Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und der Republik Kenia
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Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und der Republik Kenia Wirtschaftsentwicklung, Außenhandel und Branchenschwerpunkte Herausgeber: Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen Kaiser-Friedrich-Ring 75 65185 Wiesbaden https://wirtschaft.hessen.de
DIE WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN ZWISCHEN HESSEN UND DER REPUBLIK KENIA Wirtschaftsentwicklung, Außenhandel und Branchenschwerpunkte Prof. Dr. Johannes Harsche Dr. Claus Bauer Dr. Alexander Werner HA-Report 994 Wiesbaden 2019
IMPRESSUM HERAUSGEBER Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen BEARBEITUNG HA Hessen Agentur GmbH KONTAKT HA Hessen Agentur GmbH Konradinerallee 9 65189 Wiesbaden Tel +49 611 95017-80 /-85 Fax +49 611 95017-8466 info@hessen-agentur.de VERFASSER Prof. Dr. Johannes Harsche Dr. Claus Bauer Dr. Alexander Werner STAND Oktober 2019 BILDNACHWEIS Flagge Kenia: https://www.countryflags.com/de/ HINWEISE ZUR VERWENDUNG Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der HA Hessen Agentur GmbH / Hessischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlbewerbern oder Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags- und Kommunalwahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlkampfveran- staltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipo- litischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Grup- pen verstanden werden könnte. Die genannten Beschränkungen gelten unabhängig davon, wann, auf wel- chem Weg und in welcher Anzahl die Druckschrift dem Empfänger zugegangen ist. Den Parteien ist es jedoch gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung von Funktions- bzw. personenbezogenen Bezeichnungen, wie zum Beispiel Teilnehmer/Innen, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für beide Geschlechter. Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe gestattet. Belegexemplar erbeten. DRUCK Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden BESTELLUNG Download unter www.hessen-agentur.de/mediathek
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und der Republik Kenia Wirtschaftsentwicklung, Außenhandel und Branchenschwerpunkte INHALT SEITE 1 HINTERGRUND UND AUFBAU DER STUDIE ......................................................... 3 2 GRUNDDIMENSIONEN DER VOLKSWIRTSCHAFT KENIAS ............................... 5 2.1 Bevölkerungsentwicklung, Raumstruktur und Topographie ............................... 5 2.2 Wirtschaftsentwicklung und Wirtschaftsstruktur ............................................... 10 2.3 Standorteigenschaften und Rahmenbedingungen ........................................... 15 2.4 Internationale Wirtschaftsbeziehungen ............................................................ 21 3 AUßENWIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN ZWISCHEN HESSEN UND KENIA ....... 28 4 CHANCEN UND PERSPEKTIVEN DER WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN ZWISCHEN HESSEN UND KENIA ......................................................................... 36 4.1 Entwicklung und Marktumfeld .......................................................................... 36 4.2 Markterschließung über Messen ...................................................................... 38 4.3 Branchenspektrum und Unternehmensbeispiele ............................................. 40 4.4 Förderung des Austauschs mit Kenia .............................................................. 44 ZUSAMMENFASSUNG UND FAZIT ........................................................................... 46 KONTAKTADRESSEN ................................................................................................. 48 TABELLENVERZEICHNIS ........................................................................................... 51 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...................................................................................... 52 LITERATUR .................................................................................................................. 53 I
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia 1 Hintergrund und Aufbau der Studie Die hessische Wirtschaft ist durch ausgeprägte außenwirtschaftliche Verflechtungen – sowohl durch Importe und Exporte als auch über ein- und ausgehende ausländische Direktinvestitionen (FDI) – gekennzeichnet. Hessische Unternehmen engagieren sich sowohl in westlichen Industrieländern als auch in aufstrebenden großen Volkswirtschaf- ten und in wirtschaftlich dynamischen Entwicklungsländern. In Hessen tätige internatio- nale Investoren tragen zum hiesigen Wirtschaftswachstum bei und schaffen zahlreiche Arbeitsplätze. Aufgrund einer leistungsfähigen Infrastruktur, der räumlichen Zentralität mit einer günstigen Verkehrsanbindung, der Internationalität der Wirtschaft und der Welt- offenheit bzw. Vielfalt seiner Bürger ist Hessen ein attraktiver Standort für ausländische Investoren. Die Hessen Agentur erarbeitet regelmäßig außenwirtschaftliche Analysen zu ausgewähl- ten Ländern und Wirtschaftsräumen, in denen mittelfristige Entwicklungen im Zusam- menhang mit der hessischen Wirtschaft beleuchtet werden. Die vorliegende Studie illus- triert die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und der Republik Kenia (Kenia). Die Volkswirtschaft Kenias steht derzeit vor allem aufgrund ihres aktuellen Wachstums und ihrer Zukunftspotenziale im Fokus transnationaler Wirtschaftskontakte. Kenia er- zielte im Jahr 2018 bei einer Bevölkerung von 51 Mio. Einwohnern eine aggregierte Wirt- schaftsleistung im Wert von 75 Mrd. Euro. Der Wert der deutschen Exporte nach Kenia betrug im Jahr 2018 etwa 370 Mio. Euro, bei gleichzeitigen Einfuhren im Wert von rund 3
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung 134 Mio. Euro. Auch im Hinblick auf Direktinvestitionen (FDI) sind Beziehungen zu er- kennen. Im Jahr 2017 hielten Unternehmen aus Deutschland in Kenia einen FDI-Bestand im Wert von 75 Mio. Euro. Diese privatwirtschaftlichen Aktivitäten sind durch zahlreiche von der Bundesregierung geförderter Projekte der Wirtschaftlichen und Technischen Zu- sammenarbeit flankiert, deren gegenwärtiger Bestand ein Gesamtbudget von 1,03 Mrd. Euro umfasst.1 Wesentliches Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Bandbreite der wirtschaftlichen Be- ziehungen zwischen Kenia und Hessen aufzuzeigen. Sie gliedert sich in drei Teile. Zu- nächst werden in einem Länderprofil demografische und wirtschaftliche Eckdaten sowie Rahmenbedingungen dargestellt. Daran anschließend werden Handelsbeziehungen zwischen Kenia und Hessen aufgezeigt. Der dritte Teil zeigt Perspektiven der kenianisch- hessischen Wirtschaftsbeziehungen auf, wobei auch ein Blick auf das Messegeschehen gerichtet ist. Den Abschluss bildet eine Zusammenstellung der Kontaktadressen von In- stitutionen, die als Ansprechpartner für den Austausch zwischen Kenia und Hessen die- nen. 1 Vgl. IWF (2019); GTAI (2019a); Angaben teilweise geschätzt. 4
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia 2 Grunddimensionen der Volkswirtschaft Kenias 2.1 Bevölkerung, Raumstruktur und Topographie Die Landesfläche Kenias ist 1,6 Mal so groß wie das Bundesgebiet und 27 Mal so groß wie das Gebiet Hessens (vgl. Tabelle 1). Für die Einwohnerzahl beläuft sich das entspre- chende Größenverhältnis auf 0,60 (im Vergleich zu Deutschland) bzw. 8,0 (Hessen). Ke- nia ist in geringerem Maße als die meisten europäischen Länder verstädtert, was mit einer eher geringen Bevölkerungsdichte einhergeht. Diese liegt bei 83 Einwohnern je km2. Die Vergleichswerte für Hessen und Deutschland liegen bei 296 bzw. 237. Die Bevölkerung in Kenia ist außerordentlich jung. So ist das Durchschnittsalter mit rund 20 Jahren erheblich niedriger als in Hessen (43,8) und Deutschland (44,4). Die Altersko- horte von unter 15 Jahren hat mit einem Anteil von 39 % hat eine wesentlich höhere Bedeutung in der Gesamtbevölkerung als in Hessen und Deutschland, wo der entspre- chende Anteil bei 14 % bzw. 13 % liegt. Hierzu korrespondierend ist der Anteil der Al- terskohorte von 65 und mehr Jahren in Kenia mit 3 % deutlich niedriger als in Hessen und Deutschland, wo jeweils rd. 21 % der Einwohner zu der entsprechenden Altersko- horte gehören. Die genannten Anteile sind ein Indiz, dass die visualisierte Altersstruktur (bezogen auf Kohorten-Anteile) für Kenia sehr ausgeprägt einer Pyramide ähnelt, im Un- terschied zu Hessen Deutschland, wo aufgrund der großen Bedeutung mittlerer und äl- terer Jahrgänge ein derartiges Schema kaum mehr erkennbar ist und der Altersaufbau 5
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung der Bevölkerung eher einem Baum entspricht. Die Bevölkerungsentwicklung verläuft in Kenia merklich dynamischer als in Deutschland bzw. Hessen: Aktuell beträgt die jährliche Zunahme 2,5 %; verglichen mit 0,5 % in Hessen und 0,4 % Deutschland. Quelle: Wiesmann (2014). Tabelle 1 Gebiet und Bevölkerung Kenias sowie von Hessen und Deutschland Indikator Kenia Hessen Deutschland Landesfläche in km2 580.367 21.115 357.380 Bevölkerung in Mio. Einwohner (2018) 51,4* 6,3 Mio. 83,0 Mio. Bevölkerungsdichte in Einwohner je km2 (2018) 83* 296 237 Verstädterungsgrad der Bevölkerung in % (2017) 26,2 k.A. 77,3 Bevölkerungsveränderung 2017 gegenüber 2016 in % 2,5 0,5 0,4 Bevölkerungsprognose für 2030 (Mio. Einwohner) 66,4 6,4 82,2 Durchschnittsalter (2017) 20,0 43,8 44,4 Anteil der Alterskohorte von unter 15 Jahren 39,0 13,8 13,1 an der Bevölkerung 2017 in % Anteil der Alterskohorte von 15 bis unter 65 Jahren 57,9 65,7 65,5 an der Bevölkerung 2017 in % Anteil der Alterskohorte von 65 Jahre 3,1 20,5 21,5 und älter an der Bevölkerung 2017 in % Angaben für Kenia teilweise geschätzt. Quelle: Kenya National Bureau of Statistics, UNCTAD STAT, CIA Factbook, Statistisches Bundesamt, Hessisches Statistisches Landesamt. Hessen Agentur. 6
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Auf mittlere Sicht ist ebenfalls eine unterschiedliche Bevölkerungsentwicklung zu erwar- ten; Gemäß Prognosen der UNCTAD (2019) wird im Jahr 2030 die Einwohnerzahl in Kenia 66,4 Mio. und in Deutschland 82,2 Mo. betragen, was verglichen mit dem aktuellen Stand einer Veränderung um plus 37 % bzw. minus 1 % entspricht. Für Hessen ist bis zum Jahr 2030 eine Zunahme um 2 % zu erwarten. Kenia liegt in Ostafrika mit Grenzen zu Äthiopien, Somalia, Tansania, Uganda und Südsudan. Im Osten grenzt das Land an den Indischen Ozean (vgl. Abbildung 1). Abbildung 1 Räumliche Struktur Kenias Quelle: United Nations (2019). 7
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Die Raumstruktur Kenias ist stark vom Dualismus aus einer nicht sehr großen Zahl städ- tischer Zentren und großflächigen, überwiegend ariden, agrarisch geprägten Räumen mit Gebirgszügen wie auch Steppen- und Savannenlandschaften geprägt. In den ruralen Regionen sind tradierte Lebensstile und Wirtschaftsformen nach wie vor von großer Be- deutung. Dies gilt auch für Landnutzungssysteme des Pflanzenbaus und der Tierproduk- tion. Die Viehhaltung erfolgt in weiten Teilen extensiv, also mit einer eher geringen Tier- bestandsdichte, und nicht nur stationär, sondern auch weiträumig mit wechselnden Be- triebsstandorten, also nomadisch oder transhumant.2 Kennzeichnend für derartige Pro- duktionssysteme ist die Tatsache, dass administrative Grenzen für die wirtschaftenden Familien bei ihren Wanderungen i.d.R. eine eher untergeordnete Rolle spielen, ähnlich, wie dies etwa bei den Tuareg in der westafrikanischen Sahelzone der Fall ist. Diesbe- züglich ist zu berücksichtigen, dass mehrere Ethnien wie etwa die Massai und die Oromo teilweise in mehreren ostafrikanischen Ländern siedeln, was teilweise mit den von den ehemaligen Kolonialmächten für ihre Hoheitsgebiete vorgenommenen Grenzziehungen zusammenhängt und bei grenzüberschreitend variierenden Standorten auch die räumli- che Verortung von Wirtschaftsaktivitäten im Agrar- und Rohstoffsektor beeinflusst. Für die kenianische Verwaltung bildet dies bei regionalpolitischen Maßnahmen eine Heraus- forderung. Sehr bekannt ist etwa die Ethnie der Massai, deren wirtschaftliche Basis vor- nehmlich auf der großräumigen Haltung von Viehherden fußt. Die Lebensgrundlage und Wirtschaftsweise der Ethnie der Kikuyu wiederum ist im Wesentlichen vom Ackerbau geprägt. Derzeit breiten sich Pflanzenbau und Viehhaltung in Kenia einhergehend mit der Bevölkerungszunahme stark in Richtung der ariden Zonen des Landes, die durch ungünstige naturräumliche Bedingungen gekennzeichnet sind, aus, wodurch sich der Nutzungsdruck auf ohnehin wenig auskömmliche natürliche Ressourcen intensiviert.3 Ein Großteil der kenianischen Wirtschaftsaktivitäten ist in Nairobi und Mombasa verortet. Beide Metropolen, die in einer Art funktionalen Ergänzung zueinanderstehen, zeichnen sich jeweils durch eine ausgeprägte ethnische bzw. kulturelle Vielfalt aus, die auch das Wirtschaftsleben nachhaltig prägt. In einem weiten Sinne, nämlich in gesellschaftlicher wie auch technologischer Hinsicht können sie als Innovationszentren mit Diffusionsef- fekten in Richtung ruraler Regionen gelten. In umgekehrter Richtung geht von beiden Städten eine Attraktivität als Destination für Migration aus, wodurch das städtische Wachstum zusätzlich forciert wird. Seit der Eröffnung einer neuen 470 Kilometer langen Eisenbahnlinie zwischen den beiden Agglomerationen (der Madaraka-Express; das Wort „Madaraka“ steht in der Sprache Swahili unter anderem für „Selbstbestimmung“) im Jahr 2017 sind diese räumlich stärker zusammengerückt. An dieses Infrastrukturprojekt, das von chinesischen Unternehmen mit einem Budget von 2,8 Mrd. Euro (dies entspricht rund 4 % der jährlichen Wirtschaftsleistung Kenias) finanziert und gebaut wurde, knüpfen 2 Unter Nomdismus wird sowohl generell eine auf Wanderungen beruhende als auch spezifischerweise mit der regelmäßigen, endgültigen Aufgabe von temporären Standorten verbundene Wirtschaftsweise verstanden. Der Begriff der Transhumanz bezeichnet den jahreszeitlichen Wechsel der Standorte, siehe auch die Stichworte “Wanderfeldbau” und “Wanderschafhaltung” in: Lexikon Landwirtschaft (herausgegeben von I. Alsing, 1995); S. 173f. 3 Vgl. FAO (2019); Oltmer (2017, S. 23; Abbink, J. G. (2010), S. 175f. 8
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia sich umfangreiche – räumlich auch über das Land hinaus etwa nach Uganda und per- spektivisch nach Äthiopien reichende – wirtschafts- und regionalpolitische Hoffnungen.4 Quelle: Wiesmann (2014). Nairobi bildet mit seinen 3,1 Mio. Einwohnern das herausragende wirtschaftliche, politi- sche, administrative und kulturelle Zentrum des Landes. Zudem ist die Stadt der bedeu- tendste Telekommunikationsknotenpunkt und Medienstandort im Land sowie der wich- tigste Finanzplatz Ostafrikas. Die Hauptstadt ist aus einem Stützpunkt an der 1899 eröff- neten Bahnlinie von Uganda nach Mombasa hervorgegangen und durchlief seitdem, zu- sätzlich forciert durch die Übernahme der Hauptstadtfunktion von Mombasa für das da- malige britische Protektorat im Jahr 1905, ein äußerst dynamisches Wachstum. Demge- genüber kann Mombasa, mit 1 Mio. Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Landes, als Hafenstadt mit weiträumigen Beziehungen in den Indischen Ozean auf eine rund 1.500- jährige Geschichte unter ostafrikanischen, arabischen, persischen, portugiesischen und britischen Einflüssen zurückblicken. Mombasa besitzt für die gesamte ostafrikanische Region eine herausragende Funktion als Handels- und Logistikzentrum. Die Stadt ist zudem, ähnlich wie Nairobi, eine Destination für den internationalen Tourismus, wobei in Mombasa als Attraktion die Lage an der Küste zum Indischen Ozean hinzukommt.5 4 Vgl. FAZ (31.05.2017). 5 Vgl. Kenya National Bureau of Statistics (2009); Nairobi City County (2019 a); Mombasa City (2019). 9
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung 2.2 Wirtschaftsentwicklung und Wirtschaftsstruktur Im Jahr 2018 erwirtschaftete Kenia ein Bruttoinlandsprodukt im Wert von 88 Mrd. US- Dollar. Die Wirtschaftsleistung des Landes beläuft sich somit auf 27 % des hessischen und 2 % des deutschen Vergleichswerts (vgl. Tabelle 2). Je Einwohner bemaß sich die Wirtschaftsleistung auf 1.711 US-Dollar. Dieser Wert ist im entsprechenden Vergleich mit den Industrieländern (Hessen: 52.779 US-Dollar; Deutschland: 44.771 US-Dollar) sehr niedrig, jedoch im intraregionalen Vergleich (bezogen auf den Raum Ostafrika) eher hoch.6 Das Wirtschaftswachstum in Kenia ist weitaus stärker als das in den meisten In- dustriestaaten, was in Teilen durch unterschiedliche Ausgangsniveaus bedingt ist: Aktuell beträgt die jährliche Wachstumsrate in Kenia 5,9 %, in Hessen 2,2 % und im Bundesge- biet 1,5 % (vgl. Tabelle 2). Tabelle 2 Wirtschaftsleistung in Kenia, Hessen und Deutschland 2018 Indikator Kenia Hessen Deutschland BIP zu laufenden Preisen 2018 (Mrd. US-Dollar) 87,9 330 3.701 Veränderung des BIP (auf US-Dollar-Basis 5,96 2,2 1,5 bzw. zu konstanten Preisen) 2018* in % BIP je Einwohner zu laufenden Preisen 2018 (US-Dollar) 1.711 52.779 44.771 Werte für Kenia geschätzt. BIP-Werte für Hessen ursprünglich auf Euro-Basis und in US-Dollar umgerechnet. Quelle: IWF, Weltbank, Statistisches Bundesamt, VGR der Länder, Berechnungen der Hessen Agentur. Das derzeitige Wachstum ist über mehrere Faktoren breit abgestützt, nämlich eine zu- nehmende Agrarproduktion, sich forcierende Aktivitäten im Produzierenden Gewerbe, ein kontinuierliches Wachstum im Transportgewerbe und eine hohe Dynamik im Dienst- leistungsbereich. Dem Agrarsektor kommt über Beziehungen in vor- und nachgelagerte Bereiche eine wesentliche Rolle als Akzelerator für andere Wirtschaftszweige wie etwa die Ernährungsindustrie, den Groß- und Einzelhandel wie auch das Transportgewerbe zu. 7 Während der vergangenen zehn Jahre waren die jährlichen Wachstumsraten in Kenia jeweils merklich größer als in Hessen bzw. Deutschland, was sich rechnerisch mit unter- schiedlichen Ausgangsniveaus begründen und aufgrund der völlig anderen wirtschafts- strukturellen Voraussetzungen nur eingeschränkt vergleichen lässt (vgl. Abbildung 2). Im Jahr 2009, also der Endphase der Finanz- und Wirtschaftskrise, verzeichnete Kenia im Unterschied zu den meisten Industrieländern ein Wirtschaftswachstum. 6 Vgl. IWF (2019). 7 Vgl. Kenya National Bureau of Statistics (2019). 10
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Abbildung 2 Jährliches Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Kenia, Deutschland und Hessen 2009-2018 (in %) in % Kenia Deutschland Hessen 10,0 8,4 8,0 6,1 5,9 5,9 6,0 5,4 5,7 6,0 4,6 4,9 3,3 3,9 3,7 3,1 2,9 4,0 2,2 1,6 1,5 0,9 2,2 2,7 2,5 1,5 1,5 2,2 2,0 0,7 0,6 0,6 0,0 -2,0 -0,4 -4,0 -6,0 -5,6 -8,0 -7,6 -10,0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Daten für Kenia teilweise geschätzt. Quelle: IWF, Hessisches Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt, Darstellung der Hessen Agentur. Im Vergleich der Jahre 2008 und 2018 ist für Kenia eine Zunahme des BIP um insgesamt 149 % festzustellen, was einem Vielfachen der entsprechenden Werte für Hessen und Deutschland entspricht, Zu berücksichtigen ist auch bei diesem Vergleich ein Niveauef- fekt(vgl. Abbildung 3). Abbildung 3 Bruttoinlandsprodukt, national und je Einwohner in Kenia, Deutschland und Hessen 2008 und 2018 Nationales BIP BIP je Einwohner in Mrd. US-Dollar 2008 2018 in 1.000 US-Dollar 2008 2018 4.000 60 52 53 3.445 3.701 50 45 3.000 43 40 2.000 30 20 1.000 316 330 10 36 89 1 2 0 0 Kenia Deutschland Hessen Kenia Deutschland Hessen Daten für Kenia teilweise geschätzt. Quelle: IWF, Hessisches Statistisches Landesamt, Statistisches Bundesamt, Darstellung der Hessen Agentur. 11
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Das kenianische Wirtschaftswachstum geht mit umfangreichen Investitionen in den volkswirtschaftlichen Kapitalstock einher. Gleichwohl lagen im vergangenen Jahrzehnt die jährlichen Investitionsquoten für Kenia und Deutschland in einer ähnlichen Band- breite, und zwar von 16 % bis 22 %. Die vergleichbaren Größenordnungen sind bemer- kenswert, weil es sich bei Kenia im Unterschied zu Deutschland um eine Volkswirtschaft im „Aufholprozess“ handelt (vgl. Abbildung 4). Abbildung 4 Jährliche Investitionsquote in Kenia und Deutschland 2009-2018 (in %) in % Kenia Deutschland 25 22,4 20,7 21,7 21,1 21,5 21,5 21,2 19,3 19,6 19,3 20,1 19,5 19,6 19,2 19,7 20,1 20 18,1 17,2 16,2 16,2 15 10 5 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Daten für Kenia teilweise geschätzt. Quelle: IWF, Darstellung der Hessen Agentur Die jährlichen Inflationsraten verweilten im vergangenen Jahrzehnt in Kenia, trotz des signifikanten Wirtschaftswachstums, mit einer Ausnahme durchweg im mittleren bis ho- hen einstelligen Bereich, was auf eine, auch für auswärtige Investoren relevante, im in- ternationalen Vergleich vergleichsweise ausgeprägte Stabilität des Geldwertes hinweist. Offenbar gelingt es, die im Rahmen der derzeitigen Geldpolitik in Kenia anvisierte Ziel- marke der jährlichen Geldentwertung von 2,5 % bis 7,5 % im Wesentlichen einzuhalten.8 Abbildung 5 Jährliche Inflationsraten in Kenia und Deutschland 2009-2018 (in %) in % Kenia Deutschland 20 18,9 15 10 8,0 8,0 7,1 5,8 6,0 6,4 5,7 4,5 5 3,2 1,8 2,3 2,1 1,7 1,8 0,9 1,3 1,5 0,2 0,2 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Daten für Kenia teilweise geschätzt. Quelle: IWF, Darstellung der Hessen Agentur. 8 Vgl. IWF (2018). 12
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Die Wirtschaft Kenias basiert, auch historisch bedingt, stark auf dem Agrarsektor. In Ke- nia hat sich im Vergleich der Jahre 2007 und 2017 der Anteil des für den Export des Landes so bedeutsamen Wirtschaftszweiges „Land- und Forstwirtschaft und Fische- rei“ von 23 % auf 33 % gesteigert (vgl. Abbildung 6). Diese Zunahme, die angesichts des in zahlreichen Ländern stattfindenden landwirtschaftlichen Strukturwandels überrascht, lässt sich teilweise mit Preisvariationen und Absatzschwankungen für Agrargüter infolge der weltweiten Konjunkturzyklen erklären. Zum Vergleich: In Deutschland ebenso wie in Hessen hat sich der landwirtschaftliche Strukturwandel, der sich in Industrieländern i.d.R über sinkende Betriebszahlen und ein Wachstum der Betriebe vollzieht, dahingehend ausgewirkt, dass sich der Anteil dieses Wirtschaftszweiges an der Wirtschaftsleistung bei gegenwärtig jeweils knapp einem Prozent stabilisiert hat. Ein weiterer Erklärungsan- satz für die Zunahme des Anteils des primären Sektors in Kenia kann eine Intensivierung der Landwirtschaft, eine höhere Produktivität und eine Fokussierung auf höherwertige Exportprodukte sein. Der Anteil des Produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe) ist im Jahr 2017 in Kenia mit 12 % etwa halb so groß wie in Deutschland, wo der Vergleichswert 26 % beträgt. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist der sektorale Anteil in Kenia um rund fünf Prozentpunkte ge- sunken, wohingegen er in Deutschland bzw. Hessen in etwa gleichgeblieben ist. Eine leichte Expansion verzeichnete in Kenia das Baugewerbe, und zwar von 5 % auf 6 %; in Deutschland lag der Anteil in beiden Jahren in einer Größenordnung von 4 % bis 5 %. Dem Wirtschaftszeig „Handel und Gastgewerbe“ kommt in Kenia mit einem Anteil von aktuell 9 % eine geringere Bedeutung zu als in Deutschland, wo der entsprechende Wert 12 % beträgt. 13
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Abbildung 6 Anteile ausgewählter Wirtschaftszweige an der volkswirtschaftlichen Bruttowertschöpfung in Kenia, Deutschland und Hessen (in %) Kenia 2017 33,4 12,4 6,2 10,3 9,7 29,5 2007 22,8 17,0 4,5 10,3 10,1 35,3 0% 20% 40% 60% 80% 100% Land- und Forstwirtschaft; Jagdwesen, Fischerei Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe Baugewerbe Handel und Gastgewerbe Transport, Kommunikation und Lagerei Weitere Dienstleistungen Deutschland 2017 0,9 26,1 4,9 11,8 9,2 47,3 0,8 2007 26,7 3,9 11,7 9,4 47,5 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Quelle: UNCTAD, Hessisches Statistisches Landesamt, Darstellung der Hessen Agentur. Die Bedeutung des Wirtschaftszweigs „Transport, Kommunikation und Lagerei“ ist in Ke- nia und Deutschland mit einem Anteil von 10 % bzw. 9 % in etwa gleich. Hiervon abwei- chend stellen sich die Proportionen für den Wirtschaftszweig der „Weiteren Dienstleis- tungen“ dar, denn für diesen werden aktuell in Kenia 30 % und in Deutschland 47 % gemessen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang die Heterogenität dieses hochag- gregiert erfassten Wirtschaftszweigs, denn in der internationalen amtlichen Statistik wer- den unter der betreffenden Rubrik konsumnahe Dienstleistungen ebenso wie unterneh- mensnahe Dienstleistungen erfasst. Letztere sind in Deutschland, ähnlich wie in anderen Industrieländern, von überproportionaler Bedeutung, was sich u.a. in Verflechtungen mit dem Produzierenden Gewerbe manifestiert. Umgekehrt ist davon auszugehen, dass der wertmäßige Anteil der konsumnahen bzw. einfachen Dienstleistungen an der Rubrik „Weitere Dienstleistungen“ in Kenia korrelierend mit der dort eher geringen gesamtwirt- schaftlichen Wertschöpfungsintensität erheblich höher als in Industrieländern ist. 14
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia 2.3 Standorteigenschaften und Rahmenbedingungen Nachfolgend werden zur weiteren Beleuchtung der wirtschaftlichen Standorteigenschaf- ten Kenias ausgewählte Länderrankings vorgestellt. Ein wichtiger, für Kenia wie auch andere von der Kolonialisierung betroffene Wirtschaftsräume relevanter, standörtlicher Aspekt ist die Tatsache, dass die ehemalige Kolonialverwaltung die Infrastruktur für Ver- waltung und Transport in weiten Teilen an ihren Strategien zur wirtschaftlichen Nutzung – etwa dem Rohwarenexport – ausrichtete. Es ist eine vorrangige politische Herausfor- derung, die Erweiterung der damals aufgebauten Infrastruktur an den gegenwärtigen wirtschaftspolitischen Zielen auszurichten.9 Kenia wird mit einem BIP pro Einwohner von 1.711 US-Dollar (vgl. Tabelle 2) gemäß der Definition der Weltbank zu den Ländern mit einem niedrigen mittleren Einkommen ge- zählt. Im Gegensatz zu den Nachbarländern Kenias, die durch die UN den Least Deve- loped Countries zuzuordnen sind, ist Kenia als Entwicklungsland eingestuft. Über den Human Development Index (HDI), der im Zusammenhang mit dem UN Deve- lopment Programme entwickelt wurde, werden wesentliche Aspekte der Entwicklung von Ländern beleuchtet. Der mehrstufig (auch für Kenia) berechnete HDI basiert auf drei übergeordneten Dimensionen, nämlich Wirtschaftskraft (gemessen am BIP je Einwohner in Kaufkraftparitäten), Lebenserwartung (in Jahren) sowie Bildungsstand.10 Im aktuellen Ranking wird Kenia unter 189 Ländern mit Rang 142 eher im unteren Mittelfeld geführt (vgl. Tabelle 3). Im Vergleich zwischen den Dimensionen fällt ein besonders ausgeprägter Abstand Ke- nias im Bildungsbereich und bei der Wirtschaftskraft auf. Hinsichtlich der Lebenserwar- tung hat sich im zeitlichen Vergleich die Situation in Kenia, die im ostafrikanischen Ver- gleich im Ausgangszeitpunkt ohnehin überproportional hoch war, verbessert. 9 Vgl. Prinz Asfa Wossen Asserate (2019), S. 50. 10 Der Bildungsstand wird wiederum über zwei untergeordnete Dimensionen erfasst; hierbei handelt es sich um die -Zahl der von der Alterskohorte „25 Jahre oder älter“ in Bildungsinstitutionen ex-post absolvierten Bildungsjahre sowie die für die Zukunft erwartete -Zahl der von einem fünfjährigen Kind absolvierten Bildungsjahre. 15
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Tabelle 3 Kenia in der Rangliste für den Human Development Index Bewertung für 2017 Bewertung für 2015 Gesamtindex Messwert / Rang 0,590 / 142 (von 189) 0,555 / 146 (von 188) Maximalwert 0,953 (für Norwegen) 0,945 (für Norwegen) Einzelkriterien -Lebenserwartung (Jahre) Messwert 67,3 62,2 Maximalwert 84,1 (für Hongkong) 84,2 (für Hongkong) Derzeitige -Zahl der absolvierten Bildungsjahre Messwert 6,5 6,3 Maximalwert 14,1 (für Deutschland) 14,1 (für die Schweiz) Erwartete Zahl der Bildungsjahre Messwert 12,1 11,1 Maximalwert 22,9 (für Australien) 20,4 (für Australien) BIP je Einwohner in Kaufkraftparitäten (US-Dollar) Messwert 2.961 2.881 Maximalwert 116.818 (für Katar) 129.916 (für Katar) Quelle: United Nations Development Programme. 16
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Anhaltspunkte zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Kenia lassen sich dem von der Weltbank publizierten “Ease of Doing Business“-Ranking entnehmen, der insbe- sondere für ausländische Unternehmen relevante Kategorien betrachtet. Diese breit re- zipierte Untersuchung orientiert sich stark an den Kriterien für eine an der Angebotsseite der Wirtschaft ansetzenden Politik. In der aktuellen Rangliste für den entsprechenden Gesamtindex mit 190 Ländern liegt Kenia auf Rang 61 und hat sich damit gegenüber dem Vorjahresranking um knapp 20 Plätze verbessert (vgl. Tabelle 4). Tabelle 4 Platzierung Kenias im „Ease of Doing Business“-Ranking der Weltbank 2018 und 2019 Indikator Rang für 2016/17 (von 190) Rang für 2017/18 (von 190) Gesamtindex 80 61 Subindizes Starting a Business 117 126 Dealing with Construction Permits 124 128 Getting Electricity 71 75 Registering Property 125 122 Getting Credit 29 8 Protecting Minority Investors 62 11 Paying Taxes 92 91 Trading Across Borders 106 112 Enforcing Contracts 90 88 Resolving Insolvency 95 57 Quelle: Weltbank. Gemessen an der vorgenannten Platzierung ergibt sich für Kenia in der Subkategorie “Getting Credit“ eine außerordentlich günstige Platzierung. In den Teilkategorien “Protec- ting Minority Investors“, “Getting Electricity“ und “Resolving Insolvency“ (Letzteres steht für die Lösung von Insolvenzproblemen), sind die Platzierungen ebenfalls eher vorteilhaft. All‘ dies Aspekte, die für Investoren von herausragender Bedeutung sind. 17
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Mithilfe des regelmäßig von der Heritage Foundation publizierten Index for Economic Freedom, der im Wesentlichen auf wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen abstellt, werden insgesamt zwölf Teilaspekte beleuchtet, die vier grundlegenden Themenfeldern zugeordnet sind. In der aktuellen Ausgabe des Indikators errechnet sich für Kenia – bei einem Länder-Durchschnittswert von 60,8 – ein Messwert von 55,1 (vgl. Tabelle 5). Zum Themenfeld “Rule of Law“, mit dem die Qualität des Rechtssystems und der öffent- lichen Institutionen beleuchtet werden, zählen die Kriterien “Property Rights“, “Judicial Effectiveness“ und “Government Integrity. Hinsichtlich der beiden Kriterien “Property Rights“ und “Government Integrity“ befindet sich Kenia ungefähr im internationalen “Main Stream”. Das Themenfeld “Government Size“, mit der das Ausmaß der Staatstätigkeit illustriert wird, umfasst die Teilaspekte “Tax Burden“, „Government Spending“ sowie “Fiscal Health“. Für Kenia ist der Messwert zum Kriterium “Fiscal Health“ vergleichsweise niedrig, obwohl der entsprechende Wert für das Kriterium ”Tax Burden“ nahe am Länderdurch- schnitt liegt. Die hiermit angezeigte Kombination aus einer hohen Steuerbelastung mit wenig nachhaltigen Staatsfinanzen hängt sicherlich mit Schwierigkeiten in der staatli- chen Finanzverwaltung und Infrastrukturplanung zusammen, die durch regelmäßig wie- derkehrende ethnische Konflikte verstärkt werden.11 Das Themenfeld “Regulatory Efficiency“ bezieht sich auf die Teilaspekte “Business Free- dom“, “Labor Freedom“ und “Monetary Freedom”. Die für Kenia in diesem Themenfeld ermittelten Indikatorwerte liegen allesamt in etwa im weltweiten Mittel. Zum Themenfeld “Open Markets“ zählen die Kriterien “Trade Freedom“, “Investment Freedom“ und “Financial Freedom“. Für die beiden letztgenannten Kriterien weist Kenia Werte im internationalen Durchschnitt auf, was darauf hinweist, dass das Land relativ offene Produkt- und Faktormärkte aufweist. 11 Neue Zürcher Zeitung - NZZ (01.09.2017). 18
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Tabelle 5 Kenia in der Rangliste für den Index of Economic Freedom Bewertung für 2019 Bewertung für 2018 Gesamtindex Messwert / Rang Messwert / Rang 55,1 / 130 (von 180) 54,7 / 129 (von 180) Teilindizes Messwert Messwert Themenfeld “Rule of Law“ Property Rights 53,8 47,9 Government Integrity 32,1 27,5 Judicial Effectiveness 46,9 44,0 Themenfeld “Government Size“ Government Spending 77,8 77,5 Tax Burden 79,5 78,5 Fiscal Health 13,8 14,1 Themenfeld “Regulatory Efficiency“ Business Freedom 55,8 55,5 Labor Freedom 63,4 62,9 Monetary Freedom 72,7 74,0 Themenfeld “Open Markets“ Trade Freedom 60,4 69,8 Investment Freedom 55,0 55,0 Financial Freedom 50,0 50,0 Messwerte (“Econmic Freedom Scores“); 80–100: “Free“; 70–79,9 Mostly Free; 60–69,9: Moderately Free; 50–59,9: Mostly Unfree; 0–49,9: Repressed; ein vergleichsweise hoher Wert bei der Merkmals- ausprägung weist jeweils auf eine eher günstige Situation hin. Quelle: Heritage Foundation. 19
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Für die Untersuchung der Wirtschafts- und Lebensbedingungen in urbanen Agglomera- tionen finden auf Grundlage von nachvollziehbaren Berechnungsmethoden ermittelte Ranglisten ebenfalls eine zunehmende Verbreitung.12 Genannt sei in diesem Zusam- menhang der A. T. Kearney Global Cities Index zur Beleuchtung von Standorteigenschaf- ten. In diesem ist Nairobi als wirtschaftliches Zentrum Kenias wie auch als Standort trans- national agierender Unternehmen und international bzw. supranational verankerter Insti- tutionen gelistet.13 Dieser Index wird aus 27 Dimensionen in den Themenfeldern Wirt- schaftskraft, Bildungsstand, Informationsaustausch, kulturelle Aktivitäten sowie Politi- sche Rahmenbedingungen gebildet. Aktuell liegt Nairobi unter 135 Städten in der ent- sprechenden Liste für den „City Rank“ mit Platz 78 im Mittelfeld, was einem vergleichs- weise günstigen Bild entspricht (vgl. Tabelle 6). Tabelle 6 Nairobi im Metropolenvergleich, gemessen am A. T. Kearney Global Cities Index Indikator Rang / Bewertung für … 2018 2017 Messkategorie “City Rank“ 78 (von 135) 73 (von 128) Messkategorie “Outlook“ 121 (von 135) 115 (von 128) Quelle: A. T. Kearney. Die Stadtverwaltung unternimmt derzeit mehrere Projekte, um in den Bereichen Verkehr, Versorgung und Gesundheit die Infrastruktur der wachsenden Metropole zu stärken.14 Erforderlich ist sicherlich auch eine Modernisierung der Stadtplanung und Stadtverwal- tung, etwa durch einen verstärkten Einsatz zeitgemäßer Management- und Controlling- Systeme. Mit dem A. T. Kearney Global Cities Index ist darüber hinaus ein Blick in die Zukunft verbunden. In der Messkategorie “Outlook“ liegt die kenianische Metropole auf einem eher nachrangigen Platz, nämlich 121, was die Perspektiven der neben Addis Ab- eba wichtigsten Metropole des ostafrikanischen Raums in ein weniger günstiges Licht rückt. 12 Vgl. Werner, A. (2014), S. 39ff. 13 Mombasa, das zweite Wirtschaftszentrum des Landes (s.o.), ist in dem betreffenden Ranking nicht berücksichtigt. 14 Vgl. Nairobi City County (Hrsg., 2019b). 20
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia 2.4 Internationale Wirtschaftsbeziehungen Außenhandel Die Integration einer Volkswirtschaft in die weltweiten Handelsverflechtungen führt durch Exporte zur Gewinnung von Devisen und durch Importe zur Beschaffung von Gütern bzw. zu einem breiteren Angebot an Waren. Die kenianische Wirtschaft ist mit einer Export- quote von 6,9 % (Exportvolumen bezogen auf das BIP) in relativ geringem Maß auf den Export ausgerichtet. Das Exportvolumen betrug im Jahr 2018 rund 6,1 Mrd. US-Dollar. Zwischen 2000 und 2018 hat sich das Exportvolumen des Landes von rund 1,6 Mrd. US- Dollar jedoch vervierfacht (vgl. Abbildung 7). Der Anteil des kenianischen Exports nach Deutschland ist von 4,6 % im Jahr 2000 hingegen auf rund 2 % seit dem Jahr 2004 zu- rückgegangen. Im Jahr 2018 lag der Anteil der Exporte, die nach Deutschland gingen, bei 1,8 %. Abbildung 7 Export Kenias sowie der Anteil Deutschlands 2000-2018 in Mio. US-Dollar 7.000 7,0% 6.050 6.000 5.537 5.747 6,0% 5.001 5.169 5.000 4.463 5,0% 4.081 4.000 3.4203.502 4,0% 3.000 2.5512.683 3,0% 2.000 1.5711.5201.401 2,0% 1.000 1,0% 0 0,0% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quelle: UN Comtrade, Berechnung der Hessen Agentur. Die vergleichsweise geringen Exporte Kenias nach Deutschland spiegeln sich auch im Rang Deutschlands unter den Exportdestinationen des Landes wider: Deutschland be- legt lediglich Rang 13 (vgl. Abbildung 8). Der größte wertmäßige Anteil des Exports ent- fällt mit 10 % auf den Nachbarstaat Uganda. Uganda ist als Binnenstaat in hohem Maße von der wirtschaftlichen Entwicklung in Kenia sowie dem Zugang zu kenianischen Häfen abhängig.15 Auf den südlichen Nachbarstaat Tansania entfallen 4,9 % der kenianischen Exporte, auf die nordöstlichen bzw. nordwestlichen Nachbarstaaten Somalia und Südsu- dan 2,5 % bzw. 2,1 %. 15 Vgl. Collier (2017). 21
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Abbildung 8 TOP15 Exportziele Kenias (Anteil) Dagegen ist das nördliche Nachbarland Äthiopien nicht unter den zehn wichtigsten Uganda 10,1% Exportdestinationen Kenias zu finden, da Pakistan 9,7% lediglich 1 % des kenianischen Exports auf USA 7,7% das Land entfallen. Von höherer Bedeutung Niederlande 7,6% als die Nachbarstaaten – mit Ausnahme Vereinigtes Königreich 6,6% Ugandas – sind Pakistan mit einem Ex- Vereinigte Arabische Emirate 5,7% portanteil von knapp 10 %, die USA und die Niederlande (jeweils knapp 8 %) wie auch Tansania, Vereinigte Republik 4,9% das Vereinigte Königreich (knapp 7 %) und Ägypten 3,3% die Vereinigten Arabischen Emirate (knapp Ruanda 2,9% 6 %). Kongo, Demokratische Republik 2,5% Somalia 2,5% Die Exportstruktur Kenias hinsichtlich der Südsudan 2,1% wichtigsten Güter spiegelt die hohe Bedeu- Deutschland 1,8% tung des primären Sektors in der Wirt- schaftsstruktur (vgl. Kapitel 3) wider. Mit ei- China, Volksrepublik 1,8% nem Anteil von 27 % (1,6 Mrd. US-Dollar) Saudi-Arabien 1,6% bilden Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze die Quelle: UN Comtrade, Berechnung der Hessen Agentur. wichtigste Exportgütergruppe (vgl. Abbil- dung 9). Darunter entfallen allein auf Schwarzen Tee rund 1,3 Mrd. US-Dollar bzw. über 80 % und auf Kaffee rund 230 Mio. US-Dollar. Hervorzuheben ist der geringe Verarbeitungsgrad der Güter – der Tee wird in Großmargen verkauft und der Kaffee als ungeröstete Bohnen bzw. nicht entkoffeiniertes Vorprodukt – und die damit vergleichsweise geringe Wertschöpfung innerhalb Kenias. Die sogenannten Rohstoffe tierischen und pflanzlichen Ursprungs bilden mit einem Anteil von 11 % am weltweiten Export Kenias die zweitwichtigste Warengruppe – hierunter fal- len überwiegend Schnittblumen mit rund 575 Mrd. US-Dollar. Knapp 10 % des Exports entfallen auf Gemüse und Früchte als drittbedeutendster Warengruppe des weltweiten kenianischen Exports. Damit entfallen knapp 48 % aller kenianischen Exporte weltweit auf diese drei Warengruppen. Die Exporte nach Deutschland sind noch stärker kon- zentriert, denn knapp 91 % aller Exporte sind diesen drei Warengruppen zuzuordnen. Nach Deutschland wird allerdings unter der wichtigsten Warengruppe Kaffee, Tee, Kakao und Gewürze (35 %) im Gegensatz zum weltweiten Export nahezu ausschließlich Kaffee exportiert und nicht Tee. Entsprechend der weltweiten Exporte fallen unter die zweite Gruppe (31 %) insbesondere Schnittblumen. In der Warengruppe Gemüse und Früchte (25 %) liegt der Schwerpunkt der kenianischen Exporte nach Deutschland auf Nüssen und Ananas. 22
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Abbildung 9 TOP5 Exportgüter Kenias weltweit und nach Deutschland 2018 Welt Deutschland Kaffee, Tee, Kakao, Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren 27,1% Gewürze und Waren 35,0% daraus daraus Rohstoffe tierischen und Rohstoffe tierischen und 10,9% 31,2% pflanzlichen Ursprungs pflanzlichen Ursprungs Gemüse und Früchte 9,8% Gemüse und Früchte 24,7% Erdöl, Erdölerzeugnisse Bekleidung und 6,3% 2,0% und verwandte Waren Bekleidungszubehör Bekleidung und Verschiedene 5,6% 2,0% Bekleidungszubehör bearbeitete Waren Quelle: UN Comtrade, Berechnung der Hessen Agentur. Die kenianischen Importe überstiegen mit einem Wert von 17,4 Mrd. US-Dollar im Jahr 2018 die Exporte um über 12 Mrd. US-Dollar. Ausgehend von einem Importvolumen von 2,9 Mrd. US-Dollar im Jahr 2000 haben sich die Importe des Landes in etwa versieben- facht (vgl. Abbildung 10). Die Bedeutung Deutschlands als Herkunftsland von Waren lag zwischen 2000 und 2007 bei rund 3,9 % bis 4,8 %. Aufgrund fehlender Angaben in der internationalen Handelsdatenbank der Vereinten Nationen kann der Verlauf der weiteren Entwicklung seit 2008 kaum beurteilt werden. Allerdings bleibt festzuhalten, dass in den beiden letzten Jahren der Anteil Deutschlands am Import Kenias mit 2,5 % (2017) bzw. 2,6 % (2018) deutlich niedriger war als in der ersten Dekade. Abbildung 10 Import Kenias sowie der Anteil Deutschlands 2000-2018 in Mio. US-Dollar 20.000 10,0% 17.377 16.394 16.690 16.000 8,0% 12.093 12.000 11.128 6,0% 10.202 8.989 8.000 7.233 4,0% 5.846 4.008 4.563 2.892 3.3273.475 4.000 2,0% 0 0,0% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Quelle: UN Comtrade, Berechnung der Hessen Agentur. 23
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Abbildung 11 TOP15 Importländer Kenias (Anteil) Der wichtigste Lieferant von Waren in Ke- nia ist die Volksrepublik China, aus der mit China, Volksrepublik 21,1% einem Volumen von 3,7 Mrd. US-Dollar Indien 10,5% wertmäßig rund 21 % aller Importe Kenias Saudi-Arabien 9,8% stammen. Mit 10,5 % der kenianischen Im- Vereinigte Arabische Emirate 8,4% porte ist Indien das zweitwichtigste Her- Japan 5,7% kunftsland von Waren. Es folgen Saudi- Südafrika 3,7% Arabien (9,8 %) und die Vereinigten Arabi- schen Emirate (8,4 %). Deutschland befin- USA 3,0% det sich mit einem Anteil von 2,6 % an allen Uganda 2,8% Importen Kenias auf Rang 9 der Importlän- Deutschland 2,6% der. Indonesien 2,6% Ägypten 2,1% Im Unterschied zu den Exporten spielen die Russische Föderation 1,8% afrikanischen Nachbarländer Kenias beim Vereinigtes Königreich 1,8% Import nur eine untergeordnete Rolle. Un- ter den TOP15 befindet sich mit Uganda le- Italien 1,5% diglich einer der direkten Nachbarstaaten, Frankreich 1,4% und zwar mit einem Anteil von 2,8 % auf Quelle: UN Comtrade, Berechnung der Hessen Agentur. Rang 8. Daneben erreicht nur Tansania noch einen nennenswerten Anteil von 1 %, während aus Äthiopien, Somalia und Südsudan jeweils nur sehr geringe Warenlieferun- gen in Kenia erfasst sind. Unter den Importen Kenias weltweit bilden mit einem Anteil von 18 % (3,2 Mrd. US-Dol- lar) Erdöl, Erdölerzeugnisse und verwandte Waren die mit Abstand wichtigste Waren- gruppe (vgl. Abbildung 12). Hervorzuheben ist, dass diese Warengruppe mit einem Vo- lumen von 382 Mio. US-Dollar gleichzeitig die viertwichtigste Exportwarengruppe dar- stellt. Eine Abschätzung, inwieweit der Verarbeitungsgrad der Importe und Exporte von- einander abweicht, ist nicht möglich. Auf dem zweiten Rang der Importwarengruppen folgen mit rund 7 % (1,2 Mrd. US-Dollar) Straßenfahrzeuge. Nahezu gleichauf liegen die Warengruppen Eisen und Stahl (5,5 %) wie auch Getreide und Getreideerzeugnisse (5,2 %) auf den Rängen drei und vier. Aus Deutschland bezieht Kenia vor allem Straßenfahrzeuge (14,1 %) sowie diverse Ma- schinenbauerzeugnisse. Zu den Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke (12,3 %) zäh- len insbesondere Maschinen zur Lebensmittelverarbeitung, was einen Beitrag dazu lei- sten kann, dass sich die erzielte Wertschöpfung innerhalb Kenias durch eine Verarbei- tung der Lebensmittel vor Ort und einen anschließenden Export statt eines Exports der unverarbeiteten Lebensmittel steigern lässt. Unter der Warengruppe Elektrische Maschi- nen, Apparate und Geräte (11,5 %) werden insbesondere Transformatoren aus Deutsch- land bezogen. Unter den Sonstigen Maschinen, Apparate und Geräte (11,4 %) entfallen größere Anteile auf Filter und Pumpen sowie auf Verpackungsmaschinen. Auf Rang 5 liegen chemische Erzeugnisse mit einem Anteil von 8,1 % an allen Importen aus Deutschland. Ein nennenswertes Volumen entfällt hierunter auf Reagenzien für labordi- agnostische Untersuchungen. Bei der Interpretation der Werte auf Güterebene für 24
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Deutschland ist hervorzuheben, dass es aufgrund des insgesamt sehr geringen Volu- mens schon durch wenige Einzelaufträge zu einer anderen Reihenfolge kommen kann. Abbildung 12 TOP5 Importgüter Kenias weltweit und aus Deutschland 2018 Welt Deutschland Erdöl, Erdölerzeugnisse 18,2% Straßenfahrzeuge 14,1% und verwandte Waren Arbeitsmaschinen für Straßenfahrzeuge 6,7% 12,3% besondere Zwecke Elektrische Maschinen, Eisen und Stahl 5,5% 11,5% Apparate, Geräte Getreide und Sonstige Maschinen, 5,2% 11,4% Getreideerzeugnisse Apparate und Geräte Elektrische Maschinen, Sonstige Chemische 4,3% 8,1% Apparate, Geräte Erzeugnisse und Waren Quelle: UN Comtrade, Berechnung der Hessen Agentur. Ausländische Direktinvestitionen Internationale Unternehmensaktivitäten beschränken sich nicht nur auf den Export und den Import von Waren, sondern beinhalten auch Direktinvestitionen im Ausland. Hierun- ter fallen vielfältige Aktivitäten wie die Errichtung von Produktionsstätten oder der Betrieb einer Vertriebsniederlassung. Die Zielsetzung für ein Auslandsengagement liegt bei- spielsweise in der Erhöhung des Absatzes im Zielland. Kenianische Unternehmen sind bisher in relativ geringem Umfang als Investoren weltweit tätig. Im Jahr 2017 belief sich der Bestand ausländischer Direktinvestitionen aus Kenia auf 826 Mio. US-Dollar. Nach- dem die Auslandsinvestitionen kenianischer Unternehmen von 2000 bis 2005 lediglich bei knapp über 100 Mio. US-Dollar lagen, erhöhte sich das Volumen seit 2006 deutlich (vgl. Abbildung 13). 25
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung Abbildung 13 FDI-Bestand keniaischer Unternehmen weltweit 2000-2017 in Mrd. US-Dollar 0,90 0,80 0,70 0,60 0,50 0,40 0,30 0,20 0,10 0,00 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: Weltbank, Berechnung der Hessen Agentur. Zu Zielländern der kenianischen Investitionen im Ausland liegen keine umfassenden An- gaben vor. Für die Jahre 2011 und 2012 enthält die UNCTAD-Datenbank Angaben für knapp 20 Länder, die methodisch allerdings von den aggregierten Angaben der Weltbank in Abbildung 13 abweichen. Die wichtigsten Zielländer sind Uganda, wo kenianische Un- ternehmen in 2012 einen Investitionsbestand von 978 Mio. US-Dollar hielten. Es folgen Tansania mit 517 Mio. US-Dollar und Ruanda 101 Mio. US-Dollar (Angaben für 2011). Nennenswerte Investitionsbestände sind daneben lediglich in Frankreich (106 Mio. US- Dollar) und Südafrika (52 Mio. US-Dollar) zu verzeichnen. Zusätzlich zur Auswertung der aggregierten FDI-Volumina der Weltbank-Datenbank bietet die FDI-Markets Datenbank der Financial Times16 Angaben zu FDI-Projekten von Unternehmen weltweit. In der FDI- Markets Datenbank sind zwischen 2003 und 2019 rund 290 Investitionsprojekte keniani- scher Unternehmen im Ausland erfasst. Die beiden wichtigsten Zielländer gemessen an der Zahl der Projekte sind Uganda und Tansania mit jeweils rund 50 Investitionsprojekten. Knapp 40 Projekte entfallen auf den Südsudan und 30 Projekte auf Ruanda. Unge- fähr 10 bis 20 Investitionsprojekte kenianischer Unternehmen sind in Indien, den USA, Burundi und Nigeria erfasst. Mehr als die Hälfte der Investitionsprojekte fallen in den Bereich der Finanzdienstleistungen. Knapp 20 % sind der Branche Software/IT-Dienst- leitungen zuzuordnen. Während der FDI-Bestand ausländischer Unternehmen in Kenia zwischen 2000 und 2006 lediglich eine leicht steigende Tendenz von 900 Mio. US-Dollar auf 1,2 Mrd. US- Dollar aufwies, ist seit 2006 eine deutliche Zunahme zu verzeichnen. Bis zum Jahr 2017 hat sich der FDI-Bestand auf knapp 12 Mrd. US-Dollar verzehnfacht. 16 Die FDI-Markets-Datenbank der Financial Times erfasst grenzüberschreitende „greenfield invest- ments“, d.h. neue Investitionen und Erweiterungsinvestitionen, aber weder Übernahmen noch Fusio- nen. Zu beachten ist, dass die Daten auf Ankündigungen der Unternehmen basieren. 26
Wirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Abbildung 14 FDI-Bestand ausländischer Investoren in Kenia 2000-2017 in Mrd. US-Dollar 14 12 10 8 6 4 2 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: Weltbank, Berechnung der Hessen Agentur. Auch bei den eingehenden FDI in Kenia liegen nur unvollständige Informationen zu den Herkunftsländern vor. Unter rund 20 Ländern, über die die UNCTAD-Datenbank Anga- ben für das Jahr 2012 enthält, ist das Vereinigte Königreich mit einem FDI-Bestand von rund 840 Mio. US-Dollar17 der wichtigste Investor in Kenia. Es folgen China (400 Mio. US-Dollar), Frankreich und Südafrika (je rund 300 Mio. US-Dollar) sowie die Schweiz und die USA (je rund 250 Mio. US-Dollar). In der FDI-Markets Datenbank18 der Financial Times sind zwischen 2003 und 2019 knapp 650 FDI-Projekte ausländischer Unterneh- men in Kenia erfasst. Entsprechend des beobachteten Trends beim FDI-Bestand werden seit 2008 deutlich mehr Projekte jährlich erfasst als in den Vorjahren. Dagegen ergibt sich gemessen an der Zahl der Investitionsprojekte eine andere Gewichtung der wich- tigsten Herkunftsländer von FDI. Mit mehr als 100 Projekten liegen die USA deutlich vor dem Vereinigten Königreich (80 Projekte), Indien und Südafrika (je 50 Projekte) sowie China, Japan und Deutschland (je 30 Projekte). Die FDI-Projekte ausländischer Unternehmen in Kenia sind deutlich stärker nach Bran- chen diversifiziert als die Projekte in der umgekehrten Richtung. Etwa 20 % der Projekte entfallen auf IT-Dienstleistungen und Kommunikationstechnologien, 16 % sind den Fi- nanzdienstleistungen und 10 % den Unternehmensdienstleistungen zuzuordnen. Je- weils knapp 5 % der FDI-Projekte sind in den Branchen Logistik, Ernährungsindustrie, Industrieausrüstungen, Fahrzeugbau, Erneuerbare Energien und Immobilienwirtschaft angesiedelt. 17 Aus methodischen Gründen sind die Angaben nicht vergleichbar mit dem FDI-Bestand der Weltbank in Abbildung 14. 18 Vgl. Fußnote 16. 27
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung 3 Außenwirtschaftsbeziehungen zwischen Hessen und Kenia Die folgende Analyse der außenwirtschaftlichen Beziehungen zwischen Hessen und Ke- nia ist auf den Außenhandel fokussiert. Zudem werden die entsprechenden Vergleichs- werte für Deutschland insgesamt herangezogen, um eine bessere Einordnung der spe- zifisch hessischen Wirtschaftsbeziehungen zu Kenia in den gesamtwirtschaftlichen Kon- text zu gewährleisten.19 Das Kapitel wird durch einen kurzen Blick auf die Direktinvesti- tionen abgerundet. 19 Kapitel 2 enthält bereits ausgewählte Informationen zum Außenhandel zwischen Deutschland und Kenia sowie über die deutsch-kenianischen Direktinvestitionsverflechtungen – auf der Basis interna- tionaler bzw. kenianischer Datenquellen. Diese erlauben eine vergleichende Einordnung der außen- wirtschaftlichen Beziehungen Kenias zu Deutschland, sie liefern jedoch keine Informationen zu Hes- sen. Hessenspezifische Daten stellt die Statistik in Deutschland zur Verfügung, die darüber hinaus naturgemäß ebenfalls Daten zu den Beziehungen zwischen Deutschland und Kenia anbietet – aus deutschem Blickwinkel. Aus methodischen Gründen weichen die Angaben zu den kenianisch-deut- schen Wirtschaftsbeziehungen auf der Grundlage internationaler Daten in Kapitel 2 von den Ausfüh- rungen in diesem Kapitel ab. Dies gilt sowohl für die Höhe von Export und Import sowie Direktinves- titionen als auch für die Warenklassifikation. 28
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