Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel - Schlussbericht 13. September 2011 zuhanden des Amtes für öffentlichen Verkehr des Kantons Bern - Ecoplan
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Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel Schlussbericht 13. September 2011 zuhanden des Amtes für öffentlichen Verkehr des Kantons Bern Forschung und Beratung in Wirtschaft und Politik
Impressum Empfohlene Zitierweise Autor: Ecoplan Titel: Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel Auftraggeber: Amt für öffentlichen Verkehr des Kantons Bern Ort: Bern Jahr: 13. September 2011 Vertretung seitens Auftraggeber Christian Aebi, Amt für öffentlichen Verkehr Francis Racine, Emch + Berger AG Alan Müller Kearns, Emch + Berger AG Datenlieferanten Milenko Vrtic, TransOptima GmbH Philipp Fröhlich, TransSol GmbH Daniel Fankhauser, Aare Seeland mobil AG Hanspeter Pizzato, Aare Seeland mobil AG Daniel Hirsiger, Verkehrsbetriebe Biel Francis Racine, Emch + Berger AG Alan Müller Kearns, Emch + Berger AG Detlef Heemann, Emch + Berger AG Beat Aeschbacher, Marchand+Partner AG Christian Aebi, Amt für öffentlichen Verkehr Martin Kindler, Amt für öffentlichen Verkehr Projektteam Ecoplan Christoph Lieb (Projektleitung und Hauptsachbearbeitung) André Müller Der Bericht gibt die Auffassung der Autoren wieder, die nicht notwendigerweise mit derjenigen des Auftraggebers oder der Begleitorgane übereinstimmen muss. Ecoplan Forschung und Beratung in Wirtschaft und Politik www.ecoplan.ch Thunstrasse 22 CH - 3005 Bern Tel +41 31 356 61 61 Fax +41 31 356 61 60 bern@ecoplan.ch Postfach CH - 6460 Altdorf Tel +41 41 870 90 60 Fax +41 41 872 10 63 altdorf@ecoplan.ch
Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Inhaltsverzeichnis Kurzfassung ........................................................................................................................ 2 1 Einleitung ............................................................................................................................ 5 2 Angebotskonzept und Methodik ........................................................................................ 6 3 Die wichtigsten Annahmen im Überblick ........................................................................... 8 4 Betriebswirtschaftliche Analyse....................................................................................... 10 5 Volkswirtschaftliches Ergebnis ........................................................................................ 13 6 Vergleich zur bisherigen ZMB und zu Tram Region Bern ............................................... 18 7 Schlussfolgerungen .......................................................................................................... 22 Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 24 8 Anhang: Grafische Darstellung der Varianten ................................................................. 25 1
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Kurzfassung In der Wirtschaftlichkeitsrechnung „Regiotram Biel“ werden die zusätzlichen Kosten und Nut- zen einer Verlängerung der Schienenverbindung Ins – Biel bis ins Bözingenfeld im Vergleich zum heutigen ÖV-System berechnet. Mit der Umstellung der Strecke vom Bahnhof Biel ins Bözingenfeld von Bus auf Tram wird zugleich auch das Angebot erheblich verbessert (höhere Taktdichte) und das Bussystem umgebaut (Aufhebung Linie 2, Taktausdünnung Linie 4, Ver- längerung Linie 7). Drei Varianten Im Bereich Bahnhof Biel – Nidau wurden zwei Varianten der Linienführung für das Tram un- tersucht, entweder durch das „Zentrum Nidau“ oder über die bestehende „Trasse asm“. Diese beiden Varianten gehen von einem Betrieb mit 45m-Trams aus. In der dritten Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ werden kürzere Tramzüge unterstellt. Betriebswirtschaftliche Sicht – Kosten deutlich höher als Erträge In der betriebswirtschaftlichen Rechnung werden die zusätzlichen Erträge den zusätzlichen Betriebs- und Investitionskosten gegenübergestellt. Die nachfolgende Tabelle zeigt die jährli- chen zusätzlichen Erträge und Mehrkosten des Regiotrams (inkl. unterstellter Angebotsver- dichtung) im Vergleich zum Referenzfall ohne Regiotram: Zusatzerträge, -kosten des Regiotrams Zentrum Nidau Trasse asm Trasse asm (in Mio. CHF pro Jahr) 45m-Tram 45m-Tram 30m-Tram ÖV-Erträge 5.6 6.1 6.1 Betrieb (inkl. Finanzierungskosten für Rollmaterial) -10.8 -10.8 -8.3 Investitionen -8.6 -8.7 -8.4 Betriebswirtschaftliches Ergebnis -13.8 -13.4 -10.6 Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) 0.29 0.31 0.37 Das bessere ÖV-Angebot führt zwar zu einer Erhöhung der Erträge im ÖV (um ca. 6 Mio. CHF pro Jahr, davon ca. 3.5 Mio. CHF pro Jahr beim Regiotram und den VB), die Betriebs- kosten steigen jedoch wegen dem deutlichen Angebotsausbau und dem teureren Tram noch stärker an, wobei der Anstieg mit 45m-Trams grösser ist als mit 30m-Trams (11 versus 8 Mio. CHF pro Jahr). Dazu kommen die Investitionskosten von ca. 235 Mio. CHF, was umgerech- net pro Jahr ca. 8.5 Mio. CHF pro Jahr entspricht. Gesamthaft verschlechtert sich das be- triebswirtschaftliche Ergebnis mit dem Regiotram – in der besten der drei Varianten „Trasse asm mit 30m-Trams“um 10.6 Mio. CHF pro Jahr. Selbst ohne Infrastruktur-Investitionskosten ist das jährliche Ergebnis des ÖV-Betreibers negativ. Betriebswirtschaftliches Optimierungspotenzial besteht Nur in einzelnen Trams in den Spitzenstunden – diejenigen mit Anschluss an den Fernver- kehr – ist die Kapazität der Trams auf der Strecke Täuffelen bis Biel Bahnhof kritisch. Es stellt sich die Frage, ob noch Optimierungspotenzial beim Angebot mit Regiotram – insbe- sondere ausserhalb der Spitzenzeiten – besteht. 2
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Volkswirtschaftliche Sicht – Nutzen deutlich höher als Kosten Aus volkswirtschaftlicher Sicht werden neben den oben dargestellten betriebswirtschaftlichen Kosten und Erträgen auch die zusätzlichen Nutzen der ÖV-Benutzer, der Autofahrer, der Allgemeinheit (im Bereich Unfälle und Umwelt) und der öffentlichen Hand miteinbezogen: Zusatzerträge, -kosten des Regiotrams Zentrum Nidau Trasse asm Trasse asm (in Mio. CHF pro Jahr) 45m-Tram 45m-Tram 30m-Tram Betriebswirtschaftliches Ergebnis -12.9 -12.6 -9.9 (exkl. Finanzierungskosten für Rollmaterial) Nutzen / Gewinn bei den ÖV-Benutzern 20.2 22.0 22.0 Gewinne höherer Komfort, Zu-, Abgangs- und Fahrzeit 6.4 8.0 8.0 Gewinne bei den Umsteigevorgängen (inkl. Gehzeiten) 8.7 9.2 9.2 Gewinne durch Taktverdichtungen 5.1 4.9 4.9 Nutzen / Gewinn beim MIV 1.9 1.4 1.4 Nutzen / Gewinn bei Unfällen und Umwelt -0.0 0.3 0.4 Nutzen / Gewinne bei der öffentlichen Hand 0.2 0.2 0.2 Total volkswirtschaftliches Ergebnis 9.4 11.3 14.1 Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) 1.52 1.62 1.90 Der Grossteil der Nutzen entfällt auf die ÖV-Benutzer (gut 20 Mio. CHF pro Jahr). Dies ist zurückzuführen auf den Komfortvorteil des Trams (gegenüber einem Bus), die wegfallenden weiten Gehwegen beim Umsteigen am Bahnhof Biel zwischen asm-Zügen und VB-Bussen, die Taktverdichtung auf der Strecke Ipsach Herdi bis Bözingenfeld, die neue umsteigefreie Verbindung vom rechten Bielerseeufer ins Stadtzentrum und den neuen Haltestellen (kürzere Zu- und Abgangszeiten). Der MIV profitiert ebenfalls von kürzeren Fahrzeiten (weniger Stau) im Umfang von ca. 1.5 Mio. CHF pro Jahr. Auf Unfälle und Umwelt hat das Regiotram kaum Auswirkungen. Das positive volkswirtschaftliche Ergebnis liegt zwischen 9 und 14 Mio. CHF pro Jahr (Nutzen-Kosten-Verhältnis zwischen 1.5 und 1.9), wobei die Variante „Trasse asm mit 30m-Tram“ am besten abschneidet. Sie verursacht die geringsten betriebswirtschaftlichen Kosten. Die Variante Zentrum Nidau erreicht den letzten Platz, vor allem weil ihre volkswirt- schaftlichen Vorteile geringer sind. Zudem weisen alle drei Regiotram-Varianten noch weitere nicht quantifizierte Vorteile auf (bspw. Raumplanung, städtebauliche Aufwertung, Verbesserungen für Langsamverkehr). Eine Grobschätzung zeigt, dass der Grossteil der Nutzen auf die Umstellung auf den Tram- betrieb zurückzuführen ist und nicht auf die Angebotsverbesserung. Die Umstellung auf Tram kann damit empfohlen werden, das genaue Angebotskonzept mit dem Regiotram könnte aber möglicherweise noch optimiert werden. Sensitivitätsanalyse zeigt robustes Ergebnis Die Wirtschaftlichkeitsrechnung zeigt – wie bei vielen ÖV-Projekten – ein betriebswirtschaft- lich negatives Resultat, aber ein aus volkswirtschaftlicher Sicht positives Nutzen-Kosten- Verhältnis. Diese betriebs- und volkswirtschaftlichen negativen bzw. positiven Resultate be- halten auch Gültigkeit, wenn einzelne Annahmen verändert werden (bspw. höhere / tiefere Investitionskosten, 17 Annahmenveränderungen wurden geprüft). 3
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Fazit Sowohl aus betriebs- als auch volkswirtschaftlicher Sicht schneidet die Variante „Zentrum Nidau“ am schlechtesten ab. Aus wirtschaftlicher Sicht empfiehlt sich die Variante „Trasse asm“. Es fragt sich nur, ob mit 45m- oder mit 30m-Trams: Die Ergebnisse der KNA sprechen für die Variante mit den 30m-Trams. Damit können aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht Einsparungen von ca. 2.75 Mio. CHF pro Jahr erzielt werden. Mit den 30m-Trams müssen in den Spitzenzeiten aber 2 von 8 Trams südlich des Bahnhofs Biel doppelt geführt werden. Folglich müssen am Bahnhof Biel Trams an- bzw. abgekoppelt werden. Dies führt zu einem leicht unregelmässigen Takt, kann die Fahrplanstabilität beeinträchtigen (beson- ders bei technischen Problemen beim Anhängen). Zudem hat das 30m-Tram weniger Kapa- zitätsreserven. Beim Beschaffungsentscheid für das Rollmaterial (45m- versus 30m-Tram) sind diese Nachteile den berechneten Einsparungen von ca. 2.75 Mio. CHF pro Jahr gegen- überzustellen und qualitativ zu bewerten. 4
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN 1 Einleitung Zweckmässigkeitsbeurteilung aus dem Jahre 2008 empfiehlt Regiotram Die Gesamtmobilitätsstrategie des Kantons Bern fordert eine Erhöhung des ÖV-Anteils im Verkehr. Entsprechend sieht das Agglomerationsprogramm Biel den Ausbau der ÖV-Achse Biel Bahnhof – Bözingenfeld vor. Dadurch sollen der Entwicklungsstandort Bözingenfeld und weitere Entwicklungsgebiete entlang dieser Achse besser angebunden werden. Zudem soll die Verbindung des rechten Bielerseeufers ins Stadtzentrum verbessert werden. In einer Zweckmässigkeitsbeurteilung (ZMB) wurden 2008 verschiedene Varianten geprüft und das Regiotram zur Weiterverfolgung empfohlen.1 Im Folgenden wurde 2009 in weiteren Vorstudien die Linienführung des Regiotrams weiter konkretisiert. Diese Ergebnisse wurden Anfang 2010 in die Mitwirkung geschickt. Das Projekt wurde mehrheitlich positiv aufgenommen und soll nun im Rahmen eines Vorprojektes weiter konkretisiert werden. Dabei soll neben der Klärung der Linienführung und weiterer Fragen (Standort Haltestellen, Gestaltung des Strassenraumes, Sicherheit des Langsamverkehrs, Kostenschätzung) auch die Wirtschaftlichkeit des Regiotrams untersucht werden. Wirtschaftlichkeitsrechnung Regiotram Biel Die Analyse der Wirtschaftlichkeit wird in diesem Bericht dokumentiert. Der vorliegende Be- richt soll Klarheit schaffen, wie das Projekt Regiotram Biel im Vergleich zum heutigen ÖV- System aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht zu beurteilen ist. Die wirtschaftliche Be- urteilung bezieht sich somit nicht alleine auf das Regiotram, sondern auf das Regiotram in- klusive der damit verbundenen Angebotsverbesserung. Die Grundlagendaten für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit werden aus den Berechnun- gen von Vrtic und Fröhlich2 mit dem Gesamtverkehrsmodell des Kantons Bern übernommen, von Emch + Berger, den Verkehrsbetrieben Biel (VB), der Aare Seeland Mobil (asm) und dem Amt für öffentlichen Verkehr (AöV) erarbeitet oder von Ecoplan eingebracht. 1 Eine Umstellung der Bahnlinie Ins – Biel auf Busbetrieb (mit Verlängerung ins Zentrum Biel) ist nicht möglich, da die Strasse zwischen Ipsach und Biel staugefährdet ist und die zusätzlichen Busse nicht aufnehmen könnte (Rapp Trans 2008, Neue ÖV-Achse Agglomeration Biel: Zweckmässigkeitsbeurteilung, S. 25). 2 Vrtic und Fröhlich (2011), Regiotram Biel: Modellberechnungen bzw. Spezialauswertungen für dieses Projekt von Vrtic und Fröhlich. 5
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN 2 Angebotskonzept und Methodik Welche Varianten werden berechnet? – Angebotskonzept Mit dem Regiotram Biel wird die bestehende Bahnlinie Ins – Biel Bahnhof ab 2019 ins Bözin- genfeld zur neuen S-Bahn-Haltestelle verlängert. Zudem wird die Taktdichte ab Ipsach Herdi verdoppelt (7.5- statt 15-Minuten-Takt werktags tagsüber, sonst 15- statt 30-Minuten-Takt) und der dichte Takt bis ins Bözingenfeld weitergezogen. Die Einführung des Regiotrams führt zu Anpassungen im Bussystem. Folgende Buslinien sind durch die Einführung des Regiotrams betroffen (vgl. auch Anhang): · Die Linie 2 im 20-Minuten-Takt wird aufgehoben und durch das Regiotram im 7.5- Minuten-Takt ersetzt, was eine deutliche Taktverbesserung erlaubt. · Die Linie 4 erhält einen 15- statt 7.5-Minuten-Takt. Auf dem Ast Bahnhof – Löhre der Linie 4 wird die Ausdünnung etwas kompensiert indem die Linie 72 verdichtet wird (15- Minutentakt statt 30-Minuten-Takt). Damit fahren künftig 8 Busse bis Löhre (4 Linie 4, 4 Linie 72) statt 10 Busse wie bisher (8 Linie 4, 2 Linie 72). · Die Linie 7 wird bis Centre Boujean verlängert und ersetzt damit die bisherige Linie 2. · Die Linie 3N (Biel – Pieterlen) wird verkürzt und verkehrt künftig nicht mehr ab Bahnhof Biel, sondern nur noch ab dem Bözingenfeld. Gesamthaft nehmen die Fahrzeugkilometer aller betroffenen Tram- und Buslinien um gut 20% zu, die Chauffeurstunden um ca. 30%. Es handelt sich also um einen deutlichen Ange- botsausbau. Es werden zwei Tramvarianten untersucht, die sich nur durch die Linienführung im Bereich Nidau – Bahnhof Biel unterscheiden (durch das Zentrum Nidau hindurch oder über die be- stehende Trasse asm). Zudem unterscheiden sich die beiden Varianten wie folgt (vgl. auch Anhang): · Die Buslinie 4, welche heute durch das Zentrum Nidau verkehrt, wird auch in der Variante „Trasse asm“ weiter durch das Zentrum Nidau verkehren (mit einem neuen Abstecher in Richtung der neuen AGGLOlac). In der Variante „Zentrum Nidau“ wird die Buslinie 4 neu über die Schiffländte und die AGGLOlac geführt, womit Nidau ein zweite parallele ÖV- Achse erhält. · In der Variante „Trasse asm“ muss die Schiffländte neu erschlossen werden, da die Linie 2, die bisher die Schiffländte angebunden hat, durch das Regiotram ersetzt wird. Dazu werden Regionalbusse zur Schiffländte weitergezogen. · In der Variante „Trasse asm“ erhält das Tram zwischen Nidau Bahnhof und Biel Bahnhof Süd eine neue Haltestelle an der Bernstrasse, in der Variante „Zentrum Nidau“ beim Schloss Nidau. Das Tram kann nur bewertet werden, wenn ein Referenzfall ohne Tram definiert wird. Der Referenzfall sieht eine Buslösung vor (basierend auf dem heutigem Buskonzept). Dabei werden die mit dem Regiotram vorgesehenen Taktverdichtungen im Referenzfall mit Bussen 6
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN nicht berücksichtigt. Grund dafür ist, dass dies von der Nachfrage her nicht nötig ist. Beim Regiotram scheint die Taktverdichtung aber sinnvoll: Aufgrund der meist eingleisigen Schie- neninfrastruktur ab Ipsach Herdi bis Ins kann auf dieser Strecke nur ein 15-Minutentakt ge- fahren werden. Dieser reicht jedoch für die Befriedigung der Spitzennachfrage zwischen Ipsach Herdi und Biel nicht aus. Zudem soll das Tram keinen weniger dichten Takt haben als die Busse. Deshalb ist ein 7.5-Minutentakt vorgesehen (weitere Überlegungen dazu folgen in Kapitel 4). Nach dem Vorliegen erster Resultate wurde festgestellt, dass die vorgesehenen 45m-langen Trams abgesehen von weniger Kursen in den Spitzenzeiten zu viel Kapazität zur Verfügung stellen. Deshalb wurde eine dritte Variante definiert: Die Variante „Trasse asm mit 30m Trams“ (auch im Referenzfall wird mit 30m-Trams gerechnet). 3 Grundsätzlich ist die Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ identisch zur bisherigen Variante „Trasse asm mit 45m-Trams“. Mit 30m-Trams sind aber südlich des Bahnhofs Biel mehr Entlastungszüge nötig. Diese Ent- lastungszüge wenden am Bahnhof Biel und fahren nicht ins Bözingenfeld weiter. Methodik Es wird eine dynamische Wirtschaftlichkeitsrechnung durchgeführt. Für die Berechnung der dynamischen KNA verwenden wir den Betrachtungszeitraum von 40 Jahren nach In- betriebnahme, d.h. 2019 bis 2058 (Eröffnung Dezember 2018). 4 Ausserdem wird eine 3.5- jährige Bauphase mitberücksichtigt (Mitte 2015 bis Ende 2018). Um Zahlen für diesen gros- sen Zeitraum zu berechnen, gehen wir von heutigen Kennzahlen und teilweise von Progno- sen für spätere Jahre aus und machen dann Annahmen über die Entwicklung der Kennzah- len (Wachstum, Konstanz oder Abnahme). Es erfolgt eine reale Betrachtung ohne Berücksichtigung der Inflation. Die Rechnung wird zu Preisen des Jahres 2008 durchgeführt. Dabei wird von einem realen Zinssatz von 2% ausgegangen. Als Resultat der Wirtschaftlichkeitsrechnung werden sogenannte Annuitäten ausgewiesen. Dies sind durchschnittliche jährliche Kosten oder Nutzen über den Betrach- tungszeitraum von 40 Jahren. Die Methodik beruht auf den Normen SN 641 820 bis SN 641 828 zur Kosten-Nutzen- Analyse. Die Berechnungen erfolgen mit dem neuen eNISTRA, einem Berechnungstool des 3 Die Variante „Zentrum Nidau“ wird jedoch nicht mit 30m-Trams berechnet: Erstens müssen aufgrund der Entlas- tungszüge innert Minuten zwei Tramzüge pro Richtung Nidau passieren. Dies führt zu einer grösseren Behinde- rung des Strassenverkehrs, was zu mehr Stau führen kann, insbesondere zu Rückstau beim Guido-Müller-Platz. Zweitens gibt es gegen ein 60m-langes Tram mit entsprechenden Haltestellen in Nidau politischen Widerstand. Drittens hat die Variante „Trasse asm“ in der ersten Bewertung besser abgeschnitten als die Variante „Zentrum Nidau“. Es wird erwartet, dass der Einsatz von 30m-Zügen das Ergebnis verbessert. Deshalb wurde darauf ver- zichtet, die schlechtere Variante „Zentrum Nidau“ ebenfalls noch mit 30m-Trams vollständig zu berechnen. 4 Die Restwerte der Investitionsobjekte nach Ablauf des Betrachtungszeitraums werden (mittels linearer Abschrei- bung) berücksichtigt. Der Betrachtungszeitraum von 40 Jahren entspricht der Schweizer Norm (SN 641 820 (2005), Kosten-Nutzen-Analysen im Strassenverkehr). 7
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN ASTRA, das von Ecoplan entwickelt wurde.5 Dabei wird eNISTRA, das auf Strassenprojekte ausgerichtet ist, im Bereich des ÖV ergänzt – basierend auf NIBA und dem Tram Region Bern.6 3 Die wichtigsten Annahmen im Überblick Die nachfolgenden Ausführungen zeigen die wichtigsten Annahmen, welcher der Wirtschaft- lichkeitsrechnung zugrunde liegen. Die Detailannahmen sind in einem speziellen „Annah- menbericht“ zusammengestellt.7 Infrastruktur: Zusätzliche Investitionen von ca. 235 Mio. CHF Die Infrastrukturinvestitionen für das Projekt Regiotram Biel belaufen sich auf 235 Mio. CHF („Zentrum Nidau“), 239 Mio. CHF („Trasse asm“) bzw. 230 Mio. CHF (“Trasse asm mit 30m- Trams). Darin enthalten sind alle Investitionen, die dem Regiotram anzurechnen sind. Dazu gehören auch der Neubau des Depots Bözingenfeld, der Ausbau des Depots Siselen und der Werkstatt Täuffelen, die Arbeitsgeräte für den Schienenunterhalt, und die Unterführung Mett- lenweg (für die Verlängerung der Buslinie 7). Abbildung 3-1: Investitionskosten in Mio. CHF (ohne MWST, zu Preisen 2008) Variante Variante Variante Trasse Zentrum Nidau Trasse asm asm 30m Trams 1 Planung und Bauleitung 50 51 49 Rohre für Werkleitungen, Strassenbeläge 18 19 19 Weichen, Sicherungsanlagen, Fahrgastinformationssystem, 25 25 25 Sicherungsanlagen Hochbau (Lift) 1 1 1 Arbeitsgeräte Schienenunterhalt 7 7 7 2 34 34 29 Haltestellen, Gärtner, Depots, Werkstätten, Wendeanlage Gleisbau, Bahnstrom, Fahrleitung 58 59 59 Kosten des Busvorlaufs (Anpassungen im Bussystem vor 2019) -14 -14 -14 Doppelspur Lattrigen 1 1 1 Erdarbeiten, Werkleitungen, Strassenunterbau, Kunstbauten, 53 54 52 Unterführung Bus Landerwerb 3 3 3 Total 235 239 230 1 Inkl. Verkehrsprovisorien, Umleitungen ÖV, Baustelleneinrichtung, Abbrüche, Wasserbau und Baugrubensicherung. 2 Ausbau Depot Siselen und Werkstatt Täuffelen, Neubau Depot Bözingerfeld und Wendeanlage Ipsach Herdi. 5 Ecoplan (2010), Handbuch eNISTRA 2010. 6 EBP (2006), NIBA: Nachhaltigkeitsindikatoren für Bahninfrastrukturprojekte und Ecoplan (2011), Tram Region Bern. Wirtschaftlichkeitsrechnung. 7 Ecoplan (2011), Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsrechnung Regiotram Biel. 8
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Nicht berücksichtigt sind die Infrastrukturinvestitionen, die nicht direkt dem Tram anzurech- nen sind: Dies sind insbesondere Kosten für die attraktive Gestaltung des Ortsbildes, sowie der Mehrwert der Werkleitungs- und Strassenerneuerung. Kosten, die unabhängig vom Tram durch das Aggloprogamm oder die Ausbauten der Autobahn A5 finanziert werden oder auf der bestehenden Strecke Nidau – Ins anfallen, werden ebenfalls nicht miteinbezogen. Wie sich die dem Tram anzurechnenden Infrastrukturinvestitionen auf die einzelnen Baube- standteile aufteilen, zeigt die folgende Abbildung. Regiotram und Angebotsverbesserung erhöhen ÖV-Nachfrage – aber nur um +13.5% Die gesamten verkehrlichen Auswirkungen wurden mit dem Verkehrsmodell des Kantons Bern berechnet.8 Die folgende Abbildung zeigt die Veränderungen in der Nachfrage, wobei die Zunahme der Anzahl Fahrten im ÖV je hälftig vom MIV bzw. vom Langsamverkehr (Velo- und Fusswege) stammt. Auf dem Regiotram steigt die Nachfrage aufgrund der Verlängerung ins Bözingenfeld und aufgrund der Taktverdichtung um 22 Mio. Personenkilometer (=pkm; Faktor 2.2). Ein Teil der zusätzlichen Nachfrage auf dem Regiotram stammt von den Linien der VB (Aufhebung Linie 2, Taktausdünnung Linie 4). Entsprechend müssen die VB mit einer Abnahme der Nachfrage auf dem gesamten städtischen Netz um 26% rechnen.9 Gesamthaft nehmen die pkm auf dem Regiotram und bei den VB in den Varianten „Trasse asm“ und „Trasse asm mit 30m Trams“ um ca. 9 Mio. pkm (oder 13.5%) zu, in der Variante „Zentrum Nidau“ um ca. 8 Mio. pkm (oder 11.8%). Diese prozentuale Zunahme liegt in einem ähnlichen Bereich wie die Angebotsausweitung (Fzkm 12% und Chauffeurstunden 15%). Das Regiotram Biel führt zu einer Attraktivierung des ÖV und damit auch zu einer Erhöhung der Nachfrage bei anderen ÖV-Betreibern (Umsteigen). Obwohl die Zunahme im Bahnver- kehr (S-Bahn, Regionalexpress und Fernverkehr) prozentual gering ist (+0.06%), schlägt sie aufgrund der grossen Distanzen in absoluten Zahlen deutlich zu Buche (+13.5 Mio. pkm), so dass knapp zwei Drittel der gesamten Zunahme der pkm bei den Eisenbahnen zu verzeich- nen ist. Das Zukunftsprojekt A5-Westast hat keinen nennenswerten Einfluss auf Regiotram Bei den Berechnungen wurde differenziert nach der Zeit ohne bzw. mit A5-Westast (bis 2029 bzw. ab 2030). Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die beiden Projekte A5-Westast und Re- giotram praktisch unabhängig voneinander sind. 8 Vrtic und Fröhlich (2011), Regiotram Biel: Modellberechnungen. 9 Die Linie 72, die auf der Strecke Bahnhof Löhre die ausgedünnte Linie 4 ersetzt (und sonst unverändert nach Meinisberg weiterfährt) wird dabei ebenfalls als städtischer Verkehr der VB betrachtet, d.h. ohne die Linie 72 ist der Ausfall bei den VB noch etwas bedeutender. 9
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Abbildung 3-2: Nachfrageveränderung durch die Einführung des Regiotrams Mio. pkm in der Variante "Trasse asm" mit A5 Westast* -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 Regiotram VB (Verkehrsbetriebe Biel) - städtische Linien Übriger Verkehr (vor allem Bahn) Total * Ohne A5-Westast sieht die Abbildung praktisch identisch aus, für die Variante „Zentrum Nidau“ ist die Zunahme beim Regiotram um 1.2 Mio. pkm geringer, für die Variante „Trasse asm mit 30m-Tram“ per Annahme identisch. Exkurs: Weitere Annahmen Die Nachfrage für das Jahr 2030 wurde mit dem neuen Gesamtverkehrsmodell des Kantons Bern be- rechnet. Für die Periode von der Inbetriebnahme bis zum berechneten Jahr 2030 wurde das Verkehrs- modell nochmals für 2020 ausgewertet und dann interpoliert. Die variablen Betriebskosten des Regi- otrams und der Busse (inkl. Chauffeurkosten) wurden von der asm bzw. VB übernommen, wobei die Betriebskosten des Trams eine erste grobe Schätzung darstellen, weil noch nicht genau bestimmt wur- de, welches Rollmaterial eingesetzt werden soll. Die Ertragskennzahlen entsprechen den Offerten 2011 der asm und VB für das Jahr 2011 bzw. im Bahnverkehr dem Bewertungstool NIBA. Die verwendeten Kostensätze der übrigen volkswirtschaftlichen Indikatoren basieren auf den Schweizer Normen SN 641 820 bis SN 641 828 bzw. auf eNISTRA, das mit diesen Normen vollständig kompatibel ist. 4 Betriebswirtschaftliche Analyse Zuerst werden im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Rechnung die zusätzlichen Erträge den zusätzlichen Betriebs- und Investitionskosten gegenübergestellt. Als Ergebnis wird im- mer die Differenz zwischen Projekt- und Referenzfall ausgewiesen. Die folgende Abbildung zeigt somit die jährlichen zusätzlichen Erträge und Mehrkosten des Regiotrams (inkl. Ange- botsverbesserungen) im Vergleich zum Referenzfall.10 Deutlich negatives Ergebnis für ÖV-Betreiber VB und asm Gesamthaft dürften sich die Kosten der Tramlinie Biel – Ins durch die Verlängerung der Stre- cke und den dichteren Takt mehr als verdoppeln (von 7.8 auf 17.8 mit 30m-Tram bzw. 20.1 10 Die ebenfalls direkt in CHF anfallenden geringen Veränderungen der Staatseinnahmen / -ausgaben werden hier nicht miteinbezogen, sondern erst in der volkswirtschaftlichen Rechnung. 10
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Mio. CHF pro Jahr mit 45m-Tram). Durch die Reduktion der Busleistungen können Kosten von 2.3 Mio. CHF pro Jahr eingespart werden, so dass die Betriebskosten mit 30m-Tram insgesamt um 7.7 Mio. CHF bzw. mit 45mTram um 10.0 Mio. CHF pro Jahr zunehmen.11 Die Erträge steigen hingegen nur um 6.1 Mio. CHF pro Jahr in den beiden Varianten über die „Trasse asm“, in der Variante „Zentrum Nidau“ um 5.6 Mio. CHF pro Jahr. Dabei ist zu be- achten, dass 2.6 Mio. CHF pro Jahr der Mehrerträge (in allen drei Varianten) im Schienen- verkehr anfallen und nicht bei der asm oder den VB. Gesamthaft verschlechtert sich das Ergebnis aller ÖV-Betreiber zusammen in der Variante „Trasse asm mit 30m Tram“ um 2.2 Mio. CHF pro Jahr („Trasse asm“ mit 45m-Tram 4.7, „Zentrum Nidau“ 5.2 Mio. CHF pro Jahr). Für VB und asm ergibt sich eine Verschlechterung um 4.9 Mio. CHF pro Jahr, für die restlichen ÖV-Betreiber eine Verbesserung von 2.6 Mio. CHF pro Jahr (entspricht den erzielbaren Mehrerträgen). Abbildung 4-1: Ergebnisse aus betriebswirtschaftlicher Sicht Zentrum Nidau Trasse asm Trasse asm 45m-Tram 45m-Tram 30m-Tram Indikator Mio. CHF pro Jahr Mio. CHF pro Jahr Mio. CHF pro Jahr Nutzen / Kosten Betreiber ÖV -5.2 -4.7 -2.2 Erträge ÖV 5.6 6.1 6.1 Betriebskosten ÖV (inkl. Rollmaterialbeschaffung) -10.0 -10.0 -7.7 Finanzierungskosten für Kauf der Trams -0.9 -0.9 -0.7 Investitionskosten (in Infrastruktur) -8.6 -8.7 -8.4 Total -13.8 -13.4 -10.6 Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) 1 0.29 0.31 0.37 1 Die Kosten entsprechen den Investitionskosten und den Betriebskosten ÖV, der Nutzen sind die ÖV-Erträge. Hohe Investitionskosten Umgerechnet auf jährliche Kosten betragen die Investitionskosten von ca. 230 Mio. CHF ca. 8.5 Mio. CHF pro Jahr. Dabei ist die Variante „Trasse asm“ etwas teurer als die Variante „Zentrum Nidau“, die Variante mit 30m-Trams aber am günstigsten. Gesamthaft beträgt das betriebswirtschaftliche Ergebnis damit –11 bis –14 Mio. CHF pro Jahr. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis beträgt lediglich 0.29 bis 0.37. Zu beachten ist, dass die zusätzlichen Erträge die zusätzlich anfallenden Betriebskosten nicht decken können. Das Regiotram kann aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht nicht empfohlen werden. Die Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ schneidet dabei noch am besten ab. Mit dem 30m- 11 Es ist zu beachten, dass der Kauf der Trams über Kredite erfolgen muss, welche teurer sind als die unterstellten 2% Diskontrate. Wir gehen davon aus, dass der Trambetreiber mit 4% Realzins rechnen muss, was insgesamt Zinskosten von 1.3 Mio. CHF pro Jahr verursacht. Die zusätzlich in der betriebswirtschaftlichen Rechnung zu be- rücksichtigenden Finanzierungskosten betragen also 0.65 Mio. CHF pro Jahr (Differenz der 4% Zinskosten für den Trambetreiber und den unterstellten 2% Diskontrate). 11
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Tram sind die Mehrkosten um 2.8 Mio. CHF tiefer als mit dem 45m-Tram, was auf die tiefe- ren Betriebskosten der kürzeren Trams, die tieferen Investitionskosten in das Rollmaterial (beides in Abbildung 4-1 in Betriebskosten ÖV enthalten) und die tieferen Investitionskosten in die Depots zurückzuführen ist. Sensitivitätsanalyse zeigt ein robustes, negatives Ergebnis Viele Annahmen, die für die Berechnungen getroffen wurden, sind unsicher. Deshalb wurde im Rahmen von 17 Sensitivitätsrechnungen untersucht, wie sich das Ergebnis mit Änderun- gen einzelner Annahmen verändert. Die Sensitivitätsanalyse zeigt, dass das Ergebnis robust ist: Bei der Veränderung einer einzelnen Annahme schwankt das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) der Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ zwischen 0.29 und 0.44 (Annuität zwischen –9 und –13 Mio. CHF pro Jahr). Die Variante „Trasse asm“ ist immer um 0.2 bis 0.5 Mio. CHF pro Jahr besser als die Variante „Zentrum Nidau“ und um 2.7 bis 3.0 Mio. CHF pro Jahr schlechter als die Variante mit 30m-Trams (für die Detailergebnisse vgl. Annahmenbericht, Kapitel 10). Auslastung des ÖV: Optimierungspotenzial zu prüfen Dass in Bezug auf das betriebswirtschaftliche Ergebnis noch Optimierungspotenzial besteht, zeigen die folgenden Ausführungen zur Auslastung des ÖV-Angebots. Auf dem am stärksten belasteten Querschnitt Guisanplatz – Bahnhof Biel verkehren mehrere Buslinien. Zählt man die Kapazität und die Nachfrage all dieser Buslinien im Referenzfall zusammen, berechnet man eine Auslastung in Spitzenzeiten von 50% (Jahr 2030). Da die angebotene Kapazität auf diesem Querschnitt mit einem 45m-langen Regiotram aber stärker wächst als die Nachfrage, sinkt der Auslastungsgrad auf besagtem Querschnitt durch das Regiotram von 50% auf 45% (Jahr 2030, mit 30m-Tram 52%). Im 45m-Tram allein beträgt die Auslastung 50%, im 30m-Tram 74%. Diese Berechnungen beziehen sich auf die Gesamtbe- lastung in der Spitzenstunde. Die Verteilung der Nachfrage innerhalb der Spitzenstunde ist aber sehr ungleich; einzelne Kurse haben eine sehr hohe Nachfrage: Diese Situation tritt heute zwischen Täuffelen und Biel Bahnhof auf, wo 2 der 4 Züge pro Stunde stark belastet sind, da nur diese den Anschluss an den Fernverkehr gewährleisten. Zudem ist einer dieser Züge auch für die Gymnasiasten optimal (Schulbeginn). Diese Situation wird auch mit dem Regiotram im Jahr 2030 und bei einem Angebot von 8 Trams pro Stunde ab Ipsach Herdi auftreten. Obwohl die durchschnittliche Auslastung also 2030 unter 50% liegt, sind einzelne Tramkurse überlastet. Aufgrund dieser Überlegungen wurde die 30m-Tram-Variante ebenfalls miteinbezogen. Doch auch in der 30m-Tram-Variante könnte noch Optimierungspotenzial vorhanden sein (Re- duktion der Taktdichte zumindest ausserhalb der Spitzenzeiten (ein 15-Minutentakt wäre gegenüber dem 20-Minutentakt der Linie 2 immer noch ein Verbesserung), ausserhalb der Geschäftszeiten Endhaltestelle bei den Stades de Bienne anstatt im Bözingenfeld). 12
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Es ist also zu empfehlen, das optimale Angebot des Regiotram bzgl. Taktdichte und Endhaltestelle nochmals detailliert zu untersuchen. Hier könnte Sparpotenzial vorhan- den sein (vor allem aus betriebswirtschaftlicher Sicht). Die typischen betriebswirtschaftlichen Vorteile eines Tramsystems gegenüber einem Bussystem können in Biel nicht realisiert werden: Trams, mit ihren im Vergleich zu Bus- sen höheren Kapazitäten, werden da eingesetzt, wo das Bussystem überlastet ist. In solchen Fällen ersetzt ein Tramzug mehrere Busse, so kommen weniger Fahrzeuge und Chauffeure zum Einsatz, was betriebliche Einsparungen ermöglicht. 5 Volkswirtschaftliches Ergebnis Die betriebswirtschaftliche Sicht berücksichtigt nur Effekte des Regiotrams auf den Betreiber und die Investitionskosten. Im Folgenden sollen auch die weiteren Effekte des Regiotrams (inkl. Angebotsverbesserung) berücksichtigt werden. In einem ersten Schritt werden zusätz- lich die in Geldeinheiten bewertbaren (oder monetarisierbaren) Auswirkungen des Regi- otrams (inkl. Angebotsverbesserungen) miteinbezogen. In einem zweiten Schritt folgen dann noch die zusätzlichen nicht-monetarisierbaren Effekte.12 Das Regiotram inklusive Angebotsverbesserungen hat ein deutlich positives Nutzen- Kosten-Verhältnis Aus volkswirtschaftlicher Sicht übersteigen die zusätzlichen Nutzen des Regiotrams die zu- sätzlichen Kosten bei weitem: Die Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ erzielt ein volkswirt- schaftliches Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1.90 („Trasse asm“ 1.62 und „Zentrum Nidau“ 1.52), die Nutzen sind also beinahe 2-mal so hoch wie die Kosten (vgl. nachfolgende Abbil- dung). Im Folgenden wollen wir – am Beispiel der Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ – die hauptsächlichen Nutzen- und Kostenveränderungen diskutieren (die Differenzen zu den anderen beiden Varianten werden später ebenfalls erläutert). ÖV-Benutzer profitieren sehr stark Rund ¾ aller Nutzen entfällt auf die ÖV-Benutzer (22 Mio. CHF pro Jahr). Dieser grosse Nutzen kann wie folgt erklärt werden:13 12 Zu beachten ist, dass die betriebswirtschaftlichen Finanzierungskosten für die Beschaffung des Trams aus volkswirtschaftlicher Sicht keine Kosten darstellen, da der Kreditgeber einen Nutzen aus der Kreditvergabe zieht. 13 Die beim Tram Region Bern berücksichtigte Zuverlässigkeit wird hier nicht berücksichtigt: In Bern muss bei der Buslösung (Referenzfall) in den Spitzenstunden ein 2-Minutentakt angeboten werden, der sehr anfällig auf Ver- spätungen und damit unzuverlässig ist (hohe Verspätungswahrscheinlichkeit wegen der sogenannten Paketbil- dung (mehrere Busse direkt hintereinander)). In Biel ist jedoch maximal ein 7.5-Minutentakt nötig, so dass keine relevanten Differenzen bei der Zuverlässigkeit zwischen Tram- und Bussystem zu erwarten sind. 13
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Abbildung 5-1: Ergebnisse aus volkswirtschaftlicher Sicht Zentrum Nidau Trasse asm Trasse asm 45m-Tram 45m-Tram 30m-Tram Indikator Mio. CHF pro Jahr Mio. CHF pro Jahr Mio. CHF pro Jahr Nutzen Benutzer ÖV 20.2 22.0 22.0 Komfort und Fahrzeit ÖV 6.1 6.8 6.8 Umsteigevorgänge ÖV 3.8 3.7 3.7 Gehzeiten beim Umsteigen ÖV 4.9 5.5 5.5 Zu- und Abgangszeiten ÖV 0.4 1.2 1.2 Taktverdichtungen ÖV 5.1 4.9 4.9 Nutzen / Kosten Betreiber ÖV -4.3 -3.9 -1.6 Erträge ÖV 5.6 6.1 6.1 Betriebskosten ÖV -10.0 -10.0 -7.7 Nutzen MIV 1.9 1.4 1.4 Reisezeiten MIV 1.9 1.3 1.3 Betriebskosten MIV 0.1 0.0 0.0 Nutzen / Kosten Unfälle und Umwelt -0.0 0.3 0.4 Unfälle (ÖV und MIV) 0.9 1.2 1.2 Lärm, Luft und Klima Betriebsphase (ÖV und MIV) -0.1 -0.1 0.0 Luft Bauphase -0.8 -0.8 -0.8 Einnahmen / Ausgaben öffentliche Hand 0.2 0.2 0.2 Investitionskosten -8.6 -8.7 -8.4 Total = Nettonutzen 9.4 11.3 14.1 Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV)1 1.52 1.62 1.90 1 Die Kosten entsprechen gemäss SN 641 820 dem Ressourcenverbrauch des Betreibers (=Investitionskosten und Betriebskosten ÖV Anmerkung: Das Resultat der präsentierten Wirtschaftlichkeitsrechnung bewertet nicht nur die Umstel- lung der Strecke von Biel Bahnhof ins Bözingenfeld auf Tram, sondern zugleich auch den erheblichen Ausbau des Angebots. Um das Ergebnis einer reinen Umstellung auf Trambetrieb ganz grob abschät- zen zu können, wird unterstellt, dass im Referenzfall das Busangebot der Linie 2 auf einen 7.5- Minutentakt verdichtet wird. Der Nettonutzen des Regiotrams „Trasse asm mit 30m-Tram“ dürfte dadurch um knapp 5 Mio. CHF abnehmen, das Nutzen-Kosten-Verhältnis ist aber mit ca. 1.7 immer noch deutlich über 1.14 Das bedeutet: Die Umstellung vom Bussystem auf den Trambetrieb kann empfohlen werden. Beim Angebotskonzept mit dem Tram (bzgl. Taktdichte und Endhaltestelle) dürfte aber noch Optimierungspotenzial bestehen (vgl. oben). · Das Tram bietet einen höheren Komfort als der Bus. Der Komforteffekt wird aus modell- technischen Gründen zusammen mit der Fahrzeit ausgewiesen. Die leichten Fahrzeitver- luste (Strecke heutiger asm-Bahnhof – Bahnhofvorplatz im Tram statt zu Fuss und zusätz- liche Haltestelle Bernstrasse) werden durch die deutlichen Komfortvorteile mehr als kom- pensiert. 14 Die Abbildung 5-1 dürfte sich wie folgt verändern: Die Nutzen der Benutzer sind alle auf die Umstellung auf das Tram zurückzuführen ausser die Taktverdichtung. Aufgrund der nicht vorhandenen Taktverdichtung ist die Nach- frage etwas geringer und damit auch der Nutzen bei den anderen Nutzenkomponenten der Benutzer. Damit sin- ken auch die Erträge, während die Betriebskosten weniger steigen, (da der dichtere Bustakt teurer ist). Auch die Effekte auf die Umwelt dürften etwas höher sein, weil mehr Busse wegfallen. Der Nutzen im MIV reduziert sich etwas (weniger Umsteiger auf den ÖV). 14
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN · Umsteigevorgänge werden als unangenehm empfunden (Direktverbindungen werden bevorzugt). Das Regiotram bietet eine neue umsteigefreie Beziehung vom rechten Bieler- seeufer in die Bieler Innenstadt und ins Bözingenfeld. · Gehzeiten beim Umsteigen: Mit dem Regiotram entfallen die langen Umsteigewege zwischen dem heutigen asm-Bahnhof und den VB-Bussen auf dem Bahnhofvorplatz. · Veränderungen bei den Gehzeiten zur / von der Haltestelle (sogenannte Zu- / Abgangs- zeiten) wie z.B. bei der neuen Haltestellen Bernstrasse führen ebenfalls zu Vorteilen. · Die Taktverdichtung auf der Strecke Ipsach Herdi bis Bözingenfeld ermöglicht ebenfalls einen deutlichen Nutzengewinn. Hohe betriebswirtschaftliche Kosten Wie in Kapitel 4 erläutert, führt das Tram dazu, dass die Kosten des Betreibers mehr steigen als die Erträge. Zudem müssen die grossen Nutzen der ÖV-Benutzer mit den Investitionskos- ten „erkauft“ werden. Auch der MIV profitiert: Weniger Stau auf den Strassen Der MIV profitiert ebenfalls von kürzeren Fahrzeiten im Umfang von 1.4 Mio. CHF pro Jahr. Diese ergeben sich aus dem Umsteigeeffekt auf den ÖV und den daraus folgenden geringe- ren Stauzeiten. Übrige Effekte klein Das Umsteigen auf den ÖV bewirkt, dass die Unfallkosten im MIV um ca. 1 Mio. CHF pro Jahr abnehmen. Die Effekte auf die Umwelt sind leicht negativ: Insbesondere die Schadstoff- emissionen während dem Bau erhöhen die Schäden um 0.8 Mio. CHF pro Jahr. Die Einnahmen der öffentlichen Hand nehmen leicht zu (0.2 Mio. CHF pro Jahr): Darin ent- halten sind die zusätzlichen MWST-Einnahmen auf die ÖV-Tickets, die entfallenden Treib- stoffsteuer-Einnahmen im MIV sowie die eingesparten Kosten für die polizeiliche Verkehrsre- gelung und Überwachung. Variante „Trasse asm“ besser als Variante „Zentrum Nidau“ Der Vorteil der Variante „Trasse asm“ von 1.9 Mio. CHF pro Jahr gegenüber der Variante „Zentrum Nidau“ ist auf die höheren Nutzen der ÖV-Benutzer zurückzuführen, die wiederum zu höheren ÖV-Erträgen führen. Auch bei den Unfällen hat die Variante „Trasse asm“ leichte Vorteile, während sie beim MIV und bei den Investitionskosten schlechter abschneidet. Bei den ÖV-Benutzern ist die neue Haltestelle Bernstrasse der Variante „Trasse asm“ zu erwäh- nen, die ÖV-technisch sehr günstig gelegen ist (Zu- und Abgangszeiten). Zudem erlaubt die- se neue Haltestelle eine direkte Verbindung Richtung Bözingenfeld, die in der Variante „Zent- rum Nidau“ nicht besteht – umso mehr als die Buslinie 7 im Bereich Zentralplatz – Omega nach Nordwesten verschoben wird, weil das Tram die südöstlichere Verbindung übernimmt. Damit verlieren die südöstlich gelegenen Gebiete zwischen Zentralplatz und Omega die di- 15
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN rekte Verbindung zur Bernstrasse mit der Buslinie 7. Dies schlägt sich in der Variante „Trasse asm“ in geringeren Zu- und Abgangszeiten und geringeren Gehzeiten beim Umsteigen nie- der. Schliesslich hat das Regiotram im Zentrum Nidau weniger Haltestellen als die Buslinie 4 in der Variante „Trasse asm“. 30m-Tram hat tiefere Kosten als 45m-Tram Wird die Trasse asm mit 30m- statt 45m-Trams befahren, so kann ein um 2.7 Mio. CHF bes- seres Ergebnis erzielt werden. Neben den bereits beschriebenen betriebswirtschaftlichen Vorteilen (tiefere Betriebs- und Investitionskosten) fallen noch geringfügig tiefere Umweltkos- ten an (geringerer Stromverbrauch durch 30m-Trams). Dafür entfallen die günstigeren be- triebswirtschaftlichen Finanzierungskosten für die Beschaffung der Trams (vgl. Fussnote 12). Sensitivitätsanalyse zeigt ein robustes, positives Ergebnis In den Sensitivitätsanalysen schwankt das Nutzen-Kosten-Verhältnis der Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ zwischen 1.53 und 2.27 (Nettonutzen von 8 bis 20 Mio. CHF pro Jahr). Volkswirtschaftlich handelt es sich also um ein vorteilhaftes Projekt, das selbst unter ungüns- tigen Annahmen immer noch ein Nutzen-Kosten-Verhältnis über 1.5 erreicht. Die Variante „Trasse asm“ ist in allen Sensitivitätsanalysen um 1.6 bis 2.5 Mio. CHF pro Jahr besser als die Variante „Zentrum Nidau“ und um 2.7 bis 2.9 Mio. schlechter als die Variante mit 30m- Trams. Die Ergebnisse sind also robust. Selbst wenn die gesamten Baukosten des Regiotrams miteinbezogen werden (auch diejeni- gen Kosten, die nicht von der Umstellung auf das Tram verursacht werden), so bleibt das volkswirtschaftliche NKV der Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ mit 1.63 klar über 1, so dass sich das Projekt immer noch lohnt (ohne dass die zusätzlichen Nutzen dieser zusätzli- chen Investitionen berücksichtigt werden). Anmerkung: Im Verkehrsmodell wurde in der Variante „Zentrum Nidau“ der Posttunnel und damit die Umsteigemöglichkeit von der Badhausstrasse auf die SBB-Züge nicht implementiert. Damit müssen die Fahrgäste aus Richtung Ins im Verkehrsmodell bis zum Bahnhofvorplatz fahren (eine Haltestelle wei- ter), um auf die SBB-Züge umsteigen zu können. Wird im Verkehrsmodell der Posttunnel berücksichtigt, so ändern sich die Ergebnisse nicht entscheidend: Durch den Posttunnel nehmen die Fahrzeitgewinne um 0.6 Mio. CHF pro Jahr zu, aber die ÖV-Erträge nehmen um 0.2 Mio. CHF pro Jahr ab. Dadurch verschlechtert sich das betriebswirtschaftliche Ergebnis leicht, das volkswirtschaftliche Ergebnis wird hingegen etwas besser. Die Variante „Trasse asm“ bleibt eindeutig die bessere Variante (auch in allen Sensitivitätsanalysen). Nicht-monetarisierbare Aspekte der Regiotrams Neben den in der Kosten-Nutzen-Analyse berücksichtigten Effekten hat die Umstellung auf den Trambetrieb noch weitere positive Auswirkungen (vgl. Annahmenbericht): · Das Tram stimmt mit den Zielen der Raumplanung überein und könnte einen Entwick- lungsschub auslösen. · Das Tram führt zu einer städtebaulichen Aufwertung entlang der Linienführung. 16
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN · Das Tram führt zu Verbesserungen für den Langsamverkehr. Dafür ist das Tram mit einer 3.5-jährigen Bauphase verbunden, in der mit Behinderungen für den MIV, ÖV und Langsamverkehr zu rechnen ist. Bezüglich Fahrplanstabilität gibt es bei 45m-Trams nördlich des Bahnhofs Biel eine Verbesserung, südlich des Bahnhofs Biel hinge- gen eine Verschlechterung. Die Fahrplanstabilität ist in der Variante „Zentrum Nidau“ auf- grund des MIVs im Zentrum Nidau schlechter als in der Variante „Trasse asm“. Insgesamt sprechen diese nicht in Geldeinheiten ausgedrückten Effekte deutlich für das Re- giotram – und erneut für die Variante „Trasse asm“. Nicht-monetarisierbare Aspekte bezüglich Tramlänge Die Variante „Trasse asm mit 30m-Trams“ hat drei Nachteile gegenüber der Variante mit 45m-Trams, die in der Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) nicht quantifiziert wurden: · Weil neben den Entlastungszügen 2 von 8 Tramzügen in den Spitzenzeiten südlich des Bahnhofs Biel doppelt geführt werden müssen (60m-Zug), müssen am Bahnhof Biel die Tramzüge ab- bzw. angehängt werden. Das Abkoppeln sollte ohne grössere Verzögerun- gen abgewickelt werden können. Das Ankoppeln hingegen braucht etwas mehr Zeit, so dass die Züge vom Bözingenfeld her tendenziell etwas früher fahren werden und am Bahnhof etwas später abfahren. Dies führt zu einer gewissen Unregelmässigkeit beim Takt, die jedoch gemäss AöV beschränkt sein sollte. Der unregelmässige Takt sowie die Tatsache, dass mit 30m-Trams vermehrt Entlastungszüge eingesetzt werden müssen, machen das Angebot für die Fahrgäste weniger klar und durchschaubar. Damit wird die spontane Nutzung insbesondere für seltene Fahrgäste schwieriger und der Mehrverkehr dürfte etwas geringer ausfallen als mit 45m-Trams. · Mit dem 30m-Tram ist die Fahrplanstabilität geringer, weil am Bahnhof Biel Tramzüge getrennt bzw. aneinander gehängt werden müssen (mögliche technische Probleme). Der etwas unregelmässige Takt kann zudem dazu führen, dass das ohnehin verspätete Tram sich weiter verspätet (mehr Einsteiger) und es zu eine Paketbildung mit dem nächsten Tram kommen kann, das immer mehr aufholt (wenig Einsteiger). · Mit dem Einsatz von 45m-Trams entstehen zusätzliche Kapazitätsreserven. Mit dem 30m- Tram ist der ÖV nördlich des Bahnhofs jedoch etwa gleich stark ausgelastet wie mit der Buslösung im Referenzfall. Es entstehen also keine zusätzlichen Kapazitätsreserven. Da die Kapazitätsgrenzen bis 2060 nicht erreicht werden, bedeutet dies mehr Komfort. Anmerkung: Das Grundproblem liegt in der Verbindung einer innerstädtischen Linie mit einer regiona- len Bahnlinie: Im innerstädtischen Verkehr fällt die Nachfrage in etwa kontinuierlich an und Gefässgrös- se und Takt können auf die Nachfrage ausgerichtet werden. Hier genügt ein 30m-Tram. Im Regional- verkehr hingegen haben die halbstündlichen Kurse, die Anschluss an den Fernverkehr geben, eine viel grössere Nachfrage als die anderen Kurse im 7.5-Minuten-Takt. Hier sind selbst mit 45m-Trams noch Entlastungszüge nötig. Dieser unterschiedliche Anfall der Nachfrage ist schwer mit einem Angebot abzudecken: Entweder man fährt innerstädtisch (und ausserhalb der Spitzenzeiten) mit zu grossen 45m-Fahrzeugen oder man muss im Regionalverkehr die kurzen 30m-Trams in den Spitzenzeiten mas- siv verstärken. 17
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN Fazit · Die Variante „Zentrum Nidau“ schneidet am schlechtesten ab, sowohl aus betriebs- wie auch aus volkswirtschaftlicher Sicht. Aus Sicht der Bewertung ist sie also abzulehnen. · Aus wirtschaftlicher Sicht empfiehlt sich die Variante „Trasse asm“. Es fragt sich nur, ob mit 45m- oder mit 30m-Trams. – Die Ergebnisse der KNA sprechen für die Variante mit den 30m-Trams. Damit können aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht Einsparungen von ca. 2.75 Mio. CHF pro Jahr erzielt werden. – Die nicht-monetarisierbaren Kriterien – unregelmässiger Takt, Fahrplanstabilität und Kapazitätsreserven – sprechen jedoch für die Variante mit 45m-Trams. – Werden Einsparmöglichkeiten – wie Taktausdünnungen ausserhalb der Spitzenzeiten oder Endhaltestelle Stades de Bienne ausserhalb der Geschäftszeiten – umgesetzt, so wird der betriebswirtschaftliche Vorteil der 30m-Variante kleiner, weil die geringeren Betriebskosten für die wegfallenden Strecken nicht mehr anfallen. Die 30m-Tram- Variante hätte aber immer noch einen Vorteil von über 2.25 Mio. CHF pro Jahr. – Können die Probleme durch das An- / Abkoppeln gelöst werden, so kann die 30m- Tram-Variante empfohlen werden. Gelingt dies nicht, ist der Entscheid zwischen 30m- und 45m-Tram nicht einfach zu treffen. Da es sich um einen Systementscheid handelt, hat er weitreichende Konsequenzen. In diesem Fall könnte eine nochmalige Analyse, ob der unregelmässige Takt sich nicht durch eine innovative Lösung verhindern lässt, sehr hilfreich sein. 6 Vergleich zur bisherigen ZMB und zu Tram Region Bern Die Zweckmässigkeitsbeurteilung aus dem Jahre 2008 unterschätzt den volkswirt- schaftlichen Nutzen In der bisherigen Kosten-Nutzen-Anlayse zum Regiotram Biel im Rahmen der Zweckmässig- 15 keitsbeurteilung (ZMB) im Jahr 2008 wurde ein Nutzen-Kosten-Verhältnis für das Regiotram von 0.63 errechnet. Das vorliegende Ergebnis ist damit etwa 3-mal besser. Dies mag erstau- nen. Werden die beiden Berechnungen miteinander verglichen, wird jedoch klar, woher die Differenzen kommen: · Das neue Gesamtverkehrsmodell des Kantons Bern stand 2008 noch nicht zur Verfü- gung. Folglich musste ein einfaches ÖV-Umlegungsmodell angewendet werden und die Auswirkungen auf den MIV wurden nur grob abgeschätzt (und deutlich unterschätzt). 15 Rapp Trans (2008), Neue ÖV-Achse Agglo Biel: Variantenvergleich. 18
Inputdaten und Annahmen für die Wirtschaftlichkeitsanalyse Regiotram Biel ECOPLAN · Die Linienführung des Regiotrams hat sich seit der ZMB geändert. Damals wurde z.B. im Bereich Bahnhof damit gerechnet, dass das Regiotram direkt unter den SBB-Gleisen hin- durch auf den Bahnhofvorplatz geführt wird (kürzere Strecke). · Diese kürzere Strecke führte u.a. dazu, dass die Zunahme der Fzkm beim Tram um ca. 90‘000 Fzkm unterschätzt wurde. Die Abnahme bei den Trolleybussen wurde zudem um ca. 100‘000 Fzkm überschätzt. · Die folgende Abbildung zeigt die Unterschiede anhand der Bestvariante „Trasse asm mit 30m-Tram“ auf: Abbildung 6-1: Vergleich des Regiotrams mit der früheren Berechnung des Regiotrams in der ZMB Vorliegende ZMB 2008 Kommentar zu Rechnung Regiotram ZMB-Bewertung Trasse asm Indikator Mio. CHF pro Jahr Mio. CHF pro Jahr Nutzen Benutzer ÖV 22.0 5.5 Komfort und Fahrzeit ÖV 6.8 2.1 Komfort vernachlässigt, Fahrzeit zu tiefer KS Umsteigevorgänge ÖV 3.7 vernachlässigt Mit alten VM nicht berechenbar Gehzeiten beim Umsteigen, Zu-/Abgangszeiten ÖV 6.7 1.8 Deutlich unterschätzt (VM und KS) Taktverdichtungen / Wartezeiten ÖV 4.9 1.6 Taktverdichtungen vernachlässigt Nutzen / Kosten Betreiber ÖV -1.6 -4.2 Erträge ÖV 6.1 0.5 Vernachlässigung Mehrerträge Bahn, US Betriebskosten ÖV -7.7 -4.7 andere Linienführung, KS Busse überschätzt Nutzen MIV 1.4 vernachlässigt Kein Verkehrmodell für MIV Reisezeiten MIV 1.3 Betriebskosten MIV 0.0 Nutzen / Kosten Unfälle und Umwelt 0.4 0.3 Unfälle (ÖV und MIV) 1.2 0.2 geringere Fzkm-Abnahme im MIV Lärm, Luft und Klima Betriebsphase (ÖV und MIV) 0.0 0.1 schlechtere Datengrundlagen Luft Bauphase -0.8 vernachlässigt SN 641 828 lag noch nicht vor Einnahmen / Ausgaben öffentliche Hand 0.2 -0.1 Vernachlässigung Verkehrsregelung Investitionskosten -8.4 -5.0 Andere Linienführung, Vernachlässigungen1 Total = Nettonutzen 14.1 -3.4 Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) 1 1.90 0.65 ZMB-Ergebnis 0.63 anders berechnet2 VM = Verkehrsmodell, KS = Kostensatz, US = Unterschätzung 1 Vernachässigung Kosten südlich Bahnhof, Neu- / Ausbau Depots / Werkstatt, Arbeitsgeräte Schienenunterhalt etc. 2 Bei der Berechnung des NKV wurden in der ZMB die ÖV-Erträge als negative Kosten angesehen, anstatt wie üblich als Nutzen. – Die Nutzen der Benutzer wurden deutlich unterschätzt (5.5 statt 22.0 Mio. CHF pro Jahr): Der Komfort wurde vernachlässigt (dieser wurde erstmals in der Berechnung für das Tram Region Bern berücksichtigt und hier zum zweiten Mal), die Fahrzeit wurde mit einem tieferen Kostensatz bewertet (basierend auf der damals verfügbaren alten Norm zu den Zeitkosten (SN 641 822 statt SN 641 822a) und ohne Berücksichtigung 19
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