Swiss Renewable Power-to-Gas - Erneuerbares Gas aus Strom für die Schweiz
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Swiss Renewable Power-to-Gas Erneuerbares Gas aus Strom für die Schweiz Der zeitliche und örtliche Ausgleich zwischen Stromproduktion und -verbrauch wird zur Schlüsselfrage der Energiewende. Swiss Renewable Power-to-Gas verbindet Gas- und Elektrizitätsnetze, um Strom aus erneuerbaren Quellen in grossen Mengen zu speichern und über weite Strecken nahezu verlustfrei zu transportieren. So wird das Zusammenspiel von Energieträgern und Anwendungen optimiert, sinken CO2-Emissionen, kann die Schweiz ihre Position als Batterie Europas und Cleantech-Forschungs- platz im internationalen Wettbewerb behaupten.
Zielsetzung und Zusammenfassung. Swiss Renewable Power-to Gas. 4 Bedeutung der Stromspeicherung für die Energiewende. Neue Speicher braucht das Land. 6 Verfahren und Einsatzmöglichkeiten. Power-to-Gas und SNG:erneuerbar. 8 Empfehlungen und weiteres Vorgehen. Forschung, Politik und Wirtschaft sind gefordert. 10 Herausgeber: Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), Grütlistrasse 44, Postfach, 8027 Zürich, www.erdgas.ch A EE Agentur für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz, Falkenplatz 11, Postfach, 3001 Bern, www.aee.ch Stand: Juni 2012
Swiss Renewable Power-to-Gas 2 | 3 Die Erzeugung von Strom aus Gas wird kontrovers Indem Gas- und Elektrizitätsnetz zusammenwachsen, diskutiert. Da mag es paradox erscheinen, gleich- wird Strom aus erneuerbaren Quellen in grossen zeitig über das Gegenteil nachzudenken: Gas aus Mengen speicherbar und beweglich, wird das Zu- Strom. Aber das Energiesystem ist keine Einbahn- sammenspiel von Energieträgern und Anwendungen strasse – heute nicht, und in Zukunft noch viel optimiert, sinken CO2-Emissionen, kann die Schweiz weniger. Es geht insbesondere darum, Strom aus ihre Position als Batterie Europas und Cleantech- erneuerbaren Quellen in grossen Mengen zu spei- Forschungsplatz im internationalen Wettbewerb be- chern und Energie möglichst verlustfrei über weite haupten. Distanzen zu transportieren. Unter dem Titel «Swiss Renewable Power-to-Gas» Das Power-to-Gas-Verfahren fördert die Energie- haben Akteure aus Energiepolitik, Energieforschung wende und entlastet das Klima. In einem ersten und Energiewirtschaft eine erste Auslegeordnung Schritt wird Strom aus Windkraft und Sonnenener- erarbeitet, um die Potenziale dieses Verfahrens für gie, gegebenenfalls auch aus Wasserkraft und Geo- die Schweiz zu erheben. Bis dieses in relevantem thermie, in Wasserstoff umgewandelt. Danach wird Massstab einsetzbar ist, sind verschiedene Vor- dieser unter Beigabe von CO2 (sic!) in synthetisches aussetzungen zu schaffen. Zwar ist die Technologie Methan (SNG) umgewandelt. Dieses weist dieselben praxiserprobt und die Schweiz verfügt über ein Eigenschaften auf wie herkömmliches Erdgas. leistungsfähiges Gasnetz, jedoch sind die Prozesse zu optimieren, ist das Verfahren an die spezifischen Entsprechend vielfältig sind die Einsatzmöglichkeiten: Erfordernisse des Landes anzupassen, sind die als Brennstoff zum Heizen, als Treibstoff in der Mobilität durch die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten sinn- oder zur gleichzeitigen Wärme- und Stromerzeugung in vollen Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln. Das WKK- oder sogar GuD-Anlagen. Der Unterschied liegt erfordert Forschungs- und Entwicklungsanstreng- jedoch in der CO2-Neutralität – bei der Verbrennung wird ungen, Pilot- und Demonstrationsanlagen und geeig- nur so viel CO2 freigesetzt, wie zuvor bei der Erzeugung nete gesetzliche wie regulative Rahmenbedingungen. aufgenommen wurde. Die vorliegende Kurzfassung dieses Berichts stellt die zentralen Aussagen zusammen.
Zielsetzung und Zusammenfassung. Swiss Renewable Power-to Gas. Swiss Renewable Power-to-Gas1 gibt Anhaltspunk- Erste Erkenntnisse te, ob und unter welchen Voraussetzungen P2G eine Grundsätzlich gilt: Speichern ist nicht «gratis» – sinnvolle und wirtschaftliche Option für die Schweiz ist. weder finanziell noch energetisch. Die Einspeiche- Auch ist zu klären, ob die Schweiz spezifische Ausprä- rung von Energie ist erst dann sinnvoll, wenn kein gungen dieser Technologie erfordert bzw. ermöglicht unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Ausgleich zwi- und welche Beiträge Wissenschaft und Wirtschaft leis- schen Produktion und Verbrauch möglich ist. Das ten können. Schliesslich ist die Frage zu stellen, welche gilt für das «Erfolgsmodell» Pumpspeicher wie für Voraussetzung Politik und Forschung schaffen müssen. neue Speicherverfahren. Auch gibt es nicht das eine Im Fokus von Swiss Renewable Power-to-Gas stehen Verfahren, das alles leisten kann; zu unterschiedlich diese Ziele: sind die Lösungen, zu vielfältig die Anforderungen, zu zahlreich die Optionen. • Speicherbarkeit, Transport und Verteilung elektri- scher Energie aus erneuerbaren Quellen (Wind- Bei der Erarbeitung dieses Berichts wurde die Aus- energie, Photovoltaik, ggf. Wasserkraft und Geo- gangsthese erhärtet, dass P2G, also die Transforma- thermie) verbessern. tion von erneuerbar erzeugtem Strom in Wasserstoff • P2G-Technologie aus der Forschung in die Anwen- und synthetisches Methan und deren Einspeisung in dung überführen. das bestehende Erdgasnetz, eine relevante Techno- • Erkenntnisse für die spezifischen Anforderun- logie auch oder gerade für die Schweiz darstellt. Der gen und Möglichkeiten dieser Technologie in der Bericht schafft die Grundlage für eine vertiefte Be- Schweiz gewinnen. trachtung aus unterschiedlichen Perspektiven (For- • Bestehende Energienetze (Strom, Gas, Wärme) in- schung, Politik, Wirtschaft) und konkretisiert weitere tegriert nutzen. Folgerungen: • Entscheidungsträger und Öffentlichkeit über Spei- chertechnologien informieren und Akzeptanz bzw. • Eine wirtschaftliche Anwendung von P2G (wie auch Investitionsbereitschaft fördern. anderer Speichertechnologien) erfordert geeignete • Plausibilität der energiepolitischen Szenarien für Rahmenbedingungen unter Berücksichtigung der einen Ausbau der erneuerbaren Energien erhöhen Energiepolitik, der Umwelt- und Klimapolitik sowie und dokumentieren. ggf. der Sicherheits- und Aussenpolitik. Während • Notwendige gesetzliche und regulatorische Vor- die Technologie grundsätzlich anwendungsreifer aussetzungen für einen wirtschaftlichen Betrieb wird, fehlen diese Rahmenbedingungen in der von P2G bzw. die Anwendung von SNG:erneuerbar Schweiz noch gänzlich. identifizieren und schaffen. • Andere Optionen wie Netz- und Lastmanagement • Schweiz als Standort für die Entwicklung und An- können den Aus-/Aufbau von Langzeitspeichern wendung innovativer Energietechnologien positio- optimieren, jedoch nicht ganz ersetzen. nieren («Leuchtturmprojekte»). • Umgekehrt kann auch P2G einen Aus- und Umbau der Elektrizitätsnetze nicht vollständig ersetzen, Dieser spezifische Fokus von Swiss Renewable aber entlasten und das Gesamtsystem optimieren. Power-to-Gas grenzt das Vorhaben von im Aus- • Stromüberschüsse sind mittelfristig genauso zu land durchgeführten Projekten ab und macht es für erwarten wie Unterdeckungen. Wann und wo bzw. die Schweizer Energiepolitik, Energieforschung und unter welchen Umständen diese auftreten, ist mit Energiewirtschaft relevant. den heutigen Szenarien nicht zu bestimmen. Ent- 1 Nachfolgend wird das Power-to-Gas-Verfahren – ob allgemein oder mit dem spezifischen Fokus auf Swiss Renewable Power-to-Gas – als «P2G» bezeichnet. Das Produkt dieses Verfahrens – synthetisch erzeugtes Methan aus erneuerbarem Strom – wird «SNG:erneuerbar» genannt.
Swiss Renewable Power-to-Gas 4 | 5 sprechend sind die Szenarien für die Frage nach 1. Europäisch: Integration in den europäischen der künftigen Netz- und Speicherinfrastruktur, Energieverbund (z.B. Methanisierung, das Energiedatenmanagement, die Energiebe- Einspeisung und Transport von Strom schaffung, die Kraftwerksplanung, die Gestaltung aus Windparks mit Beteiligung Schweizer des Kraftwerkparks und das Verbrauchsmanage- Stadtwerke in die Verbrauchszentren in ment zu verfeinern. der Schweiz); • Da P2G nicht allein ein Speicherverfahren ist, son- 2. National: Optimierung der schweizerischen dern auch dem nahezu verlustfreien Transport und Netz- und Speicherinfrastruktur; der Verteilung grosser Energiemengen über z.T. 3. Lokal: Ausgleich temporärer und lokaler Last- weite Strecken dient, steht es nicht in direkter Kon- spitzen und -täler; bedarfsgerechte Energie- kurrenz zu Pumpspeichern oder anderen Speicher- bereitstellung. technologien (z.B. Batterien). Vielmehr ergänzen • Die Flexibilität dieser Technologie bzw. des End- und unterstützen sich die Verfahren und Infrastruk- produktes (SNG:erneuerbar) erschwert eindeutige turen gegenseitig. Festlegungen, bietet aber auch die Chance, zahlrei- • Die grösste Herausforderung liegt in der optimalen che Herausforderungen gleichzeitig zu meistern. Austarierung des Gesamtsystems von der Energie- • Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist unerlässlich. erzeugung über die Transformation, bis zur Spei- Dafür sind aber auch politische und gesellschaftliche cherung und Bereitstellung für die jeweils geeig- Präferenzen zu berücksichtigen. Aufgabe der Politik, netste bzw. benötigte Energieanwendung beim der Wissenschaft und der Wirtschaft ist es, in ihren je- Letztverbraucher. Dies hat wesentlichen Einfluss weiligen Handlungsfeldern eine geeignete Technologie auf den Gesamtwirkungsgrad bzw. die akzeptablen wirtschaftlich zu machen. Eine verlässliche Abschät- Verluste sowie die Wirtschaftlichkeit. zung ist jedoch erst mit der weiteren Entwicklung und • Für eine umfassende Beurteilung ist eine Betrach- Konkretisierung der Technologie möglich (Energiefor- tung auf drei Ebenen erforderlich: schung, Pilot- und Demonstrationsanlagen). Breite Abstützung von P2G in der Energiepolitik, Energieforschung und Energiewirtschaft Das P2G-Verfahren stösst auf grosses Interesse. Entsprechend breit war die Beteiligung verschiedener Akteure an der Erarbeitung des Berichts zu Swiss Renewable Power-to-Gas: • Verband der Schweizerischen • Paul Scherrer Institut PSI • Swissgas Gasindustrie (VSG)* • Sankt Galler Stadtwerke • swissgrid ag • A EE Agentur für Erneuerbare • Schweizerischer Verein des Gas- • Swissolar Energien und Energieeffizienz* und Wasserfachs (SVGW) • Swisspower Services AG • Greenpeace • SolarFuel GmbH • Zürcher Hochschule für • Meyer Burger Technology AG • Suisse Eole Angewandte Wissenschaften * Projektsteuerung
Bedeutung der Stromspeicherung für die Energiewende. Neue Speicher braucht das Land. Der vollständige zeitliche und örtliche Ausgleich zwi- • Das Erdgasnetz ist vorhanden und leistungsfä- schen Produktion und Verbrauch ist schon im heuti- hig: Was in der Erdgasinfrastruktur gespeichert, gen Energiesystem nicht möglich. Mit dem Ausbau über lange Strecken transportiert und schliesslich der erneuerbaren Energien wird die Speicherbarkeit verteilt wird, ist nachrangig. Bedeutsam ist, dass von Strom zur Schlüsselfrage der Energiewende. diese Infrastruktur optimal genutzt und weiter- entwickelt wird. Eine Benachteiligung der Erdgas- Bei P2G geht es nicht um die Frage nach der Not- infrastruktur gegenüber den Fernwärmenetzen wendigkeit von Gaskombikraftwerken (GuD), son- würde künftige Potenziale beeinträchtigen. dern um die Speicherung und Verteilung von sto- • Potenziale auf 3 Ebenen: P2G erlaubt die grenz- chastisch und dezentral anfallendem erneuerbarem überschreitende, bidirektionale Interaktion von Pro- Strom, die Nutzbarkeit der vorhandenen Erdgas- duktion und Verbrauch. Die Netz- und Speicherfrage infrastruktur, die Decarbonisierung gasförmiger erhält für die nationale Energieversorgung eine zu- Energieträger sowie die damit möglichen Energie- sätzliche Option. Der regionale/lokale Ausgleich von anwendungen (Elektrizität, Brennstoffe, Treibstoffe). Produktion und Nachfrage wird möglich. • Neue Rahmenbedingungen: Die Vielfalt der o.g. Potenziale gasförmiger Energieträger Aspekte erfordert die Anpassung der politischen und und deren Infrastrukturen gesetzlichen Vorgaben für eine optimale Systeminte- • Gas ist nicht gleich Gas: Biogas der 2. und 3. Ge- gration von Netz- und Speicherinfrastrukturen. neration und die Einspeisung von Wasserstoff und Ein Vergleich der Speicherkapazität und der rechne- synthetischem Methan (SNG) können den Anteil rischen Speicherreichweite des (deutschen) Strom- von CO2-neutralem Gas markant steigern. und Gasnetzes zeigt die Dimensionen.2 Die rechnerische Speicherreichweite des deutschen Erdgasnetzes liegt bei 2000 Stunden, die des Stromnetzes bei 0,6 Stunden Durchschnittliche Rechnerische Verbrauch Speicherkapazität Leistung Speicherreichweite TWh/a GW TWh h 2505 3.1005 930 1062 2174 707 81 619 71 2.0004 0.043 0.63 1) Benzin, Diesel, Kerosin 2) Jahreszeitlich stark schwankend 3) Pumpenspeicherkraftwerke Strom Erdgas Flüssigkraftstoff1 4) 46 Untertage Gasspeicher / zzgl. 72 TWh in Bau / Planung 5) Bevorratung an Benzin, Diesel, Kerosin und Heizöl EL 6) Bezogen auf die durchschnittliche Leistung Energieverbrauch und Speicherkapazitäten Deutschland, 2008 2 Für die Schweiz liegen noch keine Vergleichszahlen vor. Quelle: ZSW SolarFluel
Swiss Renewable Power-to-Gas 6 | 7 Fehlende Entscheidungsgrundlage aus Überschussverwertung mit dezentralen Energieszenarien Speichern Die zentrale Frage lautet, unter welchen Umstän- Nur Elektrizität, die nicht unmittelbar genutzt wer- den bzw. ab wann mit Stromüberschüssen in einem den kann, soll gespeichert werden. Auch wenn diese Umfang zu rechnen ist, der eine räumliche und zeit- Situation in der Schweiz bei einem Anteil der neuen liche Umverteilung erforderlich macht, die über die erneuerbaren Energien von heute unter 1 % an der heutigen Möglichkeiten hinausgeht. Erst wenn der Stromerzeugung (2010) noch nicht eingetreten ist, Ausgleich von Produktion und Verbrauch nicht mehr wird schon ein Anteil von 10–15 % die Stabilität aller möglich ist, werden Speicher benötigt. Dabei sind Netzebenen beeinflussen. Mit der Energiestrategie Kosten und Nutzen jedoch auch bei allen anderen 2050 kommen erhebliche Belastungen auf das Elek- Ausbaumassnahmen gegenüber zu stellen. trizitätsnetz zu, die zwingend grossvolumige, flexible und dezentrale (d.h. direkt beim Erzeuger angebun- Auf allen Ebenen (europäisch, national und regional/ dene) Speicher erfordern. lokal) und in den jeweiligen Szenarien wird die Bedeutung von zusätzlichen und neuen Speicher- kapazitäten/-verfahren adressiert. In der Regel wird Internationaler Wettbewerb die Frage nach der Technologie mit wenigen Ausnah- Während der Bundesrat in seinem Bericht zur men (Pumpspeicherkraftwerke (PSKW) als «Schwei- «Stärkung der Stromdrehscheibe Schweiz und der zer Standard» sowie Batterien als elektrizitäts- Versorgungssicherheit» in erster Linie auf PSKW als nächstes Verfahren) nicht gestellt. Eine vorschnelle Speichertechnologie setzt, strebt die Europäische Einengung ist jedoch nicht sinnvoll. Am deutlichsten Kommission nach der «Wiedererlangung der Füh- zeigt sich dies auf Ebene der lokalen/regionalen Ver- rungsposition Europas im Bereich der Stromspei- sorgung. Es können reale Situationen modelliert wer- cherung (...). Auf dem Gebiet der Speicherkraftwerke, den, die mittelfristig eintreten werden. Je konkreter der Druckluftspeicherung, der Batteriespeicherung diese sind, desto klarer kann entschieden werden, und anderer innovativer Speichertechnologien (z.B. welches Verfahren wann wofür am geeignetsten ist. Wasserstoff) werden ehrgeizige Projekte entwickelt Diese Entscheidungsgrundlagen müssen auch die werden.»3 Es ist zu erwarten, dass auch der Bun- nationalen, unter bestimmten Annahmen auch euro- desrat in den folgenden Massnahmenpaketen die päischen Szenarien bieten. Stromspeicherung als strategische Aufgabe formu- liert, die nicht mit einer einzigen Massnahme bzw. Grundsätzlich ist jedoch zu berücksichtigen, dass Technologie zu leisten ist. bereits heute die Technologien entwickelt werden müssen, die künftig eine zuverlässige, umweltver- trägliche und wirtschaftliche Energieversorgung er- möglichen - unabhängig davon, ob bereits robuste Szenarien und Geschäftsmodelle vorliegen. 3 Europäische Kommission (2010): Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Energie 2020 – Eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie; Brüssel 10.11.2010
Verfahren und Einsatzmöglichkeiten. Power-to-Gas und SNG:erneuerbar. Die Einsatzmöglichkeiten gasförmiger Energie- te) und entsprechend in der Ausgestaltung von Ge- träger sind vielfältig. Längst sind nicht alle denk- samtsystemen als hochflexibel. Hinzu kommen die baren Anwendungen des P2G-Verfahrens und von Flexibilität in der Dimensionierung und in der örtli- SNG:erneuerbar hinreichend erfasst. chen Anordnung.4 P2G benötigt 99 % des eingesetz- ten Stroms für den Elektrolyseschritt und etwa 1 % Der Vorteil von SNG:erneuerbar liegt in dessen Eignung für die Methanisierung. Damit lassen sich rund 62 % • zur Lang-, Mittel- und Kurzzeitspeicherung für er- SNG, 12 % Hochtemperatur-Abwärme und 27 % neuerbare Energie; Niedertemperatur-Abwärme erzeugen. • für Strom- und Wärmeerzeugung in WKK-Anlagen Geeignete WKK-Konzepte unter Nutzung der Ab- und Gaskraftwerken; wärme können die energetischen Wirkungsgrade • als «range extender» in konventionellen Erdgas- heute auf 60 % und mehr steigern. Der reine Strom- oder Hybridfahrzeugen; zu-Strom Wirkungsgrad ist nur halb so effizient wie • für die Bereitstellung von Hochtemperatur-Prozess- bei Pumpspeichern oder Batterien. Die Rückverstro- wärme; mung ist jedoch nur unter bestimmten Bedingungen • zur Herstellung weiterer Kraftstoffe wie Dimethyl- sinnvoll – etwa zum (kurzfristigen) Lastausgleich ether, Diesel oder erneuerbares Kerosin. oder um (lokale) Unterdeckungen zu kompensieren. Dies sind lediglich einige denkbare Anwendungen. Energetisch vorteilhafter ist die Verwendung von Mit grosser Wahrscheinlichkeit werden das Spektrum SNG:erneuerbar als Brenn- und Treibstoff. und die Wirtschaftlichkeit sowohl der Anwendungen von SNG:erneuerbar als auch der P2G-Geschäfts- Zusammenspiel von Speicherverfahren modelle laufend erweitert. Es gibt nicht den Speicher für alle Anwendungen und Systemintegration und Wirkungsgrad Situationen. Eignung und Wirtschaftlichkeit hängen von vielen Faktoren ab: von der erforderlichen Ein-/Ausspei- P2G ist wie alle Speicher in einem System aus cherungsmenge, -leistung und -dauer (Kurz-/Langzeit- Energieerzeugung/-transport und -verteilung/-ver- speicher), Wirkungsgradverlusten, Anwendungen brauch zu sehen. Dabei erweist sich P2G sowohl auf (Strom, Brennstoff, Treibstoff), ökologischen Vorgaben der Inputseite (Zuführung von Energie und weiteren (Landschaftsschutz), den Vor-Ort-Gegebenheiten (z.B. Ressourcen) als auch auf der Outputseite (Form, Netzanschluss, Verfügbarkeit weiterer Komponenten) Bereitstellung und Anwendung der Energieproduk- und nicht zuletzt vom politisch Gewünschten. Aus Strom wird Gas. 1. Schritt: Elektrolyse. 2 H 2O Aufspaltung von Wasser (H2O) mit elektrischem Strom in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2). 2 H2 + O2 2. Schritt: Methanisierung. Reaktion von Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) zu Methan (CH4) und Wasser (H2O) bei erhöhter CO2 + 4 H2 Temperatur und erhöhtem Druck. Das benötigte CO2 kann der Luft entnommen werden, was jedoch zusätzliche Energie erfordert. Als CO2-Quellen kommen Biogasanlagen, energetische und industrielle Prozesse in Betracht. CH4 + 2 H2O Quelle: ASUE Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V. 4 Anders als z.B. PSKW erfordern P2G-Anlagen keine bestimmten topografischen Voraussetzungen. Dennoch unterliegen auch sie technischen (z.B. Verfügbarkeit ausreichender CO2- Quellen, Gas-/Stromnetzanbindung) oder zu definierenden Standortfaktoren (z.B. Raumplanung, Emissionsrichtwerte).
Swiss Renewable Power-to-Gas 8 | 9 Dies gilt auch für die Gegenüberstellung von P2G und Strategische Bedeutung von PSKW. PSKW haben in der Schweiz und im europäi- Swiss Renewable Power-to-Gas schen Stromverbund einen hohen Stellenwert. Sie sind Swiss Renewable Power-to-Gas kann aufgrund seiner jedoch sowohl in der Speicherkapazität und Flexibili- Vielseitigkeit der Anlagenauslegung, der Systeminte- tät (nur Strom, Tag/Nacht-Rhythmus, grosse saiso- gration und der Einsatzmöglichkeiten des Endproduktes nale Schwankungen, ökologische Eingriffe, geeignete verschiedene Anforderungen beim Umbau des Energie- Standorte) limitiert. Insbesondere sind neben den ho- systems übernehmen. Die Konvergenz und damit hen Speicherkapazitäten die Grenzen der Pumpleis- die Entlastung der bestehenden Netzinfrastrukturen tungen anzuführen, die je nach Umsetzung des Ener- (Strom-, Gas- und ggf. auch Wärmenetze) sowie die gieszenarios nur teilweise die geforderten Leistungen Decarbonisierung zahlreicher Anwendungen (Wärme, bereitstellen können. P2G ist eine Möglichkeit, das Strom, Mobilität) stehen an oberster Stelle. Gesamtsystem zu ergänzen, um diese Limitationen aufzuheben. Weiterentwicklung P2G ist zudem nicht als Vorstufe bis zum Entstehen Primär ist der Wirkungsgrad der gesamten Prozess- einer umfangreichen Wasserstoff-Infrastruktur zu kette – von der Energieerzeugung über Transport, verstehen. Vielmehr wird das Verfahren aufgrund der Umwandlung(en), Ein-/Halte-/Ausspeicherung bis hin Vielseitigkeit, v.a. der Systemintegration, einen festen zu Verteilung und Endanwendung – zu optimieren. Für Platz in einer künftigen Energieinfrastruktur haben. den unmittelbaren P2G-Prozess bedeutet dies, dass (1) Eine Diskussion und Bewertung allein anhand von jede Prozessstufe (sowohl die Elektrolyse als auch die (heutigen) Wirkungsgraden greift zu kurz, denn: Erst Methanisierung) mit möglichst wenig Energieaufwand, wenn das Gesamtsystem bekannt ist, können Wirkungs- also Umwandlungsverlusten, durchzuführen ist, (2) alle grade erhoben und verglichen werden. So ist z.B. zu be- Energieströme (einschliesslich Abwärme) optimal zu rücksichtigen, dass der Transport von SNG:erneuerbar verwerten sind und (3) das Endprodukt optimal – d.h. im Gasnetz zum Verbrauchsort über grosse Strecken nach den jeweiligen grundsätzlichen und situativen nahezu verlustfrei möglich ist. Das kann keine andere Kriterien – einzusetzen ist. Erst dann ist ein Wirkungs- (Speicher-)Technologie leisten. gradvergleich mit anderen Speicherverfahren sinnvoll. Power to Gas Stromnetz Fernwärme Wasser H2O Strom Elektrolyse H2 CO2 BHKW Nahwärme SeH Methanisierung CH4 WKK Wasserstoff Erdgasspeicher H2 Erdgasnetz (pufferungsfähig) BHKW: Blockheizkraftwerk | WKK: Wärme-Kraft-Kopplung | SeH: Stromerzeugende Heizung Quelle: VSG
Empfehlungen und weiteres Vorgehen. Forschung, Politik und Wirtschaft sind gefordert. Ob P2G und SNG:erneuerbar die oder eine Option • Zum Ausgleich von Über-/Unterdeckungen sind sind, um die Energiewende zu unterstützen, ist heute unterschiedliche Speicherverfahren geeignet. nicht abschliessend zu beurteilen. Swiss Renewable P2G ist eines davon, wofür nicht allein dessen Fä- Power-to-Gas zeigt jedoch die Notwendigkeit für higkeit zur (Langzeit-) Speicherung, sondern auch dessen bereichsübergreifende (Forschung, Poli- zum nahezu verlustfreien Transport grosser Ener- tik, Wirtschaft) Berücksichtigung und formuliert giemengen spricht. Empfehlungen für das weitere Vorgehen. • Speichertechnologien stehen nicht in einem Ent- Folgende erste Einschätzungen haben sich ergeben: weder-oder-, sondern in einem Sowohl-als-auch- Verhältnis. Die Eignung jeder Technologie muss • Speichern ist sinnvoll, wenn Produktion und Ver- auf europäischer, nationaler und regionaler/loka- brauch nicht direkt aufeinander abgestimmt wer- ler Ebene anhand diverser Kosten-/Nutzenkriterien den können. Statt enorme Reservekapazitäten betrachtet werden. aufzubauen (Erzeugung und Netze) und/oder EE- Anlagen abzuschalten, wird der Stromüberschuss • Alle Speicherverfahren erfordern geeignete und gespeichert. verlässliche politische, gesetzliche und wirt- schaftliche Rahmenbedingungen für notwendige • Sofern der bis 2020 geplante Strom-Übertra- Investitionen und einen wirtschaftlichen Betrieb. gungsnetzausbau realisiert werden kann, ist in der Schweiz kurz- und mittelfristig nicht mit • P2G ist noch keine reife Technologie für die Transportengpässen zu rechnen. Engpässe in lo- Schweiz, eröffnet aber zahlreiche interessante kalen Verteilnetzen, die sich durch die zunehmen- Optionen aufgrund der spezifischen Merkmale: de Einspeisung erneuerbarer Energie ergeben, – Einfachheit und Zuverlässigkeit des Verfah- sind davon losgelöst zu betrachten. rens; keine Grundlagenforschung erforderlich; – Ausrichtung auf Strom aus erneuerbaren Quellen; • Mittel- und langfristig ist mit Stromüberangebo- – hohe Betriebsflexibilität und damit Eignung für ten zu rechnen. Entsprechend sind neue (Lang- Regelenergiemarkt; zeit-)Speicherverfahren – darunter P2G – in den – Akzeptanz und vielseitige Verwendbarkeit von Systemüberlegungen des Bundes zu berücksich- synthetischem Methan aus erneuerbaren Quellen tigen und die dafür nötigen gesetzlichen bzw. re- (SNG:erneuerbar); gulatorischen Anpassungen zu treffen. – Nutzung der vorhandenen Erdgasinfrastruktur; – Kombination von Speichertechnologie und be- stehenden Transport- und Verteilnetz-Kapazitäten; – schrittweiser Rollout (keine «Alles-oder-nichts- Technologie»): Anlagen sind je nach Kontext- gegebenheiten dimensionierbar; Einspeise- anteil von SNG:erneuerbar kann sukzessive erhöht werden.
Swiss Renewable Power-to-Gas 10 | 11 • Nachteilig ist derzeit der im Vergleich zu PSKW und temperaturabwärme)) zu erwarten. Der Wirkungs- anderen chemischen Verfahren (Batterie) geringe gradvergleich ist jedoch angesichts eines begrenz- Wirkungsgrad, insbesondere für die Rückverstro- ten Zubaupotenzials anderer Speicher, wie dies bei mung. Diese ist jedoch nur eine unter zahlreichen PSKW der Fall ist, nochmals zu relativieren. Anwendungen. Positiver fällt der Wirkungsgrad bei einer Verwendung von SNG:erneuerbar als • Die wesentlichen Treiber auf der Kosten- (Lern- Brenn- und Treibstoff aus. Weitere Steigerungen kurveneffekte bei Elektrolyse, Strombezugspreise) des Gesamtwirkungsgrades sind durch Prozess- und Ertragsseite (Absatzmarktpreise für SNG)sind optimierungen (insbesondere den flexiblen Be- nicht klar bezifferbar. Beide werden sich jedoch mit trieb des Elektrolyseschrittes sowie durch die grösster Wahrscheinlichkeit zugunsten des P2G- Verwertung aller Energieströme (Hoch- und Nieder- Verfahrens entwickeln. Folgende Schritte sind erforderlich, um das Potenzial des P2G-Verfahrens für die Schweiz zu erheben und zu nutzen: • Weiterentwicklung des Elektrolyseverfahrens Biogas hinsichtlich Förderung (z. B. durch KEV);5 (Kosten, Wirkungsgrad und Betriebsflexibilität); ggf. Einführung von Speicherboni); Ausschöpfen von Skaleneffekten der Elektrolyse – Überprüfung und ggf. Korrektur der zulässigen durch serielle Massenfertigung H2-Anteile im Erdgasnetz; • Analyse der europäischen, nationalen, regionalen/ – Einbezug von P2G-Anlagen in die Raumplanung; lokalen Gegebenheiten: Erzeugungs-/Verbrauchs- – Ausspeisemodell: Behandlung SNG:erneuerbar/ strukturen, Netz- und Speicherinfrastrukturen, H2- bzw. generell Speicheranlagen (auch Batterie, Gesamtsystemintegration (bestehende und geplante elektrothermische Speicher bei der Anbindung Anlagen, z.B. PV-Ausbau, Windparks, Biogasanlagen) an das Elektrizitätsnetz); – Effizienzsteigerung im Elektrolyseprozess; • Identifikation und Umsetzung von Schweizer Leucht- turmprojekten (Pilot- und Demonstrationsprojekte) – Minimierung des Schlechtgasanteils bei inter- mittierender Produktion; • Analyse und Gestaltung der wissenschaftlichen, – optimale Systemintegration über die gesamte politischen, regulativen und ökonomischen Rahmen- Prozesskette (Erzeugung, Speicherung, Transport/ bedingungen für einen wirtschaftlichen Betrieb von Verteilung, Verbrauch) einschliesslich aller Input-/ P2G-Anlagen: Output-Faktoren; – Berücksichtigung von SNG:erneuerbar in der – (Weiter-)Entwicklung und Umsetzung rentabler Energiestrategie 2050 (Verknüpfung mit WKK- Geschäftsmodelle. Zielen, Gleichstellung von SNG:erneuerbar mit 5 Das deutsche Energiewirtschaftsgesetz stellt Wasserstoff und Methan mit Biogas gleich, sofern diese zu mindestens 80 % mit erneuerbarem Strom produziert werden. Zudem wird die Förderung von SNG durch ein Erneuerbaren-Gas-Einspeisegesetz debattiert.
Falkenplatz 11 Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) Postfach, 3001 Bern Grütlistrasse 44, Postfach, 8027 Zürich Tel. 031 301 89 62 Tel. 044 288 31 31 Fax 031 313 33 22 Fax 044 202 18 34 info@aee.ch vsg@erdgas.ch www.aee.ch www.erdgas.ch klimaneutral gedruckt 53213-1206-1002
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