Was macht man mit nicht mehr benötigten Friedhöfen?

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Was macht man mit nicht mehr benötigten Friedhöfen?
Was macht man mit
nicht mehr benötigten
Friedhöfen?
Der Fall Kleinschmalkalden: Bestatter für Weiter-Entwicklung gesucht

I   st diese Frage eigentlich erlaubt?
   Eine Gemeinde ohne Friedhof gibt
es nicht. Jede Familie möchte ihre ver­
                                           ser Ort geteilt. Die eine Hälfte gehörte
                                           zur Kreisherrschaft Schmalkalden, Re­
                                           gierungsbezirk Kassel und kirchlich zu
                                                                                       Kirche), die jetzt beide zum Dekanat
                                                                                       Schmalkalden und der evangelischen
                                                                                       Landeskirche Kurhessen-Waldeck zuge­
storbenen Angehörigen in der Nähe          Kurhessen-Waldeck. Die andere Hälfte        hörig sind, sowie zwei Friedhöfe.
haben, um an der Grabstätte derer zu       zum Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha
gedenken, die früher gemeinsam mit ih­     und Thüringen. Diese Geschichte hatte       Lebensbiografien haben
nen das familiäre Leben gestaltet haben.   zur Folge, dass es bei uns alles doppelt    sich verändert
Oder ist das heute anders?                 gab. Zwei Kirchen, zwei Kindergärten,
   In ländlichen Regionen hat jede Ge­     zwei Schulen und natürlich auch zwei        Ist das Gedenken an unsere verstorbe­
meinde einen Friedhof. Nicht aber in       Friedhöfe.                                  nen Familienmitglieder wirklich noch so,
unserer Gemeinde, was geschichtliche          Heute sind wir ein kleiner Ortsteil in   wie vor wenigen Jahrzehnten? Die Le­
Ursachen hat. Kleinschmalkalden liegt      der Gemeinde Floh-Seligenthal mit etwa      bensbiografien haben sich seit der Deut­
im Thüringer Wald, inmitten einer wun­     1.200 Einwohnern. Übrig geblieben sind      schen Einheit deutlich verändert. Der
derschönen Naturlandschaft unweit des      aus der Geschichte zwei Kirchen (die        Wegfall der Arbeitsplätze hat zu einer
Rennsteiges. Jahrhundertelang war un­      hessische Kirche und die gothaische         großen Abwanderung junger Menschen

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Was macht man mit nicht mehr benötigten Friedhöfen?
BESTATTUNGSBRANCHE

geführt, die ihren Wohnmittelpunkt mitt­
lerweile weit von der Heimat, nicht nur
in Deutschland, sondern weltweit haben.
Übrig geblieben ist im Ort die ältere Ge­
neration. Das hat auch Auswirkungen
auf die Bestattungsarten, die ja mit der
Deutschen Einheit ebenfalls vielfältiger
geworden sind. Neben Erdbestattungen,
die kaum noch stattfinden, gibt es in
unserer Gemeinde entsprechend unse­
rer Friedhofsatzung die Möglichkeit, ein
Urnengrab anzulegen – und die Bestat­
tung im „Grünen Rasen“, anonym oder
mit Gedenktafel an der Stele.

Rasengräber sehr
gefragt

Für viele Familien, weil sie keine Ange­
hörigen zur Pflege der Gräber haben, ist
die Bestattung im „Grünen Rasen“ (mit
namentlicher Nennung der Verstorbe­
nen) die bevorzugte Bestattungsform.
Fast die Hälfte der Bestattungen findet
heute auf diese Weise statt. Vielleicht ist
diese Form auch für einige die bequems­
te. Meine Anfangsfrage hat sich indes
von selbst beantwortet, denn auch das
Gedenken an verstorbene Familienmit­
glieder hat sich heute sehr geändert.         schen Friedhof jährlich maximal 1 bis 2    dings zunehmend dem Verfall preisge­
Einmal oder zweimal im Jahr einen Blu­        Urnenbestattungen. Und das auf einem       geben ist. Insgesamt ist allerdings der
mengruß an der Stele ablegen ist des          Friedhof, der etwa 6.000 m² groß ist. Im   Hessische Friedhof in zentraler Lage in
Gedenkens genug.                              Ergebnis gibt es zwei kleine Grabfelder    unserer Gemeinde eine das Ortsbild
    Die Gemeinde Floh-Seligenthal hat         und der Rest des Friedhofes führt ein      prägende Anlage. Der größte Teil da­
vor Jahren entschieden, dass diese            verlassenes Leben, was sich zuneh­         von gehört der evangelischen Kirchge­
Bestattungsart nur auf dem Friedhof           mend auch im äußeren Erscheinungs­         meinde. So machen wir uns seit Jahren
an der Gothaischen Kirche zugelassen          bild erkennen lässt.                       Gedanken, wie man den Hessischen
ist. Dies auch aus dem Grund, weil die                                                   Friedhof zukünftig gestalten soll. Aus
Gothaische Kirche hauptsächlich für           Friedhof nur zu 10%                        einem Friedhof kann man schlecht ein
Trauerfeiern aller Art, auch der nicht­       genutzt                                    Wohngebiet entwickeln. Allerdings wird
kirchlichen Trauerfeiern in Abstimmung                                                   ein Friedhof, wenn er zunehmend nicht
mit der evangelischen Kirchgemeinde,          Der Friedhof wird nur noch zu etwa 10%     mehr genutzt wird und verwildert, auch
geöffnet worden ist. In den letzten Jah­      genutzt. Die Aussegnungshalle ist ein      nicht der Würde und Ehrung unserer Ver­
ren gab es deshalb auf unserem Hessi­         denkmalgeschützter Holzbau, der aller­     storbenen gerecht.

                                                                                                  bestattungskultur 3. 2021   45
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                                                                                      unternehmen, die den Friedhof
                                                                                      weiterentwickeln

                                                                                      Vielleicht gibt es aufgrund dieses
                                                                                      Artikels ein deutschlandweit tätiges
                                                                                      Bestattungsunternehmen, welches
                                                                                      Interesse hat, zukünftig Beisetzun-
                                                                                      gen auf unserem Friedhof anzubie-
                                                                                      ten und durchzuführen. Wir können
                                                                                      uns gut vorstellen, dass wir unseren
                                                                                      Hessischen Friedhof in Absprache
                                                                                      mit einem oder mehreren Bestat-
                                                                                      tungsunternehmen weiterentwi-
                                                                                      ckeln und auch die Gemeindever-
                                                                                      waltung und der Bürgermeister sind
Viele Ideen                                man dieses Waldstück nur mit Apfelbäu­     offen für alternative Angebote zur
                                           men bepflanzt. Unser Friedhof hat eine     Nutzung des Hessischen Friedhofes.
Die Bestattungsarten sind heute in ganz    solche Geografie, dass sich sogar ein      Für die Sanierung der denkmalge-
Deutschland vielfältiger geworden, ins­    Bereich entwickeln kann, wo man eine       schützten Aussegnungshalle und
besondere bei den Urnengräbern. Un­        Felsbestattung möglich machen könn­        die landschaftspflegerische Gestal-
sere evangelische Kirchgemeinde steht      te, die im Allgemeinen auf Friedhöfen in   tung eines Friedhofparks kann man
deshalb der Öffnung des Hessischen         Deutschland nicht möglich ist.             mit Hilfe der politischen Gemeinde
Friedhofes für andere Bestattungsar­                                                  sicher auch die finanzielle Unter-
ten sehr offen gegenüber, soweit sie       Wer pflegt                                 stützung über die Städtebauförder-
die Würde einer christlichen Begräbnis­    den „Garten Eden“?                         programme und Denkmalförderpro-
stätte einhalten. Erste Ideen haben wir                                               gramme des Freistaates Thüringen
selbst diskutiert. Beispielsweise könnte    Das Problem ist nur, dass alle diese      bekommen.
man die Sanierung der Aussegnungshal­       Ideen nicht aus dem alleinigen Bestat­       Unsere evangelische Kirchge-
le mit einem Umbau zu einem Kolum­          tungsbedarf der Gemeinde heraus ent­      meinde würde gerne mit einem in-
barium verbinden. Die freien Flächen        wickelt werden können – oder z.B. beim    teressierten Bestattungsunterneh-
würden sich sehr für die schrittweise      „Garten Eden“ an der Frage scheitern,      men Kontakt aufnehmen, um die
Entwicklung eines kleinen Bestattungs­      wer denn einen solchen Apfelpark mit      Möglichkeiten einer Zusammenar-
waldes eignen. Es gibt sogar Ideen, ei­     dem Anblick einer „Streuobstwiese“ in     beit zur weiteren Nutzung des Hes-
nen „Garten Eden“ zu entwickeln, indem      der Zukunft pflegen werde.                sischen Friedhofes in Kleinschmal-
                                                                                      kalden zu erörtern.

                                                                                      Kontakt:
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                                                Andreas Trautvetter,                  Ebersbach 52
                                                        Mitglied des                  98593 Floh-Seligenthal
                                                 Kirchenvorstandes                    Tel.: 0170-4056389
                                              evang. Kirchgemeinde                    E-Mail: andreas@trautvetter-privat.de
                                                 Kleinschmalkalden

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