Zugangswege zur pneumologischen Rehabilitation in Österreich
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Zugangswege zur pneumologischen Rehabilitation p in Österreich C. Puelacher und R.H. Zwick Zusammenfassung/ Zugang zur Phase-I- Praxistipps Rehabilitation In Österreich wird traditionell die Pen- „Phase I bezeichnet die Frührehabilita- sionsversicherung (PV) mit den Agenden tion im Akutkrankenhaus. Diese umfasst der Rehabilitation in Verbindung gebracht. physikalisch therapeutische Einzelmaß- Das hat organisatorische Wurzeln, liegt nahmen, funktionsorientierte physikali- aber auch an der Tatsache, dass die PV über sche Therapie, physikalisch-medizinische eine große Anzahl eigener Sonderkranken- Komplexbehandlung sowie den Einsatz anstalten zur Rehabilitation verfügt. weiterer Therapiebereiche (Ergotherapie, Der Anteil der pneumologischen Reha- bilitationen bewegt sich traditionell zah- Psychotherapie, Logotherapie in patien- tenbezogenen unterschiedlichen Kombi- 1 lenmäßig auf niederem Niveau. In eigenen nationen und in unterschiedlichem Zeit- Einrichtungen der Pensionsversicherung aufwand). Phase-I-Rehabilitation sollte an betrug 2012 im Gegensatz zu kardiologi- allen pneumologischen und internistischen schen Rehabilitationen (16,7%) die pneu- Abteilungen angeboten werden, zumal der mologische Rehabilitation nur 7,1 % aller überwiegende Teil der Patienten in allge- medizinischen Maßnahmen. Gibt es ver- meinen internistischen Stationen unterge- besserbare Hürden? bracht ist. Eine adäquate Versorgung in Fachabteilungen darf nach dem Stand der medizinischen Behandlung vom Patienten durchaus erwartet bzw. gefordert werden.“ Die Frühintervention In Abteilungen mit funktionierender Pha- se-I-Rehabilitation ist die Eingliederung Versicherte, die aufgrund einer Lun- des Patienten in die R ehabilitationskette generkrankung seit mindestens 28 Tagen sowie die Weiterleitung an eine pneu- durchgehend arbeitsunfähig sind, sind mologische Rehabilitationseinrichtung vom Krankenversicherungsträger zu ei- selbstredend. Für den behandelnden Arzt nem freiwilligen Beratungsgespräch ein- bedeutet es derzeit einen zeitlichen und zuladen und auf bestehende Präventions-, organisatorischen Mehraufwand, noch vor Frühinterventions- und Rehabilitations- der Entlassung dem Erkrankten das Wesen maßnahmen aufmerksam zu machen. einer Rehabilitation (Training, Schulung, Copingstrategien, …) und die Rehabili- tationsnotwendigkeit zu erklären. Schon
Puelacher und Zwick zu diesem Zeitpunkt können Rehabilitati- Zur Verkürzung des Verfahrensablaufes onsziele (Lebensstiländerung, …) formu- wird folgendes Procedere empfohlen: liert werden. Besonders komplexe Krank- 1. Frühzeitige Antragsstellung auf AHV. heitsbilder können unter Einbeziehung des 2. Direkte Antragsstellung in einem der Entlassungsmanagements und des Case- pneumologischen Rehabilitationszentren Managers der Versicherung mit dem Reha- bzw. in der zuständigen Landesstelle. bilitationsteamleiter besprochen werden. 3. Nominierung von (wenigen) zuständi- Dies insbesondere dann, wenn eine Lun- gen Mitarbeitern des Stammpersonals. generkrankung (z.B. COPD) als Teil einer 4. Direkter Kontakt zu dem für AHV zu- Systemerkrankung begriffen wird und die ständigen Mitarbeiter der PV. Myopathie oder Kachexie eine IA-Indika- 5. Verwendung des AHV-Antrages tion darstellt. (■■■Download als pdf im Online-Ma- Noch zu selten werden interstitielle terial■■■) – vollständig ausgefüllt. Lungenerkrankungen, onkologische (vor, 6. Übermittlung e lektronisch oder per Fax. während, nach, im Langzeitverlauf) Thera- pien oder thoraxchirurgische Eingriffe, in Anlehnung an das Tumorboard, in einem Rehabilitationsboard erörtert – hier könnte Antrag auf der Ausbau von eHealth-Strukturen Abhil- Anschlussheilverfahren fe schaffen. Das AHV soll eine unkomplizierte und rasche Übernahme des Patienten durch eine Rehabilitationseinrichtung ermög- 2 Phase II lichen. Es handelt sich um ein eigenes Formular, welches vom Krankenhaus/ Facharzt ausgefüllt wird. AHV wird nach Die Phase II folgt im Anschluss an das einem Akutereignis gewährt und ermög- Akutkrankenhaus (= Anschlussheilverfah- licht in enger Zusammenarbeit zwischen ren – AHV) oder nach einer akuten Kran- behandelndem Arzt, Versicherer und Re- kenbehandlung im extramuralen Bereich habilitationseinrichtung eine umgehende (Rehabilitationsheilverfahren). Der Über- Übernahme. Ein Anschlussheilverfahren gang in die stationäre Rehabilitation er- kann stationär oder ambulant abgewickelt folgt bei AHV entweder unmittelbar bzw. werden. innerhalb 12 Wochen im Anschluss an den Ein Antrag auf Rehabilitationsheil- Spitalsaufenthalt oder nach einer rehabi- verfahren wird durch eine Krankenhaus- litationsrelevanten Krankenbehandlung. ambulanz, den niedergelassenen Facharzt Die ambulante Rehabilitation stellt in die- oder Arzt für Allgemeinmedizin bei der PV ser Phase eine Alternative zur stationären oder SV gestellt. Der Antrag (Kur-, Heil-, Rehabilitation dar. Rehabilitationsverfahren) kann an die PV Anschlussheilverfahren werden derzeit oder die SV geschickt werden. Nach Prü- eher noch mit Unfallereignissen als mit fung der Zuständigkeit wird dieser auto- pneumologischen Erkrankungen in Ver- matisch an die zuständige Versicherung bindung gebracht. weitergeleitet. Die Antragstellung sollte in 2014 hat der Chefärztliche Dienst der ca. 2 – 4 Wochen bearbeitet sein. Pensionsversicherungsanstalt in einer Bro- schüre folgende Ziele für ein Anschluss- heilverfahren formuliert: integrierte Ver- sorgung und optimale Nahtstellenfunktion.
Zugangswege zur p neumologischen Rehabilitation in Österreich Phase III rung der Rehabilitation der Erwerbstätigen im stationären und ambulanten Bereich zuständig. Allerdings kann die PV unter „Die Rehabilitation in Phase III des Berücksichtigung der Auslastung der ei- Rehabilitationsprozesses erfolgt in Form genen Einrichtungen auch Angehörige und von ambulanter Rehabilitation und dient Pensionisten oder Beziehern von Waisen- der Stabilisierung der in Phase II erreich- renten Maßnahmen der Rehabilitation ge- ten Effekte sowie der langfristig positiven währen. Dies bedeutet in der Praxis, dass Veränderung des Lebensstiles zur Verhin- die medizinische Rehabilitation von Pen- derung der Progression der bestehenden sionisten größtenteils von der PV durch- Erkrankung bzw. zur Vermeidung neuer geführt wird! Andererseits muss derzeit Erkrankungen. Sie kann nur im Anschluss die ambulante Rehabilitation von den SV, an die Phase II durchgeführt werden und nach pflichtgemäßem Ermessen (Pflicht- soll wohnortnah stattfinden.“ aufgabe), finanziert werden. Das hat in Ambulante Einrichtungen bestehen der- der Vergangenheit in Einzelfällen dazu ge- zeit nur in den Ballungszentren und können führt, dass Anträge für ambulante Rehabi- damit nur jene Rehabilitanden versorgen, litationen abgelehnt und/oder in stationäre die zwischen 30 und 45 Minuten einfache Rehabilitationen umgewandelt wurden. Wegstrecke vom Rehabilitationszentrum Bei einigen SV bestehen „kasseneigene“ entfernt wohnhaft sind. Einrichtungen, was in der Vergangenheit bisweilen dazu geführt hat, dass kassenei- gene stationäre Einrichtungen zugunsten Phase IV von ambulanten Rehabilitationen bevor- 3 zugt bedient wurden. Andere SV führen „Diese Phase bezeichnet die langfristig ambulante Verfahren prinzipiell nicht ambulante Nachsorge, die ohne ärztliche durch und Rehabilitanden werden nur in Aufsicht erfolgen und wohnortnah stattfin- eigenen Einrichtungen stationär behandelt. den kann. Für diese Phase wird auch der Nur in wenigen Bundesländern gibt es Begriff Langzeitrehabilitation verwendet. bilaterale Verträge zwischen SV und PV, In dieser Phase ist grundsätzlich die Ei- eigenen bzw. privaten Anbietern. Es bleibt genverantwortlichkeit der Patientinnen zu hoffen, dass sich diese Ungleichbehand- und Patienten gefordert.“ lungen in Zukunft auf nationaler Ebene lö- Die Phase IV ist in Österreich kaum sen und damit der Zugang zu allen Rehabi- existent. Im Gegensatz zu relativ gut or- litationseinrichtungen für alle Österreicher ganisierten Herzsportgruppen bestehen in in gleichem Umfang möglich sein wird. Österreich nur vereinzelt lokale Initiati- (RKK 2005 § 12a avsv 85/2016). ven. Eine Struktur oder Vorgaben für die Betreuung fehlen derzeit noch. 2-aus-5-Regel (RRK 2005 § 11 (3)) Österreichisches Spezifikum in der Die 2-aus-5-Regel besagt, dass in 5 Jah- ambulanten Rehabilitation ren 2 Rehabilitationen als freiwillige Leis- tung der Sozialversicherung bezahlt werden. Im § 300 bis 307 ASVG ist die Zustän- „Mehr als 2 Aufenthalte innerhalb digkeit der PV für Rehabilitation ange- von 5 Kalenderjahren werden nur bei führt. Die PV ist somit für die Finanzie- besonderer medizinischer Begründung
Puelacher und Zwick erbracht“. Ausgenommen von der 2-aus- hat dazu geführt, dass die nichtmedika- 5-Regel sind Anschlussheilverfahren mentöse medizinische Therapie zu einem (RKK 2005 § 12 (2)). Randthema geworden ist. Phase-I-Reha- bilitation wird kaum angeboten. Laufende hohe administrative Anforderungen lassen wenig Raum für ärztliche Aufklärung über Rehabilitation und zusätzliche administra Reise- und Transport tive Arbeit wie das Ausfüllen eines An- kosten tragsformulars. Reisekosten werden in Zusammen- hang mit stationären Behandlungen in der Höhe des billigsten zumutbaren öf- Entlassungsmanagement fentlichen Verkehrsmittels übernommen, Idealerweise sollte beim ersten statio- wenn das monatliche Bruttoeinkommen nären Aufenthalt wegen einer Lungener- unter einem bestimmten Wert der Höchst- krankung die Rehabilitationsschiene ge- beitragsgrundlage liegt. Transportkosten legt werden, um möglichst frühzeitig den werden nach Maßgabe des Chefärztlichen Krankheitsprozess zu stoppen und damit Dienstes übernommen. Transportkosten zu einen potenziellen Drehtürpatienten zu ambulanten Rehabilitationseinrichtungen vermeiden. In der täglichen Praxis wird werden bisher grundsätzlich nicht über- das Entlassungsmanagement oft erst sehr nommen. spät und dann aktiviert, wenn es zum Bei- spiel um die Organisation eines Heimplat- 4 zes oder palliativen Settings geht. Probleme und Chancen auf dem Weg zur pneumo Niedergelassener Facharzt logischen Rehabilitation Im niedergelassenen Bereich fehlt bis- weilen die Zeit, ein ausführliches Ge- spräch über Rehabilitationsmaßnahmen Patient zu führen. Im Gegensatz zu den deutschen Im Gegensatz zu kardialen Patienten Abrechnungsmöglichkeiten (ca. 28,00 €) scheint der pneumologische Patient we- gibt es keine Position in Österreich, um niger rehabilitationsaffin. Inwieweit hier den Mehraufwand eines Rehabilitations- Unterschiede bestehen, könnte Thema von gespräches und einer Antragsstellung ab- wissenschaftlichen Forschungen werden. zurechnen. Erfreulicherweise bringen im- mer mehr gut fortgebildete Kollegen Zeit für diese medizinische Tätigkeit auf. Krankenhausarzt Im Rahmen der Ausbildung zum Medi- Arzt für Allgemeinmedizin ziner in Österreich wird Rehabilitation im Sinne einer internistisch/pneumologischen Auch beim praktischen Arzt spielt der Rehabilitation nicht gelehrt. In der Medi- Faktor Zeit die entscheidende Rolle. zin waren die letzten Jahrzehnte geprägt von einem überproportionalen Stellen- wert der medikamentösen Therapie. Dies
Zugangswege zur p neumologischen Rehabilitation in Österreich Praktisches Vorgehen schickt werden. Bei Unzuständigkeit wird der Antrag an die zuständige Versicherung weitergeleitet. Die Bearbeitung dauert üb- Der Antrag auf Rehabilitations-, Kur- licherweise 2 – 3 Wochen. bzw. Erholungsaufenthalt kann in Papier- form von der Pensionsversicherung an- gefordert oder im Internet downgeloadet werden (■■■Download als pdf im Online- Ablehnende Stellungnahme Material■■■). Elektronische Anträge kön- des Chefärztlichen Dienstes nen bereits in der Krankenhaus-EDV oder in der Praxis-Software vorhanden sein. Bei einer Ablehnung des Antrags wird der einreichende Patient schriftlich per Be- Seite 1 beinhaltet Patientenstammda- scheid verständigt. Der Grund der Ableh- ten und ist vom Patienten auszufüllen. nung ist im Schreiben vermerkt. Es bewährt sich, beim Ausfüllen kundige Hilfe zur Verfügung zu stellen (z.B. Ent- lassungsmanagement/Ordinationsassis- tentin). Der ausgefüllte Antrag muss vom Positive Stellungnahme des Patienten unterschrieben sein. Chefärztlichen Dienstes Vom Arzt ist die Seite 2 auszufüllen. Bei einer Genehmigung der Kosten- Dabei müssen die aktuelle Vorgeschich- übernahme durch den Versicherer werden te, soweit relevant, und die antragsrele- der Patient und die zuständige Rehabili- vanten Diagnosen angegeben werden. tationseinrichtung schriftlich/elektronisch Maßgebliche Befunde und Funktions- verständigt. Die Rehabilitationseinrich- einschränkungen (Lungenfunktion, TX- Röntgen, Belastungstest, Echokardiogra- tung hat daraufhin 14 Tage Zeit, mit dem Patienten in Verbindung zu treten und den 5 fie, Zusatzerkrankungen, …) stellen eine weiteren Ablauf auszumachen. Bis zum Grundlage für die Genehmigung dar. Die Antritt der Rehabilitationsmaßnahme dür- Beilage eines aktuellen Arztbriefes (stati- fen nicht mehr als 4 Monate, bei sonstigem onärer Aufenthalt/Facharztstellungnahme) Verfall der Genehmigung, vergehen. und der aktuellen Medikamentenliste er- leichtert die chefärztliche Stellungnahme. Manche SV verlangen eine fachärztliche Stellungnahme insbesondere dann, wenn der Antrag durch den Arzt für Allgemein- Ausblicke in die Zukunft medizin gestellt wird. In diesem Zusam- menhang wird auch darauf hingewiesen, So komplex wie die Strukturen und Pro- dass eine entsprechende Begründung der zesse im Gesundheitswesen derzeit sind, vorgeschlagenen Maßnahme (Erhaltung so komplex ist auch die gesetzliche Grund- der Arbeitsfähigkeit, Verbesserung der lage in Österreich. Eine Strukturreform, Leistungsfähigkeit, Nikotinentwöhnung, wie sie politisch schon seit Jahrzehnten Muskelaufbau bei Sarkopenie … oder so- gefordert wird, wurde nie umgesetzt. Die ziale Indikationen) erforderlich ist. Dem wissenschaftliche Evidenz konnte die Ef- Vorschlag für die Art des Verfahrens und fektstärke von Rehabilitationsmaßnahmen für die gewünschte Einrichtung (ambulant, gerade bei chronischen Erkrankungen be- stationär, spezielle Sonderkrankenanstalt) legen, wo diese deutlich über denen von wird üblicherweise Folge geleistet. medikamentösen oder interventionellen Der Antrag kann elektronisch, per Fax Therapieformen liegt. Prävention spielt oder postalisch an die PV oder jede SV ge- also eine immer größere Rolle und wird
Puelacher und Zwick von vielen Staaten in den Mittelpunkt ge- sundheitspolitischer Planungen gestellt. Die neuen digitalen Technologien könn- ten einiges verändern. Vielleicht haben wir in Zukunft automatisierte Prozesse, innerhalb derer ein Patient, der mit einer COPD-Exazerbation stationär aufgenom- men wird, unmittelbar (z.B. aufgrund sei- nes ICD-Codes, der elektronisch an die PV übermittelt wird) und ohne hohen adminis- trativen Zeitaufwand einer Phase-II-Reha- bilitation zugeführt wird. ■■■ Zusatz- und Online-Material ●● pdf-Rehabilitationsantrag zum Bear- beiten als Download ●● WebsitederPensionsversicherung:www. pensionsversicherung.at ●● Rehabilitationskompass aller stationä- 6 rer Einrichtungen in Österreich: https:// rehakompass.goeg.at ●● Gesetzestext ASVG: https://www.jusline. at/gesetz/asvg/paragraf/300 ●● https://www.jusline.at/gesetz/asvg/para graf/154a ●● https://www.jusline.at/gesetz/asvg/para graf/198 ■■■
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