WTO-Recht - Kein Hindernis für Förderung erneuerbarer Energien

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WTO-Recht – Kein Hindernis für
                        Förderung erneuerbarer Energien
Susanne Dröge           Der Welthandelsorganisation (WTO) wird immer wieder vorgeworfen, ein Hinder-
sdroege@diw.de
                        nis für eine wirksame Umweltpolitik zu sein. Die Handelsregeln, so der Kernvor-
Harald Trabold          wurf, hätten Vorrang vor ökologischen Belangen.1 Die WTO hält dem entgegen,
htrabold@diw.de
                        dass das Regelwerk den WTO-Mitgliedern erhebliche Spielräume in der nationa-
                        len Umweltpolitik lässt.2

                        Auch in Bezug auf den globalen Klimaschutz scheint es diskussionswürdig, ob
                        das WTO-Recht einzelne Staaten daran hindern kann, eine Vorreiterrolle bei der
                        Verringerung von Treibhausgasemissionen einzunehmen.3 Die Bundesregierung
                        hat im Rahmen ihrer Klimaschutzpolitik eine Reihe von Gesetzen zur Förderung
                        erneuerbarer Energien erlassen. Ziel ist es, den Anteil erneuerbarer Energien am
                        gesamten Energieverbrauch bis 2010 zu verdoppeln.4 Die in diesen Gesetzen ent-
                        haltenen Vorschriften beeinflussen Höhe und Zusammensetzung des Energiever-
                        brauchs mithilfe von technischen Standards, Steuern und finanziellen Zuwen-
                        dungen an die Hersteller oder Nutzer erneuerbarer Energien.

                        Da Energie international gehandelt wird, stellt sich unmittelbar die Frage, ob diese
                        Gesetze mit dem Regelwerk der WTO vereinbar sind, insbesondere ob solche Maß-
                        nahmen ausländische Anbieter benachteiligen könnten. Diese Problemstellung
                        hat das DIW Berlin in Kooperation mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenfor-
                        schung im Auftrag des Umweltbundesamtes untersucht.5 In die Analyse mit ein-
                        bezogen wurden auch Zertifikate und Kennzeichen für „grünen“ Strom, die der-
                        zeit auf freiwilliger Basis verwendet werden. Die Studie kommt zu dem Ergebnis,
                        dass die deutschen Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien im Wesent-
                        lichen mit den WTO-Regeln vereinbar sind.

                        Grundlegende WTO-Prinzipien und                          einen Vorteil verschaffen. So könnte beispielsweise
                        relevante Zusatzabkommen                                 ein Verstoß gegen das Inländerprinzip vorliegen,
                                                                                 wenn heimische Unternehmen einer Branche fi-
                        Grundpfeiler der WTO-Rechtsordnung sind das              nanzielle Beihilfen bekommen, ausländische Un-
                        Meistbegünstigungs- und das Inländerprinzip.6 Das        ternehmen jedoch nicht. Deswegen kennt das
                        Meistbegünstigungsprinzip verpflichtet ein WTO-          WTO-Recht eine Reihe von Zusatzabkommen,
                        Mitglied, alle Vorteile, die es im Handel mit Gütern     deren Regeln von den allgemein geltenden Be-
                        und Dienstleistungen einem Handelspartner zuge-          stimmungen des WTO-Rechts abweichen. Da er-
                        steht, unverzüglich auch allen anderen WTO-Mit-          neuerbare Energien in Deutschland im Wesent-
                        gliedern zu gewähren. Das Inländerprinzip verbie-        lichen durch Standards und Zahlungen an die Pro-
                        tet es, ausländische Anbieter sowie Waren und            duzenten gefördert werden, sind insbesondere das
                        Dienstleistungen (über bestehende Zölle und be-          Subventionsabkommen und das Übereinkommen
                        kannt gegebene nichttarifäre Handelshemmnisse            über technische Handelshemmnisse von Bedeu-
                        hinaus) schlechter zu behandeln als inländische          tung.
                        Anbieter und Erzeugnisse.

                        Beide Prinzipien ergänzen einander zu einer umfas-
                        senden Nichtdiskriminierung: Das Meistbegünsti-          1 Vgl. dazu z. B. Greenpeace: Der Welthandel auf Abwegen. Berlin
                                                                                 2003, S. 10.
                        gungsprinzip verbietet eine Diskriminierung zwi-         2 Vgl. dazu u. a. WTO: Understanding the WTO. Genf 2003, S. 66–72.
                        schen ausländischen Mitgliedstaaten, das Inlän-          3 Vgl.: Treibhausgas-Emissionen nehmen weltweit zu – Keine Umkehr
                                                                                 in Sicht. Bearb.: Hans-Joachim Ziesing. In: Wochenbericht des DIW Berlin,
                        derprinzip eine Diskriminierung zwischen in- und         Nr. 39/2003.
                        ausländischen Waren und Erzeugnissen. Konse-             4 BMU: Nationales Klimaschutzprogramm. Beschluss der Bundesregie-
                                                                                 rung vom 18. Oktober 2000. Berlin.
                        quent angewendet bedeutet dies, dass viele wirt-         5 Vgl. Frank Biermann, Frederic Böhm, Rainer Brohm, Susanne Dröge
                        schaftspolitische Maßnahmen gegen WTO-Recht              und Harald Trabold: Verursacherprinzip, WTO-Recht und ausgewählte
                                                                                 Instrumente der deutschen Energiepolitik. In: Texte des UBA, Nr. 75/03.
                        verstoßen, weil sie entweder de jure oder de facto       Berlin 2003.
                        heimischen Produzenten gegenüber ausländischen           6 Vgl. Richard Senti: WTO. Schulthess Juristische Medien. Zürich 2000.

                  770   Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 48/2003
WTO-Recht – Kein Hindernis für Förderung erneuerbarer Energien

Finanzielle Förderung von erneuerbaren                           betreiber) dazu, ein Geschäft zu bestimmten Ga-
Energien in Deutschland                                          rantiepreisen abzuschließen, wenn gewisse Bedin-
                                                                 gungen erfüllt sind. Der deutsche Ansatz zur Un-
Im Rahmen der Förderung erneuerbarer Energie-                    terstützung erneuerbarer Energiequellen nach EEG
quellen werden in Deutschland direkte Finanzhil-                 ist somit keine Subvention nach WTO-Recht.11
fen, Preisgarantien und Steuerbefreiungen gewährt.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das im                    Anders als bei den Preisgarantien des EEG handelt
April 2000 in Kraft getreten ist, hat zum Ziel, den              es sich bei den Finanzhilfen zugunsten erneuer-
Anteil des deutschen Stromverbrauchs aus erneuer-                barer Energien um eine Subvention im Sinne des
baren Energiequellen bis zum Jahre 2010 auf über                 WTO-Rechts. Das WTO-Recht unterscheidet zwi-
12 % zu steigern. Dazu gewährt das Gesetz Preis-                 schen verbotenen, anfechtbaren und erlaubten
garantien für die Produzenten von Strom aus er-                  Subventionen. Verboten sind Subventionen immer
neuerbarer Energie. Die Netzbetreiber sind gesetz-               dann, wenn sie nur im Falle des Exports geleistet
lich verpflichtet, den Strom aus erneuerbaren Ener-              werden oder wenn inländischen Produkten Vor-
giequellen abzunehmen und zu den in den Paragra-                 rang gegenüber Importprodukten eingeräumt wird.
phen 4 bis 8 EEG festgelegten Preisen zu vergüten.               Dies ist beim EEG jedoch nicht der Fall. Anfecht-
Die Differenz zu den Preisen von Strom aus nicht-                bar sind Subventionen, wenn sie den wirtschaft-
erneuerbaren Energien ist von den Netzbetreibern                 lichen Interessen eines anderen WTO-Mitglieds
zu tragen und wird auf die Konsumenten abge-                     schaden. Eine solche Schädigung der Industrie
wälzt.7                                                          eines anderen WTO-Mitglieds durch die Finanz-
                                                                 hilfen erscheint jedoch zurzeit angesichts der Sub-
Nach Angaben des Verbandes der Netzbetreiber be-                 ventionshöhe und des relativ geringen Handels
trug im Jahre 2002 die Vergütung für rund 25 Mrd.                mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen un-
kWh EEG-Strom insgesamt 2,2 Mrd. Euro. Dar-                      wahrscheinlich. Bis heute hat noch kein Mitglied
über hinaus werden Einnahmen, die aus der Be-                    wegen der Finanzhilfen für erneuerbare Energien
steuerung von Strom aus erneuerbaren Energie-                    bei der WTO Beschwerde eingelegt.
quellen im Rahmen der Ökologischen Steuerreform
stammen, im Marktanreizprogramm für erneuer-                     Festzuhalten bleibt, dass die aktuelle Förderung
bare Energien verwendet. Dieses Programm ver-                    erneuerbarer Energien in Deutschland mit dem
fügte im Jahre 2002 über ein Volumen von 200                     gültigen Subventionsrecht der WTO vereinbar ist.
Mill. Euro.8                                                     Die Preisgarantien des EEG für Strom aus erneuer-
                                                                 baren Energiequellen führen zwar zu einem Trans-
                                                                 fer von finanziellen Mitteln, stellen aber keine
Preisgarantien und Finanzhilfen                                  Subvention im Sinne der WTO-Regeln dar. Die im
                                                                 Rahmen des Marktanreizprogramms gewährten
Zur Klärung der Frage, ob eine staatliche Maßnah-                Finanzhilfen für Strom aus erneuerbaren Energie-
me zur Förderung erneuerbarer Energiequellen im                  quellen sind zwar prinzipiell eine anfechtbare Sub-
WTO-Kontext als Subvention9 zu klassifizieren ist,               vention, aber nur dann, wenn ein anderes WTO-
sind die im GATT-Vertrag und im Subventionsab-                   Mitglied dadurch geschädigt wird.
kommen festgelegten juristischen Definitionen und
deren Auslegungen maßgebend.

Bezogen auf das EEG läge eine Subvention im
Sinne des WTO-Rechts vor, wenn die Produzenten
von Strom aus erneuerbaren Energien vom Staat                    7 Auf ähnliche Weise unterstützen das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz
                                                                 (KWKG) wie das EEG den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Es
entweder eine finanzielle Zuwendung erhielten                    sieht Zuschläge vor, die von den Netzbetreibern für Strom aus diesen
oder Preise in irgendeiner Form gestützt würden.10               Anlagen an die Erzeuger zu zahlen sind.
                                                                 8 Vgl. DIW Berlin, Forschungszentrum Jülich, ISI und Öko-Institut: Poli-
Die Zahlungen an die Produzenten von Strom aus                   tikszenarien für den Klimaschutz – Langfristszenarien und Handlungs-
erneuerbaren Energiequellen gemäß EEG stammen                    empfehlungen ab 2012. Gutachten. Berlin 2003, S. 218.
                                                                 9 Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive ist nicht eindeutig ge-
jedoch von den Netzbetreibern. Da in den Gesetzen                klärt, was genau unter den Begriff der Subvention fällt, da es an einer
Garantiepreise für Strom verankert sind, könnte es               einheitlichen Definition mangelt. So verwendet z. B. die Bundesregierung
                                                                 einen anderen Subventionsbegriff als die wirtschaftswissenschaftlichen
sich allerdings um eine Form der Preisstützung                   Forschungsinstitute. Auch die Definitionen von EU und WTO unterschei-
handeln. Die einschlägigen juristischen Kommen-                  den sich etwas voneinander, so dass eine bestimmte Maßnahme nach
                                                                 EU-Recht eine Subvention darstellen kann, nach WTO-Recht jedoch
tare weisen darauf hin, dass es durch eine relevante             nicht.
Preisstützung zu einem „Verlust“ auf Seiten des                  10 Dies ist eine stark vereinfachte Darstellung. Eine genaue und aus-
                                                                 führliche Erörterung der juristischen Details findet sich in Frank Bier-
Staates kommen muss. Die garantierten Preise des                 mann et al., a. a. O.
EEG werden jedoch nicht direkt vom Staat an die                  11 Der Europäische Gerichtshof befand die Maßnahmen des EEG mit
                                                                 einer ähnlichen Begründung ebenfalls nicht als eine Subvention im
Produzenten gezahlt. Vielmehr verpflichtet die                   Sinne des europäischen Rechts (EuGH, Urteil vom 13. März 2001,
Regierung private Wirtschaftssubjekte (die Netz-                 Rechtssache C-379/98).

                                                                                            Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 48/2003        771
WTO-Recht – Kein Hindernis für Förderung erneuerbarer Energien

      Herkunftsnachweise, Zertifikate und                              ren, ob solche handelbaren Zertifikate als „Güter“
      Kennzeichen für „grünen“ Strom                                   oder als „Dienstleistungen“ zu klassifizieren sind.
                                                                       Der Handel mit Gütern ist im Allgemeinen Zoll-
      Weitere Instrumente zur Förderung erneuerbarer                   und Handelsabkommen (GATT) geregelt, der Han-
      Energien sind derzeit in Deutschland in der Diskus-              del mit Dienstleistungen ist Gegenstand des All-
      sion oder in einem frühen Umsetzungsstadium.                     gemeinen Abkommens über den Handel mit
      Für ihre Ausgestaltung kann es relevant sein, ob                 Dienstleistungen (GATS). Beiden gemeinsam ist
      durch das WTO-Regelwerk Einschränkungen be-                      das Prinzip der Nichtdiskriminierung von in- und
      stehen.                                                          ausländischen Produkten bzw. Dienstleistungen.
                                                                       Der entscheidende Unterschied zwischen GATT
      In der EU-Richtlinie (2001/77/EG) „zur Förderung                 und GATS liegt in der Art, in der freier Handel ge-
      der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequel-                 währt wird: Will ein WTO-Mitglied den freien
      len im Elektrizitätsbinnenmarkt“ vom 27. Septem-                 Dienstleistungshandel, zu dem z. B. die Niederlas-
      ber 2001 werden u. a. Herkunftsnachweise als un-                 sungsfreiheit gehört, so muss es jeden einzelnen
      abdingbares Instrument benannt, das den Handel                   Sektor, für den dies angestrebt wird, auf eine so
      mit Strom aus erneuerbaren Quellen fördert und                   genannte Positivliste setzen. Dieses Verfahren ist
      für die Verbraucher mehr Transparenz schafft.12                  langwierig. Erst wenn mehrere WTO-Mitglied-
      Falls Herkunftsnachweise als rechtliche Vorschrift               staaten dieselben Sektoren gelistet haben, greifen
      für alle Energieanbieter national eingeführt wür-                auch unter dem GATS die Meistbegünstigung und
      den, so wäre dies eine Maßnahme, die im WTO-                     das Inländerprinzip.
      Recht eindeutig geregelt ist: Es handelt sich dann
      um eine technische Vorschrift, die nach den ge-                  Unabhängig von der Zuordnung von handelbaren
      nannten Nichtdiskriminierungsgrundsätzen ge-                     „grünen“ Zertifikaten im WTO-Regelwerk würde
      handhabt werden muss. Ein erstes europaweites                    für den internationalen Handel mit diesen Zertifi-
      Zertifizierungssystem besteht bereits. Dies wird                 katen auf jeden Fall gelten, dass für ausländische
      insbesondere von großen Stromerzeugern unter-                    Anbieter von Zertifikaten keine Mengenbeschrän-
      stützt, hat jedoch noch nicht zu einer europaweiten              kungen gelten dürfen oder dass bei der Zulassung
      Vereinheitlichung der Herstellungsnachweise oder                 zum inländischen Markt nicht in anderer, diskri-
      zu einem europaweiten Zertifikatshandel geführt.13               minierender Weise zwischen Anbietern aus ver-
                                                                       schiedenen Ländern unterschieden werden darf.
      Inwieweit handelbare „grüne“ Zertifikate dazu die-
      nen können, den angestrebten Anteil erneuerbarer                 Ein weiteres Instrument, das zu einer besseren Un-
      Energien am gesamten Energieverbrauch zu errei-                  terscheidung der Stromerzeugung in Bezug auf die
      chen, wird kontrovers diskutiert. Handelbare                     Umweltwirkungen verwendet wird, ist die freiwil-
      „grüne“ Zertifikate verbriefen die mit erneuerba-                lige ökologische Kennzeichnung von Strom.14 Ein-
      ren Energiequellen hergestellten Strommengen.                    zelne Anbieter unterziehen sich einem Begutach-
      Erzeuger von „grünem“ Strom speisen diesen zu                    tungsprozess, an dessen Ende die Erteilung eines
      Marktpreisen in das allgemeine Netz und erhalten                 „grünen“ Strom-Kennzeichens steht, mit dem der
      darüber hinaus Zertifikate. Führt ein Land nun                   Anbieter werben kann. Eine solche Kennzeich-
      z. B. eine gesetzliche Quote für „grünen“ Strom                  nung bewirkt, dass der „grüne“ Strom explizit auf-
      ein – dies ist in Großbritannien und Australien der              grund seiner Herstellungsweise als gesondertes
      Fall –, kann die Erfüllung solcher Quoten mithilfe               Erzeugnis ausgewiesen und am Markt behandelt
      „grüner“ Zertifikate umgesetzt werden, ohne dass                 wird.
      jeder einzelne Stromerzeuger auf erneuerbare
      Energieträger umrüsten müsste. Ein steigender                    Im Regelwerk der WTO kollidiert eine Unterschei-
      Zertifikatspreis ist ein Anreiz, in Technologien zur             dung anhand der Herstellungsweise grundsätzlich
      erneuerbaren Stromerzeugung zu investieren. In
      Deutschland ist eine Quotenregelung derzeit je-                  12 Insbesondere Artikel 5(1) fordert, dass bis Oktober 2003 auf Antrag
      doch nicht vorgesehen, da die Förderung der                      in allen EU-Mitgliedstaaten ein Herkunftsnachweis ausgestellt werden
                                                                       kann. Vgl. EU 2001: Richtlinie 2001/77/EG des Europäischen Parla-
      Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach                    ments und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Strom-
      dem EEG erfolgt.                                                 erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnen-
                                                                       markt. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 283/36 vom
                                                                       27. Oktober 2001.
      Überlegungen, ob handelbare „grüne“ Zertifikate                  13 RECS – Renewable Energy Certification System. Ein Zertifikat ver-
                                                                       brieft 1 000 kWh aus erneuerbaren Energiequellen. RECS wird zurzeit
      mit dem WTO-Regelwerk vereinbar sind, werden                     vor allem von der niederländischen Regierung unterstützt. Vgl. www.
      relevant, wenn sich im Rahmen der internationalen                recs.org
                                                                       14 Ein Beispiel ist das Gütesiegel „ok-power“ vom EnergieVision e. V.
      Klimapolitik eine Vielzahl von WTO-Mitglied-                     Die hier verwendeten Kriterien für den zusätzlichen Umweltnutzen der
      staaten für den Einsatz dieses Instruments ent-                  Stromerzeugung sind strikter als die im EEG festgelegten Merkmale für
                                                                       erneuerbare Energiequellen. Ein europaweit harmonisiertes Ökostrom-
      scheidet und zugleich die Zertifikate auch grenz-                Label wird angestrebt (European Green Electricity Network – EUGENE).
      überschreitend gehandelt werden. Dabei ist zu klä-               Vgl. www.energie-vision.de

772   Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 48/2003
WTO-Recht – Kein Hindernis für Förderung erneuerbarer Energien

mit dem Begriff der „gleichartigen“ Produkte bzw.                Fazit
Dienstleistungen, der die Basis für die Nichtdiskri-
minierungsprinzipien des Handelsregimes bildet.                  Deutschland hat in den vergangenen Jahren erheb-
Da sich am Enderzeugnis Strom nicht mehr fest-                   liche Anstrengungen unternommen, um durch die
stellen lässt, aus welcher Quelle es stammt, muss                Förderung erneuerbarer Energien seine klimapoli-
eine Unterscheidung in „grünen“ und „schmutzi-                   tischen Ziele zu erreichen. Es ist der Bundesregie-
gen“ Strom mit einer besonderen Begründung ver-                  rung gelungen, die Förderung so zu gestalten, dass
sehen werden, damit eine solche Regelung im                      die im Rahmen des EEG geleisteten Zahlungen im
Streitbeilegungsverfahren der WTO Bestand ha-                    WTO-Rahmen nicht als Subvention gelten. Die
ben kann. Eine solche Begründung kann im We-                     Finanzhilfen zur Förderung von erneuerbaren
sentlichen auf Artikel XX GATT basieren, in dem                  Energiequellen hingegen stellen zwar eine prinzi-
u. a. zum Schutz erschöpfbarer Ressourcen Han-                   piell anfechtbare Subvention dar. Da derzeit aber
delsrestriktionen zugelassen sind, solange diese                 kein anderes WTO-Mitglied dadurch geschädigt
nicht willkürlich oder ungerechtfertigt diskriminie-             wird, ist auch diese finanzielle Förderung mit den
ren. Ob diese Regeln für die Kennzeichnung von                   WTO-Regeln vereinbar. Die in Deutschland zur-
Strom relevant sind, hängt allerdings davon ab,                  zeit verwendete Kennzeichnung von Strom auf
welchen Grad der Verbindlichkeit solche Kennzei-                 freiwilliger Basis ist ebenfalls mit dem WTO-Recht
chen haben. Gesetzliche Kennzeichen sind – wie                   vereinbar. Hier besteht allerdings die Einschrän-
schon im Fall der Herkunftsnachweise angeführt                   kung, dass weiter gehende staatliche Maßnahmen
– eindeutig geregelt und dürfen nicht zwischen                   zur Unterscheidung von importiertem Strom auf-
Importen und inländischen Gütern diskriminieren.                 grund der Herstellungsweise nur über WTO-Aus-
Bei den derzeit bestehenden Kennzeichen auf frei-                nahmeregelungen gerechtfertigt werden können.
williger Basis, die von privaten Organisationen
vergeben werden, greifen die WTO-Regeln hinge-                   Das Beispiel erneuerbarer Energien zeigt, dass der
gen nicht.                                                       generelle Vorwurf, die WTO-Regeln behinderten
                                                                 den Umweltschutz und gefährdeten nationale An-
Falls eine weitere gesetzliche Ausgestaltung von                 strengungen beim Klimaschutz, sich nicht aufrecht-
Herkunftsnachweisen, Zertifikaten oder Kennzei-                  erhalten lässt. Vielmehr kommt es für eine effektive
chen angestrebt würde, so wäre allerdings zu be-                 Klimaschutzpolitik darauf an, dass einzelne Staaten
achten, dass daraus resultierende Importbeschrän-                den im WTO-Regelwerk vorhandenen Spielraum
kungen für Strom, die mit der Herstellungsweise                  nutzen und dessen Auslegung im Sinne eines welt-
begründet werden, nur mit Rückgriff auf die Aus-                 weiten Klimaschutzes weiterentwickeln.
nahmeregelungen mit der WTO-Rechtslage in
Einklang zu bringen wären.

                                                                                    Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 48/2003   773
DIW Berlin
Wochenbericht Nr. 48/2003                                                                                              Deutsches Institut
                                                                                                                       für Wirtschaftsforschung

Aus den Veröffentlichungen des DIW Berlin
                                                                                             Impressum

                                                                                             Herausgeber
Boriss Siliverstovs                                                                          Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann (Präsident)
                                                                                             Dr. Tilman Brück (kommissarisch)
                                                                                             PD Dr. Gustav A. Horn
                                                                                             Dr. Kurt Hornschild
Multicointegration in US Consumption Data                                                    Prof. Dr. Georg Meran (kommissarisch)
                                                                                             Dr. Bernhard Seidel
                                                                                             Prof. Dr. Viktor Steiner
                                                                                             Prof. Dr. Gert G. Wagner
The present paper tests for the existence of multicointegration between real per             Dr. Hans-Joachim Ziesing
capita private consumption expenditure and real per capita disposable personal in-           Redaktion
come in the USA. In doing so, we exploit the fact that the flows of disposable income        Dörte Höppner
and consumption expenditure, on the one hand, and the stock of consumers’ wealth,            Dr. Elke Holst
                                                                                             Jochen Schmidt
which can be considered as cumulative past discrepancies between the flows of in-            Dr. Mechthild Schrooten
come and expenditure, on the other hand, can be thought of as a stock-flow model,            Pressestelle
in which multicointegration is likely to occur. We apply recently developed I(2) tech-       Dörte Höppner
niques for testing for multicointegrating relations and find supporting evidence for         Tel. +49-30-897 89-249
                                                                                             presse@diw.de
the existence of multicointegration in US consumption data.
                                                                                             Verlag
                                                                                             Verlag Duncker & Humblot GmbH
Discussion Paper No. 382                                                                     Carl-Heinrich-Becker-Weg 9
November 2003                                                                                12165 Berlin
                                                                                             Tel. +49-30-790 00 60

                                                                                             Bezugspreis
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                                                                                             Einzelnummer Euro 10,–/sFR 18,–
Kurt Geppert, Martin Gornig and Andreas Stephan                                              Zuzüglich Versandspesen
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Productivity Differences in the European Union:                                              ISSN 0012-1304

National, Regional and Spatial Effects                                                       Bestellung unter www.diw.de

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Using panel data on European regions and applying Analysis of Covariance, our study
provides an empiral assessment of the relative importance of national, regional and          Druck
                                                                                             Druckerei Conrad GmbH
spatial factors for explaining variations of productivity. Our analysis shows that initial   Oranienburger Str. 172
economic conditions or agglomeration and centrality are indeed relevant for differ-          13437 Berlin

ences in productivity levels. What is far more important, however, is which country a
region belongs to. Productivity differences in the European Union are thus obviously
dominated by national regimes. In light of the historically strong influence of the
nation states, this result may come as no surprise. What is surprising is the fact that
the role of countries has not decreased over time, despite intensive integration efforts
(European Single Market, Economic and Monetary Union).

Discussion Paper No. 383
November 2003

Die Volltextversionen der Diskussionspapiere liegen von 1998 an komplett als pdf-            Einer Teilauflage liegt
Dateien vor und können von der entsprechenden Website des DIW Berlin herunter-               ein Prospekt des Verlags
geladen werden (www.diw.de/deutsch/publikationen/diskussionspapiere).                        Duncker & Humblot bei.
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