Wie geht es Tinnituspatienten in der Coronapandemie?
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Fortbildung Auswirkungen auf alle Lebensbereiche Wie geht es Tinnituspatienten in der Coronapandemie? Winfried Schlee Die Coronapandemie bringt erhebliche Veränderung in vielen verlust. Aufgrund des Hörverlustes Bereichen des täglichen Lebens und der allgemeinen Gesundheits kommt es zu plastischen Veränderun- gen im Gehirn, welche den Tinnitus versorgung mit sich. Inwieweit hat dies auch Auswirkungen auf auslösen können. Im Falle eines Hör- Patienten mit einem chronischen Tinnitusleiden? Zu dieser Frage verlustes versucht das zentrale Nerven- stellung wurden zwei empirische Studien unabhängig voneinander system den fehlenden auditorischen In- put zu kompensieren. Dies kann dazu durchgeführt – und kommen zu ähnlichen Ergebnissen. führen, dass die Spontanaktivität im auditorischen Kortex sowie die neuro- nale Synchronizität erhöht werden. Al- T innitus ist definiert als die Wahr- etwa 1 % der Bevölkerung ist er mit lerdings entwickelt nicht jeder Mensch nehmung von Geräuschen in Ab- emotionalem Stress, depressiven Sym- mit Hörverlust einen Tinnitus – und wesenheit eines entsprechenden ptomen, Angstzuständen und Schlaflo- nicht alle Tinnitusbetroffenen haben akustischen Reizes. Mit einer Prävalenz sigkeit verbunden. auch einen Hörverlust. Weitere Fakto- von ca. 10–15 % ist Tinnitus in der deut- Der wichtigste Risikofaktor für die ren wie z. B. eine Muskelverspannun- schen Bevölkerung weit verbreitet. Bei Entwicklung von Tinnitus ist der Hör- gen im Nacken oder Kiefer können ebenso zur Entstehung von Tinnitus beitragen. Der chronische Tinnitus fluktuiert Von einem „chronischen Tinnitus“ spricht man in der Forschung, wenn der Tinnitus über mehr als sechs Monate besteht. „Chronischer Tinnitus“ heißt aber nicht, dass der Betroffene seinen Tinnitus immer in gleicher Weise wahrnimmt. Der Tinnitus kann mal © Marco_Piunti / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell) leiser und mal lauter sein. So konnte ge- zeigt werden, dass der Tinnitus häufig am Morgen lauter ist als am Abend [1] und dass emotionale Zustände oder auch stressvolle Lebensereignisse den Tinnitus modulieren [2]. Entscheidend ist hierbei die subjektive Wahrneh- mung des Lebensereignisses, welche die individuelle Tinnituslautstärke und die Tinnitusbelastung des Patienten beein- flusst. Stress als Einflussfaktor für den Tinnitus Der Einflussfaktor Stress wurde in den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen erschwerten es Tinnituspatienten, ihre letzten Jahren zunehmend beforscht. Bewältigungsstrategien einzusetzen. Die Reaktionen sind individuell verschieden. Man geht derzeit von einer starken und 24 HNO-NACHRICHTEN 2021; 51 (3)
komplexen Wechselwirkung zwischen pothese ist daher, dass umweltbedingte, Tinnitus und Stress aus. Viele Betroffe- soziale, gesellschaftliche und berufliche ne empfinden ihren Tinnitus als belas- Faktoren, welche die Tinnituspatienten tend, aufdringlich und störend. Eine daran hindern, ihre Bewältigungsstra- beträchtliche Untergruppe entwickelt tegien anzuwenden, zu einer Zunahme Schlaflosigkeit, psychische Probleme der tinnitus assoziierten Stressbelas- wie Depression oder Angst und Auf- tung führen. Durch behördliche Maß- merksamkeitsschwierigkeiten als Folge nahmen der Kontakt- und Ausgangsbe- der andauernden Tinnituswahrneh- schränkung während der Pandemie mung. Dies erhöht letztendlich das konnten Betroffene die üblichen Bewäl- Stressempfinden der Betroffenen [3]. tigungsstrategien gegen den Tinnitus Gleichzeitig wird vermutet, dass ne- nur bedingt ausüben, was die Gelegen- gativ empfundener Stress auch die Tin- heit bot, diese Hypothese zu überprü- nituswahrnehmung verschlimmern fen. und evtl. sogar auslösen kann. So be- richten manche Patienten, dass dem Die Pandemie wird individuell Auftreten ihres Tinnitus belastende unterschiedlich wahrgenommen und als stressig empfundene Lebens- Im März 2020 erklärte die Weltgesund- ereignisse vorausgingen [4]. Darüber heitsorganisation (WHO) den Covid- hinaus vermitteln das Stressniveau und 19-Ausbruch zur globalen Pandemie. der affektive Zustand die Beziehung Diese Pandemie hat das Leben von Mil- zwischen der Tinnituslautstärke und liarden von Menschen rund um den der Tinnitusbelastung: Bei hohem Globus beeinträchtigt und zu außeror- Stressniveau führt auch schon ein ge- dentlichen Störungen der Gesundheits- ringer Anstieg der Tinnituslautstärke versorgung, der wirtschaftlichen Akti- zu einer erheblichen Zunahme der Tin- vitäten und der sozialen Interaktionen nitusbelastung [2]. Auch im klinischen geführt. Aufgrund der Mensch-zu- Alltag berichten Betroffene nicht selten, Mensch-Übertragung von SARS-CoV-2 dass stressige Lebenssituationen ihren führten die meisten Länder Maßnah- Tinnitus beeinflussen. Doch welche Si- men zur Kontakt- und Ausgangsbe- tuation als stressig – im negativen Sin- schränkung ein. ne – erlebt wird, ist höchst individuell. Von diesen Maßnahmen war nicht je- In Extremfällen kann ein und diesel- der in gleicher Weise betroffen: Abhän- be Lebenssituation von dem einen als gig von dem eigenen Gesundheitszu- höchst stressig und belastend erlebt stand, der Arbeits-, Lebens- und Wohn- werden, während eine andere Person in situation kann die Pandemie als Stress- derselben Situation eine willkommene faktor wahrgenommen werden, mögli- Abwechslung und Herausforderung cherweise sogar eine Existenz- oder Le- sieht. Die Pandemie der neuartigen Co- bensbedrohung darstellen – oder im ronaviruserkrankung 2019 (Covid-19) anderen Extremfall eine Entlastung sein, mit ihrer individuellen gesundheitli- welche die Option bietet, mehr Zeit mit chen Gefährdung sowie den gesell- der Familie und den eigenen Hobbys zu schaftlichen und wirtschaftlichen Ver- verbringen. änderungen kann durch die Tinnitus- Eine kürzlich veröffentlichte Meta- betroffenen in verschiedener Weise analyse zu den psychologischen Aus- wahrgenommen werden. Es ist daher wirkungen von Quarantäne in vergan- anzunehmen, dass die Pandemie auch genen Epidemien und Pandemien hat die Tinnituswahrnehmung unter- gezeigt, dass Menschen, die unter Qua- schiedlich beeinträchtigt. rantäne stehen, mit höherer Wahr- Darüber hinaus spielen die individu- scheinlichkeit psychische Probleme ellen Bewältigungsstrategien zur Regu- aufweisen [5] und eine erhöhte Präva- lierung von Stress und dem Umgang lenz psychologischer Symptome, ein- mit dem Tinnitus, wie z. B. soziale und schließlich Angst, posttraumatischer körperliche Aktivität, eine große Rolle und depressiver Symptome, zeigen. für die subjektive Wahrnehmung des Diese Vorstellung wird durch weitere Ohrgeräusches und die Belastung Studien bestätigt, in denen die Auswir- durch den Tinnitus. Eine gängige Hy- kungen der Covid-19-Pandemie unter- HNO-NACHRICHTEN 2021; 51 (3) 25
Fortbildung Tinnitus in der Coronapandemie hatten. Während der Kontaktbeschrän- kungen im April 2020 wurde mit diesen 0,12 Personen eine zweite Befragung durch- 0,025 geführt, was einen direkten Vergleich der Tinnitusbelastung zu einem Zeit- 0,10 punkt vor Ausbruch der Pandemie und 0,020 dem Zeitpunkt während der Ausgangs- 0,08 und Kontaktbeschränkungen ermög- lichte. Neben der tinnitusbedingten Be- Häufigkeit 0,015 0,06 lastung wurden auch depressive Symp- tome, Persönlichkeitseigenschaften so- 0,010 wie das individuelle Erleben der Pande- 0,04 miesituation erfasst. Beide Studien wurden Open Access 0,005 0,02 publiziert. Die Originalartikel können unter den Links im Literaturverzeichnis 0,000 0,00 kostenlos heruntergeladen werden [9, 10]. -60 -40 -20 0 20 40 -15 -10 -5 0 5 10 15 Veränderung der Veränderung THI Veränderung Mini-TQ Tinnitusbelastung in der Pandemie Wie erwartet, gab es in beiden Studien Abb. 1: Einfluss der Pandemiesituation auf die individuelle Tinnitusbelastung (gemessen große individuelle Unterschiede zwi- mittels „Tinnitus Handicap Inventory“ [THI] und Mini-Tinnitus-Questionnaire [Mini-TQ]). schen den Teilnehmern. Die Veränderung wurde durch Subtraktion des Zeitpunkts 2 (Pandemiesituation) vom Bei der Studie von Beukes et al. gaben Zeitpunkt 1 (Ausgangswert aus dem Jahr 2018) berechnet. In dem Histogramm wird die 73 % der Teilnehmer an, dass die Kon- Häufigkeit der individuellen Messwerte dargestellt. Positive Werte weisen auf stärkere Symptome während der Pandemie hin; modifiziert nach [10] takt- und Ausgangsbeschränkungen keinen Einfluss auf ihren Tinnitus hat- ten, 2 % der Befragten berichteten eine Verbesserung des Tinnitus und bei 25 % sucht wurden und deren Ergebnisse da- Zwei empirische Studien zu der Betroffenen hat sich die Tinnitusbe- rauf hindeuten, dass etwa 30–50 % der Tinnitus in der Pandemie lastung verstärkt. untersuchten Personen unter psychi- Im Frühjahr 2020, kurz nach Ausbruch Auch bei der Regensburger Längs- schen Belastungen leiden [6, 7]. Interes- der Covid-19-Pandemie, wurden zwei schnittstudie ergab sich ein heterogenes santerweise verursacht die einzigartige empirische Studien zu den Auswirkun- Bild: Abb. 1 zeigt ein Histogramm zu Situation der Covid-19-Pandemie, mit gen der pandemischen Situation auf die den individuellen Veränderungen der einer fast vollständigen Abschaltung Tinnitusbelastung durchgeführt: Tinnitubelastung während der Pande- des öffentlichen Lebens, nicht bei allen In einer internationalen Querschnitts- miesituation. Sie wurde mit zwei stan- Menschen eine Belastungssituation. Re- studie von Beukes und Kollegen [9] wur- dardisierten Tinnitusfragebögen („Tin- gelmäßige Umfragen zum psychischen den 3.103 Tinnituspatienten aus 48 Län- nitus Handicap Inventory“ [THI; 11], Zustand der deutschen Bevölkerung dern (49 % aus Nordamerika, 47 % aus und Mini-Tinnitus-Questionnaire [Mi- während der Coronakrise ergaben, dass Europa) befragt. Dabei wurden die Teil- ni-TQ; 12]) erhoben. Positive Zahlen- der Prozentsatz der Menschen, die sich nehmer gebeten, ihre Tinnitusbelastung werte spiegeln eine Zunahme der Tin- selbst als glücklich betrachten, wäh- mit der zu einem Zeitpunkt vor Aus- nitusbelastung wider, während negative rend der ersten Welle der Covid- bruch der Pandemie zu vergleichen. Au- Zahlenwerte für eine Abnahme der Tin- 19-Pandemie in Deutschland sogar an- ßerdem wurden Daten zur aktuellen Le- nitusbelastung stehen. Mit beiden Mess- stieg [8]. benssituation, Selbstisolation, gefühlter instrumenten zeigte sich eine große Insgesamt war daher zu erwarten, Einsamkeit, Schlafverhalten und körper- Streuung, wobei die große Mehrheit der dass die individuellen Berichte über die licher Aktivität erhoben. Die Onlinebe- Teilnehmer nur geringe Veränderungen psychische Belastung in den Studien fragung wurde in den verschiedenen berichtete. Im Mittelwert über die ge- populationen heterogen sein würden. Ländern zwischen dem 29. April 2020 samte Stichprobe ergab sich eine leichte Denn auch der Einfluss der Covid- und dem 12. Mai 2020 für einen Zeit- Zunahme der Tinnitusbelastung. Die 19-Pandemie auf das subjektive Erleben raum von jeweils sechs Wochen gestartet. statistischen Kennwerte zeigten nur des Tinnitus kann, je nach persönlicher An einer regional durchgeführten eine schwache Zunahme mit sehr gerin- Situation, unterschiedlich sein. Eine sol- Längsschnittstudie in Regensburg von gen Effektstärken (THI: Cohen‘s che Varianz in den individuellen Ant- Schlee und Kollegen [10] nahmen 122 D = 0,130; Hedge‘s G = 0,129; Mini-TQ: worten wäre für die wissenschaftliche Tinnituspatienten teil, die bereits im Cohen‘s D = 0,100; Hedge‘s G = 0,099). Analyse sogar von Vorteil. Jahr 2018 an einer Studie partizipiert Nach einer Korrektur für multiple Ver- 26 HNO-NACHRICHTEN 2021; 51 (3)
,,Ich habe ein Gefühl von ,,Ich fühle mich frustriert” ,,Ich empfinde weniger Stress ,,Ich bin nervös” Trauer” als sonst” 40 40 40 40 20 20 20 20 THI-Veränderung 0 0 0 0 -20 -20 -20 -20 -40 -40 -40 -40 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 10 10 10 10 Mini-TQ-Veränderung 5 5 5 5 0 0 0 0 -5 -5 -5 -5 -10 -10 -10 -10 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 ig ig en ig en ig ig ig ig h h ig h h en h h en h h lsc lsc lsc lsc lsc lsc lsc lsc ht ht ht ht ht ht ht ht ed ed ed ed fa fa fa fa fa fa fa fa ric ric ric ric ric ric ric ric hi hi hi hi er lig er lig er lig er lig lig er lig er lig er lig er tsc tsc tsc tsc eh eh eh eh l l l l eh eh eh eh vö vö vö vö l l l l en en en en vö vö vö vö un un un un Abb. 2: Zusammenhang zwischen der individuellen Wahrnehmung der Pandemie und der Veränderung der Tinnitusbelastung (gemessen mit dem „Tinnitus Handicap Inventory“ [THI] und dem Mini-Tinnitus-Questionnaire [Mini-TQ]). Die Veränderung wurde durch Subtraktion des Zeitpunkts 2 (Pandemiesituation) vom Zeitpunkt 1 (Ausgangswert aus dem Jahr 2018) berechnet; modifiziert nach [10] gleiche waren die Effekte statistisch Tinnitusbelastung, welcher auch einer tus nehmen. Tatsächlich konnte ein nicht signifikant. Korrektur für multiple Vergleiche stand- deutlicher statistischer Zusammenhang Mit beiden Studiendesigns, der Quer- hielt. Die Veränderung der Tinnitusbe- zwischen Persönlichkeitseigenschaften schnittsstudie ebenso wie der Längs- lastung korrelierte signifikant mit den und der Veränderung der Tinnitusbe- schnittstudie, wurde beobachtet, dass folgenden vier Fragen, die sich auf Trau- lastung in der Pandemie gemessen wer- die individuellen Verläufe des Tinnitus er („Ich habe ein Gefühl der Trauer“), den. Menschen mit hohen Werten in während der Pandemie sehr heterogen Frustration („Ich fühle mich frustriert“), Neurotizismus berichteten über einen sind. Eine genauere Analyse der Fakto- Stress („Ich empfinde weniger Stress als Anstieg der Tinnitusbelastung, wäh- ren, welche zu einer Verschlechterung sonst“, inverser Zusammenhang) und rend hohe Werte in den Persönlichkeits- oder Verbesserung des subjektiven Tin- Nervosität („Ich bin nervös“) bezogen merkmalen Extraversion, Gewissenhaf- nitusschweregrades beitragen, ist daher (Abb. 2). tigkeit und Offenheit einen Schutzfak- von großer Bedeutung. Einige dieser tor darstellen. Menschen, die sich selbst Einflussfaktoren werden nachfolgend Schützende als extravertiert, gewissenhaft oder of- genauer betrachtet. Persönlichkeitseigenschaften fen für neue Erfahrungen beschreiben, Darüber hinaus konnte in der Regens- konnten häufiger von einer Verbesse- Emotionen und Veränderungen burger Studie auch gezeigt werden, dass rung des Tinnitus während der Pande- des Tinnitus in der Pandemie Persönlichkeitsmerkmale mit der Tin- mie profitieren. In der Studie von Schlee et al. wurden nitusbelastung assoziiert sind [10]. In insgesamt 37 verschiedene Aspekte ab- früheren Studien wurde beobachtet, Weitere Einflussfaktoren auf den gefragt, die sich mit dem subjektiven Er- dass Persönlichkeiten mit ausgeprägtem Tinnitus während der Pandemie leben der Pandemie befassten. Dabei Neurotizismus häufiger über eine In der Querschnittsstudie von Beukes wurde ein breites Spektrum möglicher schwere Tinnitusbelastung klagen. So und Kollegen [9] wurden weitere Ein- Einflussfaktoren abgedeckt. Nur die wurde die Hypothese untersucht, dass flussfaktoren auf die individuelle Tinni- Faktoren Trauer, Stress, Frustration und die individuellen Persönlichkeitseigen- tusbelastung während der Pandemie un- Nervositität zeigten einen statistisch si- schaften auch in der Pandemie einen tersucht. Die Ergebnisse werden nach- gnifikanten Zusammenhang mit der Einfluss auf die Veränderung des Tinni- folgend aufgezählt. HNO-NACHRICHTEN 2021; 51 (3) 27
Fortbildung Tinnitus in der Coronapandemie Kontakt- und der Pandemie; 17 % der Teilnehmer ga- 3. Tegg-Quinn S et al. The impact of tinnitus Ausgangsbeschränkungen ben an, sich gesündern zu ernähren als upon cognition in adults: A systematic re view. Int J Audiol. 2016;55:533-40 Insgesamt gaben 40 % der Befragten an, vorher und 24 % ungesünder. Die Ver- 4. Mazurek B et al. Stress and Tinnitus. HNO. dass sie sich an die Maßnahmen der änderung des Ernährungsstils war si 2015;63:258-65 Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen gnifikant mit der Tinnitusbelastung as- 5. Brooks SK et al. The psychological impact gehalten haben. Wurde die statistische soziiert (X 2 (15) = 326; p = 0,001). of quarantine and how to reduce it: rapid review of the evidence. Lancet. Analyse auf diesen Personenkreis redu- 2020;395:912-20 ziert, zeigte sich ein signifikanter An- Fazit 6. Qiu J et al. A nationwide survey of psycho stieg der Tinnitusbelastung (p < 0,001). Der chronische Tinnitus wird in der wis- logical distress among Chinese people in senschaftlichen Literatur häufig als ein the COVID-19 epidemic: implications and policy recommendations. Gen Psychiatr. Einsamkeit heterogenes Phänomen mit mehreren 2020;33:e100213 Insgesamt berichteten 58 % der Teilneh- Subtypen beschrieben. Diese Heteroge- 7. Wang H et al. The psychological distress mer von Gefühlen der Einsamkeit. Der nität erschwert die systematische Erfor- and coping styles in the early stages of the 2019 coronavirus disease (COVID-19) epide Tinnitus war signifikant störender für schung der neurobiologischen Ursachen mic in the general mainland Chinese popu diejenigen, die über Einsamkeit berich- des Tinnitus ebenso wie die Entwick- lation: A web-based survey. PLoS ONE teten (X 2 (15) = 1,213; p = 0,001). lung von Therapien zur Linderung des 2020;15:e0233410 Tinnitus. Individuelle Unterschiede in 8. Vu V, Meyer J. Corona-Pandemie: Die Gut gelaunten. Zeit Online vom 13.5.2020; Veränderung des Lebensstils der subjektiven Wahrnehmung des Tin- https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-05/ Die Lebensstiländerungen aufgrund der nitus und zahlreiche Einflussfaktoren corona-pandemie-umfrage-wohlbefinden- Covid-19-Pandemie hatten bei 62 % der erhöhen die Varianz der empirisch erho- homeoffice-entschleunigung?utm_ Befragten keinen Einfluss auf den Tin- benen Daten. referrer=https%3A%2F%2Fwww.google. com nitus, bei 34 % verschlimmerten sie den Dies zeigt sich in besonderer Weise 9. Beukes E et al. Changes in Tinnitus Experi Tinnitus und bei 4 % verbesserten sie auch in der Betrachtung der Covid- ences During the COVID-19 Pandemic. ihn. Es stellte sich heraus, dass nicht alle 19-Pandemie und deren Einfluss auf den Front Public Health. 2020;8:592878. https:// www.frontiersin.org/articles/10.3389/ Teilnehmer von Lebensstiländerungen chronischen Tinnitus. In zwei voneinan- fpubh.2020.592878/ in gleichem Maße betroffen waren. Un- der unabhängigen empirischen Studien full?fbclid=IwAR3VD1iP1Sqp8-nRwGBe8Y ter anderem spielte hier auch die Her- mit unterschiedlichen Forschungsde- oIUXnt1dJfJAk28W3K512ghDIGFbYNIibcta0 kunft der Befragten eine entscheidende signs hat sich übereinstimmend gezeigt, 10. Schlee W et al. The effect of environmental stressors on tinnitus: a prospective longitu Rolle, da die Änderungen des Lebens- dass die Veränderungen der Tinnitusbe- dinal study on the impact of the COVID-19 stils die Teilnehmer in Großbritannien lastung während der Pandemie hetero- pandemic. J Clin Med. 2020;9:2756. https:// (46 %) signifikant mehr betrafen als die gen ausfallen. Individuelle Einflussfak- www.mdpi.com/2077-0383/9/9/2756 Teilnehmer in Nordamerika (29 %, X 2 toren sind neben der subjektiven Wahr- 11. Newman CW et al. Development of the tin nitus handicap inventory. Arch Otolaryngol (12) = 232; p = 0,001). nehmung der Pandemie auch die Per- Head Neck Surg. 1996;122:143-8 sönlichkeitseigenschaft, Lebensstilände- 12. Hiller W, Goebel G. Rapid assessment of tin Schlafprobleme rungen, Bewegung, Ernährung, Schlaf- nitus-related psychological distress using Schlafprobleme wie früheres Aufwa- probleme, das Empfinden von the Mini-TQ. Int J Audiol. 2004;43:600-4 chen oder weniger erholsamer Schlaf Einsamkeit und die Umsetzung der wurden von 67 % der Befragten angege- Maßnahmen zur Kontakt- und Aus- PD Dr. Winfried Schlee ben, wobei 46 % eine schlechtere gangsbeschränkung. Lehrstuhl für Psychiatrie Schlafqualität beschrieben. Besserer Die Herausforderung für die For- und Psychotherapie Schlaf wurde von 6 % (n = 221) berichtet. schung der nächsten Jahre besteht dar- Universität Regensburg Unruhiger Schlaf hing signifikant mit in, die individuellen Einflussfaktoren Universitätsstraße 84 93053 Regensburg einer erhöhten Tinnitusbelastung zu- auf den Tinnitus in der wissenschaftli- E-Mail: winfried.schlee@ sammen (X 2 (5) = 113; p = 0,001). chen Betrachtung zu berücksichtigen medbo.de und gleichzeitig allgemeine Wirkme- Bewegung chanismen in der Entstehung, Manifes- Im Vergleich zu der Zeit vor der Pande- tation und Therapie des Tinnitus zu mie gaben 38 % der Befragten an, sich identifizieren. mehr zu bewegen. 46 % berichteten, dass sie sich weniger bewegten, was dazu bei- Literatur trug, dass der Tinnitus mit signifikant 1. Probst T et al. Does tinnitus depend on time-of-day? An ecological momentary erhöhter Belastung angegeben wurde assessment study with the “TrackYourTinni (X 2 (15) = 323; p = 0,001). tus” application. Front Aging Neurosci. 2017;9:253 Ernährung 2. Probst T et al. Emotional states as mediators between tinnitus loudness and tinnitus dist 59 % der Befragten berichteten, dass sie ress in daily life: Results from the “TrackYour sich ähnlich ernährten wir vor Beginn Tinnitus” application. Sci Rep. 2016; 6:1-8 28 HNO-NACHRICHTEN 2021; 51 (3)
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