Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln

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Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
1·2021

S A LV E

Zeitschrift der benediktinischen
Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
SALVE
    Zeitschrift der benediktinischen
    Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr

                                              Jahresthema 
13. Jahrgang · Ausgabe 1, Februar/März 2021
Erscheint sechsmal jährlich                   Nachhaltigkeit – Der hl. Benedikt und
                                              die Enzyklika «Laudato si‘»                              4

                                              Wallfahrt
                                              Liturgischer Kalender	                                  10
                                              Wallfahrtsinformationen		                               12
                                              Gottesdienste in Einsiedeln		                           13
                                              «Maria, Mutter der Hoffnung – Wallfahrtsmotto 2021	     15
                                              Liturgisches Grundwissen – Sonntag                      20
                                              Haben Sie gewusst…		                                    21

                                              Kloster Einsiedeln
                                              Psalm 13 – Kunst hilft zu leben und zu beten            22
                                              Konventglöckli	                                         24
                                              Lebensgeschichten der Benediktinnerinnen
                                              und Benediktiner		                                      26
Frontseite zum Jahresthema «Nachhal-          In Memoriam Pater Walbert Kaufmann 	                    27
tigkeit»: Der Regenbogen als Zeichen der      In Memoriam Pater Nathanael Wirth	                      29
                                              In Memoriam Bruder Franz-Xaver Wangler	                 34
Nachhaltigkeit in der göttlichen Weltschöp-
                                              Pater Martin Werlen «Raus aus dem Schneckenhaus»	       38
fung (Foto: Jeanine Kosch).                   Wissenschaftliches Marienbild	                          39

                                              Stiftsschule
                                              Schulnachrichten		                                      40
                                              Ecke der Eltern	                                        41
                                              Klassentage 2021 		                                     42
                                              Internat – Einsiedeln in der Eiszeit	                   44
                                              Schulseelsorge – «Bewusst leben, nicht nur überleben»   46
                                              Gott suchen online – «Ein Stern ist aufgegangen»	       48
                                              Personalnachrichten			                                  49
                                              Klassentag M60 – Von glücklichen Stiftszeiten           50
                                              Klassentag M 90 – Dreissig Jahre Reife auf dem Buckel   47

                                              St. Gerold
                                              Bethlehem in St. Gerold – Das ganze Jahr Weihnachten    52
                                              Kloster Fahr
                                              Grusswort55
                                              Oblatinnen – Benediktinerin im Aussendienst     56
                                              Weinbau – Einsiedeln und Fahr spannen zusammen	 58
                                              Todesanzeige Schwester Maria Spuhler	           59
                                              Veranstaltungen			                              60
www.zeitschrift-salve.ch                      Meditation	                                     62
www.gebetsgemeinschaft.ch                     Kaleidoskop
www.kloster-einsiedeln.ch                     Klostersammlungen – Ein Modell der barocken
www.kloster-fahr.ch                           Klosteranlage Einsiedeln	                               64
www.propstei-stgerold.at                      Pater Chrysostomos Stadler – Vordenker der
www.siljawalter.ch                            Landsgemeindedemokratie	                                66
                                              Julien Green in Einsiedeln – «Viel Reden geht
www.zeitschrift-salve.ch
                                              nicht ohne Sünde»	                                      68
www.gotteswort.ch                             Neue Bücher	                                            74
www.GOTTsuchen.ch                             Impressum	                                              83

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LEITGEDANKE

L     iebe Leserin, lieber Leser

Ein neues Jahr – ein neuer Anfang? Viele erhoffen sich vom neuen Jahr, dass alles
anderes wird. Oder erhoffen sie sich nur, dass alles wieder so wird, wie es vor
der Pandemie war? Wenn es so wäre, dann hätten wir aus der Krise nichts gelernt,
die Chance verpasst, die Fingerzeige zu deuten, die sie uns gibt.
    «Salve» hat als neues Jahresthema «Nachhaltigkeit» gewählt. Seine Aktualität
gewinnt es aus Wurzeln, die weiter als ein Jahr zurückreichen. Da ist vor allem
                          die Enzyklika «Laudato si’» von Papst Franziskus. Aber
                          da ist auch die Klimabewegung, zu deren Symbolfigur
                          Greta Thunberg geworden ist. Sie ist durch das Corona-
                         Virus aus den Schlagzeilen verdrängt worden. Aber zeigt
                          dieses nicht gerade, wie wenig nachhaltig unser System
                          ist? Selbstverständlich werden wir uns nicht auf einige
                          prak­tische Hinweise beschränken. Die spirituelle Dimen-
                          sion des Themas ist uns ebenso wichtig.
                              Noch etwas Neues gibt es in diesem Jahrgang, besser
                          jemanden Neuen: Jeanine Kosch ist unsere neue «Fahrer-
                          Korrespondentin». Sie verfügt über einen unglaublich
breiten Hintergrund. Von ihr stammt auch die Anregung für das Jahresthema.
Und sie führt sich auch gleich mit einem Hauptartikel ein. Herzlich willkommen!
    Neben so viel Neuem gibt es auch den Blick zurück. Im letzten Quartal des
vergangenen Jahres hatte die Einsiedler Klostergemeinschaft sieben Todesfälle
zu beklagen. Die sieben Mitbrüder haben in ihrem Leben Nachhaltiges gewirkt.
Von zweien von ihnen haben wir in der Nummer 6/20 Abschied genommen,
von Pater Hilarius und Pater Berno. Jetzt gedenken wir Pater Walbert, Pater
Nathanael und Bruder Franz-Xaver. Die Lebensläufe und die Predigten zur
Beerdigung von Pater Odo und Pater Matthäus werden Sie in der nächsten
Nummer finden.
    Wenn Sie dieses Heft in Händen halten, wird das neue Jahr nicht mehr ganz
neu sein. Wir hoffen, dass Sie es gut begonnen haben, und wünschen Ihnen viele
neue Impulse bei seiner Fortsetzung.

Ihr

Pater Markus Steiner

                                                                                     3
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JAHRESTHEMA

    Nachhaltigkeit I

    Der heilige Benedikt und
    die Enzyklika «Laudato si’»
    «Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung» hiess vor Jahren eine Initiative
    der Kirchen. Heute ist das Wort Nachhaltigkeit in aller Munde. An Universitäten
    wird Umweltwissenschaft gelehrt und Kirchgemeinden überlegen sich, wie sie
    umweltfreundlicher handeln können. Seit nunmehr fünf Jahren gibt es auch eine
    Enzyklika von Papst Franziskus, welcher uns seine Sorge um das gemeinsame Haus
    ans Herzen legt. Diese Sorge um Gottes Schöpfung ist schon in den biblischen
    Schriften angelegt aber was würde wohl Benedikt dazu sagen? Was findet sich dazu
    in seiner Regel?

    Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern,        Herzen. Wir werden – wenn wir es zulassen
    und all die Feste dazwischen. Alle Jahre       – geformt und befähigt, Entscheide so zu
    wieder. Schön regelmässig begleitet uns
    ­                                               treffen, dass sie Gott gefallen.
    das Kirchenjahr durch unseren Alltag.               Auch in unserem spirituellen Leben tra­
        Wir brauchen diese Regelmässigkeit, das     gen wir Sorge, dass unsere Beziehung zu
    hatte schon Benedikt erkannt, als er für das    Gott nicht aus den Angeln fällt: Wir bege­
    Zusammenleben seiner Mönche eine Regel          hen regelmässig die Feste des Kirchenjahres
    erstellt hat. Rhythmus und Rituale helfen       oder wir reden mit unseren geistlichen Be­
    uns, Ordnung zu halten, auch das gemeinsa­      gleitpersonen, um sicher zu gehen, dass wir
    me Haus – unsere Welt – in Ordnung zu hal­      zu unserem inneren Haus Sorge tragen.
    ten. So könnte man geneigt sein, die Regel
    des heiligen Benedikt als Anleitung zur        Glaube und Gottsuche
    Nachhaltigkeit zu sehen.                       Gott suchen in allen Dingen und das immer­
                                                   währende Lob Gottes sind zwar innere
    Einfluss auf unsere Herzen                     Wirklichkeiten, aber in der Benediktsregel
    Die Regel hat zwar keinen direkten Einfluss    sollte diese Haltung auch fruchtbar werden
    auf unser Tun und Lassen, sie ist keine «Ge­   für andere Menschen: durch die Tätigkeit in
    brauchsanweisung», sowenig wie die Bibel,      Landwirtschaft und Handwerk oder in Seel­
    aber Regel und Evangelium haben einen          sorge und Schule. Benedikt war ein ausge­
    Einfluss auf unseren Geist und auf unsere      zeichneter Kenner der Heiligen Schrift und

     «Wir wollen uns also mit dem Glauben umgürten, in Treue das Gute tun und unter der
     Führung des Evangeliums die Wege gehen, die der Herr uns zeigt, damit wir ihn schauen
     dürfen, der uns in sein Reich gerufen hat. Wenn wir im Zelt seines Reiches wohnen wol-
     len, müssen wir mit guten Taten vorwärts eilen.»                       RB Prolog 21.22

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JAHRESTHEMA

                                                  Sorge für das gemeinsamen Haus – gut zu
                                                  umschreiben: Discretio, Conversatio und
                                                  Mass halten.

                                                  Discretio
                                                   Discretio bedeutet kluge Unterscheidung
                                                   und ist gemäss Benedikt die Mutter der
                                                  ­Tugenden (RB 64,18f). Sie beeinflusst viele
                                                   Kapitel der Regel. Discretio ist die Fähigkeit,
                                                   Gegebenheiten differenziert wahrzuneh­
                                                   men und einzuschätzen. Mit dem Gebrauch
                                                   der Discretio sind wir fähig, das Passende
                                                   zu finden und so massvoll zu gebrauchen,
                                                   was nötig und möglich ist. Es geht um das
                                                   richtige Mass – nicht zu wenig und nicht zu
                                                   viel. Benedikt möchte, dass der Abt die un­
                                                   terschiedlichen Bedürfnisse der Mitglieder
                                                   seiner Gemeinschaft wahrnimmt und eine
                                                   individuelle Zuteilung ermöglicht. Damit
                                                   das funktioniert, muss aber jede und jeder
                                                   in einer Gemeinschaft die Discretio, diese
                                                   Unterscheidung selber pflegen: Was brau­
                                                   che ich wirklich, was ist nötig, worauf kann
                                                   ich verzichten? Wichtig dabei ist, dass das
                                                   Erbetene im Rahmen der Möglichkeiten der
Der Regenbogen als Zeichen der Nachhaltig-         Gemeinschaft liegt. Meine Bedürfnisbefrie­
keit in der göttlichen Weltschöpfung (Foto:        digung darf nicht auf Kosten anderer gehen.
Harry Bruno Greis).                                    Geht es Papst Franziskus nicht genau um
                                                   dieses Masshalten, wenn er von der Mensch­
                                                   heitsfamilie spricht, welche das Haus der
  der Literatur der Mönchsväter. So erkannte       Erde in Ordnung halten soll? Das heisst, dass
  er, dass nicht allein die Vertikale Gott –       jede und jeder nur soviel von dieser Erde
 ­Christus – Abt für das Gemeinschaftsleben
  nötig sind, sondern auch die Horizontale:
  Christus finden im Bruder, der Schwester, im
  Gast, den Armen und Kranken. Diesen Blick         «Immer wisse er (der Abt) zu unterschei-
  auf das Gemeinschaftsleben fand Benedikt          den und Mass zu halten, eingedenk der
  in der Urkirche vorgegeben. Der soziale           weisen Mässigung des Heiligen Jakob,
­A spekt des ökumenischen Prozesses «Frie­          der sagt: ‹Wenn ich meine Herde auf
  den, Gerechtigkeit und Bewahrung der              dem Marsch überanstrenge, gehen sie
  Schöpfung» benutzte in den 1980er Jahren          alle an einem einzigen Tag zugrunde›.
  dann dieselbe biblische Quelle für ihr Anlie­     Er achte auf diese und andere Schrift-
  gen. Auch Papst Franziskus erinnert uns in        worte von der weisen Mässigung, der
  seiner Botschaft immer wieder daran, dass         Mutter der Tugenden, und ordne alles
  Gott suchen nicht ohne Sorge um die               so massvoll an, dass die Starken ange­
  Schwächsten geht.                                 zogen und die Schwachen nicht abge-
      Drei Begriffe der Regel scheinen mir          schreckt werden.»       (RB 64, 17–19)
  das Thema Nachhaltigkeit – oder eben der

                                                                                                     5
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JAHRESTHEMA

    nimmt, dass auch künftige Generationen
    noch dort leben können. Franziskus spricht
    vom Klima, von Wasser und Biodiversität,
    aber auch von Energie und einer Ökologie
    des Alltagslebens. Wie Benedikt geht es
    auch Franziskus darum, dass wir auch in Zu­
    kunft das Antlitz Gottes im Nächsten und
    in der Schöpfung betrachten können. Gott
    suchen kann man auch im Masshalten, darin
    sind sich der heilige Benedikt und Papst
    Franziskus scheinbar einig.

    Conversatio
    Converstio meint eine konkrete, erkennbare
    Lebensweise, die getragen wird von einem
    bestimmten Glauben und bestimmten Wer­
    ten. (Michael Casey, Einführung in die Be­
    nediktusregel). So möchte Benedikt, dass
    nichts im Kloster achtlos verwendet wird.
    Beispielhaft für diese Haltung heisst es in
    RB 32,10f: «Alles Gerät und die ganze Habe

                                                  Der hl. Benedikt mit seiner Regel.

                                                  des Klosters soll er als heiliges Altargerät
                                                  betrachten. Nichts soll er nachlässig behan­
                                                  deln.» Es geht hier um Ehrfurcht und Acht­
                                                  samkeit, welche die monastische Spirituali­
                                                  tät charakterisiert. Dieser Respekt soll auch
                                                  auf materielle Güter ausgedehnt werden.
                                                  Im Kloster soll niemand ausbeuterisch han­
                                                  deln, alle sollen Sorge tragen zu den ge­
                                                  schaffenen Dingen.
                                                       Franziskus spricht gegen Ende seiner En­
                                                  zyklika davon, dass sich die Menschheit än­
                                                  dern müsse: «Es fehlt das Bewusstsein des
                                                  gemeinsamen Ursprungs, einer wechselsei­
                                                  tigen Zugehörigkeit und einer von allen ge­
                                                  teilten Zukunft. Dieses Grundbewusstsein
                                                  würde die Entwicklung neuer Überzeugun­
                                                  gen, Verhaltensweisen und Lebensformen
                                                  erlauben. So zeichnet sich eine grosse kul­
                                                  turelle, spirituelle und erzieherische He­
                                                  rausforderung ab, die langwierige Regene­
                                                  rationsprozesse beinhalten wird.» (Laudato
    Nachhaltig: Das Kloster Subiaco wurde vom     si’ 202)
    hl. Benedikt im Jahr 514 gegründet (alle           Auch hier sind sich der Mönchsvater Be­
    Fotos ausser S. 5: Jeanine Kosch).            nedikt und der heutige Papst sehr nahe in

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Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
JAHRESTHEMA

 ihren Gedanken. Es geht darum, dass ich         Vom Mass der Speise, des Getränkes
 ­ lles, was ich für mein Leben zur Verfügung
 a                                                und der Kleidung
 habe, so gebrauche, dass auch zukünftige        Benedikt möchte, dass in seiner Gemein­
 Generationen noch ihren Nutzen daraus            schaft Frieden herrscht. Niemand soll zu
­ziehen können. Wenn der Mönch die ihm           kurz kommen. Sein Schlüsselbegriff ist die
 anvertrauten Werkzeuge und Geräte acht­         Angemessenheit, denn «nichts steht so im
 los gebraucht, gehen sie kaputt und können      Gegensatz zu einem Christen wie Unmäs­
 nicht weiterverwendet werden. Wenn wir           sigkeit» (RB 39,7) Sowohl Essen wie Trinken
 uns nicht bewusst sind, auf welcher spiri­       sollen im Kloster mit den geistlichen Grund­
 tuellen und materiellen Basis wir heute Le­      sätzen übereinstimmen. Dasselbe gilt für
 ben und welche Verantwortung für kom­           die Kleidung, sie soll dem Klima und der
 mende Generationen damit verbunden ist,         ­monastischen conversatio entsprechen. Mi­
 nehmen wir diesen ihre Lebensgrundlagen.        chael Casey schreibt in seiner Einführung zur
 Dabei geht es nicht um alles oder nichts. Die   Benediktsregel: «Das ganze Leben eines
 Entscheidungsbreite des Einzelnen soll nicht    Mönches, einer Nonne spiegelt wider, dass
 ausgehebelt werden. Es geht in der Bene­        er/sie sich für Gott entschieden hat, dass er/
 diktsregel darum, dass Mönche und Non­-          sie sich nach seinem Reich sehnt. Es geht
 nen – und wir heute mit ihnen – freiwillig      nicht um eine ‹spirituelles› Leben, das im
 und bereitwillig Mass halten.                   Verborgenen existiert, eingeschlossen ins

Erde, Wasser, Luft, Feuer (Energie) – Lebensgüter, die dringend unserer Masshaltung bedürfen.

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Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
JAHRESTHEMA

    Von einem unbekannten Verfasser: «An einem Wintertag sagte der Wüstenvater zu einem
    alten, schwarzen, vertrockneten Baum: ‹Erzähl mir von Gott.› Und der Baum begann zu
    blühen.»

    Denken und ohne Bezug zum alltäglichen          gen. Dazu gibt es viele Ansätze, welche wir
    Handeln. Das Leben eines Mönches, einer         alle heute in unserem Alltag verwirklichen
    Nonne strebt nach Integration. Ihre geistli­    können.
    chen Werte und Massstäbe werden prak­
    tisch und konkret in Übereinstimmung mit        – Nachhaltigkeit lässt sich gesamtheitlich
    dem Evangelium gelebt.»                          umsetzten, wenn jede und jeder im eige­-
                                                     nen Wirkunsgbereich Verantwortung über-
    Erbe und Auftrag                                 nimmt und das eigene Handeln immer wie-
    Heute tragen viele Mönche, Nonnen, Obla­         der überprüft. Dabei soll das Eigeninteresse
    tinnen und Oblaten das Erbe des heiligen         in den Dienst des Wohlergehens der derzei-
    Benedikt weiter in unsere Zeit und in unsere     tigen und künftigen Mitmenschen gestellt
    Welt hinein. Vieles, was heute mit dem           werden. Dazu hilft uns die benediktinische
    Wort «Nachhaltigkeit» gemeint ist, finden       «discretio».
    wir schon ansatzweise in der Regel des hei­
    ligen Benedikt. Die Sorge für das gemeinsa­     – Unsere individuellen Entfaltungsmöglich-
    me Haus, wie sie Papst Franziskus formuliert,    keiten haben ihre Grenzen dort, wo die
    können wir als Auftrag verstehen, das Erbe       Menschenwürde der Mitmenschen oder der
    Benedikts in der heutigen Zeit weiter zu tra­    künftigen Generationen beeinträchtigt

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                                                                       HRAE
                                                                          LSLTFH
                                                                               AEHM
                                                                                  RAT

wird. Der gerechte Zugang zu Ressourcen          Schöpfung und ehren Gott als den, der die
und deren Verteilung lernen wir bei Bene-        Welt geschaffen und der Schöpfung eine
dikt in seinem Kapitel über das Masshalten.      Ordnung gegeben hat.

– Wir alle wissen, dass wir die natürlichen        So stimmen auch wir ein in dieses Lob:
 ­Lebensgrundlagen aller Lebewesen langfris-
 tig sichern müssen und bereits bestehende         «Immense caeli conditor»
 Schäden so gut als möglich behoben werden         Des Himmels Schöpfer, grosser Gott
  sollten. Wenn wir uns einsetzen für eine         Du hast das Firmament gebaut
Verbesserung der Biodiversität, für eine
­                                                  Und so geschieden Flut von Flut,
Aufwertung der Natur- und Kulturland-
­                                                  dass sie nicht wirr zusammenströmt.
  schaften und den Schutz der natürlichen
  Lebensgrundlagen, dann übertragen wir
  ­                                                Den Wolken wiesest du die Bahn,
  den Begriff der conversatio in unsere heuti-     den Flüssen zeigtest du ihr Bett;
 ge Zeit.                                          nun hemmt die Flut des Feuers Macht,
                                                   damit die Erde nicht verbrennt.
– Der Klimawandel war für Benedikt noch
 nicht so ein Thema wie für uns heute. Treib-      So giesse denn, o guter Gott,
 hausgase kannte man damals noch nicht.            der Gnaden Ströme in uns ein,
Aber wenn wir heute eine Kultur der Für­           damit uns nicht mit neuem Trug
 sorge pflegen wollen, wie sie uns Benedikt        die alte Schwachheit bringt zu Fall.
 vorgelebt hat, gehört es dazu, dass wir uns
 einsetzen für effiziente Energienutzung,          Der Glaube, den die Nacht bedrängt,
 für eine einheimische und CO² -neutrale           den Kleinmut zu verwirren droht,
 Energieproduktion, wie es das Kloster Ein-        er überwinde Trug und Wahn:
 siedeln bereits tut.                              Er finde Licht und spende Licht.

     Dies alles soll uns nicht überfordern,        Dies schenk uns, Vater voller Macht,
jede und jeder tut was er oder sie kann. Wie       und du, sein Sohn und Ebenbild,
heisst es doch der tröstliche Schluss der Re­      die ihr in Einheit mit dem Geist
gel: «Nimm diese Regel als Anfang und er­          die Schöpfung zur Vollendung führt.
fülle sie mit der Hilfe Chrsti!» (RB 73,8)         Amen.
     Aber beginnen sollen wir mit der «Sorge                                     Jeanine Kosch
für das gemeinsame Haus». Wir kommen
 nicht darum herum, Entscheidungen zu
treffen und Verantwortung zu überneh­
 men, als Individuum und als Gesellschaft.
Und wenn wir uns nach dem Warum fragen,
dann denken wir wieder an Benedikt: «Da­
 mit in allem Gott verherrlicht werde – ut in
omnibus glorificetur deus!»
     Die wiederkehrenden Zeiten des Kir­
chenjahres helfen uns, einen immer wieder
 neuen Blick auf Schöpfung und Heilsge­
 schichte zu werfen. Die Hymnen des Jahres­
kreises im monastischen Stundengebet
­begleiten uns dabei im Lob Gottes. Sie be­
 singen Himmel, Welt und Erde als Teil der

                                                                                                 9
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