WIR HABEN EINE STARK DIE KREDITANSTALT FÜR WIEDERAUFBAU (KFW) IST, GEMESSEN AN
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Interview Wir haben eine stark Vorstandsvorsitzender Dr. Ulrich Schröder ie Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist, gemessen an des Wiederaufbaus nicht nur enorm wichtig für die Deutsche Bank D der Bilanzsumme, die drittgrößte Bank in Deutschland. Dr. Ulrich Schröder wirkt seit 2008 als der Vorstandsvorsitzende des Kreditinstituts, dessen Träger zu 80 Prozent der Bund und zu war und wesentlich das Londoner Schuldenabkommen verhan- delte. Herr Abs kann als Gründervater der KfW bezeichnet werden und war auch der erste Vorstandsvorsitzende der KfW. 20 Prozent die Länder sind. Dr. Schröder stammt aus Melle bei Osnabrück. Er hat eine Bilanzsumme von 512 Milliarden Euro NEUMANN: Seitdem dürfte sich die KfW wesentlich geändert (2012) zu verantworten. In Frankfurt am Main sprach er mit ACA- haben. DEMIA-Chefredakteur Dr. Veit Neumann (Alm) und ACADE- MIA-Mitarbeiter Roland Römhildt (Ae). SCHRÖDER: Viele der Aufgaben, die die KfW in ihren Anfangsjah- ren hatte, hat sie heute immer noch. Nehmen Sie beispielsweise NEUMANN: Herr Dr. Schröder, woher kommt die KfW? den Mittelstand: Der Marshallplan war zunächst dafür da, dem deutschen Mittelstand wieder den Zugang zu Investitionsdarlehen SCHRÖDER: Der Ursprung unseres Hauses geht auf das Jahr 1948 zu ermöglichen. Bis heute ist die Förderung des deutschen Mit- zurück. Mit der Initiative des Marshallplans haben die Amerikaner telstands und der Gründer eine unserer zentralen Tätigkeiten. Etwa damals eine starke Aufbauhilfe geleistet. Der Banker Hermann 50 Prozent der Zusagen, die wir jährlich im Inland tätigen, gehen Josef Abs hatte die Idee, dass man die Gelder aus dem Marshall- an den Mittelstand. International kamen in den 50er und 60er Jah- plan nicht nur einmal als Zuschuss vergeben, sondern dass man ren die Exportfinanzierung und die Entwicklungsfinanzierung sie auch als vergünstigte Kredite ausgeben könnte. hinzu. Die KfW ist heute eine der weltweit größten Entwicklungs- finanzierungsbanken. Die KfW IPEX-Bank ist heute eine 100pro- NEUMANN: Wenn ich im Bankenwesen publizistisch tätig bin, dauert zentige Tochter der KfW. Insgesamt haben wir international über es in der Regel nicht lange, bis der Name Hermann Josef Abs fällt. 70 Büros. Andere Aufgaben sind über die Jahre hinzugekommen oder haben sich stark verändert. Beispielsweise haben wir schon Das deutsche Bankenwesen hat mehrere Ursprünge, denken Sie seit den 60er Jahren Wohnraumfinanzierung angeboten, heute bie- nur an die genossenschaftlichen Banken und an die Sparkassen. ten wir vor allem Darlehen für die energetische Sanierung und Hermann Josef Abs war ein Banker mit Weitblick, der in der Zeit den Neubau an. Das Querschnittsthema „Klima und Umwelt- 8 4/2013 ACADEMIA
Interview Foto: KfW Bankengruppe/Stephan Sperl wertorientierte Basis über die Kreditanstalt für Wiederaufbau schutz“ ist heute neben der Mittelstandsfinanzierung unser Haupt- SCHRÖDER: Die deutsche Volkswirtschaft kann in Zukunft nur noch fokus. Wir begleiten die Energiewende in Deutschland. Und wir wachsen, wenn sie sich besonders intelligent und effektiv aufstellt. sind stolz darauf, dass die Förderung durch all unsere Geschäfts- Bildung ist ein wichtiges gesellschaftliches Themenfeld, das un- bereiche in den Klima- und Umweltschutz schon rund 40 Prozent terstützt werden muss. Wir haben bislang rund eine Million Per- unseres jährlichen Kreditvolumens ausmacht. sonen im Rahmen ihrer akademischen Aus- und Weiterbildung sowie ihrer beruflichen Fortbildung gefördert. In unserem Eigen- NEUMANN: Das sind nicht wenige Tätigkeitsfelder, gibt es all das programm, dem KfW-Studienkredit, ist es unser Ziel, die Studi- auch in anderen Ländern? enfinanzierung preiswert zu machen, sie langfristig anzulegen und allen Studierenden unabhängig von der Wahl ihres Studienfachs SCHRÖDER: Einzigartig auf der Welt ist die Tatsache, dass wir alle zu gleichen Konditionen anzubieten. Das Programm hat sich als Förderaktivitäten unter einem Dach vereint haben. Wir sind eine sehr erfolgreich erwiesen, darauf sind wir sehr stolz. Die Förder- integrierte Förderbank. In den anderen Ländern, etwa in Frank- möglichkeiten haben wir gerade erst erweitert. Für die berufliche reich oder Italien, sind diese Funktionen getrennt. Wir sind mit Weiterbildung bieten wir darüber hinaus das sogenannte Meister- Förderbankern anderer Länder sehr gut vernetzt und tauschen uns BAföG des Bundes und der Länder an. Und schließlich: Im Be- regelmäßig über unsere Erfahrungen und Ansätze aus. reich der kommunalen Finanzierung bieten wir Finanzierungs- programme, die kommunale Einrichtungen dabei unterstützen, NEUMANN: Wie gehen Sie angesichts dieser Fülle an Aufga- Kindertagesstätten zu finanzieren. Auch das gehört zum Bereich ben vor? „Bildung“. SCHRÖDER: Die Leitidee der KfW war und ist das Prinzip der Sub- NEUMANN: Sie sind eine vom Staat getragene Institution. Was sidiarität, dies ist auch im KfW-Gesetz so festgeschrieben. Das bringt das mit sich? zweite, gleichrangige Ordnungsprinzip ist die Nachhaltigkeit in ihren verschiedenen Ausprägungen. SCHRÖDER: Die KfW gehört dem Bund und den Ländern, als För- derbank genießen wir eine ganze Reihe von Privilegien. Wir sind NEUMANN: Sie vergeben auch Bildungskredite. steuerbefreit und haben die Garantie des Bundes, so dass wir von ACADEMIA 4/2013 9
Interview Gründer sind mutige Menschen, den internationalen Ratingagenturen mit AAA geratet sind. Da- durch können wir uns sehr günstig refinanzieren. Gegenüber Ge- haben schäftsbanken und Sparkassen würde uns dies in eine ungerecht- fertigte Wettbewerbsposition setzen. Daher kommt nun der ordnungspolitische Aspekt im Sinn der Subsidiarität ins Spiel: aber oft Wir agieren als Bank hinter den Banken, werden dort tätig, wo wir sehen, dass der Markt allein nicht alles lösen kann, aber eine Kre- ditversorgung beispielsweise der Gründer eben volkswirtschaft- wenig lich wünschenswert ist. Wir arbeiten dabei mit allen Säulen der Kreditwirtschaft eng zusammen. Eigenkapital NEUMANN: Das ist praktizierte Subsidiarität. menshistorie, einen marktüblichen Kredit zu erhalten. Hier bieten SCHRÖDER: Ja, aber dieser Begriff wirkt sich auch auf unser wir Programme an, die ihnen den Kreditzugang erleichtern. Selbstverständnis aus. In dem Wort steckt der Begriff Hilfe, Unterstützung. Wenn Sie unsere Mitarbeiter – etwa Entwick RÖMHILDT: In Deutschland ist es noch immer nicht wirklich at- lungs-, Bildungs- oder Mittelstandsfinanzierer – fragen, warum traktiv, Unternehmer zu sein. Ein Mangel an gesellschaftlicher sie bei uns sind, hören Sie nicht selten Antworten wie: Ich ar- Wertschätzung, der in den USA stärker gegeben ist? beite hier, weil ich das Gefühl habe, dass ich zur gesellschaft- lichen Entwicklung positiv beitragen kann. Ich bin nicht allein SCHRÖDER: Über die vergangenen Jahre beobachten wir einen hier, um Geld zu verdienen. Das nenne ich praktizierte Sub- Rückgang der Gründungen in Deutschland. Wir unterscheiden da- sidiarität. bei zwischen Not- und Chancengründungen. Der Notgründer ist der, der aus Arbeitslosigkeit und Mangel an Alternativen gründet. NEUMANN: Zur Subsidiarität sollte, auf der anderen Seite, gehö- In Phasen hoher Arbeitslosigkeit steigt diese Zahl häufig. Die ren, Menschen zu befähigen, selbständig zu wirken. Chancengründer gründen, weil sie sich mit einer Geschäftsidee unternehmerisch verwirklichen wollen. Wenn wir die Struktur der SCHRÖDER: Auch da stimme ich Ihnen zu, das ist ein erfreulicher Gründer heute ansehen, stellen wir fest: Die Gesamtzahl geht zu- Effekt unserer Fördertätigkeit. Sei es durch unsere Projekte in rück, aber die Zahl der Chancengründer lag dabei im vergangenen Entwicklungsländern, sei es in der inländischen Unternehmensfi- Jahr höher als in den Vorjahren. Ein positives Zeichen! Es drückt nanzierung. Die Wirtschaftsstruktur in Deutschland ist wesentlich aus: In Deutschland bewegt sich etwas. Die Bereitschaft, unter- durch den Mittelstand geprägt. Der Mittelstand schafft die meisten nehmerische Chancen zu nutzen, ist also da. Dennoch haben Sie Arbeits- und Ausbildungsplätze. Deshalb steht die KfW als Partner recht: In einem Land wie den USA, das von Leuten geschaffen für den Mittelstand zur Verfügung: wir prüfen mit unserer volks- worden ist, die aus verschiedensten Gründen aus ihrer Heimat wirtschaftlichen Expertise ständig das Investitionsverhalten und ausgewandert sind und die sich mit eigener Hände Arbeit etwas die Kreditzugänge, so dass wir unsere Förderangebote entsprechend aufbauen mussten, sind die Pioniermentalität, der Wunsch, sein ständig weiter entwickeln. Das gilt auch für Gründer: mutige Men- eigener Chef zu sein, und die Akzeptanz des Scheiterns stärker schen, die sich auf den Weg machen. Sie haben oft wenig Eigen- ausgeprägt als in einer organisch über viele Jahrhunderte gewach- kapital und schlechte Chancen aufgrund der fehlenden Unterneh- senen Gesellschaft wie in Kontinentaleuropa. 10 4/2013 ACADEMIA
Interview Fotos: KfW Bankengruppe/Stephan Sperl RÖMHILDT: Auch durch das Einwirken auf das gesellschaftliche streben auch nicht nach Profitmaximierung. Ich sehe aber, dass Bewusstsein kann man etwas bewegen. wir aufgrund der Veränderungen in der Langfristfinanzierung eine erhebliche Größe behalten werden. SCHRÖDER: Um positive Beispiele herauszustellen, vergeben wir jedes Jahr einen Gründerpreis für Unternehmen. Wir stellen Leu- RÖMHILDT: Das Prinzip der Subsidiarität, von dem zuvor die Rede te, die es geschafft haben, als positive Beispiele heraus. Das ist war, stammt aus der katholischen Soziallehre. Sie waren von enorm wichtig, denn es bedarf schon eine gehörige Portion Mut 1974 bis 1975 RCDS-Bundesvorsitzender. Inwieweit ist Ihnen und Durchhaltevermögen, sich mit seiner Geschäftsidee selbstän- dieser Hintergrund wichtig? dig zu machen und im Markt zu behaupten. SCHRÖDER: Kultur, Leitbilder und Werteorientierung kann man in RÖMHILDT: Kann man Unternehmertum lernen? einem Unternehmen nicht verordnen. Diese Dinge müssen wach- sen und sich aus der Mitarbeiterschaft heraus entwickelt. Unseren SCHRÖDER: Sicherlich nicht jeder oder jede, denn es gibt unter- schiedliche Veranlagungen. Es wird und darf immer auch Men- schen geben, die lieber in der weitgehend gesicherten Existenz ei- nes Angestellten bleiben möchten als das Risiko einer Der Gesprächspartner: Dr. Ulrich Schröder, Foto: KfW Bankengruppe Selbständigkeit einzugehen. Aber sehr viele Menschen haben geboren 1952 in Melle bei Osnabrück, verheira- doch den Wunsch, selber etwas zu schaffen. Diese Grundeinstel- tet, drei Kinder, studierte von 1971 bis 1978 lung kann man wecken und fördern. Es ist eine Frage des Selbst- Rechtswissenschaft und Betriebswirtschaftslehre bewusstseins, dass man von seinen eigenen Qualitäten überzeugt an der Universität Münster, 1978 Erstes Juristisches ist. Natürlich muss man auch mit dem Scheitern umgehen können. Staatsexamen am Oberlandesgericht Hamm, 1980 Zweites Juristisches Staatsexamen am Oberlandesgericht Olden- RÖMHILDT: Die KfW ist die drittgrößte Bank in Deutschland, die burg, 1980 bis 1982 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Bilanzsumme liegt bei 512 Milliarden Euro. 2012 haben Sie mit Münster, 1982 bis 1983 Studium an der University of Illinois, M.C.L.-Ab- rund 2,4 Milliarden Euro den größten Gewinn einer deutschen schluss, 1983 Promotion zum Dr. jur. an der Universität Münster, ab Bank ausgewiesen, nicht die Deutsche Bank. 1983 Westdeutsche Landesbank Girozentrale (WestLB), Düsseldorf/ Münster, 1983 bis 1987 Mitarbeiter des Vorstandsstabs, 1985 bis 1987 SCHRÖDER: Die besonders ausgeprägte Ertragskraft des vergange- Leiter Vorstands- und Organbetreuung, 1987 bis 1992 Kundenbetreuer nen Jahres ist keine dauerhafte Situation. Sie wird sich nicht wie- in der WestLB-Niederlassung London, 1991 Abteilungsdirektor, 1992 derholen. Das Ergebnis 2012 hatte besondere Gründe: Durch die bis 1997 Geschäftsbereichsleiter der Niederlassungen Münster/Biele- Bankenkrise hat sich der Bankenmarkt völlig verändert, die Ver- feld, 1995 Bankdirektor, 1997 bis 2002 Mitglied des Vorstands der änderungen sind noch nicht abgeschlossen. Aufgrund regulatori- WestLB France, Leiter der WestLB-Niederlassung Paris, 2001 bis 2002 scher Vorgaben fahren Banken ihre Bilanzsummen zurück. Das Geschäftsbereichsleiter Chemie/Life Sciences, 2002 Mitglied des Vor- entlastet ihr Eigenkapital. Aus der langfristigen Finanzierung zie- stands der WestLB, ab 08/2002 Mitglied des Vorstands der hen sie sich zurück. Das spart ebenfalls Eigenkapital. Auch im NRW.BANK, Düsseldorf/Münster, 2006 bis 2008 Vorstandsvorsitzender Refinanzierungsbereich haben sich die Möglichkeiten für Banken der NRW.BANK, Düsseldorf/Münster, seit 09/2008 Vorstandsvorsitzen- verschlechtert. Wir dagegen vergeben auf der Aktivseite zu 99 der der KfW. 1974/75 Bundesvorsitzender des RCDS. Prozent langfristige Kredite. Wir streben nicht nach Größe, wir ACADEMIA 4/2013 11
Interview Foto: picture alliance Im April 2013 hat die KfW-Stiftung erstmals den KfW-Bernhard-Grzimek-Preis vergeben, Preisträger ist die Zoologische Gesellschaft Frankfurt von 1858 e.V. (ZGF). Der Namensgeber des Preises, Prof. Dr. Bernhard Grzimek (BuL) – hier mit einer Giraffe im Frankfurter Zoo, den er als Direktor von 1945 bis 1974 leitete –, war ein Pionier des Umwelt- und Tierschutzes. Mit dem mit 50.000 Euro dotierten Preis zeichnet die KfW-Stiftung Persönlichkeiten oder Institutionen aus, die sich in herausragender Weise mit ihrer Kreativität und Innovationskraft für die Erhaltung der Artenvielfalt einsetzen. Claim „Die Bank aus Verantwortung“ und unseren Kodex haben SCHRÖDER: In modernen gesellschaftlichen Entwicklungen erken- keine Kommunikationsexperten am grünen Tisch erarbeitet. Sie ne ich die Gefahr, dass teilweise nicht mehr reflektiert wird, wa- haben sich vielmehr in sehr aufwendigen Verfahren der Mitarbei- rum ich mich so verhalte, wie ich mich verhalte, und wo eigentlich terbefragung entwickelt. Über viele Workshops hat sich gezeigt, Werte gründen. Man kann sogar im privaten Umfeld erleben, dass was die Antworten sind auf die Fragen: Wofür stehen wir eigent- die Verankerung des Wertesystems teilweise etwas lose geworden lich? Warum bist Du bei der KfW? Was interessiert Dich an der ist. Zwar ist die KfW kein pädagogisches Instrument, aber mit KfW? Mit welchen Themen identifizierst Du die KfW? Kodex Bestimmtheit lässt sich sagen, dass unsere Institution aufgrund und Claim sind daraus als Kondensat entstanden. Sie sind nicht ihrer Geschichte und ihres Auftrags eine stark wertorientierte Ba- von oben gesetzt worden, sondern haben sich von unten her aus sis hat. Dass dies bedeutsam ist, sehen wir an Menschen, die sich der Mitarbeiterschaft entwickelt. Wir veranstalten regelmäßige bei uns bewerben. Es kommt vor, dass sich bei uns über 200 Per- Mitarbeiterbefragungen, in denen wir in Erfahrung bringen möch- sonen auf eine Traineestelle bewerben. Das ist auch in Verbindung ten, wie weit wir uns noch im Feld der Werte bewegen, die uns mit der Tatsache zu sehen, dass man bei uns etwas über das reine ausmachen. Und wir nehmen Rückäußerungen sehr ernst, die zei- Geldverdienen hinaus tut. gen, dass sich Dinge nicht in die richtige Richtung bewegen. NEUMANN: Wenn sich über 200 Personen bewerben, kann das RÖMHILDT: Sind Kodex und Compliance leer, wenn es keine Rück- positiv sein, wenn man am liebsten alle einstellen wollen bindung an einen Glauben oder ein anderes Wertsystem gibt? würde, weil sie so gut sind. Es könnte aber auch bedenklich sein, wenn nur zwei Personen dafür wirklich in Frage kämen. SCHRÖDER: Man muss zwischen der institutionellen und der per- Wie nehmen Sie das Feld wahr? sönlichen Rückkopplung solcher Werte unterscheiden. Was meine innere Verbindung mit der Subsidiarität sowie weiteren Ordnungs- SCHRÖDER: Wenn Sie ein großes Bewerberfeld haben, dann haben und Führungsprinzipien – etwa dem sozialen Führen – betrifft, so Sie immer qualitative Unterschiede. Aber darunter gibt es immer komme ich stark aus der katholischen Soziallehre. Für mich ist die einen großen Teil an sehr ernsten und sehr guten Bewerbern. Die Vorstellung des Menschen als Individual- und Sozialwesen und als Aufgaben, die wir bei uns zu besetzen haben, sind zum Teil hoch- von Gott gewolltes Wesen sehr prägend, was mir den Zugang zu spezialisiert, etwa auf dem Kapitalmarkt, im Risikomanagement diesen Werten erschließt. Die KfW ist eine Institution, in der Menschen oder in der Exportfinanzierung. Wir haben momentan ein starkes unterschiedlichster Herkunft und Glaubensausrichtung zusammen Interesse von hochqualifizierten Bewerbern zu verzeichnen. arbeiten. Ich kann nicht für jeden einzelnen sagen, wo er die Bedeu- tung von Subsidiarität, Solidarität und der Achtung vor dem Men- NEUMANN: Beruflich bedingt, sind Sie häufig umgezogen, noch schen herleitet. Jeder hat in der eigenen Biographie liegende Gründe. bevor das Thema Globalisierung überhaupt auf der Agenda stand. NEUMANN: Spieltes in der Mediengesellschaft und in der Globa- SCHRÖDER: Die damit verbundenen Fragestellungen sind wahr- lisierung überhaupt eine Rolle, wo man seinen Standort hat? scheinlich in der eigenen Biographie verwurzelt. Ich komme aus 12 4/2013 ACADEMIA
Interview einem behüteten Elternhaus. Die ersten 18 Jahre meines Lebens und keine Kinder zu haben. Es ist enorm wichtig, dies in Zukunft habe ich in einer niedersächsischen Kleinstadt verbracht und habe zu unterstützen. Deshalb ist es wichtig für unser Haus, kreativ zu mich damit sehr wohlgefühlt. Den Drang, später in die Welt zu ge- sein, gute Lösungen bei der Verbindung von Familie und Beruf zu hen und alle paar Jahre den Standort zu wechseln, erkläre ich mir finden. Hier bewegen wir bereits einiges, können und werden aber als eine Kompensation für die große Stetigkeit, die ich zu Beginn noch mehr tun. Wir bieten schon Kita- und Kindertagesplätze für meines Lebens erfahren durfte. Mit meiner Frau und meinen Kin- die Kinder von Mitarbeitern an, auch viele Formen von Sabbaticals, dern diskutiere ich häufig, was der richtige Weg ist. Beides hat die von Frauen und Männern in Anspruch genommen werden. große Vorteile: Es gibt die Menschen, die eine Wurzel haben, die ganz tief nach unten geht. Sie bleiben an einem Ort und sind dort RÖMHILDT: Wofür steht die kürzlich gegründete KfW-Stiftung? auch mit ihrem Freundeskreis, ihrer Kirchengemeinde, ihrem Milieu zufrieden. Andere sind Flachwurzler, die allerdings auch SCHRÖDER: Sie bündelt unser gesellschaftliches Engagement au- sehr feststehen können. Sie haben überall ihre Wurzeln aus- ßerhalb der Bankgeschäfte. Die Schwerpunkte sind erstens Um- gestreckt, holen das Wasser nicht aus der Tiefe, sondern aus der welt- und Klimaschutz; zweitens Kunst und Kultur. Wir fördern Breite. Was der richtige Weg ist? Persönlich bin ich sehr dankbar junge Künstler, ganz verschiedene, darunter Fotografen, Dichter für den Weg, den ich gehen durfte, denn ich habe ihn als be- aus Asien, Afrika und Südamerika, die wir nach Deutschland ein- glückend empfunden. Ein Modell gibt es nicht, aber generell gilt: laden; der dritte Schwerpunkt ist soziales Engagement. Hier un- Die Öffnung in die Welt, das Beherrschen von Sprachen und die terstützen wir durch das Thema Inklusion die gesellschaftliche Erfahrung anderer Kulturen, all das gewinnt an Bedeutung. Das Teilhabe aller Menschen. Der vierte Schwerpunkt schließlich ist gilt besonders für Menschen, die den Anspruch haben, gewisse „verantwortliches Unternehmertum“. Hier fördern wir innovative gestalterische Funktionen im Leben wahrzunehmen. Was mich Konzepte des kreativen und sozialen Unternehmertums. selbst betrifft: ich habe viel Glück im Leben gehabt. Dafür bin ich dem Schöpfer dankbar. RÖMHILDT: Die Stiftung, der Sie vorstehen, vergibt den KfW-Bern- hard-Grzimek-Preis. Welche Bedeutung hat die Person von NEUMANN: Jenseits gewisser Gender-Modeerscheinungen interes- Bernhard Grzimek (BuL)? siert mich, wie die KfW damit umgeht, dass Frauen zunehmend weitere Berufsrollen annehmen. SCHRÖDER: Bernhard Grzimek war Frankfurt, das unser Haupt- standort ist, lebensgeschichtlich verbunden – als Zoodirektor und SCHRÖDER: Bei der KfW ist das schon sehr lange gelebte Wirk- Tierschützer. Um den Schwerpunkt Biodiversität und Naturschutz lichkeit. Ich bin auch überzeugt – Ausfluss meiner Befassung in zu unterstützen, braucht es stets Personen und Gesichter, die öf- der Studentenpolitik mit Karl Popper und dem Kritischen fentlich wirksam sind. Grzimeks „Serengeti darf nicht sterben“ ist Rationalismus –, dass gemischte Teams – Frauen, Männer, für meine Generation und weit darüber hinaus ein Begriff. Außer- Einsteiger, Erfahrene – bessere Ergebnisse bringen als eindimen- dem sind wir über die Entwicklungsfinanzierung wiederholt mit sioniert aufgestellte. Wie aber kann man die Familie mit dem Parks verbunden, in denen Bernhard Grzimek gefilmt hat. Durch Beruf verbinden? Ich würde niemanden durch ungünstige unsere Finanzierung wirken wir am Erhalt und der Belebung sol- Rahmenbedingungen animieren wollen, keine Ehe einzugehen cher Parks mit. Das ist eine schöne inhaltliche Verbindung! ACADEMIA 4/2013 13
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