Werkstattgespräch Altersgerecht Wohnen - Wohnraumoffensive

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2   Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 5

Zusammenfassung.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 7

Einführung in das Thema „Altersgerecht Wohnen“ .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8

Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 9

          KfW-Förderprogramm „Altersgerecht Umbauen“ – Vorstellung der Evaluationsergebnisse . .  .  .  .  .  .  .  .  . 9

          Perspektive der KfW .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 11

          Altersgerechter Wohnraum: Ergebnisse aus Befragungen des BBSR . .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 11

          Statements zum altersgerechten Wohnen aus Sicht der privaten Eigentümerinnen
          und Eigen­tümer und der Wohnungswirtschaft .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 13

Altersgerecht Wohnen konkret.  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 15

          Altersgerecht Wohnen: Aktivitäten der Länder – das Beispiel Niedersachsen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 15

          Altersgerechte Anpassung des Wohnungsbestandes: Die Aktivitäten des Berliner
          Wohnungsunternehmens GESOBAU .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 16

          Das READY-Konzept: Planungsgrundlagen zur Vorbereitung von altengerechten Wohnungen .  .  .  .  .  . 18

          Statements zu den Herausforderungen für ein altersgerechtes Wohnen .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 19

Ausblick. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 21
Werkstattgespräch Altersgerecht Wohnen - Wohnraumoffensive
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Zusammenfassung
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und        einer Reduzierung von Barrieren im Wohnungsbe-
Heimat (BMI) führt regelmäßig mit Akteuren der       stand und einer entsprechenden Mittelaus­stattung
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft den               für das KfW-Programm, die Wohnungswirtschaft
Immobilienwirtschaftlichen Dialog durch. Der         auch in eine digital-technische Ausstattung für
Dialog dient dem kontinuier­lichen Austausch         das altersgerechte Wohnen investiert.
zwischen den Partnerverbänden, Fachkreisen und
Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung zu       Aus der Praxis berichteten Vertreter des Landes
aktuellen wohnungspolitischen Entwicklungen,         Niedersachsen, dass Mittel der sozialen Wohn-
politischen Handlungsprozessen und gemeinsa-         raumförderung für die Erweiterung des alters­
men Initiativen.                                     gerechten Wohnraums vergeben werden. Das
                                                     Land unterstützt zudem private Akteure wie auch
Das (digitale) Werkstattgespräch am 29. Oktober      Kommunen durch ein breites Beratungsangebot.
2020 verdeutlichte die besondere gesellschaftliche   Das Modellprojekt „Pflege@Quartier“ des
Relevanz des Themas „Altersgerechtes Wohnen“.        Wohnungs­unternehmens GESOBAU AG in Berlin
                                                     zeigt konkret, wie ältere Menschen für die Aus-
Für BMI betonte der Parlamentarische Staats­         stattung mit technischen Assistenzsystemen in
sekretär Volkmar Vogel MdB, dass für ältere          der Wohnung gewonnen werden können und wie
Menschen ein selbstbestimmtes Leben in der           eine Kommunikation in den Quartiersnetzwerken
eigenen Wohnung so lange wie möglich sehr            erfolgt.
wichtig sei. BMI werde sich deshalb weiter dafür
einsetzen, die Mittel für das KfW-Programm           Als Ansatz für die Praxis verdeutlichte das vorge-
„Altersgerecht Umbauen“ zu verstetigen und           stellte Konzept „ready“, wie mit flexiblen und
möglichst auch zu erhöhen.                           abgestuften Standards und Maßnahmen flächen­
                                                     sparende und bedarfsgerechte Lösungen um­
Die Notwendigkeit der Förderung zeigen die           gesetzt werden können. Vertreterinnen und
vorgestellten Ergebnisse der Evaluation des          Vertreter mehrerer Verbände forderten in der
KfW-Förderprogramms durch das Institut               Diskussion, eine Barrierefreiheit sowohl beim
Wohnen und Umwelt. So liegt das Angebot              Wohnen als auch im Wohnumfeld wesentlich
altersgerechter Wohnungen in Deutschland             stärker in der Planung und in der Förderung zu
lediglich bei rund 1,5 Prozent. Neben der belegten   berücksichtigen. Dazu muss auch das Problem­
Effektivität des Programms zeigen sich Multi­        bewusstsein des altersgerechten Wohnens vor
plikatorwirkungen, Kosteneinsparungen bei der        allem bei privaten Bauherren sowie Architektin-
Pflegeversicherung sowie auch volkwirtschaft­        nen und Architekten geschärft werden. Hier ist
liche Effekte durch die getätigten Investitionen.    eine gesellschaftliche Diskussion notwendig, die
                                                     auch das Thema Pflege stärker ins Bewusstsein
Befragungsergebnisse des Bundesinstituts für         bringt.
Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) bei
Wohnungsunternehmen belegen, dass in die             Die Teilnehmenden des Immobilienwirtschaft­
Reduzierung von Barrieren investiert wird. Dabei     lichen Dialogs hoben übereinstimmend die hohe
ist der Anteil barrierefreier bzw. -armer Wohnun-    gesellschaftliche wie politische Bedeutung des
gen im kommunalen Bereich deutlich höher als         „Altersgerechten Wohnens“ hervor und forderten
im privatwirtschaftlichen Wohnungsbestand. Die       eine Fortführung und Verstärkung der Förderung
teilnehmenden Verbände forderten, dass neben         durch den Bund.

                                                                                    Zusammenfassung       7
Werkstattgespräch Altersgerecht Wohnen - Wohnraumoffensive
Einführung in das Thema
„Altersgerecht Wohnen“

Volkmar Vogel MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister
des Innern, für Bau und Heimat,
Monika Thomas, Abteilungsleiterin Stadtentwicklung, Wohnen, öffentliches
Baurecht im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat,
Julia Kemper, empirica © empirica

Der Parlamentarische Staatssekretär beim                               sowie Mieterinnen und Mieter. Diese können
Bundes­minister des Innern, für Bau und Heimat,                        unab­hängig von Einkommen und Alter Zuschüsse
Volkmar Vogel MdB, betonte, dass sich die meis-                        oder ­Darlehen erhalten, um Barrieren in Wohnge-
ten Menschen bis ins hohe Alter ein selbst­                            bäuden abzubauen und bauliche Maßnahmen zur
bestimmtes Leben in ihrer vertrauten Umgebung                          Einbruchsicherung vorzunehmen.
wünschen. Vor dem Hintergrund des demo­
graphischen Wandels ist die Altersgerechtigkeit                        Im Jahr 2020 standen insgesamt 150 Mio. Euro zur
des Wohnungsbestands daher von hoher gesell-                           Verfügung. Für den Haushalt 2021 waren zu-
schaftlicher Relevanz. Und gerade in Zeiten der                        nächst 75 Mio. Euro vorgesehen. Diese Mittel
Corona-Pandemie zeigt sich zudem, dass die                             wurden inzwischen im Zuge des Nachtragshaus-
Wohnung wichtiger Lebensmittelpunkt, Rück-                             halts auf 130 Mio. Euro aufgestockt. Diese Summe
zugs- und Schutzraum ist.                                              wird bei gleichbleibender Nachfrage für eine
                                                                       Förderung über das gesamte Jahr voraussichtlich
Der Bund fördert daher gemeinsam mit der KfW                           nicht ausreichen. Das BMI wird sich weiter für
im Rahmen des Programms „Altersgerecht                                 eine Erhöhung des Finanzansatzes und eine
Umbauen“ Eigentümerinnen und Eigentümer,                               Verstetigung des Programms einsetzen.

8      Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Werkstattgespräch Altersgerecht Wohnen - Wohnraumoffensive
Altersgerechtes Wohnen:
Aktuelle Forschungsergebnisse
KfW-Förderprogramm
„Altersgerecht Umbauen“ –
Vorstellung der
Evaluationsergebnisse
Dr. Philipp Deschermeier, IWU Institut Wohnen
und Umwelt GmbH

KfW-Förderprogramm für altersgerechten                           Dr. Philipp Deschermeier, IWU Institut Wohnen und Umwelt GmbH
Umbau und Einbruchschutz                                         © IWU Institut Wohnen und Umwelt GmbH

Das Institut Wohnen und Umwelt (IWU), ver­                       und Mieter – unabhängig von Einkommen und
treten durch Herrn Deschermeier, stellte die                     Alter – mit Zuschüssen und Darlehen. Gefördert
Ergebnisse der Evaluierung des KfW-Programms                     werden können sowohl Maßnahmen zur
„Altersgerecht Umbauen“ für den Zeitraum von                     Barrierereduk­tion im Bestand als auch Maßnah-
2014 bis 2018 vor.1 Im Rahmen des Programms                      men zum baulich technischen Einbruchschutz.
fördert der Bund mit der KfW private Eigen­                      Wohnungsunternehmen und anderen Investoren
tümerinnen und Eigentümer sowie Mieterinnen                      steht die Kreditförderung zur Verfügung.

Maßnahmen zur Barrierereduktion und zum Einbruchschutz

  Barrierereduktion                                                Einbruchschutz
  Wege zu Gebäuden und Wohnumfeld                                  Einbruchhemmende Haus-, Wohnungs- und
                                                                   Nebeneingangstüren
  Eingangsbereich und Wohnungszugang
                                                                   Nachrüstsysteme für Haus-, Wohnungs- und
  Überwindung von Treppen und Stufen                               Nebeneingangstüren

                                                                   Einbruchhemmende Garagentore und
  Anpassung der Raumaufteilung und                                 Garagenzugänge (seit 2017)
  Schwellenabbau
                                                                   Nachrüstsysteme für Fenster und Fenstertüren
  Badumbau/Maßnahmen an Sanitärräumen
                                                                   Einbruchshemmende Gitter, Klapp- und
  Orientierung, Kommunikation und                                  Rolläden und Lichtschachtabdeckungen
  Unterstützung im Alltag
                                                                   Alarmanlagen
  Schaffung von Gemeinschaftsräumen,                               Smartphone-Anwendungen mit Ein-
  Mehrgenerationenwohnen                                           bruchmeldefunktion (seit 2009)

          Kredit 159        Zuschuss 455-B                                  Kredit 159         Zuschuss 455-E

1 https://www.kfw.de/KfW-Konzern/KfW-Research/Evaluation-Altersgerecht-Umbauen.html

                                                                     Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse   9
Werkstattgespräch Altersgerecht Wohnen - Wohnraumoffensive
Entwicklung der Versorgungslücke an barrierereduzierten Wohnungen

                         4.000
                         3.500
Wohnungen (in Tausend)

                         3.000
                         2.500
                         2.000
                         1.500
                         1.000
                          500
                             0
                                         2018                   2020                    2025              2030               2035

                                             Angebot                Nachfrage (Basisszenario)        Versorgungslücke

© IWU Institut Wohnen und Umwelt GmbH

Altersgerecht Wohnen in Deutschland                                                    zeigt die Evaluation die Dringlichkeit des Pro-
                                                                                       gramms, denn nur etwa 4 % der Haushalte mit
Gemäß Auswertung des Mikrozensus beläuft sich                                          einem konkreten Bedarf leben in barriereredu-
das Angebot an altersgerechten Wohnungen                                               zierten Wohnungen.
derzeit auf etwa 600.000 Wohnungen, dies ent-
spricht in etwa 1,5 % des Wohnungsbestands in                                          Die volkswirtschaftlichen Effekte des Programms
Deutschland. Für die Abschätzung des zukünfti-                                         ergeben sich unter anderem durch Einsparungen
gen Bedarfs altersgerechter Wohnungen wurde                                            für die stationäre Pflege, da durch eine Barriere­
die Anzahl von Haushalten mit mobilitätseinge-                                         reduzierung ein „Wohnen bleiben“ im gewohnten
schränkten Personen zugrunde gelegt. Im Ergeb-                                         Umfeld in Kombination mit ambulanter Pflege
nis wurde festgestellt, dass aktuell eine Versor-                                      länger möglich wird. Durch die geringeren Kosten
gungslücke von 2,5 Millionen barrierereduzierten                                       einer ambulanten gegenüber einer stationären
Wohnungen besteht.                                                                     Pflege werden rund 100 Millionen Euro im Jahr
                                                                                       eingespart.
Inanspruchnahme der Fördermittel
                                                                                       Fazit
Im untersuchten Zeitraum von 2014 – 2018
wurden 189.000 Wohnungen mit Fördermitteln                                             Insgesamt zeigt die Evaluation, dass das Pro-
aus dem Programm altersgerecht umgebaut.                                               gramm effizient und zweckmäßig ist. Es weist
Haushalte mit mobilitätseingeschränkten Perso-                                         eine hohe Effektivität im Bereich Barrierereduk­
nen nehmen die Förderung überproportional                                              tion und Einbruchschutz auf. Der Förderkredit
häufig in Anspruch. Mehrheitlich werden Maß-                                           wird vor allem dann in Anspruch genommen,
nahmen in den Sanitärräumen und zur Überwin-                                           wenn es sich um teure und komplexe Maßnah-
dung von Niveauunterschieden vorgenommen.                                              men handelt, während Zuschüsse vor allem für
80 % der Privathaushalte haben die Maßnahmen                                           Einzelmaßnahmen eingesetzt werden. Beide
vorausschauend für den Fall zukünftiger körper­                                        Varianten tragen dazu bei, die Versorgungslücke
licher Einschränkungen durchgeführt. Zudem                                             für altersgerechten Wohnraum zu reduzieren.

10                       Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Perspektive der KfW                                              Altersgerechter Wohnraum:
Dr. Philipp Tilleßen, KfW
                                                                 Ergebnisse aus Befragungen
                                                                 des BBSR
                                                                 Karin Lorenz-Hennig, BBSR Bundesinstitut für
                                                                 Bau-, Stadt- und Raumforschung

                                                                 Befragungen zum kommunalen und
                                                                 privatwirtschaftlichen Wohnungsbestand

                                                                 Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raum-
                                                                 forschung (BBSR) befragt regelmäßig Kommunen
                                                                 zu ihren Wohnungsbeständen. Die letzte Befra-
                                                                 gung fand 2018 statt, daran nahmen 780 ­Städte
Dr. Philipp Tilleßen, KfW, © empirica                            und 138 Landkreise teil.2 Damit wurden Er­
                                                                 kennt­nisse zu Dreiviertel des kommunalen
KfW-Förderprogramm für altersgerechten                           Wohnungsbestands gewonnen. Die Befragung
Umbau und Einbruchschutz                                         privatwirtschaftlicher Unternehmen wurde
                                                                 2018 erstmalig durchgeführt.3 Daran nahmen
Herr Dr. Tilleßen, Direktor Produktmanagement                    173 Unternehmen mit 699.000 Wohneinheiten
der KfW, bestätigte die Ergebnisse der Studie des                teil. Dies entspricht knapp einem Viertel des
IWU.                                                             privatwirtschaftlichen Wohnungsbestands.

Sie zeigen, dass die Förderung wirkt und die                     Ergebnisse der Kommunalbefragung zur
Zielgruppe gut erreicht wird. Die Nachfrage nach                 Barrierereduzierung
den Fördermitteln ist seit Beginn 2014 kontinu-
ierlich gestiegen. Zudem sind Multiplikatoreffekte               Die Kommunalbefragung 2018 zeigte, dass 1,6 %
zu beobachten: Dazu gehören die Einsparungen                     des kommunalen Wohnungsbestandes barriere-
bei den Pflegeversicherungen, die die Studie des                 frei bzw. behindertengerecht und fast 10 % barrie-
IWU ausweist. Weitere positive wirtschaftliche                   rearm sind. Der Anteil an barrierefreien Wohnun-
Effekte sind zu beobachten. So werden durch das                  gen fällt in Westdeutschland mit 2,5 % deutlich
Programm Arbeitsplätze geschaffen bzw. erhalten.

Ein Effekt der Corona-Pandemie auf die Nach­
frage des Programms kann ebenfalls beobachtet
werden. Seit März 2020 ist ein starker Nachfrage-
anstieg zu verzeichnen, da die Menschen mehr
Zeit in ihren Wohnungen bzw. Häusern verbrin-
gen und vorausschauend Investitionen tätigen.
Mit Blick auf das Jahr 2021 kommt der Verste­
tigung und Aufstockung des Programms eine
wichtige Bedeutung zu.                                           Karin Lorenz-Hennig, BBSR, © Karin Lorenz-Hennig

2 https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/fachbeitraege/wohnen-immobilien/wohnungswirtschaft/kommunalbefragungen/
  2018/01_Start_Befragung.html
3 https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/forschung/fachbeitraege/wohnen-immobilien/wohnungswirtschaft/befragung-
  wohnungsunternehmen/01-start.html

                                                                     Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse   11
Zustand des kommunalen Wohnungsbestandes bzgl. Barrierefreiheit und Barrierearmut –
insgesamt und differenziert nach Ost- und Westdeutschland

             100 %                                                                            90,1 %
                            88,9 %                            87,6 %
              90 %
              80 %
              70 %
in Prozent

              60 %
              50 %
              40 %
              30 %
              20 %
                                     9,6 %                             9,9 %                           9,2 %
              10 %                            1,6 %                            2,5 %                           0,6 %
               0%
                                  Insgesamt                     Westdeutschland                  Ostdeutschland
                     Barrierefreiheit/-armut des Wohnungsbestandes
                           WE nicht barrierefrei/nicht barrierearm
                           WE barrierearm „altersgerecht“
                           WE barrierefrei nach § 50 MusterBauO/DIN 18025/DIN 18040                            n = 1,44 Mio.

Datenbasis: BBSR-Kommunalbefragung 2018, © BBSR Bonn 2020

höher als in Ostdeutschland mit 0,6 % aus. Der                          Im Zeitraum 2015 bis 2017 investierten die
Anteil an barrierearmen Wohnungen liegt in bei-                         Kommunen bzw. ihre kommunalen Wohnungs­
den Teilen Deutschlands annähernd gleich hoch.                          unternehmen im Durchschnitt 9.734 Euro pro
                                                                        Wohneinheit in barrierereduzierende Maß-
Der kommunale Wohnungsbestand weist in                                  nahmen. In den Jahren 2012 bis 2014 lag der
stagnierenden Regionen mit 2,4 % den höchs-                             Wert noch bei 5.654 Euro pro Wohnung. Die
ten Wert an barrierefreien Wohnungen auf.                               Investitionssumme pro Wohnung nahm dem-
In wachsenden Regionen liegt der Anteil an                              entsprechend für diesen Maßnahmenbereich
barrierefreien Wohnungen im bundesweiten                                um 72 % zu. Die Betrachtung der Gesamt­
Durchschnitt, während er in schrumpfenden                               investitionssummen zeigt: Im zeitlichen Vergleich
Regionen unterdurchschnittlich ausfällt. Für                            haben die kommunalen Wohnungsanbieter
den barrierearmen Wohnungsanteil ist bei einer                          mehr finanzielle Mittel in energetische und
Differenzierung nach der Entwicklungsten-                               barrierereduzierende Maßnahmen investiert,
denz in den Regionen kein Muster erkennbar.                             während die Investitionssummen für allge-
                                                                        meine Maßnahmen gleichgeblieben sind.
Im Vergleich der Kommunalbefragungen 2018
und 2015 hat die Anzahl der barrierefreien                              Ergebnisse der Befragung privatwirtschaftlicher
Wohnungen im kommunalen Bestand bei den                                 Unternehmen
178 Kommunen und 191 kommunalen Woh-
nungsunternehmen, die an beiden Befragungen                             Bei der Befragung der privatwirtschaftlichen
teilgenommen haben, um knapp 5.800 zugenom-                             Unternehmen 2018 stellte sich heraus, dass 0,5 %
men. Der Anteil an barrierefreien Wohnungen                             des privatwirtschaftlichen Wohnungsbestandes
stieg bei den Kommunen und ihren kommu-                                 barrierefrei bzw. behindertengerecht (gemäß
nalen Wohnungsunternehmen von 0,7 % auf                                 DIN 18025/18040, § 50 Musterbauordnung) und
1,2 % des kommunalen Wohnungsbestands an.                               2,3 % barrierearm sind. Während allgemeine

12              Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Investitionssumme pro Wohnung nach Maßnahmenkategorie –
Vergleich der Befragungen 2015 und 2018

         20.000                                                 18.857
         18.000
         16.000
         14.000                                                          12.815
         12.000
€ / WE

                                       10.334                                                           9.734
         10.000
          8.000               6.751
                                                                                                                5.654
          6.000
          4.000
          2.000
              0
                        allgemeine Maßnahmen               energetische Maßnahmen            barrierereduzierende Maßnahmen
                  Befragung           2018      2015
                  Anmerkung: Nur antwortende Stellen, die bei beiden Befragungen teilgenommen und in der
                  jeweiligen Maßnahmenkategorie jeweils bei Wohnungen und Investitionssumme Angaben
                  gemacht haben.

Datenbasis: BBSR-Kommunalbefragung 2018, © BBSR Bonn 2020

sowie Maßnahmen zur energetischen Sanie-                            Statements zum altersgerechten
rung häufig erfolgten, wurden Maßnahmen
zur Reduzierung von Barrieren im Dreijahres-
                                                                    Wohnen aus Sicht der privaten
zeitraum 2015 bis 2017 nur in einem geringen                        Eigentümerinnen und
Umfang vorgenommen. Dies trifft sowohl auf
die Anzahl der Unternehmen als auch auf die
                                                                    Eigen­tümer und der
Anzahl der durchgeführten Maßnahmen.                                Wohnungswirtschaft
Fazit                                                               Die Perspektive der privaten Eigentümerinnen
                                                                    und Eigentümer
Die Ergebnisse aus beiden Befragungen belegen,
dass sowohl die kommunalen als auch privat­                         Petra Uertz, Verband Wohneigentum
wirtschaftlichen Unternehmen in die Reduzie-
rung von Barrieren in ihren Mietwohnungen                           Der Verband Wohneigentum bewertet das
investieren. Der Anteil barrierefreier und bar-                     KfW-Programm „Altersgerecht Umbauen“
rierearmer Wohnungen ist im kommunalen                              positiv. Es zeigt sich, dass insbesondere
Wohnungsbestand allerdings deutlich höher als                       selbst­nutzende Wohnungseigentümerin-
im privatwirtschaftlichen Wohnungsbestand.                          nen und -eigentümer die Zuschüsse der
Die Zahl der älteren Menschen in Deutschland                        KfW-Förderung in Anspruch nehmen.
nimmt im Laufe der nächsten Jahre weiter zu.
Daher ist es wichtig, das Angebot an alters­                        Der Verband betont die Notwendigkeit der
gerechten Wohnungen weiter auszubauen.                              Planungssicherheit und empfiehlt eine Mittel­
                                                                    ausstattung von 150 Mio. Euro pro Jahr. Darüber
                                                                    hinaus ist die Einrichtung einer bundesweit

                                                                         Altersgerechtes Wohnen: Aktuelle Forschungsergebnisse   13
Petra Uertz, Verband Wohneigentum, © empirica     Ingeborg Esser, GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und
                                                  Immobilienunternehmen e. V., © empirica

                                                  technische Ausstattung und Serviceangebote
flächendeckenden neutralen Beratung der           wichtige Voraussetzungen für das altersgerechte
Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer           Wohnen. Im Neubau sind altersgerechte
sowie der Bauherren zum Thema Wohnungs-           Lösungen bereits technischer Standard, der
anpassung wünschenswert. Hier könnte eine         Bestand muss entsprechend umgestaltet werden.
Unterstützung mit Fördermitteln sinnvoll sein.    Der GdW befürwortet dabei einen barrierearmen
                                                  Ansatz.
Handwerk und planende Berufe müssen sen-
sibilisiert und geschult werden. Im Bereich       Auf der baulichen Seite wird in den nächsten
Neubau sollten auch Bauträger einbezogen          Jahren das Thema Aufzüge, insbesondere
werden, da spätere Änderungswünsche kosten-       in Ostdeutschland, eine bedeutende Rolle
trächtig sind. Darüber hinaus wäre eine stär-     spielen. Ohne die Nachrüstung von drei- und
kere Harmonisierung im Bauordnungsrecht           viergeschossigen Gebäuden mit Aufzügen
in Bezug auf barrierearme und barrierefreie       ist eine Altersgerechtigkeit nicht umsetzbar.
Wohnungen sinnvoll. Begleitend wäre eine          Modernisierungen im Mietwohnungssegment
Förderung von sozialen Maßnahmen in der           stellen vor dem Hintergrund der gesetzlichen
Wohnumgebung hilfreich, beispielsweise durch      Änderungen wie Mietpreisbremse und
die Einrichtung eines Quartiersmanagements.       Mietendeckel eine große Herausforderung
                                                  dar. Aus diesem Grund sind Förderungen
Die Perspektive der öffentlichen und              besonders wichtig. Adaptive Assistenzsysteme
privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen        und Smart-Meter-Technologien können zudem
                                                  die Bewohnerschaft unterstützen. Mittlerweile
Ingeborg Esser, GdW – Bundesverband deutscher     sind kostengünstigere und niedrigschwellige
Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.         Systeme erhältlich. Für eine größere Verbreitung
                                                  sollte geprüft werden, wie das Betriebs- und
Aus Sicht des GdW Bundesverband deutscher         Nebenkostenrecht an die Nutzung digitaler
Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.         Betriebssysteme im Gebäude angepasst werden
sind neben baulichen Gegebenheiten die digital-   kann.

14     Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Altersgerecht Wohnen
konkret
Altersgerecht Wohnen:
Aktivitäten der Länder – das
Beispiel Niedersachsen
Dirk Martin, Niedersächsisches Ministerium für
Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz

Ausgangssituation Niedersachsen
                                                 Dirk Martin, Nieder­                   Björn Kemeter, Nieder­
Herr Martin stellte die Förderaktivitäten des    sächsisches Ministerium für            sächsisches Ministerium für
                                                 Umwelt, Energie, Bauen und             Soziales, Gesundheit und
Landes Niedersachsen vor. Innerhalb des Lan-
                                                 Klimaschutz                            Klimaschutz
des gibt es sehr unterschiedliche Entwick-       © Dirk Martin                          © Björn Kemeter
lungen der regionalen Wohnungsmärkte:
wachsende, stabile sowie leicht schrumpfende
Regionen und perspektivisch schrumpfende
Regionen. Altersgerechtigkeit ist überall ein    Björn Kemeter, Niedersächsisches Ministerium für
Thema, in manchen Städten und Gemein-            Soziales, Gesundheit und Gleichstellung
den werden altersgerechte Wohnungen im
­Neubau geschaffen, in anderen Regionen müs-     Wohnberatungsangebote
 sen diese im Bestand hergestellt werden.
                                                 Neben der sozialen Wohnraumförderung unter­
Verknüpfung der Altersgerechtigkeit mit der      stützt das Land Niedersachsen die Beratung zur
sozialen Wohnraumförderung                       Wohnraumanpassung und fördert die Grün-
                                                 dung von Sozialgenossenschaften. Mit jährlich
Die soziale Wohnraumförderung dient im           155.000 Euro wird das Niedersachsenbüro „Neues
Bundesland Niedersachsen auch dem Aus-           Wohnen im Alter“ gefördert. Seit über 10 Jahren
bau des bezahlbaren Angebots an altersge-        trägt die Institution dazu bei, älteren Menschen
rechtem Wohnraum. Gefördert wird in allen        ein bedarfsgerechtes Wohnangebot und ein quali­
Regionen des Landes unabhängig vom Woh-          fi­ziertes und breitgefächertes Beratungsangebot
nungsmarkt. Die in der Belegungsbindung          zu allen Fragen rund um das Thema Wohnen im
definierten Einkommensgrenzen können bei         Alter zur Verfügung zu stellen. Dafür gibt es zwei
älteren und mobilitätseingeschränkten Men-       Träger: das FORUM Gemeinschaftliches ­Wohnen
schen um bis zu 60 % überschritten werden.       e. V., welches bundesweit tätig ist, und die nieder­
                                                 sächsische Fachstelle für Wohnberatung e. V.
In Niedersachsen muss der Bedarf an geförder-    (Niedersachsenbüro). Das Niedersachsenbüro
tem sozialem Wohnraum durch Wohnraum­            „Neues Wohnen im Alter“ verfolgt drei Initia-
versorgungskonzepte nachgewiesen werden.         tiven: den Aufbau und die Weiterentwicklung
Für die Herstellung altengerechter Wohnungen     von Wohnberatungsangeboten vor Ort durch
ist dagegen ein Wohnraumversorgungskon-          die Qualifizierung von haupt- und ehrenamt-
zept nicht zwingend vorgegeben, da ein Bedarf    lichen Wohnberaterinnen und -beratern, die
an Wohnraum für Ältere und für Menschen          Beratung von Kommunen bei der Weiterent-
mit Behinderung in allen Regionen angenom-       wicklung des Wohnungsbestandes und der
men wird. Alle, die ein förderfähiges Vorhaben   Entwicklung gemeinschaftlicher Wohnprojekte
­haben, können unter Einhaltung der Rahmen-      sowie die Unterstützung von Selbsthilfepoten-
 bedingungen die Landesförderung erhalten.       zialen und des bürgerlichen Engagements.

                                                                               Altersgerecht Wohnen konkret      15
Für die digitale Wohnraumanpassung wurde eine
Richtlinie erarbeitet. Dabei geht es auch um die
Förderung von Maßnahmen zum Aufbau von
AAL-Technik (Altersgerechte Assistenz­systeme).
Es sollen Maßnahmen gefördert werden, die
gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und dabei
helfen, das selbstbestimmte Wohnen von älteren
Menschen zu ermöglichen (Richtlinie über die
Gewährung von Zuwendungen zur Förderung
der Beschaffung von Informations- und Kom-                Irina Herz, GESOBAU AG, © empirica
munikationstechnologien zur SichersteIIung der
sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung              Im Rahmen des Modellprojekts „Pflege@Quar-
(RL Digitalisierung im Gesundheitswesen – Dig-            tier“ im Märkischen Viertel in Berlin wurde ein
Ges; Erl. d. MS v. 13.01.2021, Nds. MBl. 2021, S. 98)).   Wohn- und Quartierskonzept für über 65-jährige
                                                          Mieterinnen und Mieter mit Pflegegrad entwi-
Förderung von Sozialgenossenschaften                      ckelt. Dazu wurden 30 Bestandswohnungen und
                                                          eine Musterwohnung „Pflege@Quartier“ mit
Für die Initiierung, Beratung und Begleitung              altersgerechten Assistenzsystemen (AAL) und
von gemeinschaftlichen Wohnprojekten und                  analogen Hilfen ausgestattet. Wesentliches Ziel
Nachbarschaften werden Sozialgenossen-                    des Modellvor­habens war die Schaffung von Woh-
schaften mit bis zu 6.000 Euro unterstützt.               nungen, die automatisch Notsituationen erkennen
Sie sind auch aktiv an der Schaffung von                  und auf diese reagieren. Bei der Notfallerkennung
Wohnraum für ältere Menschen beteiligt.                   wird über eine Verbindung zur klassischen Notruf­
                                                          zentrale oder mittels App eine Meldung an Ange-
                                                          hörige sichergestellt. Für eine breitere Information
Altersgerechte Anpassung                                  eröffnete die G ­ ESOBAU 2017 zudem eine Muster­
                                                          wohnung ­„Pflege@Quartier“ im ­Märkischen
des Wohnungsbestandes:                                    Viertel. ­„Pflege@Quartier“ wurde durch den
Die Aktivitäten des Berliner                              GKV-Spitzen­verband im Rahmen des Modell­
Wohnungsunternehmens                                      programms zur Erforschung alternativer Wohn-
                                                          formen in der Pflege nach § 45 f SGB XI gefördert.
GESOBAU
                                                          Quartiers- und Nachbarschaftskonzepte
Irina Herz, GESOBAU AG
                                                          Der Kommunikationsaufwand für die indivi-
Ausgangssituation und Zielsetzung des Projektes           duelle Beratung rund um AAL-Module ist sehr
Pflege@Quartier                                           hoch. Das wichtigste Merkmal des „Pflege@
                                                          Quartier“-Konzepts ist daher die Verknüpfung
Die GESOBAU ist als kommunales Wohnungs-                  mit einem Nachbarschaftsnetzwerk (Netzwerk
unternehmen – wie alle anderen Wohnungsan-                Märkisches Viertel). Zentrales Ziel war, ein multi­
bieter auch – mit den Herausforderungen der               mediales Unterstützungsnetzwerk im Märki-
älter werdenden Bewohnerinnen und Bewohner                schen Viertel aufzubauen, das Vertrauen älterer
konfrontiert. Die Altersgerechtigkeit stellt ei-          Menschen im Technologiebereich zu stärken, sie
nen wichtigen Aspekt der Wohnqualität dar.                zur Nutzung virtueller Dienste zu motivieren,

16    Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Musterwohnung Pflege@Quartier

© GESOBAU
      10 18.03.21   Online-Werkstattgespräch – Pflege@Quartier

Eintrittsbarrieren abzubauen und die Medien­                     Wesentlich ist auch, dass ein klarer Nutzen für
kompetenz zu stärken. Zusätzlich wurde im                        die besonderen Bedürfnisse der Anwenden-
Jahr 2017 das Förderprojekt „SeniorenNetz                        den erkennbar und die Technologie flexibel
Märkisches Viertel“ geschaffen, mit dem der                      an individuelle Anforderungen anpassbar ist.
älteren Bewohnerschaft digitale Unterstützung                    Darüber hinaus sind eine altersgerechte Woh-
vermittelt wird. Gleichzeitig bietet die Website                 nung, eine bedarfsgerechte Infrastruktur, eine
www.seniorennetz.berlin einen Überblick über                     bezahlbare Miete, lokale Dienstleistungen, Be-
verschiedene Themen, Orte in der Nachbarschaft                   ratungsstellen, ein barrierearmes Wohnumfeld,
und Umgebung sowie zu aktuellen Ereignissen.                     Freizeitangebote und Kontaktstellen wichtig.
                                                                 Hindernisse liegen in der mangelnden Akzep-
Fazit und Ausblick                                               tanz, der fehlenden Zahlungsbereitschaft und
                                                                 der unzureichenden Affinität zur Technologie.
Für die GESOBAU war vor allem das Zusammen-
wirken verschiedener Partnerinnen und Partner
zentral für den Erfolg des Projekts. Dazu zählten
u. a. Wohnungswirtschaft, Technologieanbieter,
Wissenschaft, Mieterinnen und Mieter, Sozial-,
Pflege- und Gesundheitssektor und Angehörige.

                                                                                      Altersgerecht Wohnen konkret   17
Der Fokus bei „ready“ liegt auf dem Mindest-
                                                                   standard, da es insbesondere auch um Angebote
                                                                   für einkommensschwächere Haushalte geht.
                                                                   Zentrale Aufgabe ist es, den Mindeststandard zu
                                                                   definieren. Dieser soll barrierefrei vorbereitet
                                                                   (baulich vorbereitet, konstruktiv flexibel) und
                                                                   barrierefrei anpassbar (räumlich anpassbar, funk-
                                                                   tional flexibel) sein. Damit orientiert sich dieser
                                                                   Mindest­standard mehr an der internationalen
Erika Mühlthaler, freiberufliche Architektin, © Erika Mühlthaler   Norm ISO 21542 und an der Schweizer Norm SIA
                                                                   500 und unterscheidet sich von den DIN-Nor-
                                                                   men DIN 18040-2 und DIN 18040-2R. Im Gegen­
Das READY-Konzept:                                                 satz zur DIN-Norm ist nach diesem Standard
                                                                   auch im Badezimmer die reduzierte Fläche von
Planungsgrundlagen                                                 0,9 m x 1,2 m möglich. Dadurch sind kompaktere
zur Vorbereitung von                                               Wohnformen realisierbar. Ziel des Konzeptes ist,
altengerechten Wohnungen                                           ökonomisch und effizient möglichst viele weit-
                                                                   gehend barrierefreie Wohnungen zu schaffen.
Erika Mühlthaler, freiberufliche Architektin
                                                                   Fazit
Hintergrund des Forschungsprojekts „ready“
                                                                   Der Mindeststandard im Konzept „ready“ ist
Mit dem Forschungsprojekt „ready“ wurden                           gleichzeitig weniger und mehr als die DIN. In
neue Standards und Maßnahmensets für die                           Bezug auf die Flächen fordert er weniger, aber bei
stufenweise altersgerechte Anpassung im Woh-                       der Anpassbarkeit, Attraktivität und Sicherheit
nungsneubau erarbeitet. Das Projekt hat von                        sowie bei der Automatisierung fordert er mehr.
2010 bis 2013 eine Förderung im Rahmen der                         In Bezug auf die absatzfreien Zugänge sind die
Forschungsinitiative Zukunft Bau erhalten.                         Anforderungen vergleichbar, diese wurden beim
                                                                   Mindeststandard von „ready“ aber präzisiert.
Ziel war es, einen Mindeststandard festzu-
legen, der für jedes Alter vorbereitet und                         Ziel des „ready“-Ansatzes ist es, durch eine Kon-
nach Bedarf anpassbar ist. Im Projekt wird                         zentration auf die wesentlichen Maßnahmen eine
der neue Begriff „besuchsgeeignet“ ge-                             barrierefreie Nutzung für Alle zu ermöglichen.
prägt und definiert. Eine besuchsgeeignete                         Dazu sollen im Neubau keine Barrieren mehr her-
Wohnung ist bedingt rollstuhlgerecht.                              gestellt werden und eine 100-prozentige Besuchs-
                                                                   eignung erreicht werden. Das „ready-Konzept“
Gestufte Standards                                                 wurde im Rahmen von Modellvorhaben zum
                                                                   nachhaltigen und bezahlbaren Bau von „Vario-
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden eine                       wohnungen“ evaluiert. Deutlich wurde, dass es
Priorisierung der Anforderungen vorgenommen                        zu Zielkonflikten zwischen den Anforderungen
und die gestuften Standards „ready“ (Mindest-                      bei der Wohnraumförderung, der DIN und dem
standard), „ready plus“ (Standard) und „all ready“                 Kriterium „ready“ kommt. Diese sollten synchro-
(Komfort-Standard) mit jeweils unterschiedlichen                   nisiert und harmonisiert werden. Bei Modell-
Anforderungen entwickelt. Für die Praxis wurde                     vorhaben ist eine gezielte Flexibilisierung vor-
ein umfangreicher und systematischer Katalog                       zusehen, die das Experimentieren ermöglichen.
mit konkreten Vorschlägen bezüglich Bewegungs-,
Dreh- und Wende- sowie Nutzfläche entwickelt.

18     Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
ready-Konzept im Vergleich zur DIN 18040-2

                                                                          ready               ready plus              all ready
 Anforderungen an planerische Leistung und baulichen Aufwand         Mindest-Standard           Standard           Komfort-Standard

 A1 Absatzfreie Zugänge                                                      •                     +                      ++

 A2 Ausreichende Größen                                                     –                       •                     +

 A3 Attraktivität und Sicherheit                                             +                     ++                    +++

 A4 Anpassbarkeit                                                           ++                     +                       •

 A5 Automatisierung                                                          +                     ++                    +++

+ erhöhte Anforderungen, – verminderte Anforderungen, • vergleichbare Anforderungen
© ready-Leitkriterien 5A © Erika Mühlthaler, IWE
Weitere Informationen: Publikation „ready: vorbereitet für altengerechtes Wohnen. Neue Standards und Maßnahmensets für die stufenweise,
altengerechte Wohnungsanpassung im Neubau“ unter: www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/ZukunftBauenFP/2014-16/band-01.
html?nn=1143814

Statements zu den
Herausforderungen für ein
altersgerechtes Wohnen
Annerose Hintzke,
Sozialverband VdK Deutschland e. V.

Aktuelle Herausforderungen aus Sicht
des Sozialverbandes VdK                                               Annerose Hintzke, Sozialverband VdK, © Annerose Hintzke

Der VdK verweist darauf, dass bereits der Teil-
habebericht der Bundesregierung über die                              Verfügung gestellten Gelder an die Verpflich-
Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchti-                            tung zur Barrierefreiheit zu binden. Die Mittel
gung von 2016 die massive Unterversorgung                             für das KfW-Programm „Altersgerecht Um­
mit barrierefreien Wohnungen als zentrales                            bauen“ sollten deutlich erhöht werden. Darüber
Hemmnis der Teilhabe hervorgehoben hat. Der                           ­hinaus sollte die Rückbaupflicht für Mieterin-
Verband fordert daher einen Paradigmenwech-                            nen und Mieter außer Kraft gesetzt werden.
sel in der Wohnungspolitik. Ein Beispiel ist die
Anpassung der Musterbauordnung an aktuelle                            Eine große Herausforderung ist die wachsende An-
Bedürfnisse für ein barrierefreies Wohnen.                            zahl pflegebedürftiger Menschen. Für eine ambu-
                                                                      lante Pflege mit ausreichend Platz sind angemes-
Vorhandene Instrumente sollten besser einge-                          sene und innovative ­Lösungen erforderlich. Denn
setzt werden. Die soziale Wohnraumförderung                           selbst in barriere­freien Sanitärbereichen bestünde
könnte genutzt werden, um die vom Bund zur                            oftmals nicht genug Raum für eine Hilfskraft.

                                                                                                  Altersgerecht Wohnen konkret        19
Auch im Wohnumfeld sollte aus Sicht des
VdK der Grundsatz gelten, keine Barrieren
mehr zu bauen. Barrierefreiheit sollte bei der
Städtebauförderung sowie im Bauplanungs­
recht stärker berücksichtigt werden.

Martin Reichardt,
Bund Deutscher Architekten BDA

Aktuelle Herausforderungen aus Sicht
der Architekten                                       Martin Reichardt, Architekt und Vertreter für den Bund Deutscher
                                                      Architekten, © Martin Reichhardt
Herr Reichardt betonte für den Bund Deutscher
Architekten, dass das Problembewusstsein für          entsprechend der Bewohnerstruktur nutzungs-
die gesellschaftliche Priorität des altersgerechten   gerecht ausgestattet werden. Gemischte Wohn-
Wohnens bei privaten Bauherren nicht ausrei-          formen und Quartiere sind hierbei anzustreben.
chend ausgeprägt sei. Dies sei aber notwendig,
denn lediglich rund 10 % der Wohnungen befin-         Die Gesellschaft muss sich mit den Heraus-
den sich in Deutschland in kommunaler Hand.           forderungen des demographischen Wandels
Die restlichen 90 % sind in privater Hand.            auseinandersetzen und dies nicht nur in Bezug
                                                      auf altersgerechtes Wohnen, sondern auch für
Beim Neubau ist es wichtig, neben einer Schwel-       die stationäre Pflege. Ein erster Schritt ist, die
lenlosigkeit die Räume ausreichend groß und           Bauordnung zu modernisieren und Barriere-
multifunktional zu dimensionieren, um eine            freiheit, schwellenlose Zugänge und Aufzüge
Umnutzung zu erleichtern. Bei der digital-tech-       verbindlich im Landesrecht zu verankern. Das
nischen Ausstattung ist eine Nachrüstung ohne         „ready“-Konzept ist hilfreich, weil es ohne große
großen Mehraufwand möglich. Ausschließlich für        Mehrkosten einen niedrigschwelligen Einstieg
ältere Menschen konzipierte Wohnformen wie            in das Thema ermöglicht. Notwendig ist eine
50+, Betreutes Wohnen und Pflegeheime müssen          Förderung insbesondere für private Bauherren.

20   Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
Ausblick

Das Werkstattgespräch hat die gesellschaftliche         Im Dialog wurde die Forderung nach einem
Relevanz des altersgerechten Wohnens unter­             Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik
strichen. Während im Neubau Fortschritte erzielt        geäußert, um eine Barrierefreiheit als Standard im
wurden, ist insbesondere der Handlungsbedarf im         Planungsrecht und auch in der Förderung stärker
Bestand weiterhin sehr groß. Das KfW-Förder­            zu berücksichtigen. Dabei sind die Zuständig­
programm „Altersgerecht Umbauen“ ist seit Jahren        keiten auf den verschiedenen staatlichen Ebenen
gut etabliert und stellt ein wichtiges Instrument für   zu beachten. Die bereits erfolgte Änderung des
den altersgerechten Umbau dar. Wünschenswert            Grundgesetzes im Jahr 2019 ermöglicht es dem
wäre es aus Sicht der Teilnehmenden, das bisher         Bund, die Länder wieder mit Finanzhilfen im
aus Eigen­mitteln der KfW durchgeführte                 Bereich des sozialen Wohnungsbaus zu unterstüt-
Darlehens­pro­gramm künftig auch mit Bundes-            zen – bis 2024 sind hierfür bereits 1 Mrd. Euro
mitteln auszustatten, um es insbesondere für die        jährlich vorgesehen. Die Zuständigkeit für die
Wohnungs­wirtschaft attraktiver zu gestalten.           Ausgestaltung der Förderung und der jeweiligen
Zahlreiche zukunftsweisende Ansätze zeigen              Förderschwerpunkte liegt jedoch auch zukünftig
bereits, dass es viele gute Ideen für ein alters­       in der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder
gerechtes Wohnen und Bauen gibt. Aus der Erpro-         (Föderalismusreform 2006). Im Bereich des
bung innovativer Ansätze gilt es nun, alltagstaug­      Städtebaus unterstützt der Bund die Länder und
liche Lösungen zu schaffen.                             Kommunen mit Bundesfinanzhilfen der Städte­
                                                        bauförderung. Übergeordnetes Ziel bleibt es,
                                                        Teilhabe und Austausch am gesellschaftlichen
                                                        Leben für alle zu ermöglichen. Dazu zählt eine
                                                        demografisch nachhaltige Stadtentwicklung.

                                                                                              Ausblick   21
Impressum
Herausgeber
Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI)
Alt-Moabit 140 · 10557 Berlin

Projektkonzeption und Begleitung
Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), Berlin
Barbara Crome
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn
Karin Lorenz-Hennig

Projektbearbeitung
empirica ag, Kurfürstendamm 234, 10719 Berlin
Julia Kemper, Markus Schmidt, Teresa Tonndorf

Gestaltung und Satz
Mia Sedding, Indivisual Berlin

Bildnachweis
empirica ag

Berlin, April 2021
23
www.bmi.bund.de

24   Werkstattgespräch – Altersgerecht Wohnen
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