Welche Mobilität für die Energiewende? - netER

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Welche Mobilität für die Energiewende? - netER
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Welche Mobilität für
die Energiewende?
Klima & Wissenschaft. Mit dem neuen gemeinnützigen Verein netER treiben Exper-
ten aus Wissenschaft und Technik die Defossilisierung voran. Gründungsmitglied
Univ.-Prof. Georg Brasseur ist Fachmann für Mobilität im Sinne der Klimawende.

E
       s geht um die Liebe für unseren     Millionen Jahre zurück in ein Szenario     toph Huber sowie der Tiroler Indus-
       Planeten und die nächste Gene-      der pliozänen Warmzeit, als die Ozeane     trielle Arthur Thöni. Weiters dabei
       ration“, poltert Gerald Haug,       20 Meter höher waren als heute. Wir        sind prominente Wissenschafter wie
Professor an der Universität ETH Zürich    müssen vor allem den Verbrennungspro-      eingangs erwähnter Gerald Haug und
und Präsident der Deutschen Akademie       zess stoppen. Noch ist es zu schaffen“,    die Umwelthistorikerin Verena Wini-
der Wissenschaften Leopoldina. Der         beendet Haug seinen Vortrag mit einem      warter (Akademie der Wissenschaften
anerkannte Klimaforscher heizt den         vorsichtig optimistischen Szenario.        Wien). Immer mehr Partner stoßen
rund 200 geladenen Gästen der Firma           Dialog. Um gemeinschaftlich die         dazu, aktuell umfasst das netER-Netz-
Thöni in Telfs in Tirol gehörig ein. Die   Energiewende Europas auf wissen-           werk rund 30 Mitglieder, darunter
EU-Staaten haben sich bekanntlich ge-      schaftlicher Basis voranzutreiben und      Unternehmen wie die weltweit tätigen
setzlich verpflichtet, unseren Kontinent   den Dialog zur Defossilisierung zwischen   Adler-Lacke, Hydrocell Bozen (Was-
bis 2050 klimaneutral zu machen und        Forschung, Wirtschaft, Technik und         serstofftechnologie), die Hochschule
bis 2030 mindestens 55 Prozent der         Politik zu forcieren, wurde im Herbst      MCI, die Industriellenvereinigung
Treibhausgase im Vergleich zu 1990         2022 der gemeinnützige Verein netER        Tirol sowie klingende Namen wie
einzusparen. Aber: „Kein Land Europas      (new energy transitions European Re-       Hannes Androsch oder der frühere
ist in der richtigen Spur, wir wandeln     searchassociation) ins Leben gerufen.      Skistar Benni Raich.
am Worst-case-Weg und steuern auf        Gründungsmitglieder sind TU-Profes-           Zentraler Punkt dabei ist die De-
eine globale Erderwärmung von 4,5 bis      sor Dr. Georg Brasseur (siehe Interview    fossilisierung (statt Dekarbonisierung):
fünf Grad zu. Das katapultiert uns 2,7     rechts), Biontech-Mitbegründer Chris-      Sie zielt auf die Vermeidung fossiler

28 FREIE FAHRT 1/2023
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                                                                                   WELCHE WEGE führen uns in eine saubere und
                                                                                   gesunde Zukunft? Die neu gegründete Plattform
                                                                                   netER agiert ganz im Zeichen von Fakten und
                                                                                   Wissenschaft. Vorrangiges Ziel ist die Defossilisie-
                                                                                   rung, die Vermeidung fossiler Kohlenstoffe als
                                                                                   Energieträger.

                                                                                       „Müssen vorhandene
                                                                                       Ressourcen nützen“
                                                                                       Interview. netER-Mitbegründer Univ.-Prof. Dr. Georg
                                                                                       Brasseur über E-Mobilität und Antriebstechnologien.

                                                                                       FREIE FAHRT: Herr Professor
                                                                                       Brasseur, warum sprechen Sie
                                                                                       bzw. netER von Defossilisierung
                                                                                       und nicht von Dekarbonisierung?
                                                                                           Georg Brasseur: Von Dekarbo-
                                                                                       nisierung zu sprechen ist nicht die
                                                                                       Wahrheit, denn diese Diktion verteu-
                                                                                       felt Kohlenstoff. Der ist aber essen-
                                                                                       ziell wichtig! Atomar an Kohlenstoff
                                                                                       gebundener Wasserstoff hat sich seit
                                                                                       drei Milliarden Jahren als Energie-
                                                                                       träger der Natur bewährt. Kohlen-
                                                                                       hydrate sind wunderbare Energie-
                                                                                       träger, auch wir Menschen funktio-
                                                                                       nieren auf dieser Basis. Daher ist der
                                                                                       Terminus Dekarbonisierung völlig                   SETZT FÜR DIE ZUKUNFT auf
                                                                                                                                          synthetische Kraftstoffe:
                                                                                       unsinnig.                                          Univ.-Prof. DI Dr. Georg Brasseur.
                                                                                          Können Sie das bitte näher erklä-
                                                                                       ren?                                           le! Synfuels ersetzen Erdöl als Roh-
                                                                                           Die Natur bindet Wasserstoff, den          stoffquelle. Sie entstehen etwa aus
                                                                                       für alle Lebewesen wichtigsten Ener-           Biomasse, dann sprechen wir von
                                                                                       gieträger, entweder an Stickstoff (dann        Biokraftstoffen. Diese sind bereits
                                      Kohlenstoffe als Energieträger ab. „Wir          sprechen wir von einem Ammoniak-               jetzt unseren Kraftstoffen an der
                                      müssen hin zur Wasserstoff- und Stick-           stoffwechsel wie z. B. Cyanobakte-             Tankstelle zu fünf bis zehn Prozent
                                      stoff-Kreislaufwirtschaft“, bringt es            rien) oder an Kohlenstoff. Das sind            beigemengt und werden zumeist aus
                                      Haug auf den Punkt. Und nennt Methan,            wir. Die atomare Bindung von Was-              Raps hergestellt. Doch um mit wei-
                                      Methanol, Ethanol, Ammoniak oder                 serstoff sorgt für eine ausreichende           teren Monokulturen nicht die Bio-
                                      synthetische Kohlenwasserstoffe wie              Energiedichte, nur so werden aus               diversität zu gefährden, sollten wir
                                      z. B. Synfuels als grüne Alternativen.           flüchtigen Gasen Kohlenhydrate:                verstärkt auf Biomüll für die Pro-
                                         Laut netER konkurrieren batterie-             Alkohole, Zucker, Kohlenhydrate,               duktion von Biogas setzen.
                                      elektrisch betriebene Fahrzeuge mit              Ammoniak, Methan, Methanol – aber                Welche anderen Arten an
                                      der Energiewende. „Um den zusätz-                auch synthetische Kohlenwasserstof-            Synfuels gibt es sonst noch?
                                                                                       fe usw. Das alles ist chemisch ziemlich           Auch Methan, Methanol, Etha-
                                                                                                           dasselbe: nämlich          nol, Ammoniak usw. sind Synfuels.
                                                                                                           eine Verbindung            Sie können sogar eine Leistungs-
                                                                                                           von Kohlenstoff mit        steigerung im Verbrennungsmotor
                                                                                                           Wasserstoff oder           bewirken und wären bereits jetzt
                                                                                                           Stickstoff.                in modernen Autos anwendbar.
                                                                                                               Bleiben wir            E-Fuels werden im Power-to-Liquid-
                                                                                                            bei den syntheti-         Verfahren mittels Grünstrom kli-
                                                                                                            schen Kraftstof-          maneutral direkt aus atmosphärischem
                                                                                                            fen, den soge-            Kohlendioxid gewonnen; Solar-
FOTOS: SHUTTERSTOCK, DIE FOTOGRAFEN

                                                                                                            nannten                   Fuels aus konzentrierter Solarwär-
                                                                                                            Synfuels. Ist das         me (Sun-to-Liquid). Auch grüner
                                        PESSIMISTISCHER VORTRAG über die                                    ein Energieträger         Wasserstoff lässt sich chemisch mit
                                        Erreichung der Klimaziele von Gerald
                                        Haug beim Gründungssymposium von                                    der Zukunft?              biogenem Kohlenstoff oder Stickstoff
                                        netER, September 2022 in Telfs in Tirol.                               Ja, auf alle Fäl-      in Synfuels binden. In dieser Form

                                                                                                                                                            Weiter auf der nächsten Seite>

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Welche Mobilität für die Energiewende? - netER
magazinumwelt

                   DIE netER-GRÜNDUNGS-
          MITGLIEDER von links: Christoph
        Huber, Arthur Thöni, Wolfgang Mair
          (PR) und Georg Brasseur mit dem
           Wasserstoff-Auto Hyundai Nexo.

kann der modifizierte Wasserstoff
sehr gut transportiert werden – und
hat als Energievektor die gleichen
Eigenschaften wie fossile Treibstof-
fe. Für biogene synthetische Kraft-
stoffe gibt es derzeit Versuchsanlagen
in Patagonien, sie haben absolut
Zukunft! Erste Anwender werden
Flugzeuge und Schiffe sein.
   Warum sprechen Sie sich
gegen E-Autos aus? Sind E-Autos              benötigte Transport- und Verteilin-               Eine Frage aus der Sicht des
tatsächlich kontraproduktiv für              frastruktur müsste europaweit erst             verunsicherten Konsumenten,
die Energiewende?                            aufgebaut werden – und wäre mit                dessen Auto gerade in die Jahre
   Hier muss man strikt unterschei-          enormen Treibhausgasemissionen                 gekommen ist. Wie soll er vor-
den: in batterieelektrisch betriebe-         und Kosten verbunden. Für Pkw                  gehen?
ne Fahrzeuge – und in E-Autos mit            funktioniert das leider nicht! Erfolg-            Er soll das alte Auto möglichst
elektrischem Antriebsstrang. Ers-            versprechender ist grüner Wasserstoff          lange halten und reparieren. Wir
tere wären erst dann sinnvoll, wenn          für den Schwerverkehr (40-Tonner),             müssen die vorhandenen Ressourcen
der stark gesteigerte Strombedarf            allerdings nur, wenn eine möglichst            nutzen, um Energie zu sparen. Dazu
der Zukunft zu 100 Prozent grün              lokale Herstellung gelingt. Da gibt’s          gehört auch ein pfleglicher Umgang,
wäre. Es gilt, zuerst Ökokraftwer-           bereits erste tolle Projekte wie z. B.         also mit kaltem Motor nicht gleich
ke mit ausreichender Leistung auf-           bei MPREIS oder Thöni in Tirol.                Vollgas geben. Ein häufiger Ölwech-
zubauen – und erst dann E-Autos              Zukunftsfähig wäre in meinen Au-               sel tut dem Motor gut – und das
zu fördern. Allerdings wird Europa           gen eine faire Kooperation mit den             Altöl wird recycelt.
selbst niemals ausreichend Ökostrom          sonnenreichen Ländern des globalen                Und was würden Sie jetzt bei
produzieren können! Unsere Bun-              Süden: Sie könnten aus grünem Was-             einem Neukauf empfehlen?
desregierung aber setzt sinnloser-           serstoff gut transportier- und speicher-           Ganz eindeutig: einen kleinen
weise auf batterieelektrische Mo-            bare synthetische Kraftstoffe her-             Diesel! Der ist mit Abstand am ef-
bilität.                                     stellen.                                       fizientesten, speziell im Teillastbereich
   Warum sind Autos mit elektri-               Was ist die Antriebstechnologie              des Stadtverkehrs. Rußfilter und die
schem Antriebsstrang besser?                 der Zukunft?                                   großartige AdBlue-Technologie ma-
   Es geht hier um die Frage der                Für die fernere Zukunft der Me-             chen Diesel-Pkw mittlerweile extrem
Energieeffizienz: Der Antrieb muss           thanol-Brennstoffzellenmotor, doch             sauber. Für einen geringen Verbrauch
in Zukunft unbedingt elektrisch sein!        da gibt es noch keine Energievekto-            bitte ein möglichst leichtes Fahrzeug
Die Energiebereitstellung darf aber          ren. Für die nahe Zukunft: Ich bin             mit geringem Luftwiderstand wäh-
nicht über Batterien erfolgen (übri-         ein Fan davon, Verbrennungsmoto-               len. Wir sollten wieder zu leichteren
gens: Lithium-Ionen-Akkus sind ein           ren nur im Bestpunkt zu betreiben              Autos kommen: Der Golf hatte schon
Verbrechen an der Umwelt!), sondern          inklusive Abgasenergie-Rückgewin-              mal 800 Kilogramm, jetzt wiegt er
aus einem wesentlich dichteren Ener-         nung. Letzteres ist für mich das               das Doppelte.
gieträger wie Synfuels. Elektrische          Zauberwort. Diese Fuelconverter-                  Zum Abschluss eine persönliche
Energie muss direkt an Bord bereit-          Generatoren sind eine großartige               Frage: Welches Auto fahren Sie?
gestellt werden, etwa durch Metha-           Brückentechnologie mit hervorra-                  Einen 3er-BMW Baujahr 2014.
nol-Brennstoffzellen. Aber das ist           gender Kraftstoffnutzung. Feinste              Zur Ressourcenschonung kaufe ich
Zukunftsmusik.                               Ingenieurleistung aus der Formel 1.            immer gebrauchte Autos. Ich bin
   Und Wasserstoff-Autos?                    Aber hier ist die Politik säumig. Und          glücklicherweise in der Lage, sie
    Ja, die funktionieren an sich gut        die Automobilindustrie unterstützt             selbst zu reparieren. Meine Tochter
– sind aber leider unpraktikabel und         das, was die Konsumenten wollen                fährt meinen abgelegten, über 20
die ersten Projekte wurden bereits           – und das sind leider unsinnig große,          Jahre alten 3er-BMW. Und der rennt
aufgegeben. Das Problem ist die H2-          schwere SUV!                                   und rennt und rennt ...
Infrastruktur: Wasserstoff hat eine
sehr geringe volumetrische Energie-
dichte, ist extrem schlecht zu speichern     Der emeritierte Univ.-Prof. Georg Brasseur leitete das Institut für elektrische Messtech-
                                             nik und Sensorik an der TU Graz, war Präsident der mathematisch-naturwissenschaft-
und muss für den Transport stark             lichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und beschäftigte sich
komprimiert oder verflüssigt werden          in seiner jahrzehntelangen Zusammenarbeit mit dem steirischen Automobil-Cluster
(mittels Kühlung auf –256 °C). Die           intensiv mit Verbrennungsmotoren und Mobilität.

30 FREIE FAHRT 1/2023
Welche Mobilität für die Energiewende? - netER
lichen Strombedarf von E-Autos decken
zu können, müssten die 82.000 Wind-                                                                                     M IT DA B E I!
räder Europas (Stand 2019) auf drei
Millionen aufgestockt oder die Pho-
tovoltaik-Flächen ver111-facht werden.
Völlig illusorisch“, so Georg Brasseur.
                                                                          Urlaubsschutz der Extraklasse.
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Ein weiterer Ausbau der Elektromo-
bilität bedingt also die zusätzliche
Produktion von fossilem Ausgleich-
strom. Das steigert nicht nur den
Treibhausgasausstoß, sondern auch                                                           NEU NEU NEU:
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die Gefahr von weitreichenden Black-
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                                                                          Stoffwechselproblemen
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