyp und Naturraum wird auf der Grundlage der Repräsentativitätsanalyse (Tab. 2) der Bedarf an NWE-Gebieten in den verschiedenen Größenklassen abgeleitet. Erläuterung der verwendeten Symbole s.u. Analysis of the deficits of the forests with natural development in Lower Saxony in 2013. For each natural forest type and natural area the need of areas for natural forest de- velopment has been derived on the base of the analysis of representativeness. natürlicher Waldtyp Bergland Tiefland Ost Tiefland West Lücken Anzahl mittel mittel mittel klein klein klein groß groß groß Buchenwald arm ! ! ü ü ü ! ü ü !! 4 Buchenwald mäßig reich ü ü ü ü !! !! ! ü !! 4 Buchenwald reich ü ü !! !! !! 3 Eichen-Hainbuchenwald frisch ü ü !! ü ü !! ü ü !! 3 Eichen-Hainbuchenwald trocken !! !! !! 3 Birken-Eichenwald frisch ü !! !! ü ü !! ü ü !! 4 Sumpf- und Bruchwald !! !! !! !! !! !! 6 Auen- und Feuchtwald ! ü !! ü ü !! ü ü !! 4 Moorwald ü !! !! ü ü ü ü ü !! 3 Fichtenwald ! !! ü 2 Anzahl Lücken 4 5 6 1 2 6 2 2 8 36 Symbole: █ blau unterlegt = nicht vorkommend, ü = ausreichend repräsentiert, ! = nachrangig auszuweisen, !! = vorrangig auszuweisen Waldtypen sind zwei nicht repräsentiert gen der frischen Eichen-Hainbuchen- und schichte gesehen werden. Der Anteil aus- und einer nur mit unterproportionalen An- der Moorwälder hingegen überproportio- reichend repräsentierter Klassen im Ver- teilen in der NWE2013-Flächenkulisse vor- nal vertreten. Im Tiefland West sind die gleich zur Gesamtzahl an Klassen liegt bei handen (Tab. 3). Im Bergland fällt die reichen Buchenwälder unterrepräsentiert. den Naturräumen auf einem vergleichba- große Zahl an unterproportional vertrete- Lücken finden sich im Tiefland bei den ren Niveau zwischen 48 % im Tiefland Ost nen natürlichen Waldtypen auf. Hier ent- Sumpf- und Bruchwäldern. (11 Lücken in insgesamt 21 Klassen) und fällt ein großer Anteil der NWE2013-Flä- Auf der Grundlage dieser Zuordnung 44 % im Bergland (15 Lücken in insgesamt chenkulisse auf Standorte der armen Bu- lassen sich Lücken im NWE-System unmit- 27 Klassen). Auf den durch zeitweiligen chenwälder und der Fichtenwälder, so dass telbar ableiten (Tab. 4). Es zeigt sich, dass oder dauerhaften Wasserüberschuss ge- die verbleibende Fläche offenbar nicht für insbesondere bei den Gebieten über 100 ha kennzeichneten Standorten sind deutliche eine proportionale Berücksichtigung der große Lücken in allen drei Naturräumen Repräsentanzlücken zu erkennen. Die übrigen Waldtypen ausreicht. Im Tiefland bestehen. Diese müssen allerdings im Zu- Standorte der Sumpf- und Bruchwälder Ost sind die Standorte der mäßig reichen sammenhang mit den realen naturräumli- sowie der trockenen Eichen-Hainbuchen- Buchenwälder unterproportional, diejeni- chen Gegebenheiten und der Waldge- wälder sind bisher nicht in der NWE- 280 Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (8/9), 2015, 275-282, ISSN 0940-6808
Peter Meyer et al., Wälder mit natürlicher Entwicklung und H otspots der Biodiversität Flächenkulisse vertreten. Hier stellt sich Deutschland in einem Maßstab von sollten erstens die nachhaltige Sicherung Originalarbeit allerdings die Frage, ob die verwendete 1 : 500 000 für kleinräumig vertreten Wald- vorhandener Vorrangflächen und zweitens pnV-Karte im Maßstab 1 : 500 000 für be- gesellschaften wie die Sumpf- und Bruch- die an den naturschutzfachlichen Zielen lastbare Aussagen über die oft kleinräumig wälder problematisch. Hier ist eine nähere der „Hotspots“ ausgerichtete Entwicklung ausgeprägten Sumpf- und Bruchwälder Prüfung durch Kartierungen im größeren benachbarter Bestände Priorität genießen geeignet ist. Maßstab erforderlich. Zudem ist zu prüfen, (Huxel & Hastings 1999, Margules & ob die betreffenden naturnahen Bestände Pressey 2000). Wo es der räumliche Kon- 4 Schlussfolgerungen und in entsprechender Größe überhaupt real text erlaubt, sollten kleine Flächen bis zu Ausblick vorhanden sind. Insbesondere bei den ty- einer Mindestgröße erweitert werden, die pischerweise kleinräumig ausgebildeten sich an den Arealansprüchen der Wert ge- Das Hotspotkonzept stellt ein objektiviertes Waldgesellschaften stellt sich die Frage, ob benden Arten bzw. dem Minimum-Struk- Verfahren dar, um naturschutzfachlich be- die Größenklasse über 100 ha mit natur- tuareal (Koop 1982) orientiert. Um die sonders geeignete Waldbestände für die schutzfachlich wertvollen Gebieten gefüllt Repräsentanzlücken in denjenigen Natur- Weiterentwicklung eines bestehenden werden kann. räumen zu schließen, in denen nicht aus- Schutzgebietssystems zu identifizieren. In Für die Bewertung der Repräsentativität reichend naturnahe Bestände vorhanden Kombination mit einer Repräsentativitäts- ist zu berücksichtigen, dass seltene Lebens- sind, erscheint die Ausweisung geeigneter analyse vorhandener Schutzgebiete kann räume aufgrund ihres oft hohen natur- Entwicklungsgebiete sinnvoll. es wesentlich zu einer systematischen schutzfachlichen Werts und ihrer in der Hotspots dürfen nicht prinzipiell mit Schutzgebietsplanung beitragen. Für die Regel stärkeren Gefährdung überpropor NWE-Flächen gleichgesetzt werden. Hängt abschließende Flächenauswahl sind aller- tional an einer Auswahlkulisse beteiligt der jeweilige naturschutzfachliche Wert dings zusätzlich weitere Kriterien einzube- sein sollten. Im Sinne einer umgekehrten wesentlich von Baumarten ab, die – wie ziehen, um die Abwägung aller Belange Repräsentanz sollte bei diesen Waldgesell- die einheimischen Eichenarten – durch eine einer multifunktional orientierten Wald- schaften ein überproportionaler Anteil, z.B. eigendynamische Entwicklung in ihrem wirtschaft zu gewährleisten (s.u.). ein PQ-Wert über 2, angestrebt werden. Bestand gefährdet werden (Meyer et al. Systematische Schutzgebietsplanungen Nach der Überprüfung und Festlegung 2000, Rohner et al. 2012) sind begünsti- wurden in Deutschland bisher kaum durch- der Hotspots im Landeswald sollte sich eine gende Eingriffe notwendig. Davon abgese- geführt (DRL 2002). Das vorgestellte an- erneute Repräsentativitätsanalyse anschlie- hen besteht jedoch eine große Schnittmen- wendungsorientierte Verfahren hat daher ßen. Im Zuge einer weiteren Optimierung ge zwischen Hotspots und NWE-Flächen. Beispielcharakter. könnte die Einbeziehung anderer Waldbe- Die systematische Weiterentwicklung sitzarten zweckmäßig sein, um zu einem Dank des bestehenden NWE-Systems erfolgt umfassend repräsentativen NWE-System zweckmäßigerweise in vier Arbeitsschrit- für Niedersachsen zu kommen und die Ver- Das Hotspotkonzept wurde mit maßgebli- ten, von denen die ersten beiden im vor- ringerung der forstlichen Produktions cher Unterstützung der Niedersächsischen liegenden Beitrag behandelt werden: fläche ausgewogen zu verteilen. Mögliche Landesforsten über mehrere Jahre entwi- (1) Identifikation der naturschutzfach- finanzielle Instrumente für diese Inan- ckelt und durch die tatkräftige Unterstüt- lich besonders wertvollen Bestände bzw. spruchnahme des Privatwaldes wurden zung vieler engagierter Förster für Wald- Waldgebiete als Vorrangflächen für den vom DFWR dargestellt (DFWR 2104). ökologie, Forstamts- und Revierleiter in Schluss von Repräsentativitätslücken; Die zur Verfügung stehende Datenlage, den Niedersächsischen Forstämtern umge- (2) Repräsentativitätsanalyse des Ist- die Rechnerkapazitäten und die vorhande- setzt. Die Autoren danken allen Beteiligten Bestandes an NWE-Flächen; ne Software bieten heutzutage vergleichs- ausdrücklich für die Unterstützung. (3) Lückenschluss durch die am besten weise günstige Rahmenbedingungen für Das Vorhaben NWE5 wurde mit Mitteln geeigneten Gebiete; hierbei sind neben eine objektivierte und systematische des Bundesministeriums für Umwelt, Na- dem naturschutzfachlichen Wert der jewei- Schutzgebietsplanung, auch wenn der Auf- turschutz, Bau und Reaktorsicherheit ligen Fläche (Habitateignung auf Grund- wand für die Datenaufbereitung, Einarbei- durch das Bundesamt für Naturschutz ge- lage der Hotspotmodellierung) sowie ihrer tung und Vor-Ort-Prüfung nicht unter- fördert. Die dabei erarbeitete Datengrund- Eignung, Repräsentativitätslücken zu schätzt werden darf. Im vorgestellten Fall lage wurde auch in dem vorliegenden Bei- schließen, auch weitere Kriterien zu be- dürften in etwa vier Vollzeit-Personenjah- trag genutzt. Die Autoren möchten dem rücksichtigen, wie z.B. die Integration in re anzusetzen sein. Fördermittelgeber ausdrücklich für die bestehende Schutzgebiete, der ökonomi- Obwohl die Datengrundlage recht um- Unterstützung danken. Für die konstrukti- sche Wert (Nutzenentgang) oder Konflikte fangreich war, ergaben sich deutliche Ein- ve Begleitung des Vorhabens gilt unserer mit der Erholungsnutzung; schränkungen für die Habitatmodellierung. besonderer Dank Dr. Manfred Klein, Hagen (4) erneute Repräsentativitätsbewer- So war es nicht möglich, Modelle für ein- Kluttig und Dr. Horst Freiberg. tung und ggf. eine weitere Optimierung des zelne Arten oder für Naturräume mit un- Systems, indem die Schritte (2) und (3) terschiedlicher Naturausstattung und -ge- Literatur wiederholt werden. schichte, wie das niedersächsische Berg- Durch die Analyse der Repräsentativität und Tiefland, getrennt zu berechnen. Eine Ackermann, W., Sachteleben, J. 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