Wie funktioniert eigentlich der Länderfinanz - ausgleich? - ifo.de
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Aktuelle Forschungsergebnisse 5 Wie funktioniert eigentlich der Länderfinanz- ausgleich? Joachim Ragnitz* Der bundesstaatliche Finanzausgleich ist – wieder ein- Württemberg, Bayern und Hamburg) mehr als 110 % sind. mal – in die Kritik geraten. Bayern und Hessen haben Gäbe es keinen Ausgleichsmechanismus, so müssten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht, die ärmeren Länder auch ihre Ausgaben entsprechend weil sie sich durch das geltende System überpropor- anpassen – mit negativen Folgen nicht nur für die Bereit- tional stark belastet sehen. Die Nehmerländer im Finanz- stellung öffentlicher Güter, sondern auch für die Finan- ausgleich wiederum verweisen darauf, dass nur ein weit- zierung von Sozialleistungen und Maßnahmen der Wirt- gehender Ausgleich von Finanzkraftunterschieden die schaftsförderung. Die Gleichwertigkeit der Lebensverhält- Erfüllung der grundgesetzlichen Forderung nach einer nisse wäre insoweit eklatant verletzt. „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ ermögliche. Von Wie stark der Finanzausgleich die unterschiedliche Fi- Seiten der Wissenschaft wiederum wird das geltende nanzkraft ausgleicht, wird anhand von Abbildung 1 verdeut- Finanzausgleichsystem vor allem deshalb kritisiert, weil licht: Selbst Länder mit einer sehr niedrigen Finanzkraft damit keine ausreichenden Anreize zur Erhöhung der erreichen nach Abschluss aller Ausgleichsmaßnahmen Steuerkraft eines Landes einhergingen. Generell wird eine Finanzkraft von rund 98,5 % des Länderdurchschnitts zudem ein Mangel an Transparenz des Finanzausgleichs (der sogenannten Ausgleichsmesszahl). Bei einer origi- in seiner heutigen Ausgestaltung beklagt.1 nären Finanzkraft von 120 % des Länderdurchschnitts Derzeit ist die Debatte – soweit sie in der Öffentlich- würde hingegen nach Finanzausgleich lediglich noch keit geführt wird – durch ein hohes Maß an Unverständ- eine Finanzkraft von rund 112 % verbleiben. Die starke nis über die Mechanismen des geltenden Regelwerks Nivellierungswirkung insbesondere bei niedriger Finanz- des Finanzausgleichs geprägt. In diesem Beitrag wird des- kraft ist dabei eigentlich Ziel des Ausgleichs – die (weni- halb grundlegend dargestellt, wie der bundesstaatliche ger starke) Abschöpfung bei den finanzstarken Ländern Finanzausleich in seinen unterschiedlichen Stufen funk- hingegen unvermeidbare Nebenwirkung eines Systems, tioniert und über welche Mechanismen die empirisch das in seinem Kern auf eine Umverteilung des Steuerauf- feststellbaren hohen Abschöpfungsquoten zustande kom- kommens zwischen den Ländern basiert. men. Damit soll nicht nur ein Beitrag zur Versachlichung Die folgende Übersicht 1 zeigt, wie groß die Finanz- der Diskussion geleistet, sondern auch eine Grundlage für ströme auf den verschiedenen Stufen des Finanzaus- die anstehenden Verhandlungen um eine Neugestaltung gleichs (Berichtsjahr 2011) tatsächlich sind. Erkennbar des bundesstaatlichen Finanzausgleichs geschaffen wer- wird, dass auf den eigentlichen Finanzausgleich zwi- den, die wegen der Befristung des Finanzausgleichs- schen den Ländern (LFA i. e. S.) nur ein verhältnismäßig gesetzes (bis zum 31.12. 2019) in der kommenden Le- kleiner Teil des gesamten Umverteilungsvolumens ent- gislaturperiode geführt werden müssen. Ein eigener fällt. Deutlich größer ist der Umverteilungseffekt, der sich Vorschlag für eine Neuregelung des Finanzausgleichs aus der Verteilung eines Teils der Umsatzsteuer nach wird in einem Beitrag für den ifo Schnelldienst (Heft Steuerkraft (anstatt nach Köpfen) ergibt. Zwar zählt die- 1/2014) präsentiert.2 ser sogenannte „Umsatzsteuervorwegausgleich“ formal- juristisch nicht zur „Verteilung“ des Steueraufkommens, sondern zu seiner „Zuordnung“; sachlich scheint es aber Das empirische Bild gerechtfertigt, diesen Vorwegausgleich nach den gleichen Kriterien zu beurteilen wie den Finanzausgleich im enge- Dass es eines Ausgleichssystems bedarf, das einen Aus- ren Sinne. gleich unterschiedlicher hoher Steuereinnahmen zwischen Man könnte einwenden, dass das Volumen des bun- den einzelnen Ländern bewirkt, ist angesichts der regio- desstaatlichen Finanzausgleichs gemessen an den Steuer- nal stark divergierenden Steuerkraft wohl unstrittig, denn einnahmen insgesamt relativ gering ist, die daraus resul- das Niveau der (notwendigen) Ausgaben dürfte in den tierenden Wirkungen also nicht weiter ins Gewicht fallen. einzelnen Ländern annähernd gleich hoch sein. So liegt Tatsächlich aber sind die Zuweisungen aus dem Finanz- die originäre Steuerkraft (je Einwohner gerechnet) in den ostdeutschen Bundesländern bei weniger als 70 % des * Prof. Joachim Ragnitz ist stellvertretender Geschäftsführer Niederlas- gesamtdeutschen Durchschnitts, während es in den Ge- sung Dresden des ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung berländern im Finanzausgleich (aktuell: Hessen, Baden- an der Universität München e. V. ifo Dresden berichtet 6/2013
6 Aktuelle Forschungsergebnisse Abbildung 1: Wirkungsweise des bundesstaatlichen Finanzausgleichs 4.000 Originäre Finanzkraft Finanzkraft nach Finanzausgleich (mit Umsatzsteuer nach Köpfen) 3.500 Finanzkraft nach Umsatzsteuer- Ausgleich 3.000 Finanzkraft nach Länderfinanz- ausgleich Finanzkraft nach 2.500 Fehlbetrags-BEZ Ausgleichsmesszahl 2.000 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 Finanzkraft vor Finanzausgleich Quellen: Bundesministerium der Finanzen, Berechnungen des ifo Instituts. Übersicht 1: Finanzströme im bundesstaatlichen Finanzausgleich Finanzschwache Länder USt-Vorweg- Finanzstarke Länder vor USt-Verteilung ausgleich vor USt-Verteilung 7,2 Mrd.* BE, BB, MV, NI, BW, BY, HB, HH, SL, SN, ST, TH HE, NW, RP, SH Finanzschwache Länder LFA i.e.S. Finanzstarke Länder nach USt-Verteilung nach USt-Verteilung 7,3 Mrd. BE, BB, HB, MV, NW, NI, BW, BY, HH, HE RP, SL, SN, SH, ST, TH Finanzschwache Länder Allg. BEZ nach LFA Bund 2,6 Mrd. BE, BB, HB, MV, NI, RP, SL, SN, SH, ST, TH * Im Vergleich zur Verteilung nach Köpfen. Quellen: Bundesministerium der Finanzen, Darstellung des ifo Instituts. ifo Dresden berichtet 6/2013
Aktuelle Forschungsergebnisse 7 ausgleich für einige finanzschwache Länder höchst be- jeweiligen Ländern selbst zu tragen sind, mindern die deutsam. So beläuft sich das Volumen der Finanzaus- daraus resultierenden Steuermehreinnahmen die Zuwei- gleichszahlungen in den Stadtstaaten Berlin und Bremen sungen im Finanzausgleich, sodass per saldo nur eine jeweils auf mehr als ein Drittel ihrer originären Steuerein- geringe Steigerung der Einnahmen resultiert. Zwar lässt nahmen; in Ländern wie Sachsen oder Sachsen-Anhalt sich einwenden, dass die Maximierung der eigenen Ein- sind es immerhin noch rund 10 %. Zudem ist für eine nahmen nur ein Nebenziel staatlicher Wirtschaftspolitik Bewertung der allokativen Wirkungen des Verteilungs- darstellt (und mit Blick auf eine Erhöhung von Einkom- systems nicht primär die Höhe der Zahlungen zwischen men und Beschäftigung durchaus ein erheblicher Anreiz den Ländern relevant, sondern vielmehr eine marginale für wachstumsfördernde Maßnahmen besteht), doch ist Betrachtung des Verbleibs von eigenen Steuermehrein- wohl unstrittig, dass dieser Anreiz noch verstärkt werden nahmen. Dies soll daher auch im Mittelpunkt dieses Bei- würde, wenn es auch einen unmittelbaren Einfluss auf trags stehen. die öffentlichen Einnahmen gäbe. Ein wesentlicher Kritikpunkt am gegenwärtigen Finanz- Dass ein Finanzausgleichssystem, das auf eine Ver- ausgleich ist es, dass infolge der hohen Nivellierungswir- ringerung von Finanzkraftunterschieden abzielt, die An- kung insbesondere für die finanzschwächeren Länder reize für eine Steigerung der eigenen Steuereinnahmen nur ein geringer Anreiz bestehe, das eigene Steuerauf- verringert, ist zunächst einmal kein Argument gegen ein kommen zu steigern: Während die Kosten für wachs- solches System – zumal Länder mit hoher und niedriger tumsfördernde Maßnahmen im Wesentlichen von den Finanzkraft hiervon prinzipiell ja in gleicher Weise betrof- Tabelle 1: Verbleibsquoten unterschiedlicher Steuerarten nach Finanzausgleich (Berichtsjahr 2011) Lohn- Durchschnitt Körper- und Zins- Länder- Gewerbe- der genann- schaft- Einkommen- abschlag steuern steuer ten Steuern steuer steuer (gewichtet) Baden-Württemberg 25,7 24,4 19,3 38,6 57,5 22,4 Bayern 27,1 25,8 20,7 41,4 59,8 24,5 Berlin 8,9 7,7 2,9 5,9 39,7 8,5 Brandenburg 7,7 6,5 1,7 3,4 38,9 7,1 Bremen 6,6 5,4 0,7 1,3 36,1 7,7 Hamburg 31,6 30,3 25,1 50,1 64,9 30,4 Hessen 23,0 21,8 16,9 33,7 54,7 21,6 Meckl.-Vorpommern 7,2 6,0 1,2 2,3 37,9 5,1 Niedersachsen 11,7 10,5 5,3 10,5 44,4 10,7 Nordrhein-Westfalen 36,2 34,8 29,2 58,4 72,5 30,4 Rheinland-Pfalz 9,0 7,8 2,7 5,5 40,9 9,5 Saarland 6,8 5,6 0,8 1,6 36,9 6,8 Sachsen 8,7 7,5 2,7 5,4 38,8 6,4 Sachsen-Anhalt 7,6 6,4 1,6 3,2 38,1 5,8 Schleswig-Holstein 8,4 7,1 2,0 4,1 40,7 8,7 Thüringen 7,5 6,3 1,5 3,0 38,1 5,5 Quellen: Bundesministerium der Finanzen, Berechnungen des ifo Instituts. ifo Dresden berichtet 6/2013
8 Aktuelle Forschungsergebnisse fen sein sollten. Wie die nachfolgenden Überlegungen ist auch ein Zusammenhang zur originären Steuerkraft zeigen, sind die Verbleibsquoten zusätzlicher Steuerein- vorhanden (vgl. Abb. 2); die (mit den jeweiligen Steuer- nahmen jedoch von Land zu Land höchst unterschied- anteilen gewichtete) Verbleibsquote liegt in den reicheren lich, sodass tatsächlich zu prüfen ist, ob das Postulat der Ländern deutlich höher als in den Ländern mit geringerer „Anreizkompatibilität“ in ausreichendem Maße erfüllt ist. Steuerkraft. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist, verbleibt einem ein- Gerade letzteres verdient es, besonders hervorgeho- zelnen Land nur ein kleiner Teil der Mehreinnahmen, die ben zu werden. Betrachtet man nämlich die Verbleibs- in diesem Land originär erzielt werden. Der größere Teil quote in Abhängigkeit von der Steuerkraft (hier darge- der zusätzlichen Einnahmen wird über die vertikale Steu- stellt am Beispiel Sachsens sowie mit Bezug auf die erverteilung bzw. die Ausgleichsmechanismen der unter- Einkommensteuer), so ergibt sich der in Abbildung 3 schiedlichen Stufen des Finanzausgleichs auf den Bund dargestellte Verlauf: Bei niedrigerer Steuerkraft liegt die bzw. die übrigen Länder aufgeteilt. Auffällig ist zudem, Verbleibsquote in etwa konstant bei einem Wert von dass die Verbleibsquote bei den einzelnen Steuerarten rund 7,5 %, erhöht sich dann bei einer Steuerkraft von höchst unterschiedlich ist. Dies ist vor allem – aber nicht mehr als 93 % des Länderdurchschnitts leicht, um dann nur3 – Folge der primären vertikalen Steuerverteilung zwi- bei einer Steuerkraft in gleicher Höhe wie der Länder- schen Bund und Ländern: Während die Landessteuern durchschnitt sprunghaft auf rund ein Drittel anzusteigen. komplett bei den Ländern verbleiben, beläuft sich der Bei weiter zunehmender Steuerkraft hingegen reduziert Anteil der Länder und Gemeinden bei der Lohn- und Ein- sich die Verbleibsquote zunächst, steigt dann aber bei kommensteuer zusammengenommen nur auf 57,5 %, einer Steuerkraft von mehr als 120 % des Länderdurch- bei der Körperschaftsteuer sogar nur auf 50 %. Weiterhin schnitts wieder an. Die Anreize, ihre eigenen Steuerein- hängt die Verbleibsquote auch von der Größe eines Lan- nahmen zu erhöhen, sind somit in Abhängigkeit von der des (gemessen an der Einwohnerzahl) ab: Größere Län- jeweiligen Steuerkraft höchst unterschiedlich. Anders als der weisen im Trend eine höhere Verbleibsquote auf als die Abhängigkeit der Verbleibsquote von der Einwohner- kleinere Länder, weil der für den Ausgleich maßgebliche zahl kann diese Implikation des Ausgleichstarifs auf den Finanzbedarf je Einwohner ermittelt wird. Und schließlich verschiedenen Stufen des Finanzausgleichs sachlich Abbildung 2: Verbleibsquote und originäre Steuerkraft 35 NW HH 30 BY Gewichtete Verbleibsquote 25 BW HE 20 15 NI 10 BE RP BB SH SN HB TH ST SL 5 MV 0 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500 5.000 5.500 Originäre Steuerkraft (Umsatzsteuer nach Köpfen) Quellen: Bundesministerium der Finanzen, Berechnungen des ifo Instituts. ifo Dresden berichtet 6/2013
Aktuelle Forschungsergebnisse 9 Abbildung 3: Verbleibsquote der Einkommensteuer – Beispiel Sachsen 40 35 30 Verbleibsquote 25 20 15 10 5 0 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500 5.000 Originäre Steuerkraft Quellen: Bundesministerium der Finanzen, Berechnungen des ifo Instituts. nicht überzeugen, sondern ist wohl nur durch die Mehr- Funktionsweise des Länderfinanzausgleichs heitsverhältnisse in den zuständigen Verhandlungskom- missionen zu erklären. Der bundesstaatliche Finanzausgleich (als Teil der ge- Hinzu kommt, dass auch die abgeschöpften Erträge samten föderalen Finanzbeziehungen) zielt darauf ab, keineswegs in systematischer Weise verteilt werden (vgl. entsprechend den grundgesetzlichen Vorgaben die ein- Tab. 2). Von Mehreinnahmen in einem beliebigen Land zelnen föderalen Ebenen in die Lage zu versetzen, die profitieren die übrigen Länder unterschiedlich stark und ihnen verfassungsgemäß zukommenden Aufgaben in adä- zumindest dem ersten Anschein nach ist hier kein klares quater Weise zu erfüllen. Konstitutiv hierfür ist zunächst Muster erkennbar. Ebenso verhält es sich mit Blick da- Art. 106 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG), nach dem die rauf, wie ein einzelnes Land an Mehreinnahmen in an- Einnahmeverteilung zwischen Bund und Ländern so aus- deren Ländern partizipiert. Wie noch zu zeigen ist, rührt zutarieren ist, dass die „Einheitlichkeit der Lebensverhält- dies daher, dass bei der Verteilung der Mehreinnahmen nisse“ im Bundesgebiet gewahrt bleibt. Finanzkraftunter- neben der Finanzkraft auch die Größe der einzelnen Län- schiede zwischen den einzelnen Ländern sind gemäß der (gemessen an Steuereinnahmen und gemessen an Art. 107 Absatz 2 GG in angemessener Weise auszuglei- der Einwohnerzahl) eine Rolle spielt. chen. Die Konkretisierung dieser allgemeinen Vorgaben Angesichts dieses eher diffusen Bildes soll im Folgen- erfolgt im Finanzausgleichsgesetz (FAG): Zunächst wird den genauer untersucht werden, wodurch die Vertei- (§ 1 FAG) die Verteilung der Umsatzsteuer zwischen lungsergebnisse des Finanzausgleichs im Einzelnen de- Bund, Ländern und Gemeinden geregelt, in einem zwei- terminiert sind. Anders als bisherige Studien, die hierzu ten Schritt (§ 2 FAG) die Aufteilung des Länderanteils an typischerweise Simulationsergebnisse heranziehen, wird der Umsatzsteuer zwischen den einzelnen Ländern vor- dabei (erstmals) eine formelmäßige Darstellung gewählt. genommen und hiernach (§§ 4-10) der eigentliche Finanz- Nur auf diese Weise lässt sich zeigen, auf welcher Stufe ausgleich zwischen finanzstarken und finanzschwachen des Finanzausgleichs und in welchen Mechanismen die Ländern definiert. Darüber hinaus stellt der Bund finanz- Ursachen für den wenig systematischen Verlauf der Ver- schwachen Ländern zusätzliche Mittel zur Aufstockung bleibsquoten liegen. ihrer Einnahmen zur Verfügung (§ 11 Abs. 2 FAG). Ergän- ifo Dresden berichtet 6/2013
10 Aktuelle Forschungsergebnisse Tabelle 2: Verteilung von Mehreinnahmen bei der Einkommensteuer in Höhe von 1 Mrd. € auf den Bund und die einzelnen Bundesländer, Berichtsjahr 2011 (in € je Einwohner) Nordrhein-Westfalen Baden-Württemberg Meckl.-Vorpommern Schleswig-Holstein Sachsen-Anhalt Rheinland-Pfalz Niedersachsen Brandenburg Thüringen Hamburg Saarland Sachsen Bremen Hessen Bayern Berlin Baden- 23,8 5,1 5,7 5,6 5,7 2,5 5,1 5,6 5,0 2,0 5,2 5,5 5,6 5,6 5,1 5,6 Württemberg Bayern 5,8 21,6 6,0 5,8 6,0 1,6 6,3 5,9 4,9 0,8 5,2 5,7 5,8 5,8 5,0 5,8 Berlin 8,0 8,0 25,7 8,3 8,3 8,0 8,0 8,3 8,3 8,0 8,3 8,3 8,3 8,3 8,3 8,3 Brandenburg 6,0 6,0 6,3 31,0 6,3 6,0 6,0 6,3 6,3 6,0 6,3 6,3 6,3 6,3 6,3 6,3 Bremen 8,0 8,0 8,3 8,3 100,2 8,0 8,0 8,3 8,3 8,0 8,3 8,3 8,3 8,3 8,3 8,3 Hamburg 3,5 3,5 5,8 5,8 5,8 176,3 3,5 5,8 5,7 2,9 5,7 5,8 5,8 5,8 5,7 5,8 Hessen 5,8 6,3 6,0 5,8 6,0 1,5 37,9 5,9 4,9 0,8 5,2 5,7 5,8 5,9 5,0 5,9 Meckl.- 6,0 6,0 6,3 6,3 6,3 6,0 6,0 43,7 6,3 6,0 6,3 6,3 6,3 6,3 6,3 6,3 Vorpommern Nieder- 5,8 5,8 6,4 6,4 6,4 5,8 5,8 6,4 14,8 5,8 6,4 6,4 6,4 6,4 6,4 6,4 sachsen Nordrhein- 1,9 1,9 4,5 4,5 4,5 1,9 1,9 4,5 4,5 20,3 4,5 4,5 4,5 4,5 4,5 4,5 Westfalen Rheinland- 5,9 5,9 6,3 6,3 6,3 5,9 5,9 6,3 6,3 5,9 22,6 6,3 6,3 6,3 6,3 6,3 Pfalz Saarland 5,9 5,9 6,3 6,3 6,3 5,9 5,9 6,3 6,3 5,9 6,3 67,5 6,3 6,3 6,3 6,3 Sachsen 6,0 6,0 6,3 6,3 6,3 6,0 6,0 6,3 6,3 6,0 6,3 6,3 21,1 6,3 6,3 6,3 Sachsen- 6,0 6,0 6,3 6,3 6,3 6,0 6,0 6,3 6,3 6,0 6,3 6,3 6,3 32,7 6,3 6,3 Anhalt Schleswig- 5,8 5,8 6,4 6,4 6,4 5,8 5,8 6,4 6,4 5,8 6,4 6,4 6,4 6,4 29,7 6,4 Holstein Thüringen 6,0 6,0 6,3 6,3 6,3 6,0 6,0 6,3 6,3 6,0 6,3 6,3 6,3 6,3 6,3 33,8 nachr.: Bund 4,8 4,8 5,6 5,7 5,6 4,8 4,8 5,7 5,9 4,8 5,8 5,7 5,7 5,7 5,9 5,7 Werte in Spalten geben die Verteilung der Mehreinnahmen (in Höhe von 1 Mrd. €) in dem jeweiligen Land auf die übrigen Länder an. Werte in Zeilen stellen dar, in welchem Umfang ein Land von den Mehreinnahmen in genannter Höhe in einem beliebigen anderen Land profitiert. Fettgedruckte Werte auf der Diagonalen geben den Verbleib von Steuermehreinnahmen im Ursprungsland je Einwohner an. Quellen: Bundesministerium der Finanzen, Berechnungen des ifo Instituts. ifo Dresden berichtet 6/2013
Aktuelle Forschungsergebnisse 11 zend sind außerdem das Zerlegungsgesetz (ZerlG, Anrechnung der kommunalen Finanzkraft. Es ist daher Vorschriften zur Verteilung des Länderanteils an der auch angemessen, Landes- und Gemeindeebene mit Lohnsteuer4, der Abgeltungssteuer5 und der Körper- Blick auf den Länderfinanzausgleich in zusammengefass- schaftsteuer6 auf die einzelnen Länder), das Gewerbe- ter Form zu behandeln.10 Die Verteilung der Gesamt- steuergesetz (Vorschriften zur Verteilung der Gewerbe- einnahmen von Land und Kommunen auf die beiden steuer bei Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten)7 Ebenen ist dann letzten Endes eine Frage, die landes- und das Gemeindefinanzreformgesetz (Verteilung des gesetzlich zu klären ist (Art. 106 Abs. 7 GG); hier haben Umsatzsteueranteils der Gemeinden auf die Länder so- die einzelnen Bundesländer teilweise deutlich voneinan- wie Bestimmung der Gewerbesteuerumlage) ausgleichs- der abweichende Regelungen gefunden.11 relevant.8 Ausgangsbasis des Finanzausgleichs ist das „eige- Entscheidend für die Funktionsweise des bundes- ne“ Steueraufkommen der Länder (und ihrer Gemein- staatlichen Finanzausgleichs sind letzten Endes alle vier den). Was hierzu zu zählen ist, ergibt sich aus den ver- Stufen, nämlich die vertikale Steuerzuordnung auf Bund, fassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 106, 106b und Länder und Gemeinden, der Umsatzsteuervorwegaus- 107 GG. Grundsätzlich gilt dabei das Prinzip des „ört- gleich, der horizontale Finanzausgleich zwischen den lichen Aufkommens“ (was durch die Wirtschaftskraft eines Ländern und die ergänzenden Zuweisungen des Bun- Landes determiniert ist), doch wird dieses Prinzip in des an finanzschwache Länder. Zusätzlich gewährt der mehrfacher Weise durchbrochen. Zum einen wird die Bund zum Ausgleich von Sonderbedarfen einzelner Län- Lohnsteuer dem Land zugewiesen, in dem der Steuer- der zusätzliche Bundesergänzungszuweisungen (BEZ) pflichtige seinen Wohnsitz hat. Dahinter steht die Vorstel- zum Ausgleich überproportionaler Kosten politischer lung, dass die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen Führung an „kleine“ Länder (§ 11 Abs. 4 FAG) sowie zur überwiegend am Wohnsitzort erfolgt. Gleiches gilt auch Deckung teilungsbedingter Sonderlasten aus dem infra- für die Kapitalertragsteuer. Zum anderen wird die Körper- strukturellen Nachholbedarf und zum Ausgleich unter- schaftsteuer dem Ort der Gewinnentstehung zugerech- proportionaler kommunaler Finanzkraft (§ 11 Abs. 3 FAG) net, was mittels Aufteilung nach den Vorschriften des § 2 einerseits und zum Ausgleich von Sonderlasten durch ZerlG erfolgt. Mangels hinreichender statistischer Daten strukturelle Arbeitslosigkeit (§ 11 Abs. 3a FAG) anderer- zur regionalen Herkunft der Gewinne von Unternehmen seits an die ostdeutschen Länder, die hier jedoch un- mit Standorten in mehreren Bundesländern erfolgt die berücksichtigt bleiben können. Zerlegung hier nach dem Maßstab der Lohnsumme in Grundsätzlich wird bei der (Um)Verteilung des Steuer- den einzelnen Betriebsteilen – was in der Tendenz solche aufkommens davon ausgegangen, dass die Zahl der Länder benachteiligt, bei denen der Anteil der Arbeits- mit öffentlichen Leistungen zu versorgenden Einwohner entgelte an der gesamten Bruttowertschöpfung verhält- den Finanzbedarf der einzelnen Länder determiniert. nismäßig gering ist (weil entweder die Löhne niedrig Dieser Maßstab findet nicht nur bei der primären Vertei- oder die Kapitalintensität hoch ist). Hiervon dürften ins- lung der Gemeinschaftsteuern (die eben nicht dem „ört- besondere die ostdeutschen Länder negativ betroffen lichen Aufkommen“, sondern zu einem wesentlichen sein, bei denen das Körperschaftsteueraufkommen Teil dem Wohnsitzlandprinzip folgt), sondern auch bei selbst nach Zerlegung gemessen am Bruttoinlandspro- den nachfolgenden Regelungen des Finanzausgleichs dukt deutlich niedriger ausfällt als im gesamtdeutschen Anwendung. „Abstrakte“ Mehrbedarfe werden jedoch Durchschnitt.12 bei den Stadtstaaten und einigen dünn besiedelten Aber auch die Aufteilung der Lohnsteuer entsprechend Flächenländern anerkannt, was durch eine unter- dem Wohnsitz der Steuerpflichtigen führt nicht immer zu schiedlich hohe „Einwohnerveredelung“ berücksichtigt einer überzeugenden Umverteilung des Gesamtsteuer- wird.9 Darüber hinausgehende Unterschiede in den aufkommens.13 Kritisch ist insbesondere zu sehen, dass Bedarfen gelten hingegen als nicht ausgleichsrelevant. die Zuordnung der Lohnsteuer zum Wohnsitzland dazu Gleiches gilt für vergangenheitsbedingte Lasten (Zins- führen kann, dass Bundesländer mit einem hohen Ein- zahlungen, Pensionslasten), die in den Ländern unter- pendleranteil nur geringe Steuereinnahmen erzielen, ob- schiedlich groß sind und divergierende Ausgabenbelas- wohl die von ihnen angebotenen Leistungen zumindest tungen auslösen können. teilweise von eben jenen Einpendlern in Anspruch ge- Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass die Gemein- nommen werden. Dies trifft insbesondere für die Stadt- den im Geflecht der föderalen Finanzbeziehungen der staaten zu, denen nicht zuletzt deshalb bei der Ermitt- Bundesrepublik Deutschland keine eigenständige Ebene lung des Finanzbedarfs im Länderfinanzausgleich i. e. S. darstellen, sondern quasi Bestandteil ihrer jeweiligen Län- ein erhöhter Bedarf zugestanden wird. Dass dieser der sind (Art. 106 Abs. 9 GG). Nur folgerichtig erfolgt da- erhöhte Bedarf freilich dann von allen Ländern (und nicht her im Finanzausgleich auch eine wenigstens teilweise nur den unmittelbar angrenzenden Nachbarländern, von ifo Dresden berichtet 6/2013
12 Aktuelle Forschungsergebnisse denen die in den Stadtstaaten angebotenen öffentlichen Kasten 1: Ableitung der Verbleibsquoten im Leistungen am ehesten in Anspruch genommen werden) Umsatzsteuervorwegausgleich zu tragen sind, ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht überzeugend. Auch der den Ländern14 zustehende Anteil an den Formal ergibt sich somit bei einer Erhöhung der Einnahmen aus der Umsatzsteuer – die ebenfalls zu originären17 Einnahmen Tj in Land j für die Zu- den „eigenen“ Einnahmen zählt – wird grundsätzlich weisungen Zi aus dem Umsatzsteuervorwegaus- nach der Einwohnerzahl auf die einzelnen Länder ver- gleich: teilt.15 Bereits hier greift jedoch die zweite Stufe des für ƒi < 0,97: Finanzausgleichs, nämlich der Umsatzsteuervorweg- ausgleich.16 Hierbei werden bis zu 25 % des Länder- (1) dZi 3.779 Ei T 19 Ti = – anteils am Umsatzsteueraufkommen nach Maßgabe dTj 4.000 E Tj 20 Tj der Steuerkraft auf jene Länder verteilt, deren Einnah- und für 0,97 ƒi < 1 men aus Länder- und Gemeinschaftsteuern (ohne Um- satzsteuer) unter dem Länderdurchschnitt liegen. Zwar (2) dZi dTj = handelt es sich hierbei formaljuristisch noch um den Bereich der Steuerzuordnung; faktisch muss der Um- satzsteuervorwegausgleich jedoch dem Bereich der ( 193 Ei 35 30 E – ƒi Ti 6 T ) –( T Tj 184 35 15 – 3 ƒi ) Ti Tj Steuerverteilung zugeordnet werden und ist daher auch Ti E nach den dort anzuwendenden Kriterien zu beurteilen. mit ƒi = , T Ei Anders als auf den folgenden Stufen des Finanz- ausgleichs bleiben die Gemeindesteuern hier unbe- wobei Ei die Einwohnerzahl im Land beschreibt. rücksichtigt; auch die Förderabgabe (die in einzelnen Ländern eine durchaus nicht unbedeutende Einnahme- Dabei stellt der jeweils erste Term die Zunahme der quelle darstellt) wird dabei nicht einbezogen. Syste- dem Ausgleich zugrundeliegenden Messzahl (die matisch ist dies nicht unproblematisch, weil damit dem durchschnittlichen Steuereinnahmen der Länder- Ausgleich von Finanzkraftunterschieden (unter Ein- gesamtheit) dar. Zu beachten ist, dass dieser Wert schluss der Gemeindesteuern sowie der Förderabgabe), auch dann zunimmt, wenn die originäre Zunahme der dem Länderfinanzausgleich i. e. S. zugrunde liegt, des Steueraufkommens in einem finanzstarken hier ein Ausgleich von Steuerkraftunterschieden (d. h. Land stattfand – in diesem Fall profitieren sämtli- ohne Gemeindesteuern und Förderabgabe) vorgela- che finanzschwachen Länder von einer Zunahme gert ist. ihrer Zuweisungen aus dem Umsatzsteuervor- Der Ausgleichstarif im Umsatzsteuervorwegausgleich wegausgleich. Der zweite Term hingegen stellt die besteht aus zwei Stufen, nämlich einem linearen Aus- Verringerung der Zuweisungen aufgrund einer Er- gleichstarif für Länder mit einer Steuerkraft von weniger höhung der eigenen Einnahmen dar; dieser Term als 97 % des Länderdurchschnitts und einem über- nimmt den Wert 0 an für alle Länder i j und ist proportional steigenden Tarif für Länder mit einer Steuer- negativ für i = j. kraft zwischen 97 % und 100 % des Durchschnitts aller dZi Zi Länder. Ein Zuwachs der Steuereinnahmen eines aus- Es gilt daher < 0 für i = j und > 0 für i j. dTj Tj gleichsberechtigten Landes führt insoweit zu einer Ver- ringerung seiner Umsatzsteuerergänzungsanteile und Jede Veränderung der Zahlungen im Umsatzsteuer- damit zu einer marginalen Verbleibsquote zusätzlicher vorwegausgleichs verändert nun auch den verblei- Steuereinnahmen kleiner Eins. Dabei ist freilich zu be- benden Rest, der nach Einwohnerzahl verteilt wird. achten, dass ein Zuwachs der originären Steuereinnah- Insoweit geben die Gleichungen (1) und (2) noch men eines Landes gleichbedeutend ist mit einem Anstieg nicht den Gesamteffekt wieder. Da sich das nach der durchschnittlichen Steuerkraft der Ländergesamt- Köpfen zu verteilende Umsatzsteueraufkommen heit, was über die unmittelbaren Wirkungen hinaus die (UKöpfe) aus der Differenz zwischen dem (als kon- Zuweisungen an alle ausgleichsberechtigten Länder stant angenommenen) Umsatzsteueraufkommen ins- erhöht. Dies hat zur Folge, dass von Steuermehreinnah- gesamt und der Summe der für alle Länder k zu men in einem beliebigen Bundesland alle ausgleichs- zahlenden Ergänzungsanteile (Zk) ergibt, folgt für die berechtigten Länder profitieren. Dieser Effekt kann je- Veränderung dieser Größe doch die Wirkung geringerer Ergänzungsanteile nicht ausgleichen. ifo Dresden berichtet 6/2013
Aktuelle Forschungsergebnisse 13 (3) dUKöpfe dTj =– ZT k j k = 19 20 – 3.779 4.000 EE > 0 k k (8) dAi 3.779 Ei = dTj 4.000 E ( – ) 1 k Ek E falls j steuerschwaches Land (fj < 0,97) bzw. wenn ursprüngliche Steuererhöhung in einem finanzstarken Land (fj 1). 4.000 (E ) dUKöpfe (4) dTj =– dZ dT =– 3.779 k j E k
14 Aktuelle Forschungsergebnisse Abbildung 4: Verbleibsquoten in der Umsatzsteuerverteilung 1,2 1,0 0,8 Verbleibsquote 0,6 0,4 0,2 0,0 0,65 0,75 0,85 0,95 1,05 1,15 1,25 Steuerkraft in % der durchschnittlichen Steuerkraft Einwohner-Anteil 5% Einwohner-Anteil 10% Quelle: Berechnungen des ifo Instituts auf Basis des FAG. Der Verlauf der Verbleibsquote im Umsatzsteuervorweg- willkürlich gesetzt.20 Letzten Endes benachteiligt die nur ausgleich ist in der nachfolgenden Abbildung 4 darge- teilweise Einbeziehung der kommunalen Steuerkraft stellt. Es zeigt sich, dass diese bei den steuerschwachen Länder, deren Gemeinden nur geringe Steuereinnah- Ländern in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl nur in ei- men erzielen; Profiteure dieser Regelung sind die Ge- ner Größenordnung von 15 bis 20 % liegen, während bei berländer im Finanzausgleich sowie der Bund, da die den steuerstarken Ländern, die keine Ergänzungsanteile Ausgleichszahlungen geringer ausfallen als es bei voll- im Umsatzsteuervorwegausgleich erhalten, eine Ver- ständiger Einbeziehung der kommunalen Finanzkraft bleibsquote nahe 1 erreicht wird.19 der Fall wäre.21 Auf der dritten Stufe des Finanzausgleichs (dem Nicht überzeugend ist es in diesem Zusammenhang Länderfinanzausgleich im engeren Sinne) werden die außerdem, dass die Konzessionsabgaben, die Länder verbleibenden Unterschiede in der Finanzkraft der ein- und insbesondere die Gemeinden z. B. für die Durch- zelnen Länder durch Ausgleichszahlungen zwischen leitung von Strom erheben, im Finanzausgleich unbe- finanzstarken und finanzschwachen Ländern weiter ein- rücksichtigt bleiben, obwohl diese inzwischen einen nicht geebnet. Anders als beim Umsatzsteuervorwegaus- unbeträchtlichen Anteil der kommunalen Einnahmen aus- gleich werden hierbei auch die Förderabgabe sowie die machen. Gemeindesteuern einbezogen, letztere allerdings nur zu Der Finanzausgleich i. e. S. zielt im Grundsatz auf den 64 %. Die Finanzkraft ist insoweit anders definiert als Ausgleich von Finanzkraftunterschieden zwischen den die Steuerkraft im Rahmen des Umsatzsteuervorweg- Ländern ab. Unterschiedliche Einnahmebedarfe sind in- ausgleichs, bei der die Gemeindeebene unberücksich- soweit irrelevant (wenn man vom Verweis auf den kom- tigt blieb. Da die Länder letzten Endes verpflichtet sind, munalen Finanzbedarf in Art. 107 Abs. 2 GG absieht). ihren Gemeinden eine ausreichende Finanzausstattung Vielmehr wird davon ausgegangen, dass der Finanzbedarf zu gewähren, ist die nur teilweise Einbeziehung der Ge- in allen Ländern gleich ist und sich durch die durch- meindesteuern allerdings als nicht sachgerecht einzu- schnittliche Pro-Kopf-Finanzkraft aller Länder approxi- schätzen; zudem scheint der Anrechnungssatz eher mieren lässt. Dieses Prinzip wird allerdings durchbrochen ifo Dresden berichtet 6/2013
Aktuelle Forschungsergebnisse 15 Kasten 2: Ableitung der Verbleibsquoten im Länderfinanzausgleich i. e. S. der Einwohnerzahl () Ei E , Im Folgenden wird abgeleitet, wie die marginalen Veränderungen der Finanzausstattung in den ein- der Finanzkraft vor Finanzausgleich (ƒ = ) i Ti E Ei T zelnen Ländern ausfallen, wenn sich die Steuer- einnahmen Tj vor Finanzausgleich in einem belie- und dem Gesamtanteil am Steueraufkommen () Ti T bigen Land j verändern. Zu beachten ist, dass Tj des jeweiligen Landes ab. hier als Steuereinnahmen nach vertikaler Steuer- Zudem impliziert der Ausgleichstarif, dass die Ver- verteilung und Umsatzsteuerausgleich definiert ist. bleibsquote der vom Land j zusätzlich erzielten Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Finanz- Einnahmen – wenn man von höheren Zahlungen kraft fj (und damit auch die Ausgleichsmesszahl) aufgrund einer Zunahme der Ausgleichsmesszahl wegen der teilweisen Einbeziehung der Gemeinde- einmal absieht – auf dieser Stufe des Finanzaus- steuern hier anders definiert ist als beim Umsatz- gleichs im Bereich einer Finanzkraft kleiner als steuervorwegausgleich. 80 % des Länderdurchschnitts konstant bei 25 % Eine Erhöhung der finanzausgleichsrelevanten liegt, bei höherer Finanzkraft dann aber progressiv Einnahmen Tj in Land j führt entsprechend dem auf Werte bis zu 56 % ansteigt. Ausgleichstarif des Länderfinanzausgleichs zu fol- genden Veränderung der Ausgleichszuweisungen Für die Verbleibsquote ergibt sich für die ausgleichs- an die empfangsberechtigten Länder berechtigten Länder: 1 14.683 Ei (15) Vi = + dZi 3 Ti 14.683 Ei T 4 20.000 E (12) =– + dTj 4 Tj 20.000 E Tj falls fi < 0,8 falls fi < 0,8, (16) Vi = ( 10 26 ƒi – 3 52 ) +( 222.879 Ei 260.000 E – 5 Ti ƒi 26 T ) (13) dZi dTj = ( 10 26 ƒi – ) 55 dTi 52 dTj falls 0,8 fi < 0,93 222.879 Ei T + ( 5 – ƒi Ti 260.000 E 26 T Tj ) (17) Vi = ( 26 7 ƒi – 52 175 ) +( 402 Ei 175 E – 13 Ti 7 ƒi T ) falls 0,8 fi < 0,93 falls 0,93 fi < 1 Sieht man von Veränderungen der Ausgleichs- 727 Ti (14) dZi dTj = ( 26 7 ƒi – 175 ) Tj messzahl ab, so ist der Tarifverlauf für finanz- schwache und finanzstarke Länder symmetrisch T aufgebaut: Die Verbleibsquote bei gegebener + ( 402 Ei 175 E – 13 7 T ƒi i T ) Tj Ausgleichsmesszahl reduziert sich im Bereich einer Finanzkraft zwischen 100 % und 120 % des falls 0,93 fi
16 Aktuelle Forschungsergebnisse durch die Einwohnergewichtung, die den Stadtstaaten Kasten 3: Ableitung der Verbleibsquote bei den (bei Landes- und Gemeindeausgaben) und den am dünn- Allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen sten besiedelten Bundesländern (bei den Gemeinde- ausgaben) einen höheren Finanzbedarf zugesteht. Da- hinter steht offenkundig die Vorstellung, dass bei einer Die Höhe der marginalen Zuweisungen für die „mittleren“ Einwohnerdichte (definiert durch den Mittel- ausgleichsberechtigten Länder ergibt sich als wert aller Bundesländer) die öffentliche Leistungserstel- lung zu den geringstmöglichen Kosten erfolgen kann, T während bei starken Abweichungen nach oben oder (18) dZi = 0,77125 Ei – 0,775 Ti , dTj E Tj Tj nach unten zusätzliche Kosten anfallen. Ob dies tatsäch- lich so ist (und weshalb dies beispielsweise in Bundes- ländern mit sehr dünn besiedelten Teilregionen einerseits wobei Tj hier als Steuereinnahmen nach Umsatz- und dicht besiedelten Agglomerationsräumen anderer- steuervorwegausgleich, aber vor Finanzausgleich seits keine Rolle spielen soll), kann nur empirisch geklärt i. e. S. definiert sind. werden. Der erste Term gibt auch hier wieder die Verän- Die Bemessung der Ausgleichszahlungen im Länder- derung der Ausgleichsmesszahl infolge einer finanzausgleich im engeren Sinne erfolgt nach einem Erhöhung der Steuereinnahmen in einem beliebi- dreistufigen Tarif, der für ausgleichsberechtigte und aus- gen Land an. Zu beachten ist, dass die finanz- gleichsverpflichtete Länder prinzipiell symmetrisch auf- schwachen Länder ebenso wie auf den vorange- gebaut ist (§ 10 FAG). Da ein Anstieg der (finanzaus- henden Stufen des Finanzausgleichs wiederum gleichsrelevanten) Einnahmen in einem Land immer auch auch davon profitieren, wenn in anderen (finanz- die durchschnittliche Finanzkraft (d. h. die Ausgleichs- starken) Ländern Steuermehreinnahmen erzielt messzahl) verändert, ergeben sich dabei auch hier Rück- werden. wirkungen auf alle beteiligten Länder. Für die Verbleibsquote insgesamt ergibt sich der in Für die Verbleibsquote folgt hieraus Abbildung 5 gezeigte Tarifverlauf. Deutlich wird, dass Ei größere Länder (gemessen an Einwohnerzahl und/oder (19) Vi = 0,77125 + 0,225 für fi < 0,995 Anteil am gesamtwirtschaftlichen Steueraufkommen) E über den gesamten Tarifbereich hinweg in stärkerem Vi = 1 sonst Maße von einer Erhöhung ihrer Finanzkraft profitieren als kleinere Länder. Zudem ist die Verbleibsquote um so Auch hier stellt der erste Term wiederum die Ver- niedriger, je geringer/höher die Finanzkraft des jeweili- änderung der Zuweisungen an alle begünstigten gen Landes ist: Liegt die Verbleibsquote bei „sehr ar- Länder als Folge einer Erhöhung der Ausgleichs- men“ und „sehr reichen“ Ländern nur in einer Größen- messzahl nach einer Erhöhung der Steuereinnah- ordnung von 30 %, erhöht sie sich bei Ländern mit einer men des Landes j dar, während der zweite Term durchschnittlichen Finanzkraft auf Werte von bis zu die Reduktion der Zuweisungen infolge der eigenen 60 %. Auf dieser Stufe des Finanzausgleichs „belohnt“ Mehreinnahmen im Land i = j angibt. der Tarifverlauf damit Länder, die ein in etwa durch- schnittliches Finanzkraftniveau aufweisen. Als anreiz- kompatibel wäre hingegen eher eine über den gesam- ten Tarifverlauf konstante Verbleibsquote anzusehen. ergänzungszuweisungen bei finanzschwachen Ländern Auf der letzten Stufe des Finanzausgleichs werden nur in einer Größenordnung von 30 % liegt, während „leistungsschwachen“ Ländern nach § 11 Abs. 2 FAG sie bei finanzstarken Ländern – die keine BEZ erhalten – durch den Bund Allgemeine Bundesergänzungszuwei- naturgemäß einen Wert von 1 erreicht. Auch hier ist wie- sungen (BEZ) zur Aufstockung ihrer Einnahmen zur Ver- der ein Zusammenhang mit den Einwohnerzahlen fest- fügung gestellt. Als leistungsschwach gelten dabei Län- stellbar. der, deren Einnahmen nach Länderfinanzausgleich i. e. S. Formal erfolgt die Zuweisung von Bundesergänzungs- unter 99,5 % der durchschnittlichen Einnahmen der Län- zuweisungen zwar aus Mitteln des Bundes; da diese dergesamtheit liegen; der Fehlbetrag wird dabei durch jedoch dessen Anspruch auf Einnahmen in der primä- BEZ zu 77,5 % ausgeglichen. ren (vertikalen) Steuerverteilung nach Art. 106 Abs. 3 GG Die resultierende Verbleibsquote von Steuermehrein- (Deckungsquotenprinzip) erhöhen, erfolgt die Finanzie- nahmen ist in Abbildung 6 dargestellt. Es zeigt sich, dass rung letzten Endes auch hier aus Mitteln der Länder- die Verbleibsquote wegen der verringerten Bundes- gesamtheit. ifo Dresden berichtet 6/2013
Aktuelle Forschungsergebnisse 17 Abbildung 5: Verbleibsquote im Länderfinanzausgleich i. e. S. 0,7 0,6 0,5 Verbleibsquote 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 0,65 0,75 0,85 0,95 1,05 1,15 1,25 1,35 Finanzkraft in % der Ausgleichsmesszahl Anteil Einwohner, Steuern 5% 10 % Quelle: Berechnungen des ifo Instituts auf Basis des FAG. Abbildung 6: Verbleibsquoten in der dritten Stufe des Finanzausgleichs (Allgemeine BEZ) 1,2 1,0 0,8 Verbleibsquote 0,6 0,4 0,2 0,0 0 5 0 5 0 5 0 5 0 5 0 5 0 5 0 5 0 95 95 96 96 97 97 98 98 99 99 00 00 01 01 02 92 03 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 1, 1, 1, 1, 1, 1, 1, Finanzkraft nach Länderfinanzausgleich i.e.S. Einwohner-Anteil 5% Einwohner-Anteil 10% Quelle: Berechnungen des ifo Instituts auf Basis des FAG. ifo Dresden berichtet 6/2013
18 Aktuelle Forschungsergebnisse Fazit Literatur Die vorangegangenen Ausführungen zielten darauf ab, BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN (Hrsg.): Abrechnung des die Funktionsweise des bundesstaatlichen Finanz- Finanzausgleichs für das Jahr 2011, Berlin. ausgleichs unter besonderer Berücksichtigung seiner FUEST, C. und M. THÖNE: Reform des Finanzföderalismus Anreizeffekte (ausgedrückt durch die marginale Ver- in Deutschland, Berlin 2009. bleibsquote) zu erklären. Deutlich wird daran zweier- FEHR, H. und M. TRÖGER: Die Anreizwirkungen des Län- lei: Zum einen ist das gesamte System in sich nicht derfinanzausgleichs: Reformanspruch und Wirklichkeit, konsistent. So werden auf den einzelnen Stufen des in: DIW-Vierteljahreshefte 3/2003, S. 391–406. Finanzausgleichs unterschiedliche Definitionen steuer- ECK, A. und C. THATER: Elemente kommunaler Finanzaus- licher Leistungsfähigkeit verwendet und der Tarifverlauf gleichssysteme in Deutschland, ifo Dresden berichtet folgt keiner einheitlichen Systematik. Zum anderen 02/2013, S. 33–35. greift eine alleinige Betrachtung des Länderfinanzaus- gleichs i. e. S. zu kurz, wenn man die Verteilungs- und Anreizwirkungen des Finanzausgleichs analysieren will. Einzubeziehen sind vielmehr sämtliche Stufen von der primären Steuerverteilung bis hin zu Gewährung von allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen, da alle diese Stufen aufeinander aufbauen und die Ergebnisse der jeweils vorangehenden Stufe die Bedingungen der Verteilung auf der nächsthöheren Stufe mitbestimmen. 1 Vgl. exemplarisch FEHR und TRÖGER (2003) oder FUEST und THÖNE (2009). Eine Reform, die diesen Namen verdient, müsste daher 2 In der genannten Ausgabe des ifo Schnelldienstes werden eine Reihe von Beiträgen zur Reform des Finanzausgleichs veröffentlicht, die an- das gesamte System der föderalen Finanzverfassung lässlich der Festveranstaltung zum 20-jährigen Bestehen der Nieder- umfassen. lassung Dresden des IFO INSTITUTS präsentiert wurden. Die in diesem Auf- Der oben (vgl. Abb. 3) exemplarisch dargestellte satz veröffentlichten Ergebnisse wurden in Auszügen ebenfalls auf dieser Veranstaltung vorgestellt. Verlauf der Verbleibsquote bei der Einkommensteuer 3 Ein zweiter Grund liegt darin, dass auf den einzelnen Stufen des Finanz- (am Beispiel Sachsens) erklärt sich durch die ausgleichs unterschiedliche Bemessungsgrundlagen angewandt wer- den; siehe hierzu weiter unten. unterschiedlichen Tarifverläufe auf den drei Stufen des 4 Die am Arbeitsort abgeführte Lohnsteuer wird dabei dem Land zugeord- Finanzausgleichs: Da bei geringen Steuereinnahmen net, in dem der jeweilige Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat. 5 Die am Sitz des jeweiligen Vermögensanlageinstituts im Quellenabzugs- ein hoher Teil von Mehreinnahmen durch niedrigere verfahren abgeführte Kapitalertragsteuer wird hierbei entsprechend dem Zahlungen im Umsatzsteuervorwegausgleich und ver- Wohn- bzw. Unternehmenssitz des Empfängers der Kapitalerträge auf- geteilt. ringerte Zuweisungen des Bundes (Allgemeine BEZ) 6 Die am Unternehmenssitz anfallende Körperschaftsteuer wird bei Unter- „abgeschöpft“ wird, ergibt sich hier eine niedrige Ver- nehmen mit Betriebsstätten in mehreren Ländern entsprechend der Lohnsumme (als Approximation der Bruttowertschöpfung) auf die ein- bleibsquote. Diese steigt – wegen des Tarifverlaufs im zelnen Länder verteilt. Diese Verteilung wird nachfolgend durch die am Länderfinanzausgleich i. e. S. – bei steigender Steuer- Einwohnermaßstab ansetzenden Regelungen des Finanzausgleichs kor- kraft zwar zunächst an, verringert sich dann aber wie- rigiert. 7 Hier erfolgt die Zerlegung unter Berücksichtigung divergierender Hebe- der. Bei hoher Steuerkraft schließlich wird wegen der sätze entsprechend der Lohnsumme in den einzelnen Betriebsteilen. 8 Darüber hinaus sind die Regelungen der Feuerschutzsteuergesetzes hohen Verbleibsquoten (nahe 1) im Umsatzsteuervor- und des Rennwett- und Lotteriegesetzes relevant. wegausgleich eine insgesamt hohe Verbleibsquote 9 Diese beläuft sich auf einheitlich 135 % bei den Stadtstaaten und Werte erreicht. zwischen 1,02 und 1,05 in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklen- burg-Vorpommern, wobei bei letzteren jedoch lediglich die Gemeinde- Zu vermuten ist, dass diese Implikationen des steuern entsprechend gewichtet werden. Finanzausgleichssystems den politischen Akteuren bei 10 Insoweit ist auch die Vorgehensweise nicht überzeugend, Verbleibsquo- ten im Finanzausgleich allein für die Landesebene zu berechnen. Verabschiedung des geltenden Finanzausgleichsgeset- 11 Vgl. ECK und THATER (2013) zes nicht umfänglich bewusst waren – anders lässt sich 12 Statistische Angaben über die Herkunft der Zerlegungsbeträge werden allerdings nicht veröffentlicht – was insbesondere deswegen problema- jedenfalls ein System, das keiner wirklichen Rationalität tisch ist, weil dieser Posten im Zeitablauf ungewöhnlich stark volatil ist. zu folgen scheint, kaum erklären. Umso wichtiger sind 13 Vgl. zur Kritik z. B. FUEST und THÖNE (2009). 14 Besonderheiten gelten für die Verteilung des Umsatzsteueranteils der die jetzt anstehenden Verhandlungen um eine Nach- Gemeinden nach §§ 5a-c Gemeindefinanzreformgesetz. Hierauf wird im folgeregelung für den Finanzausgleich. Es ist zu hoffen, Folgenden jedoch nicht näher eingegangen. 15 Gedacht ist dies in erster Linie als Approximation der Verteilung des dass dabei eine Lösung gefunden wird, die zumindest privaten Verbrauchs als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer; da die gröbsten Ungereimtheiten des geltenden Regel- bei der nachfolgenden Umverteilung der Steuereinnahmen aber ohnehin werks beseitigt. der Einwohnermaßstab angewandt wird, kann die Ermittlung des länder- ifo Dresden berichtet 6/2013
Aktuelle Forschungsergebnisse 19 spezifischen Anteils an der Umsatzsteuer „nach Köpfen“ gleichzeitig steueranteile bei einer ausschließlichen Verteilung nach Köpfen. Insoweit auch als Ausdruck einer am Bedarf orientierten Verteilung angesehen können auch diese Länder zu den Geberländern im Umsatzsteuervor- werden. Es ist unübersehbar, dass allein das schon zu einer gewissen wegausgleich gerechnet werden. (wenngleich kaum quantifizierbaren) Verringerung von Steuerkraftunter- 20 Die nur teilweise Einbeziehung der gemeindlichen Steuerkraft lässt sich schieden führt. als Interpretation der Vorgabe des Art. 107 Abs. 2 GG auffassen, dass 16 Aus diesem Grund ist es nicht unproblematisch, die Umsatzsteuer juris- nicht nur die Finanzkraft, sondern auch der Finanzbedarf der Kommunen tisch als „eigene Einnahme“ der Länder zu betrachten. bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs zu berücksichtigen ist. Die- 17 Zu beachten ist, dass die vertikale Steuerverteilung zwischen Bund und ser unabweisbare und deshalb nicht dem Ausgleichsmechanismus un- Ländern hier nicht abgebildet ist. Tj bezieht sich insoweit allein auf die terliegende Finanzbedarf wird offenkundig pauschal auf 36 % der kom- Steuern der Länder nach Abzug der auf den Bund entfallenden Beträge. munalen Einnahmen beziffert. Die Klage Bayerns und Hessens gegen 18 Die Verbleibsquote ist hier auf die Steuereinnahmen des Landes nach den geltenden Finanzausgleich verweist demgegenüber darauf, dass vertikaler Steuerverteilung bezogen. Vgl. auch Fußnote 18. dieser bedarfsgerechte Anteil der kommunalen Einnahmen eher höher 19 Auf der Stufe der Umsatzsteuerverteilung erhielten im Berichtsjahr 2011 sein dürfte, weshalb die kommunale Finanzkraft mit einem geringeren außer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg (den Geber- Gewichtungssatz in den Finanzausgleich eingehen müsse. ländern im Länderfinanzausgleich i. e. S.) alle Länder Ergänzungsanteile 21 Mit aus diesem Grund sind die Sonderbedarfs-Bundesergänzungs- im Umsatzsteuervorwegausgleich. Diese fielen allerdings in einigen Län- zuweisungen an die ostdeutschen Länder (einschließlich Berlin) nach dern (Rheinland-Pfalz, Bremen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-West- § 11 Abs. 3 FAG explizit auch mit dem Erfordernis eines Ausgleichs der falen) geringer aus als die auf sie rechnerisch entfallenden Umsatz- unterproportionalen kommunalen Finanzkraft begründet. ifo Dresden berichtet 6/2013
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