Wie sich der Apothekenmarkt - verändern wird Bericht vom Kooperationsgipfel des BVDAK
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DAZ aktuell © Deutscher Apotheker Verlag Wie sich der Apothekenmarkt verändern wird Bericht vom Kooperationsgipfel des BVDAK MÜNCHEN (diz) | „Der Apotheken- Als weitere Entwicklung sieht Hart- markt differenziert sich immer mann die Tendenz großer Apotheken schneller immer weiter“ – davon ist hin zum Profitcenter: „Eine Clan-Apo- Dr. Stefan Hartmann, 1. Vorsitzen- theke, zehn Profitcenter“. Als Beispiele der des Bundesverbands Deutscher hierfür nannte er die Klindwort-Apo- Apothekenkooperationen (BVDAK), theken in Bad Schwartau, die Bären- überzeugt. Auf dem 8. Kooperati- Apotheken in Nordrhein-Westfalen onsgipfel seines Verbandes am 3. oder die Apotheke am Bauhaus von Dr. Foto: Hans-Peter Höck und 4. Februar in München machte Werner Gajewski in Steinfurt. Solche er vor 400 Teilnehmern deutlich, Clan-Apotheken könnten auch ohne dass Apothekenkooperationen kei- Kooperationsmitgliedschaft leben und ne Vorläufer von Apothekenketten wachsen, aber sie könnten auch Quali- sind. Zahlreiche Vorträge des Ko- Dr. Stefan Hartmann: Der Apo- tätsführer und Referenzbetriebe für operationsgipfels beleuchteten ver- thekenmarkt differenziert sich. Kooperationen sein und Spitzenpositi- schiedene Facetten der Apotheken- onen übernehmen. praxis, auch vor dem Hintergrund Kooperationen wie Elac, GIB, Avie oder Schließlich sieht Hartmann auch eine © DAV der digitalen Entwicklung. ACO und die großhandelsnahen Koope- mögliche Deregulierung als eine dieser rationen wie Linda/MVA und gesund subversiven Entwicklungen am Hori- Obwohl in den letzten Jahren immer leben. Ob ein Sterben der Kooperatio- zont. Äußerungen aus der Politik deute- wieder prognostiziert wurde, dass die nen auch künftig ausbleibt, hängt von ten darauf hin. Die EU fordere bei- Zahl der Kooperationen schnell ab- verschiedenen Faktoren ab, wie Hart- spielsweise eine Liberalisierung der nimmt, zeigt der Markt ein anderes mann erklärte. Seine Prognose: Sinkt Freien Berufe. Weder Bundesgesund- Bild: Zurzeit gibt es 79 Kooperationen die Zahl der Betriebsstätten weiterhin heitsminister Gröhe noch der Bundes- (eine weniger als im vergangenen nur langsam, droht von daher kein rat stärkten die Position der deutschen Jahr). 21 Kooperationen haben min- Sterben. Verschärft sich aber der Wett- Apotheken. Hartmann geht davon aus, destens 100 Mitglieder, wie Stefan bewerb zwischen den Kooperationen, dass das Tempo der Deregulierung der Hartmann und Klaus Hölzel, Redakti- dann sinkt die Zahl der Kooperationen. globalen politischen Entwicklung un- onsbüro Apotheke und Kommunika- Hartmann geht jedoch von deutlichen terliegt. Der Kooperationsmarkt, so be- tion, in ihrer Präsentation zeigten. Strukturveränderungen im Markt aus, fürchtet er, würde sich durch die Dere- Auch die Zahl der Apotheken, die sich von „subversiven Entwicklungen“. Ko- gulierung drastisch verändern. einer Kooperation angeschlossen ha- operationsapotheker werden ihr Filial- Kritik übte Hartmann an der Berufs- ben, ist weitgehend konstant geblie- netz ausbauen. Er ist auch davon über- vertretung. In der Wahrnehmung vie- ben. Von den rund 20.200 Apotheken zeugt, dass mehr und mehr „Clan-Apo- ler Apothekerinnen und Apotheker sei in Deutschland haben sich 17.351 Apo- theken“ kommen werden. Darunter die ABDA „seit Jahren mit sich selbst theken (etwa 400 weniger als im Jahr versteht er Apothekerfamilien, in de- beschäftigt“, ist er überzeugt, „die zuvor) einer oder mehreren Koopera- ren Händen vier und mehr Apotheken ABDA wird immer schlechter sichtbar tionen angeschlossen. Die Zahl der sind. Hartmann hat sich einige Bei- für uns“. Es fehle zudem der Blick für Mitgliedschaften (Verträge) beträgt spiele von Clan-Apotheken angesehen, die Realität. Man sollte hier ehrlich aufgrund der Mehrfachmitgliedschaf- z. B. die Apotheken von Dr. Peter Sand- miteinander sein: „Der Apotheken- ten 19.944. Unterm Strich sind rund mann aus München, der insgesamt zu- markt differenziert sich spürbar wei- 85% aller Apotheken Mitglied in einer sammen mit seiner Ehefrau acht Apo- ter. Das Spezialistentum nimmt weiter Kooperation. Rund 2900 Apotheken theken hat. Oder das „Lorek Apothe- zu, nicht mehr alle Apotheken erfüllen sind demnach Einzelkämpfer und ge- kenimperium“ von Detlef und Antje alle Anforderungen“, so Hartmann hen davon aus, dass ihnen Kooperatio- Lorek in Kiel, die insgesamt fünf Apo- weiter. Er ist der Überzeugung, dass nen keine Vorteile bringen. theken betreiben, oder die Apotheken sich die Berufsvertretung dazu durch- Die bundesweiten Universal-Kooperati- von Günther Schmel, Bruckmühl, der ringen müsse, eine Differenzierung zu onen dominieren im Markt. Zu ihnen mit seiner Ehefrau derzeit vier Apo- akzeptieren. Nicht jede Apotheke kön- gehören die großhandelsunabhängigen theken betreibt. ne alles gleich gut. Kein Nachdruck, keine Veröffentlichung im Internet oder einem Intranet ohne Zustimmung des Verlags! 18 | 474 | Deutsche Apotheker Zeitung | 156. Jahrgang | 11.02.2016 | Nr. 6
DAZ aktuell © Deutscher Apotheker Verlag Hartmanns Fazit: Nicht die Koopera- Heldmanns Kritik anfragen bei Google ein. Die User tionen oder Clan-Apotheken haben schätzen die ständige Verfügbarkeit Auswirkungen auf die Strukturen im Während unter der Überschrift „Ko- der Informationen und die Anonymi- Markt, sondern schon eher die EU-Po- operationen sind innovativ!“ Verena tät. Für das Online-Marketing emp- litik, die zur Deregulierung strebt. Ist Höllriegl ihre Medicon-Apotheken vor- fahl er, das Bedürfnis des Nutzers ein Filialverbund zentral organisiert, stellte und Dr. Thomas Zenk von Avie ernst zu nehmen: Er möchte an erster profitiert er davon. Solche Filialver- sich mit der optimalen Lichtplanung Stelle wissen, was er hat, wie das bünde haben „Minikettenstrukturen“. für Apotheken beschäftigte, nahm Ge- Krankheitsbild ist. Erst dann sucht er Aber Apothekenkooperationen sind org-Dieter Heldmann, Gesellschafter nach Produktinfos. Wie eine aktuelle keine Vorläufer von Apothekenketten. der ELAC Elysée Apotheken, die Gele- Untersuchung ergab, suchen 87% der Hartmann ist überzeugt: „Das Immun- genheit wahr, um Großhändlern und Internet-Nutzer Gesundheitsinforma- system der deutschen Apotheke ist ge- Firmen die Leviten zu lesen. Manche tionen im Netz, kaufen aber offline, schwächt. Kooperationen stärken die Großhändler, so sein Vorwurf, beliefer- also in der Apotheke vor Ort – weil ökonomische Widerstandskraft. Die ten Drogerie- und Supermärkte mit dies den Mehrwert der schnellen Betriebsgröße ist dabei ein Wettbe- freiverkäuflichen apothekenexklusi- Verfügbarkeit hat. Niggemeier: „Ein werbsvorteil.“ ven OTCs zu Niedrig-Preisen, die Apo- geschicktes Online-Marketing wirkt theken nicht erhielten. Die Apotheke sich also durchaus positiv auf den könne so nicht mit den Drogerieprei- Verkauf offline aus.“ Zusammenwirken sen mithalten. Wenn er einen Groß- Zahlen, die Frank Weißenfeldt, IMS, Der Unternehmensberater Malte W. händler oder Hersteller erwische, der vorlegte, untermauern diesen Trend. Wilkes erinnerte an den eigentlichen Wortsinn: Zusammenarbeit bedeutet Kollaboration, aber Kooperation meint Zusammenwirken. Und dies beruhe © DAV auf fünf Säulen: einer wirtschaftlichen Säule, einer psychischen (Sinn und Zweck), der sozialen Komponente, der ethischen Säule und den Führungs- Foto: Hans-Peter Höck qualitäten. Diese Komponenten sind nicht additiv, sondern interaktiv zu sehen, so Wilkes. Mit der Rolle der Apotheke in der An- sprache des Endkunden aus Hersteller- Gipfelstürmer Dr. Stefan Hartmann (re.) und Klaus Hölzel haben in den letzten Jah- sicht befasste sich Walter Pechmann ren den Branchentreff „Kooperationsgipfel“ erfolgreich aufgebaut. vom Marktforschungsinstitut GfK. Er zeigte: 79,3% der Packungen werden in andere Kanäle liefere, so Held- Vor allem Internetseiten, die für mobi- von den Kunden gekauft, weil sie mit mann, dann arbeite er nicht mehr mit le Geräte optimiert sind, bringen Vor- dem Produkt zufrieden waren oder we- diesen zusammen. Ein Ärgernis sei teile. Die Information erfolgt online, gen einer Empfehlung des Arztes oder für ihn auch die TV-Werbung einiger der Kauf offline in der Apotheke. Apothekers. Mit Blick auf die Apotheke Hersteller, die das Arzneimittel ba Suchanfragen nach Öffnungszeiten bedeutet dies, dass sie immer wichtiger gatellisierten. Vor allem Produktbei von Apotheken zeigen, dass die User wird und einen hohen Stellenwert in gaben der Hersteller wie z. B. eine ihre Arzneimittel sofort kaufen möch- der Produktempfehlung hat. Butterbrotdose seien für das Arznei ten. Von Vorteil ist, wenn Vor-Ort-Apo- Wie wichtig eine multiprofessionelle mittelimage nicht förderlich: „Damit theken mit Werbung auf den Seiten Betreuung von Patienten ist, machte machen wir uns nur lächerlich“, so der Suchmaschinen präsent sind. Für Prof. Dr. Hans Jürgen Heppner, Lehr- Heldmann. Weißenfeldt ist die Zukunft der Apo- stuhl für Geriatrie an der Universität theker daher digital und lokal. Witten/Herdecke, deutlich. Vor allem Björn Kaspring von InteractiveMedia, durch Einbeziehung des Apothekers Online und Offline einem Multi-Channel Medienhaus für auf geriatrischen Stationen konnten die Welche Bedeutung das Internet bei digitale Vermarktung, das u. a. für Therapieerfolge gesteigert werden, die den Menschen mittlerweile als Medi- T-Online arbeitet, unterstrich diese Patienten fühlten sich besser. Für ihn um erreicht hat, um sich über Ge- Aussagen. Er sieht für die Pharma- ist es „der große Wurf“, wenn sich Apo- sundheitsthemen zu informieren, branche, die heute vor allem noch auf theker die Medikation ansehen, beim machte Tino Niggemeier, Xeomed Print- und TV-Werbung setzt, Potenzi- Visitengespräch dabei sind und phar- GmbH bewusst. Pro Stunde laufen al in der digitalen Werbung. Digitale mazeutische Empfehlungen abgeben. 500.000 gesundheitsrelevante Such- Assistenten wie Smartphones → Kein Nachdruck, keine Veröffentlichung im Internet oder einem Intranet ohne Zustimmung des Verlags! Nr. 6 | 11.02.2016 | 156. Jahrgang | Deutsche Apotheker Zeitung | 475 | 19
DAZ aktuell © Deutscher Apotheker Verlag Foto: Hans-Peter Höck Der Branchentreff Rund 400 Teilnehmer aus Industrie, Großhandel, Kooperationen und Apotheken trafen sich in München beim 8. Kooperationsgipfel des BVDAK zum Gedankenaustausch und fürs Networking. oder Tablets werden uns ständig be- gewertet werden, auch in Zusammen- gion. Dort erhalten die Patienten ohne gleiten, die Zahl der Gesundheits-Apps arbeit mit Ärzten. Voranmeldung eine medizinische wächst. Online-Werbung lässt sich Ein Vorzeigeprojekt der Schweizer Erstberatung. Der Apotheker über- heute individuell nach verschiedenen TopPharm-Gruppe ist netCare, ein Pro- nimmt dabei die Koordination der Parametern zielgruppengerecht steu- jekt, bei dem der Patient ohne Voran- Behandlung. Der Vorteil für den ern: Welches Gerät nutzt der User zu meldung eine medizinische Beratung Versicherten: Er profitiert bei diesem © DAV welcher Zeit – digitale Medien können und Hilfe bei Krankheiten oder kleine- Versicherungsmodell von einem Prä- die Nutzer dort erreichen, wo sie sind. ren Verletzungen in Apotheken erhält. mienrabatt bis zu 19 Prozent. NetCare verbindet die Erstberatung in Für Dienstleistungen können Apothe- Apotheken mit der Möglichkeit einer ken in der Schweiz Honorare abrech- Schweizer TopPharm-Apotheken Telekonsultation mit einem Arzt (Med- nen. So kostet ein Polymedikations- auf Erfolgskurs gate). Dazu wird im Beratungsraum Check beispielsweise 50 Franken, ein Der Apothekenmarkt in der Schweiz der Apotheke eine Videoverbindung zu Herzkreislauf-Check 70 Franken. ist geprägt von Apothekenketten, Apo- den Ärzten von Medgate hergestellt, Auch die Verordnung bestimmter thekenkooperationen und Einzelapo- eine Praxisgemeinschaft von Ärzten, R x-Arzneimittel durch den Apotheker theken. Ketten kämpfen derzeit mit die per Video beraten. ist möglich. TopPharm-Apotheken pro- Personalproblemen, „keiner will in Ein weiteres erfolgreiches Projekt, das filieren sich, so Jenni, nicht nur als Ketten arbeiten“, wusste Dr. René Jen- die Kooperation TopPharm mit einer Arzneimittellieferant, sondern auch ni, Präsident der Kooperation TopP- Krankenkasse abgeschlossen hat, ist als Gesundheitscoach. harm, auf dem Kooperationsgipfel des Favorit Medpharm. Hier wenden sich Wie haben Schweizer Apotheken dies Bundesverbands der Kooperationsapo- die Versicherten bei jedem auftreten- erreicht, trotz Widerstände der Ärzte? theken (BVDAK) zu berichten. „In Ket- den Gesundheitsproblem zuerst an „Die Ärzte haben uns den Arzneimit- ten arbeiten vor allem ausländische eine TopPharm-Apotheke in ihrer Re- telverkauf weggenommen, jetzt neh- Apotheker.“ Aufgrund ihrer Ketten- men wir ihnen die Diagnose weg“, strukturen könnten diese Apotheken stellte Jenni resümierend fest. Außer- nur wenig bewegen. dem habe man die Macht der Patien- „Wir Kooperationsapotheker können ten genutzt, die diese Apothekendiens- dagegen viel mehr umsetzen“, te forderten und gerne annehmen – schwärmt Jenni. Und der Erfolg „weil es bequem ist“. scheint ihm Recht zu geben. So darf Dr. Stefan Hartmann, Vorsitzender des seine TopPharm-Kooperation beispiels- BVDAK, stellte dazu fest: „Die Schweiz weise zahlreiche Dienstleistungen an- ist uns Lichtjahre voraus.“ Foto: Hans-Peter Höck bieten, die von den Krankenkassen ho- noriert werden. An erster Stelle stehen Einen Bericht über den Vortrag von Gesundheits-Checks, auch über den Ex-Gesundheitsminister Daniel Bahr Verkauf von Wearables wie Fitness- über die Krankenversicherung der Tracker und -Armbänder, deren Daten Dr. René Jenni sieht eine glänzen- Zukunft finden Sie in der Apotheker gesammelt und in der Apotheke aus- de Zukunft für TopPharm-Apotheken. Zeitung vom 8. Februar 2016. | Kein Nachdruck, keine Veröffentlichung im Internet oder einem Intranet ohne Zustimmung des Verlags! 20 | 476 | Deutsche Apotheker Zeitung | 156. Jahrgang | 11.02.2016 | Nr. 6
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