Werkstattgespräch Altersgerecht Wohnen - Wohnraumoffensive
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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einführung in das Thema „Altersgerecht Wohnen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 KfW-Förderprogramm „Altersgerecht Umbauen“ – Vorstellung der Evaluationsergebnisse . . . . . . . . . . 9 Perspektive der KfW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Altersgerechter Wohnraum: Ergebnisse aus Befragungen des BBSR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Statements zum altersgerechten Wohnen aus Sicht der privaten Eigentümerinnen und Eigentümer und der Wohnungswirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Altersgerecht Wohnen konkret. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Altersgerecht Wohnen: Aktivitäten der Länder – das Beispiel Niedersachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Altersgerechte Anpassung des Wohnungsbestandes: Die Aktivitäten des Berliner Wohnungsunternehmens GESOBAU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Das READY-Konzept: Planungsgrundlagen zur Vorbereitung von altengerechten Wohnungen . . . . . . 18 Statements zu den Herausforderungen für ein altersgerechtes Wohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Ausblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Zusammenfassung Das Bundesministerium des Innern, für Bau und einer Reduzierung von Barrieren im Wohnungsbe- Heimat (BMI) führt regelmäßig mit Akteuren der stand und einer entsprechenden Mittelausstattung Wohnungs- und Immobilienwirtschaft den für das KfW-Programm, die Wohnungswirtschaft Immobilienwirtschaftlichen Dialog durch. Der auch in eine digital-technische Ausstattung für Dialog dient dem kontinuierlichen Austausch das altersgerechte Wohnen investiert. zwischen den Partnerverbänden, Fachkreisen und Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung zu Aus der Praxis berichteten Vertreter des Landes aktuellen wohnungspolitischen Entwicklungen, Niedersachsen, dass Mittel der sozialen Wohn- politischen Handlungsprozessen und gemeinsa- raumförderung für die Erweiterung des alters men Initiativen. gerechten Wohnraums vergeben werden. Das Land unterstützt zudem private Akteure wie auch Das (digitale) Werkstattgespräch am 29. Oktober Kommunen durch ein breites Beratungsangebot. 2020 verdeutlichte die besondere gesellschaftliche Das Modellprojekt „Pflege@Quartier“ des Relevanz des Themas „Altersgerechtes Wohnen“. Wohnungsunternehmens GESOBAU AG in Berlin zeigt konkret, wie ältere Menschen für die Aus- Für BMI betonte der Parlamentarische Staats stattung mit technischen Assistenzsystemen in sekretär Volkmar Vogel MdB, dass für ältere der Wohnung gewonnen werden können und wie Menschen ein selbstbestimmtes Leben in der eine Kommunikation in den Quartiersnetzwerken eigenen Wohnung so lange wie möglich sehr erfolgt. wichtig sei. BMI werde sich deshalb weiter dafür einsetzen, die Mittel für das KfW-Programm Als Ansatz für die Praxis verdeutlichte das vorge- „Altersgerecht Umbauen“ zu verstetigen und stellte Konzept „ready“, wie mit flexiblen und möglichst auch zu erhöhen. abgestuften Standards und Maßnahmen flächen sparende und bedarfsgerechte Lösungen um Die Notwendigkeit der Förderung zeigen die gesetzt werden können. Vertreterinnen und vorgestellten Ergebnisse der Evaluation des Vertreter mehrerer Verbände forderten in der KfW-Förderprogramms durch das Institut Diskussion, eine Barrierefreiheit sowohl beim Wohnen und Umwelt. So liegt das Angebot Wohnen als auch im Wohnumfeld wesentlich altersgerechter Wohnungen in Deutschland stärker in der Planung und in der Förderung zu lediglich bei rund 1,5 Prozent. Neben der belegten berücksichtigen. Dazu muss auch das Problem Effektivität des Programms zeigen sich Multi bewusstsein des altersgerechten Wohnens vor plikatorwirkungen, Kosteneinsparungen bei der allem bei privaten Bauherren sowie Architektin- Pflegeversicherung sowie auch volkwirtschaft nen und Architekten geschärft werden. Hier ist liche Effekte durch die getätigten Investitionen. eine gesellschaftliche Diskussion notwendig, die auch das Thema Pflege stärker ins Bewusstsein Befragungsergebnisse des Bundesinstituts für bringt. Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) bei Wohnungsunternehmen belegen, dass in die Die Teilnehmenden des Immobilienwirtschaft Reduzierung von Barrieren investiert wird. Dabei lichen Dialogs hoben übereinstimmend die hohe ist der Anteil barrierefreier bzw. -armer Wohnun- gesellschaftliche wie politische Bedeutung des gen im kommunalen Bereich deutlich höher als „Altersgerechten Wohnens“ hervor und forderten im privatwirtschaftlichen Wohnungsbestand. Die eine Fortführung und Verstärkung der Förderung teilnehmenden Verbände forderten, dass neben durch den Bund. Zusammenfassung 7
Einführung in das Thema „Altersgerecht Wohnen“ Volkmar Vogel MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Monika Thomas, Abteilungsleiterin Stadtentwicklung, Wohnen, öffentliches Baurecht im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Julia Kemper, empirica © empirica Der Parlamentarische Staatssekretär beim sowie Mieterinnen und Mieter. Diese können Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, unabhängig von Einkommen und Alter Zuschüsse Volkmar Vogel MdB, betonte, dass sich die meis- oder Darlehen erhalten, um Barrieren in Wohnge- ten Menschen bis ins hohe Alter ein selbst bäuden abzubauen und bauliche Maßnahmen zur bestimmtes Leben in ihrer vertrauten Umgebung Einbruchsicherung vorzunehmen. wünschen. Vor dem Hintergrund des demo graphischen Wandels ist die Altersgerechtigkeit Im Jahr 2020 standen insgesamt 150 Mio. Euro zur des Wohnungsbestands daher von hoher gesell- Verfügung. Für den Haushalt 2021 waren zu- schaftlicher Relevanz. Und gerade in Zeiten der nächst 75 Mio. Euro vorgesehen. Diese Mittel Corona-Pandemie zeigt sich zudem, dass die wurden inzwischen im Zuge des Nachtragshaus- Wohnung wichtiger Lebensmittelpunkt, Rück- halts auf 130 Mio. Euro aufgestockt. Diese Summe zugs- und Schutzraum ist. wird bei gleichbleibender Nachfrage für eine Förderung über das gesamte Jahr voraussichtlich Der Bund fördert daher gemeinsam mit der KfW nicht ausreichen. Das BMI wird sich weiter für im Rahmen des Programms „Altersgerecht eine Erhöhung des Finanzansatzes und eine Umbauen“ Eigentümerinnen und Eigentümer, Verstetigung des Programms einsetzen. 8 Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse KfW-Förderprogramm „Altersgerecht Umbauen“ – Vorstellung der Evaluationsergebnisse Dr. Philipp Deschermeier, IWU Institut Wohnen und Umwelt GmbH KfW-Förderprogramm für altersgerechten Dr. Philipp Deschermeier, IWU Institut Wohnen und Umwelt GmbH Umbau und Einbruchschutz © IWU Institut Wohnen und Umwelt GmbH Das Institut Wohnen und Umwelt (IWU), ver und Mieter – unabhängig von Einkommen und treten durch Herrn Deschermeier, stellte die Alter – mit Zuschüssen und Darlehen. Gefördert Ergebnisse der Evaluierung des KfW-Programms werden können sowohl Maßnahmen zur „Altersgerecht Umbauen“ für den Zeitraum von Barrierereduktion im Bestand als auch Maßnah- 2014 bis 2018 vor.1 Im Rahmen des Programms men zum baulich technischen Einbruchschutz. fördert der Bund mit der KfW private Eigen Wohnungsunternehmen und anderen Investoren tümerinnen und Eigentümer sowie Mieterinnen steht die Kreditförderung zur Verfügung. Maßnahmen zur Barrierereduktion und zum Einbruchschutz Barrierereduktion Einbruchschutz Wege zu Gebäuden und Wohnumfeld Einbruchhemmende Haus-, Wohnungs- und Nebeneingangstüren Eingangsbereich und Wohnungszugang Nachrüstsysteme für Haus-, Wohnungs- und Überwindung von Treppen und Stufen Nebeneingangstüren Einbruchhemmende Garagentore und Anpassung der Raumaufteilung und Garagenzugänge (seit 2017) Schwellenabbau Nachrüstsysteme für Fenster und Fenstertüren Badumbau/Maßnahmen an Sanitärräumen Einbruchshemmende Gitter, Klapp- und Orientierung, Kommunikation und Rolläden und Lichtschachtabdeckungen Unterstützung im Alltag Alarmanlagen Schaffung von Gemeinschaftsräumen, Smartphone-Anwendungen mit Ein- Mehrgenerationenwohnen bruchmeldefunktion (seit 2009) Kredit 159 Zuschuss 455-B Kredit 159 Zuschuss 455-E 1 https://www.kfw.de/KfW-Konzern/KfW-Research/Evaluation-Altersgerecht-Umbauen.html Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse 9
Entwicklung der Versorgungslücke an barrierereduzierten Wohnungen 4.000 3.500 Wohnungen (in Tausend) 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 2018 2020 2025 2030 2035 Angebot Nachfrage (Basisszenario) Versorgungslücke © IWU Institut Wohnen und Umwelt GmbH Altersgerecht Wohnen in Deutschland zeigt die Evaluation die Dringlichkeit des Pro- gramms, denn nur etwa 4 % der Haushalte mit Gemäß Auswertung des Mikrozensus beläuft sich einem konkreten Bedarf leben in barriereredu- das Angebot an altersgerechten Wohnungen zierten Wohnungen. derzeit auf etwa 600.000 Wohnungen, dies ent- spricht in etwa 1,5 % des Wohnungsbestands in Die volkswirtschaftlichen Effekte des Programms Deutschland. Für die Abschätzung des zukünfti- ergeben sich unter anderem durch Einsparungen gen Bedarfs altersgerechter Wohnungen wurde für die stationäre Pflege, da durch eine Barriere die Anzahl von Haushalten mit mobilitätseinge- reduzierung ein „Wohnen bleiben“ im gewohnten schränkten Personen zugrunde gelegt. Im Ergeb- Umfeld in Kombination mit ambulanter Pflege nis wurde festgestellt, dass aktuell eine Versor- länger möglich wird. Durch die geringeren Kosten gungslücke von 2,5 Millionen barrierereduzierten einer ambulanten gegenüber einer stationären Wohnungen besteht. Pflege werden rund 100 Millionen Euro im Jahr eingespart. Inanspruchnahme der Fördermittel Fazit Im untersuchten Zeitraum von 2014 – 2018 wurden 189.000 Wohnungen mit Fördermitteln Insgesamt zeigt die Evaluation, dass das Pro- aus dem Programm altersgerecht umgebaut. gramm effizient und zweckmäßig ist. Es weist Haushalte mit mobilitätseingeschränkten Perso- eine hohe Effektivität im Bereich Barrierereduk nen nehmen die Förderung überproportional tion und Einbruchschutz auf. Der Förderkredit häufig in Anspruch. Mehrheitlich werden Maß- wird vor allem dann in Anspruch genommen, nahmen in den Sanitärräumen und zur Überwin- wenn es sich um teure und komplexe Maßnah- dung von Niveauunterschieden vorgenommen. men handelt, während Zuschüsse vor allem für 80 % der Privathaushalte haben die Maßnahmen Einzelmaßnahmen eingesetzt werden. Beide vorausschauend für den Fall zukünftiger körper Varianten tragen dazu bei, die Versorgungslücke licher Einschränkungen durchgeführt. Zudem für altersgerechten Wohnraum zu reduzieren. 10 Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Perspektive der KfW Altersgerechter Wohnraum: Dr. Philipp Tilleßen, KfW Ergebnisse aus Befragungen des BBSR Karin Lorenz-Hennig, BBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung Befragungen zum kommunalen und privatwirtschaftlichen Wohnungsbestand Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raum- forschung (BBSR) befragt regelmäßig Kommunen zu ihren Wohnungsbeständen. Die letzte Befra- gung fand 2018 statt, daran nahmen 780 Städte Dr. Philipp Tilleßen, KfW, © empirica und 138 Landkreise teil.2 Damit wurden Er kenntnisse zu Dreiviertel des kommunalen KfW-Förderprogramm für altersgerechten Wohnungsbestands gewonnen. Die Befragung Umbau und Einbruchschutz privatwirtschaftlicher Unternehmen wurde 2018 erstmalig durchgeführt.3 Daran nahmen Herr Dr. Tilleßen, Direktor Produktmanagement 173 Unternehmen mit 699.000 Wohneinheiten der KfW, bestätigte die Ergebnisse der Studie des teil. Dies entspricht knapp einem Viertel des IWU. privatwirtschaftlichen Wohnungsbestands. Sie zeigen, dass die Förderung wirkt und die Ergebnisse der Kommunalbefragung zur Zielgruppe gut erreicht wird. Die Nachfrage nach Barrierereduzierung den Fördermitteln ist seit Beginn 2014 kontinu- ierlich gestiegen. Zudem sind Multiplikatoreffekte Die Kommunalbefragung 2018 zeigte, dass 1,6 % zu beobachten: Dazu gehören die Einsparungen des kommunalen Wohnungsbestandes barriere- bei den Pflegeversicherungen, die die Studie des frei bzw. behindertengerecht und fast 10 % barrie- IWU ausweist. Weitere positive wirtschaftliche rearm sind. Der Anteil an barrierefreien Wohnun- Effekte sind zu beobachten. So werden durch das gen fällt in Westdeutschland mit 2,5 % deutlich Programm Arbeitsplätze geschaffen bzw. erhalten. Ein Effekt der Corona-Pandemie auf die Nach frage des Programms kann ebenfalls beobachtet werden. Seit März 2020 ist ein starker Nachfrage- anstieg zu verzeichnen, da die Menschen mehr Zeit in ihren Wohnungen bzw. Häusern verbrin- gen und vorausschauend Investitionen tätigen. Mit Blick auf das Jahr 2021 kommt der Verste tigung und Aufstockung des Programms eine wichtige Bedeutung zu. Karin Lorenz-Hennig, BBSR, © Karin Lorenz-Hennig 2 https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/fachbeitraege/wohnen-immobilien/wohnungswirtschaft/kommunalbefragungen/ 2018/01_Start_Befragung.html 3 https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/fachbeitraege/wohnen-immobilien/wohnungswirtschaft/befragung- wohnungsunternehmen/01-start.html Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse 11
Zustand des kommunalen Wohnungsbestandes bzgl. Barrierefreiheit und Barrierearmut – insgesamt und differenziert nach Ost- und Westdeutschland 100 % 90,1 % 88,9 % 87,6 % 90 % 80 % 70 % in Prozent 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 9,6 % 9,9 % 9,2 % 10 % 1,6 % 2,5 % 0,6 % 0% Insgesamt Westdeutschland Ostdeutschland Barrierefreiheit/-armut des Wohnungsbestandes WE nicht barrierefrei/nicht barrierearm WE barrierearm „altersgerecht“ WE barrierefrei nach § 50 MusterBauO/DIN 18025/DIN 18040 n = 1,44 Mio. Datenbasis: BBSR-Kommunalbefragung 2018, © BBSR Bonn 2020 höher als in Ostdeutschland mit 0,6 % aus. Der Im Zeitraum 2015 bis 2017 investierten die Anteil an barrierearmen Wohnungen liegt in bei- Kommunen bzw. ihre kommunalen Wohnungs den Teilen Deutschlands annähernd gleich hoch. unternehmen im Durchschnitt 9.734 Euro pro Wohneinheit in barrierereduzierende Maß- Der kommunale Wohnungsbestand weist in nahmen. In den Jahren 2012 bis 2014 lag der stagnierenden Regionen mit 2,4 % den höchs- Wert noch bei 5.654 Euro pro Wohnung. Die ten Wert an barrierefreien Wohnungen auf. Investitionssumme pro Wohnung nahm dem- In wachsenden Regionen liegt der Anteil an entsprechend für diesen Maßnahmenbereich barrierefreien Wohnungen im bundesweiten um 72 % zu. Die Betrachtung der Gesamt Durchschnitt, während er in schrumpfenden investitionssummen zeigt: Im zeitlichen Vergleich Regionen unterdurchschnittlich ausfällt. Für haben die kommunalen Wohnungsanbieter den barrierearmen Wohnungsanteil ist bei einer mehr finanzielle Mittel in energetische und Differenzierung nach der Entwicklungsten- barrierereduzierende Maßnahmen investiert, denz in den Regionen kein Muster erkennbar. während die Investitionssummen für allge- meine Maßnahmen gleichgeblieben sind. Im Vergleich der Kommunalbefragungen 2018 und 2015 hat die Anzahl der barrierefreien Ergebnisse der Befragung privatwirtschaftlicher Wohnungen im kommunalen Bestand bei den Unternehmen 178 Kommunen und 191 kommunalen Woh- nungsunternehmen, die an beiden Befragungen Bei der Befragung der privatwirtschaftlichen teilgenommen haben, um knapp 5.800 zugenom- Unternehmen 2018 stellte sich heraus, dass 0,5 % men. Der Anteil an barrierefreien Wohnungen des privatwirtschaftlichen Wohnungsbestandes stieg bei den Kommunen und ihren kommu- barrierefrei bzw. behindertengerecht (gemäß nalen Wohnungsunternehmen von 0,7 % auf DIN 18025/18040, § 50 Musterbauordnung) und 1,2 % des kommunalen Wohnungsbestands an. 2,3 % barrierearm sind. Während allgemeine 12 Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Investitionssumme pro Wohnung nach Maßnahmenkategorie – Vergleich der Befragungen 2015 und 2018 20.000 18.857 18.000 16.000 14.000 12.815 12.000 € / WE 10.334 9.734 10.000 8.000 6.751 5.654 6.000 4.000 2.000 0 allgemeine Maßnahmen energetische Maßnahmen barrierereduzierende Maßnahmen Befragung 2018 2015 Anmerkung: Nur antwortende Stellen, die bei beiden Befragungen teilgenommen und in der jeweiligen Maßnahmenkategorie jeweils bei Wohnungen und Investitionssumme Angaben gemacht haben. Datenbasis: BBSR-Kommunalbefragung 2018, © BBSR Bonn 2020 sowie Maßnahmen zur energetischen Sanie- Statements zum altersgerechten rung häufig erfolgten, wurden Maßnahmen zur Reduzierung von Barrieren im Dreijahres- Wohnen aus Sicht der privaten zeitraum 2015 bis 2017 nur in einem geringen Eigentümerinnen und Umfang vorgenommen. Dies trifft sowohl auf die Anzahl der Unternehmen als auch auf die Eigentümer und der Anzahl der durchgeführten Maßnahmen. Wohnungswirtschaft Fazit Die Perspektive der privaten Eigentümerinnen und Eigentümer Die Ergebnisse aus beiden Befragungen belegen, dass sowohl die kommunalen als auch privat Petra Uertz, Verband Wohneigentum wirtschaftlichen Unternehmen in die Reduzie- rung von Barrieren in ihren Mietwohnungen Der Verband Wohneigentum bewertet das investieren. Der Anteil barrierefreier und bar- KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“ rierearmer Wohnungen ist im kommunalen positiv. Es zeigt sich, dass insbesondere Wohnungsbestand allerdings deutlich höher als selbstnutzende Wohnungseigentümerin- im privatwirtschaftlichen Wohnungsbestand. nen und -eigentümer die Zuschüsse der Die Zahl der älteren Menschen in Deutschland KfW-Förderung in Anspruch nehmen. nimmt im Laufe der nächsten Jahre weiter zu. Daher ist es wichtig, das Angebot an alters Der Verband betont die Notwendigkeit der gerechten Wohnungen weiter auszubauen. Planungssicherheit und empfiehlt eine Mittel ausstattung von 150 Mio. Euro pro Jahr. Darüber hinaus ist die Einrichtung einer bundesweit Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse 13
Petra Uertz, Verband Wohneigentum, © empirica Ingeborg Esser, GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., © empirica technische Ausstattung und Serviceangebote flächendeckenden neutralen Beratung der wichtige Voraussetzungen für das altersgerechte Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer Wohnen. Im Neubau sind altersgerechte sowie der Bauherren zum Thema Wohnungs- Lösungen bereits technischer Standard, der anpassung wünschenswert. Hier könnte eine Bestand muss entsprechend umgestaltet werden. Unterstützung mit Fördermitteln sinnvoll sein. Der GdW befürwortet dabei einen barrierearmen Ansatz. Handwerk und planende Berufe müssen sen- sibilisiert und geschult werden. Im Bereich Auf der baulichen Seite wird in den nächsten Neubau sollten auch Bauträger einbezogen Jahren das Thema Aufzüge, insbesondere werden, da spätere Änderungswünsche kosten- in Ostdeutschland, eine bedeutende Rolle trächtig sind. Darüber hinaus wäre eine stär- spielen. Ohne die Nachrüstung von drei- und kere Harmonisierung im Bauordnungsrecht viergeschossigen Gebäuden mit Aufzügen in Bezug auf barrierearme und barrierefreie ist eine Altersgerechtigkeit nicht umsetzbar. Wohnungen sinnvoll. Begleitend wäre eine Modernisierungen im Mietwohnungssegment Förderung von sozialen Maßnahmen in der stellen vor dem Hintergrund der gesetzlichen Wohnumgebung hilfreich, beispielsweise durch Änderungen wie Mietpreisbremse und die Einrichtung eines Quartiersmanagements. Mietendeckel eine große Herausforderung dar. Aus diesem Grund sind Förderungen Die Perspektive der öffentlichen und besonders wichtig. Adaptive Assistenzsysteme privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen und Smart-Meter-Technologien können zudem die Bewohnerschaft unterstützen. Mittlerweile Ingeborg Esser, GdW – Bundesverband deutscher sind kostengünstigere und niedrigschwellige Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. Systeme erhältlich. Für eine größere Verbreitung sollte geprüft werden, wie das Betriebs- und Aus Sicht des GdW Bundesverband deutscher Nebenkostenrecht an die Nutzung digitaler Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. Betriebssysteme im Gebäude angepasst werden sind neben baulichen Gegebenheiten die digital- kann. 14 Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Altersgerecht Wohnen konkret Altersgerecht Wohnen: Aktivitäten der Länder – das Beispiel Niedersachsen Dirk Martin, Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Ausgangssituation Niedersachsen Dirk Martin, Nieder Björn Kemeter, Nieder Herr Martin stellte die Förderaktivitäten des sächsisches Ministerium für sächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Soziales, Gesundheit und Landes Niedersachsen vor. Innerhalb des Lan- Klimaschutz Klimaschutz des gibt es sehr unterschiedliche Entwick- © Dirk Martin © Björn Kemeter lungen der regionalen Wohnungsmärkte: wachsende, stabile sowie leicht schrumpfende Regionen und perspektivisch schrumpfende Regionen. Altersgerechtigkeit ist überall ein Björn Kemeter, Niedersächsisches Ministerium für Thema, in manchen Städten und Gemein- Soziales, Gesundheit und Gleichstellung den werden altersgerechte Wohnungen im Neubau geschaffen, in anderen Regionen müs- Wohnberatungsangebote sen diese im Bestand hergestellt werden. Neben der sozialen Wohnraumförderung unter Verknüpfung der Altersgerechtigkeit mit der stützt das Land Niedersachsen die Beratung zur sozialen Wohnraumförderung Wohnraumanpassung und fördert die Grün- dung von Sozialgenossenschaften. Mit jährlich Die soziale Wohnraumförderung dient im 155.000 Euro wird das Niedersachsenbüro „Neues Bundesland Niedersachsen auch dem Aus- Wohnen im Alter“ gefördert. Seit über 10 Jahren bau des bezahlbaren Angebots an altersge- trägt die Institution dazu bei, älteren Menschen rechtem Wohnraum. Gefördert wird in allen ein bedarfsgerechtes Wohnangebot und ein quali Regionen des Landes unabhängig vom Woh- fiziertes und breitgefächertes Beratungsangebot nungsmarkt. Die in der Belegungsbindung zu allen Fragen rund um das Thema Wohnen im definierten Einkommensgrenzen können bei Alter zur Verfügung zu stellen. Dafür gibt es zwei älteren und mobilitätseingeschränkten Men- Träger: das FORUM Gemeinschaftliches Wohnen schen um bis zu 60 % überschritten werden. e. V., welches bundesweit tätig ist, und die nieder sächsische Fachstelle für Wohnberatung e. V. In Niedersachsen muss der Bedarf an geförder- (Niedersachsenbüro). Das Niedersachsenbüro tem sozialem Wohnraum durch Wohnraum „Neues Wohnen im Alter“ verfolgt drei Initia- versorgungskonzepte nachgewiesen werden. tiven: den Aufbau und die Weiterentwicklung Für die Herstellung altengerechter Wohnungen von Wohnberatungsangeboten vor Ort durch ist dagegen ein Wohnraumversorgungskon- die Qualifizierung von haupt- und ehrenamt- zept nicht zwingend vorgegeben, da ein Bedarf lichen Wohnberaterinnen und -beratern, die an Wohnraum für Ältere und für Menschen Beratung von Kommunen bei der Weiterent- mit Behinderung in allen Regionen angenom- wicklung des Wohnungsbestandes und der men wird. Alle, die ein förderfähiges Vorhaben Entwicklung gemeinschaftlicher Wohnprojekte haben, können unter Einhaltung der Rahmen- sowie die Unterstützung von Selbsthilfepoten- bedingungen die Landesförderung erhalten. zialen und des bürgerlichen Engagements. Altersgerecht Wohnen konkret 15
Für die digitale Wohnraumanpassung wurde eine Richtlinie erarbeitet. Dabei geht es auch um die Förderung von Maßnahmen zum Aufbau von AAL-Technik (Altersgerechte Assistenzsysteme). Es sollen Maßnahmen gefördert werden, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und dabei helfen, das selbstbestimmte Wohnen von älteren Menschen zu ermöglichen (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Beschaffung von Informations- und Kom- Irina Herz, GESOBAU AG, © empirica munikationstechnologien zur SichersteIIung der sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung Im Rahmen des Modellprojekts „Pflege@Quar- (RL Digitalisierung im Gesundheitswesen – Dig- tier“ im Märkischen Viertel in Berlin wurde ein Ges; Erl. d. MS v. 13.01.2021, Nds. MBl. 2021, S. 98)). Wohn- und Quartierskonzept für über 65-jährige Mieterinnen und Mieter mit Pflegegrad entwi- Förderung von Sozialgenossenschaften ckelt. Dazu wurden 30 Bestandswohnungen und eine Musterwohnung „Pflege@Quartier“ mit Für die Initiierung, Beratung und Begleitung altersgerechten Assistenzsystemen (AAL) und von gemeinschaftlichen Wohnprojekten und analogen Hilfen ausgestattet. Wesentliches Ziel Nachbarschaften werden Sozialgenossen- des Modellvorhabens war die Schaffung von Woh- schaften mit bis zu 6.000 Euro unterstützt. nungen, die automatisch Notsituationen erkennen Sie sind auch aktiv an der Schaffung von und auf diese reagieren. Bei der Notfallerkennung Wohnraum für ältere Menschen beteiligt. wird über eine Verbindung zur klassischen Notruf zentrale oder mittels App eine Meldung an Ange- hörige sichergestellt. Für eine breitere Information Altersgerechte Anpassung eröffnete die G ESOBAU 2017 zudem eine Muster wohnung „Pflege@Quartier“ im Märkischen des Wohnungsbestandes: Viertel. „Pflege@Quartier“ wurde durch den Die Aktivitäten des Berliner GKV-Spitzenverband im Rahmen des Modell Wohnungsunternehmens programms zur Erforschung alternativer Wohn- formen in der Pflege nach § 45 f SGB XI gefördert. GESOBAU Quartiers- und Nachbarschaftskonzepte Irina Herz, GESOBAU AG Der Kommunikationsaufwand für die indivi- Ausgangssituation und Zielsetzung des Projektes duelle Beratung rund um AAL-Module ist sehr Pflege@Quartier hoch. Das wichtigste Merkmal des „Pflege@ Quartier“-Konzepts ist daher die Verknüpfung Die GESOBAU ist als kommunales Wohnungs- mit einem Nachbarschaftsnetzwerk (Netzwerk unternehmen – wie alle anderen Wohnungsan- Märkisches Viertel). Zentrales Ziel war, ein multi bieter auch – mit den Herausforderungen der mediales Unterstützungsnetzwerk im Märki- älter werdenden Bewohnerinnen und Bewohner schen Viertel aufzubauen, das Vertrauen älterer konfrontiert. Die Altersgerechtigkeit stellt ei- Menschen im Technologiebereich zu stärken, sie nen wichtigen Aspekt der Wohnqualität dar. zur Nutzung virtueller Dienste zu motivieren, 16 Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Musterwohnung Pflege@Quartier © GESOBAU 10 18.03.21 Online-Werkstattgespräch – Pflege@Quartier Eintrittsbarrieren abzubauen und die Medien Wesentlich ist auch, dass ein klarer Nutzen für kompetenz zu stärken. Zusätzlich wurde im die besonderen Bedürfnisse der Anwenden- Jahr 2017 das Förderprojekt „SeniorenNetz den erkennbar und die Technologie flexibel Märkisches Viertel“ geschaffen, mit dem der an individuelle Anforderungen anpassbar ist. älteren Bewohnerschaft digitale Unterstützung Darüber hinaus sind eine altersgerechte Woh- vermittelt wird. Gleichzeitig bietet die Website nung, eine bedarfsgerechte Infrastruktur, eine www.seniorennetz.berlin einen Überblick über bezahlbare Miete, lokale Dienstleistungen, Be- verschiedene Themen, Orte in der Nachbarschaft ratungsstellen, ein barrierearmes Wohnumfeld, und Umgebung sowie zu aktuellen Ereignissen. Freizeitangebote und Kontaktstellen wichtig. Hindernisse liegen in der mangelnden Akzep- Fazit und Ausblick tanz, der fehlenden Zahlungsbereitschaft und der unzureichenden Affinität zur Technologie. Für die GESOBAU war vor allem das Zusammen- wirken verschiedener Partnerinnen und Partner zentral für den Erfolg des Projekts. Dazu zählten u. a. Wohnungswirtschaft, Technologieanbieter, Wissenschaft, Mieterinnen und Mieter, Sozial-, Pflege- und Gesundheitssektor und Angehörige. Altersgerecht Wohnen konkret 17
Der Fokus bei „ready“ liegt auf dem Mindest- standard, da es insbesondere auch um Angebote für einkommensschwächere Haushalte geht. Zentrale Aufgabe ist es, den Mindeststandard zu definieren. Dieser soll barrierefrei vorbereitet (baulich vorbereitet, konstruktiv flexibel) und barrierefrei anpassbar (räumlich anpassbar, funk- tional flexibel) sein. Damit orientiert sich dieser Mindeststandard mehr an der internationalen Erika Mühlthaler, freiberufliche Architektin, © Erika Mühlthaler Norm ISO 21542 und an der Schweizer Norm SIA 500 und unterscheidet sich von den DIN-Nor- men DIN 18040-2 und DIN 18040-2R. Im Gegen Das READY-Konzept: satz zur DIN-Norm ist nach diesem Standard auch im Badezimmer die reduzierte Fläche von Planungsgrundlagen 0,9 m x 1,2 m möglich. Dadurch sind kompaktere zur Vorbereitung von Wohnformen realisierbar. Ziel des Konzeptes ist, altengerechten Wohnungen ökonomisch und effizient möglichst viele weit- gehend barrierefreie Wohnungen zu schaffen. Erika Mühlthaler, freiberufliche Architektin Fazit Hintergrund des Forschungsprojekts „ready“ Der Mindeststandard im Konzept „ready“ ist Mit dem Forschungsprojekt „ready“ wurden gleichzeitig weniger und mehr als die DIN. In neue Standards und Maßnahmensets für die Bezug auf die Flächen fordert er weniger, aber bei stufenweise altersgerechte Anpassung im Woh- der Anpassbarkeit, Attraktivität und Sicherheit nungsneubau erarbeitet. Das Projekt hat von sowie bei der Automatisierung fordert er mehr. 2010 bis 2013 eine Förderung im Rahmen der In Bezug auf die absatzfreien Zugänge sind die Forschungsinitiative Zukunft Bau erhalten. Anforderungen vergleichbar, diese wurden beim Mindeststandard von „ready“ aber präzisiert. Ziel war es, einen Mindeststandard festzu- legen, der für jedes Alter vorbereitet und Ziel des „ready“-Ansatzes ist es, durch eine Kon- nach Bedarf anpassbar ist. Im Projekt wird zentration auf die wesentlichen Maßnahmen eine der neue Begriff „besuchsgeeignet“ ge- barrierefreie Nutzung für Alle zu ermöglichen. prägt und definiert. Eine besuchsgeeignete Dazu sollen im Neubau keine Barrieren mehr her- Wohnung ist bedingt rollstuhlgerecht. gestellt werden und eine 100-prozentige Besuchs- eignung erreicht werden. Das „ready-Konzept“ Gestufte Standards wurde im Rahmen von Modellvorhaben zum nachhaltigen und bezahlbaren Bau von „Vario- Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden eine wohnungen“ evaluiert. Deutlich wurde, dass es Priorisierung der Anforderungen vorgenommen zu Zielkonflikten zwischen den Anforderungen und die gestuften Standards „ready“ (Mindest- bei der Wohnraumförderung, der DIN und dem standard), „ready plus“ (Standard) und „all ready“ Kriterium „ready“ kommt. Diese sollten synchro- (Komfort-Standard) mit jeweils unterschiedlichen nisiert und harmonisiert werden. Bei Modell- Anforderungen entwickelt. Für die Praxis wurde vorhaben ist eine gezielte Flexibilisierung vor- ein umfangreicher und systematischer Katalog zusehen, die das Experimentieren ermöglichen. mit konkreten Vorschlägen bezüglich Bewegungs-, Dreh- und Wende- sowie Nutzfläche entwickelt. 18 Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
ready-Konzept im Vergleich zur DIN 18040-2 ready ready plus all ready Anforderungen an planerische Leistung und baulichen Aufwand Mindest-Standard Standard Komfort-Standard A1 Absatzfreie Zugänge • + ++ A2 Ausreichende Größen – • + A3 Attraktivität und Sicherheit + ++ +++ A4 Anpassbarkeit ++ + • A5 Automatisierung + ++ +++ + erhöhte Anforderungen, – verminderte Anforderungen, • vergleichbare Anforderungen © ready-Leitkriterien 5A © Erika Mühlthaler, IWE Weitere Informationen: Publikation „ready: vorbereitet für altengerechtes Wohnen. Neue Standards und Maßnahmensets für die stufenweise, altengerechte Wohnungsanpassung im Neubau“ unter: www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/ZukunftBauenFP/2014-16/band-01. html?nn=1143814 Statements zu den Herausforderungen für ein altersgerechtes Wohnen Annerose Hintzke, Sozialverband VdK Deutschland e. V. Aktuelle Herausforderungen aus Sicht des Sozialverbandes VdK Annerose Hintzke, Sozialverband VdK, © Annerose Hintzke Der VdK verweist darauf, dass bereits der Teil- habebericht der Bundesregierung über die Verfügung gestellten Gelder an die Verpflich- Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchti- tung zur Barrierefreiheit zu binden. Die Mittel gung von 2016 die massive Unterversorgung für das KfW-Programm „Altersgerecht Um mit barrierefreien Wohnungen als zentrales bauen“ sollten deutlich erhöht werden. Darüber Hemmnis der Teilhabe hervorgehoben hat. Der hinaus sollte die Rückbaupflicht für Mieterin- Verband fordert daher einen Paradigmenwech- nen und Mieter außer Kraft gesetzt werden. sel in der Wohnungspolitik. Ein Beispiel ist die Anpassung der Musterbauordnung an aktuelle Eine große Herausforderung ist die wachsende An- Bedürfnisse für ein barrierefreies Wohnen. zahl pflegebedürftiger Menschen. Für eine ambu- lante Pflege mit ausreichend Platz sind angemes- Vorhandene Instrumente sollten besser einge- sene und innovative Lösungen erforderlich. Denn setzt werden. Die soziale Wohnraumförderung selbst in barrierefreien Sanitärbereichen bestünde könnte genutzt werden, um die vom Bund zur oftmals nicht genug Raum für eine Hilfskraft. Altersgerecht Wohnen konkret 19
Auch im Wohnumfeld sollte aus Sicht des VdK der Grundsatz gelten, keine Barrieren mehr zu bauen. Barrierefreiheit sollte bei der Städtebauförderung sowie im Bauplanungs recht stärker berücksichtigt werden. Martin Reichardt, Bund Deutscher Architekten BDA Aktuelle Herausforderungen aus Sicht der Architekten Martin Reichardt, Architekt und Vertreter für den Bund Deutscher Architekten, © Martin Reichhardt Herr Reichardt betonte für den Bund Deutscher Architekten, dass das Problembewusstsein für entsprechend der Bewohnerstruktur nutzungs- die gesellschaftliche Priorität des altersgerechten gerecht ausgestattet werden. Gemischte Wohn- Wohnens bei privaten Bauherren nicht ausrei- formen und Quartiere sind hierbei anzustreben. chend ausgeprägt sei. Dies sei aber notwendig, denn lediglich rund 10 % der Wohnungen befin- Die Gesellschaft muss sich mit den Heraus- den sich in Deutschland in kommunaler Hand. forderungen des demographischen Wandels Die restlichen 90 % sind in privater Hand. auseinandersetzen und dies nicht nur in Bezug auf altersgerechtes Wohnen, sondern auch für Beim Neubau ist es wichtig, neben einer Schwel- die stationäre Pflege. Ein erster Schritt ist, die lenlosigkeit die Räume ausreichend groß und Bauordnung zu modernisieren und Barriere- multifunktional zu dimensionieren, um eine freiheit, schwellenlose Zugänge und Aufzüge Umnutzung zu erleichtern. Bei der digital-tech- verbindlich im Landesrecht zu verankern. Das nischen Ausstattung ist eine Nachrüstung ohne „ready“-Konzept ist hilfreich, weil es ohne große großen Mehraufwand möglich. Ausschließlich für Mehrkosten einen niedrigschwelligen Einstieg ältere Menschen konzipierte Wohnformen wie in das Thema ermöglicht. Notwendig ist eine 50+, Betreutes Wohnen und Pflegeheime müssen Förderung insbesondere für private Bauherren. 20 Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Ausblick Das Werkstattgespräch hat die gesellschaftliche Im Dialog wurde die Forderung nach einem Relevanz des altersgerechten Wohnens unter Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik strichen. Während im Neubau Fortschritte erzielt geäußert, um eine Barrierefreiheit als Standard im wurden, ist insbesondere der Handlungsbedarf im Planungsrecht und auch in der Förderung stärker Bestand weiterhin sehr groß. Das KfW-Förder zu berücksichtigen. Dabei sind die Zuständig programm „Altersgerecht Umbauen“ ist seit Jahren keiten auf den verschiedenen staatlichen Ebenen gut etabliert und stellt ein wichtiges Instrument für zu beachten. Die bereits erfolgte Änderung des den altersgerechten Umbau dar. Wünschenswert Grundgesetzes im Jahr 2019 ermöglicht es dem wäre es aus Sicht der Teilnehmenden, das bisher Bund, die Länder wieder mit Finanzhilfen im aus Eigenmitteln der KfW durchgeführte Bereich des sozialen Wohnungsbaus zu unterstüt- Darlehensprogramm künftig auch mit Bundes- zen – bis 2024 sind hierfür bereits 1 Mrd. Euro mitteln auszustatten, um es insbesondere für die jährlich vorgesehen. Die Zuständigkeit für die Wohnungswirtschaft attraktiver zu gestalten. Ausgestaltung der Förderung und der jeweiligen Zahlreiche zukunftsweisende Ansätze zeigen Förderschwerpunkte liegt jedoch auch zukünftig bereits, dass es viele gute Ideen für ein alters in der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder gerechtes Wohnen und Bauen gibt. Aus der Erpro- (Föderalismusreform 2006). Im Bereich des bung innovativer Ansätze gilt es nun, alltagstaug Städtebaus unterstützt der Bund die Länder und liche Lösungen zu schaffen. Kommunen mit Bundesfinanzhilfen der Städte bauförderung. Übergeordnetes Ziel bleibt es, Teilhabe und Austausch am gesellschaftlichen Leben für alle zu ermöglichen. Dazu zählt eine demografisch nachhaltige Stadtentwicklung. Ausblick 21
Impressum Herausgeber Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) Alt-Moabit 140 · 10557 Berlin Projektkonzeption und Begleitung Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Berlin Barbara Crome Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn Karin Lorenz-Hennig Projektbearbeitung empirica ag, Kurfürstendamm 234, 10719 Berlin Julia Kemper, Markus Schmidt, Teresa Tonndorf Gestaltung und Satz Mia Sedding, Indivisual Berlin Bildnachweis empirica ag Berlin, April 2021
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