ZUKUNFTSENERGIE 2030 100% ERNEUERBARER STROM
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Hessen braucht neue Antworten auf die wichtigen gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit. Die Grünen wollen Alternativen zur schwarz-gelben Politik auf- zeigen und Antworten geben: mit innovativen, manchmal auch provokanten und für die Gesellschaft relevanten Konzepten. Mit diesen neuen Konzepten bekräftigen wir unseren selbstbewussten An- spruch, die ökologische, soziale und progressive Kraft der Linken Mitte zu werden. Es ist Zeit für grüne Konzepte, um Hessen fit für die Zukunft zu machen. Unsere Maxime lautet deshalb: Konzepte für Hessen – Mit Grün geht’s besser! Fraktionsvorsitzender Weitere Informationen, die Möglichkeiten zum Download und zur Bestellung aller bislang erschienen Konzeptpapiere finden Sie unter: www.gruene-hessen.de - Konzepte für Hessen
ZUKUNFTSENERGIE 2030 100% ERNEUERBARER STROM 1. Einleitung Die Erdbebenkatastrophe in Japan und der durch Versorgung Hessens mit Strom aus erneuerba- den Ausfall der Notkühlsysteme im Atomkraft- ren Energien erreichen lässt. Es führt kein Weg werk Fukushima drohende atomare Super-GAU an der Energiewende vorbei. Zum einen weil wir haben auch in Deutschland die Frage nach der uns von der unverantwortlichen Hochrisikotech- Sicherheit von Atomkraftwerken neu entfacht. nologie Atomkraft verabschieden müssen. Zum Die schwarz-gelbe Bundesregierung, die erst anderen weil es weiterhin nötig ist, als Beitrag letzten Herbst mit Unterstützung der hessischen zum Kampf gegen den Klimawandel, den hes- Landesregierung die Restlaufzeiten der Atom- sischen CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um 40 kraftwerke verlängerte, hat ein „Moratorium“ Prozent gegenüber 1990 zu verringern. verkündet. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN halten ein fundamentales Umdenken und die Neube- Denn es geht nicht nur um die Frage, wie hoch wertung des seit Japan nicht mehr abstrakten der Anteil der erneuerbaren Energien ist, sondern Begriffes „Restrisiko“ für dringend notwendig. auch darum, wie und welchen Beitrag Hessen Das Ergebnis kann nur lauten: den Ausstieg aus leistet, um das globale Ziel, die Erderwärmung dem Atomausstieg so schnell wie möglich rück- nicht über 2°C ansteigen zu lassen, zu erreichen. gängig zu machen und die Energiewende zu be- Mittlerweile sind über vier Jahre vergangen. Vier schleunigen. Jahre, in denen die Regierung Koch/Bouffier zwar viel über Klimaschutz geredet, tatsächlich Die sieben ältesten Atommeiler, darunter auch aber keinerlei konkrete Maßnahmen ergriffen Biblis A und B, sind inzwischen heruntergefah- hat, um den Klimaschutz in Hessen voranzubrin- ren. Sie dürfen nie mehr ans Netz gehen. In An- gen. Die letzten vier Jahre waren verlorene Jahre betracht der jüngsten Ereignisse stellt sich für für eine zukunftsfähige Energiepolitik in Hessen. Hessen unmittelbar die Frage der zukünftigen Wir müssen dafür jetzt umso entschlossener mit Energieversorgung. Die GRÜNEN sehen jetzt die der Energiewende endlich auch in Hessen begin- Chance die Weichen in Richtung des Ausbaus nen. der Erneuerbaren Energien zu stellen. Die von den Energiekonzernen geschürte Panik vor ei- Das vorliegende Papier ist ein Auszug aus der ner angeblich drohenden Versorgungslücke darf Fortschreibung unseres Energiekonzeptes für nicht dazu führen, die nötigen Investitionen in Hessen. Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/ Richtung neuer fossiler Großkraftwerke zu len- DIE GRÜNEN arbeitet seit Monaten an dieser ken. Fortschreibung, diesmal nicht nur für den Be- reich der Stromerzeugung, sondern unter Ein- Die GRÜNEN sind bei der Frage der zukünfti- bezug des Energiebedarfs an Wärme. Wir legen gen Energieversorgung und des Klimaschutzes jetzt aus traurigem, aktuellem Anlass den für den Vorreiter. Bereits 2007 gab es in Hessen GRÜ- Strombereich aktualisierten Teil unseres Energie- 1 NE Konzepte , die der Frage nachgingen, in konzeptes vor. Wir zeigen erneut deutlich auf, welchem Zeitraum sich eine hundertprozentige dass ein Versorgungsengpass für Hessen ohne 1 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landtagsfraktion Hessen (2007): ZukunftsEnergie für Hessen – Konzeptstu- die, Wiesbaden. 1
das Atomkraftwerk Biblis nicht besteht und auch möglich. Dazu zeigen wir ein Szenario für die kein weiterer kurzfristiger Ausbau von neuen Jahre 2020 und 2030 auf und nennen die dazu Kohlekraftwerken notwendig ist. Im Gegenteil notwendigen Maßnahmen. Hessen hat schon zu – diese rückwärtsgewandte Technologie würde viel Zeit verloren. Die Energiewende muss jetzt den Ausbau der erneuerbaren Energien stören beginnen. und dadurch die mögliche Energiewende deut- lich verzögern. Eine 100-prozentige Versorgung Hessens mit Erneuerbaren Energien ist bis 2030 2. 100 Prozent erneuerbare Strom- versorgung bis 2030 Im Folgenden werden die aktualisierten Daten ner vollständigen Stromversorgung aus erneuer- für den Entwicklungspfad bis 2030 mit dem Ziel baren Energien liegt der Anteil der Photovoltaik einer 100-prozentigen Stromversorgung aus in Studien zwischen 7 % und 20 %3. Kurzfristig, erneuerbaren Energien für Hessen vorgestellt. aber auch im Jahr 2020, kann ein nachhaltiger Im Unterschied zum GRÜNEN Energiekonzept Ausbau von Gas- und Dampfturbinen-Heizkraft- von 2007 wird sich der erneuerbare Strommix werken (GuD) oder (Mini-)Blockheizkraftwerken in 2030 weniger auf die Photovoltaik stützen, die Deckung sowohl der Grund-, Mittel- als auch sondern verstärkt auf die Windkraft. Dies be- Spitzenlast unterstützen, da Gaskraftwerke gut trifft sowohl die Windkraft im Binnenland, also geregelt werden können, um sich dem Bedarf in Hessen selbst, als auch insbesondere die Off- anzupassen. Gaskraftwerke sind also im Ge- shore-Windkraftanlagen. In beiden Bereichen gensatz zu Kohle oder gar Atomkraftwerken die konnten in den letzten 5 Jahren erhebliche Fort- ideale Ergänzung beim Ausbau der erneuerbaren schritte bei der Weiterentwicklung der Anlagen Energien. erzielt werden. Erhöhte Naben zwischen 100 und 130 Metern und eine Vergrößerung des Rotordurchmessers steigern den Energieertrag 2.1. Energievermeidung und Energieef- um ein Vielfaches. Als Faustformel gilt: für jeden fizienz weiteren Meter Nabenhöhe erhöht sich der Er- Die nachhaltigste Energieerzeugung ist immer trag um ein Prozent und eine Verdopplung des noch die Energieeffizienz, also die Vermeidung Rotordurchmessers vervierfacht den Ertrag. Ein des Strombedarfs. Energieeinsparungen im entscheidender Vorteil der Windkraft liegt dabei Stromsektor in Höhe von 12,5 Prozent bis 2020 bei den prognostizierten Stromkosten, die deut- und 25 Prozent bis 2030 sind in Hessen um- lich unter den Kosten für Strom aus Photovoltaik setzbar. Dabei ist dieser Wert eher konservativ liegt (siehe Studie des Sachverständigenrats für geschätzt. Das gesamte technische Potenzial in 2 Umweltfragen ). In den Energieszenarien mit ei- Hessen liegt mit 70 Prozent deutlich darüber4. 2 Vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen (2011): Wege zur 100 % erneuerbaren Stromversorgung, Berlin. Abb. 3-10, S. 89 3 Vgl. Greenpeace (2011): Klimaschutz: Plan B 2050 (Kurzfassung), Hamburg. S.10, Fotovoltaik ca. 11 %; Sachverständigenrat für Umweltfragen (2011): Wege zur 100 % erneuerbaren Stromversorgung (Kurzfas- sung), Berlin. Abb.1, S.3, Fotovoltaik im Szenario 1.a 15 % und im Szenario 2.1.a 7 %; Umweltbundes- amt (2010): Energieziel 2050: 100 % Strom aus erneuerbaren Quellen, Dessau-Roßlau. Tab. 6-1,S. 63, Fotovoltaik ca. 20% 4 Vgl. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landtagsfraktion Hessen (2007): ZukunftsEnergie für Hessen – Kon- zeptstudie, Wiesbaden. S.5 2
GRÜNE Maßnahmen: darauf an, die oft irrationale Blockadepolitik • Klimaeffizienzfonds (Drs. 18/536) gegenüber der Windkraft in Hessen zu über- • ZukunftsEnergie- und Klimaschutzpro- winden. Natürlich soll dies unter Beachtung von gramm (Drs. 18/3376) Naturschutz- und Abstandsregeln geschehen, • Drittes Hessisches Zukunftsenergie- und Kli- also unter Berücksichtigung der Belange der Be- maschutzgesetz (Drs. 18/827) völkerung und der Natur. Aber mit der Verhinde- rungsplanung muss jetzt endgültig Schluss sein. 5,6 TWh können so im Jahr 2020 und 11,3 TWh 2.2. Windenergie (On-/Offshore) in 2030 durch Windenergie in Hessen bereitge- Das größte Potenzial der erneuerbaren Energien stellt werden. liegt in der Nutzung der Windkraft. Insbesonde- re bei den spezifischen Stromgestehungskosten Die zweite Säule der Windenergie ist die Nut- liegt die Windkraft deutlich vor der Photovoltaik zung der Windkraft auf dem Meer. Dort ist auch und allen anderen Technologien zur Nutzung er- die „Ausbeute“, d.h. die Volllaststunden der neuerbarer Energiequellen. Laut einer Studie des Anlagen am höchsten. Die Leitstudie des Aus- 5 Sachverständigenrats für Umweltfragen wird baus der erneuerbaren Energien im Auftrag des dies auch noch im Jahr 2050 der Fall sein, ob- Bundesumweltministeriums (BMU)7 weist für die wohl sich die Stromgestehungskosten im Bereich Jahre 2020 und 2030 einen Ertrag aus Offshore der Photovoltaik bis dahin deutlich verringern Windkraft von 32,5 TWh bzw. 95 TWh aus. 10 werden. Prozent davon können nach Hessen importiert werden. Dies entspricht etwa dem hessischen Die Windenergie kann in Hessen erheblich aus- Anteil am gesamtdeutschen Strombedarf. 6 gebaut werden. 4.500 MW Leistung sind mit modernen Windkraftanlagen bis 2030 möglich. GRÜNE Maßnahmen: Zunächst wird der Zuwachs durch neue Anlagen • Landeskataster für erneuerbare Energien erfolgen. In den darauffolgenden Jahren wird (Drs. 18/539) der Ersatz von alten durch neue Windenergiean- • Aktions- und Werbekampagne für Wind- lagen, das so genannte Repowering, für weite- energie (Drs. 18/538) res Wachstum sorgen. Dabei kann der Flächen- • Viertes Hessisches Zukunftsenergie- und Kli- verbrauch dank der Weiterentwicklung deutlich maschutzgesetz (Drs. 18/1056) reduziert werden, da pro Windenergieanlage • ZukunftsEnergie- und Klimaschutzpro- ein immer höherer Energieertrag erzielt werden gramm (Drs. 18/3376) kann. Die Hälfte des Ausbauziels lässt sich bis zum Jahr 2020 umsetzen. Voraussetzung dafür sind klare Vorgaben im Landesplanungsgesetz 2.3. Photovoltaik und ausgewiesene Vorrangflächen in den regi- Im Gegensatz zu der Darsellung im GRÜNEN onalen Flächennutzungsplänen. Es kommt jetzt Energiekonzept 2007 reduziert sich die Strom- 5 Vgl. Sachverständigenrat für Umweltfragen (2011): Wege zur 100 % erneuerbaren Stromversorgung, Berlin. Abb. 3-10, S. 89 6 Vgl. Viertes Hessisches Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetz (Drs. 18/1056) 7 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2010): Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwick- lung in Europa und global, Berlin. Tab. 3-2, S. 47 3
produktion aus Sonnenenergie aus Gründen zu Nahrungsmitteln. Zudem können Monokul- der Wirtschaftlichkeit (zum Beispiel weitere Ein- turen die Biodiversität gefährden und sind daher schnitte in der Solarstromvergütung) bzw. Kos- oft nicht nachhaltig. Der naturverträgliche An- tenstruktur deutlich auf 2,9 TWh in 2020 bzw. bau von Energiepflanzen muss deshalb tatsäch- 3,9 TWh in 2030. Damit werden nicht alle tech- lich einen Beitrag zur Erhaltung der biologischen 8 nischen Potenziale in Hessen ausgeschöpft und Vielfalt sowie zur Verringerung des Treibhausef- stehen ggf. für eine deutlich zunehmende Elekt- fekts leisten. Strategien und Steuerungsinstru- romobilität bzw. für Solarthermische Anlagen zur mente für die spezifischen Anforderungen des Erzeugung von Wärme weiterhin zur Verfügung. Biomasseanbaus (insbesondere bei Energieholz Die Photovoltaik ist dennoch in der Lage, die und Energiepflanzen) müssen daher angepasst, drittstärkste Säule zur Deckung des hessischen fortentwickelt und finanzielle Anreize und För- Strombedarfs im Jahr 2020 bzw. 2030 zu wer- dermöglichkeiten entsprechend ausgestaltet den. werden. GRÜNE Maßnahmen: Die aktualisierte Biomassepotenzialstudie9 des • Landeskataster für erneuerbare Energien Hessischen Ministeriums für Umwelt beziffert (Drs. 18/539) die Möglichkeit aus Biomasse Strom zu gewin- • Drittes Hessisches Zukunftsenergie- und Kli- nen auf ca. 2,55 TWh für das Jahr 2020. Die- maschutzgesetz (Drs. 18/827) ser Betrag wird für das GRÜNE Energiekonzept • ZukunftsEnergie- und Klimaschutzpro- sowohl für das Jahr 2020 als auch 2030 über- gramm (Drs. 18/3376) nommen. Es wird nach 2020 keinen weiteren Ausbau geben, um die Konkurrenzsituation nicht weiter zu verschärfen. Technologische Effi- 2.4. Biomasse zienzgewinne der Anlagen zur Stromerzeugung Auch bei der Biomasse werden die Daten an (idealerweise dezentral in Verbindung mit Kraft- die neuesten Erkenntnisse angepasst. Aus Sicht Wärme-Kopplung) entlasten zukünftig die Kon- der Grünen spielt bei der Nutzung der Biomas- kurrenzsituation. Der Fokus liegt in Zukunft auf se die Umwelt- und Klimaverträglichkeit sowie der energetischen Verwertung von pflanzlichen die höchste Effizienz eine besondere Rolle. Die Rest- und Abfallstoffen. vorhandenen Rohstoffe müssen energetisch op- timal und nachhaltig verwertet werden. In der GRÜNE Maßnahmen: Nutzung von Reststoffen (Rest-/Altholz, Bio-/ • Landeskataster für erneuerbare Energien Grünabfälle, Klärschlamm, Gülle, Strohüber- (Drs. 18/539) schuss, Algen etc.) liegt ein bislang unzureichend • ZukunftsEnergie- und Klimaschutzpro- ausgeschöpftes Potenzial, das vorrangig vor der gramm (Drs. 18/3376) Erzeugung von Energiepflanzen auf dem Acker • 100-Dörfer-Programm – Ausbau regenerati- genutzt werden muss. Eigens angebaute Ener- ver Energien (Drs. 18/551) giepflanzen stehen in der Regel in Konkurrenz 8 Vgl. Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Verbraucherschutz und Landwirtschaft (2010): Bericht des Energie-Forums Hessen 2020 – Ziele und Eckpunkte des Hessischen Energiekonzepts für die Be- reiche Energieeffizienz und erneuerbare Energien, Wiesbaden. S.19, hier wird auf Prognosen bis zu 6,5 TWh in 2020 hingewiesen 9 Vgl. Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Verbraucherschutz und Landwirtschaft (2010): Bio- massepotenzialstudie Hessen - Stand und Perspektiven der energetischen Biomassenutzung in Hessen (Materialband), Wiesbaden. Tab. 52, S. 129 4
2.5. Geothermie tional zum deutschen Verbrauch einen Anteil Geothermie aus der Tiefe wird weiterhin nur ei- von 10 Prozent beziehen. nen kleinen Teil zur Stromversorgung beitragen können. Das Potenzial von 0,1 TWh sowohl in 2020 als auch in 2030 beschränkt sich auf den 2.8. Fossile Kraftwerke und Energieim- Standort des Oberrheingrabens in Südhessen. porte für Hessen Das vorliegende Konzept zur zukünftigen Ener- GRÜNE Maßnahmen: giegewinnung für das Jahr 2030 aus 100 Pro- • Landeskataster für erneuerbare Energien zent erneuerbaren Energien zeigt, dass ein Neu- (Drs. 18/539) bau von fossilen Großkraftwerken nicht nötig ist. • ZukunftsEnergie- und Klimaschutzpro- Für den Übergang ist es eher sinnvoll moderne gramm (Drs. 18/3376) hocheffiziente Kraftwärmekopplungsanlagen dezentral aufzubauen. Auch kleine Blockheiz- kraftwerke in privaten Haushalten, die mit Gas 2.6. Wasserkraft betrieben werden, produzieren neben Wärme Auch ein Ausbau der Wasserkraft ist weiterhin auch Strom, der ins Netz eingespeist wird. Diese nur in eingeschränktem Umfang möglich und Möglichkeit erlaubt auch, die gerade benötigte konzentriert sich vor allem auf die Moderni- Energie zu regeln und zu speichern12. sierung bestehender Anlagen. Damit ist eine Stromproduktion von etwa 1,3 TWh10 im Jahr Der in Hessen in Planung befindliche Zubau 2020 und 2030 zu erreichen. von Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerken (GuD)13 oder (Mini-)Blockheizkraftwerken kann die Stromversorgung in Hessen beim Umbau auf 2.7. Import erneuerbarer Energien aus eine erneuerbare Versorgung unterstützen. Die- dem EU-Stromverbund se Kraftwerke haben einen hohen Wirkungsgrad Zukünftig wird neben der Energie aus Offshore- durch die Nutzung der Abwärme und zeichnen Windparks in Deutschland der Import erneuer- sich durch eine hohe Flexibilität aus. Zusätzlich barer Energien aus europäischen Ländern eine stehen diese Kapazitäten als Reserve bei Bedarfs- größere Rolle spielen. Der Ausbau der erneu- spitzen beim Stromverbrauch oder Angebotssen- erbaren Energien wird dort durch die Ziele der ken der erneuerbaren Energien zur Verfügung. EU in den kommenden Jahrzehnten weiter vo- Im Jahr 2020 werden noch rund 6,1 TWh des ranschreiten. Längerfristig könnten auch Länder Strombedarfs von Hessen aus Kohle und 13,4 außerhalb Europas, wie Mittelmeeranrainer, in TWh aus Erdgas gedeckt. Im Jahr 2030, wenn den Verbund mit einbezogen werden. Die Leit- der Strombedarf aus 100 Prozent erneuerbaren 11 studie für erneuerbare Energien des BMU geht Energiequellen gedeckt werden kann, stehen die von einem Potenzial von 1,8 TWh in 2020 und Erdgaskraftwerke weiterhin als Reserve zur Ver- 20,4 TWh in 2030 aus. Wie schon beim Import fügung. der Offshore-Windenergie kann Hessen propor- 10 Einschließlich Erzeugung in Pumpspeicherwerken 11 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2010): Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwick- lung in Europa und global, Berlin. Tab. 3-2, S. 47 12 Vgl. z.B. ZuhauseKraftwerk von LichtBlick: www.lichtblick.de/h/ZuhauseKraftwerk_285.php oder das Mini-BHKW von Senertec: http://www.senertec.de/derdachs.html, Abruf am 22.03.2011 13 In Mecklar-Meckbach plant Iberdrola SA ein Kraftwerk mit 1.100 MW elektrischer Leistung 5
Der Import von Strom aus dem deutschen Ener- Bei der Weiterentwicklung des Stromnetzes giemix wird für Hessen so bereits im Jahr 2020 muss in einem ersten Schritt an der jeweiligen durch den Zubau moderner GuD-Heizkraftwerke Engpassstelle die grundsätzliche Notwendigkeit und Blockheizkraftwerke von 7,7 TWh auf 0,4 für einen Ausbau überprüft werden. Bei einem TWh reduziert. Im Jahr 2030 kann vollständig Ausstieg aus der Atomkraft werden automa- auf Importe von Strom aus nicht erneuerbaren tisch auch Kapazitäten frei, die von regenerati- Energien verzichtet werden. ven Energiequellen genutzt werden können. Im nächsten Schritt müssen Optimierungspotenzia- GRÜNE Maßnahmen: le der bestehenden Netze bestimmt werden. So • Viertes Hessisches Zukunftsenergie- und Kli- kann durch Lastmanagement, Leitungsmonito- maschutzgesetz (Drs. 18/1056) ring oder durch den Einsatz von Hochtempera- turseilen an notwendigen Stellen14 ein Neubau auch umgangen werden. Sind all diese Möglich- 2.9. Netzausbau keiten ausgeschöpft, muss vor allem in der Nähe Auch der notwendige Ausbau und die Verbes- von Siedlungen eine Erdverkabelung in der Re- serung des Netzes hin zu so genannten „In- gel vor einer Freileitung stehen. Dies dient der telligenten Netzen“ zur Verteilung des Stroms Akzeptanz und bewirkt dadurch einen schnelle- aus erneuerbarer Energie, insbesondere von ren Ausbau der Netze. Insbesondere die Hoch- Offshore-Windenergie aus dem Norden, muss spannungsgleichstromübertragung durch Erd- gefördert werden. Ziel ist weiterhin ein euro- verkabelung ist anzustreben. Der Kostennachteil päisches Verbundnetz, das eine hohe Versor- dieser Technik hat sich bereits auf den Faktor 1,2 gungssicherheit garantiert und Lastspitzen bzw. bis 4 reduziert15. -senken besser ausgleichen kann. Die dezentra- le Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien GRÜNE Maßnahmen: kann in einem „intelligenten Netz“ problemlos • Gesetz über die unterirdische Verlegung integriert werden und sorgt sogar für mehr Ver- von Hoch- und Höchstspannungsleitungen sorgungssicherheit. (Hessisches Erdkabelgesetz) (Drs. 17/260) 3. Fazit Bis zum Jahr 2030 kann der Strombedarf in Hes- der Vergangenheit an und neue klimaschädliche sen, wie die Abbildung 1 darstellt, komplett aus Kohlekraftwerke werden überflüssig. Durch die erneuerbaren Energien gedeckt werden. Wir GRÜNE Energiewende werden in Hessen zusätz- zeigen auf, wie dieses Ziel erreicht werden kann lich ca. 40.000 sichere Arbeitsplätze bis zum Jahr und welche Chancen der Umstieg auf eine zu- 2030 geschaffen. Die Energiewende im Strom- kunftsfähige Stromversorgung eröffnet. Die ri- bereich ist möglich. Fangen wir jetzt endlich sikoreichen Atomkraftwerke in Biblis gehören auch in Hessen an! 14 z.B. an Stellen mit exponierter Sonneneinstrahlung 15 Vgl. Deutsche Energie-Agentur (2010): dena Netzstudie II – Integration erneuerbarer Energien in die deutsche Stromversorgung im Zeitraum 2015 – 2020 mit Ausblick 2025, Berlin. Tab. 10-15, S. 187 6
ABBILDUNG 1: ZUKUNFTSENERGIE FÜR HESSEN - ENTWICKLUNG DES STROMMIX BIS 2030 IN TWh/a. Quelle: Eigene Berechnungen und Hessisches Statistisches Landesamt (2008). * Müllverbrennungsanlagen, Petrolkoks und Mineralölprodukte ** Energiemix Deutschland ohne Offshore *** Erneuerbare Energien aus dem EU-Verbund **** Einschließlich Erzeugung in Pumpspeicherwerken ***** Maximale Reserve aus modernen Gaskraftwerken (nur bei Bedarf) + Gesamtstromverbrauch ohne Eigenverbrauch und Netzverluste 7
IHR DRAHT ZUR FRAKTION BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Fraktion im Hessischen Landtag Schlossplatz 1-3 65183 Wiesbaden ZUSTÄNDIGE ABGEORDNETE URSULA HAMMANN Sprecherin für Umwelt, Energie, Naturschutz und Tierschutz Tel.: 0611/350-741 u.hammann@ltg.hessen.de MITARBEITER CARSTEN SCHLOSSER Referent: Umwelt (Klima- und Natur- schutz), Energie, Verkehr, Landesent- wicklung und Tierschutz Tel.: 0611/350-589 c.schlosser@ltg.hessen.de
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