Wie Kommunen SGB II Leistungen gestalten und mit anderen Leistungen verknüpfen können

Die Seite wird erstellt Nils Schäfer
 
WEITER LESEN
Petra Kaps
                                                                        Evaluation und Politikberatung

Wie Kommunen SGB II‐Leistungen gestalten und
 mit anderen Leistungen verknüpfen können

                            Präsentation auf der Tagung
  „Zwei Jahre Organisationsreform SGB II. Was wurde erreicht, was bleibt zu tun?“
                          Evangelische Akademie Loccum
                                22. November 2012

                                 Petra Kaps
Inhalt
 Leistungen gestalten und verknüpfen
 Handlungsfelder
 Beispiele
 Fazit

Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung   Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Gestalten und Verknüpfen
    Gestalten:
       Probleme erkennen
       Ziele bestimmen
       Prozesse definieren auf Basis [möglichst] klarer Wirkungsvorstellungen
       Qualität von Prozessen sichern
       Ergebnisse und Wirkungen beobachten, bei Bedarf Prozesse umgestalten
       Transparenz über Ergebnisse schaffen

    Verknüpfen:
     Verbindung von [rechtlich] getrennten Elementen eines Leistungsprozesses über
     Systemgrenzen hinweg und Einbeziehung von [unterschiedlich motivierten] Akteuren
       Gemeinsame Zieldefinition
       Klärung von Zuständigkeiten
       Verbindliche Schnittstellendefinitionen und Prozessvorgaben
       Qualitätssicherung
       Systemisches Controlling und gemeinsame Berichterstattung

Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung      Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Handlungsfelder
    Soziale Beratungs‐ und Unterstützungsleistungen rechtmäßig erbringen
     (§ 16a Nr. 2‐4 SGB II, § 67‐69 SGB XII, 35a SGB VIII)
    Arbeitsmarktintegration durch Kombination von Leistungen fördern
     (§ 16a SGB II, § 16 und §§ 16 b‐f SGB II)
    Öffentlich geförderte Beschäftigung neu ausrichten
     (§ 16d SGB II in Kombination mit § 16a SGB II und mit § 27‐35 SGB VIII)
    Kinderbetreuung rechtmäßig erbringen
     (§ 16a SGB II, § 22‐24a SGB VIII, §§ 45 und 87 SGB III, § 54 SGB XII)
    Bildungs‐ und Teilhabeleistungen sinnvoll mit bestehender Infrastruktur verbinden
     (SGB II; XII; BKGG; AsylbLG, § 54 SGB XII, § 27‐35 SGB VIII)
    Elternarbeit intensivieren – bei Bedarf Hilfen zur Erziehung und Grundsicherung
     kombinieren (§ 27‐35 SGB VIII, § 16a SGB II, § 4 Abs. 2 S. 2‐4 SGB II)
    Leistungen zur Integration von Migrant/innen mit SGB II kombinieren
     (BAMF‐Integrationskurse, § 16a, § 16 SGB II)
    Hilfe zur Pflege optimieren
     (§ 61 SGB XII vs. § 16a SGB II)

Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung        Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Bsp.: Suchtberatung & Arbeitsmarktintegration I
     Was kann man wissen?
            Auch Erwerbstätige sind süchtig:
                    Wann ist Suchtberatung für Arbeitsmarktintegration erforderlich? Wann ist
                     sie darüber hinaus nach SGB XII sinnvoll für Leistungsberechtigte des SGB II?
            Erwerbslose Personen in der Suchtberatung im Vergleich zu erwerbstätigen
             Personen in der Suchtberatung:
                    schlechtere Einbindung in soziale Nahbeziehungen
                    häufiger Gewalterfahrungen gemacht
                    niedrigere Schulabschlüsse
                    seltener eine abgeschlossene Berufsausbildung
                    häufiger verschuldet
                    häufiger in Kontakt mit der Justiz gekommen
                    Suchtprobleme der Eltern einen sind signifikanter Risikofaktor für stoffliche
                     Abhängigkeit der nächsten Generation
         Besonderer Unterstützungsbedarf erwerbsloser Abhängiger wegen deutlich
          stärkerer multipler Problemlagen
Q: Neumann/Martens/Buth (2004): Ambulante Suchthilfe in Hamburg, Statusbericht 2004 der Hamburger Basisdatendokumentation, Hamburg: BADO e.V. und
   Martens/Verthein, Buth/Neumann (2008): Ambulante Suchthilfe in Hamburg, Statusbericht 2008 der Hamburger Basisdatendokumentation, Hamburg: BADO e.V.
 Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung                                       Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Bsp.: Suchtberatung & Arbeitsmarktintegration II
     Was kann man wissen?
              Leistungsberechtigte des SGB II in suchttherapeutischer                                                                                       200.000
               Behandlung (hochgerechnet, 2010)
              Registrierte Suchtberatungsfälle nach § 16a Nr. 4 SGB II (2010)                                                                                  10.300
              Wie erklärt sich diese Diskrepanz?
              Anteil von Erwerbsintegrationen bei SGB II‐Leistungsberechtigten                                                                                     2‐5%
               während einer suchttherapeutischen Behandlung (2010)
              Anteil vor Therapie erwerbsloser Personen mit Abstinenz nach                                                                                          31%
               Therapie (2008)
          26‐29 Prozent ungenutztes Potenzial = bis zu 50.000 eLb
              Rückfallquote 1 Monat nach erfolgreicher                                                                                                              30%
               Beendigung einer Therapie (2008)
              Rückfallquote 6 Monate nach erfolgreicher Beendigung                                                                                                  83%
               suchttherapeutischer Behandlung (2008)
          Integrationsaktivitäten unmittelbar nach Therapie ansetzen!
Q: Missel/Schneider et al. (2011): „Effektivität der stationären Suchtrehabilitation – FVS‐Katamnese des Entlassjahrgangs 2008 von Fachkliniken für Alkohol‐ und Medikamenten‐
   abhängige“, Sucht Aktuell 1: S. 15‐26, Bundesagentur für Arbeit (2012): Information zur Datenlage über die Inanspruchnahme von kommunalen Eingliederungsleistungen nach
   § 16a SGB II, Arbeitsmarkt in Zahlen, Förderstatistik, Deutschland, Januar – März 2012, Nürnberg. Steppan/Künzel et al. (2011): Suchtkrankenhilfe in Deutschland 2010,
   Jahresbericht der Deutschen Suchthilfestatistik (DSHS), München

 Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung                                                      Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Bsp.: Suchtberatung & Arbeitsmarktintegration III
       Was ist zu tun?
              Transparenz über Leistungsangebote und Nutzungsstrukturen schaffen:
                  Vertragliche Vorgaben an Leistungsanbieter konkretisieren, Prozesse definieren,
                   Zuständigkeiten klären
                      Ermessensentscheidungen nach § 16a Nr. 4 SGB II treffen, bei Bedarf an SGB XII
                       verweisen (§§ 67‐69 SGB XII)
                      Über Zugangswege entscheiden
                      Fälle mit Potenzial nach Therapie finden
                      Trägerberichterstattung und Berichterstattung SGB II aufeinander abstimmen
              Anamnese‐Kompetenz stärken:
                 Mitarbeiter/innen SGB II weiterbilden, Fallbesprechungen institutionalisieren
                      Hospitationen in Beratungsstellen
                      Abgestimmte Hilfeplanung (SGB II, SGB XII, Suchthilfeeinrichtungen)
              Flexible Eingliederungsunterstützung:
                  Spezialisierte und flexible Fördermaßnahmen zur Eingliederung abstinenter
                    Leistungsberechtigter nach therapeutischer Behandlung schaffen
                      Nach Therapie unmittelbare Einbindung in weitere Integrationsaktivitäten
                      Flexible Zugänge zu Krisenintervention und Beratung (auch) im Jobcenter schaffen

    Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung                    Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Bsp.: Kinderbetreuung I
    Rechtsansprüche Kinderbetreuung:
       § 24a Abs. 3 SGB VIII: „ Ab dem 1. Oktober 2010 sind die Träger der öffentlichen
         Jugendhilfe verpflichtet, mindestens ein Angebot vorzuhalten, das eine Förderung
         aller Kinder ermöglicht,
         1.deren Erziehungsberechtigte
         a) einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen,
         b) sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder
         Hochschulausbildung befinden oder
         c) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten
         (…);
         2.deren Wohl ohne eine entsprechende Förderung nicht gewährleistet ist.“
       SGB II, SGB XII, BKGG, AsylbLG: Leistungen für Bildung und Teilhabe
       § 53‐59 SGB XII: Angebote für behinderte Kinder (und Inklusion)
    Sonstige Regelungen zur Kinderbetreuung:
       § 10 Abs. 3 SGB VIII: Wenn für Erwerbsintegration der Erziehenden erforderlich,
         dann geht Kinderbetreuung nach § 16a Nr. 1 SGB II Leistungen nach SGB VIII vor
       § 87 SGB III (auch in Verbindung mit § 16 SGB II): Betreuung während Teilnahme
         der Eltern an Eingliederungsmaßnahmen des Bundes

Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung       Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Bsp.: Kinderbetreuung II
    Daten zu Kindern und Kinderbetreuung im SGB II (2010)
       Kinder unter 7 Jahren in SGB II                                                                                                             895.000
       Anzahl Bedarfsgemeinschaften mit Kindern unter 7 Jahren                                                                                     671.000
         (19% aller BG)
       Anzahl Alleinerziehenden‐Bedarfsgemeinschaften                                                                                              789.000
            Anteil Alleinerziehenden‐BG mit Erwerbstätigkeit                                                                                              30%
       Personen in Eingliederungsmaßnahmen (mit + ohne Kind)                                                                                       763.000
       Anzahl erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit nicht gegebener
         Zumutbarkeit wegen Erziehung oder Pflege
                                                                                                                                                    339.000
         (§ 10 Abs. 1 Nr. 3‐4 SGB II, nur erfasst bei Kindern unter 3 Jahren)
                                                                                                                                                           k. A.
            Fehlende Daten zu Zumutbarkeit bei Kindern über 3 Jahre
       Wenn für Erwerbsintegration der Erziehenden erforderlich, dann
         geht Kinderbetreuung nach § 16a Nr. 1 SGB II vor;                                                                                            14.100
         aber Zugänge in Kinderbetreuung nach § 16a Nr. 1 SGB II erfasst
            Anzahl Jobcenter mit statistischer Erfassung                                                                                                  30%
             nach § 16a Nr. 1 SGB II
       Wie erklärt sich die Diskrepanz?
Q: Bundesagentur für Arbeit (2012): Analyse der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Oktober 2012, Bundesagentur für Arbeit (2012): Information zur Datenlage über die
   Inanspruchnahme von kommunalen Eingliederungsleistungen nach § 16a SGB II, Arbeitsmarkt in Zahlen, Förderstatistik, Deutschland, Januar – März 2012, Nürnberg

Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung                                                     Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Bsp.: Kinderbetreuung & Bildung und Teilhabe
      Was ist zu tun?
         Bedarfsplanung:
              Welche Betreuungsbedarfe und welche Bedarfe an Bildung und Teilhabe bestehen?
              Welche und wie viele Angebote zu Kinderbetreuung ganztags, in Randzeiten,
                in den Ferien und in Notlagen sollen bereit gestellt werden?
              Integrierte oder Zusatz‐Angebote für Kinder aus SGB II‐Familien?
         Prozessgestaltung:
              Frühzeitige Anmeldung möglichst vieler Kinder in Angebote des SGB VIII organisieren
                (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II)
              Inklusionsanspruch umsetzen
              Infrastrukturen für Bildung und Teilhabe schaffen (§ 4 Abs. 2 S. 2‐3 SGB II):
                Kita‐Träger, Tagesmütter, Schule, Horte, Jugendhilfe in Planungsprozesse einbinden
              Schnittstellendefinitionen
              Kinderbetreuung und Leistungen für Bildung und Teilhabe koordinieren
              Elternarbeit (§ 4 Abs. 2 S. 4 SGB II) und Kinderbetreuung verbinden
              Leistungsangebote jenseits Bildung und Teilhabe überarbeiten
         Steuerungsinstrumente:
              Jugendhilfeplanung und Planungen nach dem SGB II koordinieren
              Systemische Jugendhilfe‐Berichterstattung
    Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung         Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Fazit
Es gibt viel zu tun:
      Transparenz über Leistungsangebote und Bedarfe schaffen
      Problembereiche konkretisieren
      Informationen über Wirkungszusammenhänge gewinnen
      Ziele definieren
      Schnittstellen verbindlich definieren
      Leistungsinhalte konkretisieren und evtl. besser an Bedarfe anpassen
      Maßnahmen sinnvoll kombinieren
      Mitarbeiter/innen qualifizieren und motivieren
      Leistungsberechtigte einbinden
      Leistungsanbieter einbinden
      Ergebnisse beobachten und dokumentieren
      Leistungserbringung lokal evaluieren

Petra Kaps. Evaluation und Politikberatung      Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, 22.11.2012
Sie können auch lesen