Wohnliche Spaßmaschine - N'fuN 30 - N'Fun Yachting
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Fahrbericht | N’fun 30 N’ fun 30 Wohnliche Spaßmaschine Wenig Tiefgang und weniger als drei Meter Breite sind die Hauptkriterien, auf die bei der Suche nach einem Boot für den Bodensee in der Regel zuerst geschaut wird und die bei der Auswahl maßgeblich mit ins Gewicht fallen können. Die N’fun 30 besteht den nüchternen Blick auf die Zahlen und beim Probesegeln wird deutlich, dass die Werft viel darangesetzt hat, dem Namen gerecht zu werden. Von Michael Häßler und Klaus Lohmüller 44 IBN | 8 5 | 2020 2014
N’fun 30 | Fahrbericht Bereits beim Blick auf die Homepage der auch in viele Bojenfelder und zwar bei na- Maße: polnischen Werft wird deutlich, dass diese hezu jedem Pegelstand. Die Nutzung der ge- Lüa 9,00 m, Breite 2,92 m sich Flexibilität und Individualität auf die samten Wassersportsaison ist dadurch fast Fahne geschrieben hat. Das Konzept lautet, überall möglich. Gewicht: ein im Wesentlichen „nacktes“ Basisboot Und noch ein Ass kann die sportliche Polin circa 2100 kg anzubieten, das nach Kundenwunsch und ausspielen: Die optionale Mastlegevor- individuellen Anforderungen ausgerüstet richtung. Der Jütbaum fungiert, clever um- Tiefgang: und konfiguriert wird. gesetzt, gleichzeitig als Bugkorb. Einem 0,5 m – 1,60 m (opt. 1,80 m) Betrachtet man das Grundsetting, fallen unkomplizierten Revierwechsel in den Maße ins Auge, die spontan Bodenseetaug- Unter- oder Obersee steht damit nichts im Besegelung: lichkeit versprechen und auch die hier not- Wege. Zudem sorgen keine drei Meter Breite ca. 46 m2 am Wind wendigen Leichtwettereigenschaften sind dafür, dass die Suche nach einem Gastliege- gegeben. Ein weiteres Ass hat das Boot mit platz in den meisten Häfen problemlos von- Motorisierung: dem Tiefgang im Ärmel: Gerade einmal 50 statten gehen sollte. verschiedene Varianten Zentimeter unter die Wasserlinie tief reicht Eine umfangreiche Optionsliste hochwer- die aufgeholte Kielflosse. Das erlaubt die tiger Beschläge und Einrichtungsmög- Preis: Einfahrt in fast jeden Hafen am See und lichkeiten, gepaart mit der Offenheit ab 45 550 Euro IBN | 8 | 2020 45
Fahrbericht | N’fun 30 der Bootsbauer, auch Änderungswünsche setzen auch exotische Wünsche gerne um, außerhalb der Reihe handwerklich umzu- so lange diese realistisch und sinnvoll sind. setzen, bietet Flexibilität, die den Namen Bei drei bis vier Beaufort, wie sie am Test- „N‘fun“ zum Programm werden lassen. tag auf dem Zürichsee vor Enge herrsch- ten, macht sich beweglicher Ballast auf der Segeleigenschaften hohen Kante aber generell positiv bemerk- Das optionale Doppelruder, mit dem das bar. Das Boot will sportlich-aktiv gesegelt Testboot ausgestattet ist, funktioniert auch werden, soll es schnell unterwegs sein. bei Lage und ordentlich Druck im Segel spiel- Zwar bewirken die 55o Kilogramm Ballast, frei und unerwartet direkt. Die N`fun verhält die ausgefahren 1,70 Meter unter der Was- sich bei Manövern gut kontrollierbar. serlinie liegen, zwar ein ausreichendes auf- Einhandsegeln ist möglich, dann sollte man richtendes Moment und ein hohes Maß an aber einen Autopiloten aus der Optionsliste Sicherheit, das Boot muss aber eben gese- wählen, sonst wird‘s zumindest unkomfor- gelt werden, sollen das Unterwasserschiff tabel, weil man mit dem Pinnenausleger in und die Anhänge widerstandsarm ihre Ar- der Hand nur umständlich bis überhaupt beit verrichten. Dabei erlauben ein paar nicht an die verschiedenen Bedienelemente schwere Jungs auf der Kante bei gleicher kommt. Krängung mehr Druck im Rigg. Das gesegelte Boot war für eine Crew von mindestens drei Personen ausgerüstet, bei Das Rigg der der Steuermann nicht gleichzeitig noch Für raume Kurse steht ein 85 m2 großer den Großschottrimm übernimmt. Ist das Gennaker am ausfahrbaren Bugspriet zur gewünscht, wäre eine zweite Großschotba- Verfügung und auch ein Code zero stellt sis hinter der Travellerschiene sinnvoll. Die eine sinnvolle Ergänzung der Fock für den Schot könnte dann, je nach Mannschafts- sportlich ambitionierten Segler dar. größe, vom Großsegeltrimmer vor dem Die laminierten Am-Wind-Segel aus pol- Traveller oder vom Steuermann hinter dem nischer Fertigung waren ohne Tadel und Der Mast wird über zwei gepfeilte Salingpaare mit Traveller bedient werden. Wie bereits gesagt, passten gut zu dem modernen, mit zwei durchlaufenden Wanten abgestagt, was nach hoch- die polnischen Bootsbauer sind flexibel und gepfeilten Salingpaaren verstagten Alu- wertigem Segelmaterial verlangt. U nter D eck Die Vorschiffskoje ist eher etwas für klei- optionalen Einbaudiesel geöffnet werden. nere Crewmitglieder. Dafür fallen die knapp Seitliche Zugänge von den Hundekojen aus Öffnet man das Schiebeluk zum Niedergang, 90 Zentimeter breiten Hundekojen mit sind ebenfalls vorhanden. fällt der erste Blick auf die massiv gestaltete einer Länge von 2 Metern umso großzügi- Führung und Hydraulik des Hubkiels. Dieser ger aus. Auch die Salonbänke bieten Platz dient auf dem Testboot auch gleichzeitig als für eine Übernachtung. Pfiffiges Detail: Die Salontisch, wenn die beiden Tischplatten Polster schließen mit einem Wulst ab, der nach oben geklappt werden. Lässt man den komfortables sitzen ermöglicht und beim Blick im Innern weiter schweifen, beginnt liegen nicht stört. Die Schwalbennester bie- rasch das Gefühl wohnlichen Komforts vor ten, ebenso wie die Pieks unter den Salon- dem ersten Eindruck des technischen Puris- bänken genügend Staumöglichkeiten. mus Überhand zu gewinnen. Als nicht ganz optimal empfand der Autor Die Oberfläche der hölzernen Schapps, die die schmalen Stufen des Niedergangs, weil sich backbords und steuerbords über die fast unmittelbar daran der Kielkasten an- gesamte Länge ziehen sowie der beiden schließt und der letzte Tritt unweigerlich Pantry-Elemente, die beidseitig vor der rechts oder links daneben gehen muss. In Vorschiffskoje montiert sind, vermittelt Be- Eile, bei Lage oder bei Dunkelheit muss man haglichkeit und Wärme. Gestützt wird der den Niedergang schon sehr bewusst bege- Eindruck durch die indirekte Beleuchtung. hen. Auch das Aufbringen rutschhemmen- Die Pantry des Testboots enthält einen der Streifen wäre zu empfehlen. gasbetrieben Herd mit gläsernem Kochfeld Die Umsetzung der technischen Installati- sowie eine ausziehbare Kühlbox. Ein nützli- onen ist solide und vorausschauend. Hin- ches Detail stellt die ausziehbare Brause an ter dem Niedergang kann die Verkleidung der Spüle dar. großflächig für einen guten Zugang zum Die Hundekojen sind mit 90x200 cm geräumig. 46 IBN | 8 | 2020
N’fun 30 | Fahrbericht mast mit durchlaufenden Wanten. Mit den in der Standardkonfiguration angebotenen Dacronsegeln dürfte man dagegen nicht so glücklich werden, jedenfalls nicht bei mehr Wind. Das mehr oder weniger starre Rigg verlangt nach ebensolchen Segeln, die ihr Profil auch bei mehr Druck zuverlässig be- halten. Für einen Aufpreis von etwas weniger als 2000 Euro bekommt man einen Satz solider Laminatsegel aus DCX von Dimension Po- lyant. Die filmlosen Carbon/Kevlarsegel, mit dem das Testboot ausgestattet war, kosten rund 4500 Euro Aufpreis, die sich für aus- geprochen leistungsoriente Segler lohnen können, besonders wenn sich diese für das optionale Carbonrigg entscheiden. Beschlagsausstattung Alle Beschläge sind namhafter Herkunft, sinnvoll angeordnet und ordentlich ver- baut. Sämtliche Fallen und Strecker werden über Blöcke mit großen Radien geführt und neben dem Niedergang beidseitig in Fallen- stoppern belegt. In der Grundausstattung stehen davon bereits zweimal fünf Stück Pfiffige Lösung: Die Jüt bleibt fest montiert und fungiert gleichzeitig als Fußreling und Bugkorb. Das Jütfall ist zur Verfügung. Auch die Zweigang-Fall- mehrfach untersetzt. Die untere Umlenkung der Talje sitzt im Ankerkasten (kleines Bild). Bei stehendem Mast winschen mit Selftailer sind obligato- wird das Vorstag mit einem Stahlbolzen gesichert und die Talje entlastet. risch. Die Pantry mit Kühlbox ist edel und solide. Die Niedergangsstufen könnten breiter sein. Beim ersten Blick ins Innere dominiert die Hydraulik und Mechanik des Hubkiels innerhalb des ansonsten wohnlichen Interieurs. IBN | 8 3 | 2020 2015 47
Fahrbericht | N’fun 30 Zwei weitere, selbstholende Winschen be- finden sich bereits in der Standardvariante im Cockpit und bewegen die Fockschot und die Gennakerschoten. Für Binnenreviere, wie den Bodensee, ist die für rund 1000 Euro erhältliche Mastlegevor- richtung eine praktische Ergänzung. Diese ist pfiffig umgesetzt: Der Jütbaum dient, wenn er nicht gerade in seiner eigentlichen Funktion gebraucht wird, als Fußreling und Bugkorb und bleibt deshalb ständig ange- schlagen. Das Jütfall ist mehrfach untersetzt und kann von einer Person leicht bedient werden. Zwei Ösen auf dem Kajütdach, an denen zwei Hilfswanten angeschlagen werden, halten den Mast seitlich, wenn die Wanten durch die gepfeilten Salinge beim Mastlegen losebekommen. Eine simple, aber ausreichende und pragmatische Lö- sung. Ein (ge)wichtiges Plus für den Einsatz am Bodensee bringt der Hubkiel mit sich. Se- rienmäßig lässt er sich mittels einer manu- ellen Doppelhub-Hydraulikpumpe heben. Für rund 1400 Euro gibt es die elektrohy- draulische Version, die es erlaubt, den Kiel bequem per Knopfdruck von der Pinne aus aufzuholen. Maschine Nicht im Grundpreis enthalten ist die Mo- torisierung, die Werft bietet aber mehrere Varianten zur Auswahl an. Ein Außenborder kann sowohl am Spiegel wie auch im optio- nalen, mittschiffs angebrachten, verschließ- Modernes Rigg mit Squartopp-Großregel und nur wenig überlappender Fock. baren Schacht montiert werden. Dabei sind sowohl Benzinmotoren möglich wie auch elektrische Varianten. Beide können mit einem Gestänge an die Pinne gekoppelt werden, sodass diese ähnlich wie ein Pod- antrieb drehbar unter dem Boot angebracht sind. Wird der Schacht nicht geordert, bleibt der Bootsboden verschlossen. Der Raum bleibt trotzdem durch eine Cockpitluke zu- gänglich und dient dann beispielsweise zum stauen des Außenborders. Wird ein Einbau- motor geordert, wird dieser ebenfalls dort platziert. Der Wellenbrunnen ist bereits in der Laminierform enthalten. Im Vorführboot war ein kleiner E-Motor der Drei-PS-Kategorie verbaut, der trotz me- chanischer Kopplung an die Pinne als Ma- növermotor bei Wind deutlich überfordert Klassische Backskisten unter den Duchten sucht man bei der N’fun 30 vergebens. Dafür sind aber die Hundeko- war. Wer anspruchsvolle Erwartungen an jen umso geräumiger. Zusätzlichen Stauraum, beispielsweise für Leinen und Fender, bieten die zwei „nassen“ das Manövrierverhalten unter Maschine Backskisten achtern unter dem Cockpitboden. 48 IBN | 8 | 2020
N’fun 30 | Fahrbericht D aten hat,dürfte sich wohl am besten für den Die- Beim zweiten Blick auf den Schacht offen- selantrieb mit Welle und das Mittelruder bart sich eine weitere, clevere Lösung der Länge ü.a. 9,00 m entscheiden. Wem ein möglichst glattes und Polen: Die innere Abdeckung des Motor- Breite 2,92 m widerstandsarmes Unterwasserschiff wich- schachts, beziehungsweise des Motorraums Tiefgang 0,50 m – 1,60 m tiger als die Fahreigenschaften unter Ma- kann als Cockpittisch genutzt werden. So ist 0,50 m – 1,80 m schine ist, bevorzugt den Außenborder am die Tischplatte stets platzsparend aufge- Verdrängung ca.: 2100 kg Heck. Der Schachtmotor stellt den Kompro- räumt. Personen: 2–6 miss zwischen diesen beiden Extremen dar, So wandelbar sie ist, zeigt die N’fun 30 den- Kojen: 4 wobei man schon etwas Leistungsreserven noch einen klaren Hang zur Sportlichkeit. einkalkulieren sollte. Das Boot hat ein ge- Das zeigen einerseits die Segeleigenschaf- Großsegel: 25 m2 ringes Gewicht, wenig Lateralfläche und ein ten, aber auch der Decksplan. Unter Deck ist Fock: 21 m2 weit vorne stehendes Rigg. Das macht es bei sie, vor allem achtern, ziemlich geräumig. An Gennaker: 85 m2 wenig Fahrt, beispielsweise im Hafen, doch Deck hingegen fehlt in der Grundausstat- Spinnaker: 85 m2 recht windanfällig. tung Stauraum. Zwei Backskisten können Motorisierung: wählbar optional geordert werden, die dann im Cock- pitboden achtern einlaminiert zu finden reis ab Werft: P sind. Etwas mehr, von außen zugänglicher ab 45 550 € (segelfertig, ohne Motor) Raum für die Last wäre wünschenswert. Natürlich hat die kein Segler gerne achtern, Preis Testboot: Platz wäre unter der Plicht dort jedoch zur ca. 104 000 € Genüge vorhanden. Wer diesen auf der Grundlage eigener Ideen nutzen möchte, Händler: ist bei der polnischen Werft jedenfalls an Swiss Nautik GmbH der richtigen Adresse. Entsprechende Eig- CH-8280 Kreuzlingen, nerwünsche mit einlaminierten Schotts, an- +41 (0) 787434322, stelle der mit Druckknöpfen angebrachten info@swissnautik.ch, Das Cockpitlayout ist für die besetzte Position des Stoffabtrennungen zu den Hundekojen hin, www.swissnautik.ch Großsegeltrimmers optimiert. Soll der Steuermann wurden nach Angabe des Händlers bereits die Schot bedienen, ist der vor dem Traveller plat- umgesetzt. Hersteller: zierte Blick nicht ideal. Auch die Achterstagführung N’fun, Polen ist dann nicht ideal. U nser F azit Die N’fun 30 ist ein Boot, das ausreichend Potential für Ausgleichsregatten wie bei- spielsweise nach ORC bietet, als auch das Platzangebot auf und unter Deck für längere Touren mitbringt. Ein besonderes Highlight für den Einsatz auf Binnenrevieren bietet der geringe Tiefgang. Daneben vermittelt die N’fun 30 neben ihrer Sportlichkeit auch Stabilität und Sicherheit. Die Zielgruppe ist breit aufgestellt und reicht, dank der flexibel wählbaren Aus- rüstung vom sportlichen Paar oder jungen Familie bis zur ambitionierten fünfköpfigen Regattacrew. Dank vieler, wählbarer Mo- torvarianten können auch revierspezifische Situationen berücksichtigt werden. Die N’fun 30 kann daher ihre angedachte Rolle als „eierlegende Wollmilchsau“ voll und ganz erfüllen. Dies soll nicht im Sinne eines ewigen Kompromisses verstanden werden, Die beiden Ruderblätter sind über ein justierbares sondern ist durchaus positiv gemeint. Gestänge nahezu spielfrei mit der Pinne verbunden. Die Bauqualität ist ohne wesentlichen Tadel Die Blätter können in der Kasette aufgeholt werden. und der Preis durchaus angemessen. IBN | 8 | 2020 49
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