Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg - Kurzanalyse der Technologieoptionen und Potenziale
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Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Kurzanalyse der Technologieoptionen und Potenziale
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ............................................................................................................................................................................ 4 2. Wasserstoff aus Biomasse – eine Einordnung ............................................................................................................... 6 3. Überblick über Technologieoptionen, Kosten und Treibhausgasemissionen ........................................................... 8 3.1 Technologien zur Herstellung von Wasserstoff .......................................................................................................... 8 3.1.1 Thermochemische Verfahren für die Verarbeitung fossiler Ressourcen ......................................................... 10 3.1.2 Reformierung von Biomethan und Biogas ....................................................................................................... 11 3.1.3 Methanpyrolyse und -plasmalyse .................................................................................................................... 12 3.1.4 Thermochemische Vergasung holzartiger Biomassen .................................................................................... 14 3.1.5 Hydrothermale Vergasung ................................................................................................................................ 16 3.1.6 Verfahrensvergleich .......................................................................................................................................... 17 3.2 Kosten von Wasserstoff aus Biomasse ...................................................................................................................... 18 3.3 Verfahrensspezifische THG-Emissionen von Wasserstoff aus Biomasse ................................................................. 19 4. Biomasse in Baden-Württemberg ................................................................................................................................... 22 4.1 Biomassepotenzial in Baden-Württemberg ............................................................................................................... 22 4.2 Nutzungskonkurrenzen ............................................................................................................................................... 25 4.3 Kostenbetrachtung Biomasse ................................................................................................................................... 26 5. Wasserstofferzeugung aus Biomasse in Baden-Württemberg ................................................................................... 28 5.1 Anlagenbestand .......................................................................................................................................................... 28 5.2 Erzeugungspotenzial und -kapazitäten für Wasserstoff aus Biomasse ..................................................................... 30 5.3 Abnahme- und Nutzungskonzepte ............................................................................................................................. 32 6. Fazit ...................................................................................................................................................................................... 34 Abbildungsverzeichnis................................................................................................................................................................. 36 Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................................................................... 37 Referenzen ..................................................................................................................................................................................... 38 Impressum ..................................................................................................................................................................................... 46 3
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg 1. Einleitung Mit dem Ambitionsniveau der Klimaschutzziele steigt die Die Kurzstudie ordnet zunächst Wasserstoff aus biogenen Bedeutung von Wasserstoff in und für Baden-Württemberg Rest- und Abfallstoffen hinsichtlich der Vorteile und möglicher rasant. Neben der Wasserstofferzeugung mittels Elektrolyse Einschränkungen sowie der Position in der gängigen Wasser- bietet in diesem Zusammenhang auch die Erzeugung von stofffarbenlehre ein. Anschließend werden unterschiedliche Wasserstoff aus biogenen Rest- und Abfallstoffen das Poten- Technologieoptionen hinsichtlich ihrer Wirkungsweise zial, kurz- und mittelfristig den Hochlauf der Wasserstoffpro- dargelegt sowie die jeweils verbundenen Reifegrade und duktion zu unterstützen und einen Beitrag für die Wasserstoff- Verfahrenseffizienzen aufgezeigt. Zudem erfolgt eine Gegen- wirtschaft in Baden-Württemberg zu leisten. Die vorliegende überstellung der in der aktuellen Literatur beschriebenen Be- Kurzstudie hat deshalb das Ziel, wesentliche Technologiepfade reitstellungskosten und Treibhausgasbilanzen. Mit Blick auf zur Erzeugung von Wasserstoff aus biogenen Rest- und Abfall- Baden-Württemberg werden nachfolgend die sich aus der stoffen kompakt darzustellen. Zudem werden die technischen Literatur ergebenden Bandbreiten nachhaltiger Biomasse- und mobilisierbaren Potenziale von Rest- und Abfallstoffen in potenziale aufgezeigt sowie die jeweiligen Bereitstellungskos- Baden-Württemberg dargelegt, um die Potenziale für die Pro- ten bzw. Preise dargelegt. Im Anschluss erfolgen ein Überblick duktion von Wasserstoff aus Biomasse abzuschätzen und zu über den aktuellen Anlagenbestand in Baden-Württemberg bewerten. Die Darstellungen basieren auf einer Auswertung sowie Abschätzungen des Wasserstoffpotenzials aus Biomas- aktuell verfügbarer Veröffentlichungen. se und möglicher Erzeugungskapazitäten. Abschließend werden zukünftig mögliche Abnahme- und Nutzungskonzepte dargelegt. 4
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg 2. Wasserstoff aus Biomasse – eine Einordnung Der Rolle von Wasserstoff aus Biomasse wurde im Zuge der geplanten und diskutierten Transformationsprozesse der Ener- Biomasse bezeichnet nach der Erneuerbare- giewende bisher wenig Beachtung geschenkt. Dies liegt unter Energien-Richtlinie der Europäischen Union den anderem an aktuellen Diskussionen über die zielführendste „biologisch abbaubaren Teil von Erzeugnissen, Allokation der Biomasse im Energiesystem sowie die Beach- Abfällen und Reststoffen der Landwirtschaft mit tung von Klimaschutz und bestehenden Nutzungskonkurren- biologischem Ursprung (einschließlich pflanzli- zen. Im Hinblick auf die hiermit verbundenen Anforderungen cher und tierischer Stoffe), der Forstwirtschaft stellen im Rahmen der Wasserstofferzeugung insbesondere und damit verbundener Wirtschaftszweige biogene Rest- und Abfallstoffe eine mögliche Nutzungsoption einschließlich der Fischerei und der Aquakultur dar. Sie können für die Wasserstofferzeugung mittels verschie- sowie den biologisch abbaubaren Teil von dener Verfahren genutzt werden und hierdurch insbesondere Abfällen aus Industrie und Haushalten“ [3]. im regionalen Kontext attraktive H 2 -Bereitstellungswege Biomasse kann mittels verschiedener Verfahren erschließen. Dies resultiert einerseits in einer erhöhten zur Wasserstofferzeugung genutzt werden. Versorgungssicherheit durch kontinuierlich verfügbare, gut planbare und verlässliche biogene Ressourcen und fördert andererseits durch die Realisierung geschlossener regionaler Während die Endnutzung von biomassebasierten Produkten Stoffkreisläufe Nachhaltigkeit und Klimaschutz [1]. Durch (i. d. R. Verbrennung) per Definition mit null CO 2 -Emissionen ergänzende Technologien wie die CO 2 -Abtrennung, -Speiche- verbunden ist, fallen entlang der Wertschöpfungskette bis zu rung oder -Nutzung (engl.: Carbon Capture and Storage/Utili- dieser Endnutzung Treibhausgasemissionen an. Diese sind im zation, CCS/CCU) können zusätzliche Emissionsminderungen Regelfall für Anbaubiomasse höher als für biogene Rest- und bis hin zu „negativen“ Emissionen realisiert werden. Für die Abfallstoffe. So werden in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie Kommerzialisierung der Wasserstofferzeugung aus Biomasse (engl.: Renewable Energy Directive, RED II) biogene Abfall- und werden aktuell jedoch weitere Entwicklungsfortschritte der Reststoffe als Rohstoff für die Produktion von fortschrittlichen industriellen Anlagentechnik mit effizienter Aufbereitung des Biokraftstoffen ausgewiesen [4]. Wasserstoffs benötigt [2]. Die Renewable Energy Directive II (RED II) ist die europäische „Erneuerbare-Energien-Richtlinie“ des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. In jedem EU-Mitgliedstaat ist diese in nationales Recht umzusetzen. Ziel der RED II ist es, den Anteil an Erneuerbaren Energien (EE) innerhalb der EU bis zum Jahr 2030 auf 32 % zu erhöhen. 6
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Wasserstoff aus Biomasse wird in der gängigen Farbenlehre quelle wird bei einer Zertifizierung nach CertifHy auch das Ver- unterschiedlich eingeordnet. Die Nationale Wasserstoffstrate- fahren der Wasserstoffherstellung betrachtet. Für die beiden gie (NWS) deklariert nur denjenigen Wasserstoff als „grün“, Wasserstofflabels „Green Hydrogen“ und „Low Carbon Hydro- der unter Verwendung von erneuerbarem Strom mittels Elek- gen“ ist jeweils der Grenzwert der Kohlenstoffintensität auf trolyse bereitgestellt wurde [5]. Wasserstoff aus Biomasse gilt 40 % der Menge der THG-Emissionen eines Dampfreformers demnach zwar nicht als grüner Wasserstoff, biobasierte Ver- festgelegt und leitet sich aus der derzeit besten verfügbaren fahren zur Wasserstofferzeugung werden in der NWS aller- Technik (BVT) ab [8]. Der Benchmark der Emissionsintensität dings dennoch als Schlüsseltechnologien geführt. So ist ab Juli der BVT liegt aktuell bei 91 g CO 2 Äq. /MJ H2 und der Grenzwert 2023 in Deutschland auch die Anrechnung von Wasserstoff für die Kohlenstoffintensität für eine CertifHy-Zertifizierung aus Biomasse in der Treibhausgasminderungsquote als fort- (abzüglich 60 %) derzeit bei 36,4 g CO 2 Äq. /MJ H2 [9]. Bei der schrittlicher Biokraftstoff im Straßenverkehr zulässig. Die Wasserstofferzeugung aus Biomasse hängt die Höhe der THG- Wasserstoffstrategie der EU erkennt hingegen auch Wasser- Emissionen stark von der eingesetzten Biomasse ab. stoff aus der Umwandlung von Biomasse als erneuerbaren Wasserstoff an, sofern die Nachhaltigkeitsanforderungen ein- Aufgrund der aufgeführten Aspekte werden in der vorliegen- gehalten werden [6]. den Kurzstudie ausschließlich Rest- und Abfallstoffe für Bereit- stellungsrouten für Wasserstoff aus Biomasse berücksichtigt. Die Nutzung von Anbaubiomasse zur Bereitstellung von Unter fortschrittlichen Biokraftstoffen werden Wasserstoff wird aufgrund der Nichterfüllung unterschiedlicher Biokraftstoffe aus Biomasserohstoffen verstan- Nachhaltigkeitsaspekte vom Untersuchungsgegenstand den, die nicht mit Nahrungsmittelfeldfrüchten in ausgeschlossen. Konkurrenz stehen, niedrige indirekte Landnut- zungsänderungsauswirkungen zeigen und hohe THG-Emissionsreduktionen erzielen [7]. Dem folgend deklarieren auch zentrale Prüf- und Zertifizie- rungsorganisationen wie der TÜV SÜD Biowasserstoff, der aus biogenen Abfall- und Reststoffen hergestellt wird, als grünen Wasserstoff. Auch eine Vergabe des Wasserstofflabels „Green Hydrogen“ über den Zertifizierungsstandard CertifHy ist für biogenen Wasserstoff aktuell möglich, sofern die Wasserstoffproduktion basierend auf Biomasse, die mit Treib- hausgas-Emissionen (THG-Emissionen) im Sinne der RED II (nach Anhang IX Teil A mit insbesondere biogenen Rest- und Abfallstoffen) einhergeht, erfolgt [4], [8]. Neben der Energie- 7
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg 3. Überblick über Technologieoptionen, Kosten und Treibhausgasemissionen Abschnitt 3 gibt einen Technologieüberblick zum Thema Bereit- Für die Bereitstellung von Wasserstoff werden derzeit vor- stellung von Wasserstoff aus Biomasse. Der Fokus liegt auf nehmlich thermochemische Verfahren zur Verarbeitung fossiler den verfahrenstechnischen Charakteristika (im Vergleich Ressourcen eingesetzt. Diese werden in Abschnitt 3.1.1 kurz zu fossilen Optionen), den Einflussfaktoren bezüglich der H 2 - erläutert. Den thermochemischen Verfahren wird auch für den Gestehungskosten und den spezifischen THG-Emissionen der Einsatz biogener Rest- und Abfallstoffe ein vergleichsweise Produktionsverfahren. hoher technischer Entwicklungsstand bescheinigt. Eine Dar- stellung der verschiedenen Verfahren sowie eine Analyse der 3.1 Technologien zur Herstellung von jeweiligen Verfahrenseffizienz und technologischen Reife Wasserstoff erfolgen in den Abschnitten 3.1.2 bis 3.1.5. Im Kontext der Nationalen Wasserstoffstrategie wird eine Viel- Der technische Entwicklungsstand kann anhand des Techno- zahl von Wasserstoffproduktionspfaden diskutiert. Je nach logy Readiness Level (TRL) bewertet werden. Grundlage bildet Anwendungsfall entscheiden Ressourcenverfügbarkeit, Rein- die ursprünglich durch die NASA formulierte und durch die IEA heitsansprüche an das Produkt, Mengenbedarf und Anforde- um die Stufen 10 und 11 erweiterte TRL-Skala, die den jewei- rungen an Nachhaltigkeitsaspekte über die Wahl des Verfah- ligen Reifegrad von Technologien anhand von 11 Stufen cha- rens. Eine vereinfachte Übersicht der möglichen Verfahren auf rakterisiert [10]. Die Erweiterung bietet den Vorteil, den Basis unterschiedlicher Ressourcen zeigt Abbildung 1. Die ursprünglich über eine Stufe dargestellten kommerziellen Be- kräftig dargestellten Bereiche sind Gegenstand der vorliegen- trieb hinsichtlich seiner Etablierung auf dem Markt zu differen- den Kurzstudie, ausgegraute Felder werden nicht detaillierter zieren. In Abbildung 2 ist diese erweiterte TRL-Skala farblich betrachtet. hinterlegt. Für die vorliegende Kurzstudie sind für die biobasierten Bereit- stellungsrouten ausschließlich Rest- und Abfallstoffe relevant. Der Vollständigkeit halber sind in Abbildung 1 auch erneuerbare Energien insbesondere für elektrochemische Verfahren und ggf. notwendige Ressourcen für biotechnologische Verfahren aufgeführt. Darüber hinaus existieren zahlreiche biotechnolo- gische Verfahrensansätze, die mittel- bis langfristig für die Bereitstellung wasserstoffreicher Produktgasströme einge- setzt werden können. Diese Konzepte befinden sich aktuell im Forschungs- und frühen Entwicklungsstadium, weshalb sie in dieser Kurzstudie nicht weiter beleuchtet werden, auch wenn sich bereits erste Synergien mit bestehenden Anlagen, wie Biogasanlagen, abzeichnen. 8
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Ressourcen- Erneuerbare bereitstellung Biobasierte Ressourcen Fossile Ressourcen Energien Rest- und Anbau- Aquatische Erdgas Kohle Erdöl Abfallstoff e biomasse Biomasse Wasser Licht CO 2 Aufbereitung Transport Lagerung Konversion Elektro- Thermochem. Biotechn. chem. Verfahren Verfahren Verfahren (Hydro- Alko- Anae- Biopho- Dunkel- therm.) Pyro- holische robe tolyse Elektro- fermen- Verga- lyse Fermen- Vergä- (direkt/ lyse tation sung tation rung indirekt) (AEL, PEM, HT) Pyroly- Alko- Biogas/ seöl hole Biome- than Dunkel- Partielle (Autotherme) Plasma- Methan- photo- Oxida- MEC Reformierung lyse pyrolyse syn- tion these Quelle: Eigene Darstellung DBFZ Wasserstoff Abbildung 1: Wasserstoffbereitstellungsoptionen aus erneuerbaren und fossilen Ressourcen 9
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Technology Readiness Level (TRL) Forschung Demonstration Kommerzialisierung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Beobachtung und Beschreibung des Demonstration Prototyp im Einsatz relevanten Einsatzbedingungen relevanten Einsatzbedingungen Beschreibung und Anwendung Experimenteller Nachweis der Demonstration Prototyp unter Technologievalidierung unter Qualifizierung des gesamten Nachweis des erfolgreichen Technologievalidierung im Systems mit Nachweis der Funktionstüchtigkeit einer Funktionstüchtigkeit einer Technologie Funktionsprinzips Labor/Technikum Marktintegration Marktstabilität Technologie Einsatzes Quelle: Eigene Darstellung DBFZ Abbildung 2: Farblich differenzierte Skala des technischen Entwicklungsstandes von Technologien (Technology Readiness Level, TRL) Für die Bewertung der Verfahrenseffizienz eignet sich für viele Viertel des Bedarfs aus Erdgas gedeckt [11]. Der überwiegen- technische Verfahren die Angabe von Wirkungsgraden, bei- de Anteil des Wasserstoffs wird direkt vor Ort genutzt [12]. spielsweise der energetische Wirkungsgrad (siehe Formel) Ein etabliertes Verfahren zur Umwandlung von methanreichen unter Berücksichtigung der Massenströme (ṁ), Heizwerte (Η) Gasen oder kurzkettigen Kohlenwasserstoffen im Naphtha- und externer Prozessenergien (Pext). Die Aufwendungen für die Bereich zu Wasserstoff stellt die Reformierung dar. Je nach Sammlung und Bereitstellung der biogenen Ressourcen und Oxidationsmittel wird zwischen drei Verfahrenskonzepten Produkte finden keine Berücksichtigung. unterschieden. ṁ Η2 HΗ2 Endotherm können diese fossilen Ressourcen zumeist zwei- ηen = 2-1 stufig mittels Dampf zu Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff ṁ B HB + ∑ṁ Aux HAux + Pext reformiert werden (SWR, auch: Wasserdampfreformierung). Bei der partiellen Oxidation hingegen werden langkettige Koh- Alternativ werden weitere Wirkungsgrade (wie beispielsweise lenwasserstoffe in einer exothermen Reaktion unterstöchio- der Kaltgaswirkungsgrad für die thermochemische Vergasung) metrisch mit Sauerstoff oder Luft zu Synthesegas umgewan- genutzt, aber gesondert gekennzeichnet. delt [11]. Eine Kombination aus beiden Verfahren bildet die autotherme Reformierung. Hier dienen sowohl Wasserdampf 3.1.1 Thermochemische Verfahren für die als auch Sauerstoff/Luft als Reaktanten einer in der Gesamtheit Verarbeitung fossiler Ressourcen exothermen Reaktion [13]. Für die Reformierung von Erdgas werden energetische Wirkungsgrade in einer Bandbreite von Die globale Wasserstoffnachfrage liegt derzeit bei über 65 bis 83 % beschrieben [14], [15]. 1 Kohle als Ressource für 70 Millionen Tonnen pro Jahr. Mit 76 % werden mehr als drei die Vergasung mit anschließender Wasserstoffgewinnung 1 I Diese Bandbreite ergibt sich für Anlagengrößen > 6.750 kg H2 /h, ohne Kohlendioxidabscheidung und für Anlagengrößen von 175–216 MJ CH4 /kg H2 (brennwertbasiert) [15]. Die energetischen Wirkungs- grade unterschiedlich großer Reformierungsanlagen liegen mit 67–75 % in der genannten Bandbreite [14]. 10
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Rest- und Abfallstoffe H 2S Wasser Abgas Wasserdampf Spülgas sowie tierische Exkremente Wasserstoff Anaerobe Fermentation Druckwechsel- Quelle: Eigene Darstellung DBFZ Gas - Druckwasser- Wassergas- adsorption reinigung wäsche Shift Reformierung Abgas Abbildung 3: Schematische Darstellung der Wasserstoffbereitstellung via Reformierung von Biogas bzw. Biomethan (gestrichelte Linien stellen die Biomethanaufbereitung dar) nimmt mit 23 % der weltweiten Produktion einen geringeren 3.1.2 Reformierung von Biomethan Stellenwert ein und wird vornehmlich in der Volksrepublik Chi- und Biogas na genutzt [11]. Hier werden mit 49 bis 53 % deutlich geringere energetische Wirkungsgrade erreicht [16]. Biogas wird mittels anaerober Fermentation nachwachsender Ressourcen, tierischer Exkremente oder biogener Rest- und Eine Wassergas-Shift-Reaktion dient der Erhöhung des Was- Abfallstoffe bereitgestellt. Die Zusammensetzung des bioge- serstoffanteils im Produktgas durch exotherme Reaktion des nen Gases variiert je nach Rohstoffeinsatz. Hauptbestandteile produzierten Kohlenstoffmonoxids mit zusätzlichem Wasser- sind Methan mit 55 bis 75 % (v/v) und Kohlendioxid mit 25 bis dampf. Das Synthesegas wird getrocknet und die Wasserstoff- 45 % (v/v) [19]. Mit einer entsprechenden Aufbereitung kann fraktion beispielsweise in einer Druckwechseladsorption 2 eine reine Biomethanfraktion gewonnen werden. Für den Ein- separiert [1], [17]. Auch vakuumgestützte Aufreinigungsschritte satz von Biomethan unterscheidet sich die Verfahrensweise oder Membrantechnologien sind denkbar [18]. Die für die endo- nicht von derjenigen der Erdgas-SWR. Im Falle der Nutzung der therme SWR benötigte Prozesswärme und -energie kann bei- Gesamtfraktion Biogas nimmt, durch das Vorhandensein von spielsweise durch Verbrennung von zusätzlichem Methan CO2, bei höheren Temperaturen der Anteil der Trockenreformie- bereitgestellt werden. Auch integrierte Ansätze mit einer in- rung des Methananteils zu. Für beide Pfade (siehe Abbildung 3) ternen Abwärmenutzung sind möglich. Die Verfahren sind ge- ist eine Entschwefelung der Gasfraktion vorzuschalten, um einer eignet, reine Kohlenstoffdioxidströme, beispielsweise aus dem Vergiftung der Nickelkatalysatoren vorzubeugen [20]. Anknüp- Produktgas und dem Abgas der Wärmebereitstellung, zu fungspunkte im Rahmen der Prozesswärmebereitstellung und gewinnen. Kohlenstoffdioxidgewinnung ergeben sich im Falle von Biome- than auch für die Methanaufbereitung. 2 I Die Druckwechseladsorption beschreibt die druckgesteuerte Auftrennung eines Gasgemisches durch die Anlagerung von spezifischen Gasbestandteilen an einer Phasengrenzschicht (beispielsweise an einem Feststoff/Absorbens). Durch Druckreduzierung werden die zurückgehaltenen Bestandteile vom Absorbens gelöst, das im nächsten Prozesszyklus erneut eingesetzt werden kann. 11
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Verfahrenseffizienz gen von 7.000 bis 46.000 kg H2 /h beziffert werden [15], was einer Kapazitätsbandbreite von 230 bis 1.530 MW entspricht. Für die Reformierung der Gesamtfraktion Biogas werden, aus- Anlagen zur Verarbeitung von Biomethan und Biogas werden gehend vom Rohstoff der anaeroben Fermentation und unter sowohl in Forschungsprojekten wie HydroGIn und BioROBUR- Einbeziehung externer Prozessenergie und -wärme, energeti- plus als auch von (zum Teil ausgegründeten) kleinen- und mit- sche Wirkungsgrade zwischen 39 und 47 % 3 berichtet [13], telständischen Unternehmen weiterentwickelt und demonst- [20]. Ausgehend vom Rohbiogas liegt der Wirkungsgrad bei riert. Beispielhaft sei hier das modulare System der Firma BtX 52 bis 72 % [1], [21–23]. Hier werden Ausbeuten zwischen 17 Energy GmbH im Pilotmaßstab genannt, das sich aktuell in der und 75 g H2 /kg Biomasse sowie 64 bis 88 g H2 /kg Biogas berichtet. Inbetriebnahme befindet. Von einigen Technologielieferanten Untersuchungen zu Prozessrouten mit Aufbereitung der Me- wird eine grundsätzliche Eignung ihrer Technologie für Bio- thanfraktion vor der Dampfreformierung sind eher selten. Es methan und Biogas beworben. Vor diesem Hintergrund ist ein kann jedoch von einem Wirkungsgrad in derselben Größen- zeitnaher erfolgreicher Einsatz der entsprechenden Techno- ordnung wie bei der Dampfreformierung von fossilem Methan logien im (vor-)kommerziellen Maßstab anzunehmen, was ausgegangen werden (vgl. Tabelle 1). Für die Verfahrenskon- einer Entwicklungsperspektive bis 2030 von TRL 8 bis 9 zepte werden zum Teil externe Prozessenergien in Form von entspricht. elektrischem Strom für Aufreinigung und Kompression benötigt. 3.1.3 Methanpyrolyse und -plasmalyse Die Wasserstoffreinheit des Produktgases wird für den Refor- Methanpyrolyse und -plasmalyse unterscheiden sich im mer mit 75 % angegeben [24]. Nach einer entsprechenden Wesentlichen nur in der Art der Zufuhr der Reaktionsenergie Aufreinigung kann eine Reinheit von 99,9 bis 99,999 % erreicht sowie in den Prozesstemperaturen. Im Allgemeinen wird die werden [20], [22], [25]. Nutzbare Nebenprodukte des Prozes- Methanplasmalyse auch als Pyrolyse bezeichnet. Rohstoff für ses stellen beispielsweise Gärreste der Biogasbereitstellung die genannten Prozesse ist (Bio-)Methan, das durch anaerobe oder biogene Kohlenstoffdioxidfraktionen aus der Methanauf- Fermentation von nachwachsenden Rohstoffen, tierischen bereitung oder der Produktgasgewinnung dar. Exkrementen oder biogenen Rest- und Abfallstoffen in Biogas- anlagen bereitgestellt werden kann. Außerdem kommen Technischer Entwicklungsstand und Akteurslandschaft weitere methanreiche Gase, wie Deponiegase und fossiles Erdgas, in Frage. Die einzelnen Prozessschritte sind für die Nutzung von Erdgas etabliert, die Verfahrenstechnik zur Bereitstellung von Wasser- Die Pyrolyse von Methan erfolgt bei hohen Temperaturen (bei stoff via Dampfreformierung ist marktverfügbar (TRL 11). Die nicht katalytischer Methanpyrolyse > 1.200 °C), unter Einsatz Dampfreformierung von Biomethan weist einen technischen eines elektrischen Plasmas (bis zu 2.000 °C) oder mittels eines Entwicklungsstand entsprechend TRL 8 auf. Trotz dieser ver- nicht thermischen Plasmas (Raumtemperatur) in die Produkte meintlichen Marktreife nutzt zum gegenwärtigen Zeitpunkt Wasserstoff und festen Kohlenstoff. Ein grundsätzliches Ver- keine kommerzielle Anlage diese Verfahrenskonzepte. Für den fahrenskonzept geht aus Abbildung 4 hervor. Einsatz der Gesamtfraktion Biogas finden vereinzelt Katalysa- tortests statt, die Erprobung der Gesamtkette ist im Demons- Die notwendige Energie kann im Falle der thermischen Me- trationsmaßstab geplant (TRL 6 bis 8). thanpyrolyse durch elektrische Beheizung oder durch die Ver- brennung eines Teils des Methans eingebracht werden. Durch Aktuelle Produktionskapazitäten liegen in einer Größenskala den Einsatz von Katalysatoren (auch bei der Plasmalyse) lassen von 50 bis 100 m 3 H2 (i.N.)/h, was etwa 4,5 bis 9 kg H2 /h Wasser- sich die Temperatur und damit auch der Energiebedarf redu- stoff oder 0,15 bis 0,3 MW entspricht. Bilanziell werden auch zieren. Alternativ können auch Flüssigmetallbäder verwendet Anlagengrößen zwischen 100 und 200 kg H2 /h betrachtet, wäh- werden, deren Einsatz den Vorteil bietet, dass die festen Koh- rend für die erdgasbasierte Dampfreformierung Nennleistun- lenstoffprodukte aufgrund der geringeren Dichte von der Ober- 3 I Der untere Grenzwert ergibt sich aus den Berechnungen, die von einer 180,06-kg H2 /h-Anlage mit einem Substratmix aus Maissilage, Gülle und organischen Abfällen und einem externen Prozess- energiebedarf von 430 kW ausgehen [13]. Der obere Grenzwert folgert sich aus [20] mit einer Anlagenkapazität von 90 kg H2 /h und einem externen Energiebedarf von 267 kW. 12
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Methanreiche Spülgas Gase Wasserstoff Druckwechsel- Quelle: Eigene Darstellung DBFZ adsorption Pyrolyse Kohlenstoff Abgas Abbildung 4: Schematische Darstellung der Wasserstoffbereitstellung via Methanpyrolyse fläche der Flüssigphase abgetrennt werden können und die ungesättigter, kurzkettiger Kohlenwasserstoffe und ggf. Aro- Metalle während der Reaktion als Wärmeleitmedium fungieren maten an [27], [35], [36]. Beim Einsatz der Gesamtfraktion [26]. Je nach benötigter Wasserstoffqualität wird eine anschlie- Biogas sind zudem erhöhte Mengen an Kohlenstoffdioxid im ßende Gasaufbereitung (z. B. Druckwechseladsorption) emp- Produktgas zu erwarten. Der Energiebedarf für die thermische fohlen [27], siehe Abbildung 4. Methanpyrolyse wird mit 7,2 bis 8,6 MWhel /t H2 angegeben [37], [38], während für die Plasmalyse mittels nicht thermi- Verfahrenseffizienz schen Plasmas 10 MWhel /tH2 berichtet werden [39]. Es ist eine starke Abhängigkeit der Wasserstoffausbeuten vom Als charakteristisches Nebenprodukt kann, neben ggf. anfal- gewählten Reaktortyp, von den Reaktionsbedingungen und lenden Gärresten der anaeroben Fermentation, fester Kohlen- der Wahl der Katalysatoren zu erkennen. Mit der katalytischen stoff (Graphit) nach einer entsprechenden Aufbereitung bei- Methanpyrolyse auf Nickelbasis können Wasserstoffausbeuten spielsweise im Baugewerbe, bei der Produktion von Farben von ca. 130 bis 190 g H2 /kg CH4 erzielt werden. Die Ausbeuten und Lacken oder in der Kunststoff- und Gummiherstellung für eisenbasierte Katalysatoren fallen mit 50 bis eingesetzt werden. 130 g H2 /kg CH4 deutlich geringer aus, wobei diese Katalysatoren eine verbesserte Reaktionsstabilität aufweisen. 4 Darüber hin- Technischer Entwicklungsstand und Akteurslandschaft aus wird von Sánchez-Bastardo [28] ein energetischer Wir- kungsgrad von 58 % für die Erdgas-Pyrolyse aus Steinberg [34] Die jeweiligen Prozessschritte und die Verfahrenstechnik sind publiziert. aus der Herstellung von Aktivkohle und Industrieruß bekannt und werden gegenwärtig für die primäre Produktion von Was- Im Prozess fallen (je nach Reaktortyp, Reaktionsbedingungen, serstoff optimiert. Bisher sind jedoch nur wenige Pilot- oder Einsatz von Katalysatoren etc.) Spuren gesättigter und gar Demonstrationsprojekte bekannt. Diese nutzen zudem 4 I Berechnet aus der maximalen, stöchiometrischen Ausbeute von 250 g H2 /kg CH4 und den Ausbeuten aus [28] für Ni-Katalysatoren von 53–74 % (Bandbreite aus [29–31]) bzw. Fe-Katalysatoren von 20–51 % (Bandbreite aus [30], [32], [33]). 13
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg meist fossiles Erdgas. Der technische Entwicklungsstand der tivisch auch Getreidestroh und weitere lignocellulosehaltige Methanpyrolyse entspricht einem TRL 3 bis 4, speziell für die Reststoffströme. Methanplasmalyse wird TRL 6 bis 8 erreicht. Bis 2030 ist auf- grund ambitionierter Pläne wesentlicher Akteure wie Graforce Als Vergaser stehen Festbett-, Wirbelschicht- oder Flugstrom- GmbH, BASF und Hazer Group Ltd. eine Entwicklung der Ver- vergaser zur Verfügung. Der Vergasungsprozess besteht stets fahren auf TRL 5 bis 7 bzw. TRL 7 bis 9 zu erwarten [39–41]. aus den Prozessstufen Trocknung, pyrolytische Zersetzung, Wesentliche erforderliche Entwicklungsfortschritte betreffen Oxidation und Reduktion. Abbildung 5 verdeutlicht, dass die die Vermeidung einer Deaktivierung fester Katalysatoren durch gewonnene Gasfraktion noch von Partikeln, Teer und Kataly- Koksablagerungen oder bei der Plasmalyse spezifische Frage- satorgiften (beispielsweise Schwefelverbindungen) befreit stellungen hinsichtlich des Elektrodenverschleißes und der werden muss, bevor aus dem Synthesegas Wasserstoff ge- Plasmakühlung. Auch die Übertragung der Ergebnisse auf die wonnen werden kann. Gesamtfraktion Biogas ist mit Blick auf Katalysatorgifte (wie Schwefelwasserstoff) noch nicht hinreichend untersucht. Der Wasserstoffanteil im Gas wird über eine Wassergas-Shift- Reaktion (Wasserdampf mit Kohlenstoffmonoxid) sukzessive 3.1.4 Thermochemische Vergasung erhöht. Die Abtrennung und Aufreinigung der Wasserstoff- holzartiger Biomassen fraktion erfolgt abschließend z. B. durch Druckwechseladsorp- tion. Die benötigte Prozesswärme kann durch Teilverbrennung Unter thermochemischer Vergasung wird eine Vielzahl der eingesetzten Biomasse bereitgestellt oder von außen zu- von Verfahrenskonzepten subsumiert. Die Biomasse wird je- geführt werden [42], [43]. weils nach einer Rohstoff- und Vergaser-spezifischen Vorbe- handlung (z. B. Torrefizierung, Pyrolyse, Trocknung, Zerkleine- Verfahrenseffizienz rung) durch die Reaktion mit einem Vergasungsmittel (z. B. Wasserdampf, Sauerstoff oder Kohlenstoffdioxid) in ein Syn- Der Wirkungsgrad dieser Verfahren ergibt sich bilanziell aus thesegas überführt. Mögliche Rohstoffe sind holzartige Rest- dem Kaltgaswirkungsgrad des jeweiligen Vergasertyps und und Abfallstoffe aus der Land- und Forstwirtschaft, perspek- der Effizienz der Wasserstoffgewinnung aus dem Produktgas. Holz- oder strohartige Wasserdampf Spülgas Rest- und Abfallstoffe Wasserstoff Vorbehandlung Gas - Druckwechsel- reinigung Quelle: Eigene Darstellung DBFZ Thermochem. Wassergas- adsorption Vergasung Shift Teer, Abgas Partikel Abbildung 5: Schematische Darstellung der Wasserstoffbereitstellung via thermochemischer Vergasung 14
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Der Kaltgaswirkungsgrad beschreibt das Verhältnis des Heiz- Technischer Entwicklungsstand und Akteurslandschaft wertes des Produktgases zum Heizwert des eingesetzten Rohstoffs. In erster Näherung werden Kaltgaswirkungsgrade Die Vergasungstechnik zur Verwertung von Kohle oder Holz von 50 bis 70 % und 65 bis 75 % für Gegen- bzw. Gleichstrom- zur thermischen Verwertung oder Synthesegasgewinnung ist Festbettvergaser und 65 bis 85 % für Wirbelschichtvergaser überwiegend marktverfügbar (TRL 8 bis 10). Andere Biomas- erreicht [44]. Wird das noch heiße Produktgas weiterverarbei- sen werden aktuell im Pilotmaßstab untersucht (TRL 5 bis 8). tet, erhöht sich der Wirkungsgrad entsprechend. Unter Berück- Der Einsatz dieser Technologien zur Bereitstellung von Wasser- sichtigung der Wassergas-Shift-Reaktion und der Effizienz der stoff stellt erhöhte Anforderungen an die Produktgasaufberei- Abtrennung des Wasserstoffs aus dem Produktgas ergibt sich tung und die Trenntechnik (TRL 5 bis 9). Die Demonstration ein Aufbereitungswirkungsgrad zwischen 72 und 80 %. der Gesamtkette wird aktuell angestrebt, integrierte Systeme sind jedoch noch nicht Stand der Technik. Wasserstoffgewin- Bei der Wahl des Vergasertyps müssen Randbedingungen wie nung aus holzartigen Biomassen via thermochemischer Ver- Durchsatz, Handhabung bzw. Robustheit und Aufbereitungs- gasung erreicht somit aktuell etwa TRL 5 bis 7. aufwand des Produktgases abgewogen werden. Der Großteil der aktuell installierten kleinskaligen (1 bis 2 MWth) Anlagen Wesentliche Forschungsergebnisse werden im Bereich der setzt Festbettvergaser ein, die mit Luft als Vergasungsmittel Biomassevergasung (insbesondere zu Synthesegas) im Rah- arbeiten und ein stickstoffreiches, eher wasserstoffarmes Pro- men größerer Kampagnen im Flugstromvergaser der bioliq®- duktgas erzeugen. Im mittel- bis großskaligen Bereich (bis Anlage am Karlsruher Institut für Technologie generiert [49]. 50 MWth) finden auto- oder allotherme (adsorptionsunterstütz- Überdies strebt die Firma BtX energy GmbH die (Weiter-)Ent- te) Wirbelschichtvergaser mit Wasserdampf als Vergasungs- wicklung eines containerbasierten Gesamtsystems inkl. Ver- mittel Anwendung, die einen Wasserstoffgehalt von über 40 % gaser, Wassergas-Shift-Reaktor und Gasaufbereitung an, das (v/v) (bis teilweise 75 % (v/v)) erreichen [43], [45]. Hier erleich- auch für die Wasserstoffproduktion eingesetzt werden könnte tert die Abwesenheit von Stickstoff die Wasserstoffgewinnung [50]. Die Untersuchungen des Zentrums für Sonnenenergie- aus dem Produktgas erheblich. und Wasserstoff-Forschung (ZSW) zum AER-Verfahren ruhen aktuell. Hier war die Fahrweise auf die Produktion eines me- Kaltgaswirkungsgrad des Wirbelschichtvergasers [46] und thanreichen Gases ausgelegt, eine signifikante Erhöhung des Aufbereitungswirkungsgrad ergeben für die Bereitstellung von Wasserstoffanteils im Synthesegas wäre jedoch denkbar. Wasserstoff aus Biomasse via thermochemischer Vergasung zusammen Gesamtwirkungsgrade von 47 bis 68 %. Ähnliche Mit Blick auf die Entwicklungsperspektiven der thermochemi- Angaben finden sich mit 58 % für einen AER-Vergaser (adsorb- schen Vergasung zur Bereitstellung von Wasserstoff sind die tionsunterstützter 2-Bett-Wirbelschichtreaktor) [47]. Für Technologiestränge differenziert zu bewerten. Aktuell vielfach Wirbelschichtvergaser werden (je nach zugrunde gelegter An- installierte kleinskalige, holzbasierte Festbettvergaser sind auf- lagenkapazität) Ausbeuten von 46 bis 103 g H2 /kg Holzhackschnitzel 5 grund ihres Vergasungsmittels Luft und des darin enthaltenen beschrieben [43], [48]. Stickstoffs eher ungeeignet für die Wasserstoffbereitstellung. Aktuelle Forschungsansätze beschäftigen sich mit dem Einsatz In Qualität und Quantität variierend und abhängig vom gewähl- von Stroh als Ausgangsstoff, dessen Verarbeitung derzeit noch ten Vergasertyp sowie vom entsprechenden Vergasungsmittel zu Problemen beim Ascheschmelzpunkt und einem hohen können Nebenprodukte wie kohlenstoffhaltiger Restkoks oder Teeranfall führt. Hier werden bis 2030 Fortschritte erwartet, biobasiertes Kohlenstoffdioxid gewonnen werden. so dass eine sinnvolle Verarbeitung zu Wasserstoff mit Wasser- dampf als Vergasungsmittel möglich scheint. Bis 2030 ist mit einer technischen Entwicklung bis auf TRL 6 bis 8 zu rechnen. 5 I Für (adsorbtionsunterstützte) Wirbelschichtreaktoren mit einer Holzhackschnitzelzufuhr (trocken) von 657 bzw. 20.778 kg/h [43], [48]. 15
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg 3.1.5 Hydrothermale Vergasung xität der biogenen Ausgangsstoffe und damit verbunden der Reaktionsmechanismen werden zumeist Modellsubstanzen Feuchte und wässrige Rest- und Abfallstoffe, mit einem Tro- untersucht. Aussagen über spezifische Ausbeuten sind kaum ckensubstanzgehalt unterhalb von 20 %, können mittels hydro- zu finden, energetische Wirkungsgrade können bislang nicht thermaler Vergasung ohne vorherige Trocknung unter über- ausgewiesen werden. Die erwartbaren Wasserstoffanteile im kritischen Bedingungen von Wasser (T > 374 °C, p > 221 bar) Produktgas sind jedoch vielversprechend. Berichtet wird von prozessiert werden. Für die primäre Produktion von Wasser- einem Volumenanteil im Produktgas von 19 bis 35 % (v/v) bei stoff sind Temperaturen oberhalb von 600 °C vorteilhaft [13]. der hydrothermalen Vergasung von Maissilage, Grünschnitt, Für diesen Prozess geeignete Rohstoffe sind Grünschnitt, Gülle Biertreber, Klär- und Faulschlamm [51]. oder Gärschlämme. Wasser dient als Lösungsmittel und Reaktant, weshalb vergleichsweise hohe Wasserstoffausbeu- Neben Wasserstoff finden sich Kohlenstoffverbindungen wie ten möglich scheinen. Im Produktspektrum finden sich auch Methan, Kohlenstoffdioxid und Kohlenstoffmonoxid im Pro- gasförmige Nebenprodukte wie Methan und Kohlenstoffdioxid. duktgas. Darüber hinaus sind, aufgrund der reaktionskineti- Der vergleichsweise hohe Produktgasdruck vereinfacht die schen Überlappung der einzelnen hydrothermalen Verfahren, Separation von Kohlenstoffdioxid mittels Druckwasserwäsche feste Bestandteile wie Kohle und Koks sowie flüssige Kompo- [51], [52]. Eine schematische Darstellung des Verfahrenskon- nenten auffindbar [13]. zeptes ist Abbildung 6 zu entnehmen. Technischer Entwicklungsstand und Akteurslandschaft Verfahrenseffizienz Die hydrothermale Vergasung durchläuft ähnliche Reaktions- Im letzten Jahrzehnt in den Fokus der Wasserstoffbereitstel- mechanismen wie andere hydrothermale Verfahren, befindet lung gerückt, existieren für die hydrothermale Vergasung zahl- sich jedoch auf einem vergleichsweise niedrigen technischen reiche Studien, die die Abhängigkeiten der Produktgaszusam- Entwicklungsstand. Zunächst lagen die Forschungsbestrebun- mensetzung von Druck, Temperatur, Katalysatoreinsatz und gen auf der Produktion von Methan (TRL 5 bis 6). Mit spezifi- Rohstoffzusammensetzung diskutieren. Aufgrund der Komple- schem Fokus auf die Wasserstoffbereitstellung finden aktuell Wasser Abgas Gasphase Wasserstoff Feuchte Biomasse Separator Druckwasser- Quelle: Eigene Darstellung DBFZ wäsche Hydrothermaler Flüssig- Reaktor phase Abbildung 6: Schematische Darstellung der Wasserstoffbereitstellung via hydrothermaler Vergasung 16
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Katalysatortests im Labormaßstab (z. T. mit Modellsubstanzen) hier der Beeinträchtigung der Reaktionsgeschwindigkeit durch sowie Konzeptentwicklungen im Pilotmaßstab statt. Der tech- Katalysatorgifte und der Handhabung einer großen inerten nische Entwicklungsstand ist derzeit bei TRL 4 bis 5. Insbe- Kohlenstoffdioxidfraktion im Falle der Nutzung von Biogas ge- sondere die breite Rohstoffpalette macht den Einsatz dieser schenkt werden. Mittelfristig können auch weitere Verfahren, Technologie für die Wasserstoffbereitstellung attraktiv. Zudem wie die thermochemische Vergasung lignozellulosehaltiger wird von geringen Reaktionszeiten (Minuten) und teerarmen Ressourcen oder die Plasmalyse von Biomethan eine Rolle bei sowie koksfreien Produkten berichtet [52]. Vor diesem Hinter- der Produktion wasserstoffreicher Gase spielen. Herausfor- grund wird die Entwicklungsperspektive der hydrothermalen dernd hierbei bleiben der Eintrag von Stickstoff in das Produkt- Vergasung zur Bereitstellung von Wasserstoff bis 2030 auf TRL gas bzw. die Beherrschung vergleichsweise harscher Reak- 5 bis 6 eingeschätzt. tionsbedingungen. Für die hydrothermale Vergasung konnte ein hohes Potenzial für den Einsatz feuchter Biomassen auf- 3.1.6 Verfahrensvergleich gezeigt werden. Der technische Entwicklungsstand ist jedoch, insbesondere aufgrund komplexer Reaktionsmechanismen, Mit Blick auf die technologischen Möglichkeiten stehen für die noch sehr gering. Allen gemein ist die Notwendigkeit der Auf- Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse vielversprechende bereitung der produzierten Gasfraktion, damit sie einer hoch- Verfahren zur Verfügung. Die vorliegende Kurzstudie analysiert reinen Wasserstoffanwendung zugeführt werden kann. jedoch nur die am weitesten entwickelten Technologien. Kurz- Zusammenfassend werden in Abbildung 7 die vorgestellten fristig zeigt insbesondere für lokale Anwendungen die ver- Verfahren einander gegenübergestellt und hinsichtlich ihrer fahrenstechnisch weit entwickelte Reformierung methanrei- Anwendbarkeit zur Wasserstoffproduktion eingeordnet. Be- cher Gase (wie Biomethan oder Biogas) ein hohes Potenzial trachtet wird der technische Entwicklungsstand für den Ge- zur Wasserstoffbereitstellung. Besondere Beachtung muss samtprozess (TRL Gesamt). Ge- Aktuelle TRL Verfahren Ressource samt Verfahrenseffi zienz Anlagenkapazitäten H 2 -Anwendungsgebiete heute 2030 (H 2) Erdgas 11 11 65–83 % 7.000–46.000 kg/h Lokale Nutzung, nach Aufbereitung als 39–47 % (Substrat) Reinstwasserstoff anwendbar, Reformierung Biogas 6–8 8–9 bzw. 52–72 % 4,5–9 kg/h (Anlagen) dezentrale oder zentrale (Co-Prozessie- (Biogas) bis 200 kg/h (bilanziell) rung) Konzepte denkbar Perspektivisch analog Biomethan 8 9 Erdgas-DR Kohle 11 11 49–53 % 9.000 kg H 2 -reiche Synthesegase für Thermochemische Produktsynthesen und/oder Holzartige Biomasse 5–7 1–2 MWth bis 50 MWth Vergasung Prozesswärme; Anwendung als 7–8 47–68 % (Gesamtproduktgas) Reinstwasserstoff nach Aufbereitung Stroh 5 5 MWth (KIT) Methanplasmalyse 6–8 8–9 Nach Aufbereitung als Reinstwasser- 10–550 kg/h stoff anwendbar (hohe Reinheiten Erdgas/Biomethan 58 % (Graforce) 17 kg/h publiziert), Biomethanpyrolyse: Methanpyrolyse 3–4 5–7 (HiiROC) CO 2 -freie H 2 -Erzeugung möglich Quelle: Eigene Darstellung DBFZ Energiereiches Produktgasgemisch 1 kg/h (TreaTech) bis Hydrothermale aus H 2 , CH 4 und CO 2; nur nach Feuchte Biomasse 4–5 5–6 Keine Angabe 100 kg/h (TreaTech Vergasung Aufbereitung als Reinstwasserstoff Planung) nutzbar Forschung Demonstration Kommerzialsierung Technischer Entwicklungsstand (TRL) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Abbildung 7: Zusammenfassende Gegenüberstellung der Verfahrensoptionen zur Wasserstoffbereitstellung aus biogenen und fossilen Ressourcen 17
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg 3.2 Kosten von Wasserstoff aus Biomasse 48 % der Gesamtproduktionskosten) auf. Allerdings sind, wie bei Biomasseanlagen im Regelfall üblich, die Kosten für die Die nachfolgende Analyse und Gegenüberstellung von Kosten- Rohstoffe nicht zu vernachlässigen und machen bei der Mehr- parametern zur Produktion und Bereitstellung von Wasserstoff heit der Studien einen ebenso großen oder sogar den größten für beispielhafte Konzepte erlaubt eine vereinfachte Einschät- Teil der Gesamtkosten aus (21 bis 47 %). Hier ist auch die für zung ihrer Wirtschaftlichkeit. Als Indikator für die Bewertung die Vergasung vergleichsweise aufwendige Vorbehandlung der werden die Produktionskosten herangezogen. Tabelle 1 gibt Rohstoffe inkludiert. Die Kostenuntersuchung für Konzepte mit einen Überblick über die Ergebnisse aktueller Veröffentlichun- Dampfreformierung zeigt, dass die Betriebskosten mehr als gen. Abhängig vom Stand der Technik, von standortspezifi- 6 22 bis 54 % der Gesamtkosten ausmachen, während die Ka- schen Anlagenkonzepten und damit verbundenen Kosten für pitalkosten anteilig meist geringer sind (12 bis 56 %). Insgesamt Investitionen (Kapitalkosten), Rohstoffe und Anlagenbetrieb ist davon auszugehen, dass Skalierungs- und Lerneffekte (Betriebskosten) sowie der verwendeten Methodik bei der durchaus Kostenreduktionen ermöglichen; diese sind jedoch Kostenrechnung ergeben sich teils sehr große Bandbreiten. im Regelfall umso kleiner, je höher der technologische Reife- Perspektivisch ist davon auszugehen, dass bei entsprechenden grad ist. Rahmenbedingungen und eventuell gezielter Förderung die untere Grenze der Kosten bei einzelnen Anlagen erreichbar ist. Zusätzlich zu den Wasserstoffproduktionskosten fallen immer Kosten für die Distribution des Wasserstoffs von der Produk- Umfassende Untersuchungen gibt es lediglich für Wasserstoff tionsanlage zur Anwendung an. Diese hängen stark von den aus Biogas mittels Dampfreformierung und aus lignocellulose- lokalen Gegebenheiten und der Art des Distributions- und haltigen Biomassen mittels thermochemischer Vergasung. Es Transportweges einschließlich der damit einhergehenden Kon- zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen ditionierung des Wasserstoffs (z. B. Komprimierung oder Ver- Optionen, die teilweise durch die technologische Reife be- flüssigung) ab. Kosten für die Distribution von Wasserstoff aus gründet werden können, teilweise jedoch auch durch die Rah- Biomasse zur verkehrlichen Anwendung wurden beispiels- menbedingungen der jeweiligen Untersuchung beeinflusst sein weise in [47] untersucht und liegen in einer Größenordnung dürften. Die Vergasung weist bedingt durch die Komplexität von 2,95 bis 3,18 EUR/kg Wasserstoff für Anlagengrößen von der Anlagen erwartungsgemäß hohe Kapitalkosten (14 bis 2 bis 9 MW Wasserstoffkapazität. 6 I Die nachfolgenden Angaben wurden auf das Bezugsjahr 2020 normiert. Minimum in Maximum in Mittlerer Durchschnitt in Edukt Prozess Quelle EUR/kg (EUR/GJ) EUR/kg (EUR/GJ) EUR/kg (EUR/GJ) [20], [22], Biogas Reformierung 1,8 (15,8) 8,0 (68,7) 4,8 (40,4) [53–57] Quelle: Eigene Darstellung DBFZ [20], [55], Lignocellulose Vergasung 4,8 (41,7) 10,8 (92,7) 7,5 (62,2) [57–59] Lignocellulose Dunkelfermentation - - 47,1 (392) [55] Tabelle 1: Übersicht der minimalen und maximalen Werte für die in Studien ermittelten Produktionskosten von biobasier- ten Wasserstoffbereitstellungsoptionen 18
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg Jüngste Preisentwicklungen führen zu zuletzt gestiegenen Im Vergleich des Wasserstoffs aus Biomasse zu elektrolytisch Wasserstoffpreisen von aktuell ca. 6 EUR/kg für grauen Was- erzeugtem Wasserstoff (in Blau dargestellt) ergibt sich kein serstoff und ca. 11 EUR/kg für grünen Wasserstoff. 7 Der fest- eindeutiges Ergebnis. Die elektrolytische Wasserstofferzeu- gelegte Tankstellenpreis für Wasserstoff wurde zuletzt auf gung unter Nutzung des deutschen Strommixes wäre mit den 12,85 EUR/kg (brutto) angehoben [61]. Die Gegenüberstellung höchsten THG-Emissionen verbunden und damit aus THG- der genannten Kosten zu den aktuellen Preisentwicklungen für Sicht ungünstiger als Wasserstoff aus Biomasse. Wird für die Wasserstoff zeigt, dass bei günstigen Randbedingungen ins- Elektrolyse erneuerbar erzeugter Strom eingesetzt, so werden besondere Wasserstoff aus Biogasreformierung wettbewerbs- mit der Wasserstofferzeugung nahezu null THG-Emissionen fähig sein könnte. freigesetzt (lediglich die Kompression als notwendiger Schritt für die Distribution ist zu berücksichtigen), was geringere THG- 3.3 Verfahrensspezifische THG-Emissionen Emissionen bedeutet als für Wasserstoff aus Biomasse. von Wasserstoff aus Biomasse Grundsätzlich lässt sich für den Wasserstoff aus der Biogas-/ Für eine bessere Einordnung der Ergebnisse sind in Abbildung Biomethan-Dampfreformierung sagen, dass die Höhe der 8 die THG-Emissionen aus der Bereitstellung von biobasiertem THG-Emissionen sehr stark vom eingesetzten Rohstoff für die Wasserstoff denen von Wasserstoff aus der Erdgas-Dampf- Biogas-/Biomethanerzeugung abhängt. Während für den reformierung und aus der Elektrolyse gegenübergestellt. Bei Einsatz von Gülle Gutschriften angerechnet werden können, der Erzeugung von Wasserstoff wurden die Dampfreformie- was zu THG-Emissionen von bis zu –101 g CO 2 Äq. /MJ H2 führen rung aus Biogas und Biomethan sowie die Vergasung holz- kann, wäre ein Einsatz von Anbaubiomasse wie Mais (THG- artiger Biomassen betrachtet. Die dargestellten Angaben zu Emissionen aus dem Anbau) dagegen in Abhängigkeit von der THG-Emissionen stammen sowohl aus unterschiedlichen Abdeckung der Gärrückstandslager und der Abgasverbrennung Publikationen als auch aus eigenen Berechnungen, die auf der mit THG-Emissionen von bis zu 60 g CO 2 Äq. /MJ verbunden. Kombination verschiedener Datenquellen basieren. Zu beach- ten ist hierbei, dass der EU-Standardwert und der Wert aus Bei der Wasserstofferzeugung aus holzartiger Biomasse wären der 37. BImSchV die Distribution des Wasserstoffs berück- die THG-Emissionen mit ca. 13 g CO 2 Äq. /MJ auf einem sichtigen. Aus den anderen Quellen geht die Systemgrenze niedrigen Niveau resultierend aus dem Einsatz von holzartigen nicht immer eindeutig hervor, es lässt sich jedoch jeweils „frei Reststoffen (keine Aufwendungen aus der Kultivierung, Anlage“ vermuten. nur aus dem Einsammeln und dem Transport) und einer mit sehr geringen THG-Emissionen verbundenen Vergasungs- Die Bereitstellungspfade für Wasserstoff aus Biomasse (in technologie. Grün dargestellt) weisen im Vergleich zum Wasserstoff aus der Erdgas-Dampfreformierung (in Schwarz dargestellt) auf- Bei der Berechnung der THG-Emissionen wurden die Wasser- grund des biogenen Ausgangsstoffs grundsätzlich geringere stoff-Emissionen über eventuelle Leckagen in der Verteilungs- THG-Emissionen auf. Würde in beiden Fällen das bei der infrastruktur nicht berücksichtigt. Wasserstoff stellt kein direk- Dampfreformierung bzw. Vergasung freiwerdende CO 2 über tes Treibhausgas dar, entfaltet aber indirekt Klimawirksamkeit. CCU/CCS langfristig der Atmosphäre entzogen, könnten die Das Treibhauspotenzial wird mit 5,8 beziffert [67]. THG-Emissionen deutlich reduziert werden. Darüber hinaus könnten negative THG-Emissionen erzielt werden, wenn bei der Wasserstofferzeugung über die Biomethan-Dampfrefor- mierung Wirtschaftsdünger wie z. B. Gülle als Ausgangssubs- trat eingesetzt würde. Hier kämen die THG-Gutschriften über die Vermeidung einer THG-verursachenden Güllelagerung zur Anrechnung. 7 I Mittelwert für Juni 2022, ermittelt aus Datenbasis des HYDEX Wasserstoffpreisindex [60]. Dieser spiegelt den durchschnittlichen Preis für Wasserstoff ab Dampfreformer oder Elektrolyseur in Deutschland wider und berücksichtigt die Produktionskosten von Wasserstoff; Kapitalkosten sind jedoch nicht enthalten. 19
H2BWissen: Wasserstoffbereitstellung aus Biomasse in Baden-Württemberg THG-Emissionen [in g CO2 Äq./MJH2] 210 180 Dampfreformierung Vergasung Elektrolyse 150 120 90 60 30 0 –30 –60 –90 –120 Quelle: Eigene Darstellung DBFZ Hajjaji Dietrich 37. EU- Dietrich E4Tech Dietrich Hajjaji Hajjaji Dietrich + + angepasst BImSchV Standard + 90 % CO 2 RED II Strom- (EE-Strom, 100 % CO 2- Abscheidung Abscheidung mix 2020 DE-Mix (Holzartige für Kom- (Erdgas) (Erdgas) (Erdgas) (Biomethan) (Biogas) Biomasse) (DE-Strom) pression) Abbildung 8: Treibhausgasemissionen verschiedener Bereitstellungspfade für Wasserstoff in der Gegenüberstellung, basierend auf [62–66] und eigenen Berechnungen 20
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