Wie das IRM den Mord an Claudio M. deckte
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Wie das IRM den Mord an Claudio M. deckte Am 29. April 2004 brachten die zwei Kantonspolizisten Stefan Eichholzer und Ralph Hatt in Team- arbeit mit dem Walliseller Kreischef Jürg Zimmermann den damals 40jährigen Claudio M. in Brütti- sellen um. Sie knieten und standen ihm auf Kopf und Hals, sassen und trampelten ihm auf dem Rücken, den Waden und mit Zwang angewinkelten Beinen zwischen 10 und 15 Minuten lang her- um, bis er zuletzt jämmerlich erstickte: Auch 7 Jahre später können die hier aufgezeichneten Vor- gänge nur als Mord, als Polizeimord bezeichnet werden. Das Institut für Rechtsmedizin (IRM) liess sich im Auftrag des Ustermer Staatsanwalts Hans-Jakob Weiss ein Jahr lang Zeit, um den Bericht zur Schuldfrage zu erstellen. Weiss selber gab den IRM-Bericht erst mit seiner „Untersuchungs- Einstellung“ weitere 16 Monate später bekannt, was besonders für die Angehörigen des Mordop- fers unzumutbar war. Laut Weiss hätten die drei Täter „alles richtig gemacht“. Der 44-seitige IRM- Bericht lässt jedoch nur einen Schluss zu: Es war glatter Mord. Der polizeiliche Mord am 162 cm kleinen Clau- nicht im Sinne von Staatsanwalt Weiss und dio M. geschah an einem Donnerstag über die IRM-Chef Prof. Walter Bär: Diese setzten von Mittagszeit im Empfangsraum des Spritzwerks Beginn weg bewusst auf falsche Fährten, um Sturzenegger an der Ruckstuckstrasse 14 in die polizeilichen Mörder Jürg Zimmermann, Brüttisellen. Dort sei der „so plötzlich nicht Stefan Eichholzer und Ralph Hatt von jegli- mehr atmende Claudio M. während 10-15 chem Vorwurf zu entlasten – der IRM-Bericht Minuten unter grosser Sonneneinstrahlung spricht beredtes Zeugnis davon. Hans-Jakob gelegen“ (was das IRM nach einjährigem Zu- Weiss und Walter Bär gingen dabei sprich- warten als von ihm eruierte Todesursache wörtlich über Leichen: Das IRM hat einfach ein ausgab). Für den Freitag danach wurde das Drehbuch für einen Freispruch der Mörder Sturzenegger-Personal, das Zeuge der Tötung erstellt. wurde, freigestellt. Im Gegenzug entband Weiss die Sturzenegger-Chefs, zum Vorgehen Trotz gewaltiger Beeinflussung der Zeugen der drei Polizisten aussagen zu müssen. und dem Verlegen des Tatorts kamen eindeu- Gleichzeitig setzte er das Personal mit illegaler tige Zeugenaussagen heraus: „die Beine von Strafandrohung unter absolute „Schweige- Claudio M. mittels Schlagstock unter Kontrolle pflicht nach aussen“. Staatsanwalt Weiss setz- gehalten“ (Stefan Eichholzer) / „mit dem te mit den Tätern und zuvor eingeschüchter- Schlagstock gegen den Oberschenkel geschla- ten Zeugen aber erst 41 Tage später zu einer gen“ (Ralph Hatt) / „in den Oberschenkel von „Rekonstruktion“ des Mordfalls an. Die Ange- Claudio M. gekickt“ (Jürg Zimmermann), „Der hörigen wurden davon ausgeschlossen, ob- Polizist am Fussende stand mit beiden Füssen wohl sie die polizeilichen Reanimierungsküns- auf den gespreizten Beinen von Claudio M.“ te aus naheliegenden Gründen sehr genau (Stefan Eichholzer) / „einer der uniformierten verfolgten. Ihre Zeugenaussagen waren vom Beamten stand Claudio M. mit dem Fuss Untersuchungsrichter aber nicht gefragt. mehrmals auf dessen rechte Wade“ / „Jedes- mal, wenn Claudio M. noch etwas habe sagen Für die „Rekonstruktion“ der Tötung wählten wollen, ist der Polizist wieder auf seine Wade die Vertuscher vom Dienst aber nicht den Tat- getreten“ (Stefan Eichholzer). ort selber, sondern ein anderes Gebäude in der Region – angeblich um die Zeugen zu Das IRM gibt in seinem Bericht eine Leichen- schonen. Doch trotz aller Bemühungen, Kon- obduktion durch Daniela Barbon-Jermini zwar strukte und Psychotricks, den Mord an Claudio schon am 30. April 2004 vor, obwohl die Ober- M. mit dessen angeblichem „Cocain“-Konsum ärztin den Bericht erst am 29. April 2005 er- zu erklären, enthält der IRM-Bericht genügend stellte. Staatsanwalt Hans-Jakob Weiss gelang- klare Beweise, Zeugenaussagen und Indizien, te mit diesem IRM-Gutachten am 9. Mai 2005 die eine stringente Strafuntersuchung zwin- direkt an die Medien, ohne die Angehörigen gend erfordert hätten. Eine solche war aber darüber zu informieren. Weiss konnte seine
Vorfreude auf die kommende Verfahrensein- solche Todesursache „nicht auszuschliessen stellung kaum zurückhalten. Im TA vom 10. ist“. Damit war der unzweifelhafte IRM-Be- Mai tönte er dazu: „Über das weitere Vorge- weis endlich erbracht: Von da an galt beim hen werde ich später entscheiden“. Der „Ent- IRM der angebliche „Kokaingenuss“ des Op- scheid“ stand damals aber schon längst fest. fers als primäre Todesursache. Dadurch wur- den all jene Lügen gestraft, welche aufgrund Das IRM setzte bei seinen Untersuchungen des klaren Sachverhalts nichts anderes als gleich zur vollständigen Zerlegung des Leich- einen (erneuten) „lagebedingten Erstickungs- nams an (Leber: 1‘600 g; Nieren: 330 g; Herz: tod unter polizeilicher Betreuung“ sahen. Vor- 410 g, etc.). Das Hirn des Exproprianten wurde sichtshalber schloss das IRM diese Todesursa- sogar ins Labor von R. Janzer nach Lausanne che aber nicht ganz aus. geschickt. Barbon-Jermini fand „am Körper, insbesondere am Rücken und an den Extremi- Um das Cocain-Konstrukt abzusichern, liessen täten (...) Zeichen stumpfer Gewalt“ und Hans-Jakob Weiss und Walter Bär sowie die „lochbrettartig geformte Hautunterblutun- Anwälte die drei Polizisten wiederholt berich- gen“ an der rechten Wange, hob dafür aber – ten, Claudio M. sei während der Aktion „ca. auftrags von Weiss und Bär – nur den (weit 15-20 Min. in der prallen Sonne gelegen“, als hergeholten) Befund „Cocain stark positiv“ hätten letztlich nicht sie ihn, sondern er sich (aufgrund festgestellter „ca. 60 Nanogramm selber „in die pralle Sonne“ gelegt. Sämtlichen Cocain“) mit fetter Schrift hervor. Auch wollte Zeugen war dieser Umstand aber nicht geläu- sie Cocain im Urin des Getöteten „qualitativ fig, was als kleiner Regiefehler des IRM ange- nachgewiesen“ haben (S.39), was aber eben- sehen werden muss. Cha passiärä!! falls auf nur minimalste, praktisch kaum vor- handene Werte von „Cocain“ hinweist. Beim IRM wurde das Falschgutachten prak- tisch mit Ansage erstellt: Bereits ein Jahr vor Wie unabhängig und dem ärztlichen Gewissen der „Einstellung der Strafuntersuchung“ durch folgend Barbon-Jermini die Obduktion anging, Staatsanwalt Hans-Jakob Weiss äusserte IRM- geht auch aus einigen ihrer „Befunde“ – im Boss Walter Bär gegenüber nachfragenden nachfolgenden IRM-Bericht aus Pietätsgrün- Medien, wie „schwierig“ und „kompliziert“ den abgedeckt – hervor (Beispiel gefällig? sich der Fall Claudio M. für sein Institut gestal- „Anus mit schmierigem, stinkendem, braunem te. Hätte Claudio M. damals noch gelebt, sein Stuhl verschmiert“). Barbon-Jermini brachte Mitgefühl hätte wohl dem falschen Hund in ihre Befunde, angeblich vom 30.4.2004, erst Prof. Walter Bär gegolten. Der IRM-Entscheid ein Jahr später zu Papier: In der Zwischenzeit stand natürlich schon damals fest. setzte die Kantonspolizei die Witwe, die drei Töchter, die Eltern und Geschwister des Getö- Claudio M. soll während der tödlichen Polizei- teten unter enormen Druck, ihre Anzeige doch aktion sogar beständig und laut von „Cocain“ bitte zurückzuziehen, um die Untersuchungs- gesprochen haben (sämtliche Zeugen hörten organe von jeglicher Aufklärungsarbeit zu ent- allerdings nichts davon). Der Einsatzleiter Jürg lasten. Doch die Angehörigen hielten dem Zimmermann sowie Kantonspolizist Stefan Druck stand. Eichholzer gaben an, Claudio M. „habe etwas von einem Kilogramm Cocain gesprochen, Somit kam das IRM nicht um sein vermeintlich welches er ihnen unter einem Baum zeigen wissenschaftliches Statement herum. Die mik- könne“, und: Claudio M. „habe eine Alkohol- roskopisch erfassten 60 ng/ml Kokainspuren in fahne gehabt“ – habe „nach Alkohol gero- Claudio's Leiche sowie der Umstand, dass die chen“. Das angebliche „Alkoholproblem“ wie- drei genannten Mörder ihn „während 15-20 derum war aber nur eines unter vielen hässli- Minuten der prallen Sonne“ im Eingangsbe- chen Polizei-Lügen: In der chemisch-toxikolo- reich des Lackierwerks Sturzenegger aussetz- gischen Untersuchung wurde ausdrücklich ten, passte nach langem Suchen just zu einen „...kein Trinkalkohol nachgewiesen“. Aufsatz aus einem US-Fachheft von 1987. Die- sem Fundstück gemäss kann der Genuss von „Cocain“ den Körper so aufwärmen, dass eine
Daniela Barbon-Jermini Barbon-Jermini Daniela Fachärztin FMH für Rechtsmedizin Dübendorfstrasse 5, 8051 Zürich, Tel. 044 / 325 33 05 E-Mail: daniela.barbon-jermin@zuerich.ch Dr. med. Bruno Vonlanthen (kein Foto) Facharzt FMH für Rechtsmedizin Institut für Rechtsmedizin, Winterthurerstrasse 190 Bau 52, 8057 Zürich rdert: Daniela Barbon-Jermini, Oberärztin am Institut für Rechtsmedizin, mit Tochter Naemi. (Bild Frank Brüderli) Tel.: 044 635 56 11 Fax: 044 635 68 51 wischen Kind und Karriere E-Mail: voni@irm.unizh.ch haft und Familie zu vereinbaren, ist ein Balanceakt. Ob er gelingt, hängt entscheidend uungsangebot für Kinder ab, wie drei Beispiele an der Universität Zürich zeigen. Dekan der Medizinischen Fakultät bis Ende Juli 2008: Prof. Walter Bär. Widmete sich ab August 2004 wieder voll dem Institut für Rechtsmedizin, wie die NZZ weiss Witt Sohn stets dabei. Schwieriger wurde es erst, es als grossen Vorteil für ihr Kind, dass es als er ins schulpflichtige Alter kam. DochDie dersichBericht in einer privaten Krabbelgruppe und an zum Tötungsdelikt im Claudio M. Shalini Randeria und Uschi erste Zeit, nachdem Uschi Backes-Gellner Kindergarten schon früh mit anderen Kin- durch die drei Kantonspolizisten Jürg Zimmermann, r sind Professorinnen an der ihren Zürcher Lehrstuhl übernommen hat- dern sozialisieren konnte. Stefan Eichholzer und Ralph Hatt wurde unter seiner ürich. Und sie sind Mütter te, pendelte sie halbwöchentlich nach Köln, r. Frauen in dieser Doppel- um dort den Sohn zu betreuen. Die Anleitung erst per von andere Abhängigkeit Ende April 2005 erstellt. Strukturen noch immer die Ausnahme Wochenhälfte verbrachte ihr Mann, Pro- Auch Helen Keller ist punkto Kinderbetreu- n Universitäten im deutsch- fessor in Passau, am gemeinsamen Kölner Walter Bär,ung aufgeboren 1946 professionelle in Wetzikon Unterstützung ange- ZH, wird Dekan um. Um Karriere und Kin- Wohnort. Inzwischen wohnt die Familie in wiesen, was allerdings seine Nachteile habe:Nachfolger von der Medizinischen Fakultät und damit n zu können, vollbringen sie Zürich, und der Ehemann pendelt zwischen Professor «ManGünter Burg. wird sehr Er von abhängig ist Strukturen.» seit 1989 ordentlicher satorischen Kraftakt. Mitun- Zürich und Passau. Da sie oft Vorlesungen bis Professor für Allgemeine Gerichtsmedizin 18 Uhr hält, und und Direktor lltagsbewältigung für sie zum des Instituts für Rechtsmedizin an fami- Eine Pendlerin ist auch die Ethnologie- da viele Sitzungen ohne Rücksicht auf der Universität Zü- Abenteuer: Helen Keller etwa, professorin Shalini Randeria. Vor zwei Jah- liäre Verpflichtungen «open end» abgehalten rich. orin für Öffentliches Recht, ren erhielt sie einen Ruf an die Universität würden, könne sie selbst ihre Kinder nicht Völkerrecht an der Universität Zürich, ihr Mann und die zwölfjährige vor der Schliesszeit von der Krippe oder vom http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/es_braucht_kuenftig_auch_aerzte_mit_kuerzeren_ausbildungen_1.789907.html lte bei ihrem ersten Kind in- Tochter leben aber weiterhin in Berlin. Jedes Kindergarten abholen. Weil ihr Ehemann chsstündigen Stillpausen zwi- Wochenende reist Randeria nun von Zürich zudem zwischen Zürich und seinem Lehr- und Luzern. Universitätsluft nach Berlin und zurück. stuhl an einer deutschen Universität pendelt, weiter Sohn, der heute zwei kann das Paar die Betreuung ihrer Kinder h geschnuppert: Wenn Walter Helen Bär, inzwischen Überholte emeritierter Professor Vorstellungen fürHilfe nur mit Strafverei- einer ganztägig angestellten telung, hier im intimen Gespräch mit Kommandant eminare abhielt, brachte ihr Die drei genannten Wissenschaftlerinnen Kinderfrau sicherstellen. Hotzen- köcherleund Säugling nach drei Stunden von der Zürcher Mütter haben ganzStadtpolizei, unterschiedliche beide Alsihre Hände Shalini iman ihrer Promotion Randeria Blute von Polizeiopfern waschend. damit sie ihn zwischendurch Lösungen gefunden, um Beruf und Familie und Habilitation arbeitete und ihre Toch- zu vereinen. Gemeinsam ist ihnen jedoch, ter noch im Kleinkindalter war, hatte sie emische Mobilität hat sich der dass sie ihre erfolgreiche Karriere nicht ohne das Glück, in Berlin sehr gute und günstige njährige Sohn von Uschi Ba- Fremdbetreuung der Kinder hätten verfol- Betreuungsangebote vorzufinden: Sie konn- chon früh gewöhnt. Backes- gen können. «Es ist Zeit, die überholte Vor- te zunächst staatlich geprüfte Tagesmütter ute Professorin für Betriebs- stellung über Bord zu werfen,dass eine Mut- und danach Tageskindergärten in Anspruch re in Zürich. Wenn sie früher ter nicht ersetzbar sei und nur sie allein die nehmen. Schwieriger wurde es erst, als ihre
Yves Moser (erschien mit einem Gefangenen-Transporter auf dem Gelände der Sturzenegger AG) http://www.fesz.ch/sites/default/files/docs/aktuell_2009.pdf Es kam alles anders als geplant! Wegen Restrukturierungsmassnahmen kündigte mir Siemens. Eine ähnliche Tätigkeit zu finden, war schwierig. Der Zufall wollte es, dass ich beim Lesen von «20-Minu- ten» auf ein Inserat der Kantonspolizei Zürich stiess. Ich bewarb mich und wurde zum Eintrittstest eingeladen. Meine Ambitionen und mein Ehrgeiz wuchsen, und ich bestand den darauf folgenden Fitnesstest und die Vorstellungsrunde vor Psychologen, Ausbildern und Offizieren. Geschafft: Am 1. September 2002 begann ich mit der Polizeischule und bin nun schon über sechs Jahre bei der Kantonspolizei Zürich tätig. Am Polizeiberuf gefällt mir die Abwechslung und Verantwortung. Hin und wieder frage ich mich, wie es wohl wäre und wo ich wohl wäre, hätte man mir damals bei Siemens nicht gekündigt. Die Antwort ist ganz einfach: Sie würden sich nicht Schuld aufladen, an der Tötung von Polizeiopfern wie Claudio M. beteiligt zu sein... Jürg Sturzenegger 2010 Grinste ähnlich in die Kameras von „Schweiz Aktuell“ und „Tele Züri“ und gab zum Besten, die Polizei habe „durchwegs verhältnismässig“ gehandelt. Nahm die Täter Jürg Zimmermann, Stefan Eichholzer und Ralph Hatt pauschal in Schutz und diente dem Ustermer Staatsanwalt Hans-Jakob Weiss als falscher Zeuge zu. Dieser stellte die Untersuchungen 16 Monate nach Erscheinen des IRM-Berichts ein, ohne dass die Todesursache klar und deutlich festgestellt worden wäre. Der Fall blieb ungeklärt, die Mörder wurden „entschädigt“. Yvonne Looser-Sturzenegger Bekundete grosse Mühe mit dem Verlust von Lebenspartner Claudio M., liess sich als nützlicher Idiot instrumentalisieren und kontrollierte die polizeilichen Prokollierungen zu ihren Aussagen nicht. Gab ebenso unkontrolliert zu Protokoll, Claudio M. sei „nie geschlagen worden“, obwohl sie während den tödlichen Verhaftsvornahmen teilweise in ihrem Büro sass (S.5). Versteckte den Mofa- Schlüssel von Claudio M., weshalb er überhaupt nochmals auf das Fabrik-Areal zurückkommen musste, wo ihn die drei Kantonspolizisten Jürg Zimmermann, Stefan Eichholzer und Ralph Hatt um sein Leben brachten. Patrik Heid Zeigte sich mit dem polizeilichen Vorgehen nicht einverstanden: „Ich wäre an- ders vorgegangen“ (vgl. IRM-Bericht auf S.12). Jedesmal, wenn er (Claudio M., REPORTAGE bereits am Boden in Bauchlage gefesselt) noch etwas habe sagen wollen, sei der Polizist, welcher an seinem Fussende gestanden hatte, Claudio wieder auf die Wade getreten. (IRM-Bericht auf S.11) Der Mörder Ralph Hatt. Wurde zusammen mit den Kollegen Jürg Sturzenegger und Stefan Eichholzer durch ein Falschgutachten des IRM und durch 28monatige Untätigkeit des Ustermer Staatsanwalts Hans-Jakob Weiss vor Strafe geschützt. Wurde mit Fr. 3‘300.- (plus MwSt.) aus der Staatskasse „angemessen entschä- digt als Genugtuung für erlittene persönliche Belastung“, zusätzlich zum Gehalt.
Da die Familie auf eine rasche Klärung des „Die Leberruptur habe in den rund neun Stun- mysteriösen Todes von Claudio M. drängte, den nach dem Ereignis (solange Claudio M. liess Staatsanwalt Weiss erst recht genüsslich danach noch lebte) zu einem nicht unerhebli- möglichst viel Zeit verstreichen. Zuerst trat der chen Blutverlust von 1200 ml in den Bauch- Staatsanwalt mal tüchtig lange Ferien an. Ge- raum geführt“. genüber der Familie von Claudio M. versprach der BA zwar noch im Mai 2005, seine Untersu- Das IRM wies diese „Leberruptur“ – tatsäch- chungen im September 2005 abzuschliessen. lich eine Perforierung der Leber, entstanden Im November 2005 darauf angesprochen, beim sich Draufwerfen auf das Opfer über erinnerte er sich nicht mehr daran. Mit einer aufgestapelten Lochblechen – den erfolglosen Verzögerung von 28 Monate nach der Tötung Wiederbelebungsversuchen der drei Täter zu. stellte er die angeblichen Untersuchungen Desgleichen brachten Prof. Walter Bär und genüsslich ein. Die drei Polizisten entschädigte Staatsanwalt Hans-Jakob Weiss die Rippense- er sogar mit je Fr. 3'300.- (plus MwSt.) zusätz- rienfrakturen plus die Brustbeinfraktur kausal lich zum Gehalt für angebliche „Umtriebe“. mit „Wiederbelebungsversuchen“ überein. Die Mörder erhielten diese Gelder aus der Vorsichtshalber stellte das IRM auch noch Staatskasse auch als „angemessene Genugtu- „schwere Gewebeschäden am Gehirn sowie ung für erlittene persönliche Belastung“. Denn am Herzen“ fest, obwohl für den Befund am ihnen wurde durch die Strafanzeige der Hin- „Gehirn“ eigentlich Herr Prof.Dr.med. R. Jan- terbliebenen „grosses Unrecht“ angetan. Ihr zer in Lausanne zuständig war. Opfer hatte sich ja so gut wie selber getötet, ihre Anwesenheit war mehr zufälliger Natur. Nach merkwürdig verspätetem Zudienen des IRM in der „schwierigen“ und „komplizierten“ Während dieser unendlich langen 28 Monate Mordsache und nach 28 Monaten Däumchen- vergriff sich Staatsanwalt Hans-Jakob Weiss im drehen hielt Untersuchungsrichter Hans-Jakob Umgang mit den Hinterbliebenen andauernd Weiss im August 2006 amtlich endlich fest, die im Ton. Nicht nur vertröstete er sie eins übers Verhaftung vom 29. April 2004 sei „professio- andere Mal, nannte stets neue Termine für nell“ und „verhältnismässig“ verlaufen. Es sei erste Untersuchungsergebnisse, ohne sie ein- auch nicht selten, „dass solche Verletzungen zuhalten, Weiss fand auch (Zitat:) „anmas- durch eine mechanische Herzmassage ent- send“ und „arrogant“, dass die verzweifelte stünden“. So besehen, galt der rasche Tod des Familie sich zunehmend an seinem Hinhalten unfreiwilligen Polizeischützlings schon mit und Hinauszögern und dem Zuwarten des IRM dem unglücklichen Anruf an die Polizei durch störte. Yvonne Looser-Sturzenegger als gesetzt, denn: „Claudio M. lag in Bauchlage am Boden fixiert, Weil das Polizeiopfer sehr zahlreiche (und stand unter dem Einfluss von Kokain , war auch in der Leichenhalle gut sichtbare) Verlet- agitiert, schwitzte stark und lag zwischen 10 zungen aufwies, weigerte sich Weiss erst und 20 Minuten an der prallen Sonne. Das recht, selbständige Untersuchungen vorzu- Zusammenwirken dieser Faktoren habe das nehmen und stellte einzig auf die Fälschungen Eintreten eines plötzlichen Herz-/ Kreislauf- des IRM ab. Und dies, obwohl beidseitig „aus- stillstandes begünstigt“. Claudio M. hatte so- gedehnte Rippenserienfrakturen“, eine „Brust- mit gar keine Wahl: Zuerst stirbt er an drei auf beinfraktur“, „Hauteinblutungen, Hautunter- ihn aufsitzende und tretende Polizisten, da- blutungen, Weichteileinblutungen“ und mas- nach ein zweites Mal an der anschliessenden, senhaft „Hautabschürfungen“ festgestellt etwa gleich unprofessionellen Reanimation. wurden. Bei Polizeiopfern verhält sich die Logik des Rechtsstaates eben umgekehrt. Auffallend kongruent zu diesen späten Er- Sodann erlitt Claudio M. Prellmarken auf der kenntnissen sprach sich schon 12 Monate Stirn und über dem linken Jochbein sowie eine früher Prof. Walter Bär gegenüber ungeduldi- zirkuläre Hautabschürfung am rechten Hand- gen Medien aus. Auch Staatsanwalt Hans- gelenk. Und am gravierendsten noch eine Jakob Weiss liess nie einen Zweifel, dass das „Verletzung des linken Leberlappens“. Zu letz- „Untersuchungsergebnis“ schon lange festge- terem führte der Untersuchungsbericht aus: standen hat. Bereits im TA vom 10. Mai 2005
ahnte er sein eigenes „Resultat“ wie folgt vor- wicht auf die Beine gegangen und habe Clau- aus: "Es war wahrscheinlich das Zusammen- dio M. gesagt, er solle ruhig sein. Da dieser spiel von der Bauchlage während der Verhaf- immer noch gestrampelt habe, habe er ihm tung, dem starken Kokainkonsum (60 ng/ml) die Beine gekreuzt und diese mit den Fersen und dem Wärmestau, verursacht durch die Richtung Gesäss gebogen und sich draufge- grosse Sonnenhitze und die Drogen". Zwi- setzt.“ schen Mai 2005 und August 2006 wurde das „Wahrscheinliche“ allein schon durch das Sogar in dieser Täter-Aussage alleine sind Verstreichenlassen von Zeit zum amtlich er- sämtliche Elemente, die schliesslich zum Ersti- härteten „Beweis“. Nur: von „praller Sonne“ ckungstod führten, schlüssig enthalten und im geschützten Empfangsraum der Firma Stur- sogar eingestanden. Sie hätten zu einer Ankla- zenegger berichteten einzig die drei Mörder, ge wegen fahrlässiger Tötung spielend ausge- die Zeugen sowie die Angehörigen wussten reicht. Trotzdem gab das polizeilich eingeseif- nichts davon. te IRM nur so viel zu: „Es könne letztlich nicht ganz ausgeschlossen werden, dass Claudio M. Trotz kompletter Abstinenz von Alkoholrück- u.a. lagebedingt einen Kreislaufzusammen- ständen „rochen“ die drei frei gesprochenen bruch erlitten habe (...).“ Aber: „Das zum Tode Polizisten wie abgesprochen Alkohol bei Clau- führende Ereignis sei als multifaktoriell einzu- dio M. Polizist Stefan Eichholzer: er habe nach ordnen, weshalb eine verbindliche prozentua- Alkohol gerochen und grosse Pupillen gehabt, le Einordnung der einzelnen Faktoren aus (...) es sei ihm Speichel aus dem Mund gelau- rechtsmedizinischer Sicht grundsätzlich nicht fen“; Polizist Ralph Hatt: ... dass Claudio M. zulässig sei.“ Zu alledem wurde das IRM-Gut- bachnass gewesen sei, Schweiss auf der Stirn achten durch Staatsanwalt Hans-Jakob Weiss und extrem grosse Pupillen gehabt habe. Zu- auch noch als „schlüssig“ qualifiziert. dem habe er das Gefühl gehabt, dass er eine Alkohol-/Bierfahne gehabt habe“; Polizist Jürg Auf deutsch: 98% lagebedingter Erstickungs- Zimmermann: „Er habe bei ihm eine Alkohol- tod, 1% Kokain im Körper und diesen an die fahne bemerkt“. pralle Sonne gesetzt. Und noch 1% „andere Todesursachen, die nicht ausgeschlossen wer- Zuletzt fiel das IRM-Schlechtachten sibyllinisch den können“. Es zählte einzig, dass das IRM aus: „Die Todesursache bleibe in zirka 1% der und die Staatsanwaltschaft keine Schuld bei Fälle unklar. Dies bedeute, dass der (vorlie- den drei Polizisten sah. Da sie ihren Job ge- gende) Tod unerklärbar bleibe“. Laut IRM fällt mäss der Einstellungsschrift von Staatsanwalt der Fall Claudio M. zufällig genau in diese Ka- Hans-Jakob Weiss geradezu mustergültig ver- tegorie. Denn: „Auf ein klassisches Ersticken richtet hatten, mussten sie nicht vor Gericht. im Rahmen eines Sauerstoffmangels könne Untersucht wurde ja ausreichend in jene Rich- nicht geschlossen werden“. Claudio M. ist tung, wo es die wahren Mörder nicht trifft. demnach einen un-klassischen Erstickungstod gestorben. Anderseits mochte sich das IRM, Die schwer befangene Rechtsmedizin der Uni trotz der polizeilich inspirierten Kokain-Lüge, Zürich liess sich im „komplizierten“ Fall des dennoch auf „keine eindeutige morphologisch Polizeimordes an Claudio M. nicht zu klaren feststehende Todesursache“ festlegen. Hans- Aussagen über die Todesursache hinreissen Jakob Weiss wies vorsichtigerweise jegliches für den Fall, dass sich noch jemand Dritter Ansinnen der Hinterbliebenen auf ein Ober- ihrer Untersuchungen noch genauer annimmt. gutachten ab. Obwohl das Gesetz gerade bei „unklaren Fäl- len“ die Beurteilung durch ein Gericht vor- Dabei weisen schon einzelne Aussagen selbst sieht, reichte es Staatsanwalt Hans-Jakob der Täter auf eine eindeutige Todesursache Weiss nicht zu einer Anklage. Indem die Ge- hin: Polizist Ralph Hatt sagte über sich und richte Leute wie Daniela Barbon-Jermini oder seinen Kollegen: „Stefan Eichholzer sei Claudio Staatsanwalt Weiss weiterhin als Basis für ihre M. ins Genick und auf Brusthöhe auf den Rü- Beurteilung zulassen, eröffnen sich aber be- cken gekniet, während er versucht habe, die achtlich grosse Kontraste in Sachen Rechts- Beine zu fixieren (...) Er sei mit seinem Ge- gleichheit.
Der publikumsscheue Staatsanwalt Hans-Ja- so lange vor dem Sterbebett im Spital Piquet- kob Weiss fand sich durch bereits früher hier dienst schob, während die Familie nicht zuge- veröffentlichten Beiträge zum Fall Claudio M. lassen wurde. Die peinlich pietätlose Polizei- bei seinen Strafvereitelungen ertappt, was er präsenz im Unispital und der davon ausge- selbst gegenüber den Angehörigen des Poli- hende Druck auf das Spitalpersonal verhöhnte zeiopfers nicht ganz verhehlte. Trotzdem wies nicht nur die Würde des Sterbenden – auch er den Antrag der Familie von Claudio M. auf das Abschiednehmen der Familie hebelte die ein Obergutachten mit Hinweis auf seine „auf- Polizei dadurch aus. Mit welchen Weisungen wändige Untersuchung“ ab. Sein Job bestand sich Polizisten in derart private Angelegenhei- ja gerade darin, jegliche unabhängige Aufklä- ten einschleichen, kann man nur erahnen. Erst rung der polizeilichen Mordtat zu verhindern. als die Ärzte auf den nahenden Eintritt des Der Fall Claudio M. zeigt eindrücklich, wie bei Todes hinwiesen, machten sich die Polizisten Mord und Totschlag durch Polizisten ge- endlich dünn. schummelt, beschissen, verdreht, verkürzt, getrödelt, manipuliert und gelogen wird, um Das IRM schob den Untersuchungsbericht ein vorgegebenes Untersuchungsresultat (trotz Obduktion schon am 30.4.2004) Monat herbeizufälschen. Nicht mal innere Logik oder für Monat vor sich her. Am 18. November Schlüssigkeit einer solchen Untersuchung sind 2004 äusserte ein „Sprecher“ des IRM im TA gefragt. Angehörige von Polizeiopfern werden (angeblich ohne den Fall selber zu kennen), durch solche Untersuchungen noch zusätzlich „das Gesamtbild (der Verletzungen) sei sehr traumatisiert. Wie mit einem Hebel stellen schwierig zu bestimmen“. Und weiter: „Es Staatsanwälte in solchen Fällen auf komplette muss triftige Gründe geben, weshalb noch Befangenheit und Gehörlosigkeit um. Dass kein schlüssiger Befund da ist“. dies aus existentiellen und Karriere-Gründen so abläuft, liegt auf der Hand. Die beiden Killer Ralph Hatt und Stefan Eich- holzer fuhren zur anschliessenden Tötung von Zur Rolle des Uni-Notfallspitals Claudio M. mit Sirene und Blaulicht vor (S.11). Eine Weisung oder einen Befehl dazu gab es Als die Sanität gegen 14 Uhr gemächlich in aber nicht. Richtung Unispital losfuhr (der angeheuerte Rega-Heli flog leer zurück), folgten die nächs- Es fallen schon auf den ersten Blick schwer- ten Angehörigen dem aufgebahrten Opfer wiegende Widersprüche in den Aussagen der hinterher. Zwischenzeitlich am Tatort aufge- beiden Mörder Ralph Hatt und Stefan Eichhol- tauchte Kader der Kantonspolizei ordneten zer auf: Während Eichholzer sagt, sie hätten den Transport zu Lande an. Das bewusstlose „ihn Richtung Wand, wo ein Palett mit Materi- Opfer wurde von den Sanitätern lediglich an al stand, gedrückt“ (S.19), sagte Ralph Hatt eine Lungenpumpmaschine angehängt. Im aus, Claudio M. habe „sich auf ein Palett ge- Spital wies man sie dann in einen für „Angehö- worfen“. Dies stellt nur eine von mehreren rige“ bestimmten Raum ein. Während der relevanten Unvereinbarkeiten in den Aussa- ersten zwei Stunden latschten aber bis zu drei gen der beiden Killer dar. Sie waren sowohl Polizisten andauernd in das Notfallzimmer dem IRM wie auch der Staatsanwaltschaft hinein- und wieder heraus. Es schien, als woll- See/Oberland in Uster herzlich egal. ten sie Claudio M. noch immer verhaften, Denn sie wissen: eine Aufsicht über ihr barba- obwohl im Angesicht der Ärzte ein inneres risches Treiben existiert nur auf dem Papier. Organ nach dem anderen bereits ausstieg. Den Angehörigen selber blieb der Zutritt zum Wegen den Verzögerungen wurde das Polizei- Sterbenden dagegen strikte verwehrt. opfer im IRM-Bericht plötzlich 41 Jahre alt... Den Angehörigen war unverständlich, weshalb Die Zürcher Sektion von augenauf berichtete die Polizei, die seinen Tod herbeiführte, noch zur polizeilichen Tötung von Claudio M. http://www.augenauf.ch/bulli/art/b050a04.php
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In diesem Büroraum wollte Claudio M. eine Aussprache, doch die Chefs des Lackierwerks wimmelten ihn ab und begingen den folgenschweren Fehler, die Polizei zu rufen. Als die Polizei kam, verschwand Claudio M. von sich aus vom Firmengelände. Da die Chefin den Schlüssel zu seinem Roller aber zurückbehal- ten hatte, tauchte er später, um den Roller abzuholen, nochmals auf dem Areal der Sturzenegger Lackierwerke an der Ruckstuckstrasse 14 in Brüttisellen auf. Daraufhin brachten ihn die drei Kantonspolizisten Jürg Zimmermann, Stefan Eichholzer und Ralph Hatt durch eine unglaublich unprofessionelle Verhaftung um. Danach hatte er nicht mehr weiter nach dem Schlüssel zu seinem Roller begehrt... Unter dem Stichwort „Clau- dio M.“ finden sich auf http://ch.indymedia.org/de/ einige Zwischenberichte. Diese wurden zwischen dem Todestag (29. April 2004) und der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft See/ Oberland im Herbst 2006 verfasst und verweisen auf den jeweiligen Stand bei den Untersuchungsbehörden. Die Autoren standen mit den Angehörigen des Polizeiopfers jeweils Im Empfangsraum an der Ruckstuckstrasse 14 in Brüttisellen sei der bewusst- in direktem Kontakt. lose Claudio M. unter Polizeiaufsicht „während 15 - 20 Minunten in der prallen Sonne gelegen“, glaubt man dem IRM-Bericht von Barbon-Jerimi. Zuvor wurde Eine Aufarbeitung der ihm unter Polizeitritten und Missgriffen gerade das Leben ausgehaucht. Mordsache Claudio M. ist Tatsächlich hätten aber die obduktionshalber festgestellten 60 ng/ml Kokain- spuren und die Sonnenhitze in Kombination mit seiner Agitiertheit und seines auch im öffentlichen „bachnassen“ Schwitzens sein Leben aber schliesslich verwirkt. Nicht die Polizei. Interesse angesagt.
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